Preise und Kleidung #firstworldproblems
Kleidung kaufen ist für mich ein Graus. Ich tu das ungerne, also tu ich das so selten wie möglich. Und entsprechend uninformiert bin ich. Da ich ein Businessoutfit brauche, wollte ich mir die fehlenden Teile (Hose und Blazer habe ich schon) mal eben in der Stadt kaufen gehen. Ich habe genaue Vorstellungen: Bluse, am besten hellgrau, hellblau oder weiß, bis oben hin zuknöpfbar, einigermaßen großer Kragen, edler Blusenstoff, kein Labber ("Chiffon") oder Baumwollquillknitter.
Klingt nach Standardware, was jede Businessfrau zu haus in ihrem Schrank hängen hat und deswegen groß angeboten wird... NEIN. Nicht in der Modewelt der Läden, in denen ich war. Bei H+M passte "Bluse" und "Stoff", aber Kragen und Knöpfbarkeit waren daneben. Bei C+A gabs nur sehr dunhkle Blusen oder welche in Größe 52. Bei Vero Moda gab es einen Blusenbody, bei dem ich mir eine Nackenzerrung holte, während ich versuchte, ihn anzuprobieren. Hilft nichts, ich ging also in so ein klassisches Modehaus inmitten der Stadt. Ungefähr wie Karstadt sind die Klamotten nicht nach Einsatzort, sondern nach Marke geordnet. Ich habe dort also für jede 4 m² erneut die Blusen suchen müssen. Im Untergeschoss merkte ich: Blusen sind in der Tat out. Nette Oberteile mit verspielten Stickereien sind jetzt angesagt. Die Läden von eben hatten also nicht grundlos wenig Angebot. Ich ging ein Stockwerk weiter nach oben, wo es von leger zu chic oder seriös wandelte. Extravagante Krägen und Langweilerzeugs, absolut solide Blusen zwischen extrem viel verspielten Stickereioberteilen. Mensch, hier findet man sogar was! Nicht viel aber etwas! Eine Bluse geschappt, wollte gerade zur Anprobe und doch noch einmal auf den Preis geschaut. 180€ ... Da muss sich einer verschrieben haben. Wer zahlt denn 180€ für eine Bluse? Bei den anderen geguckt. ... Ja, 180€. Ernüchternd zurückgetan. Andere Modelle anderer Marken angeguckt. Es wurde nicht weniger. Eine sehr schäbbige Bluse angeguckt: 99€. Aber für 99€ bekomm ich im Second Hand laden 15 solcher schäbbigen Blusen aus verquollenem Baumwollstoff. Und mit tolleren Farben.
Ich gab auf. Nützt nichts. Ab zu H+M und die 15€ Bluse gekauft. Und ich bin heute noch ratlos, wer Kleidung zu solchen Preisen kauft. Die Kleidung "kann" ja auch nichts speziell anderes als die von H+M. Sie ist von den gleichen geknechteten BilliglohnarbeiterInnen genäht, von den gleichen geknechteten BilliglohnfärbernInnen_*, mit den gleichen aggressiven ChemikalienInnen_*$%#, die ungeklärt iun den Fluss abgeführt werden, mit den gleichen Plastiktüten verschifft, mit den gleichen Antifoulingmitteln konserviert, mit der gleichen pestizidverseuchten Baumwolle entstanden oder aus dem gleichen Erdöl synthetisiert. Es steht kein geiler Designer wie etwa Lagerfeld irgendwo eingenäht, es ist kein Lippenstiftabdruck vom Glöökler drauf... Die Dinger sind einfach grundlos teuer in meinen Augen. Ich kann gar nicht so viel arbeiten, wie ich dabei verliere, dort einzukaufen.
Hat darauf jemand eine sinnvolle Antwort? Mein Modekosmos ist leider denkbar klein und von Wirtschaft verstehe ich auch nur 2 Semester "Wirtschaft für Naturwissenschaftler". Meine Hypothese ist, dass die Differenz zwischen 15€ und 180€ irgendwo in den Handel reicher Leute mit reichen Leuten geht und da doch irgendeine Marke auf dem Wegwerfetikett steht, die bei Leuten angesagt ist, die sich nicht zu H+M trauen. Vielleicht weiß ja jemand mehr.