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Zweifelhafte Unschuld

Stargate Atlantis
von

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Prolog

Der Schatten näherte sich der Stadt, die beinah gänzlich im dichten Seenebel verschwand, behutsam und in weiten Kreisen. Es war Nacht und die Sterne wurden durch tiefhängende Regenwolken verdunkelt, so dass niemand, der nicht gezielt den Himmel absuchte, den heimlichen Beobachter entdecken würde.

Und es gab nichts, was die Befürchtung, entdeckt zu werden, bestärken konnte. So finster und kalt wie diese Nacht war, so finster und abweisend präsentierte sich auch die schwimmende Stadt der Antiker. Still und lichtlos trieb sie dort unten in der grauen See. Lediglich im Kontrollturm schienen einige wenige Fenster von innen erleuchtet.

Viel zu wenige Fenster.

Arokh wählte eine weite Umlaufbahn und umkreiste Atlantis mehrmals in gebührendem Abstand. Er konnte die Unruhe und Sorge seiner jungen Begleiterin deutlich spüren und konnte nicht abstreiten, dass auch ihm das alles hier sehr sehr merkwürdig erschien.

Seit einigen Tagen schon hatte Rhyan immer wieder vergebens versucht Atlantis über das Stargate auf ihrem Planeten anzuwählen. Doch jedes Mal hatte das achte Chevron nicht einrasten wollen. Die Verbindung war nicht zu Stande gekommen.

Rhyan war krank vor Sorge gewesen. Die Technologie der Antiker ging nicht einfach so kaputt und sie wusste, dass irgendetwas in Atlantis passiert sein musste, weshalb sie keinen Kontakt mehr zu ihren Freunden aufnehmen konnte.

In ihrer Verzweiflung hatte sie andere Adressen angewählt, von denen sie wusste, dass die Atlanter mit den dortigen Einwohnern in Handelsbeziehungen standen. Aber auch von dort war die Stadt nicht anzuwählen gewesen.

Für Rhyan stand fest, dass sie dort hin musste. Doch das Wie hatte sich als schwieriger als gedacht erwiesen. Rhyan hatte allein zwei Tage damit zugebracht sämtliche ihr bekannten Adressen abzuklappern, auf der Suche nach einem Volk, das mit den Atlantern in freundlicher Verbindung stand und im Besitz eines interstellaren Flugschiffes war. Da Arokh es sich nicht nehmen lassen wollte, seine Partnerin zu begleiten, musste es zudem noch ein entsprechend großes Schiff sein.

Nach Stunden händeringender Sucherei und zermürbenden Verhandlungen, hatten sie dann schlussendlich das gefunden, was sie suchten. Es war kein Kampfgleiter. Aber zum Transport würde es genügen. Es musste.

Ihnen war ein Pilot zur Seite gestellt worden, der sie sicher auf dem Festland des Planeten abgesetzt hatte und der ganz offensichtlich darauf brannte, diese beiden ungewöhnlichen Besucher auch weiterhin zu begleiten. Doch Arokh hatte ihm unmissverständlich klar gemacht, dass seine Aufgabe erledigt war und er besser in sein Schiff steigen sollte, um wieder nach Hause zu fliegen.

Das war vor weniger als einer Stunde gewesen.

Jetzt, wo Rhyan Atlantis unter sich erkennen konnte, löste sich ein Teil ihrer inneren Anspannung. Die Stadt existierte zumindest noch. Und dennoch, ein großer Teil ihrer Unruhe blieb. Was war es dann, das ein Anwählen des Gates verhinderte? Und warum war die Stadt so düster und still? Selbst in der Nacht war immer irgendwo Leben gewesen und es gab viel zu viele Menschen hier, die unmöglich mit so wenig Licht auskommen konnten.

Behutsam streckte sie ihren Geist aus, um nach dem Menschen zu suchen, der ihr am ehesten all diese Fragen würde beantworten können. Es war beunruhigend, wie wenige Sinne sie streifte. Und es war beunruhigend, dass sie den Gesuchten nicht dort fand, wo sie ihn erwartet hätte. Hastig weitete sie ihre Suche aus. Wo war er?

Plötzlich spürte sie etwas vollkommen anderes. Eine andere Gegenwart, die sich nun ihrerseits Zutritt zu Rhyans Geist verschaffen wollte. Diese Präsenz war mächtig und Rhyan fuhr mit einem unterdrückten Schrei aus der mentalen Verbindung zurück. Blankes Entsetzen flutete durch ihre Glieder.

Zeitgleich lösten sich aus der Stadt drei helle, gelbe Punkte, die mit rasender Geschwindigkeit auf sie und den Drachen zuhielten. Drohnen.

„Arokh, verschwinde von hier!“

Noch während sie ihrem Freund das entgegen schrie, brach der Drache aus seiner Umlaufbahn aus und jagte im Tiefflug über das schäumende Meer davon. Weg von Atlantis. Weg von dieser furchterregenden Präsenz.

Und weg von ihren hilflosen Freunden.

Nächtlicher Überfall

4 Tage früher
 

Sheppard fuhr in seinem Bett hoch, als der Alarm schrill und misstönend durch die Eingeweide der Stadt zu heulen begann. Er hatte bis eben tief und fest geschlafen und seine Welt drehte sich für einige kurze Herzschläge Übelkeit erregend um ihn, so dass er noch ein Mal die Augen schloss und mehrfach tief durchatmen musste. Wie er es doch hasste, derart aus dem Schlaf gerissen zu werden.

Aus seinem kleinem Headset, das neben dem Bett auf dem Nachttisch lag, erklang die verzerrte Stimme des wachhabenden Sicherheitsmenschen. John wollte der Name jetzt absolut nicht in den Sinn kommen, doch er würde es nachholen, wenn es keinen wirklich guten Grund gab, ihn um diese Uhrzeit aus dem wohlverdienten Schlaf zu reißen.

Fahrig griff er nach dem kleinen Gerät und bastelte es sich an das linke Ohr, während er aufstand und zu seinen am Boden liegenden Klamotten schwankte.

„Colonel Sheppard, bitte kommen Sie umgehend mit Ihrem Team in den Gateraum!“

Ja ja, verdammt. Er war nicht taub. Zumindest bescherte es ihm ein kleines Stück Genugtuung, dass es Rodney, Teyla und Ronon in diesem Moment genau so ergehen dürfte wie ihm. Er glitt in seine Einsatzstiefel, griff nach seiner Jacke und rannte aus dem Quartier zum nächsten Transporter. „Hier ist Sheppard. Ich bin unterwegs.“

Im Gateraum angekommen, warteten Ronon und Teyla bereits auf ihn. Von Rodney war -selbstverständlich- noch nichts zu sehen.

Sheppard straffte sich und ließ einen kurzen, prüfenden Blick über die Anwesenden und die unmittelbare Umgebung gleiten. Der Alarm plärrte noch immer unerträglich laut.

Er konnte sich sehr gut vorstellen, dass dieses ganze Szenario eine geplante Gemeinheit des SGC und des Trust auf der Erde war, welche testen wollten, wie es um die Sicherheit von Atlantis bestellt war, wenn über die Hälfte der Expeditionsmitglieder -inklusive eines Teils des Führungsstabes- in den Weihnachtsferien auf der Erde war. Und natürlich musste es ausgerechnet dann passieren, wenn Elizabeth nicht da war und Atlantis unter seinem Schutz stand. Er seufzte innerlich.

„Also Lieutenant? Was haben wir?“

Der kleine, stämmige Mann, dessen Stimme den Colonel so grausam aus dem Reich der Träume befördert hatte, trat unruhig von einem Fuß auf den nächsten. Ein gutes Zeichen. Mit etwas Glück würde er diese Nacht noch etwas Schlaf bekommen. Aber ein schlechtes Zeichen für den kleinen Mann, schob er grimmig hinterher.

„Sir, wir... ich bin mir nicht sicher...“

Sheppard musste ein entnervtes Knurren unterdrücken und bedachte den Untergebenen statt dessen nur mit einem eiskalten Blick. „Sie sind sich nicht sicher? Aha. Sie sind sich allen Ernstes nicht sicher, lösen Alarm in aller Herrgottsfrühe aus und schmeißen sämtliche verbliebenen Einwohner aus den Betten, verbreiten Angst und Schrecken und sind sich nicht sicher?“ Seine grünen Augen funkelten. Wer bitte hatte diesen Waschlappen eingestellt?

„Nein, Sir.“ Der Mann rang ernsthaft um seine Fassung, noch mehr verunsichert als vorher. „So habe ich das nicht gemeint.“

„Wie haben Sie es dann gemeint? Sprechen Sie, Mann.“

Offenbar war nicht nur Sheppard ungehalten über die nächtliche Störung. Andernfalls sähe Ronon jetzt nicht so einschüchternd wütend aus. Der Sateder hatte seine Arme vor der muskulösen Brust verschränkt und beobachtete den Lieutenant unter zusammengezogenen Augenbrauen.

„Wir...“ Ein kurzes Durchatmen, dann begegnete der Wachhabende Sheppard mit offenem Blick. „Es sind Fremde in der Stadt.“

„Wie bitte?“

Das wiederum kam von Rodney, der soeben durch eine Seitentür den Kontrollraum betreten hatte und nur den letzten Rest des Gespräches mitgehört hatte. „Fremde? Hier? Um diese Uhrzeit?“

„Ja, Dr. McKay. In der Tat. Wir wissen noch nicht wie viele es sind und wie sie unsere Sicherheitssysteme unterlaufen konnten. Doch sie sind in der Stadt.“ Offenbar erschien dem Lieutenant Rodney als gefahrloserer Gesprächspartner als der Colonel oder Ronon, da er so bereitwillig auf den Wissenschaftler einging.

Ein Fehler.

„Sind Sie wahnsinnig?“ Rodney ließ wie vom Donner gerührt seinen Laptop sinken, was Sheppard insgeheim vermuten ließ, dass McKay der einzige gewesen sein musste, der nicht geweckt worden war. Trotzdem sah er genau so erledigt aus wie seine anderen Teamkollegen.

„Wie konnte das passieren?“ Rodney war bereits an ihnen vorbei und hastete zu einem Kontrollpult. Seine Finger flogen über die Tasten, während er unablässig vor sich hin fluchte. „Es sollte unmöglich sein, dass man einfach so in den sensiblen Bereich einmarschieren kann.“

„Es sollte überhaupt unmöglich sein, unbemerkt hier her zu kommen.“ John schoss einen viel sagenden Blick zum Wachhabenden. „Das alles kommt mir unangenehm bekannt vor. Ich will es nicht noch einmal erleben, das Atlantis in feindliche Hände fällt.“

„Wenn sie uns denn feindlich gesinnt sind.“

„Jemand der auf diese Art und Weise das Heim eines anderen betritt, hat niemals gute Absichten, Teyla.“ dementierte Ronon mit vor Zorn zitternder Stimme. Er war froh, dass er noch einmal in sein Quartier zurückgekehrt war, um seine Waffen zu holen. Man sollte sich nie in falscher Sicherheit wiegen.

„Das befürchte ich auch.“ Der Lieutenant sah noch elendiger aus, wenn das überhaupt möglich war. „Wir haben die Eindringlinge erst bemerkt, nachdem der Kontakt zu einem Team meiner Männer abgebrochen ist. Ich habe zwei weitere Männer zu ihnen geschickt. Auch von ihnen fehlt jede Spur. Als wir dann etwas genauer nachsahen,“ er deutete zu dem Bildschirm, auf dem mehrere kleine weiße Punkte blinkten - Lebenszeichen - „da wussten wir, dass wir nicht mehr länger alleine sind.“

Sheppard zwang sich mühsam zur Ruhe, obgleich er sich in genau diesem Moment nichts sehnlicher wünschte, als diesem Wicht von einem Wachsoldaten die Zähne neu anzuordnen. Es half jetzt niemandem, wenn er seiner Wut erlaubte, unkontrolliert hervorzubrechen. So beließ er es bei einem ätzenden Blick, dem Versprechen, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen war.

Wer immer sich Zugang verschafft hatte, musste flink und gewitzt sein. Und vor allen Dingen Kenntnisse über Atlantis besitzen. Und das war es, was den Colonel am meisten in Sorge versetzte.

„Ich habe doch gewusst, dass es ein Fehler war.“

Alle Anwesenden wandten sich wieder dem murmelnden Wissenschaftler zu, der sich jetzt aufrichtete, um sich zu seinen Freunden umzudrehen. „Ich habe Elizabeth von Anfang an gesagt, dass wir die Energie nicht auf das Nötigste zurückfahren sollten.“ Er gestikulierte vor sich in der Luft herum, so als könne er Geschehenes auf diesem Wege wieder ungeschehen machen. „Weniger Menschen bedeuten weniger Augen bedeuten weniger Aufmerksamkeit. Ein Problem, welches die Systeme dieser Stadt locker hätten ausgleichen können. Aber nein, wir müssen mit unserer Energie ja sparsam umgehen und es sind ja nur ein paar Tage. Was soll da schon passieren. Pha.“ Frustriert verschränkte er die Arme vor der Brust.

Wie um seine düsteren Befürchtungen zu unterstreichen, endete in diesem Moment der Alarm und das System schaltete mit einem protestierenden Knistern auf Notstrom. „Was zum...“ Rodney kreiselte zu der Konsole herum und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Anzeige der blinkenden Lebenszeichen. „Sie sind hier.“

„Was?“

Das Zischen der Türhydraulik in ihrem Rücken warnte sie noch rechtzeitig und sie stoben hastig zu den Seiten auseinander, jeder für sich nach Deckung suchend. Doch der erwartete Schusswechsel blieb aus. Statt dessen herrschte unheimliche Stille.

Sheppard, der den vollkommen verstörten Wissenschaftler mit sich hinter die Konsole gezerrt hatte, spähte vorsichtig um die Ecke. Außer der offen stehenden Tür konnte er nichts erkennen, zumal das düstere Licht der Notstromleuchten das Erkennen von Umrissen nicht unbedingt erleichterte. Er fluchte innerlich, dass er keinerlei Bewaffnung bei sich hatte. Seine Pistole lag auseinander gebaut auf seinem Zimmer, nachdem er sie am Abend gesäubert hatte. Und die P90 lag getreu daneben. Weshalb nur hatte er sie nicht mitgenommen?

Eine Bewegung in seinem Augenwinkel ließ ihn in den Schutz der Konsole zurückzucken. „Kann irgendwer erkennen, mit was wir es hier zu tun haben?“ Den Rücken zur Wand schob er sich behutsam in eine stehende Position, um sich besser umsehen zu können. Eine Antwort erhielt er nicht. Dafür bewegte sich etwas nahe der Tür, doch er konnte unmöglich erkennen, was es war. Auf keinen Fall menschlich, stellte er mit Bedauern fest.

Ein kurzer Blick auf den Display der Konsole und das Blut gefror ihm beinah. In diesem Bereich der Stadt, in einiger Distanz zu den Quartieren, hätten sich lediglich sein Team und die drei weiteren Sicherheitsbeauftragten aufhalten sollen. Doch statt dessen blinkten unzählige Lebenszeichen rund um den Kontrollraum. Mindestens drei Dutzend.

Ein schmerzverzerrter Ausruf zu seiner Linken lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf andere Dinge. Der Lieutenant floh mit einem weiten Satz aus seiner Deckung und Sheppard wollte ihn bereits rüde zurechtweisen, als er den riesenhaften Schatten gewahrte, der dem Wachsoldaten folgte. Schon war er über dem Mann und packte ihn mit zwei klauenartigen Vorderläufen. Der Schrei war markerschütternd und verursachte Sheppard eine Gänsehaut.

Das Wesen, von dem lediglich lange, mehrgliedrige Extremitäten und eine sacht schimmernde Panzerung zu erkennen war, nahm mit seiner Beute Kurs auf die offen stehende Tür, als ein rotes Geschoss aus Ronons und Teylas Richtung in dessen ungeschützten Rücken einschlug. Es taumelte und verlor sein Opfer aus dem Griff, blieb ansonsten aber unverletzt.

Sheppard fluchte, riss sein Fahrtenmesser vom Gürtel und eilte dem verletzten Lieutenant zu Hilfe. Neben ihm löste sich auch Ronon aus der Deckung. Ein weiterer Schuss aus seiner Waffe traf das Wesen am Schädel und schleuderte es mit einem hochfrequenten Kreischen rücklings aus der Tür. Hastig betätigte der Krieger den Schließmechanismus und verriegelte diese von Innen. „Was zum Teufel war das?“ fragte er angewidert und trat neben Sheppard, der an der Seite des Verletzten auf die Knie gegangen war.

Langsam wagten sich auch die anderen aus ihren Verstecken. Dabei ließen sie ihre Umgebung keine Sekunde aus den Augen. Keiner von ihnen wusste, ob sich nicht noch weitere dieser Kreaturen in den Raum geschlichen hatten.

„Ich weiß es nicht. Aber ich kam mir auf unangenehme Weise in einen Film zurückversetzt vor, der vor Jahren bei uns auf der Erde gelaufen ist.“ John verzog das Gesicht, als er die Risswunden an Armen und Oberkörper des Lieutenants sah. Er blutete stark und hatte sein Bewusstsein bereits verloren. „Er muss auf die Krankenstation oder wir verlieren ihn.“

Ein Stich der Verzweiflung schoss durch seine Brust, als er sich an den Anblick der Steuerkonsole erinnerte. Bei dem Feindaufgebot konnte er unmöglich einen Ausfall wagen. Er schloss fluchend die Augen, dann stand er auf und sah die anderen entschlossen an. „Es befinden sich etwa vierzig feindlich gesinnte Individuen in unmittelbarer Nähe zu diesem Raum. Wir können einen Ausfall zur Waffenkammer versuchen, werden aber scheitern, wenn sie alle wie unser erster Freund mit Waffen und Schnelligkeit gesegnet sind. Oder wir versuchen die Erde anzuwählen, um Verstärkung anzufordern.“

„Und dabei die Gefahr eingehen, dass sie uns in genau diesem Moment überrennen und durch das Stargate auf die Erde gelangen? Niemals!“

John knirschte wütend mit den Zähnen, musste Rodney allerdings schlussendlich Recht geben. Wer auch immer sie jetzt, in dieser verwundbaren Zeit, angriff – sie wussten nichts über ihn. Und sie konnten nicht einfach wie die Kaninchen davonlaufen, auch wenn der erste Angriff sie überrollt hatte und ein weiteres Vorgehen nur noch unter größter Vorsicht und Gefährdung möglich sein würde.

„Colonel Sheppard. Lieutenant Walter stirbt.“ Die Stimme des jungen Soldaten war kleinlaut und vorsichtig, und doch belud sie Johns Schultern mit noch mehr Gewichten. Walter war also sein Name. Schön, dass er das vor dessen Tod noch erfuhr. So bekam der Mann eine Identität, die schon allzu bald ausgelöscht sein würde. „Ich weiß.“ Als hätte er nicht schon genug Sorgen.

Schweren Herzens wandte er sich zu der Hauptsteuerkonsole um und bedeutete McKay mit einer knappen Kopfbewegung, ihm zu folgen. „Wir werden die Selbstzerstörung einschalten. Von da an haben wir eine halbe Stunde diesen Alptraum so weit wieder in unsere Gewalt zu zwingen, dass wir Herren der Lage bleiben. Andernfalls...“

„Colonel!“ Teyla blickte zweifelnd zu dem Schwarzhaarigen auf. „Es sind noch andere Menschen hier, die wir erst evakuieren müssen. Wir sind nicht in der Position über ihre Leben zu entscheiden.“

„Ich habe jetzt keine Zeit mir darüber auch noch den Kopf zu zerbrechen, Teyla.“ Insgeheim hatte er nur gehofft, dass niemand das Offensichtliche aussprach und er gezwungen sein würde, diese wenigen, doch unglaublich herzlosen Worte, zu sagen. Die Handlungsanweisungen für einen Notfall wie diesen waren eindeutig und Sheppard konnte nicht wegen einiger weniger von diesen Anweisungen abweichen. Nicht wenn sie noch eine andere Chance hatten, die Menschen in Sicherheit zu bringen. Sie müssten nur die Jumper erreichen.

Er hatte grade die Konsole erreicht, als unmittelbar darüber die Decke mit einem ohrenbetäubenden Knall zerbarst und in einem Schauer aus Trümmern und Staub ein weiteres dieser insektengleichen Wesen ausspie. Es landete vor Sheppard und fauchte ihn drohend an. Für einen winzigen Moment schien die Situation wie eingefroren und John starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die schnappenden Beißwerkzeuge seines unerwarteten Gegenübers. Nur wenige Zoll vor seinem Gesicht schlugen sie aufeinander. Winzige, bösartig funkelnde Augen saßen viel zu nah an diesem vor Geifer triefenden Maul und fixierten Sheppard. Dann prallte er mit einem unterdrückten Aufschrei von der Konsole zurück und war mit einem Satz an der Seite seiner Freunde. „Was zum Teufel…“

Um sie herum brach fast augenblicklich noch mehr Chaos los. Die Türen öffneten sich und spuckten zahllose dieser wahrlich alptraumhaften Bestien aus, die schnarrend und klickend in den Kontrollraum huschten und die kleine Gruppe einzukreisen begann.

„Raus hier. Sofort!“

Im Grunde war dieser Befehl überflüssig, denn Ronon und Teyla hatten sich bereits in die einzige noch freie Richtung zurückgezogen und Sheppard sorgte dafür, dass auch Rodney aus seiner geschockten Starre erwachte. Für die zwei verbliebenen Wachsoldaten allerdings kam jede Hilfe zu spät. Zu nah hatten sie an den Eingängen gestanden, zu unaufmerksam, so dass ihnen keine Chance geblieben war genügend Abstand zwischen sich und die Wesen zu bekommen.

Im Rücken des der Tür am nächsten Stehenden erhob sich ein gewaltiger Schatten, Licht brach sich auf den sich öffnenden Kiefern. Der Soldat schaffte es nicht einmal mehr sich um zu drehen, da zuckten die Vorderläufe seines Angreifers auch schon vor, ergriffen ihn an der Körpermitte und rissen ihn kurzerhand in zwei Teile. Selbst Ronon musste den Blick von diesem grausamen Schauspiel abwenden. In den Fängen dieser Wesen war ein menschlicher Körper nichts weiter als eine Stoffpuppe und diese Erkenntnis erschütterte sogar einen gestandenen Krieger wie ihn.

Ein feiner Regen aus Blut hing in der Luft, ehe er sich beinah schon sanft zu Boden senkte. Der Soldat hatte nicht einmal schreien können.

Sein Kamerad schaffte es noch, mehrere Schritte auf den Transporter und das Team zu zu laufen. Sein Gesicht war entstellt von einer langen Risswunde, der sein rechts Auge zum Opfer gefallen war. Aber sein Vormarsch wurde jäh unterbrochen, als ihm die Beine unter dem Köper weggeschlagen wurden. Schlitternd kam er zum Liegen, furchtsam zu dem Wesen aufblickend, welches sich über ihm nieder ließ. Es erweckte fast schon den Eindruck, als Betrachte die Kreatur sein Opfer interessiert, ehe seine Beißzangen sich öffneten und den Kopf vom Rumpf trennten.

Achtlos schleuderte es diesen zur Seite, ließ von dem noch zuckenden Leichnam ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf das fliehende Team. Blut troff von seinen Fängen, rann in zähen Bahnen über die Panzerung seiner Brust. Die Kiefer schlugen mit einem unangenehmen Knirschen aufeinander. Eine unverkennbare Drohung.

Behutsam wich das Team so weit zurück, bis sie den Transporter unmittelbar in ihrem Rücken wussten. Sheppard aktivierte sein Headset: „Hier spricht Lieutenant Colonel John Sheppard. Die Stadt ist von einer bislang unbekannten Anzahl fremder Spezies angegriffen und besetzt worden. Wer kann begibt sich umgehend zum Hangar und den dort befindlichen Jumpern. Die Stadt wird evakuiert. Sheppard Ende.“

Mit diesen Worten trat er als Letzter rückwärts in den sich öffnenden Transporter und atmete erst auf, als sich die Türen noch rechtzeitig vor den herannahenden Bestien schlossen. Das Scharren von Krallen auf Metall jagte ihm einen Schauer das Rückgrat hinauf. „Zum Hangar, Rodney.“

„Was Sie nicht sagen.“ Der Wissenschaftler schoss ihm einen wütenden Blick entgegen. „Ich habe Sie sehr wohl verstanden, wie wohl jeder hier in Atlantis. Inklusive unserer werten Besucher hier. Wer garantiert uns jetzt, dass sie uns nicht bereits erwarten, wenn sich diese Türen gleich öffnen?“

John rollte mit den Augen. Sie konnten es sich jetzt nicht erlauben, kopflos zu werden. „Niemand garantiert uns das, McKay. Aber wir müssen es wenigstens versuchen. Schon allein wegen der zurückgebliebenen Einwohner. Wir müssen sie sicher hier weg bringen, bevor wir die Stadt zurückerobern.“

Erschreckend, in welch rasender Zeit das alles passiert war. Eben noch hatte er fest schlafend in seinem Bett gelegen und jetzt war die Situation außer Kontrolle und die Stadt in dem Griff einer fremden Spezies. Sheppard rieb sich die müden Augen. Wie spät war es überhaupt?

Seine Gedanken wurden abgelenkt, als sie ihr Ziel erreichten und sich die Türen öffneten. Sie alle hielten für diese paar Sekunden gespannt den Atem an. Doch niemand erwartete sie jenseits des Transporters.

Vorsichtig verließen sie die Sicherheit des kleinen Raumes und schlichen in den kaum beleuchteten Gang, der sie direkt zu den Zugangstüren des Hangars führen würde. Von irgendwo drang das Klappern schneller Schritte - menschlicher Schritte - und bestätigte, dass die ersten Flüchtlinge auf dem Weg waren. Der Colonel betete inbrünstig, dass unter ihnen auch einer war, der in der Lage sein würde, die Jumper zu steuern. Er selbst wollte die Stadt nur im äußersten Notfall verlassen und schnellstmöglich einen Weg zur Waffenkammer finden, um sich für den Kampf gegen die Biester zu rüsten.

So leise wie möglich rannten sie hintereinander den Gang hinunter, bogen um eine scharfe Ecke und folgten den Schatten, die in eben diesem Moment durch die ausladende Flügeltür in den Hangar verschwanden. Es war tatsächlich eine Gruppe Flüchtlinge, die beinah zwanzig Köpfe zählte und die unbeirrt auf die Jumper zuhielt.

Doch als Sheppard ihnen folgen wollte, wurde er unsanft am Arm gepackt. „Warte!“ Der Blick des Sateders huschte alarmiert durch den Raum und versuchte vergebens die vollkommene Dunkelheit der Schatten zu durchdringen. Allein das war dem Colonel Warnung genug, um der kleinen Gruppe hinterher zu brüllen. „Zu den Jumpern. Beeilt euch! Hier ist es nicht länger sicher.“

Wie zu erwarten war, brach Panik aus und zwei oder drei aus der Gruppe stolperten und stürzten der Länge nach zu Boden. Sie wurden die ersten Opfer der Wesen, die wie schattenhafte Umrisse von den Seiten herannahten, um sich entweder über die wehrlosen Menschen herzumachen oder um sich an die Verfolgung des Restes zu machen.

Voller Grauen beobachtete das Team, wie einer nach dem nächsten gepackt und zu Boden gerissen wurde. Das Schreien der Sterbenden und das Kreischen und Scharren der Angreifer vermengte sich zu einem Übelkeit erregenden Crescendo. Wie Schafe, die von einem Rudel ausgehungerter Wölfe gerissen wurden.

Teyla war die Erste, die mühsam ihre Beherrschung zurückerlangte und ihre Freunde mit sich aus dem Hangar zog. Als sich die Tür schloss, wurde das Schreien leiser, der Geruch des Todes verschwand. „Wir müssen weg von hier. Für diese armen Seelen können wir nichts mehr tun. Aber wir können versuchen, die restlichen Einwohner zu schützen.“

Das Team tauschte einige entsetzte Blicke, gelähmt von dem Massaker, deren Zeugen sie da grade geworden waren.

„Zur Waffenkammer. Diesen Bastarden werden wir es zeigen.“
 

Der Morgen, der trüb und feucht über Atlantis graute, sandte sein weniges Licht in dünnen Strahlen in den kleinen Raum, in den sich das Team schlussendlich zurückgezogen hatte. Der Weg zur Waffenkammer war beschwerlich gewesen, da sie weite Umwege hatten in Kauf nehmen müssen, um nicht in die Hände der Fremden zu fallen. Stumm und so leise wie möglich waren sie durch die Gänge geschlichen, hatten sich so gut es ging bewaffnet, und waren dann hier her gekommen, um das weitere Vorgehen planen zu können. Sheppard dankte still der unbekannten Macht, die ihnen diesen kleinen Teilsieg zugezollt hatte. Das die Besatzer die Waffenkammer offensichtlich noch nicht gefunden hatten, grenzte an ein Wunder, welches allein ihr schnelles Handeln möglich gemacht hatte.

Ihr jetziger Aufenthalt lag in einem Seitenteil der Stadt, der noch nicht zur Gänze erkundet worden war und in den die Bestien scheinbar noch nicht vorgedrungen waren. Die vorhandenen Steuerungen versprachen eine Chance, auf die stadtinternen Programme Zugriff zu erlangen und so hatten sie die Tür verbarrikadiert und Rodney seine Arbeit tun lassen.

Keiner hatte seitdem ein Wort gesprochen. Ronon saß vor der verschlossenen Tür, seine Waffe schussbereit in der rechten Hand. Teyla hatte ein Auge auf Rodneys wüste Basteleien und Sheppard ging unruhig vor den Fenstern auf und ab, den Blick nach draußen gerichtet und tief in Gedanken.

Schließlich beendete McKay diese bedrückende Stille. Zwar war ihm die persönliche Befriedigung, die Steuerungen wieder zum Laufen gebracht zu haben, deutlich anzuhören, doch ein besorgter Unterton war nicht zu überhören. „Sie sind über eines der Docks vom Nord-Pier in die Stadt gelangt. Eines, das bis vor kurzem noch überflutet gewesen ist. Die Sicherheitssysteme haben es nicht mit in ihren Radius eingeschlossen. So konnten sie Atlantis unbemerkt betreten.“

Als niemand auf seine Ausführungen etwas sagte, rief er den betreffenden Bereich auf dem gläsernen Headup-Display auf. „Schwer zu sagen, wie viele es tatsächlich sind. Aber sie müssen hier an Land gekommen sein und haben sich von dort aus vermutlich weiter ins Innere der Stadt bewegt.“

Sheppard gesellte sich an die Seite des Kanadiers. Erschreckend genug, dass so etwas überhaupt möglich war. Aber offenbar hatten sie sich nicht ausschließlich in unüberwachtem Terrain aufgehalten und spätestens dann hätte das System sie entdecken müssen.

Als er dem Wissenschaftler eine entsprechende Frage stellte, sah dieser alles andere als glücklich aus. „Wer immer diese Eindringlinge sind, uns ist jetzt schon klar, dass sie nicht nur über wenig Wissen bezüglich Atlantis verfügen. Sie wissen wo wir angreifbar sind und wie sie sich möglichst sicher zu bewegen haben.“

„Aber wer könnte das sein? Es gibt nicht viele, die über solch hochsensibles Wissen verfügen. Und diejenigen, die es besitzen, würden es niemals gegen uns einsetzen.“ Ronon hatte seinen Platz bei der Tür aufgegeben und betrachtete finster die Umrisse der Stadt, in denen sich versprengte Gruppen hell blinkender Lichter bewegten.

„Bis auf einige wenige Ausnahmen würde ich Ronon ohne weiteres Recht geben.“ In Teylas Stimme schwang tiefer Gram. „Wir alle habe diese Wesen gesehen und auch wenn die Lichtverhältnisse nicht die besten gewesen sind... Habt ihr sie denn nicht erkannt?“

Das Team wechselte beunruhigte Blicke. Wenn die Athosianerin tatsächlich Recht hatte würde das bedeuten, dass sich ihre Probleme sprunghaft verschlimmerten.

Frustriert knirschte Sheppard mit den Zähnen. „Unser Freund Michael hat seine Schoßtiere direkt in unsere Mitte gebracht. Ein verdammt geschickter Schachzug.“ Gott verdammt, warum hatten sie damals nicht einfach auf Teyla gehört und diese Versuchsreihe gar nicht erst begonnen? Sie hatten schon genügend Feinde in dieser Galaxie, da war es wirklich vollkommen unnötig gewesen, sich auch noch einen selbst zu kreieren. Aber offenbar hatten sie darin unübertroffenen Erfolg gehabt. Er mochte sich nicht ausmalen wie ausgeprägt der Hass sein musste, den Michael den Atlantern gegenüber empfand.

Weder Wraith noch Mensch und von keinem der beiden geachtet, war Michael allein in dieser Galaxie und sie trugen einzig und allein die Schuld an diesem Umstand. Sie hatten ihn zu etwas gemacht, das weder das eine noch das andere war. Einem Ausgestoßenen. Natürlich war die Idee keine schlechte gewesen und hätten sie Erfolg darin gehabt, einen Wraith durch den Retrovirus in einen Menschen zu wandeln, wäre auch alles wunderbar. Doch der Versuch war sträflich schief gelaufen, selbst nach dem zweiten Anlauf, so dass sie jetzt nicht mehr mit der Gnade ihres Versuchsobjektes rechnen durften. Die Male, denen sie Michael begegnet waren, hatte er ihnen unmissverständlich klar gemacht, dass er ihnen niemals verzeihen würde.

In seiner Einsamkeit und seinem Wahn hatte er Wesen erschaffen, die fortan seine Wächter sein sollten und seine Einsamkeit und Absonderlichkeit teilen sollten. Aus seinem ganz eigenen Experiment mit dem Iratuskäfer und dem Menschen waren diese Biester entstanden, die nun über Atlantis und seine Einwohner herfielen.

Und in Anbetracht der Tatsache, dass sie bei ihrem zweiten Versuch mit dem Retrovirus noch weitere Wraith behandelt hatten, die nunmehr das selbe Schicksal wie Michael teilten, mussten sie davon ausgehen, dass sie es nicht nur allein mit Michael und seinen Monstern zu tun haben würden.

„Rosige Aussichten, die uns da bevorstehen.“ John seufzte tief, schloss seine taktische Weste und befestigte die P90 an ihrer Halterung. Er war bewaffnet bis an die Zähne und hoffte, dass diese Waffen auch etwas gegen die Bestien ausrichten konnten. Andernfalls würde es ein kurzes Gefecht sein. „Wir müssen Michael finden. Töten wir ihn, wird seine private Armee hoffentlich orientierungslos und kopflos. Er steuert den Angriff, davon bin ich überzeugt. Außerdem ist sein Tod schon lange überfällig.“

„Endlich versteht ihr, was ich schon seit seiner ersten Gefangennahme versuche zu erklären. Er ist ein Wraith und wird es immer sein.“ Ronons Blick war finster und voller Vorwurf auf den Colonel gerichtet. „Und auch wenn er vielleicht nicht mehr aussieht wie ein Wraith... es wird mir ein Vergnügen sein ihn zu töten.“

Schweigend nickte Sheppard und führte seinen kleinen Kampftrupp hinaus in den Gang. Selbst McKay schien von einem ungewöhnlich grimmigen Kampfgeist beseelt zu sein. Er hatte sich wortlos mit Waffen eingedeckt und schloss sich auch jetzt ohne ein Wort des Missfallens den anderen an. Hier ging es um ihr aller zu Hause, ihre Heimat.

„Sehen wir zu, dass wir begangene Fehler wieder richten und diesen Kampf kurz und ohne Verluste für uns entscheiden.“ Sheppards grüne Augen ruhten für wenige Herzschläge auf jedem von den Dreien. „Ich will sie alle am Ende dieser Mission noch an meiner Seite sehen, verstanden?“

Gescheiterte Rettung

Es war noch nicht allzu viel Zeit ins Land gegangen, seit der Angriff auf Atlantis stattgefunden hatte, und dennoch präsentierte sie sich dem behutsam voran schleichendem Team als totenstille Geisterstadt. Nirgends waren Spuren der zurückgebliebenen Einwohner zu finden. Sämtliche Quartiere waren leer und zeugten stumm von einem übereilten Aufbruch. Doch jeder von ihnen wusste, dass niemandem die Flucht aufs Festland geglückt sein konnte.

Beinah ebenso verwunderlich war es, dass sie sich bislang ohne irgendwelche Zwischenfälle hatten fortbewegen können. Kein Wraith war auch nur in die Nähe ihrer Lebenszeichendetektoren gekommen, und glücklicher Weise auch keine ihrer Schöpfungen.

Sheppard zerbrach sich fieberhaft den Kopf, welche Pläne Michael hier auf Atlantis verfolgen mochte. Ihm musste längst aufgefallen sein, dass sich unter seinen Gefangenen keiner des höheren Führungsstabes befand und daraus folgern, dass es noch freie Menschen in der Stadt gab. Warum setzte er dann nicht alles daran, sie zu suchen? Dass Michael auch nur irgend einen von ihnen unterschätzte, glaubte der Colonel keine Sekunde lang. Der Wraith musste wissen, dass um die Stadt gekämpft werden würde. Egal wie hoch oder niedrig die Aussichten auf Erfolg auch wären.

Also wo waren sie? Atlantis war groß und sie konnten Tage damit zubringen, nach den Eindringlingen zu suchen.

„Die medizinische Abteilung.“ Teylas Stimme klang unangenehm laut und hallte lange in der Stille der leeren Gänge wieder.

Sheppard ließ die kleine Gruppe halten und drehte sich mit hochgezogenen Brauen zu der Athosianerin um. Er verstand ebenso wenig wie die anderen, was sie ihnen damit sagen wollte.

„Dort haben wir bislang noch nicht gesucht und ein Team von mindestens vier Ärzten war zum Zeitpunkt des Angriffes im Dienst.“ Das wusste sie nur so genau, weil sie noch wenige Stunden zuvor dort gewesen war, um sich ein Mittel gegen ihre Kopfschmerzen zu besorgen. Sie schüttelte sich innerlich. Wenn sie diesen Schmerz als das erkannt hätte, was er denn tatsächlich gewesen war, hätte sie den Überfall womöglich rechtzeitig erkennen können. Statt dessen hatte sie die Signale ignoriert, welche so dringlich von ihren Genen ausgestrahlt worden waren.

Aber es war müßig, sich jetzt noch darüber Gedanken zu machen. „Michael hat seine selbstkreierten Wesen mit hier her gebracht und ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit seinen Forschungen bereits am Ende ist. Er braucht die Werkzeuge, die er in den Laboren und ärztlichen Einrichtungen findet.“

Es war nur zu klar, auf was sie damit hinaus wollte. Dort würden sie in jedem Fall auf Angehörige des unerwarteten Überfallkommandos treffen. Und wenn nicht Michael selbst in ihre Hände fiel, so würden sie durch einen anderen Wraith vielleicht erfahren, wo er sich versteckt hielt und was er plante.

Allerdings kam McKay noch eine ganz andere, grausame Idee. Die Vorstellung war abstrus, wie viele seiner kurzfristigen Eingebungen. Aber als er sie den anderen mitteilte, waren ihre entsetzten Gesichter Antwort genug, dass diese Idee ganz und gar nicht abwegig war.

Michael hatte auf dem Planeten, auf dem sie das letzte Mal aufeinander getroffen waren, Experimente zur Erschaffung dieser Hybridwesen durchgeführt. Für diese Experimente benötigte er menschliche DNA und sollte er tatsächlich planen, hier auf Atlantis ein mal mehr einen Stützpunkt zu errichten, so würde jeder Einzelne, der zum Zeitpunkt des Überfalls hier gewesen war, zu einem Teil dieses Projektes werden.

Sheppard schauderte beim bloßen Gedanken an die Folgen. „Los! Zur medizinischen Abteilung. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Wenn McKay Recht hat, dürfen wir nicht zulassen, dass Michael überhaupt eine Chance bekommt, mit seinen Experimenten an unseren Leuten zu beginnen.“ Er hastete zum nächsten Transporter, der sie auf dem schnellsten Wege in die Nähe der Labore und Krankenzimmer bringen würde. Dabei versuchte er so gut es eben ging, die kalte Furcht in seinem Nacken zu verdrängen. Wenn diese Wesen, unter Anleitung der Wraith, erst einmal die Oberhand über Atlantis und dessen Systeme erlangt hatten, würde jeder, der hier her kommen würde in Erwartung einer sicheren Heimstatt ins offene Messer laufen. Und unter diesen Personen würden sich auch diejenigen Expeditionsmitglieder befinden, die sich zur Zeit auf der Erde aufhielten. Dr. Weir, Dr. Beckett, Colonel Caldwell... Welch unfassbare Katastrophe!

Schon als sie den Transporter in einem der Nebengänge verließen, wusste das Team, dass es diesmal auf dem richtigen Weg war. Deutlich waren Stimmen zu hören, und das ängstliche Wimmern und schmerzerfüllte Stöhnen menschlicher Wesen.

Behutsam schlichen sie zum Ende des Ganges und spähten um die Ecke. Durch deckenhohe Glasscheiben konnte man ungehindert in die Räume der inneren Krankenstation blicken, deren Betten ohne Ausnahme belegt waren. Unter den Laken zeichneten sich die Körper der Probanten ab, einige vollkommen reglos, andere wanden sich, als würden sie in den Klauen eines grausamen Alptraumes gefangen sein.

Sheppard wünschte sich, dass es nichts anderes wäre, was er hier zu sehen bekam. Nichts weiter als ein böser Traum. Michaels Wraith bewegten sich zwischen den Betten hin und her und neben jeder Lagerstätte hatte sich eines der Wesen postiert. Sobald einer der Probanten begann, sich zu sehr gegen den schillernden Käfer an seinem Hals zur Wehr zu setzen, griffen die langgliedrigen Wesen nach den Menschen, um sie solange ruhig zu stellen, bis jegliche Gegenwehr erstarb.

Ronon stieß John von hinten unsanft in den Rücken, ohne jedoch seinen versteinerten Blick von diesem Horrorszenario abwenden zu können. „Worauf warten wir noch? Diese Menschen da drin sind verloren. Ein schneller Tod durch unsere Waffen wird eine Begnadigung für jeden von ihnen sein.“ Seine Augen blitzten. „Und ganz nebenbei reißen wir diese Bastarde mit in den Tod.“

Jedem von ihnen war bewusst, dass ein solcher Angriff durchaus nach hinten losgehen konnte, da sie von ihrem Standort unmöglich die gesamte medizinische Abteilung einsehen konnten. Aber zuzulassen, dass die hilflosen Menschen in diesem Raum weiterhin für Michaels schmutzige Versuche missbraucht wurden, konnten sie noch viel weniger. „Spart nicht mit der Munition, um diese Abartigkeiten ins Jenseits zu befördern. Noch können wir ungehindert an Nachschub gelangen. Beim winzigsten Anzeichen einer Niederlage unsererseits verschwinden wir. Und ich will dann keinen Widerspruch hören!“

Ohne auf Einwendungen zu warten schlüpfte er um die Ecke und eröffnete das Feuer. In einem Regen aus funkelnden Splittern gingen die Glasscheiben klirrend zu Bruch und erlaubten dem Team ungehinderten Zugang. Sie verteilten sich fächerförmig und sandten den Tod in kontrollierten Schnellfeuersalven jedem Wraith und jedem Menschen entgegen. Für den Moment herrschte zumindest in diesem Abschnitt ein wüstes Chaos und die Wraith begannen sich, geschützt von ihren insektenartigen Leibwächtern, aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zurück zu ziehen.

Sheppard und Ronon setzten ihnen nach, während sich Teyla vergewisserte, dass keiner der Menschen mehr am Leben und zu retten war. Rodney stürzte unterdessen zum nächstgelegenen Schaltpult und versuchte ihm mit fliegenden Fingern Informationen zu entlocken. Immer wieder zuckte er bei dem ohrenbetäubenden Rattern der P90 zusammen. Niemals würde er sich an dieses Geräusch gewöhnen. Es war beängstigend und barg den sicheren Tod in sich.

Ein nur zu menschlicher Aufschrei aus dem Nebenraum ließ sie beide herumfahren und angstvoll zu der Tür hinüber sehen, durch die Sheppard und Ronon verschwunden waren. Wenig später erschien der Sateder unter der Türzarge, den rechten Arm nutzlos an seine Seite gepresst. Dunkles Blut tropfte über seine verkrampfte Hand zu Boden. Das wütende Gewehrfeuer bestätigte indes, das Sheppard noch immer in einem verbissenen Kampf verwickelt war.

Er stieß zwei herannahenden Wraith eine Trage entgegen und setzte mit langen Schritten bis zur Wand zurück. Dort fingerte er hastig zwei neue Magazine aus seiner taktischen Weste, um die P90 neu zu laden. Sie wurden ihm aus der Hand geprellt, als etwas schwer gegen seine linke Seite stieß. Er hörte das unangenehme Geräusch reißenden Stoffes und konnte grade noch mit einer verzweifelten Drehung seines Körpers sein rechtes Bein aus den Fängen einer riesenhaften und blauschimmernden Gottesanbeterin befreien. Der Vergleich war bestechend, wie ihm in den wenigen Augenblicken dieser tödlichen Nähe bewusst wurde.

Hastig brachte er sich aus der unmittelbaren Reichweite seines Gegners, zog seine Beretta und verschoss das gesamte Magazin der Einhandwaffe auf dessen Schädel.

„Colonel, Rückzug! Wir können diesen Raum unmöglich halten.“ Es war Rodneys Stimme, die das urtümliche Brüllen des Kampflärms übertönte und ihn zurück in die Sicherheit seiner Freunde rief. Er setzte über den noch zuckenden Leichnam hinweg und rettete sich mit einem beherzten Sprung durch die sich bereits schließende Zwischentür. Das dumpfe Dröhnen von der anderen Seite zeigte deutlich, wie nahe ihm der Feind auf den Fersen gewesen war. „Da drüben sind noch mehr von uns.“ brachte er schließlich schwer atmend heraus und ließ sich von Ronon auf die Beine helfen.

„Das wissen wir bereits.“ Teyla hatte einen Platz unmittelbar neben McKay bezogen und blickte mit sorgengezeichneter Stirn auf den Display. „Aber die Zeit auch diese Menschen zu retten haben wir nicht.“

Unzählige Lebenszeichen waren laut der Anzeige auf ihrem Weg hier her, und sie kamen schnell näher.

„Wir müssen uns neu organisieren. So haben wir keine Chance.“ Sheppard schleuderte die nutzlosen Magazine der Maschinenpistole von sich und bestückte diese neu. „Diese Biester sind zäher als wir angenommen haben. Um sie zu bezwingen werden wir mehr brauchen als nur diese Feuerwaffen.“

„Da ist noch etwas.“ Der Wissenschaftler drehte sich um und blickte Sheppard aus großen Augen an. „Jemand ist genau in diesem Moment in dem System eingeloggt, der aber eigentlich gar nicht hier sein dürfte.“

John wollte bereits etwas Bissiges erwidern, verbiss sich das jedoch schnell wieder, als er die Athosianerin zustimmend nicken sah. „Wer?“

„Er müsste eigentlich mit den anderen auf der Erde sein! Ich verstehe das nicht...“

„McKay! Wer?“

„Carson...“ Rodney fiel es augenscheinlich schwer zu begreifen, dass sein Freund sich nicht in Sicherheit auf der Erde befand. „Dr. Beckett ist im System eingeloggt.“

Sheppards Herz sank bei dieser Neuigkeit und er schob den Kanadier unsanft zur Seite, um selbst einen Blick auf den Display werfen zu können. Seine Hand schloss sich zu einer Faust, als er es mit seinen eigenen Augen bestätigt sah. Und er erkannte noch viel mehr, das zur Sorge veranlasste. „Was macht er da?“

„Er arbeitet an unserer Datenbank über die Wraith.“

John verdrehte die Augen und verkniff es sich, Rodney einen Schlag zu versetzen. „Das sehe ich selbst. Aber warum?“

„Nunja...“ McKay knetete mit deutlich blasserem Gesicht seine Hände und blickte hilfesuchend zu Teyla. Sie legte ihm sanft eine Hand auf den Arm und begegnete Sheppard mit gewohnt offenem Blick. „Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich vermute stark, dass er sich gemeinsam mit Michael und einigen anderen Wraith dort aufhält.“

„Es wäre wahrscheinlich, dass sie ihn in ihre Gewalt gebracht haben, damit er bei der Umsetzung des Projektes hilft.“ schloss McKay und senkte dann betreten den Blick.

Es war ein Tiefschlag und Sheppard spürte, wie seine Brust eng wurde. Beckett war ein hervorragender Mediziner und der Erfinder des Retrovirus. Niemand wusste mehr über dessen Zusammensetzung und Wirkung als er. Und es würde keinen geeigneteren Menschen geben, um die Wirkung des Virus umzukehren, so wie es Michael bereits die ganze Zeit mit mehr oder weniger erfolgreichen Ergebnissen praktizierte.

„Das ist nicht gut.“ Ronon strich sich die Strähnen seiner Rastalocken aus dem Gesicht, was bei ihm verdächtig danach aussah, als raufe er sich die Haare. „Wir müssen ihn da herausholen. Wenn Michael bekommt was er will - und ich zweifele nicht daran, dass er Mittel und Wege hat, um Dr. Beckett dazu zu bewegen - dann werden er und seine Wraith noch mächtiger. Vielleicht sogar noch mächtiger als seine Ahnen.“

„Wo liegt der Raum? Und wie ist er von hier aus am günstigsten zu erreichen?“ In den Augen des Colonels stand eine verbissene Entschlossenheit, das niemand ihm zu widersprechen wagte. Er selbst hatte vor nur wenigen Sekunden auf ihre mangelnde Bewaffnung hingewiesen, doch Beckett durfte keinen Moment länger als nötig unter Michaels Einfluss stehen. Und der Wunsch, Michael endlich zu töten, war übermächtig.

Nachdenklich schwiegen sie, fieberhaft nach einer Lösung suchend. Ein direkter Weg würde ihnen wohl kaum offen stehen. Sie würden vermutlich nicht einmal bis zu Carson vordringen, ehe ihnen die Munition ausginge. John stöhnte leise. Den Kopf im Nacken versuchte er seine verhärteten Halsmuskeln zu lockern. Zum Teufel mit diesen Bastarden, er würde Michael an seinen eigenen Eingeweiden aufhängen, wenn das hier vorbei war.

Als er seine Augen wieder öffnete, fiel sein Blick auf ein schmales Gitter unterhalb der Decke. „Das ist es!“ Unterhalb dieses Gitters waren Sprossen in die Wand eingelassen, die er nun hinauf kletterte. Wieder kam ihm die Erinnerung an den Film aus seiner Jugend. Auch dort waren sie durch die Luftschächte gekrabbelt. Es hätte ihm früher einfallen sollen. „Wenn wir die Schächte zur Fortbewegung nutzen, können wir es dann bis zu Beckett schaffen?“ Sein Blick ruhte auf Rodney, der merklich blasser geworden war, während er die Verschraubungen des Gitters löste.

Der Kanadier schluckte mühsam und versuchte vergebens, seine Angst zu unterdrücken. Carson war ein Freund. Er würde nicht derjenige sein, der später dafür verantwortlich schreiben musste, den Arzt zurückgelassen zu haben. Seine Klaustrophobie musste dahinter zurück stehen. Er nahm das PDA an sich, auf das er die nötigen Daten geladen hatte und wies Sheppard mit einer knappen Kopfbewegung an, ihn vor zu lassen. „Folgt mir. Es ist nicht weit.“

Bevor er dann aber endgültig in die Dunkelheit des engen Schachtes kroch, nahm er sich noch ein paar Sekunden, um sein wild schlagendes Herz zu zügeln. Er spürte, wie schwer er atmete. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt an seine Klaustrophobie zu denken, auch wenn ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach und der Sauerstoff spürbar weniger zu werden schien. Er spürte Sheppard dicht an seinen Beinen und den beinah schon sanften Stoß, der ihn aus seinen Gedanken riss und ein Stück weit in den Schacht beförderte. Es gab keinen anderen Weg als den durch die Schächte, wollten sie ungehindert zu Beckett und seinen Häschern gelangen. Entschlossen schob er sich vorwärts, das aufmunternde Murmeln des Colonels ständig in seinem Rücken.

Das Metall der Waffen erzeugte immer wieder unangenehm laute Geräusche auf dem glatten Untergrund, doch bislang blieben die Lebenszeichnen fern. Es war stockfinster und das unstete Licht der kleinen Taschenlampen, welche an den Läufen der Maschinenpistolen befestigt waren, verursachte zuckende Schatten in den Tiefen der Abzweigungen. Mehr als einmal hielt Rodney mit wild klopfendem Herzen inne, fest davon überzeugt, dass eines der Wesen vor ihnen hinter einer der Ecken lauerte. Doch der Detektor belehrte ihn jedes Mal eines besseren. Warum musste er auch als Erster durch dieses Labyrinth robben?

Schließlich erreichten sie den letzten Abzweig und Rodney kauerte sich mit einem beklemmenden Gefühl der Erleichterung und der Sorge an die Ecke. Sheppard schloss zu ihm auf und spähte an ihm vorbei in die Dunkelheit. Auch sein Herz schlug schnell, seine Brust hob und senkte sich dicht an der Schulter des Wissenschaftlers. Ein kurzer Blick in das Gesicht seines Freundes bestätigte ihm, dass der Colonel ähnlich fühlen musste.

„Wie weit?“

McKay räusperte sich leise und musterte den kleinen Display mit zusammengekniffenen Augen. „Etwas mehr als hunderfünfzig Schritt in diese Richtung. Dann sollten wir uns genau in der Mitte des Raumes befinden.“

Wortlos rückte Sheppard vor, die Führung der kleinen Gruppe wieder übernehmend. Seine Hände tasteten forschend über die metallenen Platten, immer auf der Suche nach den Ausstiegsluken. Seine Finger fanden insgesamt drei in geringem Abstand zueinander. Zusammen mit Ronon und Teyla löste er behutsam die Klemmen, welche die Platten an ihrem Ort festhielten. In der Finsternis war es unmöglich durch reinen Blickkontakt den Zeitpunkt eines geschlossenen Angriffes zu bestimmen. Daher zählte er gedämpft von fünf abwärts, zog sich an den Rand des Ausstiegs und trat zu.

Die Platten stürzten mit einem ohrenbetäubend lauten Scheppern zu Boden, dicht gefolgt von den Atlantern, die sich, sobald sie festen Boden unter den Füßen spürten, zur Seite rollten und Deckung an der Wand suchten.

Mehr als die Hälfte der anwesenden Wraith fiel den ersten Feuerstößen zum Opfer und Sheppard spürte bereits einen eisigen Triumph in sich aufsteigen, als er Michael fallen sah. Er befand sich tatsächlich unter ihnen.

Mit einem beherzten Schulterstoß rammte er einen Wraith aus dem Weg, der ihm mit gezücktem Stunner entgegen trat und ihn augenscheinlich von dem momentan hilflos am Boden liegenden Michael fern halten wollte. Allerdings gerieten sie beide durch den Zusammenstoß ins Straucheln und Sheppard konnte nicht vermeiden, dass er haltlos auf eine der beiden anwesenden und alles andere als friedlich aussehenden Kreaturen zu stolperte. Er duckte sich grade noch rechtzeitig unter den heran zuckenden Klauen hinweg und spürte keine Sekunde später, dass eine der messerscharfen Krallen ihn dennoch am Kopf gestreift hatte und einen teuflischen Schmerz zurück ließ. Er biss einen Aufschrei zurück und brachte sich außer Reichweite dieser tödlichen Waffen.

Die anderen waren in ähnlich verzwickten Gefechten verwickelt und die Enge des kleinen Labors machte es beinah unmöglich, die volle Feuerkraft ihrer Waffen zu nutzen. Zu groß war die Gefahr, dass ein Querschläger fehlging und einen aus dem Team verletzte oder gar tötete.

Als Sheppard seine P90 schließlich beinah in einem Handgemenge mit zwei Wraith verlor, löste er sie kurzerhand von seiner Weste, um sich freier bewegen zu können, und zog sein Messer. Keine Sekunde zu früh. Er wehrte die herannahende Hand eines Wraith mit einem hastigen Ausfallschritt ab und registrierte mit einer bitteren Genugtuung, dass dieser dadurch gleich mehrere Finger einbüßen musste.

Doch der Erfolg sollte nicht lange währen. Geschützt durch die zwei Kreaturen, waren die Wraith nach wie vor in der Überzahl und drängten die verzweifelt kämpfenden Atlanter immer weiter in die Defensive und schon bald drang Teylas Warnruf an Sheppards Ohren. Geduckt und mit dem blutigen Messer im Anschlag wirbelte er herum.

Die Athosianerin hatte es nicht geschafft rechtzeitig an Carsons Seite zu gelangen. Sie lag mit einer übel aussehenden Kopfplatzwunde zu Füßen einer der Bestien. John knurrte vor unterdrücktem Zorn und warf sich nach vorne. Doch das Wesen schien seine Bewegungen vorauszuahnen und traf ihn noch im Flug mit einer Klaue in die Flanke. Er wurde haltlos herumgerissen und gegen die gegenüberliegende Wand geschleudert. Schmerz rollte wie eine rote Welle durch seine Glieder und lähmte ihn für mehrere Herzschläge. Als sich sein Blick dann wieder klärte, hatte das Wesen die wenigen Meter zu ihm überbrückt und schlug mit beiden Vorderläufen nach dem scheinbar hilflosen Opfer.

John rollte sich reflexartig zusammen, ergriff eines der dicht vor ihm aufragenden Beine, und zog sich unter den Bauch seines Angreifers. Sein Messer zuckte hinauf und traf die ungeschützte Haut zwischen den Schuppen, die dessen Unterseite schützten. Warm sprühte Blut, vermischt mit einer klebrigen Lymphflüssigkeit, auf seine Finger.

Das Wesen schrie auf und brachte sich mit einem Satz vor der schimmernden Klinge in Sicherheit. Dabei trat es mit dem freien Bein nach Sheppard und traf ihn hart an der Schulter, sodass er gezwungen war, seinen Griff zu lösen. Der Stoff der taktischen Weste riss, ebenso wie der Stoff von Jacke und T-Shirt, und die Krallen fuhren ungeschützt in die darunter liegende Haut. Johns gepeinigtes Aufjaulen hallte in der darauf folgenden Stille unnatürlich laut von den Wänden des kleinen Labors wider. Der Kampf war zum Erliegen gekommen.

„Ich habe schon begonnen mich zu wundern, wo Sie und Ihr Team bleiben, Lieutenant Colonel John Sheppard.“ Militärschuhe und der Saum eines schwarzen Mantels waren das erste, was John von Michael zu sehen bekam. Er stemmte sich mühsam in eine sitzende Position und starrte hasserfüllt zu dem Wraith auf. „Es ist mir eine besondere Freude sie alle wieder zu sehen, nachdem sie mich so gedankenlos auf Taranis zurückgelassen haben.“ Er wandte sich um und schritt bedächtig auf Carson zu, der in den Fängen der zweiten Bestie gefangen war. Eine ihrer Klauen ruhte mit unmissverständlicher Drohung an seiner Kehle. Grund genug für den Rest des Teams, den Kampf einzustellen.

„Ein winziges Zeichen von mir, und ihr Freund stirbt. Also überlegen sie sich gut, wie unsere weitere Konversation aussehen soll.“

„Sie können ihn nicht töten. Sie brauchen ihn.“

Michael sah den Sateder kalt an, der noch immer sein Schwert in den Händen hielt, bereit bei der kleinsten Gelegenheit loszuschlagen. „Ich sehe wie sie unter dem Wunsch, mit mir zu kämpfen, regelrecht zittern. Oder ist es die Angst, die ihre Muskeln vibrieren lässt?

Ich brauche Dr. Beckett nicht für meine Experimente. Es ist lediglich eine glückliche Fügung, dass er so unverhofft zu uns gestoßen ist und meine Arbeit dadurch erheblich verkürzen wird.“

Die verbleibenden Wraith machten sich daran dem Team die Waffen abzunehmen.

„Ich muss sagen, ich bin enttäuscht, dass so wertvolle Personen wie Dr. Weir erst später Teil meines Projektes werden können. Wo sind sie, wenn ich fragen darf? Doch sicher zu Hause auf der Erde, nicht wahr?“ Er besah sich Sheppard mit einem boshaften Lächeln. „Sollen sie ihre Zeit genießen. Denn wenn sie zurückkehren, werden sie nicht mehr das Atlantis vorfinden, das sie verlassen haben.“

„Nicht wenn wir es verhindern können.“ Sheppard stand auf und blitzte Michael einen wütenden Blick entgegen. Er ignorierte das Blut, dass ihm aus der Wunde am Kopf in die Stirn rann.

„Kämpferisch wie eh und je. Nichts anderes habe ich von Ihnen erwartet, Colonel. Ihre DNA wird eine Bereicherung sein für mein Projekt.“ Auf einen knappen Wink traten zwei Wraith vor und flankierten Sheppard, während Michael in aller Ruhe eine Spritze aus seiner Brusttasche holte. „Ich werde sehen, wie ich das Blut Ihres Teams am besten verarbeiten kann. Bis dahin...“ Er packte den Colonel an seiner verletzten Schulter, presste ihn gegen die Wand und bohrte seine Finger mit einem verschlagenen Grinsen in die frische Wunde. Gleichzeitig stach er die Nadel in dessen ungeschützte Seite und zog die Spritze mit der von ihm so begehrten Flüssigkeit auf. Sheppard keuchte. „Bis dahin wird ihnen eine nähere Bekanntschaft mit meinen Käfern erspart bleiben.“ Er lachte leise, als er den Schmerz in den Augen seines Gegenübers erkannte. Dann entfernte er die Kanüle, übergab sie einem seiner Leute und ließ von Sheppard ab. „Sie und Ihr Team werden solange meine Gäste hier in Atlantis sein.“

Er wies die noch anwesenden Wraith an, auch Blutproben von den anderen Atlantern zu nehmen, dann verließ er mit wehendem Mantel das Labor.

Unerwarteter Beistand

Atlantis erweckte noch immer den Eindruck einer Geisterstadt, als sich der verschwommene Schatten Arokhs in einen langsamen Sinkflug fallen ließ, um im Schutz der dichten Seenebelschwaden näher an die schemenhaften Türme heran zu gleiten. Kalt und feucht schlangen sie sich durch die Schluchten der Stadt, so dass nur hier und da die Spitze eines Gebäudes im fahlen Tageslicht aufleuchtete. Alles andere bedeckten und verwandelten sie in formlose Schattenwesen. Nichts deutete darauf hin, dass noch irgendetwas in dieser Stadt am Leben war.

Der Wunsch, diese Stille mit ihrem Geist zu erforschen, schien übermächtig, doch Rhyan beherrschte sich. Sie durften nicht wieder die Gefahr eingehen frühzeitig entdeckt zu werden. Der Angriff durch die Drohnen stand ihr noch deutlich vor dem inneren Auge.

Die vergangenen Tage hatte sie stets versucht herauszufinden, was auf Atlantis passiert sein mochte. Immer wieder hatte sie versucht ihre Freunde zu erreichen. Aber alles was sie hatte finden können, war Dunkelheit. So als würde irgend jemand die schwimmende Stadt abschirmen. Ganz selten war das Aufglühen einer Emotion bis zu ihr durchgedrungen und in den meisten Fällen war diese dann von Schmerz gezeichnet gewesen. Eine Tatsache, die nicht unbedingt dazu beigetragen hatte, dass Rhyan ruhiger wurde.

Und dann war dieser Traum über sie gekommen. Es war Sheppard, der wie aus dem Nichts plötzlich vor ihr gestanden hatte. Seine Augen, die so voller Schmerz gewesen waren, hatten sich unauslöschlich in ihr Gedächtnis gebrannt. Sie hatte ihn unter Schmerzen schreien hören und war schweißgebadet aus dem Schlaf geschreckt, am ganzen Körper von einer eiskalten Gänsehaut überzogen.

Jetzt, Stunden später und nachdem die Nachmittagssonne den Kampf gegen die noch immer tiefhängenden Nebelbänke zu verlieren begann, wusste sie, dass der Colonel einen unglaublich starken mentalen Ruf ausgesandt haben musste, dass er sie sogar noch in den Tiefen des Schlafes hatte erreichen können.

Behutsam segelte der Drache durch die Schluchten der Bauten und landete schließlich auf einem gut verborgenen Platz in der Nähe des Hauptturmes. Der Wind heulte unangenehm durch die engen Durchlässe und verwirbelte den Nebel zu schattenhaften Wesen. Rhyan glitt lautlos von seinem breiten Rücken und sah sich dann aufmerksam um. Die Nähe der hoch aufragenden Gebäude war mehr zu fühlen, als dass man sie sehen konnte.

„Du irrst dich, Arokh. Du irrst dich gewaltig.“ Sie wandte sich um und begegnete dem unergründlichen Blick seiner in tiefem Feuer glühenden Augen. „Ich habe keine Angst. Außer vielleicht vor dem, was unseren Freunden zugestoßen sein könnte.“

Gemeinsam mit dem Drachen hatte sie immer und immer wieder darüber gegrübelt, was es mit dieser seltsamen und mächtigen Präsenz auf sich haben könnte, die sie bei ihrem ersten Anflug auf Atlantis so deutlich wahrgenommen hatten. Sie glich dem Geist einer Wraith-Königin in erschreckender Weise, und doch war sie durchzogen von Fremdartigkeit und beängstigender Vertrautheit. Eine Mischung, die nicht nur Rhyan unheimlich erschien. Zu sagen, ob es sich bei diesem Gegner um Mensch oder Wraith handelte, war nicht möglich. Grund genug nur mit allergrößter Vorsicht und Bedacht vorzugehen.

„Warte hier, bis du von mir hörst. Und bitte...“ Sie blitzte ihm ein verschlagenes Grinsen zu, „versuch nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.“

Noch ehe der Drache darauf reagieren konnte, war die junge Frau in den Tiefen des Nebels verschwunden.
 

Die Stille der Stadt lastete schwer und drückte sich fast schon beängstigend auf Rhyans Nerven, als das Schott hinter ihr ins Schloss fiel und damit das Tosen des Windes ausschloss. Ein schmaler Seitengang erstreckte sich leer und düster vor ihr und die junge Frau registrierte mit einem unangenehmen Kribbeln im Magen, dass die Stadt offenkundig nur unter Notstrom lief. Was in allen neun Höllen war hier los?

Sie lockerte 'Leid' in der Schwertscheide und begann so leise wie irgend möglich den Gang hinunter zu laufen. Dass es hier so unheimlich ruhig war, machte es ihr zusätzlich schwer. Jedes noch so kleine Geräusch würde über weite Strecken zu hören sein. Im Gegenzug würde sie dagegen hoffentlich rechtzeitig mitbekommen, wenn sich ihr jemand näherte. Ihr Herz schlug hart gegen ihre Rippen. Sie hatte wahrlich kein gutes Gefühl bei der Sache.

Ihr erster Weg führte sie zum Hangar. Vielleicht war etwas passiert, dass die Atlanter dazu gezwungen hatte, Atlantis aufzugeben und zu evakuieren. Die Jumper würden ihr Auskunft darüber geben.

Ein hastiger Blick in die sie umgebenden Schatten bestätigte, dass sie noch immer allein war, also sie betätigte den Türöffner. Die Dunkelheit jenseits der doppelflügligen Schotts war vollkommen, doch Rhyan benötigte kein Licht, um ausreichend sehen zu können. Ihre Augen glommen in einem tiefen Feuer und ihre nunmehr geschlitzten Pupillen weiteten sich entsetzt, als sie von der Galerie auf das Schlachtfeld am Fuße einer sanft geschwungenen Treppe blickte. Von den menschlichen Körpern, die all diese Fetzen einst gewesen sein mussten, war kaum noch etwas übrig, außer einer Menge Blut. Blut, welches sich zu einem schimmernden See zusammengetan hatte und weiter hinten die Außenwände der Jumper befleckte.

Mit einem unterdrückten Schluchzen stürmte sie die Stufen hinab und sank am Rand des klebrigen Sees in die Hocke. Wer war zu so etwas fähig? Es war unmöglich die Handschrift von Wraith. Zitternd streckte sie ihre Hände aus und versenkte ihre Finger in das bereits geronnene Blut. Dann schloss sie die Augen und suchte mit schlagendem Herzen nach einer ihr bekannten Spur. Allein der bloße Gedanke, dass nur ein Tropfen dieses Blutes zu einem ihrer Freunde gehören konnte, ließ sie in ihrer Konzentration wanken. Doch sie fand nichts. Mehr als zwanzig Menschen hatten hier ihr Leben lassen müssen. Aber keiner ihrer Freunde war darunter gewesen.

Sie richtete sich wieder auf und ließ ihren Blick noch einmal über die Docks der Jumper gleiten. Es fehlte nicht einer. Sollte eine Evakuierung über das Stargate also nicht geklappt haben, musste sich die gesamte Belegschaft noch in der Stadt befinden. Es sei denn, ihnen war es ähnlich ergangen wie den armen Seelen zu ihren Füßen.

Rhyan musste sich beherrschen, um nicht mit all ihrem Willen nach Sheppard zu rufen. Wenn es auch nur die geringste Chance gab, dass er und sein Team noch lebten, musste sie diese ergreifen und nicht durch ihre Angst gefährden. Und ganz gleich, wer für dieses Massaker zuständig sein mochte, er würde dafür büßen.

Das Geräusch der Türhydraulik auf der Galerie ließ die junge Frau herumfahren. Mit wenigen Schritten brachte sie sich in den trügerische Schutz der Hangarmauer und schlich behutsam auf einen der Jumper zu. Dort angekommen kauerte sie sich nieder und lauschte angestrengt. Das Licht, das durch die jetzt offen stehende Tür drang, bildete ein helles Rechteck am Boden, in dessen Ausdehnung sich merkwürdige Schatten bewegten. Rhyan schluckte. Wraith waren das offenbar tatsächlich nicht.

Metallenes Klappern auf den Stufen sagte ihr, dass sich die Verursacher der Schatten auf dem Weg nach unten befanden. Am liebsten wäre sie einfach verschwunden, doch abgesehen davon, dass ihr zur Zeit kein Fluchtweg offen stand, musste sie auch wissen, mit was für Gegnern sie es zu tun hatte. Und mit etwas Glück würden die sie zu ihren Freunden führen.

Wenn sich Rhyan irgendwann in ihrer Kindheit einmal ausgemalt hätte, wie außerirdisches Leben wohl aussehen mochte, so wäre ihre Beschreibung den vor ihr auftauchenden Kreaturen wohl sehr ähnlich gewesen. Kalt huschte ein Schauer über ihren Rücken und ließ sie unwillkürlich zittern. Betrachtete sie die langen und vielgliedrigen Gliedmaßen und die scharfen Kanten der armähnlichen Extremitäten, konnte sie sich nur zu bildhaft vorstellen, was den hier gestorbenen Menschen zugestoßen sein musste.

Sie gingen aufrecht und es waren die mächtigen Fußklauen, die dieses metallene Geräusch auf dem Untergrund verursachten. Ihr Gewicht tarierten sie mit einem muskulösen Schwanz aus, der gerippt war wie die Wirbelsäule eines Menschen und in einer tödlichen Spitze endete. Das schwache Licht brach sich auf der feucht schimmernden Panzerung und für einen winzigen Moment auch in den kleinen, bösartigen Augen. Beißzangen, deren innenliegende Kanten einer Säge gleichkamen, schnappten unruhig auf und zu. Auch sie verursachten dabei ein unangenehmes Geräusch.

Leise zog sich Rhyan auf das Dach des neben ihr stehenden Jumpers und wartete flach auf dem Bauch liegend und mit angehaltenem Atem, bis die Wesen ihre Suche einstellten und sich anschickten, den Hangar wieder zu verlassen. Insgeheim war sie dankbar, dass sie keine Spuren hinterlassen hatte. Einen Kampf mit diesen Monstren schätzte sie als äußerst schwierig ein. Aber irgendetwas war passiert, dass ihre Anwesenheit bemerkt worden war.

Behutsam richtete sie sich auf und folgte den Wesen, in dem sie geduckt von einem Jumper zum nächsten sprang. Dann schlüpfte sie durch die Tür, ehe diese im Rücken ihrer heimlichen Führer zugleiten konnte. Sie schlich ihnen in respektvollem Abstand hinter her. Lediglich die durch die Notstromleuchten verzerrten Schatten konnte sie noch vor sich ausmachen.

Scheinbar ziellos bewegte sich der Tross durch die Gänge von Atlantis und Rhyan begann bereits zu zweifeln, überhaupt jemals auf andere Lebewesen zu stoßen. Wann immer sie sich zurückfallen ließ und ihre unmittelbare Umgebung absuchte, fand sie nichts als zurückgelassene Räume und leere Gänge. Immer wieder musste sie sich beeilen, um den Anschluss nicht zu verlieren und wäre dadurch um ein Haar in eine Gruppe mehrerer Wraith gerannt, als sie gedankenlos um eine Ecke bog. Schlitternd kam sie zum Stehen und warf sich in den nächstbesten Raum. Der Trupp war noch etliche Schritte entfernt gewesen und sie konnte nur hoffen, dass das Schaben ihrer Kleidung auf dem glatten Untergrund nicht allzu weit zu hören gewesen war. Ihre zitternden Fingern hielten das Schwert auf ihrem Rücken umschlossen, damit es nicht laut scheppernd zu Boden fiel. So blieb sie mit wild klopfendem Herzen und fest geschlossenen Augen liegen und wartete ab.

Also doch Wraith? Ihr Kopf schmerzte von dem unsanften Zusammenstoß mit etwas, das hier von der Decke zu hängen schien, und sie rieb sich mit einem leisen fluchen den Hinterkopf. Draußen entfernten sich die Schritte der Wraith indes wieder und sie spähte vorsichtig um die Ecke. Merkwürdig. Irgendetwas war anders an diesen Dreien. Sie konnte nicht mit Sicherheit sagen, was sie so verwunderte, dafür hätte sie einen längeren Blick riskieren müssen. Aber sie hatten eine andere Aura als jeder Wraith, der ihr bislang begegnet war. Vielleicht war das ihr Glück gewesen, weshalb sie nicht gehört worden war. Erleichtert atmete sie durch.

Beim Aufstehen stieß sie erneut mit dem Ding zusammen, das sie zuvor bereits so unverhofft am Kopf getroffen hatte. Wütend schob sie es weg und erstarrte, als sich ihre Finger in warmes, weiches Gewebe senkten. Rhyan schluckte einen Aufschrei herunter und riss ihre Hand zurück. Dünne Fäden einer glitschigen Masse blieben jedoch an ihren Fingerkuppen kleben und zogen sich wie angewärmter Käse in die Länge. Angewidert starrte sie das Ding an. Es hing tatsächlich von der Decke und es gab nicht nur eines davon. Der ganze Raum war gefüllt damit.

Rhyan schnupperte vorsichtig an ihnen und berührte die Oberfläche trotz ihres Widerwillens noch einmal. Sie fühlte sich organisch an und war überzogen mit einem klebrigen Flüssigkeitsfilm und langen, pulsierenden Geschwülsten. Wie ein Sack hing es von der Decke und pendelte in einem für sie unsichtbaren Luftzug. Der Geruch, den sie ausströmten, war abartig und penetrant und die junge Frau beschloss, diesen Raum schnellstmöglich zu verlassen.

Wenn es sich bei diesen Dingern tatsächlich um eine Art von Eiern handelte, die möglicher Weise diese furchterregenden Insektenviecher ausspuckten, würde sie etwas dagegen tun müssen. Nur zuerst musste sie ihre Freunde finden. Danach würde – hoffentlich – noch Zeit genug sein für derartige Unternehmungen.

Sie schlich zurück in den Gang und entschloss sich, der verblassenden Spur des seltsamen Wraith-Trupps zu folgen.

Eindeutig die bessere Wahl, wie sie nach nicht einmal einer halben Stunde feststellte. Die Dreiergruppe hatte die Treppe zum Kontrollraum genommen, in den Rhyan ihnen nicht zu folgen wagte. Zu stark war die Präsenz der Wraith an diesem Ort. Statt dessen folgte sie dem Treppenverlauf nach unten und bewegte sich den verlassen Gang entlang in Richtung Sporthalle. Keine hundert Schritte weiter vernahm sie aus einem der Nebenräume eine gedämpfte Stimme.

Behutsam trat die junge Frau näher an die Tür und lauschte angestrengt. Das Gespräch war viel zu leise, als dass sie es hätte verstehen können. Aber es handelte sich definitiv um menschliche Stimmen, was Rhyans Hoffnung wieder hell auflodern ließ. Es waren also nicht alle Einwohner der Stadt tot.

Das Streitgespräch nahm an Intensität und Lautstärke zu und plötzlich huschte ein verschmitztes Grinsen über Rhyans Züge. Keine Frage, sie wusste wem diese aufgebrachte Stimme mit diesem leicht hysterischen Unterton gehörte. Endlich hatte ihre Suche ein Ende.

Da sie keine Wraith-Präsenz hinter der Tür wahrnehmen konnte, betätigte sie den Türöffner und betrat das dahinter liegende Zimmer. Ihr Grinsen verschwand keineswegs, als sie unmittelbar darauf in die weit aufgerissenen Augen von Dr. McKay und Ronon blickte. Der Anblick war auch trotz aller Dramatik zu seltsam.

Die beiden Männer saßen am Boden, jeweils an Hand- und Fußgelenken gefesselt und, scheinbar zu Ronons großem Missfallen, auch noch aneinander gebunden.

Ein kurzer, forschender Blick in die Runde bestätigte, dass sich lediglich Rodney und der Sateder hier aufhielten. Von Sheppard oder Teyla fehlte jede Spur und der kalte Klammergriff um Rhyans Herz wurde wieder stärker. Sie wurde von Ronons Stimme aus ihrer Starre gerissen.

„Noch so ein unerwarteter Besucher. Aber ein durchaus willkommener.“ Der Krieger nickte ihr zum Gruß entgegen. „Willkommen auf Atlantis, Drachenfrau.“

Mit wenigen Schritten überbrückte Rhyan die Entfernung zu den beiden Männern und schnitt kurzerhand deren Fesseln entzwei. „Ich habe schon herzlichere Willkommen erlebt. Was zum Teufel sind diese Biester? Und was um Himmels Willen haben die Wraith mit ihnen zu schaffen?“ Beide wirkten geschwächt und ausgelaugt. Selbst Ronon wies eine gespenstische Blässe auf, seine Augen wirkten eingesunken und lichtlos und er konnte sich nur mit Mühe in eine aufrechte Haltung wuchten. Rhyan half dem Wissenschaftler auf die Beine.

Dieser schien sich erst langsam von der Überraschung zu erholen. Er starrte sie noch immer ungläubig an, bis Ronon ihn anstieß, dass er beinah vorn über kippte und Rhyan dann mit wenigen Worten über das Nötigste aufklärte. Sie lauschte in stillem Entsetzen.

„Sie haben uns Blut abgezapft, in unregelmäßigen Abständen immer wieder. Danach hat man uns getrennt. Wir wissen nicht wohin sie Sheppard und Dr. Beckett gebracht haben. Aber Teyla liegt mit ihrer Kopfverletzung auf der Krankenstation. Dr. Beckett konnte sich für sie stark machen. Das wird ihr vermutlich das Leben gerettet haben.“ Deutlich konnte Rhyan die Sorge aus der Stimme des Kriegers heraushören. Das Band der Freundschaft zwischen ihm und der Athosianerin war stark.

Fieberhaft versuchte Rhyan nachzudenken. „Wir brauchen eine sichere Basis, von der aus wir unsere Schritte planen und steuern können. Gibt es noch Orte hier in Atlantis, die nicht von den Wraith besetzt worden sind?“

Als sich alle Blicke zu Rodney wandten, verzog dieser in hilfloser Verzweiflung das Gesicht. „Woher soll ich das wissen? Vermutlich werden sie den Bereich, in dem wir unseren ach so glorreichen Angriff gestartet haben, noch immer nicht betreten haben. Er ist zu weit von den wichtigen Punkten dieser Stadt entfernt und nach dem, was wir bisher über den Feind erfahren konnten, sind es nicht viele genug, um ganz Atlantis zu besetzen. Aber wie wir wissen, müssen sie das ja auch gar nicht.“ Er schnaubte.

Der Sateder ging zur Tür und lugte hinaus in den Flur. Weit und breit war niemand zu sehen. „Was solls, es ist zumindest ein Anfang.“ Er registrierte Rhyans zustimmendes Nicken mit stummer Dankbarkeit. „Wir holen Teyla und ziehen uns zurück. Von dort aus sollte es uns auch möglich sein, Sheppard und Beckett zu finden.“

„Aber...“ McKay blickte konsterniert hinter den beiden her, die soeben das Zimmer durch einen Seitengang verließen. „... wenn sie unser Verschwinden bemerken... werden sie dann nicht erst recht jeden Winkel nach uns absuchen?“ Er zwang den unterschwelligen Schwindel zurück und machte sich daran, den beiden zu folgen.

Ronon blieb so unvermittelt stehen und drehte sich um, dass der Wissenschaftler ungebremst gegen dessen Brust lief. „Haben Sie eine bessere Idee, Doktor?“

Die hatte er nicht. Wie denn auch? Es war etwas vollkommen anderes auf einer Außenmission in feindlichen Kontakt zu treten. Aber dort, wo man eigentlich seinen sicheren Hafen wähnte und sich sicher und zu Hause fühlte, an genau diesem Ort einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein, ohne eine sichere Zuflucht zu haben, ließ ihn innerlich nahezu verzweifeln. Er beschloss ab sofort nichts mehr zu sagen und folgte den beiden Kriegern in trübsinnigem Schweigen. Teyla war verletzt und der Teufel allein wusste wo man Sheppard und Beckett hingebracht hatte. Aber mit Sicherheit hatten seine beiden Führer das bereits bedacht und eine Lösung für all diese Probleme gefunden, nur dass er selber offenbar zu dämlich war, solche Schwierigkeiten zu lösen. Rodney grollte wütend.

Aber es sollte ohnehin alles anders kommen, als geplant. Zu McKays großem Unwillen wurde ein weiteres Mal beschlossen, die Luftschächte zur weiteren Fortbewegung zu nutzen und wieder war es der Wissenschaftler, der dem Trio vorangehen sollte. Rhyan kannte sich nicht aus und Ronon bestand darauf, das Schlusslicht zu bilden. Ihm blieb folglich keine andere Wahl.

Er hatte sich grade mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit des schmalen Schachtes gezogen und drehte sich um, um Rhyan eine Hand für den Aufstieg zu reichen, als diese mit einem kehligen Ächzen gegen die Sprossen der Leiter sank. In dem Blick, den sie Rodney unmittelbar darauf zuwarf, stand das blanke Entsetzen und er hätte schwören können, dass er zusehen konnte, wie sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht entwich. Ihr Blick flackerte, was ihn erschreckt zurückweichen ließ, dann löste sie ihren Griff von der Leiter und ließ sich zu Boden fallen.

Ronon, selbst überrascht von der plötzlichen Stimmungswandlung, wurde von ihr zur Seite gestoßen und bekam sie grade noch am Ärmel zu packen, bevor sie um die nächste Ecke verschwinden konnte. „Würdest du uns bitte sagen, was hier los ist?“ Seine Augen blitzten verärgert, auch wenn der Schrecken in den Augen seines Gegenübers den Zorn ein wenig milderte. „Keine Alleingänge. Ich dachte darin wären wir uns einig?“

Zu seiner großen Verwunderung hörte er Rhyan leise aufjaulen, ehe sie sich mit einem fast schon traurigen Blick gegen seinen Griff wehrte. „Lass mich gehen, Ronon. Bitte! Holt Teyla. Ich werde euch folgen, sobald ich kann.“

Satt dieser Aufforderung nachzukommen, zog der Sateder die junge Frau noch ein Stück näher zu sich heran und starrte ihr forschend ins Gesicht. „Nicht bevor du uns sagst, was du da grade erfahren hast!“

„Sheppard.“

Sie sprach so leise, dass er sie kaum verstehen konnte, aber es genügte, um ihn zu überzeugen. Ronon löste seinen Griff. „Was passiert mit ihm?“

Rhyan wischte sich fahrig eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. Ihr Hals war trocken wie Pergament. „Er stirbt, wenn ich ihn nicht bald finde.“

Nun war es an Ronon, kaltes Entsetzen zu verspüren. Nicht einen Moment lang zweifelte er an dem, was Rhyan vorgab gespürt zu haben. Und es stellte ihn vor ein wahrlich verzweifeltes Dilemma. Er schuldete dem Colonel eine Menge und die tiefe Loyalität, die er ihm gegenüber empfand, verlangte von ihm, dass er der jungen Frau bedingungslos zur Seite stehen sollte, wenn sie jetzt loszog, um ihn zu suchen. Doch dann war da noch Teyla, zu der er ein ganz ähnliches Band geknüpft hatte und die er in diesem hilflosen Zustand, in dem sie sich zur Zeit befand, unmöglich allein lassen konnte. McKay mit dieser Aufgabe allein zu betrauen, kam nicht mal im Entferntesten in Frage.

Rhyan schien den Widerstreit im Innern des großen Mannes zu spüren, denn ein schwaches Lächeln huschte über ihre Züge. „Geht jetzt. Wir treffen uns wie vereinbart. Ich werde auf ihn Acht geben, sei unbesorgt.“ Mit einem leisen Zischen zog sie 'Leid' aus der Rückenhalterung, dessen Intarsien bereits in wilder Vorfreude auf einen Kampf in düsterem Rot glommen. Dann wirbelte sie auf dem Absatz herum und jagte den Gang hinab außer Sicht.
 

Sheppard bracht schwer atmend auf die Knie und schloss für einen winzigen Moment die Augen. Nur einen Augenblick, um sein rasendes Herz wieder zu beruhigen und seine Atmung in weniger schmerzhafte Bahnen zu lenken. In seinem Kopf pulsierte ein hämmernder Schmerz und machte es ihm unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Er fühlte sich so schwach, so unglaublich müde.

Als er seine Augen wieder öffnete, fiel sein Blick auf seine zitternden Hände. Waren das wirklich seine Hände? Die Haut spannte sich um die deutlich hervortretenden Knochen und unter ihr verliefen in tiefem Blau seine Venen. Sein Blick verschwamm und die Welt um ihn herum drohte zu kippen. Was war mit ihm geschehen?

Noch bevor er haltlos zur Seite kippen konnte, wurde er von jemandem gleich einem Welpen im Nacken gepackt und auf die Füße gestellt. Eine mehr als unsanfte Ohrfeige vertreib den Nebel und schärfte seine Sinne noch ein Mal für wenige Augenblicke. Sheppard erinnerte sich dumpf, dass ihm eine solche Behandlung schon öfters zu Teil geworden war und dass sein Kiefer deshalb vermutlich auch so unerträglich brannte.

„Beinah tut es mir leid, dass sich unser kleines Spiel offenbar doch langsam dem Ende zu neigt. Ich hatte gehofft, dass Sie mehr ertragen, Colonel. Aber schlussendlich sind Sie ein Mensch wie jeder andere. Daran hätte ich denken müssen.“ Michael vergrub seine Hand in das dichte Haar seines Opfers und zwang dessen Kopf so weit in den Nacken, dass sich ihre Blicke trafen. „Der Tot klopft an die Tür, Colonel. Können Sie ihn hören?“ Er lachte amüsiert und ließ seine noch freie rechte Hand über die entblößte Brust seines Gegenübers gleiten. Das tiefrote Mal unmittelbar über dessen Herz war ein stummer Zeuge der Freude und der Qual, die Wraith und Mensch in den letzten Tagen miteinander geteilt hatten.

Sheppard wehrte sich schwach, angewidert von dem sadistischen Blitzen in den Augen des Wraith, der sich nun ganz nah zu ihm herabbeugte. „Ihre Lebenskraft wird mich nähren und stark machen, so wie Ihre Gene mein Projekt stärken werden. Sagen Sie Lebewohl zu Ihrem Dasein.“

Schmerz. Gleich einem Feuerwerk explodierte Schmerz in jeder Faser seines Körpers und verschlang seinen Geist in grenzenloser Agonie, als Michael seine Hand auf die Wunde über seinem Herzen presste, um sich ein letztes Mal an ihm zu nähren. Sheppard schrie diesen Schmerz heraus, ohne Hoffnung überhaupt jemals erhört zu werden. Er ertrank in der feuerroten Hitze der Qual, die den letzten Rest seiner Seele bedeutete. Er würde den Tod dankbar empfangen. Zu lange hatten die Tage dieser Folter angedauert.

Der Schmerz riss ab. So plötzlich und endgültig, dass John nach vorne gerissen wurde und kraftlos zu Boden stürzte. Er hörte Schreie und das Klirren von Metall auf Stahl. Dann schwand sein Bewusstsein endgültig und hüllte seinen Geist in Dunkelheit.
 

Rhyan war gerannt wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Angst hatte ihren Schritten Flügel verliehen und sie schlussendlich zu der richtigen Örtlichkeit geleitet. Mit all ihrer Kraft hatte sie ihren Geist ausgesandt und hatte Sheppard zugerufen, er möge stark bleiben und kämpfen. Doch sie hatte nicht mehr zu ihm durchdringen können.

Statt dessen hatte sie die andere Präsenz wahrgenommen. Die selbe, die sie am ersten Tag ihrer Ankunft gespürt hatte und die für den Angriff auf sie und Arokh verantwortlich war. Hass verdrängte die Angst und sie stürzte durch die nicht mal halb offene Tür. Lautlos durchtrennte 'Leid' Kleidung und Körper der beiden an der Tür postierten Wraith, schwang mit einem unheilvollen Bogen über den entsetzt zurückweichenden Menschen hinweg – Rhyan blinzelte überrascht. Dr. Beckett? - und hielt direkt auf den Rücken des über Sheppard gebeugten Wraith zu. Eine Bewegung aus dem Augenwinkel, zu spät um darauf reagieren zu können, und die Klinge des Schwertes klirrte funkensprühend gegen die Panzerung einer grau-blau-gepanzerten Bestie.

Rhyan sprang fluchend zurück, duckte sich unter den niedersausenden Vorderläufen hinweg und führte einen machtvollen Seitenhieb gegen die Beine ihres außerirdischen Widersachers. Erneut prallte die Klinge hell singend von der Panzerung zurück, hinterließ jedoch eine deutlich sichtbare Kerbe. Hinter den tödlichen Fängen des Wesens sah Rhyan Sheppard zu Boden gehen, hilflos in den Armen des Wraith gefangen. Ihr lief die Zeit davon.

Entschlossen verstärkte sie den Griff um das Heft ihres Schwertes, trat von der Gottesanbeterin zurück und katapultierte sich keinen Herzschlag später mit einem mächtigen Satz in die Luft.

Zu perplex von der schnellen Reaktion des Menschen und dem unerwarteten Gegenangriff, reagierte das Wesen viel zu spät und Rhyan landete bereits auf dessen knorrigen Schultern, nur um sich sofort wieder abzustoßen und mit einem wütenden Aufschrei auf den Wraith loszugehen.

Michael, von dem unerwarteten Lärm in seinem Rücken aufgeschreckt, wirbelte herum und entkam so um einen Hauch der Berührung mit 'Leid'. Die schwarze Klinge glitt kreischend über die Wand und fraß sich danach zentimetertief in den Fußboden, unmittelbar an der Stelle, an der er soeben noch neben Sheppard gehockt hatte.

Zeit genug für den Wraith, vor der tödlichen Schneide zurückzuweichen. Für Sekunden starrte er entgeistert auf die wutschnaubende junge Frau, die erneut das Schwert hob, um ihn anzugreifen. Fast zu spät löste er sich aus seiner Starre und sprang zurück in den Schutz seines gepanzerten Leibwächters. Er wusste nicht, wer diese Frau war und wie sie so unverhofft hier hatte auftauchen können. Doch er verspürte nicht den Wunsch, sich jetzt mit ihr zu messen, auch wenn sie ihm Sheppards Lebensessenz für den Moment streitig gemacht hatte. Etwas war unheimlich an ihr und ließ seine Nackenhaare zu Berge stehen.

Rhyans Augen wurden schmal, als sie die Flucht des Wraith verfolgte. „Feigling! Deine Chitin-Wesen werden dich auch nicht vor mir schützen können.“ Damit hob sie 'Leid' und sprang auf die Bestie zu. Hell sang der Stahl auf der harten Panzerung und immer wieder sprühten bunte Funken, wo Klinge und Panzer aufeinander trafen. Unermüdlich bearbeitete Rhyan die Verteidigung des Wesens, tänzelte leichtfüßig um es herum und nutzte die Enge des Raumes, welche es ihr ermöglichte schneller von einem Punkt zum nächsten zu gelangen, während das Biest von seiner Größe in der Bewegung beeinträchtigt wurde.

Als das Schwert schlussendlich doch den Schutz des Wesens durchbrach und eine der Vorderklauen vom Arm getrennt wurde, entschied Michael für sich, dass es an der Zeit war zu gehen. Er floh, verfolgt von Rhyans hasserfülltem Aufschrei.

Sie wollte ihm nach, legte all ihre Verzweiflung und Wut in den nächsten Schwertstreich und durchbrach noch einmal die Verteidigung aus langgliedrigen Extremitäten. Mit einem haarsträubenden Knirschen sprengte die Klinge die Beißwerkzeuge auseinander und bohrte sich in den nunmehr ungeschützten Rachen ihres Gegners.

Das Schwert wurde ihr beinah aus der Hand gerissen, als der gewaltige Körper von Krämpfen geschüttelt zu Boden ging, und nur mit Mühe konnte sie den unkontrolliert zuckenden Klauen ausweichen, ehe sie 'Leid' befreien konnte und sich anschickte, dem Wraith in den Flur zu folgen.

„Rhyan, warte!“

Der Ruf ließ sie unter der Türzarge verharren und durchbrach den Nebel des Kampfes, der sich um ihren Geist gelegt hatte wie dickflüssiger Sirup. Leise sprach Carson noch einmal zu der jungen Frau, so als fürchte er, dass ihr Wahnsinn auch vor ihm nicht Halt machen würde, doch sie senkte das Schwert, blickte ihn einen Moment lang aus verklärten Augen an und trat dann zu ihm herüber.

Er kniete neben einem verkrümmt am Boden liegenden Mann und ein eiskalter Schauer spülte über Rhyan hinweg, als sie auf diesen Mann hinab blickte. „John!“ Klirrend fiel 'Leid' neben ihr zu Boden, als sie neben dem Arzt auf die Knie fiel und zitternd beide Hände nach dem reglosen Colonel ausstreckte. Doch sie wagte nicht ihn zu berühren. Seine Brust hob und senkte sich schwach, doch die Ähnlichkeit mit dem Tod war größer als die Ähnlichkeit zu dem Mann, den sie kannte.

Wie ein Schandmal leuchtete das blutige Mal über seinem Herz, dunkel und unheilvoll und ein krasser Gegensatz zu der blassen Haut. Wie ein Fadennetz verzweigten sich von dort bläulich-schwarze Venen, spannten sich über Brust und Bauch bis hinauf zum Hals. Ein Zittern überlief den schwachen Körper.

„Was...?“ Ihre Stimme versagte und sie blickte nur voller Grauen zu Dr. Beckett, der in bodenloser Verzweiflung neben ihr kauerte.

„Wraith. Sie nähren sich von uns Menschen, von unserer Lebenskraft. Michael hat ein Spiel daraus gemacht. Er hat Sheppard immer wieder Leben geraubt. Jeden Tag ein bisschen mehr. Dabei war seine Kraft ohnehin schon sehr geschwächt, durch die ständigen Blutabnahmen, die dieser Bastard für seine Experimente benötigte. Es hat ihm Spaß gemacht.“ Der Zorn über das Leiden seines Freundes färbte die Stimme des Arztes dunkel. „Ich konnte nichts tun. Gar nichts. Michael zwang mich dabei zu sein und zu beobachten, für den Fall, dass Sheppard zu schnell zu schwach werden würde.“ Er verstummte einen Moment lang und Rhyan gewann den Eindruck, dass er jeden Augenblick neben ihr zusammenbrechen würde, niedergedrückt von dem, was er hatte beobachten müssen. „Ich wünschte, ich hätte ihn sterben lassen können. Aber sie haben Ronon, Teyla und Rodney. Solange er durchhielt, bestand die Chance, dass ich irgendeinen Weg finden würde, uns hier herauszuholen. Uns alle.“

Rhyan schluckte den Klos in ihrer Kehle herunter und wandte ihren Blick ab. Carson war kein Kämpfer und schon gar kein Mensch, der mit Gewalt umgehen konnte. Wie hätte er einen Weg aus dieser Hölle finden sollen? Dazu kam noch, dass niemand jemals vor solch eine Wahl gestellt werden sollte.

Wortlos überwand sie ihre Berührungsängste und barg den noch immer vollkommen regungslosen Sheppard in ihren Armen. Sein Haar fühlte sich strohig unter ihren Fingern an und unzählige graue Strähnen durchzogen das ehemals tiefe Schwarz. Deutlich konnte sie seine Knochen spüren, jede einzelne Rippe. Sein Atem ging rasselnd und schwer und tiefe Lebenslinien hatten sich in sein Gesicht gesenkt. Linien, die von einem Leben voller Schmerz zeugten, nicht eine unter ihnen, die durch Freude oder Lachen entstanden war. Er war ein alter Mann an der Schwelle zum Nirgendwo.

Mit einem tiefen Schluchzen verbarg Rhyan ihr Gesicht an Sheppards Hals. Wie konnte sie zulassen, dass er ging? Dr. Beckett hatte alles Menschenmögliche getan, um sein Leben zu erhalten. Ihn zurück zu holen würde mehr als das benötigen.

Sie schluckte und zwang sich, ruhiger zu werden. Wie genau die Konsequenzen für das, was sie zu tun beabsichtigte, aussehen würden, konnte sie unmöglich vorhersagen. Aber sie erlaubte sich nicht, näher darüber nachzusinnen. Als sie ihre Hand auf die durch Wraith-Hände entstandene Wunde legte, konnte sie Arokh in ihrem Kopf in ohnmächtigem Zorn aufschreien hören. Er tobte und würde sie doch nicht hindern können. Es war ganz allein ihre Entscheidung.

Sie konnte Carson neben sich hören, wie er scharf die Luft einsog, so als könne er fühlen, was dort vor seinen Augen geschehen würde. Dann blendete sie ihre Umgebung aus und ließ ihren Geist in den sterbenden Menschen in ihrem Arm sinken. Sie würde schnell handeln müssen, wenn sie Sheppards Lebensfunken nicht verlöschen lassen wollte.

Dr. Beckett ergriff die junge Frau an den bebenden Schultern, als sie zu straucheln begann, fühlte das Zittern, das ihren ganzen Körper überzog und konnte doch nichts tun, um ihr zu helfen. Er verstand nicht, was sie tat und fürchtete sich im Grunde seines Herzens überhaupt irgendetwas zu machen. Deutlich konnte er sehen, wie die Blässe des Colonels verschwand und sich die dunklen Linien unter der Haut zurückbildeten.

Der Turm erzitterte unter einem mächtigen Einschlag, was ihn voller Furcht aufblicken ließ, und ein langgezogener, klagender Schrei hallte durch die Stille der Gänge. Der Arzt war dem Drachen der jungen Frau noch nie zuvor begegnet und in diesem Moment war er davon überzeugt, dass er diesen Mangel in naher Zukunft nicht beheben wollte. Er war sich sicher, dass es der Drache war, der dort draußen, ausgeschlossen von den Mauern Atlantis, wütete.

Dann, mit einem tiefen Atemzug, kehrte das Leben zurück in den Körper des Soldaten. John schlug die Augen auf, kämpfte einen Moment, um das Bild vor sich scharf zu stellen und fuhr dann aus der liegenden Position auf. Sein Herz machte einen Sprung und durch seine Glieder pulste das schwere Gefühl überschüssigen Adrenalins. Zeitgleich drohte Rhyan endgültig über ihm zusammen zu sacken und er und Beckett griffen zu, um einen schmerzhaften Aufschlag auf dem Boden zu verhindern.

Die junge Frau hustete und krümmte sich in den Händen des Arztes, als wolle sie ihm entfliehen, versuchte sich von den beiden Männern abzuwenden. Doch John, nachdem er den ersten Schrecken in sein Inneres zurückgedrängt hatte, ergriff ihre Handgelenke und hielt sie für mehrere Herzschläge eng an sich gepresst fest. Sie zitterten beide und Sheppard schüttelte sich, um das Durcheinander in seinem schmerzenden Hirn irgendwie in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Aber sein Geist war noch immer wie betäubt und konnte die vorbei zuckenden Bilder in keine logischen Zusammenhänge bringen. Er konnte sich noch daran erinnern, Michael mit sturem Zorn entgegen getreten zu sein. Doch wie zum Teufel war Rhyan hier her gekommen? Atlantis war überfallen worden und seit diesem Moment waren sie vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten gewesen. Rhyan hatte sich zum Zeitpunkt des Angriffes nicht in der Stadt befunden.

Und warum überhaupt saßen sie hier am Boden, mit einem völlig aufgelösten Dr. Beckett an ihrer Seite? Wieso fühlte er sich so merkwürdig? Und wieso benahm sich Rhyan wie ein wildes Tier in Gefangenschaft?

Dumpf zupfte eine weitere Erinnerung an seinem Unterbewusstsein. Ein Gefühl, die junge Frau im tiefsten Innern seiner Seele gespürt zu haben. Doch der Moment lag schon Jahre zurück und hatte unmöglich etwas mit den jüngsten Geschehnissen zu tun.

Rhyans unbändiges Aufbäumen in seinen Armen unterbrach seine wirren Überlegungen und er musste all seine Kraft aufbringen, sie fest zu halten. Irgendwo in seinem Hinterkopf hörte er das ohnmächtige Brüllen des Drachen. Was war denn bloß los?

Er erlaubte der jungen Frau, sich ein Stück von ihm zu lösen, damit er ihr ins Gesicht sehen konnte. Ihre Blicke trafen sich und Sheppard fühlte, wie sich eine eiskalte Hand um seinen Magen schloss.

Sie knurrte ihn an. Ob aus Wut oder aus Schmerz konnte er nicht sagen. In ihren weit aufgerissenen Augen stand so vieles geschrieben. Doch was ihn viel mehr erschütterte war die Tatsache, dass er zwar in ihre menschlichen Augen blickte, dass aber das ursprünglich tiefe Braun ihrer Iris nunmehr mit unzähligen filigranen Äderchen durchzogen war, die in dem feurigen Gelb leuchteten, welches eigentlich nur ihren dämonischen Augen eigen war. Mitten in diesem verwirrenden Farbenspiel stand die nachtschwarze Pupille wie ein unheilvoller Halbmond. Sie knurrte noch mal, doch ihr Wiederstand nahm jetzt merklich ab, nachdem sie Sheppards Blick begegnet war. Dabei wurde deutlich, dass auch ihre Eckzähne deutlich spitzer geworden waren.

Was war nur geschehen?

Sowohl Sheppard als auch Dr. Beckett zuckten entsetzt zusammen, als aus heiterem Himmel die Stimme des Drachen in ihren Köpfen erklang. Er schien vor unterdrückten Emotionen zu zittern und seine Stimme troff vor Verachtung. „Sie hat dir das Leben gerettet, du unsäglicher Trottel!“

Also hatte er sich nicht getäuscht und Rhyan war tatsächlich einmal mehr in seiner Seele gewesen. Trotzdem... als sie ihm das letzte Mal derart zur Seite gestanden hatte, waren die Auswirkungen nicht so katastrophal gewesen.

„Es bedeutet etwas anderes die Beschädigungen eines menschlichen Körpers zu heilen, als gestohlene Lebensenergie zu ersetzen.“ Arokh schien noch immer erbost, doch die Macht hinter seiner Stimme war abgeschwächt und durch etwas anderes ersetzt worden. Resignation?

„Ich verstehe nicht...“

„Das müssen Sie auch nicht, Doktor.“ Es klang nicht wie ein Tadel, dennoch blickte Carson betreten zu seinem Freund, in der Hoffnung auf Beistand. „Sie ist nicht mehr vollkommen menschlich, das wisst ihr. Daher gebietet sie über die Macht, diese menschliche Seite in sich zu verdrängen oder, wie eben vollzogen, weiter zu geben. Die Essenz des Menschseins. Sie hat einen Teil davon aufgegeben, um es an dich weiter zu geben, damit du leben kannst.“

Sheppard fühlte eine ungeheuere Last auf seinen Schultern. Der Drache brauchte ihm nicht weiter zu erklären, was das für Rhyan bedeutete. Er hatte sich früher schon mit ihr über ihre Wandlung in dieses erschreckende Hybridwesen unterhalten und sie hatte ihm gestanden, dass bei jeder Wandlung ein Teil ihres menschlichen Ichs verschwand. Wenn sie ihm nun einen Teil dieser menschlichen Seite übertragen hatte, konnte das nur bedeuten, dass dieser Weg auf drastische Weise verkürzt worden war und sie der dauerhaften Existenz als Mischwesen erheblich näher gekommen war. Jetzt konnte er die rasende Ohnmacht des Drachen verstehen.

„Belaste dich nicht mit der Schuldfrage, Colonel Sheppard. Sie hat sich zu diesem Schritt entschieden und uns bleibt nur, diese Entscheidung zu akzeptieren und sie damit zu ehren.“

Verunsichert durch die Sanftheit des Drachen und dem Mitgefühl, welches er ihm zukommen ließ, nickte er.

„Und jetzt verschwindet von diesem Ort. Ihr seid schon viel zu lange dort und die Wraith sind bereits auf dem Weg. Nicht weit von euch ist eine Außengalerie. Lauft dorthin, ich werde euch zu euren Freunden bringen.“

Mit Carsons Hilfe schaffte es Sheppard auf die Füße zu kommen und Rhyan mit sich zu ziehen. Sie wirkte noch immer verstört und desorientiert. „Wir werden da sein.“

In der Stille der Nacht

Mit der Nacht war das schlechte Wetter zurückgekehrt. Die See war unruhig und stürmte unermüdlich gegen die Grundfesten der schwimmenden Stadt an. Hohe Wellen überfluteten weite Abschnitte der außenliegenden Docks, spülten gurgelnd um die Gebäude und vermischten sich mit den dichten Vorhängen des Regens, der mittlerweile den Platz des Seenebels eingenommen hatte. Das Heulen eines herannahenden Sturmes hallte dumpf in den verlassenen Gängen wieder.

Das kleine Team hatte sich auf eines dieser durch das Meer abgetrennten Docks geflüchtet. Nur um Haaresbreite waren sie den suchenden Wraith entkommen und nur der Drache hatte es ihnen ermöglicht, einen Abstand zwischen sich und den Feind zu bekommen, der sie jetzt in relativem Frieden schlafen ließ. Die Erschöpfung der zurückliegenden Stunden hatte jeden einzelnen von ihnen übermannt und so lagen sie verstreut in dem kleinen Raum, der ihnen für die nächste Zeit als Unterschlupf dienen sollte. Selbst Arokh hatte sich vor den wütenden Naturgewalten in Sicherheit gebracht und hatte Atlantis durch ein Unterwasserdock betreten. Dort, in einem der kleineren Hangar für Jumper, hatte er sich niedergelassen.

Er schlief nicht und so bemerkte er den unerwarteten Besucher, noch ehe sich das Schott zum Gang öffnete. Aufmerksam blickte er dem Schwarzhaarigen entgegen. „Warum schläfst du nicht, so wie deine Freunde?“

Sheppard schien nicht überrascht. „Das habe ich. Doch scheinbar benötigt mein Körper nicht die selbe Regeneration wie mein Team.“ Er lächelte freudlos. Sie beide wussten, warum.

Durch eine riesige Panzerglasscheibe konnte man hinaus auf die tobende See blicken und für den Moment gab sich Sheppard der gedankenverlorenen Beobachtung der zerschellenden Wellen und der Schleier dichten Regens hin. Weiter als ein paar Meter konnte man in der Dunkelheit der Nacht ohnehin nicht sehen, zumal ein ganzer Wasserfall dichter Wasserschlieren über das Glas perlte.

Die Freude, wieder mit seinen Freunden vereint zu sein, war groß. Und auch die Freude über den unerwarteten Beistand von Rhyan und Arokh. Dennoch hatte sich die Lage Atlantis zugespitzt und der Colonel hatte keinen klaren Weg vor Augen, wie er die Gewalt über die Stadt wieder an sich reißen konnte.

Er fröstelte bei dem bloßen Gedanken an die zurückliegenden Stunden. Sie hatten auf Messers Schneide gestanden und nur dem Drachen war es zu verdanken, dass sie alle wohlbehalten und unversehrt hier her gelangt waren.

Das Glas der Scheibe fühlte sich kühl auf seiner Haut an, als er seine Stirn gegen das Fenster lehnte und sich zurückerinnerte. Arokh hatte sie ohne große Schwierigkeiten aufgenommen und zum Krankenflügel transportiert, wo sie endlich wieder auf Ronon, Teyla und Rodney gestoßen waren. Jedoch war die Wiedersehensfreude nur von kurzer Dauer gewesen. Noch immer konnte er Rodneys entsetzten Ausruf hören, als dieser Schritte aus einem der Flure vernommen hatte.
 

„Sie kommen!“

Sheppard fluchte lautstark und zog Rhyan wieder auf die Füße. Zwar schien sie langsam wieder zu sich selbst zu finden, doch die Schwäche in ihren Gliedern blieb. Teyla war glücklicher Weise stark genug, um dem Team aus eigener Kraft zu folgen und so setzten sie sich in verhaltenem Laufschritt in Bewegung. Ronon stürmte voran, dicht gefolgt von Rodney und dem Colonel mit Rhyan. Das Schlusslicht bildeten Teyla und Carson.

„Wo sollen wir hin?“ Der Sateder stoppte an einer Weggabelung und spähte ratlos die dunklen Flure entlang. Sein Herz schlug hart gegen seine Rippen und verlangte nach einer Rast. Doch so wie sich die Lage darstelle, würde diese noch sehr sehr lange auf sich warten lassen.

Die anderen schlossen keuchend zu ihm auf. Noch immer hatten sie das stetige Geräusch ferner Schritte im Rücken. Ronon wiederholte seine Frage.

„Ich weiß es nicht. Ich habe keine einzige Idee.“ Rodney lehnte schwer atmend an der Wand und blickte hilflos zwischen seinen Freunden umher. Sie alle sahen jämmerlich aus. „Wir...“ er brach ab, atmete tief durch und setzte noch einmal an: „Wir schaffen es nicht einmal zu den Jumpern und zu Fuß...“

Standen ihre Chancen, den Suchtrupps zu entgehen, denkbar schlecht. Niemand brauchte diese Tatsache aussprechen. Sie hing wie ein Damoklesschwert über ihnen.

Irgendwo weiter vorne im Gang erklang das Zischen einer Türhydraulik und beendete damit die kurze Pause. Stolpernd setzte sich das Team wieder in Bewegung. Weg von den Geräuschen und weg von dem Licht, in dem sich groteske Schatten bewegten.

„Colonel Sheppard, ich bin in der Tat überrascht, dass Sie nach all dem noch immer den Mut besitzen, sich mir zu widersetzen. Ich dachte, ich hätte meinen Standpunkt deutlich gemacht.“

Alle sechs blieben augenblicklich wie angewurzelt stehen und starrten mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit vor ihnen. Michaels Stimme klang nah, wenngleich auch seltsam verzerrt. Doch jeder einzelne von ihnen rechnete in diesem Moment damit, dass der Wraith unmittelbar vor ihnen auftauchen würde. Sie drängten sich zusammen.

Das kratzende Lachen Michaels hallte durch vielfaches Echo verhöhnt zu ihnen und Sheppard legte lauschend den Kopf auf die Seite. Das klang nicht wirklich wie Michael. „Die Lautsprecheranlage. Er hat weitere Systeme unter seine Kontrolle gebracht. Verflucht soll er sein!“

„Laufen sie nur. Sie und ihr Team, sie können nirgends hin. Sie können mir nicht entkommen.“ Auch wenn seine Stimme lediglich über das Kommunikationsnetz der Stadt bis zu ihnen drang, reichte es doch vollkommen aus, um das Team noch weiter bis aufs Blut zu reizen. Zu viel war in den letzten Tagen vorgefallen, als dass sie noch mit kühlem Kopf auf diese Stimme reagieren konnten. Ronon riss in wildem Zorn einen der Lautsprecher aus seiner Wandverkleidung.

Indes versuchte sich Sheppard verzweifelt gegen das Gift, welches diese Worte in sich trugen, zu verschließen. Aber er konnte nicht verhindern, dass eine kleine hartnäckige Stimme in seinem Innern dem Wraith murmelnd beipflichtete und seine Schritte schwerer werden ließ.

„Sie sind wie Ameisen. Einfach überall! Ich...“ McKay prallte von der sich schließenden Zwischentür zurück, die trotz aller Mühen nicht mehr auf den Öffnungsmechanismus reagierte. Blankes Entsetzen flutete durch seinen Körper. „Dieser Bastard. Er wendet die Stadt gegen uns.“

„Nicht die Stadt ist gegen uns, Rodney.“ Sheppard wandte sich um und hastete weiter, doch auch die nächste Tür schnitt ihm im letzten Moment den weiteren Weg ab. Wutentbrannt ließ er seine Faust gegen das unnachgiebige Metall krachen. Dumpf hallte der Schlag durch die trügerische Stille des Ganges.

„Nicht mehr lange, und wir sind hier eingeschlossen.“

Es war genug. Wortlos änderte Sheppard seine Richtung und stieß den Wissenschaftler unsanft vor sich her und durch eine der wenigen Außentüren. Widerstandslos glitt sie in die Wand und gab den Weg auf die Außenareale frei. Dankbar, dass sein lautloses Gebet erhört worden war, trat er hinaus, dicht gefolgt von den anderen.

Kaum aus dem Schutz des Turmes heraus, schleuderte ihnen der Wind wahre Sturzbäche aus Regen entgegen. Binnen kürzester Zeit waren sie bis auf die Haut durchnässt. Doch ein Zurück würde es für sie nicht mehr geben. Ihre einzige Chance würde jetzt einzig und allein nur noch in den Außenanlagen der Stadt zu finden sein.

Stellenweise stand das Wasser knöcheltief zwischen den Gebäuden und machte den Untergrund trügerisch und glatt. Heftige Strömungen zerrten hartnäckig an ihren Beinen.

Sheppard blinzelte gegen das Wasser, das ihm ständig in die Augen lief, an und versuchte vergeblich durch die dichten Schleier irgendetwas zu erkennen. Neben ihm tastete sich Ronon mühsam gegen den böigen Wind geduckt vorwärts – und trat prompt ins Leere. Er warf sich zurück und entging nur knapp einem Sturz in die aufgewühlte See. Hustend nahm er die von Dr. Beckett dargebotene Hand entgegen und stand auf. „Das ist Wahnsinn! So kommen wir niemals irgendwo hin.“ Sein Blick glitt an den anderen vorbei zu der Tür, aus der sie zuvor gekommen waren, und weitete sich entsetzt. Die Falle hatte zugeschnappt.

Von dem Krieger aufmerksam gemacht, drehte sich der Rest der Gruppe ebenfalls um und stellte sich ihren Verfolgern. Mindestens ein Dutzend der Insektenwesen schwärmte auf dem schmalen Ausläufer des Außendocks aus und schnitt den Freunden damit jeden weiteren Fluchtweg ab. Offen blieb nur noch der Weg ins Wasser.

Michaels Mantel bauschte sich im Wind, als er unter der Türzarge hindurch an die Luft trat und mit verschränkten Armen auf seine Beute blickte. Ein hämisches Grinsen umspielte seine Lippen. „Sagte ich nicht, sie können mir nicht entkommen?“ Seine Stimme war fadendünn und wurde beinah sofort von dem heftigen Wind davongetragen.

Das Team blieb dicht beisammen und wich zurück, soweit es das schäumende Wasser zu ihren Füßen gestattete, als unter der Tür noch weitere Wraith erschienen und in Michaels Rücken Aufstellung bezogen. Nur Sheppard, der Rhyan zurück in die Obhut Dr. Becketts geben hatte, blieb wo er war. Hoch aufgerichtet trat er dem Wraith entgegen. Er ignorierte den Regen, der ihm seitlich entgegenschlug und in kleinen Rinnsalen über seinen Körper lief. Für den Moment empfand er nur grenzenlosen Zorn, der alle anderen Gefühle überflügelte und keinerlei Angst zuließ. Es war sein Team, das sich dort hinter ihm zusammendrängte und für den Moment war es auch seine Stadt. Sein Atlantis. Er würde sie nicht einfach wie ein in die Ecke getriebenes Schaf aufgeben. Ebenso wenig wie er die Menschen, die sich noch im Innern der Stadt befanden, aufgeben würde. Für diejenigen, für die Hilfe noch möglich war, waren sie die letzte Hoffnung.

Wenn Michael über die neu gewonnene Kraft und den Kampfgeist des Colonels verwundert war, so zeigte er es nicht. Grimmig erwiderte er den Blick seines Gegenübers. „Was soll das werden, Sheppard? Meine Freunde hier werden Sie in Sekunden in der Luft zerreißen, wenn Sie auch nur den Gedanken hegen sollten, mich anzugreifen.“

John knirschte mit den Zähnen. Natürlich war er machtlos. „Du versteckst dich hinter diesen künstlich erschaffenen Bestien und wagst es nicht einmal, mir allein gegenüber zu treten. Du musstest mich erst schwächen, um deine bösen kleinen Spielchen mit mir treiben zu können. Alles was dich ausmacht ist ein Feigling.“

Michaels Gesicht verzerrte sich in Wut und Hass, als Sheppards Worte zu ihm durchdrangen. „Nicht ich habe mit diesem Spiel angefangen!“

„Nein. Aber wir handelten aus dem Bestreben, unser Volk und die Menschen in dieser Galaxie vor Euresgleichen zu schützen. Ein weiterer Feldzug im Kampf gegen die Wraith, in dem leider du die Schachfigur stellen musstest.“ Sheppard hatte keine Ahnung, wohin ihn dieses Gespräch führen sollte. Er erreichte lediglich, dass Michael mehr und mehr in Rage geriet. Und vielleicht, unwahrscheinlich aber vielleicht, machte er dann einen Fehler. „Diese Experimente stellen dir eine Streitmacht zur Seite. Eine Streitmacht, mit der du ohne Zweifel sowohl Menschen als auch Wraith unterwerfen könntest. Doch mit welchem Ziel? Letzten Endes wirst du alleine sein unter all diesen Biestern, die dir niemals eine Familie oder eine Zugehörigkeit ersetzen können.“

Als Michael seine Arme ausbreitete, stand blanker Hass in seinen Augen. Langsam begannen die Wesen vorzurücken. „Und genau dafür werdet ihr büßen.“ Sein schwarzer Mantel umflatterte ihn wie ein Banner. Dann senkte er seine Arme wieder und gab seiner Streitmacht den stummen Befehl zum Angriff.

Sheppard sprang zurück und duckte sich grade noch rechtzeitig unter der heranstürmenden Kampfmaschine hindurch, die mit unglaublicher Geschwindigkeit auf ihn zu steuerte. Sie beide verloren dadurch das Gleichgewicht, doch das Wesen wurde durch den ungeheueren Schwung des Angriffs weitergetragen und schlitterte über den glatten Untergrund, um in einer aufschäumenden Welle im Meer zu versinken.

John hingegen strampelte hilflos in dem Versuch, wieder auf die Füße zu kommen. Er rutschte weg und landete schmerzhaft wieder im Wasser, dessen Strömung gierig an seiner durchnässten Kleidung zerrte. Sein Blick war unverwandt auf die nächsten zwei Angreifer gerichtet, die mit tödlicher Präzision auf ihn zukamen. Dieses Mal würde er nicht mehr rechtzeitig ausweichen können. Er war ihnen schutzlos ausgeliefert, mit nichts weiter als seinen Händen, um sich gegen die tödlichen Klauen zu verteidigen. Sinnlos. Sie würden ihn mühelos aufschlitzen. Für ihn würde der Kampf hier und jetzt enden.

Kalt umschloss diese Erkenntnis sein wild jagendes Herz, erstickte die Angst und die Zweifel, die ihn beim Anblick dieses übermächtigen Gegners zur Flucht zwingen wollten. Er würde nicht weichen. Entschlossen stemmte er sich gegen den Sog der Meeresströmung. Sein Team würde er bis in den Tod verteidigen. Semper Fi...

Durch das Heulen des Sturms erklang ein langgezogenes, markerschütterndes Brüllen und kündigte den riesenhaften Schatten an, der undeutlich aus dem Dunst des Regens und der tiefhängenden Wolken dem Pier entgegen stürzte. Mit einer katzenhaften Drehung warf er sich in der Luft herum und entfaltete seine weit ausladenden Schwingen. Das Dock erzitterte, als der Drache in der schmalen Lücke zwischen Menschen und Wraith zur Landung ansetzte. Dabei zuckten seine Vorderklauen mit tödlicher Schnelligkeit vor und schleuderten Sheppards Angreifer wie Spielzeugpuppen hinaus in das Unwetter. Seine Krallen scharrten mit lautem Knirschen über den Untergrund und für den Moment strauchelte das mächtige Wesen, auf der Suche nach Halt. Sein Schwanz peitschte über die sich hastig duckenden Menschen hinweg und mähte mehrere Wraith und Hybridwesen davon. Seine Flügel schlugen auf den Wind, erzeugten ein beängstigendes Knallen. Dann hatte er sein Gleichgewicht zurück. Gleich einer Kobra schnellte sein gehörnter Schädel vor und das mächtige Gebiss zertrümmerte die eisenharte Panzerung von Michaels Wesen mit Leichtigkeit. Der Vormarsch geriet ins Stocken.

Konfrontiert mit diesem unerwarteten Gegenspieler, wich Michael in den Schutz des hinter ihm aufragenden Turmes zurück. Er floh von dem überfluteten Dock, hinauf auf einen verwinkelten Balkon, der ihm – so hoffte er – ausreichend Schutz vor dem Blick des Feindes bot. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Für den Moment war er machtlos gegen die entfesselte Gewalt des Drachen.

Unter ihm streckte Arokh seine dem Team zugewandte Schwinge aus, um sie aufsteigen zu lassen. Sein mächtiger Körper schirmte sie derweil wirkungsvoll von den Attacken durch Michaels verbliebene Geschöpfe ab. Seinen einschüchternder Blick ruhte auf dem Gegner. Er verhielt sich vollkommen still, solange er die Menschen an sich hochklettern fühlte, doch im Innern seines leicht geöffneten Maules glomm einer stummen Drohung gleich das satte Blau-Rot des Drachenfeuers, immer wieder begleitet von kleinen Flammenzungen, die über seine Lippen leckten.

Und schließlich konnte Michael nur in ohnmächtigem Zorn zusehen, wie sich der Drache mit Sheppard und seinem Team auf dem Rücken umwandte und dem sturmverhangenen Himmel mit einem beherzten Satz entgegen sprang. Von seinen Geschöpfen blieb nichts als feiner Staub, der sich im reißenden Sturm schnell verflüchtigte.
 

Gedankenverloren beobachtete John, wie sein kondensierter Atem auf der Scheibe langsam wieder verschwand. Er hätte froh sein sollen, noch am Leben zu sein. Er müsste Arokh mehr als nur ein wenig dankbar sein. Das war er auch. Selbstverständlich. Doch das Wissen, ihre vielleicht größte Trumpfkarte bereits aufgedeckt zu haben, bereitete ihm Übelkeit.

„Was hätte ich für eine Trumpfkarte sein sollen, wenn du und dein Team jetzt kalt und leblos auf dem Meeresboden treiben würdet?“

John gab sich nicht einmal die Mühe darauf zu antworten. Er wusste ja selbst, dass es Unsinn war. Und er hatte auch nicht erwartet, dass der Drache seine Gefährtin kampflos in die Hände der Wraith fallen lassen würde. Aber wo war der Weg, der sie alle aus dieser Sackgasse herausführen würde?

Michael wusste jetzt, dass sie bereit und entschlossen waren, zurück zu schlagen und vielleicht verunsicherte ihn das. Aber es hinderte ihn nicht daran, mit seinen Experimenten fort zu fahren. Nach allem, was Rhyan über den seltsamen Raum mit den Eiern berichtet hatte, schritt das Projekt in beängstigendem Tempo voran. Und Sheppard hatte nichts in der Hand, um das zu verhindern. Schlüpften all diese Wesen, die sich zur Zeit noch in den Eiern befanden, standen sie einer Übermacht gegenüber, der sie hoffnungslos unterlegen sein würden. Vielleicht traf der Vergleich mit Kakerlaken ja doch eher zu als der Vergleich mit Gottesanbeterinnen, die wenigstens noch so etwas wie Anmut in ihrer Art besaßen.

„Es wird keinen schnellen Weg aus diesem Kampf geben, Sheppard.“ Der Drache blickte nachdenklich auf den Soldaten, der noch immer still vor der großen Scheibe stand. Er hatte in den letzten Monaten oft an der Seite der Atlanter gekämpft und kam nicht umhin, sich immer wieder darüber zu wundern, mit welcher Vehemenz und mit welchem Nachdruck diese im Grunde so schwachen und verletzlichen Menschen um eine Sache kämpften. So wie auch dieses Mal. Es schien aussichtslos, sich gegen einen derart überlegenen Gegner zu stellen. Doch der Widerstand in dem Colonel war dadurch nur noch größer geworden und Arokh zollte ihm stillen Respekt für diese Entschlossenheit.

Er brummte leise und hauchte Sheppard behutsam seinen warmen Atem in den Nacken, der sich daraufhin endlich umdrehte, ein schwaches Lächeln auf den Zügen. Es war kalt in dem kleinen Hangar und die Wärme der mächtigen Feuerbestie daher äußerst willkommen. Für einen Herzschlag blickten sich Drache und Soldat stumm in die Augen.

„Ihr werdet es niemals schaffen, das Herz dieses Projektes, den Wraith den ihr Michael nennt, direkt zu treffen. Er hat euch einmal unterschätzt, er wird es nicht wieder tun. Aber ihr seid klein, schnell und wendig und kennt euch im Gegensatz zu eurem Gegner bestens in dieser Stadt aus. Dies solltet ihr zu eurem Vorteil nutzen.“

Sheppard schnaubte und begann unruhig auf und ab zu laufen. Zum einen, um die Kälte und Steifheit in seinen Gliedern zu vertreiben, zum anderen, um der Unruhe in seinem Innern Herr zu werden. „Diese Tatsache müssen wir schon allein zu unserer Sicherheit nutzen, damit sie uns nicht finden. Ewig werden wir hier nicht vor ihnen geschützt sein.“

„Höre ich da Resignation aus deiner Stimme?“

John warf dem Drachen einen finsteren Blick zu, ehe er seine Wanderung wieder aufnahm. Es gab nichts dazu zu sagen. Menschen starben und er war vollkommen machtlos dagegen. Wenn ihm nichts einfiel, würde auch sein Team dieser Machtlosigkeit zum Opfer fallen, und das könnte er sich niemals verzeihen.

„Lass dich nicht von der Verantwortung auf deinen Schultern lähmen. Ihr habt bereits großen Schaden angerichtet und das könnt ihr auch weiterhin. Der stete Tropfen höhlt den Stein.“

„Oh bitte!“ Sheppard rollte mit den Augen und musterte Arokh mit einer Mischung aus Unglaube und Belustigung.

„Die Brutstätten zu zerstören dürfte für euch doch nun wahrlich nicht schwierig sein.“ Der Drache schien zu grinsen, als er blankes Unverständnis auf dem Gesicht seines Gegenübers erkannte. „Ihr wollt nicht, dass sie noch mehr werden, also zerstört die Eier. Die Ergebnisse der Experimente. So viele sind es nicht, als dass sie diese Orte sonderlich schützen könnten. Rhyan war auch allein, als sie die Eier fand. Sie sind das wahre Herz dieses Kampfes und die Pfeiler die ihr einreißen müsst, um zu gewinnen.“

Der Colonel musste sich beherrschen, sich nicht mit der flachen Hand vor die Stirn zu schlagen. Zwar fühlte er sich ausgeruht, doch sein Geist schien eine Rast bitter nötig zu haben. Wie sonst konnte er es sich erklären, dass er nicht selbst darauf gekommen war? Als er den Drachen das nächste Mal ansah, konnte dieser neue Hoffnung und wiederkehrende Entschlossenheit in seinem Gegenüber erkennen. Jetzt hatte der Gegenangriff wirklich begonnen.

Sheppard überbrückte die Strecke zu dem Schott, welches ihn zurück zu seinen Freunden führen würde, mit wenigen Schritten. Es tat ihm leid, die Schlafenden so unvermittelt wecken zu müssen und damit die Zeit der Ruhe zu beenden. Aber er wollte nicht riskieren, dass sie nur noch vor leeren Brutsäcken stehen würden, wenn sie die Nistplätze erreichten. Keiner von ihnen konnte sagen wie lange diese Wesen zum Heranreifen benötigten.

Noch ehe er durch den schmalen Türspalt schlüpfen konnte, klang ein dumpfes Rumpeln durch die Tiefen der Flure zu ihnen hindurch. Unmittelbar darauf herrschte wieder Stille. Sheppard war unter dem Türsturz stehen geblieben und lauschte angestrengt in die wieder vollkommene Ruhe jenseits des Schotts. Nichts.

Unbehaglich drehte er sich zu dem Drachen um, nur um diesen in ebenso angespanntem Lauschen vorzufinden. Sein Blick aus halb geschlossenen Augen war auf die spiegelglatte Wasseroberfläche über dem Unterwassereinstieg gerichtet. Seine Nüstern blähten sich, als versuchten sie etwas zu wittern, das nicht vorhanden war. Dann erklang das Geräusch wieder und das zuvor stille Wasser kräuselte sich in winzigen Wellen. So als würde eine Erschütterung durch das Dock laufen.

Arokh stieß ein tiefes Grollen aus, das Sheppard noch bis in seine Knochen zu spüren vermeinte. Dann wandte sich die mächtige Echse geschmeidig wie ein Aal in dem beengten Hangar um und ließ sich in das Seewasser gleiten. Einen Herzschlag später war Arokh verschwunden und nur seine Stimme blieb im Kopf des perplexen Colonels zurück. „Beeil dich und lauf zu den anderen! Sie sind auf dem Weg hier her.“
 

Es war nicht nötig viel zu sagen, um den Schlafenden die Müdigkeit vergessen zu lassen. Es genügte vollkommen zu wissen, dass sie hier nicht mehr länger sicher sein würden. Hastig packten sie ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und machten sich auf den Weg.

„Aber wohin?“ Rodneys Stimme klang dünn und fremd in der sturmschweren Stille. Mit weit aufgerissenen Augen sah er sich um. „Das Dock ist überflutet und vom Rest der Stadt abgeschnitten, schon vergessen?“

„Dann suchen wir uns eben einen Weg.“ Ronon spitze um die Ecke eines weiteren lichtlosen Ganges und bedeutete dem Rest, ihm zu folgen. Nicht, dass er die Sorge des Wissenschaftlers nicht verstehen konnte. Er konnte sie sogar sehr gut nachvollziehen. Doch sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie sie so schnell gefunden werden konnten, würde ihnen jetzt nicht mehr weiterhelfen. „Sie haben einen Weg hier her gefunden? Gut. Dann wird es auch für uns einen Weg geben, ihnen zu entwischen.“ Grimmig warf er einen kurzen Blick über seine Schulter. Es war die einzige Hoffnung, die sie hatten.

Aber schon bald wurde deutlich, dass der aufgewühlte Ozean schon weite Teile dieses Docks in seine Gewalt gebracht hatte. Wasser stand in den Fluren und Räumen und war mittlerweile überall fast knöcheltief. Das Platschen ihrer Schritte und das unablässige Jaulen des Windes machte es unmöglich irgend etwas anderes zu hören als ihr eigenes Vorwärtskommen.

Ein Blick durch eines der Fenster bestätigte, was im Grunde jeder von ihnen schon befürchtet hatte. Jenseits der tiefhängenden und wild zerklüfteten Sturmwolken kündigte ein schwaches Leuchten das Anbrechen des neuen Tages an. Doch wirklich heller wurde es dadurch nicht. Lediglich die Lichteinstrahlung wurde unwirklicher und bizarr. Die See war pechschwarz, gekrönt mit weißem Schaum, und fiel wie ein ausgehungertes Tier über die Außendecks her.

„Dort draußen werden wir keinen Weg finden.“ Rodney warf dem Sateder einen vernichtenden Blick zu, ehe ihm etwas einzufallen schien, das wichtiger war als die Schmähung des Kriegers. Er drängte sich an Carson vorbei, der erschöpft neben einer Tür an der Wand lehnte und schob ihn dann mit einem entnervten Knurren zur Seite. „Doktor, würden Sie bitte...“

Carson trat zurück und musterte den anderen mit leisem Missfallen, das unmittelbar darauf von erstauntem Blinzeln abgelöst wurde, als McKay einen Teil der Wandverkleidung löste und dahinter einen Bildschirm zu Tage förderte. Er war dunkel und reagierte weder auf McKays Befehle noch auf seinen unwirschen Fausthieb. Rodney schnaubte. „Sheppard.“

Der Schwarzhaarige riss sich von dem Betrachten des tobenden Unwetters los und trat zu dem stummen Gerät hinüber. Doch auch auf seine Berührung reagierte der Monitor nicht.

„Kommen Sie, Sie müssen sich nur mal etwas mehr darauf konzentrieren!“ Rodney schien wütend, allerdings eher auf den Colonel als auf den unwilligen Bildschirm. Das alles hier raubte ihm schier den letzten Nerv. Eingesperrt zu sein in seinem eigenen zu Hause und den Feind unmittelbar auf den Fersen... das war nicht akzeptabel für sein ohnehin dünnes Nervenkostüm. Und wie immer drohte seine Furcht in zähnefletschende Arroganz über zu schlagen.

„McKay...“

„Nun machen Sie schon! Für Sie sollte das doch ein Kinderspiel sein.“

„McKay!“ Sheppards Augen blitzten und er zog seinen Freund von der Konsole zurück, um ihm ins Gesicht blicken zu können. „Es ist für mich kein Kinderspiel defekte Antiker-Technologie mit Handauflegen zu reparieren. Das Ding ist kaputt, daran kann nicht einmal ich etwas ändern.“

Der Wissenschaftler starrte verbissen zurück und für einen winzigen Moment sah es fast so aus, als wolle er diesen sinnlosen Streit weiterführen.

„Rodney.“ Teyla hob behutsam eine Hand, in dem fruchtlosen Versuch, die Aufmerksamkeit der beiden Männer auf sich zu lenken. „Dr. McKay, bitte. Was habe Sie gehofft, durch den Monitor zu erfahren?“

Eine gute Frage. Sheppard entließ den Kanadier aus seinem Blick und kehrte zurück ans Fenster. Die Nerven jedes einzelnen lagen blank. Sie durften jetzt nicht anfangen und untereinander streiten. Er kannte McKay zu gut, also sollte er mit dessen Ausbrüchen aus besser fertig werden. Seufzend zwang er seinen Ärger zurück.

„Ich bin mir nicht sicher.“ Fahrig strich sich McKay einige widerspenstige Strähnen aus der Stirn. „Jeder Pier, egal ob es nun Ost-, West, Nord- oder Südpier ist, ist mit dem Kern der Stadt durch innenliegende Tunnelsysteme verbunden. Die Außenbezirke, die wir bereits erkundet haben, waren es jedenfalls. Alles andere wäre auch Schwachsinn.“ Er schien für einen Moment den Faden zu verlieren. „Aber... ich weiß nicht, wir scheinen hier an einem Ort zu sein, den wir noch nicht erkundet haben, sonst würden die Systeme laufen.“

„Oder sie sind durch das viele Wasser einfach kaputt gegangen.“

Rodneys zornerfüllter Blick bohrte sich wie ein Speer in Sheppards Rücken. „Ja vielleicht. Trotzdem... die Wahrscheinlichkeit, dass es auch hier Tunnel gibt, ist groß. Aber ohne den Monitor kann ich unmöglich sagen, ob sie mit Wasser vollgelaufen sind und ob wir sie gegebenenfalls gefahrlos durchqueren können.“

„Aber es ist eine weitaus aussichtsreichere Route als die über die Außenanlagen.“ Teyla lächelte schwach und blickte dann hinüber zu Ronon und Sheppard. „Wir verlieren dadurch nichts und finden vielleicht so auch noch etwas, womit wir kämpfen können.“

„Zum Beispiel Material um Flammenwerfer zu bauen.“ Der Sateder grinste wölfisch.

Sie wandten sich von dem Fenster und damit von dem beunruhigenden Blick auf das tobende Unwetter ab und begannen mit der Suche nach einem geeigneten Abstieg. In den Treppenschächten war es finster wie in der Hölle und die Geräusche des Sturms schienen hier lauter und näher als in den Fluren. Hintereinander tasteten sie sich die Stufen hinab, tiefer und tiefer in die Eingeweide der Basisplattform und das Licht in ihrem Rücken wurde mit jedem zurückgelegten Meter schwächer. Verbissen starrte Sheppard in die alles verschlingende Dunkelheit und versuchte seine nutzlosen Augen zu zwingen, irgend etwas zu erkennen. Doch es war sinnlos. Statt dessen lauschte er aufmerksam in die Tiefe.

„Es ist eine Schande, dass wir keinerlei Licht bei uns haben.“ Dr. Becketts Stimme hallte heiser von den nahen Wänden des Schachtes wieder. Es war ihm nicht möglich, das besorgte Zittern darin zu unterdrücken. Das Wissen, dass der Feind auf der Suche und auf dem Weg zu ihnen war und die Tatsache, dass sich sich hier blind vorwärtsbewegten, ließen ihn schaudern.

John, der den Fuß der langen Treppe erreicht hatte, blieb stehen und wandte prüfend den Kopf von rechts nach links. „Es ist unglücklich, da gebe ich Ihnen Recht, Doc.“ Unmöglich. Allein durch hören konnte er nicht bestimmen, in welche Richtung sie gehen mussten. „Aber es wird unser Vorwärtskommen nur erschweren, nicht verhindern.“ Erschrocken fuhr er zurück, als er neben sich eine Bewegung spürte und kurz darauf zwei sacht schimmernde Punkte ganz in seiner Nähe aufleuchteten. Er hörte Rhyan verhalten lachen und schloss mit einem Fluch die Augen. „Würdest du bitte damit aufhören?“

Ihren Schritten nach zu urteilen, entfernte sie sich wieder ein Stück von ihm. „Wir müssen nach rechts. Weiter hinten wird es wieder heller. Scheinbar ist der Notstrom dort nicht ausgefallen.“ Noch einmal glommen ihre unheimlichen Augen auf, schmale Halbmonde aus gegossenem Kupfer. „Wir sind nicht allein hier unten. Ich höre... seltsame Laute. Aber sie sind noch weit entfernt.“ Sie griff nach der umhertastenden Hand des Colonels und umschloss sie sanft mit ihren langen Fingern. „Haltet euch bei den Händen. Ich werde euch leiten, bis ihr wieder etwas erkennen könnt. Aber seid leise!“

Schweigend folgten sie ihr den Gang hinunter. Jeder von ihnen atmete flach, mit dem beklemmenden Gefühl, jeden Augenblick von hinten aus der Finsternis angegriffen zu werden. Sheppard konnte fühlen, wie sich die feinen Härchen in seinem Nacken aufstellten und sich die Muskeln zwischen seinen Schultern verhärteten. Hören konnte er nichts. Doch Rhyan beschleunigte merklich und schritt weiter aus als noch am Anfang, bis sie fast rannten. Er konnte Rodneys zitterndes Keuchen hinter sich hören und Carsons unterdrückten Schmerzensschrei, als dieser zum wiederholten Male stolperte. Lediglich der Griff seiner Freunde bewahrte ihn vor einem schmerzhaften Sturz.

„Rhyan, langsamer! Wir sehen nicht das geringste in dieser Schwärze und was wir jetzt am wenigsten gebrauchen können ist ein gebrochenes Bein.“ Er hatte nicht laut gesprochen, doch selbst sein Flüstern kam ihm vor, als jage es wie ein Schrei durch die Stille der Tunnel.

Die junge Frau hielt so abrupt an, dass er und die anderen unsanft aufeinander aufliefen. Eine kühle Hand legte sich auf Sheppards Mund. „Schweig, verdammt!“ Ihre Augen starrten ihn drohend an und obwohl er wusste, dass sie ihm niemals ein Leid zufügen würde, wurde ihm flau im Magen. „Noch haben sie unsere Fährte nicht gefunden, aber es ist nur eine Frage der Zeit. Wenn wir bis dahin nicht wieder im Licht sind und ihr noch immer so hilflos seid, haben wir keine Chance.“ Sie entfernte ihre Hand wieder und als sie sprach, war ihre Stimme sanfter. „Ich weiß es ist schwer in der Dunkelheit zu fliehen. Aber wir müssen uns beeilen. Ich will keinen von euch verletzen. Aber ich will genau so wenig einen von euch verlieren. Es ist nicht mehr weit. Eigentlich müsstet ihr den Lichtschein schon sehen.“

Die Gruppe starrte mit weit aufgerissenen Augen die Länge des Flurs hinab und tatsächlich. In weiter Ferne schien ein schwaches Leuchten bis zu ihnen vorzudringen. Allerdings...

„Was glitzert da?“ Ronon gab sich Mühe leise zu sprechen. Wohl wissend, dass Rhyan seine Bewegungen erkennen würde, deutete er mit einer Hand den Gang hinunter. „Weiter rechts von unserem Weg.“

„Das...“ Die junge Frau setzte sich wieder in Bewegung. Noch immer schnell, aber nicht mehr rücksichtslos. „Das ist leider noch ein zusätzliches schlechtes Zeichen und bestätigt die Befürchtungen Dr. McKays, dass dieses Tunnelsystem Wassereintritt nichts entgegen zu setzen hat.“

Schon bald wurden ihre Füße nass und das Rauschen von fließendem Wasser lauter. Unruhig sahen sie sich um, konnten aber noch immer nicht viel mehr erkennen als ein dumpfes Leuchten in der Ferne.

„Es scheint ein Leck zu geben. Irgendwo hier in der Nähe.“ Rhyan musste ihre Stimme anheben, um über das Tosen des Wassers hinweg gehört zu werden. „Die Gänge laufen voll, aber noch können wir passieren.“ Sie drückte Johns schweißnasse Hand. „Habt keine Angst.“

Rodney lachte freudlos über diesen Nachsatz. Keine Angst zu haben erwies sich in dieser Finsternis ohnehin als schwierig genug. Das steigende Wasser zu ihren Füßen und die dadurch zunehmende Kälte erschwerte ein mutiges Voranschreiten noch zusätzlich. Schon nach wenigen Metern stand ihnen das eiskalte Seewasser bereits bis zu den Knien. Die Luft war feucht und erfüllt von einem feinen Nebel, der sich spinnenwebenzart auf die erhitzten Gesichter der Freunde legte. Als Teyla eine Hand ausstreckte und an die neben ihr verlaufende Wand legte, fühlte sie das Wasser daran herabfließen.

Jäh endete der Gang und mündete in eine weitläufige Halle. Selbst wer nicht sehen konnte hörte es deutlich am Klang des Wassers. Auf der anderen Seite schien das Licht heller und brach sich glitzernd auf dem kabbeligen Wasser, das den gesamten Boden bedeckte. Niemand konnte sagen, wie tief darunter der Boden tatsächlich war. Undeutlich zeichnete sich die Silhouette einer Balustrade ab, die zwei Schritte hinter dem Türdurchgang begann.

„Ein Hangar.“ Sheppard musste mittlerweile schreien, um das Rauschen zu übertönen. „Wir stehen auf der obersten Galerie. Es muss einer der Unterwasserzugänge sein.“ Kein Wunder, dass die See hier mit solcher Macht hereindrängte. Er trat bis an das Geländer und starrte hinüber, wo der Gang offenbar weiterführte. Er bezweifelte, dass es einen Weg geben würde, der sie am Rand des Hangars entlang zu anderen Seite führen würde. „Wir müssen schwimmen.“ John brauchte die Gesichter seines Teams nicht zu erkennen um zu wissen, mit welcher Begeisterung sie diese Nachricht aufnahmen.

Rhyan war die erste, die sich geschmeidig in die Fluten gleiten ließ. Ihre schimmernden Augen richteten sich einen kurzen Moment auf Sheppard. „Ich werde hinüberschwimmen und sehen, ob es ungefährlich ist.“ Dann verschwand sie.

Der Colonel seufzte und wandte sich dann wieder seinem Team zu. „Ok. Je eher wir von hier wegkommen, desto schneller werden wir auch wieder trocken sein.“ John blinzelte, konnte aber nach wie vor nur schemenhafte Schatten erkennen. „Rodney?“ Er streckte seine Hand aus und ergriff den Schatten, der sich weiter hinten grade versuchte unsichtbar zu machen, am Hemd und zog ihn zu sich. Der Wissenschaftler zitterte, was dem Colonel einen schmerzhaften Stich versetzte.

McKay hasste Wasser wie eine Katze und er hasste Wasser mit Untiefen. Wasser wie dieses hier. Die letzten Tage waren für sie alle nicht leicht gewesen, doch der Kanadier schien grade jetzt am Rande seiner Kräfte angelangt zu sein. Der Anblick der bloßen Strecke nahm ihm den letzten Funken Mut. „John, das schaffe ich nie.“ Er schniefte kläglich.

„Natürlich. Du wirst sehen. Halte dich an meiner Seite, dann wird dir nichts passieren.“ Sheppard atmete tief durch. „Teyla, du bleibst neben Carson. Ronon, du bleibst direkt hinter ihnen.“

Er konnte erkennen, das Rhyan die andere Seite bereits erreicht hatte und das Wasser soeben verließ. „Es ist nicht weit, kommt.“

Zusammen mit Rodney kletterte er über das Geländer und ließ sich langsam mit dem ganzen Körper ins Wasser sinken. Es war eisig und schnürte ihm für einen Moment die Luft ab. Unwillkürlich begann er zu zittern. McKay neben ihm ächzte.

Rechts von ihnen tauchten Carson, Teyla und Ronon ins Wasser. „Los schwimmt vor. Wir folgen direkt hinter euch.“

Sheppard griff hinauf, um sich noch einmal ein Stück aus dem Wasser zu ziehen, schlang seinen rechten Arm um Rodneys Brust, der wie eine Klette an den Streben der Balustrade klebte und entsetzt aufkeuchte, als er den kalten und nassen Körper des Colonels an seinem Rücken spürte, und zerrte ihn mit einem Ruck zu sich ins Wasser. Prustend trat der Wissenschaftler um sich, die Augen weit aufgerissen und auf John gerichtet, als sei dieser der Teufel persönlich. „Das...“ Er schluckte Wasser und hustete.

„Spar dir deinen Atem und fang an zu schwimmen!“ John packte ihn an Kragen und Hose und stieß ihn weiter in die Mitte der Halle hinaus. „Ich werde dich nicht schleppen, also beweg dich. Dann wird dir auch wärmer.“

Mit abgehackten Bewegungen fing McKay an zu schwimmen, bewegte sich langsam aber stetig dem gegenüberliegenden Eingang entgegen. Sheppard folgte dicht dahinter.

Erschöpfung und Kälte sorgten schon nach wenigen Metern dafür, dass sich jeder Muskel im Körper schmerzhaft zusammenzog und nur noch mühselige Bewegungen ermöglichte. Laut hallte das angestrengte Schnaufen der Schwimmer über das Plätschern des Wassers. Selbst Rodney hatte seinen gemurmelten Protest eingestellt und kämpfte verbissen, um vorwärts zu kommen.

Plötzlich, kurz nachdem sie die Hälfte der Strecke überwunden hatten, wirbelte der Wissenschaftler mit ungeahnter Geschwindigkeit herum, einen spitzen Schrei auf den Lippen. John, den die Wellen der unverhofften Bewegung ins Gesicht getroffen hatten, hustete krampfhaft. „Was zum Teufel soll das?“ Er wischte sich die gröbste Nässe aus den Augen und funkelte zu McKay hinüber, dessen Blick unstet über die Wasseroberfläche glitt.

„Etwas ist in diesem Wasser.“ Die Stimme seines Freundes zitterte und nur mit Mühe konnte er ein Zähneklappern unterdrücken. Der Colonel bezweifelte, dass Rodney kräftig genug war, um zu simulieren. „Da war etwas an meinem Bein, John. Ich schwöre es!“

Sheppard hatte nichts dergleichen gefühlt, obwohl er dich hinter McKay geschwommen war. Zweifelnd sah er sich um. „Dann sollten wir zusehen, dass wir weiter kommen.“

Statt einer Antwort schrie McKay erneut auf und setzte sich dann mit wild um sich schlagenden Armen und Beinen in Bewegung. Fluchend setzte Sheppard ihm nach. Jetzt hatte er die undeutliche Bewegung unter Wasser auch wahrgenommen. Nur ein winziger Augenblick, in dem sich die Wasserdichte verändert hatte. Aber Rodney hatte Recht. Prüfend sah er sich um und vermeinte irgendwo links von ihnen eine Ungleichmäßigkeit in den Wellen entdeckt zu haben. Sein Magen zog sich zusammen.

Quälend langsam kam der Ausstieg näher. Eben erst hatten die anderen das Ufer erreicht und entstiegen nun hastig dem trügerischen See.

„John, hinter euch!“

Noch ehe Teylas Warnschrei verstummt war, hörte Sheppard hinter sich das unverkennbarer Platschen von Wasser und ein leises Klicken, das beinah in den anderen Geräuschen unterging. Dann wurde er schmerzhaft von etwas im Rücken getroffen und unter Wasser gedrückt. Mit einer entschlossenen Drehung befreite er sich, stieß sich von etwas hartem ab um schoss zurück an die Oberfläche. Seine Lungen brannten.

Rodney war ihm ein gutes Stück voraus, offensichtlich verschont von diesem Angriff. Er ruderte aus Leibeskräften dem rettenden Ufer entgegen, von dem aus ihre Freunde händeringend zu ihnen hinüberriefen.

Kurz entschlossen löste Rhyan ihr Schwert und ließ es zu Boden gleiten. Dann war sie mit wenigen Schritten an den anderen vorbei und hechtete ins Wasser. Dicht gefolgt von Ronon, der sich ihr keine Sekunde später anschloss. Mit nur wenigen Zügen hatte er den erschöpften Wissenschaftler erreicht, schwamm hinter ihn und schob ihn die letzten Meter bis zum Ufer vor sich her.

Rhyan indes setzte ihren Weg zu Sheppard fort und fluchte verzweifelt, als dieser erneut von etwas gepackt und mehrere Meter aus dem Wasser gehoben wurde, nur um dann mit in die Tiefe gerissen zu werden. Für Sekunden war das Schillern von Wasser zu sehen gewesen, das geschmeidig über einen rauen Panzer abperlte.

Sie erreichte die Stelle aufgewühlten Wassers, an der die Bestie mit dem Colonel verschwunden war und tauchte. Das Wasser trübte ihre Sicht und ließ sie lediglich Schemen erkennen, die sich irgendwo knapp außerhalb ihrer Wahrnehmung bewegten.

Unsanft wurde sie zur Seite geschleudert, als etwas haarscharf an ihr vorbei schoss und schmerzhaft seinen Panzer über ihre Haut schob. Unmittelbar darauf spürte sie eine Hand, die sich um ihren Arm schloss und sie kämpfte sich zurück an die befreiende Luft. Die Kälte war Gift, selbst für ihre Muskeln.

Zusammen mit Sheppard durchbrach sie die Oberfläche und sog gierig den Sauerstoff in ihre Lungen. Sie orientierten sich hastig an den Rufen der anderen und setzten sich mit letzter Kraft in Bewegung.

Fast schon in Reichweite der ausgestreckten Hände, spürten sie erneut eine Bugwelle in ihrem Rücken herannahen, die sie ergriff und mit plötzlich viel zu hoher Geschwindigkeit auf die Wand zutrieb. Rhyan spürte das kratzende Suchen von Klauen an ihren Beinen, die der Kollision mit dem wuchtigen Körper ihres Verfolgers vorausging. Ächzend wurde ihr die letzte Luft aus den Lungen gepresst, sie hörte John neben sich unterdrückt aufschreien, dann spülte Wasser über sie hinweg.

Es war die Wand, die ihr haltloses Vorwärtstreiben jäh unterbrach und sie für mehrere Herzschläge hilflos zwischen Metall und Wasser eingeklemmt zurückließ. Die Wand erbebte unter einem dumpfen Aufprall. Dann wurde sie von zwei Paar Händen ergriffen und wie ein nasses Kätzchen ins Trockene gezerrt.

Hustend brach sie in die Knie, für den Moment in einem wilden Kampf mit der aufkommenden Ohnmacht verwickelt. Nur gedämpft drangen die Stimmen des Teams zu ihr durch und mit verschwommenem Blick registrierte sie, dass Sheppard offenbar durch den Schwung der Welle aus dem Wasser und in den Gang hinein getragen worden war. Zusammengekrümmt erbrach er das verschluckte Seewasser.

Außer Dr. Beckett stand nur noch Ronon aufrecht. „Wir müssen weg von hier.“ Der Sateder musterte voll unverhohlener Sorge den trügerisch stillen See. „Solange nicht irgend etwas zwischen uns und diesem verfluchten Wasser ist, können wir nicht rasten.“

Der Sinn hinter seinen Worten war bestechend, doch Rhyans Geist konnte im Moment nur höhnisch darüber lachen und auf die geschwächten Glieder verweisen, die sich anfühlten wie zu heiß gewordenes Gummi. Zudem brannte ihr Bein höllisch, wo sie nur knapp den Klauen ihres Verfolgers entkommen war und sie wurde noch immer von unkontrollierbarem Zittern geschüttelt.

Sie zwang sich trotzdem dazu, in eine halbwegs aufrechte Haltung zu kommen und schaffte es sogar noch, dem nicht weniger zerstört aussehenden Rodney auf die Füße zu helfen. Schwer aufeinander gestützt humpelten sie tiefer in den Gang hinein, immer den unscharfen Gestalten ihrer Freunde hinterher. Zusammen mit Carson hinkte Sheppard, der sich nur, indem er sich mit einer Hand an der Wand abstützte, aufrecht halten konnte, voraus.

Ronon blieb am Wasser zurück, die nachdenkliche Stirn tief gefurcht. Erst als er Teyla rufen hörte, dass sie das nächste Schott erreicht hätten, kehrte er der Halle den Rücken und rannte hinter ihnen her. Er war sich sicher, dass ihn kleine bösartige Augen dabei beobachteten.

Zu den Waffen!

Es war ein Segen, als sie die ersten Lampen erkennen konnten, die in dem düsteren Licht des Notstroms leuchteten. Nach der langen Dunkelheit erschien den Menschen selbst dieses bisschen Licht als tagheller Sonnenschein. Und es erlaubte ihnen eine schnellere Orientierung in dem verzwickten Wirrwarr des Tunnelsystems. Das Tosen des Wassers war bereits seit einiger Zeit ganz verstummt und langsam wurde auch die durchnässte Kleidung wieder trocken. Sie mussten sich jetzt tiefer in den Eingeweiden der Stadt befinden, da nicht der leiseste Laut des Unwetters draußen vor den Mauern zu ihnen durchdrang.

McKay war in ein heftiges und nur mühsam unterdrücktes Streitgespräch mit Sheppard und Ronon vertieft, welches sich um die Herstellung von Flammenwerfern aus einfachsten Mitteln drehte, so dass es Carson und Rhyan waren, die unverhofft auf das erste 'Nest' stießen.

Mit allergrößter Vorsicht hatten sie ein Schott zu einem Seitenraum geöffnet, in der Hoffnung etwas für ihre Verteidigung Nützliches vorzufinden, doch aus der Dunkelheit hinter der Tür war ihnen lediglich ein warmer Gestank entgegen geschlagen. Carson konnte nichts in der Finsternis erkennen, allerdings reichte ihm die gereizte Reaktion der jungen Frau neben ihm vollkommen. Er zog die Tür ein Stück weiter auf und das schwache Licht des Flures fiel auf die vordere Reihe schleimbedeckter Eier. Sie waren größer, als er es in Erinnerung gehabt hatte. Viel größer. Und die Hülle schmiegte sich eng um das in ihrem Innern befindliche Lebewesen und ließ auf unangenehme Art und Weise dessen Konturen erkennbar werden. Das wiederum ließ Platz für die abenteuerlichsten Fantasien und selbst die streitenden Männer verstummten bei diesem Anblick betroffen.

Was auch immer sich in diesen Brutstätten bewegte, es wirkte auf verrückte Weise menschlich. Zumindest von den Proportionen her. Alles andere, die knöchernen Gliedmaßen und die widernatürliche Haltung, erinnerten an die insektenartigen Bestien aus Michaels kleiner Privatarmee.

Niemand erhob Einwände, als Rhyan eines der vordersten Eier mit am ausgestreckten Arm zitterndem Schwert aufschlitzte, um den Inhalt offen zu legen. Sie würgte, als der Gestank noch einmal zunahm und gelbliche Flüssigkeit heraus rann. Dann stürzte das darin befindliche Lebewesen in wilden Zuckungen zu Boden.

Voller Grauen starrten die Freunde auf das Ding zu ihren Füßen. „Was tut dieser Wahnsinnige?“

Das Wesen hob seinen missgestalteten Kopf und schaute mit nur allzu menschlichen Augen zurück. Das, was vermutlich einmal der Mund hätte sein sollen, öffnete und schloss sich, als wolle es Worte bilden. Doch die Zangen und spitzen Zähne klickten nur unverständlich aufeinander. Es blinzelte und beinah sah es so aus, als würde Unverständnis und Verzweiflung in diesen wässrigen Augen stehen. Etwas, das jeden einzelnen der kleinen Gruppe die Brust eng werden ließ. So etwas war einfach nicht möglich!

Dann trat Rhyan vor und trennte dem Wesen mit einem einzigen Streich den Schädel von den Schultern und löste damit den Bann. Sie schluckte, ging dann aber entschlossen weiter in den Raum hinein und machte sich daran, die restlichen Eier mit ihrem Schwert zu zerstören.

Carson war der einzige der es wagte, sich dem Leichnam zu nähern, um ihn genauer zu betrachten. Der von ihm ausgehende Gestank war erdrückend und trieb ihm die Tränen in die Augen. Dennoch beugte er sich weit vor, damit er in dem schwachen Licht überhaupt irgendetwas erkennen konnte. „Offenbar verfolgt unser Freund Michael noch ein ganz anderes Ziel als nur die Erschaffung einer mit intelligenten Insektensoldaten geführten Invasionsarmee.“ Er drehte den abgetrennten Kopf mit spitzen Fingern zu sich und seufzte. „Das hier ist eindeutig in dem Versuch entstanden, eine eher menschliche als insektenartige Variante zu erschaffen. Was immer es jetzt ist, es war einmal ein Mensch und ist zu dem gemacht worden, was wir hier vor uns sehen.“

Rhyan hatte ihr schmutziges Werk beendet und so trat er mit ihr hinaus in das Licht des Flures und schloss das Schott in seinem Rücken, so als wolle er die schreckliche Gewissheit, die sich dahinter verbarg, aussperren.

„Wenigstens wissen wir jetzt, was er mit unseren Leuten getan hat.“ Sheppard strich sich mit der Hand über die müden Augen, ohne jedoch den Zorn verbergen zu können, der sich seitdem er dieses Ding das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte immer tiefer in ihn hinein gefressen hatte. „Dafür wird er büßen.“

„Colonel, und wir müssen uns beeilen. Diese Exemplare sind bereits weit entwickelt gewesen. Nur Gott allein weiß, wie es in anderen Teilen der Stadt aussieht.“ Der Doktor blickte fast ängstlich auf den Schwarzhaarigen vor sich, so als könne sich dessen schwelender Zorn gegen ihn richten. „Ich... ich möchte nicht gezwungen sein gegen Wesen zu kämpfen, die einst mal Expeditionsmitglieder wie wir waren, doch jetzt nichts mehr mit ihrem menschlichen Einst gemein haben.“

Mehr war nicht nötig, um die lastende Erschöpfung ein mal mehr in den Hintergrund zu drängen. „Wir brauchen diese verdammten Flammenwerfer!“

Rodney stöhnte ergeben, die fiebrig glänzenden Augen zur Decke gerichtet. „Zum hundertsten Mal, Colonel: Derartige Waffen befinden sich nicht in unserem Besitz und werden auch nicht in den Waffenkammern zu finden sein. Das sollten Sie doch am ehesten von uns wissen.“

„Das wir solche Waffen nicht besitzen bedeutet nicht, dass wir sie uns nicht bauen können.“ Ronon knurrte beinah, ungerührt, dass er Sheppards erbosten Einwand dadurch zuvor gekommen war. Die selbe Diskussion hatten sie schon zuvor mehrfach durchgefochten und er war es leid. „Es ist nicht allzu schwer. Wir brauchen etwas entzündliches Gas und Feuer.“

McKays verächtliches Lachen hallte dumpf von den Wänden zurück. „Etwas Gas und Feuer und fertig ist die Wunderwaffe? Das ich nicht lache! Wollen Sie uns alle in die Luft sprengen? Wie wollen Sie den Gasaustoß kontrollieren? Und wo bekommen wir brennbares Gas her?“ Er musste sich beherrschen, den Größeren nicht wütend anzustoßen.

„Haben Sie eine bessere Idee, Doktor?“

„Genug!“ Müde hob Sheppard eine Hand, um den aufkeimenden Streit der Männer zu unterbinden. „Genug ihr beiden, bitte. Ronon hat Recht, derartige Waffen lassen sich mit wenigen Mitteln selbst herstellen. Nur...“ Er konnte nicht klar denken, die Müdigkeit und Erschöpfung der letzten Stunden hatten sich hartnäckig in jedem Winkel seines Körpers eingenistet.

„In den Jumperbuchten und der ärztlichen Abteilung haben wir Flaschen mit den unterschiedlichsten Gasen, um jeglicher Art von Unglücksfall adäquat entgegen treten zu können.“

Überrascht wandten sich die Gesichter der Freunde zu Beckett. Es schien ihm peinlich, sich in eine Diskussion um Kriegswaffen eingemischt zu haben. „Wir haben dort unter anderem auch Propangas...“

Rodney wartete nicht einmal ab, bis der Arzt zu Ende geredet hatte: „Fantastisch! Das ist es. Jumperbucht oder medizinische Abteilung. Das verbessert unsere Lage jetzt auch bedeutend.“

Sheppards Hand ruckte erneut in die Höhe und brachte den Wissenschaftler so abrupt zum Schweigen. Der Drang, ihn wegen seiner maßlosen Unverschämtheit zu schlagen, war manchmal wirklich kaum zu bezwingen.

Natürlich hatte er Recht; aber Teufel, es war eine Chance. „Hör auf damit Rodney! Wir sind alle müde und am Ende. Aber welche andere Wahl haben wir denn schon? Die Waffenkammer werden wir wohl kaum unbemerkt betreten können...“

„Ebenso wenig wie wir unbemerkt zurück in die...“

„Verdammt, das weiß ich! Aber wir können nicht mit unseren bloßen Händen kämpfen.“

Das Schweigen zog sich und war bedrückend. Unglücklich darüber, sich mit seinen Freunden streiten zu müssen, sah es Sheppard nicht ein, sich für seine rüde Art zu entschuldigen. „Die einzige Waffe die wir zur Zeit besitzen, ist Rhyans Schwert. Wie wollen wir damit all die Eier zerstören, die wir möglicherweise noch finden werden?“

Die junge Frau kam die wenigen Schritte zu der kleinen Gruppe zurück. Sie war ein Stück vorausgegangen und hatte sich umgesehen, als der Streit zwischen den Freunden heftiger geworden war. Es gab Momente, in denen ein Außenstehender nichts verloren hatte.

Trotzdem hatte sie jedes Wort der Diskussion mitverfolgt. „Zu viele Fragen für zu viele hoffnungslose Wege.“ Sie blinzelte und bedachte jeden einzelnen mit einem unergründlichen Blick aus ihren sanft glühenden Augen. „Wenn wir so weitermachen, werdet ihr vor Erschöpfung tot zusammenbrechen, bevor wir überhaupt eine Chance hatten zurückzuschlagen. Ein Stück den Gang hinunter ist ein Raum, dort könnt ihr rasten.“

„Ihr?“

Rhyan musterte den Sateder. „Ja, ihr. Ich werde in der Zeit das Material beschaffen, das ihr zur Herstellung dieser Flammenwerfer benötigt.“ Sie lächelte, als sie den Unwillen des Kriegers sah. „Es ehrt dich, dass du mich begleiten möchtest, Ronon, doch deine Kraft und Kampfkunst wird an anderer Stelle zu einer anderen Zeit noch bitter benötigt werden. Spare deine Kräfte und hab ein Auge auf die Streithähne.“

„Ich habe lediglich auf Offensichtliches hingewiesen. Ich habe den Streit nicht angefangen.“ ereiferte sich Rodney, besann sich dann jedoch eines besseren. „Und außerdem... wenn du nicht den ganzen Weg wieder zurücklaufen willst zu dem diesseitigen Unterwasserdock, musst du ein Mal quer durch Atlantis auf die andere Seite.“

„Umzukehren wäre nicht weise, da sich ihre Suche auf den hinter uns liegenden Bereich konzentrieren dürfte.“

„Was aber nicht bedeutet, dass der Rest der Stadt unbeaufsichtigt ist, Rhyan.“ Sheppard zog grimmig die Brauen zusammen.

„Aber ich bin schneller und leiser als ihr. Sie werden mich nicht bemerken.“

Mühsam beherrschte der Colonel seine Ungeduld. Warum mussten ihm heute eigentlich alle widersprechen? „Ich kann es nicht zulassen. Wenn du Michael in die Hände fällst... ich mag mir nicht vorstellen was er dann aus deiner DNA und der Wraith-DNA entwickeln könnte.“ Seine Reaktion war heftiger ausgefallen, als beabsichtigt.

Die junge Frau zeigte in einem unerwarteten Anflug von Ärger ihre langen Reißzähne. Sie knurrte leise. „Es ist doch auch ein Unterwasserdock, nicht wahr, John? Dann gibt es auch noch einen anderen Weg.“

„Kein Mensch kann so weit schwimmen!“ Carson hatte sich bisher still im Hintergrund gehalten, verunsichert durch den neuen Streit, den er durch seine Idee heraufbeschworen hatte. Doch jetzt wurde es selbst ihm zu bunt.

„Kein Mensch, Doktor, damit haben Sie natürlich Recht. Aber ich bin kein Mensch.“ Rhyan grinste diabolisch.

Darauf wusste einen Moment lang keiner etwas zu sagen.

„Du kannst mich nicht daran hindern, John.“ Ihre Stimme hatte die Schärfe ein wenig verloren. „Und ihr werdet mir nicht folgen können. Es ist am Besten so, also nutzt die Gelegenheit und rastet.“

Sie starrten sich an und fochten ein lautloses Gefecht, ehe der Colonel sich mit einem abgrundtiefen Seufzer löste. „Also gut. Geh. Wenn du dich in angemessener Zeit nicht zurückmeldest, werden wir kommen und dich suchen.“

Sie neigte als Bestätigung leicht den Kopf und berührte ihn flüchtig an der Wange. Es schmerzte sie, ihn so erschöpft und zerrissen zu sehen. Ein kurzes, trauriges Lächeln, dann verschwand sie schnell und lautlos im Dämmerlicht der Notstromleuchten und verhinderte so jeden weiteren Versuch ihr zu folgen oder Einspruch einzulegen.
 

Gleich einem schattenhaften Geist huschte Rhyan durch die Gänge des Außenbezirkes und suchte sich einen Weg nach draußen. Das Unwetter hatte nachgelassen und nur noch die tiefhängenden Wolken drohten mit weiterem Regen und Sturm. Der Nebel war verschwunden, die See ruhiger unter dem seicht darüber streichenden Wind.

Dennoch waren viele Bereiche Atlantis überschwemmt und der Eindruck einer schweigenden Totenstadt hatte sich nur noch verstärkt. Düster lag sie in der stahlgrauen See, kalt und abweisend wie das Wetter selbst. Ihr ganzes Erscheinungsbild war schon immer befremdlich gewesen in seiner eigenartigen Bauart, die mehr als deutlich von Händen geschaffen worden war, die nicht menschlich gewesen sein konnten. Doch jetzt wirkte sie wirklich fremd.

Rhyan rannte zielgerichtet auf den Rand des Piers zu und sprang kopfüber in das eisige Wasser. Neben ihr, aus dem Dunst der Wolken kommend, glitt Arokh ebenfalls in die Tiefen des Ozeans. Wie ein Eisvogel presste er die weiten Schwingen an seinen Körper und tauchte mit einer hohen Fontäne unter.

Stille umfing sie, nur unterbrochen von dem tief sonoren Summen der Gezeiten.

Rhyans Hände glitten suchend über die schuppige Haut ihres Gefährten, ehe sie Halt an einer Rückenzacke fand. Diese umschloss sie mit eisernem Griff und ließ sich von dem Drachen vorwärts ziehen.

Die Flügel noch immer nah am Körper, wand er sich geschmeidig durch das Wasser. Die mächtigen Klauen traten Wasser, während der Schwanz mit kraftvollen Seitwärtsbewegungen für einen schnellen Vorwärtsschub sorgte.

Das schwache Licht, das durch die Wasseroberfläche sickerte, wurde rasch weniger und als sie sich weiter unter die Stadt bewegten, verschwand es beinah gänzlich. Sie waren zwei formlose Schatten, die sich lautlos unter den Füßen des Feindes hindurch stahlen.

Rhyan musste sich eingestehen, dass die Entfernungen größer waren als angenommen. Das entfernte Schimmern, welches das Ende der gedehnten Unterseite der Stadt ankündigte, lag noch in weiter Ferne, als ihre Lungen bereits schmerzten. Verbissen zwang sie sich zur Ruhe. Sie mussten es schließlich nicht ganz bis zum Ende schaffen. Das Unterwasserdock sollte, ähnlich dessen, neben dem sie zuerst gerastet hatten, ein Stück versetzt unter der Stadt liegen.

Trotzdem war sie heilfroh, als sie den gähnenden Einstieg endlich vor sich ausmachen konnte. Sie löste sich von Arokh, stieß sich kräftig ab und schwamm die letzten Meter durch das offen stehende Schott allein. Ihre Lungen schrieen nach frischem Sauerstoff, aber sie bezwang den Drang, einfach durch die Wasseroberfläche zu stoßen und tief einzuatmen. Behutsam tauchte sie in einer kleinen Luftblase auf, welche sich unterhalb der Decke standhaft gegen den Wasserdruck zur Weh setzte. Es war offensichtlich, dass von diesem Teil der außenliegenden Stadt mehr überflutet worden war als auf der anderen Seite. Dumpf hallte Rhyans Atem von den Wänden wieder. Die Luft roch muffig und war mit nur noch wenig Sauerstoff angereichert. Es musste genügen, um sie für den nächsten Tauchgang zu wappnen.

Sie folgte dem Schacht weiter hinauf, wo helles Licht schimmerte und den Hangar ankündigte. Beinah lautlos hob sie ihren Kopf aus dem Wasser und warf einen prüfenden Blick auf ihre Umgebung. Erst dann kletterte sie über das teilweise versunkene Außengeländer ins Trockene.

Sie glich den Hangar mit der ihr von Dr. Beckett auf den Weg gegebenen Beschreibung ab und versuchte den Ort ausfindig zu machen, an dem die so dringend benötigten Gasflaschen gelagert werden sollte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie die halb unter Wasser stehende Räumlichkeit mit den Angaben des Arztes überein gebracht hatte. Rhyan schnaubte verärgert. Wenn sie Recht hatten, befanden sich die Flaschen in dem überfluteten Teil des Hangars. Natürlich.

Das kalte Seewasser reichte ihr knapp über die Hüften, als sie die in die Wand eingelassenen Nische erreichte. Der Türmechanismus war durch das Wasser beschädigt, aber Rhyan schaffte es mit etwas Rütteln, die Wandverkleidung ein Stück weit zu öffnen. Gierig schäumte das Wasser in die entstehende Lücke und nahm den neu errungenen Platz in Besitz. Es war schwierig, aber nicht unmöglich, die Nische gegen den Wasserdruck zu öffnen. Die Scharniere knarrten, gaben letzten Endes aber nach.

Kritisch musterte die junge Frau die dahinter verborgenen Flaschen. Einige davon überragten sie um mehrere Handbreiten. Diese konnte sie unmöglich von hier wegschaffen. Sie würde untergehen wie ein Stein. Aber dann fiel ihr Blick auf das Kennzeichen, welches Beckett ihr beschrieben hatte. In diesen Flaschen würde sich das von ihnen benötigte Gas befinden. Und sie waren um vieles kleiner als ihre großen Verwandten.

Sie war grade dabei aus den vollkommen aufgeweichten Gurten, welche die Flaschen an ihrem Ort hielten, ein Geschirr zu basteln, mit dessen Hilfe sie mehrere der Flaschen würde tragen können, als sie eine schwache, aber deutliche Veränderung des Wassers um sich verspürte. Rhyan erstarrte.

Da war es wieder. Eine Strömung, die fast unmerklich an ihren Beinen entlang strich.

Ganz langsam ließ sie sich in die Hocke sinken, tauchte unter und spähte mit weit geöffneten Augen in das diffuse Zwielicht des Wassers. Etwas war hier.

Aus dem Augenwinkel bemerkte sie eine verstohlene Bewegung, doch als sie ihren Kopf in die Richtung wandte, war nichts mehr zu sehen. Hatte das Knarren der Scharniere doch ihre Feinde angelockt? Oder handelte es sich bei dem unsichtbaren Besucher nur um ein fehlgeleitetes Meerestier? Das Licht brach sich unverhofft auf einem durch kräftige Schuppen gepanzerten Rücken und machte die Hoffnung auf ein harmloses Seelebewesen zunichte.

Das insektenartige Wesen schwamm von ihr fort, dicht gefolgt von einem weiteren. Sie bewegten sich merkwürdig eckig, aber ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Und sie schienen Rhyan noch nicht bemerkt zu haben.

Langsam drehte sie sich um, schlang das Geschirr um ihre Schultern und tauchte auf, um die Flaschen zu verstauen. Im Wasser waren sie fast gewichtslos, was Carson ihr durch die Eigenschaften des darin befindlichen Gases beschrieben hatte. Doch er hatte sie auch gewarnt, dass dieser Eindruck nur in der ersten Zeit bestand. Tauchte sie länger, würde das Gewicht der Flaschen deutlich mehr zum tragen kommen.

Rhyan wurde klar, dass der Rückweg noch viel beschwerlicher werden würde, als der Hinweg. Aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Drei Flaschen konnte sie verstauen. Es musste reichen.

Als sie dieses Mal untertauchte, war der Schatten einer Bewegung ihr um einiges näher und sie zuckte unwillkürlich vor der Strömung zurück, welche die vorbeigleitende Kreatur so dicht bei ihr verursacht hatte. Sie konnte nur noch die langgliedrigen Füße erkennen, ehe sie hinter einem Pfeiler verschwanden.

Mit wild klopfendem Herzen stieß sich die junge Frau ab und strebte mit nur mühsam kontrollierter Furcht dem Schacht entgegen. Sie fühlte sich schutzlos und verloren in diesem so hellen und klaren Wasser, in dem es kaum Deckung gab. Sie musste sich beherrschen, sich nicht umzudrehen und nach den Augen zu sehen, deren Blicke sie in ihrem Rücken zu fühlen glaubte.

Als sie den Eingang zu dem Schacht beinah erreicht hatte, wusste sie auch, dass sie sich nicht mehr umzudrehen brauchte. Sie fühlte die Gegenwart ihrer Verfolger jetzt ganz deutlich und konnte die Bewegungen des Wassers hinter sich fühlen.

Sie zog sich in den langen Gang und riskierte einen Blick über die Schulter. Zwei dunkle Schemen huschten im Schutz der rechten Wand auf sie zu. Ihre spinnenschnellen Bewegungen weckten unwillkürlichen Ekel in Rhyan. Von links, etwa eine Körperlänge vor diesen beiden, näherte sich eine einzelne Kreatur.

Die junge Frau zögerte nicht länger und hastete den Schacht hinab auf die Luftblase zu. Die letzte Station Sauerstoff, bevor ein langer Tauchgang auf sie wartete.

Fast hätte sie aufgeschrien und den kostbaren Atem dem Wasser überantwortet, als sie kurz vor diesem Ziel eine tastende Bewegung an ihrem Knöchel spürte, um den sich wenige Herzschläge später ein eiserner Griff schloss. Sie fuhr herum und trat nach dem schattenhaften Wesen. Doch der Griff löste sich nicht. Hilflos zappelnd war sie in den Klauen dieser unnatürlichen Kreatur gefangen.

Panik stieg in ihr auf. Ihr Herz klopfte heftig gegen ihre Rippen und ihr Körper verbrauchte den Sauerstoff schneller, als er unter diesen Umständen durfte. Sie würde hier unten sterben, jämmerlich ersticken.

Jäh wurde sie sich der schweren Flaschen an ihrem Körper bewusst. Sie waren ihre ganze Hoffnung, aber zwecklos, wenn Rhyan sie nicht zu ihren Freunden bringen konnte. Sie würden weder ihr noch Sheppards Team nutzen, wenn Rhyan vorher starb und sich ihrer nicht bediente.

Die Flasche, die sie am ehesten erreichen konnte, riss sie kurzerhand aus dem Geschirr, ergriff sie an ihrem obersten Ende und schmetterte sie gegen den unförmigen Klotz, welcher der Schädel ihres Gegners sein musste. Das Wasser dämpfte den Schwung zwar, doch es genügte, die Kreatur straucheln zu lassen. Dunkle Schlieren im Wasser bestätigten, dass das Gehäuse der Flasche eine blutende Wunde geschlagen hatte. Rhyan schlug ein weiteres Mal zu und kam frei.

Die abgestandene Luft der kleinen Blase war ein Geschenk des Himmels. Tief atmete sie durch und wartete, bis sich die schwarzen Punkte vor ihren Augen auflösten. Luxus. Sie musste weiter. Die anderen zwei mussten sich unmittelbar hinter ihrem Angreifer befinden und würden bald schon hier sein.

Sie ließ die Flasche in ihren Händen los und stieß sie zurück in den Schacht. Mit etwas Glück würde sie ihre Verfolger ablenken. Mit dem Geist rief Rhyan nach Arokh und schwamm mit kräftigen Arm- und Beinschlägen los. Furcht und Verzweiflung gaben ihr einen ungeheueren Vorschub.

Als sie die Eingeweide der Stadt endlich verließ, war der Drache nicht da. Rhyan fluchte. Allein würde sie nicht einmal die Hälfte der Strecke zurück gelegt haben, ehe ihr die Luft ausging. Also wandte sie sich um und strebte dem Licht entgegen, das den Rand des Unterbodens von Atlantis umrandete. Ihr Herz klopfte noch immer heftig und sandte ein schmerzhaftes Stechen durch ihre Lunge. Der Rand sah so weit weg aus. Dabei konnte sie fühlen, wie sich ihre Verfolger wieder näherten. Eigentlich wollte sie sich gar nicht umdrehen, wollte nicht wissen wie nah sie ihr tatsächlich waren. Aber es war das selbe, als würde ihr jemand befehlen, genau jetzt nicht an einen weißen Schimmel zu denken...

Geschmeidig und um so vieles schneller als Rhyan selbst, glitten die Schatten aus dem dunklen Loch des Schachtes, wo sie einige Herzschläge verharrten, so als müssten sie sich zuerst orientieren. Doch nur allzu schnell hefteten sich die Facettenaugen auf die fliehende junge Frau.

Rhyan hätte beinah vor Schreck tief eingeatmet, statt dessen stieß sie eine Wolke kleiner Luftblasen aus, drehte den Kreaturen wieder den Rücken zu und machte, dass sie voran kam. Sie verfluchte Arokh, dass er sie hier allein ließ und sie verfluchte sich selbst, dass sie nicht bedacht hatte, dass ihr der Feind auch außerhalb Atlantis begegnen konnte.

Unerwartet wurde sie von einer heftigen Strömung ergriffen und mehrmals um die eigene Achse gedreht. Für den Moment hatte sie vollkommen die Orientierung verloren. Ihre Augen zuckten suchend umher und blieben an einem beängstigend großen Schatten hängen, der an ihr vorbei und auf die drei Verfolger zuschoss. Ein ganzer Vorhang von Luftbläschen stieg von seinem Körper gen Oberfläche.

Dankbar für diesen Fingerzeig, drehte Rhyan sich wieder in die richtige Richtung, hielt allerdings noch ein Mal inne, als der Drache – sie konnte sein wütendes Grollen wie ein tiefes Vibrieren im Wasser wahrnehmen – die Kreaturen erreichte, seinen Schwung mit ausgebreiteten Schwingen bremste und den ersten der Verfolger mit einem gezielten Biss zerriss. Schwarzes Blut fächerte auseinander und wurde von der nächsten, heftigen Attacke Arokhs in dünne Schlieren gezogen.

Die verbleibenden Wesen gingen zum Angriff über. Sie waren schneller und wendiger als der große Drache, umkreisten ihn wie zwei tödliche Bienen und wagten immer wieder waghalsige Vorstöße gegen den ungeschützten Bauch ihres Feindes.

Arokh drehte und wendete sich, immer wieder schlugen seine rasiermesserscharfen Zähne in Leere, nur einen Fingerbreit von den wuselnden Körpern entfernt.

Sein markerschütterndes Brüllen ließ Rhyans Trommelfelle beinah platzen. Sie fühlte den Schmerz, als eine der Kreaturen Halt an der rechten Schwinge des Drachen fand und seine Klauen in die dünne Membran schlug. Drachenblut vermischte sich mit dem Blut der Angreifer, ein langer Riss klaffte auf. Blind vor Zorn zuckte Arokh herum, versenkte seine Zähne in das Rückrad der Bestie und riss sie von sich los. Nicht ohne de Wunde noch weiter zu öffnen. Er schleuderte sein Opfer herum, schnappte noch ein Mal zu und trennte schlussendlich seinen Schädel vom Rumpf.

Durch die heftigen Kampfbewegungen war der dritte Angreifer an ganzes Stück zurück geworfen worden. Er schien zu überlegen, ob er allein gegen den Drachen bestehen konnte, verschwand dann aber hastig im düsteren Zwielicht des Ozeans.

Rhyan erreichte die Wasseroberfläche nur Sekunden vor Arokh. Aufgewühlt von der Auseinandersetzung konnte sie für den Moment nichts anderes tun, als sich treiben zu lassen und wieder zu Atem zu kommen. Der Schmerz des Drachen pochte dumpf durch ihre Venen. Aber sie waren entkommen. Zumindest für diesen Augenblick. Sie fühlte sich hochgehoben und getragen, bis sie die metallene Wand eines der Außendocks erreichten. Mühsam zog sie sich über den Rand und blieb in der Pfütze, die aus ihren durchweichten Kleidern sickerte, liegen.
 

„Sie kommen!“

Sheppards Herz machte einen Satz, schlagartig von einer Sekunde auf die nächste aus seinen verbissenen Grübeleien gerissen. Mit einer knappen Geste gebot er seinem Team, das dicht hinter ihm im Schutz einer vorspringenden Außenwand wartete, zu Halten. Dann strich er sich verwirrt durch das schwarze Haar. Was zum Teufel war das? Hatte er mit offenen Augen geträumt oder war er im Stehen eingeschlafen? Ausschließen würde er diese Möglichkeit nicht. Er hatte ihre Rast so kurz wie möglich gehalten, sie alle hatten keine ruhige Minute gefunden, seitdem Rhyan zu dieser wahnwitzigen Mission aufgebrochen war. Daher war an Schlaf nicht zu denken gewesen.

„Sie kommen und es sind viele. Das Schlüpfen hat begonnen.“

Die Stimme vibrierte durch Sheppards Körper und veranlasste die vielen kleinen Härchen auf seiner Haut, sich zu sträuben. Niemand hatte wirklich gesprochen. Es war der Drache, der in seinem Kopf umherspukte und Worte in seinen Geist setzte, damit er als Mensch sie verstand.

Im nächsten Moment wurde ihm die ganze Bedeutung der Nachricht erst bewusst und lähmendes Entsetzen ließ seine Glieder schwer werden. Das Schlüpfen hat begonnen.

Sheppards Blick huschte über den ausgedehnten Himmel, aber der Drache war nirgends zu sehen. Von dem langgezogenen Balkon, auf dem sie sich zur Zeit befanden, konnten sie allerdings nicht einmal in die Richtung der Docks blicken, auf denen sich Rhyan zur Zeit befinden musste. Wie spät war es wirklich? Hatte er zu lange mit dem Entschluss gezögert, der jungen Frau zu folgen?

„Es ist früher Morgen, die Sonne wird in der nächsten Stunde den Horizont verlassen. Rhyan ist in Sicherheit, aber ihr müsst zu ihr!“

Die Dringlichkeit hinter den Worten war nur zu deutlich und der Colonel rannte zurück an die Seite seines Team. Dabei überschlugen sich seine Gedanken.

„Sie wird euch über die Außendocks entgegen kommen. Ihr dürft euch auf keinen Fall trennen lassen!“

John knurrte nur, offenbar bekam Arokh eh alles mit, was sich grade in seinem Kopf abspielte. Daher brauchte er die Frage nach den Gasflaschen gar nicht erst formulieren.

„Ich habe sie bei mir. Ich stoße zu euch, sobald es sicher ist.“

Mehr brauchte Sheppard nicht zu wissen. Das Bild, welches ihm der Drache zukommen ließ, zeigte, dass Rhyan über das östliche Pier zu ihnen kommen würde. „Wir werden da sein.“
 

Wie aus weiter Ferne hörte Rhyan die Stimme des Drachen in ihrem Kopf und sie musste sich erst einmal durch den klebrigen Nebel ihrer Erschöpfung kämpfen, ehe sie sich überhaupt wieder bewusst war, wo sie sich befand.

„Steh auf, Rhyan! Wir haben keine Zeit für dein Faulenzen.“

Sie knurrte verärgert, stemmte sich aber dennoch hoch und kam auf die Füße. Teufel, diese Flaschen waren schwerer als gedacht. Verblüfft musterte sie den tiefblauen Himmel über sich, der sich am westlichen Horizont bereits durch langgezogene Streifen erhellte. Bald schon würde die Sonne aufgehen. Hatte sie so lange geschlafen?

„Ich hielt es für angebracht, trotz der drängenden Zeit.“ Arokh schnaubte und spreizte vorsichtig den verletzten Flügel. Die Wunde war nicht weiter wild, aber schmerzhaft. „Aber jetzt haben wir keine Zeit mehr zu verlieren. Das Schlüpfen hat begonnen.“

Rhyan fluchte ungehalten und kalte Furcht umschloss ihr Herz, als sie ihren Geist hinausschickte und tatsächlich mehr Leben in der Stadt wahrnehmen konnte als noch am Abend zuvor. Viel mehr. Und sie waren nah. „Verdammt sollen sie sein!“

„Sheppard und sein Team sind auf dem Weg und werden dir entgegen kommen. Die Flaschen nehme ich an mich. Sieh zu, dass du sie erreichst, bevor diese Kreaturen dich erreichen.“

Blankes Entsetzen zeichnete sich auf ihren Zügen ab, doch sie nickte entschlossen. Es war jetzt lebenswichtig geworden, dass sie sich bewaffneten, wollten sie das Schicksal von Atlantis noch zu ihren Gunsten wenden. Das Tauchen saß ihr noch immer in den Knochen und der Schlaf hatte ihre Kräfte nur wenig regenerieren lassen. Es würde sie nicht aufhalten.

„Bleib in der Nähe!“ rief sie Arokh noch mit einem wölfischen Lächeln zu. Dann wandte sie sich nach Süden und begann mit weit ausgreifenden Schritten zu laufen. Im fahlen Morgenlicht sah es beinah so aus, als würden ihrem Rücken schattenhafte Schwingen entwachsen. Mühelos setzte sie über eine Wasserschneise hinweg und war außer Sicht.

Falsche Hoffnung

Schon lange wusste Rhyan, dass die schemenhaften Bewegungen in ihren Augenwinkeln keine Einbildungen waren. Die Verfolger waren ihr hart auf den Fersen und hetzten sie über die nassen Freiflächen. Sie wagte nicht ihre Geschwindigkeit zu verlangsamen, auch wenn es unwahrscheinlich war, dass sie diese noch viel länger würde aufrecht erhalten können. Aber noch hatte sie keinen Hinweis auf den Verbleib ihrer Freunde.

Verbissen jagte sie weiter. Sie schlug einen Haken, sprang über eine weitere Schneise hinweg und bewegte sich so immer tiefer in die innenliegenden Regionen der Stadt hinein. Der Wind frischte wieder auf.

In den Schluchten der Stadt war es düster und obwohl Rhyan der Schweiß in wahren Sturzbächen den Rücken hinablief, fröstelte sie in der Kühle des Windes. Es war unheimlich und unübersichtlich. Immer wieder taten sich vollkommen überraschend Abzweigungen auf, hinter denen sich mühelos eine ganze Einheit der Bestien hätte verbergen können. Die Türme schraubten sich unermesslich weit über ihr in den Himmel, dass es ihr unmöglich war Fenster und Brücken über ihrem Kopf im Auge zu behalten. Dabei konnte sie das Tappen von Schritten deutlich hören. Aber woher die Schritte kamen, war nicht zu orten.

Ihr Nackenhaare stellten sich auf. Sie fühlte sich beobachtet, auf unerträgliche Weise in die Enge getrieben. Sie hatte sich eigentlich für das innenliegende Wirrwarr der Stadt entschieden, weil es ihr dort leichter fallen würde, sich zu verbergen. Doch das genaue Gegenteil war der Fall. Sie fühlte sich entsetzlich verwundbar. Nicht einmal Arokh würde ihr in diesen engen Schluchten helfen können.

Weit vor sich nahm Rhyan plötzlich eine undeutliche Bewegung in den Schatten wahr. Sie krallte sich an eine vorbeihuschende Ecke und schwang sich, ohne an Geschwindigkeit zu verlieren, in den Seitengang. Sie musste raus aus diesem Labyrinth. Ihre Verfolger waren schon allein auf Grund ihrer Überzahl im Vorteil. Da musste sie es ihnen nicht noch leichter machen.

Keuchend rang sie nach Atem und versuchte sich zur Seite zu werfen, als wie aus dem Nichts zwei Wraith vor ihr auftauchten. Sie fühlte das lähmenden Brennen eines Stunners in ihrer linken Seite, zwang den Schmerz jedoch zurück und katapultierte sich mit einem Satz über ihre verblüfften Widersacher hinweg. Dabei wäre sie fast gestürzt und konnte nur mit Glück einem weiteren Schuss aus der Waffe ausweichen. Hals über Kopf ergriff sie die Flucht.

Als sie das nächste Mal zurück blickte, verfolgten die Wraith sie nicht weiter. Statt dessen wirkten die Schatten seltsam lebendig, schienen vor verborgenem Leben zu brodeln. Krallen schabten über Metall und das wenige Sonnenlicht brach sich dumpf auf der Panzerung ihrer Verfolger.

Rhyan fauchte in bodenlosem Zorn, blieb stehen und wandte sich zum Kampf. Sie fühlte ihr Blut heiß durch ihren Körper pulsieren, fühlte wie sich ihre Finger zu tödlichen Klauen bogen und an Fingern, Unterarmen und in Teilen des Gesichtes kleine Schuppen hervortraten, um die empfindliche Haut zu schützen. Sie fletschte drohend die Zähne und warf sich dann den beiden ihr am nächsten stehenden Angreifern entschlossen entgegen.

Ihre Krallen fuhren knirschend über die Panzerung, verursachten eine Erschütterung, die ihr bis ins Mark ging. Doch Schaden verursachte sie keinen. Hastig brachte sie sich aus der Reichweite der trügerisch schnellen Vorderklauen, musterte ihre beiden Kontrahenten mit schmalen Augen. Sie musste an den langen Extremitäten vorbei, um an die weniger geschützte Front zu gelangen.

Viel Zeit zum nachdenken blieb ihr jedoch nicht. Sie musste ein weiteres Mal zurückspringen, um nicht zwischen die beiden Kreaturen zu geraten, duckte sich mit einem drohenden Knurren an die Wand in ihrem Rücken und schnellte dann vor. Die rechte Klaue ihres Gegners bekam sie zu fassen und hielt sie in eisernem Griff. Den anderen Vorderarm schlug sie zur Seite. Schwer atmend rang sie mit ihrem Gegenüber, allerdings ohne nennenswert an Boden zu gewinnen. Die vor Speichel triefenden Beißzangen schnappten nur wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht in der Luft aufeinander, wobei sie ein unangenehmes Klicken erzeugten. Fauliger Atem ließ Rhyan fast ohnmächtig werden.

Durch den roten Schleier ihres Zorns dämmerte ihr, dass diese unnatürlichen Schöpfungen stärker waren, als angenommen.

Kaum dass sie diesen Gedanken zu Ende geführt hatte, bemerkte Rhyan eine Bewegung an ihrer ungeschützten Seite und wurde unmittelbar darauf gepackt und fortgerissen. Sengender Schmerz biss in ihre Seiten, wo die Krallen ihr Wams und ihre Haut aufgeschlitzt hatten. Haltlos schlitterte sie über den noch regennassen Boden, nutzte den Schwung, um wieder auf die Füße zu kommen und ergriff die Flucht.

In so schnellem Lauf war die verwinkelte Bebauung der Plattform, auf welcher Atlantis errichtet worden war, noch um Längen verwirrender. Licht und Schatten narrten sie und gaukelten ihr vor, den Rand des Labyrinths fast erreicht zu haben. Statt dessen taten sich nur weitere Irrwege auf.

Das Wispern ihrer Verfolger schien von allen Seiten zu kommen und Rhyan war überzeugt, dass ihr mittlerweile noch viel mehr Bestien auf den Fersen waren. Ihre zwei ersten Gegner waren ihr aber nach wie vor am nächsten und ließen sich nicht abschütteln, was auch immer sie unternahm. Schlimmer noch, sie holten auf. Nur noch eine Armlänge trennte sie von den schnappenden Vorderklauen.

Zischend glitt 'Leid' aus seiner Rückenhalterung, bereits in inngrimmigem Rot glühend. Rhyans Krallen vermochten nichts gegen die Panzerungen ihrer Jäger auszurichten, doch das Schwert konnte Kerben schlagen, die mit etwas Glück auch tödlich sein würden.

Die schlanke Klinge zischte, als Rhyan auf dem Absatz herumkreiselte, sie in weitem Bogen führte und gegen den Schädel der Kreatur in ihrem Rücken krachen ließ. Funken sprühten und Metall kreischte über Chitin. Das Wesen geriet ins Straucheln und stürzte zu Boden.

Erneut zuckte 'Leid' vor, schnell und präzise wie eine Schlange, trennte einen Arm vom Körper und glitt dann ungehindert in das weiche Fleisch direkt hinter den aufgerissenen Kiefern. Ihrer Stimme beraubt, schlug die Bestie stumm und in schmerzgeschüttelten Todeskrämpfen um sich und zwang damit auch Rhyans zweiten Verfolger zum Zurückweichen.

Die junge Frau brachte mehrere Meter zwischen sich und das sterbende Wesen. Träge troff das klebrige Blut von der Klinge auf den Boden. Dort wo es die glühenden Intarsien berührte, stieg zischend Dampf auf.

Der zweite Angreifer schien zu zögern, unsicher wie er auf das Schwert reagieren sollte. Oder um Zeit zu schinden, die es den anderen Jägern ermöglichen würde, näher zu kommen.

Rhyan beschloss, kein Risiko einzugehen. Sie schnellte vor, duckte sich unter den Vorderbeinen hindurch und ließ das Schwert gegen die zwei stämmigen Hinterläufe schlagen, auf denen das Wesen aufrecht stand. Mühelos durchtrennte es Fleisch und Sehnen und fraß sich einige Millimeter in den Knochen. Für einen Moment musste Rhyan befürchten, dass sich die Klinge nicht mehr lösen ließ und sie unter dem kreischenden und strauchelnden Biest zerquetscht werden würde. Doch dann kam 'Leid' mit einem hässlichen Knirschen frei und erlaubte es seiner Trägerin, von dem verletzten Wesen wegzustolpern.

Sie verharrte keinen Moment länger an diesem Ort. Mit dem Schwert in der Hand hetzte sie weiter.

„Wende dich nach links!“

Die Stimme des Drachen kam so unvermittelt, dass selbst Rhyans Herz einen erschrockenen Satz machte. Sie gehorchte und schoss um die nächste Ecke. Irgendwo weit über sich konnte sie den mächtigen, dreieckigen Schatten ihres Gefährten ausmachen. Die Wut über sein Fernbleiben zuvor verlosch in der wilden Gewissheit, endlich nicht mehr allein gegen ihre Verfolger kämpfen zu müssen. Und tatsächlich sah sie jetzt vor sich das glitzernde Grau-Blau des Ozeans.

Sie verließ die tiefen Schatten der Türme, ohne noch einen Blick zurück zu werfen, und steuerte auf die offenen Flächen der Docks zu. Von dort kam Arokh in halsbrecherischem Tiefflug auf sie zu. Sein Schwanz peitschte die Wasseroberfläche und zog eine hoch aufspritzende Welle hinter sich her.

Rhyan hatte erwartet, dass er sie aufnehmen und mit sich tragen würde, doch statt dessen jagte er nur wenige Fingerbreit über ihren Kopf dahin. Haltlos wurde sie von den Füßen gerissen und konnte so nur allzu deutlich spüren, wie der metallene Boden unter ihr urplötzlich sengend heiß wurde.

Bläuliches Drachenfeuer leckte über Boden und Turmwände, genau dort, wo sie nur Sekunden zuvor das Labyrinth verlassen hatte. Schattenhaft waren Bewegungen und Konturen in den Flammen zu erkennen, ehe auch diese zu Asche verbrannten. Ihre Verfolger mussten teuflisch nah gewesen sein.

Geblendet hob Rhyan eine Hand vor ihre Augen. Nach dem düsteren Zwielicht zwischen den Gebäuden war das gleißende Morgenlicht und das Drachenfeuer zu viel für ihre empfindlichen Pupillen. Es schien beinah, als wolle der morgendliche Himmel das Geschehen in Atlantis wiederspiegeln. Das zarte Rosa der aufgehenden Sonne war kaum kräftig genug, um die lastende Dunkelheit der drohenden Sturmwolken zu durchbrechen. Sie lauerten am Rand des Sonnenaufgangs, als wollten sie das Licht verhöhnen und nur darauf warten, ihre alles verschlingende Schwärze über sie zu werfen.

So wie die von Michael erschaffenen Kreaturen nur darauf warteten, den jämmerlichen Rest des Expeditionsteams auszulöschen.

Rhyans Blick glitt über die gesamte Länge der Gebäudefront und kalte Furcht kroch ihren Nacken empor. Arokh hatte mit seinem Feuerstoß nur einen Bruchteil derer vernichtet, die ihr auf den Fersen waren. In den Schatten und auf den höher gelegenen Balkonen und Brücken wimmelte es und mit Grauen gewahrte die junge Frau, dass es nicht nur die insektengleichen Monstren waren, derer sie sich zuvor erwehrt hatte. Der Drache hatte Recht behalten. Das Schlüpfen hatte begonnen.

Mit zitternden Knien stemmte sie sich wieder in die Höhe. Schon jetzt stand ihnen eine wahnwitzige Übermacht gegenüber. So lange sie sich hier draußen aufhielten, würde Arokh immer wieder Teile von ihnen vernichten können. Doch wie lange würde es dauern, bis sie lernten?

Wieder fauchte eine Feuerlohe über den Pier dass das anbrandende Seewasser zu kochen anfing. Rhyan kehrte dem Schauspiel den Rücken und hetzte weiter dem südlichen Teil Atlantis entgegen. John und die anderen sollten bereits in der Nähe sein und für den Moment hatte die junge Frau keine Lust mehr auf Alleingänge.
 

Nur wenige hundert Schritt von Rhyan entfernt hob auch Sheppard eine Hand an die Augen, um das gleißende Licht der schräg einfallenden Sonnenstrahlen abzuschirmen und besser erkennen zu können, was sich am Rande des Ost-Piers abspielte. Die Strahlen wirkten unwirklich gegen die schwarzen Unwetterwolken und spiegelten sich in deren unzähligen Fenstern der Stadt. Er hatte den Drachen Feuer speien sehen, jedoch nicht gegen was. Jetzt bewegte sich eine, von hier oben betrachtet, winzig kleine Gestalt auf sie zu. „Wir müssen weiter nach unten. Hier oben können wir nichts ausrichten.“

Er schulterte das Geschirr der umgebauten Propangasflasche und rannte den anderen voraus zum nächstgelegenen Treppenabgang. Ronon hatte nicht lange gebraucht mit etwas Improvisation das Ventil so umzubauen, dass es kontrollierte Gasströme ausstieß. Jetzt glomm am Ende dieses Umbaus eine kleine blaue Flamme, welche durch minimale Gaszufuhr gespeist wurde. Eine Verlängerung durch einen schmalen Schlauch ermöglichte eine zumindest etwas sichere Handhabung. Sie hatten sich bereits mehrmals bitter bewähren müssen und bewiesen, dass der Sateder gute Arbeit geleistet hatte. Ein Spähtrupp von Wraith war ihnen unverhofft in die Arme gelaufen und sie hatten noch drei weitere Räume mit Eiern entdeckt. In einem davon waren die Eisäcke bereits leer gewesen. Die anderen hatten sie in ein flammendes Inferno verwandelt. Der Colonel schauderte bei der Erinnerung, wie die Setzlinge in dem Feuer gekreischt und um sich geschlagen hatten.

Als sie das nächste Mal auf einen Balkon hinaustraten, blieb Sheppard so unvermittelt stehen, dass der Rest seines Teams ungebremst auf ihn auflief und weiter an das Geländer schubste. Sie alle rissen ungläubig Mund und Nase auf. Sie waren unterhalb der Hälfte des Turmes und konnten um einiges besser sehen, zumal die Sonne nach und nach wieder hinter den Wolken zu verschwinden begann.

„Allmächtiger!“

Sheppards Griff krampfte sich um das feuchte Geländer, dass seine Knöchel weiß hervor traten. Er musste Carson uneingeschränkt Recht geben. Wenn jemand Rhyan helfen konnte, dann nur noch Gott allein. Oder irgend ein anderes höheres Wesen.

Es war eine Fuchsjagd, in der die junge Drachenreiterin der Fuchs war. Die dicht hinter ihr folgende Meute wimmelte und bedeckte fast den gesamten Pier. An den Flanken holten sie bereits gefährlich auf. Immer wieder ging fauchend und alles vernichtend das blaue Drachenfeuer auf die Horde der Kreaturen nieder und auch wenn es ihre Reihen drastisch dezimierte genügte es nicht, um den Vormarsch zu stoppen.

„RHYAN!“ John hatte keine Ahnung was es bringen sollte ihr von hier oben zuzurufen. Aber sie musste wissen, dass ihre Freunde in der Nähe waren, auch wenn sie ihr nicht helfen konnten.

Die junge Frau hob den Kopf und änderte augenblicklich ihren Kurs. Sie hetzte einigen niedrigeren Bauten am Fuße der Türme entgegen und erklomm sie mit unfassbar weiten Sprüngen. Wie ein Eichhörnchen hangelte sie sich hinauf.

Keinen Moment zu früh. Die Horde erreichte die Bauten nur Sekunden nach ihr und Sheppard musste mit Grauen beobachten, wie sie fast ebenso mühelos die Hindernisse überwanden. Neben ihm ließ Ronon seinen Flammenwerfer fauchen, das Gesicht versteinert. „Wir müssen ihr entgegenlaufen. Alleine wird sie es nicht schaffen.“

Sie duckten sich, als Arokh ihrem Standort gefährlich nahe kam und mit rauschenden Flügeln grade noch rechtzeitig abbremste, kurz mit den Pranken an der Außenfassade des Turms Halt fand und sich gleich darauf wieder in den gähnenden Abgrund warf, dem Feind entgegen. Der Turm erzitterte dumpf.

Jeder von ihnen hatte die Verletzung der Schwinge deutlich gesehen, an der Turmwand haftete schwarzes Blut. „Schnell jetzt.“

Rhyan kletterte in verzweifelter Eile die Fassade des Nebengebäudes hinauf. An ihren fahrigen Bewegungen war deutlich zu erkennen, dass ihre Kraft schwand. Zwei Mal wäre sie schon fast abgestürzt. Ein Blick zurück zeigte wenigstens, dass der Abstand zu ihren Verfolgern wieder etwas größer geworden war. Aber jeder Stutz würde von jetzt an den sicheren Tod bedeuten. Der Boden lag weit unter ihr.

Keuchend zog sie sich über ein Geländer und verharrte einige wenige Herzschläge zusammengekauert und nach Atem ringend. Über ihr Schwang sich ein Bogengang hinauf zum gegenüberliegenden Balkon und sie hätte am liebsten geweint, als sie dort Sheppard, Ronon, McKay, Teyla und Dr. Beckett auftauchen sah. Sie hatte schon fast nicht mehr geglaubt, das Team noch rechtzeitig zu erreichen.

Das Zischen der Türhydraulik in ihrem Rücken ließ sie erschrocken zusammenfahren. Wie nachlässig von ihr, hier so lange hocken zu bleiben! Ein Balkon bedeutete auch einen Zugang ins Innere des Turmes, durch den weitere Angreifer kommen konnten. Den Rücken zum Geländer stand sie auf.

„Du bist also die Drachenfrau, von der mir schon so viel zu Ohren gekommen ist.“

Um ein Haar wäre Rhyan wieder auf die Knie gesackt. Sollte sie wirklich dieser ganzen Meute entkommen sein, nur um ihrem Schöpfer in die Hände zu fallen? Sie fletschte drohend die Zähne, musste sich allerdings eingestehen, dass ihre Erschöpfung die Geste recht schwächlich wirken ließ.

„Ich sehe schon, die Geschichten sind wahr.“ Michael lächelte kalt. Seine Hände ruhten auf einer großkalibrigen Waffe, die Rhyan noch nie zuvor gesehen hatte, und streichelten sie beinah liebevoll. Die Drohung dieser Gebärde war unmissverständlich. „Als du mich angegriffen hast, da konnte ich mein Glück kaum fassen, dass ich meine Experimente nun auch mit Drachenblut würde fortführen können.“

„Einen Dreck wirst du.“ Rhyan richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. „Als ich dich angegriffen habe, da sah es eher so aus, als würdest du dir vor Angst in die Hosen machen. Weggelaufen bist du, wie der Feigling, der du auch bist. Gemeinsam mit den verbliebenen Atlantern werde ich dich aus Atlantis herausprügeln.“ Sie löste 'Leid' aus seiner Rückenhalterung und brachte die düstere Klinge wie beiläufig zwischen sich und Michael. Noch wies die Spitze auf den Boden, lauernd, abwartend.

Der Wraith presste seine Lippen in kaum verhohlenem Zorn zusammen. Er trat zwei Schritte von der Tür weg, die sich daraufhin in seinem Rücken wieder schloss und ihn und Rhyan allein auf dem Balkon ließ. Seine geschmeidigen Bewegungen verrieten Kraft und Kampfgeschick, sein Blick strahlte von einer unangenehmen Intelligenz. „Du wagst viel in dieser aussichtslosen Lage. Du und die verbliebenen Atlanter? Meinst du diesen jämmerlichen Rest hinter Sheppard?“ Er lachte, ein kehliger, kratzender Ton, der Gänsehaut verursachte. „Du und ich, wir sind uns ähnlicher als du jetzt vielleicht verstehen kannst. Wir können uns beiden noch so viel geben.“

Die junge Frau gab ein kurzes, bellendes Lachen von sich. Ein Blick nach oben zeigte ihr, dass John und die anderen die Mitte der Brücke endlich erreicht hatten. Dort verharrten sie. 'Leid' hob sich und zielte jetzt direkt auf den ungeschützten Hals ihres Gegenübers. „Wir sollen uns ähneln, ja? Du hast nichts mit mir gemein, Bastard. Gar nichts. Deine Rasse ist eine Plage für die ganze Galaxie. Eine Plage die zu vernichten ist. Drachen sind Hüter und Bewahrer und wachen seit Anbeginn der Zeit über ihre Reiche.“

„Offenbar nicht gut genug.“ Michael war die personifizierte Schadenfreude.

Rhyan zwang ihren Zorn zurück, der sich deutlich in dem hellen Lodern ihrer Augen spiegelte. Genug der Reden. Sie konnte den Wraith jetzt nicht bezwingen, die ersten ihrer Verfolger würden den Balkon in nur wenigen Augenblicken erreicht haben. Blitzschnell wirbelte sie herum, erklomm das Geländer und warf sich in einem gestreckten Sprung in die Luft.

Sheppard, der ihre Absicht grade noch rechtzeitig erkannte, drückte dem vollkommen verblüfften Carson die Propangasflasche in die Hände, warf sich bäuchlings auf die Brücke und streckte ihr eine Hand entgegen. Kaltes Entsetzen pulsierte durch seine Venen. Was war das für ein Wahnsinn, die Entfernung war viel zu groß!

Tatsächlich berührten seine Finger die ausgestreckte Hand der jungen Frau. Doch es war zu wenig, um es greifen zu können. Rhyan rutschte ab, ihre langen Krallen schnitten schmerzhaft die Handinnenfläche des Colonels auf, dann stürzte sie mit einem Aufschrei in die Tiefe.

Vom Balkon erklang Michaels gehässiges Lachen.

Einem Falken gleich stürzte Arokh aus dem Himmel. Die Flügel nah am Körper haltend, schoss er an den gelähmten Freunden vorbei, hinab in die Gebäudeschlucht. Mit der Hinterklaue bekam er das Wams seiner Gefährtin zu fassen, ehe sie in die Nähe der gierig ausgestreckten Hände der noch immer wimmelnden Meute geriet, entfaltete die Schwingen und katapultierte sich zurück in die Höhe. Dabei strauchelte er wie ein Betrunkener und verlor immer wieder den Aufwind unter den Membranen. Das zusätzliche Gewicht der jungen Frau belastete die verletzte Schwinge zu sehr.

Sheppard lag noch immer auf dem Bauch und hielt beklommen den Atem an. Hinter sich hörte er Rodney in leisem Entsetzen vor sich hin reden.

Ein lauter Knall zerriss die Luft und senkte in seinem Nachhall eine tödliche Stille über die Szenerie. Wie in einem Traum sah Sheppard den Drachen fallen. Sein markerschütterndes Brüllen war ohrenbetäubend und hallte in gebrochenem Echo von den Gebäuden zurück. Sich mehrfach überschlagend raste er dem Boden entgegen. Seine Klauen schlossen sich um den hilflosen Körper seiner Gefährtin, bargen sie an seinem Bauch. Dann erzitterte die Stadt unter dem mächtigen Aufprall des Drachenkörpers. Dort wo er aufschlug wurden Schreie von zerschmetterten Kreaturen laut, Körper wurden durch die Luft geschleudert und von dem rutschenden Drachen fortgewischt.

Sheppard hörte es wie aus weiter Ferne. Sein Blick heftete sich auf den Nebel schwarzen Blutes, der sich sanft zu Boden senkte. Ein verzweifelter Schrei war auf seinen geöffneten Lippen erstorben.

Einen Moment noch herrschte gelähmtes Entsetzen, dann begannen die Kreaturen am Boden auszuschwärmen und über den Drachen und seinen Schützling herzufallen. Nach den Feuerattacken und dem Sturz des mächtigen Drachenkörpers in ihre Mitte, zählten sie kaum mehr zwei Dutzend. Doch es genügte, um den wehrlosen Drachen und die bewusstlose Rhyan in die Gewalt zu bekommen. Irgendwo lachte Michael in diabolischer Freude. Von dem Lauf seiner Waffe stieg ein dünner Rauchfaden auf.

John spürte, wie ihn jemand unter den Schultern ergriff und auf die Füße stellte. Sein Blick war tränenverschleiert und konnte sich nicht von dem Bild der Zerstörung abwenden.

„Colonel, bitte! Wir müssen fort.“

Er stolperte ein paar Schritte in die Richtung, in die er gezogen wurde. Aber seine Beine wollten ihm nicht gehorchen. „Nein...“

„John...“

„NEIN!“ Der Schrei brach sich unerwartet Bahn und ließ seine Freunde erschrocken zusammenzucken. Er riss sich los und wollte schon die Brücke weiter in Richtung Balkon laufen, als sich Ronon in seinen Weg stellte. Er packte seinen tobenden Freund, schlang die Arme um ihn und zerrte ihn mühsam zurück in Sicherheit. Die Tür hinter Michael hatte sich wieder geöffnet und spie einen Trupp von vier Wraith aus, der mit gezückten Waffen den Balkon überquerte und auf die Brücke zuhielt.

Michael beobachtete indes belustigt, wie Sheppard mit aller Macht gegen den Griff des Sateders aufbegehrte, seine Augen bohrten sich hämisch in den wutverzerrten Blick des Colonels.

„Lass mich los, Ronon! Lass mich gehen.“ Als der Krieger nicht reagierte, wehrte sich der Schwarzhaarige nur um so heftiger. „Lass mich los, verdammt, das ist ein Befehl!“ Doch Ronon verstärkte seinen Griff lediglich.

Fauchend schleuderte ein Flammenwerfer sein Feuer den näherrückenden Wraith entgegen, keinen Meter neben dem Kopf des Sateders. Carson, dem die Augen vor Entsetzen beinah aus den Höhlen traten, war wild entschlossen seine Freunde zu schützen. Der damit einhergehende Übereifer schien allerdings fast genau so gefährlich. Als die beiden Männer an ihm vorbei waren, zündete er noch ein Mal und zwang die Verfolger erfolgreich zurück.

Rasend in seinem inneren Schmerz und seiner Machtlosigkeit erwiderte Sheppard den Blick des verhassten Wraith. So lange, bis Ronon ihn außer Sicht gezerrt hatte. „Ich werde dich dafür töten, hörst du? Töten.“

Dann erstarb seine Gegenwehr und er ließ sich widerstandslos fortbringen.
 

Die nächsten Minuten versanken in Chaos und Anarchie. Die Freunde verloren jegliches Zeit- und Raumgefühl, nur damit beschäftigt um ihr Leben zu kämpfen. Während sie auf dem Balkon gewesen waren, hatten sich in ihrem Rücken weitere Gruppen von Wraith eingefunden, gegen die sie sich jetzt behaupten mussten.

All das erlebte Sheppard seltsam distanziert, unwirklich und verschwommen wie in einem Traum. Von irgendwo her hatte er einen scharfkantigen Gegenstand zwischen die Finger bekommen, mit dem er jetzt rücksichtslos auf jeden zu nahe kommenden Gegner einhakte und stach. Er spürte, dass er getroffen wurde, mehrfach zu Boden ging und sah sein Team neben sich in ganz ähnlichen Gefechten kämpfen. Die Luft war heiß und versengte ihre Lungen, wann immer Ronon oder Carson die Flammenwerfer zum Einsatz brachten. Immer wieder waren sie der ausschlaggebende Faktor, der ihnen zur Flucht verhalf, bis sie auf die nächste Gruppe stießen.

Mit dem Rücken zur Wand und in einer tödlichen Umklammerung mit dem Feind, fragte sich der Colonel dumpf, ob ihm das Gesicht seines Widersachers nicht von irgendwo her bekannt vorkam. Es schien absurd, bis sein Gehirn die grauenvolle Wahrheit hinter diesem Gedanken entschlüsselt hatte und Sheppard die Kraft verlieh, die Kreatur mit einem angewiderten Aufschrei von sich zu stoßen.

Michaels Experiment war weit vorangeschritten und hatte sich in der kurzen Zeit stark gewandelt. Sie kämpften nicht länger gegen gesichtslose Insekten. Ihre Gegner waren jetzt Menschen, die noch vor wenigen Wochen gemeinsam mit ihnen hier auf Atlantis gelebt und gearbeitet hatten. Zumindest waren sie einst mal Menschen gewesen, jetzt bis zur Unkenntlichkeit entstellt und durch Laborversuche verändert. Doch die Ähnlichkeit mit ihrem früheren Selbst blieb unverkennbar. Und es war beängstigend, mit welch rasanter Geschwindigkeit Michael Erfolge in seinen Taten verbuchte und wie rasend schnell sich seine neuen Schöpfungen offensichtlich entwickelten.

John verschloss sein Herz gegen das Entsetzen, welches unweigerlich an den Gedanken geknüpft war, einen Einwohner Atlantis zu töten. Er stellte seine Gegenwehr urplötzlich ein, so dass sein Gegner haltlos gegen ihn stolperte, umschloss dessen Kopf mit beiden Händen und brach ihm mit einem kurzen Ruck das Genick. Das Knirschen der brechenden Knochen fuhr ihm dabei tief in die Seele.

Zusammen mit Teyla zerrte er den letzten Angreifer dieses Trupps von McKays Rücken und tötete ihn auf die selbe Art und Weise.

Mehr und mehr wurden sie in die Enge getrieben, verzweifelt nach einem Weg suchend, der sie aus der unmittelbaren Reichweite ihrer Häscher bringen würde. Schlussendlich blieb ihnen wieder nur der Rückzug in das Lüftungssystem der Stadt. Sheppard war klar, dass ihre Verfolger damit rechnen und ihnen auch dort nachstellen würden. Doch das verzweigte Labyrinth bot ihnen mehr Chancen als sie zur Zeit überhaupt hatten. Er fühlte sich unwohl dabei, drängte die Sorge aber entschlossen zurück.

Tatsächlich trafen sie nur zwei Mal auf Widerstand, dem sie nicht durch aufmerksames Lauschen hatten entgehen können. Blind und völlig orientierungslos krochen sie so schnell es möglich war auf allen Vieren durch die verzweigten Schächte, als Ronon, der das Schlusslicht der Gruppe bildete, grade noch rechtzeitig erkannte, wie ein seitlich angebrachtes Lüftungsgitter entfernt wurde und eine schattenhafte Gestalt sich anschickte in den Schacht zu kriechen. Der Sateder stieß einen kurzen Warnschrei aus und warf sich dem unvorbereiteten Wraith entgegen. Mit einem Tritt seiner beiden Füße schleuderte er diesen zurück in den Raum, robbte an die Kante des Schachtes, den Flammenwerfer im Anschlag vor sich haltend, und verbrannte die drei sich dort aufhaltenden Wraith mit dem letzten Rest des Gases. Sie standen zu nahe an der Öffnung und hatten keine Chance dem Flammenstoß zu entkommen. Es stank erbärmlich nach verbranntem Fleisch und schmelzendem Leder, doch Ronon lächelte nur kalt. Die nutzlos gewordene Waffe ließ er zurück, warf sie in die brennenden Überreste, wo der letzte Rest in der Flasche mit einem ohrenbetäubenden Knall freigesetzt wurde.

Der zweite Angriff erfolgte in fast vollkommener Dunkelheit an einer Wegkreuzung. Lediglich durch den nach oben führenden Schacht sickerte schwaches Licht, das auch nur die unmittelbare Kreuzung geringfügig heller erscheinen ließ. Sheppard fühlte sich am Schopf gepackt und von Händen und Knien nach vorn gerissen. Knurrend setzte er sich gegen seinen fast unsichtbaren Gegner zur Wehr, versuchte sich in dem engen Gang mit ausgestreckten Beinen zu verkeilen. Zwecklos. Pfeifend wurde ihm die Luft aus den Lugen gepresst, als er auf den Rücken geworfen wurde und sich das Gewicht des Wraith auf ihn nieder senkte.

Seine Freunde konnten nur in machtloser Verzweiflung zusehen, unfähig an Carson, der direkt hinter Sheppard gefolgt war und mit dem letzten Flammenwerfer in der Enge des Ganges nichts ausrichten konnte, vorbei zu können. In dem Zwielicht sahen sie nur ein Knäul aus Armen und Beinen, der gepresste Atem der Kämpfenden hallte laut von den Metallwänden zurück.

Der Wraith hatte John unter sich festgenagelt, wehrte dessen schwächer werdende Angriffe mühelos ab und ließ seinerseits die Faust mehrfach auf sein Opfer niedergehen. Sheppard stöhnte gepeinigt.

„Doktor, tun Sie etwas!“

Die drängende Stimme des Sateder riss Dr. Beckett aus der erschütterten Trance. Er war der einzige, der dem Colonel jetzt noch helfen konnte. Seine Angst würde er dafür besiegen müssen. Zitternd umschloss er die Gasflasche mit seinen Händen. Der Wraith würde Sheppard ohne Zweifel zu Tode prügeln, wenn sie ihn weiterhin ließen.

Entschlossen schob er sich auf die Kreuzung zu und hob die Flasche. Stumm betete er, dass ihm das Ding nicht aus den schweißnassen Händen rutschen würde, dann ließ er das schwere Gehäuse mit dem spitzen Ventil voraus auf den Schädel des Wraith krachen. Es knirschte ekelerregend, trotzdem ließ er noch einen zweiten Schlag folgen. Der Angreifer sackte zusammen und begrub Sheppard unter sich.

Mit Becketts Hilfe kam er frei und blieb erschöpft und schwer atmend auf der Seite liegen. Er würgte, doch sein Magen war so leer, dass es nichts gab, das er hervor würgen konnte. Seine Welt hörte langsam auf sich zu drehen. „Danke, Carson.“ Er hob den Kopf und brachte sogar ein schwaches Lächeln zu Stande. „Sie eignen sich ja doch für den Außeneinsatz.“

Viel zu besorgt, um auf den kleinen Seitenhieb zu reagieren, tastete der Doktor behutsam über den Körper des Colonels, was diesen im Falle des Gesichtes unter Schmerzen keuchen ließ. „Gut, es ist nichts gebrochen.“ Erleichtert ließ er sich nach hinten sinken und musterte Sheppard, der sich schnaufend das Blut vom Kinn wischte und wieder auf alle Viere kam.

Dieser verkniff sich den Kommentar, welcher ihm auf der Zunge lag, und bedeutete dem Rest, ihm wieder zu folgen. Sie fanden einen abgesetzten Raum innerhalb des Lüftungssystems, der sich vor einem sich träge drehenden Ventilator befand, und legten sich dort nieder, um ihre zerschlagenen Körper ruhen zu lassen. Carson versorgte sie alle so gut es ihm möglich war, tief berührt von der bedrückenden Stille und verstörten Trauer, die jetzt, wo sie zur Ruhe kamen, mit aller Macht zurückkehrte. Sie saßen sich gegenüber, wagten es aber nicht sich in die Augen zu sehen.

„Sind... sind sie tot? Rhyan und ihr Drache? Hat Michael sie umgebracht?“ Rodneys Augen waren groß und auf irgend einen Punkt hinter dem Ventilator gerichtet. Teyla, die sich an Ronons Seite niedergelegt hatte, um den noch immer schmerzenden Kopf zu schonen, blickte zu Sheppard. Sie alle hatten sich diese Frage während ihrer Flucht schon unzählige Male gestellt, doch das dürfte nichts im Vergleich zu der Qual sein, die John bei dem Gedanken empfinden musste.

Er bewegte sich unwillig. „Nein, McKay. Sie leben noch.“

Das erleichterte Aufatmen übertönte für einen Moment das leise Summen des Ventilators, doch Sheppards umwölkter Blick ließ sie aufhorchen. „Aber... das ist doch gut, nicht wahr?“

Niedergeschlagen begegnete er dem Blick der Athosianerin. „Arokh sandte mir einen kurzen Gedanken, in dem er mich wissen ließ, das Rhyan und er den Sturz überlebt hatten. Aber jetzt hat Michael sie in seiner Gewalt und mir wird übel wenn ich mir vorstelle, was er mit ihnen machen wird.“

Betroffenes Schweigen senkte sich über die kleine Gruppe und Sheppard verbarg sein Gesicht zwischen den angezogenen Knien.

Gedanken eines kranken Geistes

Es war kalt. Von irgendwoher strich ein leichter Luftzug über sie hinweg und ließ sie frösteln, die eisigen Spitzen der Kälte nur noch deutlicher spüren. Wie eine Decke, viel zu dick um frei unter ihr atmen zu können, lastete Trägheit und eine allumfassende Müdigkeit auf ihrem Geist. Irgendwo unter dieser Taubheit pochte es, hartnäckig und kaum wahrnehmbar. Sie wusste, dass es Schmerz war, der dort auf sie lauerte, jenseits diesen Gefühles in Watte gepackt zu sein. Sie wollte dort nicht hin und dämmerte weiter entlang des schwarzen Abgrundes, der schon jetzt ein fester Bestandteil ihrer Seele war. Sie brauchte nur hineingleiten und sich in das Vergessen sinken lassen.

Wäre da nicht noch etwas anderes. Jenseits ihrer direkten Wahrnehmung zupfte es an ihren Gedanken und trachtete danach, sie von diesem Abgrund fortzuziehen. Hinein in ihren Körper und konfrontiert mit ihrem Schmerz und ihrer Hilflosigkeit. Denn hilflos war sie. Bewegungsunfähig, festgebunden auf einer harten Unterlage, von der diese bittere Kälte ausging. Jemand rief nach ihr, schrie ihren Namen durch den zähen Brei, der ihre Gedanken lähmte. Sie wusste, dass sie diese Stimme erkennen sollte, dass sie wissen sollte wer da so verzweifelt nach ihr rief. Aber es war ihr unmöglich einen Gedanken länger als den Bruchteil einer Sekunde festzuhalten. Er entglitt ihr, noch bevor sie einen klaren Blick auf ihn werfen konnte.

In ihrer Nähe konnte sie leise Schritte hören und ein Klappern wie von Besteck. Im Grunde genommen friedliche Laute, wie Rhyan sie aus ihrer Kindheit kannte. Doch jetzt wirkten diese Geräusche deplatziert und falsch, weckten in ihr ein Grauen, welches die Taubheit zu verdrängen vermochte und ihren Geist Stück für Stück wacher werden ließ. Eine Erinnerung knüpfte sich an diese Geräusche, eine düstere, furchterregende Erinnerung, die nichts mit den Lauten aus ihrer Kindheit gemein hatte und welche jetzt viel zu nah war, um in den diffusen Wirbeln ihrer Überlegungen unterzugehen.

Rhyan zwang ihre Augenlider, sich einen winzigen Spalt zu öffnen. Erkennen konnte sie in dem diffusen Licht kaum etwas. Wo auch immer sie sich befand, nur wenige Lampen erleuchteten den Raum. Und diese befanden sich nicht in ihrer unmittelbaren Nähe.

Sie spürte den Luftzug, als erneut jemand an ihrem Lager vorbei schritt, und wandte den Kopf. Nur ein schattenhafter Umriss. Aber auch der verursachte einen schmerzhaften Druck in ihren Eingeweiden. Warum konnte sie sich nicht erinnern, was mit ihr geschehen war?

Ihr Blick folgte dem Schatten hinüber zu einer Vielzahl aneinander gereihter Tische, auf denen allerlei Gegenstände platziert waren. Instrumente und Werkzeuge, die unangenehm anzusehen waren. Das Licht, welches von kleinen Stehlampen auf diesen Tischen ausging, reflektierte auf der glatten Oberfläche des schwarzen Mantels, der sich um die breiten Schultern des Schattens schmiegte. Dessen kurzes weißes Haar schimmerte dagegen wie frisch gefallener Schnee.

Und es brach sich auf der schlanken Graden einer metallenen Spritze. Prüfend wurde sie gegen das Licht einer Lampe gehalten, der Inhalt langsam in der Kanüle umher geschwenkt, als betrachte man einen guten Wein im Glas. Allerdings hatte das, was sich in dieser Kanüle befand, kaum etwas mit Wein gemein. Es war zähflüssig und sah kränklich und ungesund aus. Seine Farbe schwankte je nach Lichteinfall von dunklem Rot-Schwarz zu schmutzigem Grün-Braun.

Rhyans Augen wurden groß vor Entsetzen, als sie endlich begriff, wo sie sich tatsächlich befand. Die Müdigkeit war verschwunden, Schmerz und Schwäche vergessen. Sie musste fort von hier.

Mit aller Macht stemmte sie sich gegen die Fesseln, die sich weich und geschmeidig um ihre Hand- und Fußgelenke wanden, jedoch unnachgiebig waren. Sie knarrten leise, verräterisch. Sie versuchte es noch ein Mal, diesmal heftiger und ein verzweifeltes Schluchzen entrang sich ihrer trockenen Kehle, als Michael den Blick seiner gelben Augen hob und zu ihr herüber sah. Ein diabolisches Lächeln verzog sein Gesicht.

Rhyan drehte und wendete sich auf der glatten Oberfläche ihres Lagers, wild um sich schauend nach nur der leisesten Hoffnung eines Fluchtweges. Und auf der Suche nach Arokh. Ihr Herz hämmerte schmerzhaft in ihrer Brust. Sie konnte den Drachen nicht sehen. Statt dessen stand um so deutlicher vor ihrem inneren Auge der Schwall schwarzen Drachenblutes, der sich heiß über sie ergossen hatte, nachdem Arokh von dem Geschoss aus Michaels Waffe getroffen worden war. Sie spürte den Sturz in die unfassbare Tiefe, hörte den Schrei des Drachen, und das Entsetzen, welches in diesen Moment durch sie hindurch pulsiert war, ließ ihr erneut die Kehle eng werden.

Ihr unsteter Blick durch den Raum blieb abrupt an den undeutlichen Umrissen halb verborgener Nischen hängen. Sie waren in eine Wand eingelassen und erinnerten Rhyan ein wenig an Waben in einem Bienenstock. Sie konnte sich nicht erinnern, derartiges schon jemals in Atlantis gesehen zu haben.

In ihnen bewegten sich Gestalten, umgeben von einem Geflecht aus organischen Gebilden. Als würden sich Sehnen und Venen umeinander schlingen und den Körper, der in ihrem Schutz heranreifte, zu stützen und zu nähren. Alles an ihnen wirkte lebendig, beseelt von einem Aderschlag, dessen Ursprung sie nicht erkennen konnte. Ein zähflüssiger Film einer durchscheinenden Substanz überzog dieses Geflecht, verwehrte einen genaueren Blick auf das Leben in ihrem Innern.

Vereinzelt jedoch hoben sich Konturen dieser Körper gegen das umschließende Gewebe ab. Diese wirkten grotesk, unförmig und unvollständig. Rhyans Augen wurden schmal bei dem Versuch, in dem Zwielicht etwas zu erkennen. Waren es überhaupt Menschen? Eine der Gestalten bewegte sich in ihrem organischen Nest und die junge Frau würgte schaudernd.

„Dein Widerstand ist zwecklos, Drachenfrau.“

In ohnmächtiger Verzweiflung warf sich Rhyan herum und knurrte den Wraith mit gefletschten Zähnen an. Er stand ein gutes Stück von ihrem Lager entfernt, als wären die Fesseln nicht genug, ihn vor ihrem Zorn zu schützen. Ihre Augen funkelten böse.

„Ich habe bereits erhalten, nach was mir verlangte. Also warum fügst du dich nicht einfach deinem Schicksal?“ Er schritt um ihre Pritsche herum und zog eine Lampe herüber, deren Licht schmerzhaft in Rhyans geschlitzte Pupillen fiel.

Sie wandte gepeinigt den Kopf ab. „Warum hast du mich dann nicht schon längst getötet?“

Eine kühle Hand legte sich auf ihre Stirn, strich fast liebevoll über ihre Haut. „Weil, wie ich dir schon einmal versucht habe zu sagen, wir beide uns ähnlicher sind als du ahnst.“

„Nichts was du mir sagen könntest würde belegen, dass wir uns ähnlich sind, Michael. Gar nichts.“ Mit einem Ruck schüttelte sie seine Hand ab und warf sich ihm mit entblößtem Gebiss entgegen. Von einer Sekunde auf die nächste war ihr Drachenerbe hervorgetreten und reflektierte das Licht auf spitzen Reißzähnen und winzigen Schuppen. Die Fesseln hielten sie unter protestierendem Knacken zurück. „Lass mich frei, Feigling, und ich zeige dir, dass wir uns in keiner Weise ähneln.“

Michael verschränkte die Arme und sank rückwärts gegen einen kleinen Beistelltisch. Das Seufzen und der kurze Blick, den er Rhyan zuteil werden ließ, wirkten beinah traurig. Unendlich traurig.

„Wo ist Arokh?“ Sie ignorierte diesen merkwürdig anmutenden Wesenszug und starrte mit hasserfülltem Blick auf das Gesicht des Wraith. Wenn er ihren Blick nicht erwidern mochte, sollte es ihr gleich sein. Hauptsache er spürte ihren Zorn.

In ihrem Rücken klirrte es leise und Michaels Blick glitt in die selbe Richtung. „Er ist hier, sei unbesorgt, im selben Raum wie du. Eine solch wundersame Bindung, wie sie zwischen dir und diesem Wesen besteht, sollte man nicht leichtfertig trennen.“ Er schnitt eine Grimasse. „Er hat sich bei dem Sturz verletzt und ich musste ihn betäuben, um überhaupt etwas tun zu können. Jetzt erwacht er langsam. Aber die Ketten, die ihn halten, wird er nicht sprengen können.“

Rhyan knurrte, ein hämisches Grinsen auf den Lippen. „Das wird sich zeigen. Bislang hat ihn nichts halten können.“

„Ich gehe auch nicht davon aus, dass er jemals durch das Werk der Antiker gefesselt war.“

„Er wird dich töten.“

Bedauernd blickte Michael auf sie herab. „Warum willst du mir nicht zuhören? Du bist ein Zwischenwesen, genau so wie ich. Du bist kein Mensch, auch wenn es vielleicht danach aussieht. Aber in Wirklichkeit lebt noch etwas anderes in dir. Das, was du mir jetzt grade zeigst, macht dich zu jemanden, den die Menschen nicht in ihren Reihen dulden können.“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Genau so wenig wie sie mich dulden können, obwohl ich ihre eigene Kreation bin. Sie wollten den Wraith in mir töten und mich zu einem Haustier machen. Doch man kann nicht etwas töten, das zu den Grundfesten eines Individuums gehört. Man kann nicht einfach einen grundlegenden Wesenszug ausradieren, nur weil er grade nicht passend ist.“ Seine Stimme versagte. Ob in Zorn oder Schmerz konnte Rhyan nicht bestimmen.

„Du bist eine Gefahr für sie und das lassen sie dich spüren. Du bist immer ausgegrenzt. Stehst immer am Rand und wirst niemals wirklich in Entscheidungen mit einbezogen, habe ich nicht Recht? Die Blicke, die sie dir zuwerfen. Die Art wie sie dich beobachten und dir aus dem Weg gehen. Die Art, wie sie dich mit höflicher Kaltherzigkeit wegschieben und auch noch behaupten, dass die Wachen vor deiner Tür nur zu deiner eigenen Sicherheit dort stehen.“

Michael beugte sich über sie, doch sie konnte seinem Blick nicht länger standhalten. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

„Ich sehe, dass ich Recht habe. Du brauchst es nicht zu sagen. Sie behaupten deine Freunde zu sein, doch sie sind es nicht.“

Rhyan presste die Augen zu, unterdrückte den verzweifelten Ausruf, der ihr in der Kehle brannte. Sie hasste Michael für das was er da grade tat, doch genau so wenig konnte sie die Wahrheit hinter seinen Worten leugnen. Wann immer sie in Atlantis gewesen war... Wachen hatten ihre Wege begleitet und die Menschen waren ihr ausgewichen. John hatte alles versucht, um Dr. Weir von Rhyans Harmlosigkeit zu überzeugen. Doch obwohl die Expeditionsleiterin der jungen Frau Vertrauen entgegen gebracht hatte, hatte sie auf manche Sicherheitsvorkehrungen nicht verzichten können. John hatte getobt, aber nichts daran ändern können.

Einzig und allein Sheppard und sein Team hatten sie angenommen wie sie war. Und es war der einzige Halm in diesem wilden Sturm ihrer aufgewühlten Emotionen, an den sie sich jetzt noch klammern konnte. Verzweifelt reckte sie ihre Gedanken. Wo war die Stimme, die nach ihr gerufen hatte? Wo war Teylas mentaler Ruf, jetzt wo Rhyan ihn so dringend benötigte, um bei klarem Verstand zu bleiben?

„Ich habe mich ganz ähnlich gefühlt, wie du es im Moment tust. Es hat geschmerzt die Wahrheit zu entdecken. Und ich habe mich losgesagt, habe meine Fesseln gesprengt. Jetzt gehe ich meinen eigenen Weg.

Schließ dich mir an, Drachenfrau, und gemeinsam werden wir dieses Unrecht beenden.“

„TEYLA!“
 

In der Stille der Lüftungsschächte fuhr die Athosianerin keuchend aus ihrem tiefen Schlaf der Erschöpfung hoch und konnte grade noch rechtzeitig innehalten, ehe ihr ohnehin bereits schmerzender Kopf gegen die niedrige Decke prallen konnte. Ihr Puls raste und als sie in der Dunkelheit eine Hand zu ihrem Gesicht führte, konnte sie Schweiß auf ihren Fingerspitzen fühlen. Sie hatte nicht schlafen wollen. Sie alle nicht. Dafür hatten sie schlicht und ergreifend keine Zeit. Doch anscheinend hatten sie die vergangenen Stunden - nein Tage - aus purem Stress und Adrenalin überrannt und ihren Tribut gefordert. Sie merkte, wie sich Ronon unwillig neben ihr rührte und hörte Sheppard zwischen zusammengebissenen Zähnen fluchen. Er schien wie sie erschrocken und verärgert, dass der Schlaf so unerwartet und heftig über sie gekommen war. „Teyla, alles in Ordnung?“

Sie sah ihn nur als Schatten an der gegenüberliegenden Wand und wollte ihm grade antworten, als ein erneuter Ruf in ihr wiederhallte. Stöhnend griff sie sich an den Kopf.

Schneller als sie es für möglich gehalten hätte, war Sheppard auf den Knien und bei ihr. Seine Hände auf ihren Schultern stützten ihren schwankenden Körper. „Was zum Teufel ist los?“

Teyla hatte Rhyan sehr wohl erkannt, sah sich im Moment jedoch außer Stande, ihr zu antworten. Der Ruf war schwach, aber dennoch ließ er ihren Schädel vor gleißendem Schmerz fast explodieren. Tief durchatmend zwang sie den Schwindel und die Übelkeit zurück und versuchte sich auf die junge Frau zu konzentrieren. Es fiel ihr schwer, sehr schwer, denn im Grunde genommen verlangte diese Art der Kommunikation einen ausgeruhten und entspannten Geist. Von allem beiden hatte die Athosianerin zur Zeit herzlich wenig zu bieten.

Alles was sie von Rhyan wahrnehmen konnte war ein heilloses Chaos, ein Durcheinander an Gefühlen und Gedanken. Hilflosigkeit, Angst und eine niederschmetternde Schwäche färbten diese Gedanken. Und offenbar war Teyla die Einzige, die sie mit ihrem mentalen Ruf noch hatte erreichen können und das auch nur, weil sie über eine natürliche Affinität für diese Kommunikation verfügte. Verlor sie Rhyan jetzt, so fürchtete Teyla den Kontakt nicht wieder herstellen zu können.

Entschlossen biss sie die Zähne zusammen.

Mittlerweile waren auch McKay und Dr. Beckett erwacht und alle vier Männer kauerten in ihrer unmittelbaren Nähe und beobachteten sie verstört. Sheppard zappelte beinah schon vor mühsam unterdrückter Ungeduld, während Carson voller Sorge Teylas Vitalfunktionen untersuchte. „Was in drei Teufels Namen passiert da grade?“

Eine Antwort würde warten müssen. Statt dessen versuchte die Athosianerin ein stärkeres Band zu der Drachenreiterin zu flechten, um überhaupt irgend etwas aus dem Wirrwarr ihrer Gedanken filtern zu können. Verschwommen konnte sie aus diesen Gedanken ein Bild erkennen. Ein Bild, welches den Blick durch Rhyans Augen reflektierte.

Teyla knurrte unwillkürlich und zuckte zurück. Sie starrte direkt in Michaels gelbe Wraithaugen, in denen der seltsame Schimmer von Mitgefühl zu sehen war, ehe er sich abwandte und aus dem Blickfeld verschwand.

Das Bild verblasste so schnell wie es erschienen war und Teyla bemühte sich nach Kräften, nicht den Kontakt zu verlieren. Doch er entglitt ihr. Fluchend schüttelte sie sich und öffnete die Augen. Für den Augenblick konnte sie nichts mehr tun. Die Schmerzen in ihrem Kopf raubten ihr fast das Bewusstsein.

Nur langsam wurde sie sich ihrer Freunde gewahr, die sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrten. Es war unschwer zu erkennen, dass sie alle vier heftig erschreckt hatte. Sie hörte wie John sie etwas fragte, spürte Carson, der sie unbeholfen im Arm hielt und damit verhinderte, dass sie haltlos in sich zusammensinken konnte. Aber ihre Gedanken rasten noch immer um andere, dringlichere Dinge.

Sie hatte in dem kurzen Moment, nachdem Michael sich abgewandt und damit die Sicht auf das dahinter Liegende freigegeben hatte, einen Blick auf den Raum werfen können, in dem sich Rhyan befand. Fieberhaft versuchte sie sich jetzt zu erinnern, wann und wo sie diese Örtlichkeit schon einmal gesehen hatte. Frustriert rieb sie sich die Augen und löste sich von Beckett.

„Sind es Wraith? Haben sie uns gefunden?“ Rodney, noch immer halb betäubt vom Schlaf und dem unsanften Erwachen, war zum Ende des kurzen Schachtes gekrochen, um in die dahinter liegende Finsternis blicken zu können. Er erwartete jeden Augenblick, dass sich in dieser undurchdringlichen Schwärze etwas bewegte. „Können wir überhaupt noch entkommen?“

„Nein.“ Teyla erschrak vor ihrer eigenen rauen Stimme und räusperte sich.

„Nein?“ Alle vier starrten betroffen zu ihr hinüber.

„Nein, es sind nicht die Wraith.“ Sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Es war Rhyan. Sie braucht uns.“ Vergebens versuchte sie sich noch einmal an den Raum zu erinnern. „Da war ein Raum... ich bin mir sicher, dass wir ihn bereits kartografiert haben, aber... ich kann mich nicht erinnern. Es war nicht die medizinische Abteilung.“ Mit knappen Worten beschrieb sie, was sie auf dem kurzen Bildausschnitt gesehen hatte und zog damit alle anderen in ihr haarsträubendes Grübeln hinein.

„Könnte es eine Nebenabteilung der medizinischen sein?“ Sheppard rieb sich über die müden Augen und blickte dann zu Carson, der allerdings nur hilflos den Kopf schütteln konnte. „Es gibt unzählige Labore, die wir im Laufe unserer Expedition entdeckt haben, Colonel. Einige haben wir übernommen, andere haben wir wohlweißlich gemieden. Wie soll man mit so wenig erkennen, wo wir suchen sollen?“

Das Schnippen von McKays Fingern hallte durch den Schacht. Er hatte diesen Blick, diesen ganz speziellen, den Sheppard nur zu gut an ihm kannte und daher zwar zu schätzen, aber auch zu hassen wusste. Für den Moment wirkte der Kanadier viel zu selbstzufrieden, als es für die Situation angemessen erschien. Doch John wusste, dass er es mit etwas Glück auch zu Recht war. Er neigte den Kopf: „Nun?“

„Was Teyla im Hintergrund gesehen haben will... könnt ihr euch noch erinnern? Anfang letzten Jahres, als wir dieses Gerät entdeckt haben, welches den Antikern das Aufsteigen erleichtern sollte.“ Das Team brummte einstimmig. Wie könnten sie es vergessen. Wie hätte Rodney es vergessen können, nachdem er durch dieses Teufelsgerät beinah ums Leben gekommen wäre.

„Ich glaube diese spezielle Art an Wandverkleidung nur dort gesehen zu haben. Sie war so besonders...“ Einen Moment schien er den Faden zu verlieren. „Aber wie dem auch sei, dieses Labor hat sich auf dem West-Pier befunden. Dort befinden sich neben der Landeplattform nur wenige Gebäude. Wenn wir dort hinkommen, haben wir eine reelle Chance das Labor zu finden.“ Er grinste triumphierend.

Dagegen wirkte Sheppards finstere Mine beinah schon beängstigend. „Und damit auch Rhyan und Michael. Sehr gut, McKay.“ Er streckte sich wie eine Katze, um die letzten Knoten in seinen Muskeln zumindest ein Stück weit zu lockern. Sie hatten eine ungeplante – zugegeben bitter benötigte - Ruhephase gehabt. Jetzt mussten sie die neu gewonnene Kraft dazu nutzen, Michael einen vernichtenden Schlag zu versetzten. Dem Colonel war nur allzu klar, dass trotz der Rast kaum noch Kraftreserven vorhanden waren. Aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Zu viel Zeit war verloren gegangen. Wütend schlug er mit der Faust gegen die Tunnelwand.

Er blickte auf Teyla, die sich noch immer den schmerzenden Kopf hielt. Schweren Herzens fällte er eine Entscheidung: „Carson, Sie bleiben mit Teyla hier bis sie neue Befehle von mir erhalten.“

Die Athosianerin versteifte sich, ihr Blick bohrte sich in dem Zwielicht in Sheppards Augen. „John, ich kann kämpfen. Ich will kämpfen.“

„Nein, kannst du nicht. Das ist ein Befehl, Teyla. Und außerdem...“ er berührte sie sacht an der Schulter, bemühte sich seinen Ton in Zaum zu halten, „außerdem brauche ich dich hier. Ich brauche jemanden der versucht den Kontakt zu Rhyan nicht zu verlieren. Sie muss wissen, dass wir auf dem Weg sind, verstehst du?“

Sie nickte widerstrebend. Es sah ihr nicht ähnlich, einem Kampf auszuweichen, aber sie musste sich eingestehen, dass sie in ihrer derzeitigen Verfassung lediglich eine Gefahr für sich selbst und ihre Freunde darstellte. Es würde schwer genug werden, doch Sheppard hatte Recht. Jemand musste mit Rhyan in Kontakt bleiben und sei es auch nur, um Michael im Auge zu behalten.

„Wir werden euch wissen lassen, wenn wir uns wieder treffen können. Entweder wir kehren zurück, oder...“ Er fuchtelte undeutlich in der Luft vor sich herum. Dieser ganze Kram mit Gedankenübertragung war ihm noch immer suspekt. So etwas gab es nur in Science-Fiction Filmen, nicht aber im echten Leben. „Dieses Mal muss es klappen. Ich fürchte, dass wir sonst keine weitere Chance mehr bekommen werden.“ Seine Stimme hatte einen ätzenden Unterton, der seinen schwelenden Hass gegenüber Michael nur allzu deutlich werden ließ. „Passt auf euch auf.“

Sie verabschiedeten sich stumm. Dann folgten Ronon und McKay dem Colonel ein mal mehr in die verwirrende Dunkelheit der Luftschächte.
 

Rhyan atmete schwer und hielt die Augen geschlossen. In ihr tobte ein Sturm aus Emotionen, Gefühle die sie verwirrten und die sie am klaren Denken hinderten. Für einige kurze Momente war sie sich fast sicher gewesen, dass sie Teyla erreicht hatte. Doch der Kontakt war kurz und unglaublich schwach gewesen und so wagte sie nicht zu hoffen, dass es ausgereicht hatte.

Sie hörte Michaels schwere Schritte in ihrer Nähe. Er wanderte nun schon seit mehreren Minuten durch das düstere Labor und hielt einen Monolog über seine Arbeit, seine Beweggründe und seinen Hass. Rhyan hörte nicht hin. Sie wollte nicht hinhören, hatte er sie doch schon genügend aus der Fassung gebracht. Sie wollte ihrem Herz keinen weiteren Grund zum Zweifeln geben.

Aber es war schwer. Ihr war die Geschichte des gescheiterten Experiments von Carson Beckett nur zu gut bekannt. Zumindest aus Sicht der Atlanter. Aus der Sicht des unmittelbar betroffenen Wraith taten sich hingegen noch ganz andere Abgründe auf.

Rhyan wusste, weshalb Dr. Beckett dieses Serum erstellt hatte und wusste, dass es allein aus dem verzweifelten Wunsch geschehen war, sich endgültig und effektiv gegen das Joch der Wraith zu wehren. Und es leuchtete ihr ein, dass kein Experiment ohne vorangehende Versuche existieren konnte.

Doch niemand hatte damit gerechnet oder auch nur darüber nachgedacht, was ein derart grundlegender Eingriff dem Versuchsopfer antun würde. So fremd ein Wraith dem Menschen auch war, er war irgendwann neben den Anteilen des Iratus-Käfers auch aus Anteilen eines Menschen entstanden und hatte sich diesen Anteil bewahrt. Auch Wraith waren Individuen, sehr fremd am Beispiel des Menschen betrachtet, aber es waren und blieben eigenständige Wesen mit einem nicht zu unterschätzenden Verstand. Wie konnte man dann so eitel sein und an der Genstruktur herumpfuschen, in der Hoffnung ein vollkommen neues Wesen zu erschaffen, mit einem ebenso neuen Charakter und Geist, der nicht in der Lage sein würde, sich an diesen alles verändernden Eingriff zu erinnern?

Jeder, der etwas derartiges hätte erleben müssen, würde Hass bei dem Gedanken an die Verursacher spüren. Rhyan konnte Michael keinen Vorwurf machen. Sie konnte ihn nicht hassen für das was er war. Aber sie konnte ihn hassen für das was er tat. Für seine Experimente, für seine Zerstörungswut. Sie machten ihn um keinen Deut besser.

Sie öffnete die Augen, als ein Schatten über sie fiel und die Schritte verstummten. Michael stand neben ihr und musterte sie nachdenklich. „Die Menschen verdienen es nicht länger eine der führenden Rassen in dieser Galaxie zu sein. Ihre Herrschsucht und ihre heuschreckengleiche Ausbreitung sind eine Gefahr für jedes andere Wesen.“

Rhyan lachte rau. Wie konnte man so verblendet sein? Glaubte er wirklich, was er da redete? „Was an diesen Eigenschaften ist anders als bei euch Wraith? Ihr versklavt wen ihr könnt, vernichtet wer sich auflehnt, ganz wie es euch beliebt. Der Mensch ist euch ebenbürtig, allein deshalb könnt ihr nicht neben ihnen existieren. Es kann nur einer die Spitze der Evolution sein.“

Michael fauchte verärgert und einen Moment lang war Rhyan überzeugt, dass er sie schlagen würde. Ein Klirren aus dem Hintergrund zeigte, dass auch der Drache aufmerksam gelauscht hatte und Michaels Reaktion missbilligte. Doch dieser ließ die Hand wieder sinken. „Weder die Wraith noch die Menschen werden zur Krönung der Schöpfung aufsteigen, wenn ich mit meinem Programm fertig bin.“ Er grinste diabolisch. „Beide Spezies haben Nachteile, die meine Kreationen nicht mehr haben werden.“

„Das ist doch Wahnsinn. Du bist nicht besser als sie, wenn du so etwas planst.“

Michael verschwand aus ihrem Sichtfeld, seine Schritte entfernten sich jedoch nur ein Stück, bis zu der Wand, in welcher die wabenartigen Nischen eingelassen waren. Rhyan hatte es bislang vermieden noch einmal dort hin zu sehen. Sie wollte die in ihren Kokonen heranreifenden Kreaturen nicht sehen.

Statt dessen kehrten die Schritte zurück, doch dieses Mal waren es zwei Personen, die sich ihrem Lager näherten. Ihre Nackenhaare stellten sich auf.

„Sieh sie dir an, Rhyan. Meine Schöpfungen, meine Kinder. Sie besitzen die Stärke und Skrupellosigkeit der Wraith und die Schläue und das Wissen ihres menschlichen Spenders.“ Er lachte leise und Rhyan konnte der Neugier nicht widerstehen und wandte den Kopf. „Sie sind perfekt, in ihrem ganzen Dasein.“

Die junge Frau keuchte entsetzt und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf ihr Gegenüber. Ihr Magen krampfte, sandte eine Welle aus kalter Übelkeit durch ihren Körper. Gleichzeitig spürte sie das von ohnmächtigem Zorn geschüttelte Aufbäumen des Drachen. Sie konnte die Ketten unter der Last ächzen hören, doch sie hielten Stand. Arokh schnaubte erbost.

Das konnte unmöglich wahr sein. Das durfte nicht wahr sein. Das was da vor ihr stand und aus leeren, gefühlslosen Augen auf sie hinabblickte, war eine Verzerrung der Wirklichkeit. Eine beängstigende und verstörende Verzerrung. Es war eindeutig, dass sie einem Menschen ins Gesicht blickte, dessen Äußeres jedoch auf unheimliche Weise mit dem Äußeren eines Wraith verschmolzen war. Die Haut wirkte blass und wächsern, das eigentlich reine Weiß der Augen war schmutzig, beinah schon krankhaft Gelb. Die langen, schlanken Finger waren knöchern und mit krallengleichen Fingernägeln versehen. Stellenweise konnte man noch Rückstände des Insektenpanzers erkennen und Rhyan zweifelte nicht, dass es in Michaels Sinne war, diesen natürlichen Schutz zu erhalten.

Nichts desto trotz war mehr als deutlich zu erkennen, wer der Spender der menschlichen Gene gewesen war. „John...“ Rhyan schluckte und versuchte instinktiv vor diesem Zerrbild zurückzuweichen, doch ihre Fesseln hielten sie eisern fest. Tränen schossen ihr in die Augen. „Du Bastard!“

Michael lächelte selbstzufrieden, lehnte mit vor der Brust verschränkten Armen lässig am Fußende von Rhyans Pritsche. „Er ist noch nicht vollkommen ausgereift. Sein Verstand wird sich noch weiter entwickeln, aber körperlich ist er beinah ausgewachsen. Mit seiner Hilfe und der Hilfe seines Teams,“ er machte eine wage Handbewegung zu den Kokonen hinüber, „wird es mir möglich sein Atlantis zu führen und über das Stargate zu eurem Heimatplaneten, der Erde, zu gelangen. Wie mir zu Ohren kam ist das Stargate Programm ein wahrer Quell geeigneter Spender.“ Sein Lächeln wurde zu einer Grimasse irrsinniger Freude. „Niemand wird sich mir mehr in den Weg stellen können. Der Weg ist offen, um meinen Kindern einen Lebensraum in zwei Galaxien zu bereiten und Menschen und Wraith werden fortan nichts weiter sein als Darsteller in Geschichten.“

Rhyan konnte nur fassungslos den Kopf schütteln. „Das SGC würde niemals diese Nachproduktionen als die Originale anerkennen. Der Unterschied ist zu offensichtlich.“

„Das wird auch nicht nötig sein. Sie werden diesen Umstand zu verbergen wissen, zumindest so lange wie es nötig ist. Man wird glauben, Sheppard und sein Team seien während der Besetzung der Stadt einem Virus ausgesetzt gewesen, der ihr Aussehen dem eines Wraith annähert. Natürlich kann Dr. Beckett diesen Makel rückgängig machen, aber das braucht nun einmal seine Zeit.“ Der Wraith hob in einer galanten Unschuldsgeste die Hände. „Der Rest des Expeditionsteams wird zurückkehren und in meine Hände fallen, und nach und nach werden wir so auch das SGC auf der Erde unterwandern.“

„Solange dieser fiktive „Virus“ bestand und Sheppards Team im Griff hat, wird das SGC keinerlei Kontakt gestatten. Atlantis wird unter Quarantäne gestellt und das wars dann.“ Rhyans Augen funkelten.

„Das, mein Drachenmädchen, werden wir ja sehen.“ Er stieß sich von der Pritsche ab und trat neben das Zerrbild, das Sheppards Gesicht trug. „Ich werde darüber nachdenken, verlass dich darauf.

Aber bis dahin möchte ich dir etwas anderes zeigen. Etwas das dir hoffentlich dabei hilft, mich besser zu verstehen. Du und ich, wir wären ein unglaubliches Team.“

Auf ein Zeichen hin hob Michaels Kreatur das Tuch von dem kubusförmigen Gegenstand, den es die ganze Zeit gehorsam in den Händen gehalten hatte. Es war ein Glasbehälter, gefüllt mit einer durchsichtigen Gallertmasse. Geborgen in dieser Masse schwamm etwas, nicht größer als Rhyans Unterarm, versehen mit zwei Armen, zwei Beinen und einem Kopf.

Mit schmalen Augen sah sie genauer hin. Der kleine Körper war überzogen von winzigen Schuppen, Hände und Füße wiesen klauenhafte Fingerfortsätze auf. Die Augen des Wesens standen offen, als wäre es in einen Tagtraum versunken, und Rhyan starrte auf die geschlitzten Pupillen und die goldene Iris. Das waren keine Wraithaugen. Das waren auch keine Schuppen des Iratus-Käfers.

Ihr wurde schlecht.

„Siehst du jetzt, was wir alles erreichen können, wenn wir gemeinsam diesen Weg weitergehen? Du wirst nicht mehr allein sein. Es wird andere wie dich geben. Niemand wird dich mehr als eine Fehlkonstruktion eines verrückten Gottes ansehen.“

Zu erschüttert um überhaupt irgendetwas zu sagen, sank Rhyan zurück auf ihre Pritsche. Sie konnte Arokhs Bestürzung wie ihre eigene fühlen, seinen Zorn und seine Fassungslosigkeit ob dieser Lästerung an seiner Rasse. In seinem Innern brodelte es und zwischen seinen gefletschten Reißzähnen schimmerte der schwache Glanz des Drachenfeuers. Doch die Ketten, welche seinen Schädel nah am Boden hielten und seine mächtigen Kiefer daran hinderten sich zu öffnen, verhinderten ein Ausbrechen der Flammen.

Rhyan wünschte sich nichts mehr, als dass dieser widerwärtige Sheppard-Verschnitt wieder das Tuch über den Behälter zog oder noch besser einfach aus ihrem Blick verschwand. Sie wollte es nicht sehen. Auf der anderen Seite jedoch konnte sie den Blick nicht abwenden. Fasziniert und entsetzt, zu was Michael alles fähig war. Dieses Monster war gefährlicher als sie alle jemals zu vermuten gewagt hatten.

„Warum?“ Ihr versagte die Stimme und so starrte sie dem Wraith aus weit aufgerissenen, verständnislosen Augen entgegen. So als könne sie in diesen reglosen Zügen irgendetwas lesen.

Michael sah sie aus unergründlichen Augen an, ehe er ihrem forschenden Blick mit einem leisen, unwilligen Knurren auswich. Wie konnte er ihr begreiflich machen, dass er zum ersten Mal, nachdem er sie mit eigenen Augen gesehen hatte, Hoffnung verspürt hatte? Wie sollte er sie verstehen lassen, was er gefühlt hatte, als ihm bewusst wurde, dass er nicht der Einzige war, dem das Schicksal auferlegt hatte, als Zwischenwesen zu existieren? Der Gedanke, nicht mehr allein zu sein... Das jemand wirklich verstehen könnte, was in ihm vorging. Warum nur konnte sie nicht verstehen? Warum lehnte sie ihn noch immer so sehr ab, nach allem was er ihr gezeigt hatte? Zum Teufel, sie waren sich so ähnlich. Ihr Schicksal war dem seinen so nahe. Warum nur sah sie das nicht? Der Zorn darüber, und die Wut auf sich selbst ließen ihn schweigen. Es gab keine Antwort, die er ihr geben konnte, wenn sie die Wahrheit nicht selbst erkannte.

Mit einer forschen Geste schickte er den Hybriden davon. Die Menschen sahen in ihm ein Monster und eine Gefahr. Für die Wraith war er unrein. Und so war er tatsächlich zu diesem Monster geworden, obgleich er sich diese Rolle nicht ausgesucht hatte. Wer wusste denn schon was geschehen wäre, wenn die Wraith in zurück genommen hätten? Oder wenn er sich einem Leben unter den Menschen gefügt hätte? Sein Stolz hätte Letzteres niemals zugelassen. Aber sicher war, dass er zu dem, was er jetzt war, gemacht worden war, ohne dass er auch nur den geringsten Einfluss darauf hätte ausüben können. Eine Zeit lang hatte ihn diese Erkenntnis in Ohnmacht versetzt. Bis er für sich beschlossen hatte, diese ihm verliehene Rolle auszufüllen und zwar so, dass sowohl Wraith als auch Mensch ihre Tat bitter bereuen würden.

Michael schüttelte sich innerlich. Jetzt war nicht die Zeit in Gefühlsduseleien zu versinken. Niemand glaubte wirklich, dass er darunter litt, als Geächteter zu leben. Wieso also hatte er erwartet, dass es bei dieser Drachenfrau anders sein könnte? Er hätte es wissen sollen. Seine bloße Existenz entzog sich offenbar dem Verständnis aller logisch denkenden Wesen in dieser Galaxie. Hass schnürte ihm die Kehle zu. Er war allein und würde es immer sein, bis der Tod seinen Weg zu ihm fand. Bis dahin, würde er sich für das rächen, was man ihm angetan hatte.

Kalt blickte er auf die gefesselte Frau herab „Ich werde dir Zeit geben, darüber nachzudenken.“

Sie hörte noch, wie sich seine Schritte entfernten. Dann verließ er den Raum.

Rhyan seufzte und schloss die Augen wieder. Sie brauchte nicht über dieses grauenvolle Angebot nachdenken. Niemals würde sie auf die Seite dieses wahnsinnigen Wesens treten. Tatsächlich hatte es sie tief erschüttert zu beobachten, mit welch heftigen Emotionen ihr Feind zu ringen gehabt hatte, in den wenigen Augenblicken, die er wortlos neben ihrer Pritsche verharrt hatte. Das er ihrem Blick nicht hatte standhalten können, war an sich schon verwunderlich genug. Doch die starken Gefühle, die anschließend von ihm ausgestrahlt waren, hätten sie beinah erstickt. Es ließ ihr das Herz bluten, als sie einen Hauch davon erfasst hatte, mit was für einer Verzweiflung und Einsamkeit er kämpfte. Und wie viel Leid er hatte hinnehmen müssen. Ein Teil von ihr konnte nur allzu gut verstehen, wie aus diesem Gequälten Geist ein solches Monster hatte werden können. Sie wusste, wie aus Leid und Trauer abgrundtiefer, alles zerfressender Hass entstehen konnte. Und so ahnte sie natürlich auch, weshalb sich der Wraith so eingehend mit ihr beschäftigte. Er musste spüren, dass sie im Grunde ihres Herzens seine Gründe nachvollziehen konnte. Und doch änderte es nichts an ihrem Entschluss. Es war zu spät, sein Hass war zu stark, seine Verachtung zu enorm, als dass es für ihn noch einen Weg zurück gegeben hätte. Und nur diesen Weg wäre sie bereit gewesen, mit ihm zu gehen. Nicht den Weg der absoluten Zerstörung. Der Kreatur, die er jetzt war, könnte sie niemals zur Seite stehen, obgleich sie verstand, wie sie erschaffen worden war.

Im Gegensatz zu ihm war sie nicht allein. Sie hatte Freunde. Mächtige Freunde. Und einen Weggefährten, welcher sie auf Schritt und Tritt begleitete. In den Ansätzen vielleicht waren sie sich ähnlich, doch nicht mehr.

Besorgt streckte sie ihren Geist aus. Seit sie in diesem Raum erwacht war hatte es keine Gelegenheit gegeben, sich nach dem Wohlergehen ihres Freundes zu erkundigen.

Doch statt Arokh streifte eine andere Präsenz ihren Geist und Rhyan konnte ein erleichtertes Keuchen nicht unterdrücken, als sie Teyla erkannte. Sie war weit entfernt, fast schon zu weit, und Rhyan konnte Schmerz und Sorge spüren, die wie Unterströmungen durch die Gedanken der Athosianerin glitten. Doch sie war da und allein das zählte. Die Verbindung zu ihr war anders als zu Arokh, schwieriger zu verstehen. Doch was Rhyan verstand, war dass Sheppard zusammen mit Ronon und McKay auf dem Weg zu ihr war. Pure Erleichterung ließ sie unwillkürlich schaudern.

„Michael ist gegangen. Ich habe keine Ahnung wohin und er könnte jeden Augenblick wieder durch diese Tür kommen. John sollte aufpassen, ihm nicht unvorbereitet in die Arme zu laufen. Ich fürchte, wir haben ihn die ganze Zeit furchtbar unterschätzt. Sein Hass und seine Einsamkeit machen ihn unverwundbar. Er hat nichts mehr zu verlieren... außer sein Leben. Und das ist in seinen Augen ohnehin zerstört und nutzlos, sofern er seine Pläne nicht fortsetzen kann.“

Sie fühlte, wie Teyla bei den Worten zurückwich, als wolle sie sich von etwas Unangenehmen abwenden. Es musste alles andere als einfach zu akzeptieren sein, dass man selbst eine große Teilschuld an all dem trug. So wie jedes Mitglied in Sheppards Team.

Teylas Aufmerksamkeit wandte sich für einen Moment von Rhyan ab. „Du bist nicht allein?“

„Nein. Mindestens eine Kreation von Michael bewegt sich frei.“ Sie stockte bei der Erinnerung an das unheimliche Gesicht und verfluchte sich im gleichen Atemzug, da Teyla dessen Äußeres dadurch auch sehen konnte. Sprachloses Entsetzen war ihre einzige Antwort.

„Wenn man Michael Glauben schenken will, hat er die DNA-Code von euch allen dazu genutzt solche Wraith-Mensch-Hybriden zu erschaffen. Sie sind noch nicht vollständig entwickelt und im Besitz ihrer geistigen Fähigkeiten und wenn es nach mir ginge, bliebe es auch dabei.“ Sie zerrte in ohnmächtiger Wut an ihren Fesseln. Wenn sie diese nur sprengen könnte...

Teyla schüttelte sich und drängte den Schreck weit in sich zurück. Später würde Zeit sein, sich damit auseinander zu setzen. Aber jetzt musste ihr Urteilsvermögen klar bleiben. „Wenn das was du sagst der Wahrheit entspricht... habe ich vielleicht eine Chance dich und deinen Freund zu befreien. Halte dich bereit!“

Damit verschwand Teyla aus Rhyans Geist und die junge Frau blieb in beklommener Erwartung zurück. Irgendwo in ihrem Unterbewusstsein vibrierte eine Seite, stärker jetzt, wo sie nicht mehr in geistiger Verbindung stand. Ein unmissverständlicher Warnruf, wie eine Vorahnung vor einem nahenden Sturm. Sie ertappte sich dabei, dass sie inbrünstig betete, Teyla möge sich beeilen, bei was immer sie auch tat.

Das Hybridwesen kehrte zurück, trat zögernd und mit unsicheren Schritten an ihre Pritsche heran. Den Kubus hatte es nicht mehr bei sich, doch es streckte seine zitternden Hände aus, als wolle es Rhyan berühren. Eine Vorstellung, die sie mit kaltem Ekel erfüllte. Allerdings kam ihr seine Art sich zu bewegen rätselhaft vor. In Michaels Anwesenheit hatte sich dieses Biest noch wesentlich sicherer Verhalten. Jetzt kam es ihr so vor, als würde es jede seiner Bewegungen nur mit äußerstem Widerwillen ausführen.

Misstrauisch sah sie genauer hin und riss dann erstaunt Augen und Ohren auf, als es sich daran machte, die Fesseln an ihren Handgelenken zu lösen. Rhyan hatte davon gehört, dass Teyla durch die Spurenelemente von Wraith-DNA in ihrem Genpool in der Lage war, sich in den Geist eines Wraith einzuschleichen und dessen Handlungen zu kontrollieren. Es mit eigenen Augen zu verfolgen war jedoch etwas ganz anderes. Diese Athosianerin, diese freundliche und unglaublich aufgeschlossene Person, hatte Seiten, die Rhyan immer unheimlicher wurden, je näher sie diese kennen lernte. Und da sage noch mal jemand, dass sie, Rhyan, seltsam wäre.

Letzter Widerstand

Die Kreatur ließ von Rhyan ab, als auch der letzte Verschluss ihrer Handfesseln aufschnappte. Es bemühte sich nicht, die Lederbänder ganz zu entfernen, sondern bewegte sich statt dessen stolpernd hinüber zu Arokh. Der Drache grollte drohend und versuchte nach dem widerwärtigen Verschnitt des Colonels zu schnappen.

„Hör auf damit!“ Rhyan zerrte hektisch ihre Handgelenke aus den Schlaufen, dabei versuchte sie über ihre Schulter zu blicken, wo Arokh durch Ketten, dick wie ihre Oberarme, am Boden gehalten wurde. „Es ist Teyla, die ihn lenkt. Lass ihn gewähren.“

Der Blick des Drachen sprach Bände, doch er ließ den Kopf wieder auf die mächtigen Vorderpranken sinken. Dabei ließ er die Kreatur nicht einen Moment aus den Augen.

Indes hatte Rhyan ihre Arme endlich frei bekommen und machte sich mit zitternden Fingern daran, die Fesseln an ihren Fußgelenken zu lösen. Ihre Hände waren steif und gefühllos nach der langen Zeit in einer Position und schon bald wurden die Verschlüsse der Bandagen glitschig von ihrem eigenen Blut, welches von aufgerissenen Fingerkuppen tropfte.

Sie konnte spüren, wie ihnen die Zeit davon rann. Der Hybrid schien sich mehr und mehr gegen Teylas Kontrolle auflehnen zu können, seine Bewegungen waren unpräzise und langsam und er schaffte es sogar, mehrere Schritte von dem Drachen zurück zu treten. Michael musste ganz in der Nähe sein, dessen war sie sich sicher. Er musste bemerkt haben, das etwas mit seinen Kreaturen nicht stimmte und war auf dem Weg hier her.

Mit roher Gewalt zerriss Rhyan die letzten Bindeglieder ihrer Fesseln und sprang von der Pritsche. Strauchelnd machte sie ein Paar Schritte, verbissen den Schmerz und die Schwäche ignorierend, die durch ihre Venen schossen. Das Blut kehrte zurück in ihre Beine und Füße, doch viel zu langsam. Sie stieß den Hybriden zur Seite und sank neben ihrem Gefährten zu Boden. Die Verschlüsse, welche die Ketten über Arokhs Hals und Vorderklauen an ihrem Ort hielten, waren schon fast komplett geöffnet. Doch ihre Mechanismen waren schwer zu bedienen und erforderten einen hohen Grad an Konzentration und Feingefühl. Dinge, zu denen Rhyan im Moment kaum in der Lage war. Sie fluchte zwischen zusammengebissenen Zähnen, Michael war so gut wie hier.

„Ich muss zugeben, dass ich diesen Aspekt sträflich nachlässig behandelt habe.“

Rhyan versteifte sich, den verzweifelten Blick auf die letzten Handgriffe geheftet, die Arokh noch von der Freiheit trennten. Der Drache schleuderte dem Wraith ein ohrenbetäubendes Brüllen entgegen. Sein Zorn flutete durch ihren Geist.

„Deine Freunde sind noch immer stark, nach allem was passiert ist. Ein Fehler das zu unterschätzen. Ein Fehler, den ich zu berichtigen gedenke.“

Die junge Frau warf einen Blick zurück, ohne sich dabei jedoch umzudrehen. Sie blickte auf Michael, der im Zwielicht unter der Tür stand und sie aus unergründlichen Augen beobachtete. Er war allein. Sie musste ihn hinhalten, davon ablenken, was sie grade im Begriff war zu tun, dann hatten sie vielleicht noch eine Chance. Ein weiterer Verschluss sprang mit einen unangenehm lauten Klicken auf und Rhyan konnte an Michaels Blick erkennen, wie ihr Glück sich wendete.

Die Bewegung zu ihrer Rechten erkannte sie zu spät und so wurde sie von dem Hybriden, der nunmehr wieder im Vollbesitz seines Geistes zu sein schien, im Nacken gepackt und von dem Drachen fortgeschleudert. Sie überschlug sich und kam vor den Füßen des Wraith zum Liegen. Er griff nach ihr, doch sie warf sich herum und rutschte hastig aus der Reichweite seiner Finger. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an.

Arokh knurrte hasserfüllt und stemmte sich mit all seiner Macht gegen die Ketten. Sie knarrten bedenklich und gaben Stück für Stück nach, doch noch hielten sie seine ungeheure Gewalt in Schach. Unter den Schuppen konnte man deutlich die hervortretenden Muskeln erkennen, als sich der riesige Körper gegen die Kettenglieder auflehnte. Seine Kiefer öffneten sich und ließen vereinzelt Flammen über den Boden lecken. Er würde frei kommen. Vielleicht nicht augenblicklich, aber die Ketten würden diesem Druck unmöglich lange standhalten können.

Michael trat vor. Ein hässliches Grinsen verzerrte seine Gesichtszüge, so als amüsieren ihn der Widerstand seiner Gefangenen überaus. Eine Hand verschwand hinter seinem Rücken und Rhyan konnte das Klicken metallener Halterungen hören. Unweigerlich stand ihr das Bild der Waffe vor Augen, die der Wraith bei ihrem Zusammentreffen auf dem Balkon getragen hatte und mit der er sie und den Drachen abgeschossen haben musste. Ihr wurde kalt.

„Ich hatte gehofft, dass du es dir noch einmal überlegst. Aber vielleicht brauchst du auch einfach noch einen kleinen Anstoß, um dich zu entscheiden.“ Michael holte die Waffe hinter seinem Rücken hervor und richtete sie unmissverständlich auf den tobenden Drachen. „Wenn ich ihn töte, wirst du ganz allein sein. Vielleicht wirst du dann endlich verstehen...“

Arokh brüllte und warf sich in seinen Ketten nach vorne, das ein Schauer aus Funken entstand, wo seine Schuppen über das Metall der Ketten schabten. Seine Augen blitzten, er würde den Wraith in Stücke reißen, wenn er nur die Gelegenheit dazu hätte.

Rhyan indes kauerte noch immer am Boden, unfähig sich zu rühren. Der Anblick dieser grauenvollen Waffe ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren, die hilflose Wut des Drachen lähmte sie noch zusätzlich. Fast noch deutlicher als in den Augenblicken an ihrer Pritsche konnte sie Michaels Gefühle wahrnehmen. Die Enttäuschung, dass sie sich gegen ihn gestellt hatte, aber auch den Zorn, welcher fast augenblicklich alle anderen Emotionen fort gewaschen hatte, als er Rhyan befreit sah und die beinah vollständig gelösten Ketten des Drachen gewahrte. Sie zweifelte keinen Moment daran, dass er tatsächlich feuern würde und diese Überzeugung ließ sie voller Grauen aufschreien. Das durfte nicht sein, so durfte es nicht enden. Zum ersten Mal seit langer Zeit verspürte sie wieder Angst. Angst den Drachen zu verlieren, dieses Wesen sterben zu sehen, mit dem sie so viel verband.

Stolpernd kam sie auf die Füße, kroch eher als das sie lief. Aber ihr war klar, dass sie ihn nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. Tränen schossen ihr in die Augen.

Als dieser den Blick seiner glühenden Augen von dem Wraith abwandte, um statt dessen auf seiner jungen Gefährtin zu ruhen, gewahrte Rhyan bestürzt, dass auch er Angst verspürte. Diese Waffe hatte ihn schon ein mal schwer verletzt und dieses Mal würde er ihr nicht entrinnen können.

Rhyan versank in Arokhs Augen, ließ zu, dass ihr Geist in den des Drachen eintauchte. Wenn er starb, würde auch sie sterben.

In diesem Moment wurde die kleine Seitentür zu Michaels Linken aufgestoßen und spuckte einen voller Zorn brüllenden Ronon aus, der die wenigen Meter zwischen sich und dem Wraith mit einem lang gestreckten Sprung überbrückte. Keine Sekunde zu früh. Die Waffe wurde bei dem folgenden Zusammenstoß aus Michaels Hand geprellt, so dass sich der brechende Schuss unkontrolliert gen Decke richtete und Funken sprühend als Querschläger durch den engen Raum schoss. Die Waffe schlitterte klappernd in die Schatten unter den Versuchstischen.

Der Sateder, dicht gefolgt von Sheppard und McKay, versperrte dem Wraith den einzig noch verbliebenen Ausweg. Seine Augen funkelten herausfordernd, ein dämonisches Grinsen auf den Lippen.

Ungerührt starrte Michael zurück. Das plötzliche Auftauchen des Teams schien ihn nicht im Geringsten zu verunsichern, was Sheppard innerlich erbost fluchen lies. Das konnte nichts Gutes bedeuten, er war sich seiner selbst immer noch viel zu sicher. Statt dessen bereitete ihm der Gesichtsausdruck des Colonels und des Wissenschaftlers eine fast schon widerwärtige Freude, als diese den Hybriden entdeckten, der sich schräg hinter Michael in Position brachte. Blankes Entsetzen stand in Sheppards Augen, gespiegelt in den teilnahmslosen Augen seines verzerrten Ebenbildes.

„Mir wird schlecht...“ Rodney wich unwillkürlich zurück. Dieses unerwartete Grauen brachte ihn vollkommen aus der Fassung.

„McKay!“ Sheppard hob einen Arm, ohne dabei jedoch den Blick von dem Hybriden zu wenden, und Rodney blieb stehen. „Geh, hilf Rhyan den Drachen zu befreien.“ Als sich der Kanadier nicht rührte, wandte er doch den Kopf. Rodney hatte einen derartig kalten Ausdruck noch niemals zuvor in den Augen seines Freundes gesehen. Jeder Muskel in Sheppards Körper war angespannt, seine Zähne knirschten. „Los.“

McKay schüttelte sich, versuchte das lähmende Entsetzen abzuschütteln, ehe er mit wild klopfendem Herzen gehorchte. Er hatte Angst und diese Angst drohte ihn nieder zu drücken. Etwas lag in der Luft, eine Vorahnung, und Rodney vermochte nicht zu sagen, wie es sich auf ihn und seine Freunde auswirken würde.

John wandte sich indes wieder dem Wraith zu. Blanker Hass stand ihm ins Gesicht geschrieben. Es gab keine Worte, nichts was man jetzt noch hätte sagen können. Dieses Zusammentreffen würde den Tod bedeuten, für die Wraith oder die letzten Atlanter. Und es war nicht zu übersehen, dass der Colonel fest entschlossen war, Michael und seine Brut bis zum Letzten zu bekämpfen.

Die Augen des Wraith waren schmale Schlitze. Seine Pupillen zuckten unruhig durch den düsteren Raum, er versuchte abzuschätzen, in was für einer Gefahr er sich wirklich befand. Solange Arokh noch immer durch die Ketten gebunden war, würde Sheppard nur wenig gegen ihn ausrichten können. Er war abgekämpft und nahe dem Ende seiner Kräfte. Es war nicht schwer das zu erkennen. Doch die Entschlossenheit der Menschen verblüffte den Wraith -wie leider viel zu häufig- auch dieses Mal gewaltig. Sie würden kämpfen, selbst wenn sie schon auf den Knien waren.

Natürlich, seine Wraith-Brüder waren auf dem Weg hier her. Doch er vermochte nicht zu sagen, ob sie noch vor der Befreiung des Drachens diesen Raum erreichen würden. Schon jetzt hatte Arokh beängstigend mehr Spielraum, als noch vor wenigen Augenblicken. Er musste handeln. Jetzt.

Michael wirbelte herum, sich einen anderen Gegner suchend als Sheppard, der offensichtlich gradezu darauf versessen war, ihn zu bekämpfen. Statt dessen schleuderte er sich mit all seiner Kraft auf den Sateder, der noch immer die Tür in seinem Rücken bewachte.

Durch den Schwung wurden sie beide gegen die Türzarge geworfen. Eingeklemmt zwischen der Wand und dem Wraith konnte Ronon den Attacken seines Gegenübers nicht mehr ausweichen. Zwei gezielte Schläge auf seinen unteren Rippenbogen brachen den Griff, mit dem er Michaels rechte Hand von sich fort hielt. Dieser riss sich los und schlug dem Krieger die flache Hand ins Gesicht. Lange Krallen hinterließen vier blutige Striemen gefährlich nahe seines Auges. Ronon strauchelte.

„McKay, Beeilung!“ bellte Sheppard zu seinem Freund hinüber, ehe er sich dem Hybriden in den Weg stellte, der seinem Herrn zu Hilfe eilen wollte. Es war grotesk, seinem eigenen Spiegelbild gegenüber zu stehen, selbst wenn die animalischen Anteile lediglich eine entfernte Ähnlichkeit zuließen. Noch viel beunruhigender war es allerdings, von diesem auch noch angegriffen zu werden. John duckte sich unter dem herannahenden Schwinger hindurch. Er kam im Rücken des Hybriden wieder hervor und riss mit einer Drehung seines Oberkörpers den Ellenbogen herum. Schmerzhaft prallte er genau auf die Wirbelsäule seines Widersachers. Es knackte hörbar und gleißender Schmerz zuckte Sheppards Arm hinauf bis in seinen Kopf. Waren diese Biester unter ihrer Kleidung etwa auch gepanzert?

Der Hybrid stolperte seines Gleichgewichtes beraubt nach vorne auf die Knie.

Ein kurzer Blick zu Ronon bestätigte, dass Michael noch immer die Überhand in diesem Kampf hatte. Der Sateder flog von einem Rückhandschlag getroffen durch den halben Raum, direkt vor die Wand voller Kokone. Der Krieger würde sich selbst helfen müssen. Zumindest für den Augenblick. Sheppard musste seinerseits die Gelegenheit nutzen und den angeschlagenen Hybriden beseitigen.

Ein Tritt in dessen ungeschützt dargebotene Flanke warf ihn um und der Colonel setzte nach. Zu spät erkannte er, wie der Hybrid nach etwas außerhalb seines Sichtfeldes griff und sich drehte, um dem nächsten Angriff zu begegnen. John versuchte sich noch zur Seite zu werfen, was ihm womöglich das Leben rettete. Dennoch bohrte sich das abgebrochene Ende eines von Michaels Werkzeugen in seine Seite. Er konnte fühlen, wie es in ihn eindrang und warmes Blut freisetzte. Der Schmerz wütete wie ein wildes Tier in seinem Innern, ließ ihn keuchen.

Da endlich erklang das metallene Bersten von Ketten. Wind peitschte wie ein kleiner Sturm durch den Raum, als sich der Drache befreit aufrichtete und die Schwingen entfaltete, soweit ihm das auf so beengtem Platz überhaupt möglich war. Sein Brüllen ließ den Boden und die Knochen der Anwesenden vibrieren. Gleich einem Rachegott erhob er sich, den lodernden Blick auf die Menschen und Wraith zu seinen Füßen gerichtet.

Rodney wich dicht neben Rhyan mehrere Schritte zurück, als der lange Hals des Drachen schnell wie eine Viper vorzuckte. Seine brennenden Augen fixierten den auf verlorenem Posten stehenden Hybriden. Stocksteif stand dieser da, starrte seinen Tod an. Arokh knurrte, die mächtigen Fänge entblößt. Alles an ihm troff von dem Hass und der Verachtung, die er dem Wesen entgegenbrachte. Dann schoss eine Feuerlohe aus den Tiefen des Drachenkörpers, hüllte den Hybriden vollständig ein, umschmeichelte ihn wie dichter Nebel, so dass er den Blicken der Anwesenden verborgen war.

Als sich dieser Nebel dann langsam auflöste war nichts mehr von Michaels Erschaffung übrig. Nicht einmal mehr Asche.

Michael stolperte mit weit aufgerissenen Augen zurück. Jetzt war es nur noch Angst, die auf seinem Gesicht zu lesen war. Ihm war sehr wohl bewusst, dass ihn allein die Tatsache, dass Sheppard und der grade wieder auf die Füße gekommene Ronon, die zwischen ihm und dem Drachen standen, vor dem sicheren Feuertod bewahrten.

„Verloren...“ Seine Züge wurden hart. Selbst mit den anderen Wraith würde er jetzt nichts mehr gegen die Macht des Drachen ausrichten können. Seine Experimente mit dem Drachenblut und die Hybriden der Atlanter waren für ihn verloren. Und wenn er jetzt noch länger hier stand, versteinert von dem Schrecken und der fesselnden Präsenz des Drachen, würden all seine Pläne verloren sein. Er würde verloren sein. Doch noch würde er sich nicht beugen.

Michael wandte sich zur Flucht.

„Er darf uns nicht schon wieder entkommen.“ Ronon war nur wenige Sekunden später an der Tür, durch die der Wraith verschwunden war. Dort verharrte er widerwillig, um nach seinen Freunden zu sehen. Wütend wischte er sich das Blut aus den Augen, das noch immer aus den Kratzwunden sickerte. Sein linkes Auge war zugeschwollen und nutzlos.

Sheppard stand bereits wieder aufrecht, eine Hand um das Werkzeug in seinem Körper geschlossen. Dunkles Blut färbte seine Finger. „Rodney, du kommst mit uns. Rhyan...“ Er warf ihr einen innigen Blick zu, der seinen Schmerz unmöglich ganz verbergen konnte. „Zerstört das hier. Restlos. Durch die Korridore werdet ihr uns nicht folgen können, aber vielleicht könnt ihr von außen etwas tun.“ Arokh war hier hineingekommen, also musste es für ihn auch einen Weg hinaus geben. Nur hatten sie keine Zeit, darauf zu warten.

„Du bist verletzt.“

Der Colonel bedachte McKay mit einem viel sagenden Blick. Die Lage konnte noch so verzweifelt sein, Rodney würde niemals damit aufhören, das ohnehin Offensichtliche auszusprechen.

Er schlug die Hand des Wissenschaftlers unwirsch zur Seite, als dieser sich an dem Werkzeug zu schaffen machen wollte. „Lass das, verdammt noch mal! Wir alle haben schon besser ausgesehen, wenn ich das behaupten darf.“ Er zerriss sein Shirt, um einen Blick auf seinen Bauch werfen zu können. Die Blutung begann bereits zu stagnieren, dank des noch immer steckenden Werkzeuges. Ein kleines Stück weiter rechts, und John wäre dem Angriff entgangen. Es hatte ihn in die rechte Flanke getroffen, offenbar weit ab irgend welcher wichtigen Organe. Sich zu bewegen schmerzte und würde ihn bremsen, aber nicht gänzlich kampfunfähig machen.

Notdürftig verband er die Verletzung und sicherte das Werkzeug, was Rodney zu einem unverständlichen und entsetzten Stammeln zwang. „Keine Zeit für aufwendige Notoperationen.“ knurrte der Schwarzhaarige zwischen zusammengebissenen Zähnen und begab sich dann an Ronons Seite.

Bevor sie dem flüchtigen Michael nachsetzten, blickte der Colonel noch einmal zu Rhyan zurück: „Teyla soll sich zusammen mit Beckett auf den Weg in den Kontrollraum machen. Wenn Michael flieht werden auch die anderen Wraith nicht länger hier bleiben wollen. Und wenn nicht...“, er schluckte und zwang eine Welle bitterer Übelkeit zurück, „Sie werden kopflos sein ohne ihn. Teyla soll Verstärkung anfordern, sobald sie die Gewalt über das Stargate zurück hat. Und... sag Beckett, er soll sich bereit halten. Wenn das hier vorbei ist, werden wir ihn brauchen. Dringend.“

Die junge Frau nickte, der Blick dunkel vor Zorn. „Ihr müsst euch beeilen. Er will zu seinem Jäger.“

„Woher...“ Rodney blieb konsterniert stehen, doch Ronon zerrte ihn unsanft weiter: „Sie haben sie gehört, Doc. Keine Zeit.“

„Teyla.“ John tauschte einen grimmigen Blick mit seinen zwei Begleitern und huschte dann hinaus in die Dunkelheit der Gänge. „Er versucht zu fliehen. Verdammt ich hätte früher darauf kommen müssen, wie er und seine Leute hier her gelangt sind.“

„Aber ein Jäger kann unmöglich die Menge an Wraith transportieren, mit denen sie uns überrannt haben.“

„Oh doch, Rodney. Es muss nur einer das Ding fliegen, die anderen nimmt er über seinen Strahl auf und gibt sie erst hier wieder frei.“

„Aber das würde bedeuten...“

„... das mindestens ein Kreuzer, wenn nicht sogar ein Basis-Schiff in unserer Umlaufbahn lauern.“ Ronon knirschte mit den Zähnen. „Wir hatten keine Chance, sie mit unserem eingeschränkten Sicherheitssystem zu erfassen.“

„Über die begangenen Fehler werden wir noch lange und ausführlich genug sprechen, wenn das hier vorbei ist.“ John schnitt eine Grimasse. Man würde ihn wohl kaum ungeschoren davonkommen lassen, auch wenn die Entscheidung über die zurückgeschraubte Energie von Atlantis Elizabeth Idee gewesen war. Er war der leitende Militäroffizier und hatte derartige Angriffe zu vermeiden. Das Militärgericht und das SGC würden das ganz ähnlich sehen.

Für einen Moment schwankte er, der Schmerz in seiner Seite nahm zu. Er durfte sich jetzt nicht von solchen Dingen ablenken lassen. Er würde grade stehen für dieses Desaster. Aber erst wenn er diesen Bastard Michael endgültig zum Teufel gejagt hatte.

Auf einen Wink des Colonels übernahm Ronon die Führung der Verfolger. Jahrelang hatte er die Spuren der Wraith verfolgt, sie gejagt und getötet. Es gab niemanden, der einer frischen Spur wie der von Michael besser folgen konnte.
 

Niemanden überraschte es, als sie sich in die Richtung des Nord-Piers wandten. Von dort waren die Eindringlinge gekommen und es war nahe liegend, dass dort auch Michaels Jäger gelandet war.

Sie ließen alle Vorsicht fahren und hetzten hinter dem fliehenden Wraith her. Die Zeit, sich vorsichtig und verdeckt fortzubewegen, hatten sie nicht, wollten sie ihren Feind noch rechtzeitig stellen. Sollte ihnen dennoch ein Trupp Wraith oder weitere Hybride in den Weg kommen, wären ihre Chancen ohnehin gleich Null.

Sheppard bedauerte es, Michael nicht einmal verletzt zu haben. Das hätte ihn in seinem Vorwärtskommen langsamer gemacht und ihnen die Verfolgung vereinfacht. Atlantis war groß und weitläufig und er atmete schon jetzt schwer. Ganz zu schweigen von McKay. Er verfiel in einen langsameren, kraftsparenden Trab, dem sich auch der Sateder widerspruchslos fügte. Es nützte ihnen nichts, wenn sie Michael zu fassen bekamen, aber viel zu erschöpft waren gegen ihn anzutreten.

Als sie das Innere der Stadt verließen, um über die weiten Galerien der Außenfassaden zu laufen, sahen sie Arokh über den verhangenen Himmel jagen. Er nutzte noch immer die Aufwinde der Türme, den verletzten Flügel so weit es irgend ging schonend. Doch seine Bewegungen hatten ihre alte Eleganz und Leichtigkeit zurück. Michael hatte sich ein Eigentor geschossen, als er die Verletzungen des Drachen behandelt hatte, in dem Wunsch Rhyans Vertrauen auf diese Weise zu gewinnen. Eine andere Erklärung gab es nicht.

Plötzlich keuchte John, geriet ins Straucheln und griff sich an den vor Schmerz gleißenden Kopf.

„Was?“ Rodney, der hinter ihm gelaufen war, fing seinen wankenden Freund auf. Besorgt tauschte er einen Blick mit Ronon. „Sheppard?“

„Ach verdammt!“ Der Amerikaner fluchte unflätig und schoss einen wütenden Blick gen Himmel. „Würdest du das lassen? Bitte!“ Grollend löste er sich aus McKays Griff, noch immer seine Stirn reibend. Der Schmerz hatte so schnell wieder aufgehört, wie er gekommen war, hinterließ jedoch ein unangenehmes Kribbeln.

„Womit?“ Rodney war noch immer verwirrt.

„Nicht du. Der Drache...“ John setzte sich wieder in Bewegung, um erneut zu Ronon aufzuschließen. „Michael ist nahe. Nur wenig vor uns.“

Der Wissenschaftler bemühte sich, den Anschluss nicht zu verlieren. Das alles machte für ihn keinen Sinn. „Und das weißt du woher?“

Sheppard stöhnte und verkniff es sich, Rodney einfach links liegen zu lassen. „Der Drache, Rodney. Nur dass mir dieser mentale Quatsch tierisch den Schädel platzen lässt.“ Er warf einen Blick über seine Schulter. „Jetzt spar deinen Atem und lauf!“

Sie verließen die Außengalerie und tauchten ein weiteres Mal ins Innere von Atlantis ein. So schnell ihre Beine es zuließen hasteten sie Treppen hinab, bis sie sich wieder auf ebener Erde fortbewegen konnten. Täuschten sie sich, oder waren es Schritte, die vor ihnen durch die Flure hallten?

Alarmiert hielten sie sich dicht an den Wänden, bemüht ihre Geschwindigkeit zu halten. Innerlich betete Sheppard, Teyla möge die Kontrolle über das Stargate und die Hauptkontrollen der Stadt bald schon in ihrer Gewalt haben. Schweiß rann ihm in wahren Sturzbächen über Brust und Rücken und ihm war nur zu bewusst, dass es nicht allein an der körperlichen Belastung der Verfolgung lag. Seine Verletzung blutete stärker und der Blutverlust machte ihm langsam ernsthaft zu schaffen.

Hätte Teyla die Kontrolle zurück, könnte sie Michael festsetzen und sie bräuchten ihn nur noch in seiner Falle stellen.

Wunschdenken. Selbst dann war der Ausgang einer solchen Konfrontation nicht gewiss. McKays Atem ging rasselnd und in unregelmäßigen Stößen und selbst Ronon hatte auf den letzten hundert Metern immer mehr zu hinken begonnen.

John schloss die Augen. Bitte Teyla!

Sie verließen den Turm, in dem sie sich zur Zeit befanden, über ein zerbrochenes Fenster. Der Nord-Pier breitete sich in einiger Entfernung vor ihnen aus. Er war dem letzten Beschuss durch die Wraith am ärgsten ausgesetzt gewesen. Bislang hatten noch nicht alle Schäden behoben werden können. Und Sheppard ahnte, dass Michael sich diese Tatsache zu Nutzen gemacht hatte.

Sonnenstrahlen fielen durch die hoch aufragenden Schluchten und spiegelten sich in den Fassaden der Bauwerke, als sie hinaus auf einen Brückengang traten. Geblendet hoben sie ihre Hände vor die Augen.

Dort, nur wenige hundert Schritt vor ihnen, sahen sie einen Schatten im Schutz des nächsten Turmes verschwinden. Ein kurzes Aufblitzen eines nachtschwarzen Ledermantels, aber es genügte. Ronon schoss voran, dicht gefolgt von Sheppard. Ihr Schritte dröhnten laut auf dem harten Untergrund der Brücke. Es würde sie verraten. Aber Michael wusste bereits, dass sie ihm hart auf den Fersen waren. Sollte er wissen, dass sie ihn beinah hatten.

Der Arkadengang machte einen Knick, führte einmal um einen kleineren Ausleger des Gebäudes herum und verschwand dann außer Sicht. Mit einem kurzen Nicken bog der Sateder nach links ab, Sheppard folgte dem Gang weiter um die rechte Flanke.

Rodney war weit abgeschlagen und folgte ihnen mit zunehmenden Abstand. John konnte nicht behaupten, dass ihn das großartig störte. Der Wissenschaftler war am Ende und es war sicherer für ihn, wenn er jetzt zurück blieb. Vielleicht konnte er aus dem Hinterhalt später noch Wunder erwirken.

Er erreichte das Ende des Arkadenganges vor dem Sateder und hetzte weiter über eine weit ausladende Terrasse. Irgendwo dort, wo diese Terrasse wieder in den Turm mündete, musste sich der Wraith befinden. Arokh hatte dort sein Drachenfeuer niedergehen lassen und schoss für einen weiteren Angriff in einer langgezogenen Kurve heran. Sein wütendes Brüllen hallte in berstenden Echos von den Fassaden zurück.

„Ronon.“ Hier gab es zwei Möglichkeiten den Weg auf den Nord-Pier zu verfolgen. Die eine Strecke führte über die äußeren Wehr- und Wandelgänge, die andere durch das Innere des Turmes.

Der Krieger kam in weiten Sätzen auf den Colonel zu gerannt. Seine Augen leuchteten in der Faszination des selben Jagdfiebers, das auch Sheppard fest im Griff hatte. Er war dankbar dafür. Das Adrenalin ließ den Schmerz und die Erschöpfung zurücktreten und zu einem dumpfen Pochen irgendwo tief in seinem Innern werden. Es würde sich rächen, irgendwann. „Verfolge ihn dort drinnen. Ich werde zusehen, dass er uns hier draußen nicht entwischt.“

Damit nahmen sie die Verfolgung wieder auf und als sie das nächste Mal aus den Schatten der Gebäude traten, lag der Nord-Pier direkt vor ihnen. Die Gebäude auf diesem Dock waren teilweise zerstört worden und wiesen gigantische Löcher in den Fassaden auf. Die Abbruchkanten wirkten in dem fahlen Licht des späten Nachmittags wie Zähne in einem aufgerissenen Maul.

Sie trieben Michael wie ein wildes Tier vor sich her. Der Colonel konnte ihn jetzt deutlich sehen, wenig mehr als hundert Schritte vor sich. Der Wraith taumelte. Den Mantel hatte er bereits eingebüßt und auf seinem Weg zurück gelassen. Sheppard hatte hässliche Brandlöcher in dem Leder bemerkt. Der Drache musste ihn erwischt haben, daran bestand kein Zweifel.

Ihr Blicke trafen sich über die kurze Distanz und beide begannen erneut zu laufen.

Wie aus dem Nichts stürzte Arokh aus dem Schatten eines nahestehenden Turmes, seine tödlichen Klauen nach dem schutzlos dahin laufenden Wraith ausgestreckt. Er würde ihn zerreißen.

Michael stolperte, warf sich im Fallen nach hinten und entkam den messerscharfen Krallen um Haaresbreite. Sein angestrengtes Keuchen drang bis zu Sheppard. Fahrig kam er wieder auf die Füße, stürzte die wenigen Schritte zur nächsten Tür, riss sie auf und verschwand im Innern.

John lächelte kalt. Auch dort würde ihn der sichere Tod erwarten. Er hatte Ronons Vorwärtskommen immer mal wieder durch Fenster in den Wänden verfolgen können und wusste daher, dass der Krieger noch immer nahe bei ihm war.

Wie um diesen Gedanken zu bestätigen flog die Tür wenig später wieder auf und Michael erschien mit gehetztem Blick. Sheppard lachte ihm ins Gesicht. „Lauf! Lauf um dein Leben.“

In bodenlosem Zorn fletschte Michael die Zähne. Sein Blick huschte erneut zur Tür, dann kreiselte er herum und floh.

Als John wenig später das Ende des Wehrganges erreichte, dicht gefolgt von Ronon, war der Wraith verschwunden. Keuchend und wie vor den Kopf gestoßen blieben die beiden Männer stehen.

„Wo ist er hin?“

Sheppard konnte darauf keine Antwort geben. Vor ihnen lagen nicht mehr viele Gebäude, ehe sich der Pier zu einer Landeplattform weitete. Die Augen vor der tief stehenden Sonne abschirmend, suchte er nach Arokh. Der Drache zirkelte durch die tiefen Schlagschatten der Türme und suchte offensichtlich auch. „Sein Jäger steht nicht im Freien und die meisten Gebäude sind zu zerstört, um eine sichere Landemöglichkeit zu bieten.“

„Alle bis auf das dort drüben.“ Der Krieger wies mit ausgestrecktem Arm auf die kümmerlichen Reste eines kleineren Turmes zu ihrer Linken, dessen eingestürztes Dach frei gen Himmel deutete.

„Der ist genau so gut wie alle anderen. Komm.“

Entschlossen wandten sie sich von dem Wehrgang ab und folgten den Treppen, die zum Fuße des besagten Gebäudes führten.

Lange durfte ihre Hetzjagd nicht mehr andauern. John spürte, wie die Wirkung des Adrenalins nicht mehr vollständig ausreichte, um seinen Körper von den Schmerzen seiner Verletzungen zu isolieren. In nicht allzu ferner Zukunft würde er einbrechen. Er durfte nicht zulassen, dass das noch vor Michaels Ende geschah. Ronon neben ihm war stark, doch auch er trug die deutlichen Spuren der vergangen Tage. Sein Hinken war stärker geworden und den verletzten rechten Arm hielt er auffällig still an seine Seite gepresst.

Der Colonel straffte sich und folgte dem Sateder in das durch Licht und Schatten erhellte Innere des Gebäudes, nachdem dieser die schief in den Angeln hängende Tür mit einem beherzten Tritt öffnete.

Gegen jede Regel

Das dumpfe Dröhnen hallte gespenstisch durch den zerstörten Körper des Turmes, als die Tür schwungvoll gegen die Wand krachte, und zog eine Kaskade rutschenden und klickenden Schutts nach sich. Nur kurz blieben die beiden Männer unter der Zarge stehen und machten sich ein Bild von dem Innenleben. Das Gebäude war einsturzgefährdet und jeder Schritt führte sie über herabgefallene Trümmer und an tiefen Kratern vorbei, welche durch herabstürzende Deckenteile gerissen worden waren. In dem Staub waren deutlich frische Fußabdrücke zu erkennen.

Ronon knurrte, wohl wissend, dass Michael endlich in der Falle saß. Vorsichtig setzte er sich wieder in Bewegung, suchte sich und dem Colonel einen sicheren Weg durch die Trümmer. An einigen Stellen war erkennbar, wie das Gewicht des vor ihnen passierenden Wraith Schuttlawinen ausgelöst hatte, die diesem fast zum Verhängnis geworden waren.

Hastig wichen sie einigen herabfallenden Deckenfragmenten aus. Ein Blick durch das frisch entstandene Loch zeigte den Wraith, wie er mit selbstzerstörerischer Geschwindigkeit die Trümmerberge der über ihnen liegenden Etage erklomm, um in dem Turm noch weiter nach oben zu gelangen.

„Er ist verrückt.“ Ronon spuckte den pelzigen Staub auf seiner Zunge aus und verlieh seinem Unmut damit nur allzu deutlich Ausdruck. Dennoch machte er sich daran, seinerseits einen Weg hinauf zu finden. Sheppard durchmaß den Raum mit wenigen Schritten und versuchte sein Glück an anderer Stelle.

Ob er nun einfach einen ungünstigeren Aufstieg gewählt hatte oder aber der Krieger geschickter im Klettern war, jedenfalls erreichte Ronon ein gutes Stück vor ihm die nächste Etage und verschwand geduckt in den nächsten Schatten. John fluchte, sammelte sich und zog sich die letzten paar Meter hinauf und über die Bruchkante. Sein Körper brannte und jeder Atemzug verursachte stechende Schmerzen in seinem Brustkorb. Er konnte nur beten, dass Ronon den Anschluss an Michael halten konnte.

Nach zwei weiteren qualvollen Klettereinheiten hörte er den Krieger etwas Schreien. Er war nicht weit vor ihm und auf der selben Etage, so dass Sheppard sich nur durch einen schmalen Spalt zu zwängen brauchte, um in der selben, weitläufigen Halle anzukommen, in der sich Michael und der Sateder gegenüber standen.

Die Decke war hier beinah vollständig eingestürzt und Sheppard schätzte, dass sie sich fast am obersten Ende des Turmes befanden. Die abendliche Sonne schickte breite, warm schimmernde Strahlen durch die Lücken der Trümmer und verursachte ein unangenehmes Verhältnis zwischen Licht und Schatten. Irgendwo weiter hinten, fast unsichtbar in dem Zwielicht, konnte er den Umriss eines Wraith-Jägers erkennen. Michael hatte sein Ziel fast erreicht. Aber eben auch nur fast.

Da die beiden Kontrahenten sein Eintreffen scheinbar noch nicht bemerkt hatten, schlich sich der Colonel im Schutz der Schatten tiefer in die Halle hinein. Dabei ließ er den Wraith keinen Moment aus den Augen. Er wusste nicht, was Ronon plante. Er vertraute ihm und seiner Kampfkunst, aber wenn der groß gewachsene Mann ihn brauchte, würde er schnell handeln müssen. Bis dahin würde er versuchen, zwischen Michael und den Jäger zu gelangen.

Ronon eröffnete den Kampf, schlug sich mit einem zornerfüllten Schrei auf die Brust und stürmte mit rücksichtsloser Heftigkeit auf seinen Gegner zu. Sein grenzenloser Hass auf die Wraith verlieh ihm dabei eine wahrhaft beängstigende Selbstsicherheit. Sheppard ertappte sich dabei, wie er die ungezähmte Wildheit des Sateders staunend bewunderte.

Michael erwartete den Zusammenstoß dagegen mit stoischer Ruhe. Er fing den Krieger auf, nahm dessen Schwung, um sich mit seinem ganzen Körper herum zu werfen, und schleuderte Ronon in einer fließenden Bewegung zu Boden. Der Turm erzitterte und irgendwo löste sich donnernd ein weiterer Geröllhaufen.

Auf dem Rücken liegend ließ Ronon seine Beine hochschnellen, wehrte einen vernichtenden Schlag gegen seine Seite ab und hämmerte seine Schuhsohlen gegen den Schädel des Wraith.

Michael stürzte wie ein gefällter Baum.

Im Licht der Sonne blitzte das Skalpell, welches Ronon für genau diesen Moment in seiner Armschiene verborgen hatte. Woher er diese Waffe hatte, war Sheppard schleierhaft. Wichtig war nur der tödliche Schaden, den der Sateder damit anzurichten vermochte. Gezielt ließ er die Waffe gegen den Wraith vorschnellen, zu schnell, um die Bewegung mit dem bloßen Augen verfolgen zu können. Die Klinge vollführte einen schimmernden Bogen durch die staubige Luft.

Michaels Aufschrei ließ Sheppard schaudern und obwohl er deutlich das Blut des Wraith am Boden sehen konnte, hatte dieser Schrei wenig mit Schmerz oder Angst zu tun. Viel mehr schien es, als habe ihn dieser Angriff nur noch zorniger gemacht. Die Vehemenz, mit der er die nächste wirbelnden Attacke abwehrte, bestätigte das nur.

Er drehte sich in die Bewegung des Kriegers ein, fing dessen bewaffnete Hand mit dem eigenen Arm ab und war damit nur noch wenige Zoll vom Körper Ronons entfernt. Die Klinge des Skalpells hatte seinen Unterarm durchbohrt und steckte dort unwiederbringlich fest.

Noch ehe Ronon überhaupt vollständig erkennen konnte, in was für einer Gefahr er sich befand, schnellte Michaels Rechte vor und fügte seinem Widersacher mehrere tiefe Schnitte an Armen und Oberkörper zu. Die harten und spitzen Fingernägel des Wraith durchtrennten den dünnen Stoff des Hemdes und die darunter verborgene Haut mit Leichtigkeit.

Ronon taumelte. All das war dermaßen schnell gegangen und auch wenn es ihm wie eine kleine Ewigkeit erschienen war, wusste er doch, dass seit Beginn des Kampfes nur sehr wenig Zeit vergangen war. Er sah Sheppard, der sich mit einem wütenden Aufschrei aus seiner Deckung im Rücken des Wraith löste und sich anschickte, ihm zu Hilfe zu eilen. Doch dann würden sie beide verlieren.

Der Sateder umklammerte Michael mit verbissener Entschlossenheit. Er hatte angenommen, den Wraith besiegen zu können. Er hatte all seinen Zorn für diesen Kampf gesammelt und freigesetzt. Natürlich hatte er gewusst, dass es nicht im Sinne des Colonels gewesen war und das sie gemeinsam hätten angreifen sollen. Aber diesen Moment hatte er sich nicht nehmen lassen wollen.

Er fing den Blick seines Freundes auf und schüttelte in grimmiger Überzeugung den Kopf. Als dieser dennoch weiter auf die Kämpfenden zuhielt, brüllte er ihn an. „Der Jäger! Lauf zum Jäger und mach, dass er damit nicht mehr fliehen kann.“

Schlitternd kam Sheppard zum Stehen, hilflos den widerstreitenden Gefühlen in seinem Innern ausgeliefert. Er konnte Ronon unmöglich in diesem Kampf allein lassen. Der Krieger hatte bereits viel Blut eingebüßt und man musste kein Fachmann sein um zu erkennen, dass Michael ihm weit überlegen war. Doch Ronon schien fest entschlossen. Er schaffte es, die tödliche Umklammerung zu sprengen und einen vernichtenden Fausthieb gegen die Schläfe des Wraith zu führen, der daraufhin erneut zu Boden ging.

Die Blicke der Freunde trafen sich noch einmal. „Sheppard... lauf.“

Kälte machte sich in Johns Seele breit. Eine Kälte die ihn erstarren ließ und die er so sehr hasste. Eine Kälte die sich immer dann einstellte, wenn er wusste, dass das Schicksal ihn zu Taten zwang, die er nicht ausführen wollte aber musste. Und die jedes Mal einen Teil von ihm tötete und ihn noch ein Stück mehr mit sich hadern ließ.

Sheppard wandte sich ab und begann zu rennen. Er würde sich nicht noch ein Mal umdrehen, sonst würde er nicht mehr an seinem Entschluss festhalten können. Der Weg zu dem Jäger war weit, das unregelmäßige Licht ließ die Entfernung trügerisch gering erscheinen, und John durfte sich nicht aufhalten lassen.

Als er über einen Trümmerhaufen hinwegsetzte, zerriss ein heißer Schmerz seine rechte Seite und er brach keuchend in die Knie. Warm rann sein Blut über die zitternden Finger, die er fest auf seine Flanke gepresst hielt und er musste einen Moment die Augen schließen, mit aller Macht gegen die Bewusstlosigkeit ankämpfen. Als er endlich wieder auf die Füße kam, war der Lärm hinter ihm verstummt. Statt dessen rauschte jetzt Stille in seinen Ohren. Stille und sein wilder Herzschlag.

Erschrocken drehte er sich zur Seite, als er das Rumpeln rutschenden Schutts hörte, aber die Schatten jenseits des hell erleuchteten Areals, in dem er sich zur Zeit befand, waren zu tief um irgend etwas zu erkennen. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er musste nicht zurück blicken um zu wissen, dass Ronon den Kampf verloren hatte und Michael irgendwo außerhalb seines Blickfeldes nunmehr auf ihn lauerte.

Der Jäger war noch ein ganzes Stück entfernt, aber an Aufgeben durfte er nicht einmal denken. Vielleicht hatte Teyla die Kontrolle über die Stadt bereits wieder übernommen und konnte nur nicht auf diesen zerstörten Teil Atlantis zugreifen. Wenn er für ein bisschen mehr Zeit sorgte, könnte Beckett eine Drohne losschicken und Michael mit samt seinem Jäger zerstören.

John lachte tonlos. Dergleichen würde Carson niemals tun. Nicht solange er und Ronon in unmittelbarer Nähe zum Ziel waren. Aber vielleicht konnte er ihn bei seiner Flucht vom Himmel holen... Ihm wurde bewusst, was diese Form der Lageentwicklung unweigerlich mit sich brachte. Nämlich das er, John Sheppard, den Kampf gegen den Wraith nicht überstand. Aber allzu große Hoffnungen hatten da vermutlich eh nie bestanden. Zumal mit Michael ihre Probleme ja nicht endeten. Wer wusste schon, wie viele von seinen Gefolgsleuten und Kreaturen in der Zwischenzeit ebenfalls auf dem Weg hier her waren? John bezweifelte, dass Rodney, der in ihrem Rücken zurück geblieben war, einen Weg finden würde all ihre Verfolger zurück zu halten.

Sheppard hörte ein merkwürdiges Surren in der Luft und sah auf. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung auf sich zukommen und reagierte eher instinktiv als logisch und warf sich hinter die nächsten Trümmer. Gepresst verfluchte er den Schmerz, der daraufhin wieder stärker wurde. Ein Knall brach sich in vielfachem Echo. Mit was zum Teufel hatte Michael ihn da grade angegriffen?

Vorsichtig hob er seinen Kopf, aber mehr als einen kurzen Blick auf einen Schatten konnte er nicht erhaschen, ehe der Wraith wieder zwischen den Trümmern verschwand. Sheppard fluchte. Seinem Feind Auge in Auge gegenüber zu stehen war etwas anderes, als dieses Nerven zerfressende Katz und Maus Spiel, bei dem er eher erahnen musste, wo sich Michael verstecken mochte und wo sein bester und sicherster Weg zum Wraith-Jäger lag.

Noch während er in seiner Deckung kauerte und sich den Kopf zerbrach, erklang erneut dieses Surren, welches ihm eine Gänsehaut verursachte. Dieses Mal allerdings aus einer gänzlich anderen Richtung. Keine Sekunde später hechtete John zur Seite, als sich ein undeutliches Schemen zu seiner Rechten näherte. Es klatschte durchdringend, dann wirbelten Staub und Schutt an genau der Stelle auf, an welcher sich der Colonel eben noch befunden hatte.

Sheppard, seiner Deckung beraubt und im hellen Schein der untergehenden Sonne stehend, begann zu laufen. So bot er ein viel zu leichtes Ziel. Ein schneller Blick in sein Umfeld führte zu keinem Zeichen von Michael. Der Wraith verschmolz mit den Schatten und bewegte sich scheinbar um sein Opfer herum. Er konnte ihn weder sehen noch hören. Seine einzige Chance bestand darin, in Bewegung zu bleiben und in die Nähe des Jägers zu gelangen. Also rannte er.

Sein erschöpftes Herz schlug in schnellem Staccato gegen seine Rippen. Angst schlich sich in seine Gedanken. Er konnte seine Augen unmöglich überall gleichzeitig haben. Er durfte den Weg zu dem Jäger nicht aus dem Blick verlieren und musste immer ein wachsames Auge auf den Boden unmittelbar vor sich haben. Zu unsicher war der Untergrund auf dem er lief. Stürzte er, würde sein bitter benötigter Vorsprung dahin sein. Sofern er überhaupt noch einen Vorsprung besaß.

Als hätte ein böser Geist diese Gedanken gehört, knallte es erneut, irgendwo in seinem Rücken. Sheppard spürte, wie sich etwas um sein rechtes Bein schlang, heiß wie Feuer. Dann wurde er mit einem Ruck von den Füßen geholt und schlug hart auf der Erde auf. Pfeifend entwich ihm die Luft aus den Lungen.

Vor seinen Augen tanzten grelle Punkte und er rollte sich benommen auf den Rücken, tastete nach seinem Bein. Seine Finger berührten mehrere Schlingen mit glatter Oberfläche, die sich um seinen Unterschenkel wanden. Unscharf konnte er sie gegen den Stoff seiner Hose erkennen. Ein Stromkabel? Knurrend löste er den Griff dieser unfreiwilligen Fessel. Darauf konnte auch nur ein Wraith kommen. Er war doch kein Tier, das man mit Hilfe eines Lassos oder einer Peitsche einfangen konnte.

Aus dem Augenwinkel konnte er die Bewegungen des Wraith erkennen. Viel zu nah! Sheppard schüttelte sich, versuchte der Benommenheit zu entkommen. Er musste auf die Beine kommen, er musste in Bewegung bleiben, sonst würde Michael ihn erreichen. Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte sich Sheppard in die Höhe und stand auf. Dabei glitten die losen Schlingen zu Boden und gaben sein Bein wieder frei.

Er hörte, wie sein Widersacher in enttäuschtem Zorn knurrte, ein Geräusch, das er nicht so nah in seiner unmittelbaren Nähe erwartet hatte. Dann zischte das Kabel durch den Staub am Boden, zurück in die Hände des Wraith. Keine Frage, was Michael als nächstes damit zu tun gedachte.

Sheppard setzte sich wieder in Bewegung. Diese Wahl der Waffe, obgleich sie primitiv erschien, ließ nur eine Folgerung zu. Ronon musste den Wraith im Kampf so schwer verletzt haben, dass diesem eine direkte Verfolgung des Colonels unmöglich war. Es musste ihm unmöglich sein, den Jäger vor Sheppard zu erreichen. Also musste er zu Fall gebracht werden. Und die Kabel, die aus den gebrochenen und herabhängenden Deckenelementen hingen, eigneten sich hervorragend, trügerische Seilschleudern zu basteln.

Und Michael hatte bewiesen, dass er mit den Kabeln umzugehen vermochte.

Hakenschlagend huschte Sheppard zwischen dem Schutt umher. Dabei bemühte er sich zähneknirschend, einen möglichst unvorhersehbaren Weg zu laufen. Immer wieder konnte er das Surren hören, welches von dem Kabel in der Luft verursacht wurde und immer wieder brach sich ein Knall ganz in seiner Nähe. Zwei Mal konnte sich John nur mit einem hastigen Sprung in Sicherheit bringen, bevor das Kunststoff des Kabels zu seinen Füßen auf den Boden schlug und Staub und Kiesel aufwirbelte. Er kam sich vor wie ein Kaninchen, das von einer Meute hungriger Wölfe gehetzt wurde.

Rutschend kam er zum Stehen, als er vor sich eine Bewegung ausmachte. Er musste an einer Stelle dem Weg des Wraith zu nahe gekommen sein. Jetzt befand sich dieser schräg vor ihm. Ein Blick über die Schulter zeigte, dass der Jäger nicht mehr vor ihm, sondern zu seiner Rechten stand. Sheppard warf sich herum und machte sich noch in der Bewegung klein, als er den Schatten des Kabels auf sich zu rasen sah. Zu spät um ihm auszuweichen. Es traf ihn schräg über die linke Flanke und hinterließ einen Streifen brennenden Schmerz. John ächzte, den Arm gegen die schmerzende Seite gepresst, und korrigierte seine Laufrichtung.

Einen Moment nur war er unaufmerksam gewesen. Jetzt war er Michael viel zu nahe und hatte seinen Vorsprung sträflich verspielt. Erneut erklang das Surren. Diesmal traf ihn das Kabel auf dem Rücken, zerriss den Stoff des Hemdes und die darunter liegende Haut. Unmittelbar darauf traf ihn ein zweiter Streich und ließ ihn straucheln. Tränen schossen ihm in die Augen, nahmen ihm die Sicht.

Von da an war jeder weitere Treffer präziser, darauf ausgelegt das Kabel um seine Körpermitte zu winden. Mit einer verzweifelten Drehung konnte der Colonel sich dem Griff jedoch entziehen. Nicht ohne einen erneuten Blutzoll zu entrichten. Sein Rücken stand in Flammen, die sich bis tief in seinen Körper brannten und ihn auf die Knie zwingen wollten. Er konnte fühlen, wie das Blut warm über seine Haut rann.

Mit einem waghalsigen Sprung über ein Loch im Boden, versuchte er sich vor dem unmittelbaren Zugriff des Kabels zu retten. Es traf ihn, noch während er sich in der Luft befand. Dadurch seines Gleichgewichtes beraubt, konnte er seine Landung nicht mehr abfangen. Hart schlug er auf der anderen Seite der Abbruchkante auf, überschlug sich und kam erst nach einigen Metern Rutschpartie über Trümmerteile zum Liegen.

Es war zu viel, er hatte keine Kraft mehr, keine Luft zum Atmen. Der Boden unter seinen Händen wankte, schien sich zu drehen. Und sein gesamter Körper schrie vor Schmerz. Er wollte sich diesem Schmerz hingeben, in ihm versinken und sich von dem gähnenden Abgrund dahinter verschlingen lassen.

„Steh auf und kämpfe!“

Die Stimme erklang von irgendwo über ihm und Sheppard hob seinen eigentlich viel zu schweren Kopf, um Michael in das Gesicht zu blicken. Der Wraith stand auf der Kante einer eingerissenen Wand und blickte mit emotionsleerer Mine zu seinem Opfer hinab. Das Kabel ruhte aufgerollt in seiner rechten Hand, an der ein stetes Blutrinnsal hinablief. John glaubte nicht, dass es allein sein Blut war, welches von dem Kabel auf die Hand seines Gegners rann.

„Steh auf, sieh deinem Tod ins Auge. Deiner Niederlage.“

Der Colonel lachte rau. Nur mit Mühe schaffte er es, sich auf den Knien aufzurichten. Wenn es sein musste, würde er auf allen Vieren zu dem Jäger kriechen.

„Warum gibst du nicht einfach auf?“

Sheppard ersparte es sich, darauf zu antworten. Statt dessen kam er schwankend auf die Füße und tat ein paar unsichere Schritte in Richtung des Jägers. Es war ihm klar, dass Michael ihn nicht würde gehen lassen. Dennoch entwich ihm ein Schrei, als sich der glatte Kunststoff des Kabels um seinen Hals wand, ihm die Luftzufuhr abschnitt und rücklings zu Boden gehen ließ.

Verzweifelt versuchte er seine Finger zwischen seinen Körper und das Kabel zu bekommen, versuchte Luft zu bekommen. Er wand sich am Boden, krümmte sich in dem nutzlosen Versuch, die Fessel zu lösen.

Sein Sichtfeld war bereits gefährlich klein geworden, als Michael an seine Seite trat. Blanker Hass spiegelte sich jetzt auf dessen Zügen. Hass, Wahnsinn und Gier. Er sank neben dem Soldaten auf ein Knie, griff ihm in das dichte, schwarze Haar und zwang dessen Kopf in den Nacken. Die minimale Menge an Sauerstoff, die so ihren Weg in Sheppards Lungen fand, verhinderte, dass er in die Bewusstlosigkeit glitt. Es schien dem Wraith Freunde zu bereiten, den Atlanter derart gepeinigt in seiner Gewalt zu haben, ein dämonisches Grinsen verzerrte sein Gesicht zu einer wahren Fratze. Er würde den Menschen jämmerlich sterben lassen.

John packte Michael an den Schultern, sammelte die letzten Reste seiner Kräfte, um diesen Bastard von sich fort zu schieben. Dabei zitterten seine Arme, Schweiß trat ihm auf die Stirn. Trotzdem würde Michael nicht klein beigeben.

Die freie Hand des Wraith traf den ungeschützten Rippenbogen seines Opfers und entlockte ihm ein verzweifeltes Aufheulen, lockerte dessen Griff. Keinen Herzschlag später setzte er seine spitzen Fingernägel dicht unter Sheppards Achsel auf, suchte den Blick seines Opfers und zog die Hand bedächtig und langsam über dessen gesamte Flanke, bis hinab zu seiner Hüfte. Tränen schossen in Johns Augen, seine aufgesprungenen Lippen öffneten sich zu einem lautlosen Schrei.

„Winsele um deinen Tod, und ich werde deinem Leid ein schnelles Ende bereiten. Hier gibt es niemanden, der mich daran hindern kann, dich bis in den Tod zu foltern. Meinen Hass endlich zu befriedigen.“

Der Colonel schloss seine grünen Augen, wimmerte leise. Wo blieben die anderen? Was war mit Teyla? Mit Rhyan? Mit Arokh? Warum kamen sie nicht, um zu helfen? Er hatte keine Kraft mehr. Michael hatte den Kampf schlussendlich doch gewonnen und würde ihn töten. Erneut schnitten seine scharfen Fingernägel durch die Haut seiner Brust, hinterließen eine Spur aus unerträglichem Schmerz. John bäumte sich auf, ein letztes Aufbegehren gegen das Unvermeidliche. Der Schrei, der seiner Kehle entfloh, war voll hilfloser Verzweiflung und hallte in mehrfachem Echo von den Trümmern wider.

Michaels Niederlage

Das verhaltene Echo ihrer Schritte verstummte schnell in der Weite der Galerie und Rhyan lauschte angestrengt in die vor ihr liegende Stille. Nichts war zu hören, mit Ausnahme des leisen Summens der Klimaanlage. Hinter ihr drängten sich Teyla und Carson an die Wand, der Doc mühsam nach Luft ringend. Der Weg aus den Luftschächten und ihrem abseits gelegenen Versteck zum Kontrollraum war weit und mühselig, wenn man die Transporter der Stadt nicht nutzen konnte. Und Carson legte selten weitere Strecken zurück als den Weg von seinem Quartier zur medizinischen Abteilung.

Irgendwo auf halber Strecke waren sie unverhofft auf Rhyan gestoßen. Die Drachenreiterin hatte Arokh ziehen lassen, um Sheppard und den anderen bei ihrer Jagt nach Michael behilflich zu sein, und hatte sich ihrerseits dann auf den Weg gemacht, Teyla und Beckett bei dem Versuch, die Gewalt über das Stargate zurück zu bekommen, zu unterstützen.

Michael sah sich auf verlorenem Posten, so viel war offensichtlich, und er wollte Atlantis verlassen. Was mit dem Rest seiner Gefolgsleute und seiner Schöpfungen war, konnten sie nicht sagen. Ein Teil war sicherlich auf dem Weg, ihrem Anführer beizustehen, um ebenfalls aus der Stadt der Antiker zu fliehen. Aber Rhyan bezweifelte, dass alle von Michaels Untergebenen so einfach die Waffen strecken würden. Die Kontrolle über das Stargate war zu wichtig.

Behutsam schlich sie an den Rand der Galerie und spähte durch die Lücken im Geländer auf die weiter unten liegenden Ebenen. Der Kontrollraum lag zu ihren Füßen und bislang waren sie auf keinerlei Widerstand gestoßen. Doch dieses Glück endete hier. Wie erwartet hielt sich noch immer eine kleine Gruppe Wraith im Bereich der Hauptkonsolen auf, flankiert von einer Hand voll der insektenhaften Kreaturen. Geschäftiges Treiben herrschte.

„Sie bringen das DHD wieder online.“ raunte Teyla leise, die sich direkt neben Rhyan hinter das Geländer gekauert hatte. Grimmig verfolgte sie die Handgriffe der Wraith. „Selbst wenn Michael die Flucht gelingt, können sie auf diese Weise das Ruder noch immer herumreißen. Sie brauchen nur eine Adresse zu einem ihrer Außenposten, und Atlantis ist verloren.“

Rhyan bewegte sich unruhig. „Warum haben sie das dann nicht schon viel früher getan? Das macht keinen Sinn. Unser Widerstand wäre schneller eingebrochen, wenn sie Verstärkung hätten anfordern können.“

Die Athosianerin lächelte kalt, ohne den Blick vom Kontrollraum zu lösen. „Es ist nur so eine Idee, vielleicht wollen sie auf diese Weise auch einfach nur ihre Haut retten. Aber wer sagt uns denn, dass es nicht auch unter Michaels Gefolgsleuten Ränkespiele um Macht und Einfluss gibt? Sollte es irgend einem von denen dort unten gelingen, Atlantis in seine Gewalt zu zwingen, wäre Michael seiner Machtposition enthoben.“

Ungläubig starrte Rhyan die andere Frau an. Der Gedanke, dass es noch andere Wahnsinnige wie Michael geben könnte, bereitete ihr Übelkeit. „Dann sollten wir dafür sorgen, dass sie keine Gelegenheit für einen Putsch bekommen. Es genügt mir vollkommen einen Wraith wie Michael als Feind zu haben. Ich brauche nicht noch einen zweiten von der Sorte.“

Dort unten hielten sich acht Wraith auf und soweit Rhyan es erkennen konnte, standen fünf von den Insektenwesen nahe den Zugängen des Kontrollraumes. Der Bereich vor dem Stargate war leer. „Kannst du erkennen, ob das DHD wieder funktionsfähig ist?“

„Wir werden es ausprobieren müssen.“ Teyla lächelte dünn. Dann folgte sie Rhyan, die sich in einer fließenden Bewegung über das Geländer zog und mit einem gestreckten Sprung von der Galerie hinab mitten unter dem Feind landete.

'Leid' zog einen schimmernden Bogen, begleitet von einem feinen Sprühregen roten Blutes, als es die beiden nahe stehendsten Wraith in den Tod riss. Ein weiterer Wraith fiel der Klinge zum Opfer, dann war der Weg zum DHD frei und Teyla schoss an Rhyan vorbei zu dem Kontrollpult. Ihre Finger flogen über die Kontrollmechanismen, doch der Ring der Vorfahren blieb stumm.

Fluchend suchte die Athosianerin nach dem Fehler. Vertieft wie sie war, entging sie nur knapp den scharfen Klauen einer angreifenden Kreatur. Die Krallen senkten sich knirschend in die Ummantelung des Pultes. „Halte sie fern, Rhyan! Ich brauche noch einen Augenblick.“ Sie hörte die junge Frau in ihrem Rücken fluchen, das laute Kreischen von Metall. Dann brach eine weitere Kreatur zu ihren Füßen zusammen.

Chaos und Lärm hüllten sie ein und sie musste sich zwingen, nicht ständig den Blick von ihrer Arbeit zu heben. Wo war Rodney, wenn man ihn brauchte? Ohne ihn würde sie das Stargate nicht zum Laufen bringen können. Irgendetwas musste sie übersehen.

Indes hatte Rhyan alle Mühe, die Attacken der verbliebenen Angreifer abzuwehren. Sie tänzelte zurück, verlor mehr und mehr an Boden. Zwei weitere Wraith fielen ihrem Schwert zum Opfer und sie schaffte es, einer Kreatur die Läufe zu durchtrennen, so dass sie kampfunfähig am Boden lag. Blieben insgesamt noch vier Gegner.

Die letzten Insektenbestien waren ihr hart auf den Fersen, versuchten sie immer wieder in die nähe der verbliebenen Wraith zu jagen und drohten ihre Verteidigung in den allernächsten Augenblicken zu durchbrechen. Rhyan spürte bereits, wie ihre Arme unter den heftigen Attacken der langen Klauen zu schmerzen begannen und bei jedem abgefangenen Streich weiter nachgaben. Bereits zwei Mal war die Breitseite ihres eigenen Schwertes schmerzhaft gegen ihren Kopf geknallt. Sie musste der Flut der Attacken entgehen, schleunigst.

So duckte sie sich unter dem nächsten weit geführten Schlag hinweg, tauchte zwischen den Körpern der Wesen hindurch, nur um unmittelbar vor dem Geländer zum Stehen zu kommen, welches hinaus in den unmittelbaren Bereich vor dem Stargate blickte. Grinsend hatten sich dort die zwei letzten Wraith aufgebaut.

Rhyan saß in der Falle.

Etwas veränderte sich. Das Licht wurde heller und das Summen elektrischer Energie wurde lauter. Für den Moment abgelenkt, schauten sowohl die Wraith als auch Rhyan auf und blickten auf die wieder erstarkte Beleuchtung. Teyla hatte es geschafft, Atlantis Energie wieder unter Volllast laufen zu lassen. Mit einem durchdringenden Dröhnen schlossen sich die Türen, schotteten den Kontrollbereich vollkommen von dem Rest der Stadt ab. Jetzt waren sie unter sich, niemand konnte mehr fliehen, niemand konnte mehr dazu stoßen.

Rhyan grinste ihren beiden Gegnern hämisch ins Gesicht. Dann schnellte sie vor, packte den rechts von ihr stehenden Wraith und wurde, weitergetragen von ihrem eigenen Schwung, über das Geländer hinweg in den freien Fall geworfen. Sie drehte sich noch im Fallen, brachte den Wraith unter sich und schlug durch seinen Körper geschützt auf dem Boden auf. Dennoch war der Schmerz des Aufpralls heftig und jagte in Form hunderter kleiner Blitze ihr Rückgrad hinauf. Sie zog 'Leid' quer über den wehrlosen Körper am Boden, dann rollte sie sich von dem Sterbenden und schaute zurück zur Galerie. Der letzte Wraith hatte von einer Verfolgung der Drachenreiterin abgesehen und griff nunmehr Teyla an, die sich ein fulminantes Handgemenge neben dem Kontrollpult lieferte. Rhyan hatte keine Bedenken, dass sie den Wraith würde abwehren können. Schlechter stand es hingegen mit ihrer Situation. Die beiden Bestien hatten offensichtlich entschieden, dass ihnen ein Sprung von der Galerie hinab in den Gatevorraum nichts anzuhaben vermochte.

Das Schwert schützend vor sich haltend, wich Rhyan zurück. Näher an das Stargate heran. Sie war erschöpft, ausgezehrt von den langen Tagen des Kampfes, ohne Essen und nennenswerten Schlaf. Diese Strapazen begannen nunmehr auch deutlich an ihr zu zehren. Und es würde den Kampf gegen diese beiden Monstren unwahrscheinlich erschweren. Sie knurrte drohend, zeigte ihre spitzen Fangzähne. In ihren brennenden Augen war deutlich zu erkennen, wie das Drachenerbe danach trachtete hervor zu brechen, die Kontrolle über ihren Körper zu gewinnen und Rhyan wusste, dass sie mit diesem Vorteil den Sieg bereits so gut wie in der Tasche hatte. Aber sie duldete es nicht. Sie hatte Angst.

Sie war geschwächt. So sehr, dass sie befürchten musste nicht mehr genügend Kraft zurück zu behalten, um den Dämon in ihr einmal mehr zurück in die Schranken weisen zu können. Seit sie Sheppard vor dem sicheren Tod bewahrt hatte, war ihr keine Gelegenheit gegeben worden, die verbrauchten Reserven wieder aufzufüllen. Sie hatte viel aufgeben müssen und es kostete sie all ihre Macht, ihre menschliche Seite weiterhin im Vordergrund zu halten. Erlaubte sie ihrer anderen Seite jetzt hervorzukommen, wusste sie nicht, ob sie danach überhaupt noch menschlich sein konnte.

Indes war der Kampf um die Kontrollen Atlantis in vollem Gange. Teyla war schnell und wendig. Ihre Attacken kamen gezielt und verwirrten ihren Widersacher zusehends. Doch ihr Kopf drohte mit jedem Angriff zu zerplatzen. Ihr war schwindelig und der Blick unangenehm getrübt. Ein Tritt in ihre ungeschützte Seite schleuderte sie zu Boden. Fort von dem Kontrollpult. Am liebsten hätte sie dem Wraith in das widerwärtige Gesicht gespuckt, als dieser sich über die Bedienungselemente beugte, nicht ohne ihr zuvor ein verschlagenes Grinsen zuteil werden zu lassen. Sie schüttelte sich, versuchte den Schwindel zu unterdrücken und stürzte bei dem Versuch, auf die Beine zu kommen. Übelkeit wogte durch ihre Eingeweide.

Durch den Nebel, der sich über ihr Sichtfeld gelegt hatte, sah sie zwei Gestalten wie aus dem Nichts auftauchen. Etwas dröhnte gewaltig, ließ sie gepeinigt zusammenzucken und den Wraith aufschreien. Er stürzte wie ein gefällter Baum.

Eines der beiden Schemen machte sich gleich darauf an dem Kontrollpult zu schaffen, das andere näherte sich der am Boden liegenden Athosianerin, die voller Angst vor den ausgestreckten Händen zurückwich. „Teyla, ich bin es.“

„Doctor Beckett?“ Sie runzelte die Stirn, versuchte vergeblich, ihren Blick zu klären. „Ich verstehe nicht...“

Der Arzt drückte sie mit sanfter Gewalt zurück auf den Boden, eine Hand schützend über ihre Augen haltend. „Bleiben Sie liegen, Teyla. Ihr Kopf...“

„WEG VON DEM STARGATE!“

Das war eindeutig McKays Stimme und sie überschlug sich fast, so deutlich war die Panik seiner Stimme zu entnehmen. Bläuliches Licht spiegelte sich in dem Wänden und der Decke wieder, als das Stargate zum Leben erwachte. Keinen Moment später explodierte der Ereignishorizont fauchend in einer schimmernden Welle, um dann die wasserähnliche Oberfläche des Wurmloches zu formen.

Entsetzt fuhr Teyla aus ihrer liegenden Position auf. Rhyan befand sich dort unten. Wenn der Energieimpuls sie traf...

„Ihr hättet mich ruhig etwas früher warnen können!“ Rhyans erboste Stimme verursachte eine Kaskade aus Erleichterung, die durch den Körper der Athosianerin brandete. Die Drachenreiterin kam schnaufend wieder auf die Füße, einen wütenden Blick zur Galerie werfend. Von den beiden Insektenwesen war keine Spur mehr geblieben. Sie hatte gehört, dass es tödlich sei, sich in dem Bereich vor dem Stargate aufzuhalten, wenn sich ein Ereignishorizont etablierte. Aber eine solch verheerende Wirkung war schlicht und ergreifend beängstigend. Beängstigend beeindruckend und sie war heilfroh, dass sie das Geräusch der sich einloggenden Chevron in ihrem Rücken rechtzeitig gehört hatte.

Das Komunikationsrelais knisterte ungeduldig. „Atlantis, hier ist die Erde. Können sie mich hören? Ich wiederhole, hier ist die Erde. Atlantis bitte kommen.“

Einige Herzschläge glotzte Rodney regungslos auf das zuckende Licht des offenen Funkkanals, so als begreife er nicht, woher so plötzlich diese Stimme kam. Seine Beine wurden weich, drohten unter ihm nach zu geben. Er hatte es grade mal geschafft, die Systeme des Stargates wieder vollständig zum Laufen zu kriegen, als das Wurmloch eingegangen war. Das SGC musste verzweifelt versucht haben, sie zu erreichen.

„Atlantis, hier ist die Erde. Bitte kommen.“

Fahrig strich er sich durch das schweißnasse Haar. Er konnte gar nicht sagen wie froh er war, dass er es aufgegeben hatte, hinter Sheppard und Ronon her zu taumeln und statt dessen beschlossen hatte, zum Kontrollraum zurück zu kehren. Und zu seinem Glück hatten die anderen diesen schon vorher erreicht. Kaum auszudenken was passiert wäre, wenn er der Erste hier gewesen wäre... Er wäre chancenlos.

Entsetzt zuckte er zusammen, als Carson neben ihm auftauchte. „Sollten wir ihnen nicht besser antworten?“

Der Wissenschaftler schüttelte sich. Natürlich sollten sie das, aber die Erleichterung lähmte ihn beinah vollständig. Es war vorbei. Endlich. Mit zitternden Fingern betätigte er die wenigen Knöpfe, um eine Antwort senden zu können.

„Erde, hier ist Doctor Rodney McKay. Wir brauchen dringend ihre Hilfe.“
 

Zitternd holte er Atem und verwünschte den Schmerz, der wie flüssiges Feuer seine Kehle hinab rann. Er hielt ihn bei Bewusstsein, dieser Schmerz. Dabei sehnte er sich so sehr nach dem Frieden einer allumfassenden Ohnmacht.

Durch den Schleier, welcher sich über seine müden Augen gelegt hatte, konnte er kaum mehr etwas erkennen. Er konnte nicht sehen, wo sich sein Peiniger grade aufhielt. Aber so wie ein verwundetes Tier die Anwesenheit eines Räubers wittern konnte, so wusste er doch ganz genau, dass Michael in seiner Nähe war.

Sheppard bebte und hustete krampfhaft, als das Feuer über seine Kehle hinab in seine Lunge brandete. Er musste Michael nicht sehen, um zu wissen mit was für einem hämischen Grinsen dieser sein Opfer jetzt betrachtete. Der Wraith hatte gesiegt. So knapp vor dem Ziel. Jetzt konnte er nur noch beten, dass Teyla im Kontrollraum mehr Glück gehabt hatte. Aber davon würde er nicht mehr allzu viel mitbekommen. Erschöpft ließ der Colonel seinen Kopf zu Boden sinken.

Er hörte die Schritte, die ihn warnten und ihm mitteilten, dass sich Michael wieder erhoben hatte, um eine weitere Runde seines grausamen Rachefeldzuges einzuleiten. Dennoch keuchte er erschrocken, als sich die kalte Hand des Wraith in sein Haar senkte.

„Wer also tötet jetzt wen, Colonel Sheppard? Wo sind Ihre großen Worte, die Sie mir noch vor wenigen Stunden mit solcher Inbrunst entgegen geschrien haben?“ Lachend stieß er ihn zurück und John wappnete sich innerlich gegen die Attacke, die unweigerlich folgen musste. Er versuchte sich klein zu machen, spannte seine Muskeln.

Doch der erwartete Schlag sollte ihn niemals treffen.

Statt dessen wurde der Turm von einem ungeheuerlichen Einschlag bis in seine Grundfesten erschüttert. Schutt und Geröll stürzte laut polternd in die Tiefe und Wand- und Deckenfragmente, die ohnehin nicht mehr fest mit der Bausubstanz verbunden gewesen waren, brachen auseinander. All das erstarb jedoch, verstummte unter dem furchterregenden Brüllen des heranstürmenden Drachen.

In einer langgezogenen Kurve schoss Arokh ein zweites Mal auf das Gebäude zu, stellte mit einem lauten Knall seine Schwingen aus und bremste somit seine mörderische Geschwindigkeit in letzter Sekunde ab. Katzengleich zirkelte er um die eigene Achse, warf sich herum und führte einen machtvollen Schwanzhieb gegen die bröckelnde Mauer. Sie ergab sich dieser ungebändigten Kraft und stürzte in sich zusammen, gab den Weg in die Etage frei, auf der sich Michael und der Colonel befanden.

Die Klauen des Drachen rissen weitere Löcher in die Fassade, als er sich auf den frischen Abbruchkanten nieder ließ, um seinen Körper in das Gebäude zu zwängen. Staub wirbelte auf und blieb in der Luft stehen wie feiner Nebel, hüllte die Szenerie in undeutliche Schattenrisse.

Arokhs Schädel zuckte fauchend aus diesem diffusen Zwielicht hervor, trotz der schlechten Sicht beängstigend zielgenau und Michael konnte sich grade noch mit einem hastigen Sprung nach hinten vor den blitzenden Fängen in Sicherheit bringen. Nur Millimeter neben seinem Kopf schlugen sie ins Leere.

Michael stolperte. Seine weit aufgerissenen Augen waren auf den Schatten der Echse gerichtet und mussten machtlos mit ansehen, wie der Drache seine Vorderpranken auf den viel zu kleinen Jäger setzte. Seine Krallen rissen die empfindliche Außenmembran schonungslos auf, glitten durch die Hülle als wäre sie nur Papier. Dann gab die ganze Konstruktion knirschend nach, faltete sich zusammen wie ein Kartenhaus. Fast schien es, als würde der Drache nun seinerseits gehässig grinsen. Flammen leckten zwischen den entblößten Fängen hervor.

Er ließ von dem Jäger ab wie von einem Spielzeug, das nicht länger von Interesse war und Michael wich noch weiter zurück, als der Drache näher kam. Seine linke Schwinge entfaltete sich und schob sich schützend über den noch immer am Boden liegenden Sheppard. Gleichzeitig erzitterte der Boden von dem drohenden Grollen Arokhs.

Wut brannte in Michael, ließ ihn in ohnmächtigem Zorn die Hände zu Fäusten ballen. Aber seine Furcht vor einem Wesen wie Arokh war größer als sein Hass. Alles was ihm jetzt noch blieb, war die Flucht. Doch wie sollte er das anstellen, jetzt wo sein Jäger unwiederbringlich zerstört worden war? Seine Forschungsziele und seine Untergebenen, die ihn auf dieser Mission begleitet hatten, waren ersetzbar. Nicht aber er selber. Wenn er jetzt und hier starb, waren die letzten Jahre voller Schmerz und Einsamkeit umsonst. Er hätte nichts erreicht.

Aus der Ferne erklang ein klagendes Heulen. Ein Wimmern, hart an der Grenze zum schmerzhaften Misston, aber für Michael klang es wie die Melodie eines wunderbaren Liedes, welches sein Herz anschwellen ließ. Durfte er doch noch hoffen? Würden seine Brüder kommen ihn zu holen? Er schaute auf und suchte den abendlichen Himmel nach dem ersehnten Schatten ab.

Michael vermutete stark, dass die Atlanter mittlerweile herausgefunden haben würden, dass sein Basisschiff in der Umlaufbahn des Planeten kreiste. Er hatte gespürt, wie seine Wraith-Brüder in dem Versuch, das Kontrollzentrum der Stadt zu halten, gefallen waren. Aber die Menschen würden trotz allem nichts dagegen ausrichten können. Selbst wenn sie noch einen Jumper starten würden, das kleine Fluggerät wäre machtlos gegen die zerstörerische Gewalt des Basisschiffes. Und die Daedalus war weit fort, als einziges Kriegsschiff, das ihm jetzt noch gefährlich werden konnte.

Das Lächeln kehrte zurück auf Michaels Züge. „Ihr könnt mich nicht aufhalten. Ich bin schon viel zu weit vorangeschritten, als dass dieser Rückschlag mich jetzt noch stoppen könnte. Euer Widerstand ist erbärmlich und ihr werdet die Ersten sein, die sich meiner Macht unterwerfen werden.“ Triumphierend lachte er auf, machte auf dem Absatz kehrt und begann zu rennen.

Die Feuerlohe, welche ihm der Drache entgegen geworfen hatte, strich heiß wie Höllenfeuer hinter seinem Rücken entlang, verfehlte ihn jedoch und hinterließ eine Schneise aus verkohlten Trümmern. Michael konnte das Zittern des Gebäudes fühlen, als sich Arokh in Bewegung setzte, um ihn zu stellen. Der Hass des Drachen war allgegenwärtig, drückte ihn nieder, aber er kämpfte gegen die mentale Kraft der Echse an. Er war ein Wraith und würde sich nicht unterwerfen. Zumal der Drache ihn nicht mehr rechtzeitig erreichen würde.

Vor ihm in der Außenfassade klaffte ein mannshohes Loch, groß genug, um ihn geduckt hindurch zu lassen. Dahinter gähnte der Abgrund.

Entschlossen spannte sich Michael, nutzte seinen Schwung, um in einem gehechteten Sprung durch dieses Loch zu schlüpfen. Hinter sich konnte er Arokh aufschreien hören, ein nervenzerfasernder Laut, und eine weitere Feuerwelle schoss durch die Öffnung hinaus in die Abendluft. Aber da befand sich der Wraith bereits im freien Fall. Lachend drehte er sich im Sturz, blickte zurück zu dem tobenden Drachen, wie er in rasender Geschwindigkeit kleiner wurde. Noch bevor dieser überhaupt seine Schwingen entfalten konnte, um ihm nachzusetzen, schoss ein Jäger aus den Schluchten der Stadt heran. Sein Suchstrahl leckte bereits in gleißendem Licht über die Fassaden der Gebäude. Dann wurde Michael von diesem Licht erfasst und umschlossen. Er verschwand, als hätte es ihn niemals gegeben.

Der Jäger drehte bei und floh zurück in den tiefblauen Himmel, an dem langsam die ersten Sterne zu erkennen waren. Zurück in die Weiten des Orbit und dem sicheren Schutz des Basisschiffes.

Stille Helden

„Es ist nicht seine Entscheidung gewesen! Dieser Befehl wurde von mir ausgesprochen und lediglich gemäß meinen Anweisungen befolgt. Ihre anmaßenden Anschuldigungen sind falsch, deren Folgerungen dramatisch. Sie können nicht zulassen, dass ein Unschuldiger für etwas verurteilt wird, dessen Verantwortung er nicht zu tragen hat.“ Elizabeth Weir konnte nur unter größter Mühe ihren Zorn im Zaum halten. Innerlich brodelte es und am liebsten würde sie diesen schlipstragenden Verräter an ihrer Seite ins Gesicht schlagen. Aber sie war eine Diplomatin und nichts anderes würde ihre Leute jetzt schützen. Ihr Gesicht war versteinert, die funkelnden Augen auf den Hinterkopf des Mannes gerichtet, der so viel Ärger mit sich gebracht hatte.

„Als Leitender Militäroffizier und, mit Verlaub, im Falle Ihrer Abwesenheit Leiter dieser Stadt, kann man von Colonel Sheppard erwarten, Befehle zu ändern. Ein Umstand, der den Menschen, die auf Atlantis zurück geblieben und in dem Vertrauen gewesen sind, dass sie hier sicher und in guten Händen sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hätte. Die Verluste sind dramatisch, Doctor. Nicht meine Anschuldigungen.“

Elizabeth schnaubte. „Jeder der hier her kommt, und sei es nur für ein paar Tage, weiß, dass er hier niemals wirklich sicher ist.“ Sie erreichten einen Transporter und zwängten sich dich nebeneinander in die kleine Zelle. Wütend maß sie ihr Gegenüber. „Das können Sie einfach nicht tun, Mr. Woolsey. Sie wissen genau wie wichtig Colonel Sheppard für diese Expedition ist. Niemals würde er leichtfertig das Leben der Menschen auf Atlantis gefährden.“

„Aber Sie möglicher Weise, oder wie darf ich das verstehen?“ Woolsey warf ihr einen flüchtigen Seitenbilck zu. Seit er auf Atlantis eingetroffen war, mied er ihren Blick. „Das Militärgericht wird über die Schuld oder Unschuld John Sheppards entscheiden. Er dürfte sich damit ja bereits zu genüge auskennen. Was Sie betrifft, Dr. Weir, seien Sie froh, dass Sie Zivilistin sind und nicht im Dienste des amerikanischen Militärs stehen.“

Das war schlicht und ergreifend unverschämt. Weir war klar, dass für dieses Desaster ein Verantwortlicher gefordert wurde. Aber mit John traf es den Falschen. Nur war es bei ihm leichter, an seinem Stuhl zu sägen, als bei ihr. Dennoch machte sie sich nichts vor. Wenn John fiel, würde auch ihr Stand als Expeditionsleiterin geschwächt sein. Sie traute dem Trust durchaus zu, auf diese Weise lange geplante Intrigen endlich in die Tat umzusetzen.

„Sheppards Akte ist weit davon entfernt unbefleckt zu sein, Doctor. Der Trust will Köpfe rollen sehen. Seien Sie froh, dass es nicht der Ihre ist, den sie fordern. Es hätte schlimmer kommen können.“ Er lächelte und verließ dann vor ihr den Transporter. Einen kurzen Moment schien er orientierungslos, dann wandte er sich nach rechts und strebte der medizinischen Abteilung entgegen.

Elizabeth schnappte empört nach Luft. Wollte er ihr damit etwa sagen, dass sie John opfern sollte, um selbst am Ruder verbleiben zu können? „Das werde ich niemals zulassen, Woolsey, das wissen Sie.“ Ihre Stimme war frostig.

„Sie werden keine andere Wahl haben, wenn Sie Ihre Stellung nicht noch weiter gefährden wollen. Denken Sie an all die Menschen hier.“ Er machte eine ausladende Geste. „Sie vertrauen Ihnen und sind jetzt mehr denn je auf Sie angewiesen, nachdem ihr Vertrauen von einem Ihrer Führungsmitglieder so schändlich missbraucht wurde.“

„Colonel Sheppard hat unter Einsatz seines Lebens für diese Menschen gekämpft. Nicht allein in den vergangenen Tagen, sondern bereits die Jahre zuvor. Was Sie da behaupten ist Blasphemie. Er besitzt von all den Leuten, die hier arbeiten, das meiste Vertrauen.“

Woosley antwortete nicht. Er schien der Diskussion müde und Elizabeth platzte ob dieser Unverschämtheit beinah.

„Ich habe meine Befehle, Elizabeth, obgleich auch ich nur das ausführende Organ bin. Ich enthebe Sheppard seines Amtes, wie es aussieht wird er sogar unehrenhaft entlassen werden, sobald das Militärgericht mit ihm fertig ist.“

Sprachlos suchte Elizabeth nach Worten, aber nichts was sie hätte sagen können, würde dieser verdrehten Wahrheit gerecht werden. „Sie wollen das nicht allen Ernstes jetzt vollziehen?“ Fassungslos versperrte sie ihm den Weg. „Sheppard liegt auf der Krankenstation. Er wird kaum in der Lage sein...“

„Das muss er auch nicht. Es genügt, wenn er zuhört. Zumal er von nun an unter Arrest steht.“

Das erklärte die zwei Marines, die von Anfang an ihre Wege begleitet hatten.

„Er wird wohl kaum aus seinem Krankenbett fliehen.“

„Nun, dass sehen einige Leute ganz anders. Wir sind hier in einer anderen Galaxie. Da ist es einfach sich abzusetzen und dem langen Arm des Gesetzes zu entgehen. Vor allem wenn man sich so gut auskennt wie Sheppard es tut. Es wird so lange von einer Fluchtgefahr ausgegangen, bis er sich in Gewahrsam auf der Erde befindet.“

Weir waren die Hände gebunden. In die Angelegenheiten des Militärs konnte sie sich als Zivilistin nur schwer einmischen. Sie würde warten müssen, bis Anklage vor dem Militärgericht erhoben wurde, dann würde sie ihn verteidigen können. So wie jeder andere, der an seiner Seite gekämpft hatte. Bis dahin, würde sie dieses verlogene Spiel mitspielen müssen und John in die Hände des Trust geben. Am liebsten hätte sie vor Wut geschrien. Sheppard hatte nicht verdient, dass man ihn derart demütigte.

Sie erreichten die Krankenstation, in der ausnahmslos alle Betten belegt waren. Einen Teil der zurückgebliebenen Einwohner hatten sie aus Michaels Versuchsgeräten retten können. Einen bedrückend kleinen Anteil, das musste auch sie sich eingestehen. Was geschehen war, war eine Tragödie. Ein furchtbares Unglück, das nicht auch noch im Nachhinein zu einer Katastrophe werden durfte. Elizabeth schluckte. Wie hatte all das so dramatisch schief gehen können?

Im zurückgesetzten Teil der Station gab es einen Bereich, der durch rollfähige Tuchwände vom Rest abgeschirmt worden war. Dort befanden sich die Betten von Teyla, McKay, Ronon, Rhyan und Sheppard. Selbst Carson hatte dort ein Bett zugeteilt bekommen, doch niemand konnte ihn daran hindern, in der medizinischen Abteilung umher zu laufen und seine Arbeit zu tun. Er kümmerte sich aufopferungsvoll um die Verletzten.

Nicht mal eine halbe Stunde nachdem McKay den Ruf der Erde erwidert hatte, waren die ersten Rettungsteams durch das Stargate nach Atlantis gekommen. Unter ihnen auch ein Team bestehend aus Ärzten und Sanitätern. Auch Dr. Weir war unter den Ersten gewesen, die zurückgekehrt waren.

Die letzten versprengten Gruppen von Michaels Untergebenen und Geschöpfen konnten schnell gestellt und eliminiert werden. Teyla hatte ohne Rodney zwar nicht das Stargate zum Laufen bringen können, doch alle anderen Kontrollen waren wieder funktionsfähig gewesen. So hatte sie mit Hilfe der Lebenzeichendetektoren die fliehenden Wraith geortet und in den Bereichen, in denen sie sich zu diesem Zeitpunkt aufgehalten hatten, festgesetzt. Die Marines brauchten nur noch diese Areale aufsuchen und den Feind zerstören.

Mehrere Jumper waren gestartet, um nach dem Basisschiff in ihrer Umlaufbahn zu suchen und gegebenenfalls den Kampf zu eröffnen. Aber der Orbit über dem Planeten war leer, ohne eine Spur auf den Verbleib von Michael und seinem Schiff.

Sheppard und Ronon waren geborgen worden, nachdem Arokh die beiden bewusstlosen Männer die weite Strecke vom Nord-Pier in das Stadtzentrum getragen hatte. Ronon hatte einen Schlag auf den Kopf erhalten und konnte von Glück sagen, dass sein Schädel der Wucht der Attacke standgehalten hatte. Mehr als eine Gehirnerschütterung und furchtbaren Kopfschmerzen würde er nicht davon tragen. Carson hatte ihm ein leichtes Sedativum verabreicht, dass ihn tief und fest schlafen ließ. Offenbar befürchtete er, dass der Sateder ansonsten einfach von seinem Krankenbett aufstehen würde, um den Suchtrupps beim Durchkämmen der Stadt zu helfen. Kopfschmerzen und ein ausgekugelter Arm würden ihn kaum daran hindern.

Sheppard hatte notoperiert werden müssen und auch das hatte Carson sich nicht nehmen lassen. Mehr als eine Stunde hatte er hart um das Leben seines Freundes kämpfen, und sich zusätzlich auch noch gegen Rhyan durchsetzen müssen, die bereitwillig auch den Rest ihrer menschlichen Seele geopfert hätte, um den Soldaten zu retten. Beckett hatte es nicht geduldet und hatte sie kurzerhand aus dem OP entfernen lassen. Es tat ihm leid, ihr so etwas anzutun. Sie liebte den Colonel und hatte jedes Recht in diesen schweren Stunden an seiner Seite zu sein. Aber Carson erlaubte sich keine negativen Gedanken. Sie würden noch genügend Zeit miteinander haben. Dafür musste er sorgen und dazu brauchte er Ruhe.

Weir schob eine der Tuchwände zur Seite und betrat als Erste den kleinen Bereich von Sheppards Team. Noch immer waren einzelne Truppen in der Stadt unterwegs, die jeden noch so entlegenen Winkel nach Nestern absuchten. Es würde Tage dauern, bis sie damit fertig werden würden. Ansonsten war mehr oder weniger wieder Normalität eingekehrt. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem Woolsey heute Morgen durch das Stargate getreten war.

Er folgte ihr in den stillen Raum und war vollkommen damit beschäftigt, den beiden Marines Anweisungen zu erteilen, wie sie Sheppard zu behandeln hatten. Elizabeth wurde schlecht. Sie würde nicht zulassen, dass man John an seinem Bett fest kettete.

„Gentlemen, geben sie uns einige Minuten allein mit meinem Team.“ Weir bedachte die Soldaten mit einem dünnen Lächeln. „Ich verbürge mich für meine Untergebenen. Würden sie also bitte so freundlich sein und draußen warten?“ Sie starrte Woolsey nieder, als dieser den Mund öffnete, um Widerspruch zu erheben. „Atlantis steht unter meinem Kommando, Mr. Woolsey. Wagen Sie es nicht meine Autorität anzuzweifeln!“

Die Marines traten zurück und zogen sich in einen entfernteren Teil der Krankenstation zurück. „Elizabeth, Sie bringen sich in Teufels Küche mit diesem Verhalten. Dem Militär obliegt es ...“ Er verstummte erschüttert, als er endlich seinen Blick von seinem Gegenüber löste, um den Raum in Augenschein zu nehmen. Sechs Betten standen hier dich beieinander, davon waren zwei leer. Ronon, Teyla und McKay lagen im tiefen Schlaf der totalen Erschöpfung. Dr. Becketts Bett war nach wie vor unangetastet.

Von dem abgetrennten Bereich konnte man durch mehrere deckenhohe Fenster auf eine geschwungene Außengalerie blicken. Dort, direkt vor den Fenstern, hatte sich Arokh nieder gelassen. Ein gewaltiger Schatten, auf dessen Schuppen sich die Sonne brach. Deutlich waren auch bei ihm die Spuren frischer Verletzungen zu erkennen, die verletzte Schwinge streckte er noch immer leicht von sich.

Man hätte meinen können, dass der Drache es war, der Woolsey die Sprache verschlagen hatte. Doch sein Blick haftete auf Sheppards Bett und begegnete dann den Augen des Doktors.

Beckett stand neben dem Lager seines Freundes, offenbar damit beschäftigt, seine Werte zu kontrollieren. Verwundert musterte er die beiden Neuankömmlinge. „Dr. Weir, Mr. Woolsey.“ Dann lächelte er Elizabeth an, ein offenes und ehrliches Lächeln. Die Strapazen und Sorgen der letzten Stunden standen ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, aber dennoch hinderte ihn das nicht daran, seiner Erleichterung Ausdruck zu verleihen und nach wie vor ein wachsames Auge auf seine Schützlinge zu haben. „Sie hat sich wieder aus ihrem Bett geschlichen, der Schlingel. Ich kann machen was ich will, aber sie hört nicht auf mich.“

Offenbar meinte er damit Rhyan. Ihr Bett stand direkt neben dem vom Sheppard und war leer bis auf die zerwühlten Laken. Statt dessen hatte sich die junge Frau auf den beengten Platz neben dem Amerikaner gelegt, dicht an ihn gekuschelt, den Kopf auf seiner Schulter und einen Arm schützend um seine Mitte gelegt. Beide schliefen, Johns Nase war tief in das offene Haar der Drachenreiterin gewühlt, seine Lippen ruhten auf ihrer Stirn. Sein Gesicht wirkte hager, erschreckend blass.

Es hätte ein friedliches Bild sein können. Aber Sheppards Anblick ließ Elizabeth frösteln und auch Woolsey schien es die Sprache verschlagen zu haben.

Ein dünnes Laken bedeckte seinen Körper bis zu den schmalen Hüften und gestattete damit einen ungehinderten Blick auf Oberkörper und Arme, die gezeichnet waren von blauschwarzen Hämatomen. Deutlich hoben sich dagegen die Wunden ab, die Michael mit seinen krallengleichen Fingernägeln und dem Kabel geschlagen hatte. Carson hatte sie sorgfältig verschlossen, doch noch immer leuchteten sie in einem grimmigen Rot. Der Doktor hatte auf Verbände verzichtet, um einem drohenden Wundbrand zuvorkommen zu können. Lediglich die Bauchwunde hatte er durch eine dicke Wundauflage geschützt. Noch immer blühten zartrosane Blutflecken auf dem ansonsten makellosen Weiß.

Vor allem Woolsey schien darüber nicht erbaut zu sein. Entsetzt starrte er die Verletzungen an.

„Es hätte nicht viel gefehlt und Sie hätten ihn als „im Kampf gefallen“ bezeichnen müssen.“ Carson lächelt schwach und strich dem Colonel behutsam über die Stirn. „Das Gröbste hat er überstanden. Aber es wird lange dauern, bis wir den Sheppard zurück haben, wie wir ihn kennen.“

Elizabeth schmunzelte. Hatte Dr. Beckett etwas von dem Gespräch zwischen Woolsey und ihr hier her mitbekommen? Sein Gesicht war bis auf die aufrichtige Betroffenheit und Sorge vollkommen ausdruckslos. Aber die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht und hatten selbst Woolsey tief getroffen.

Der strich sich fahrig über seine wenigen Haare und schluckte mehrfach trocken. Deutlich trat ihm der Schweiß auf die Stirn. Es war etwas vollkommen anderes, fern ab der Katastrophe über die Vorgänge auf Atlantis zu diskutieren und Anschuldigungen zu erheben, und dann unmittelbar vor den Leidtragenden zu stehen, welche die Last dieser Tragödie wirklich auf ihren Schultern trugen. Sheppards Zustand war erbarmungswürdig, selbst ein politisch geleitetes Herz, wie das von Mr. Woolsey, konnte sich dem nicht einfach verschließen.

Sein Blick hob sich und begegnete eher ungewollt den Augen des Drachen vor dem Fenster. Arokh hatte seinen Kopf von den mächtigen Pranken gehoben und schaute aufmerksam auf den Mann neben Dr. Weir. Seine goldenen Augen funkelten. Es war beängstigend, wie viel Weisheit und Alter hinter ihnen verborgen waren. Und obwohl der Drache kein Wort mit ihm wechselte, konnte sich Woolsey den Eindruck nicht erwehren, dass dieser ganz genau wusste, was er grade dachte. Sein Blick sagte mehr als Worte. Ehrfürchtig starrte Woolsey zurück, klein und unbedeutend wie er war. Wer war er, ein solches Urteil fällen zu können? „Ich hatte keine Ahnung...“

„Nein, die hatten Sie in der Tat nicht.“ Die Schärfe war aus Dr. Weirs Stimme gewichen. Es schmerzte sie, auf diese wehrlosen Menschen zu blicken und zu wissen, wie man über sie auf der so weit entfernten Erde sprach. Es war nicht gerecht. Die Erde konnte nicht beurteilen wie es war, fern ab aller bekannten Grenzen, auf sich allein gestellt und der ständigen Gefahr des Todes ausgesetzt. Und dann wurden die eigenen Leute noch in die Knie gezwungen.

Furchtlos sah sie Woolsey in die Augen. „Haben Sie immer noch vor diesem Mann sein Kommando zu entziehen, ihm seine Existenzgrundlage zu rauben? Können Sie ihm ins Gesicht sagen, dass er ein Verräter ist? Dass er versagt hat und der Trust seinen Kopf will?“

Woolsey sah aus, als wolle er aus dem Raum stürzen. Er sah sich eindeutig mit einer Situation konfrontiert, der er nicht gewachsen war. „Ich...“ Erneut strich er sich über den Kopf, lockerte den Sitz seiner Krawatte.

„Sieht so ein Mann aus, der nicht für seine Schutzbefohlenen kämpft? Der sich von seiner Aufgabe Leben zu schützen abwendet?“ Sie genoss es, wie der Mann sich unter ihrem Blick wandt.

„Nein... nein in der Tat. Es...“ Woolsey schloss für einen Moment die Augen. „Ich werde dafür sorgen, dass man ihn in Frieden lässt, bis er von seinen Verletzungen genesen ist. Ich werde den Befehl zum Arrest aufheben lassen.“ Für einen Moment sah es so aus, als wolle er Sheppard berühren. Er konnte sich dem Bild dieser beiden Menschen nicht entziehen, dieses tragischen Anblicks. Sein Herz wurde schwer.

„Ich werde auf die Erde zurück kehren und dem Trust meinen Bericht vorlegen.“ Er blickte Elizabeth an, traurig, geschlagen. „Ich werde sehen, was ich tun kann. Sehen Sie, was Sie tun können, Dr. Weir. Vielleicht können wir dann ein weiteres Unglück abwenden.“

„Das werde ich.“ Die Expeditionsleiterin nickte und endlich stahl sich wieder ein schwaches Lächeln auf ihre Lippen. „Verlassen Sie sich auf mich, Mr.Woolsey und benachrichtigen Sie mich, wenn Sie mich bei den Verhandlungen benötigen.“

Ihr Gegenüber lachte tonlos. „Oh ja, mit Sicherheit. Elizabeth, Sie sind eine gefürchtete Diplomatin. Der Trust wird es sich zwei Mal überlegen, ob er mit Ihnen in Verhandlung tritt.“

„Dann ist es ja gut so.“ Ihr Lächeln wurde wölfisch.

Woolsey starrte sie einen Moment lang konsterniert an, dann nickte er abwesend und verließ, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, den kleinen Bereich.

Für Elizabeth sah es verdächtig nach Furcht aus, die den Mann so eilig hatte fliehen lassen. Furcht vor der Wahrheit und der Grausamkeit, die ihrer aller Aufgabe innewohnte. Von einem Schreibtisch aus betrachtet war es halt immer etwas anderes.

Sie seufzte tief. Die erste Schlacht hatte sie gewonnen und so konnte sie sogar lächeln, als sie Arokh in die Augen sah. Der Drache schnaubte, sein Atem kondensierte an der Scheibe zu feinem Dunst, dann nickte er und ließ den gehörnten Schädel zurück auf seine Pranken sinken. Sollte der Drache ihr damit grade wirklich Respekt gezollt haben?

Elizabeth trat an das Bett vor sich heran und zog behutsam das Laken höher, deckte mit ihm sowohl Sheppard als auch Rhyan zu. Sie war nur froh, dass die Anwesenheit der Drachenreiterin zu keinen weiteren Problemen geführt hatte. Bei ihrer Fremdartigkeit hätte es die Expeditionsleiterin nicht gewundert, hätte der Trust auch in ihr eine Gefahr gesehen. Doch offenbar waren sie mit naheliegenderen Intrigen beschäftigt. Elizabeth schnaubte verächtlich.

Es war nicht das erste Mal, dass sie sich derartiger Probleme gegenüber sah. Sie hatte um Teyla kämpfen müssen, so wie sie um Ronon hatte kämpfen müssen. Bei Sheppard hatte sie gewusst, wen sie sich mit ihm in ihr Team holte und sie hatte diese Entscheidung nie einen Moment bedauert. Entgegen der Aussage, die seiner Akte unmissverständlich anhaftete, war er ein loyaler und aufrechter Mann, der auch den Mut hatte Befehle zu verweigern und seinen eigenen Weg zu beschreiten.

Trotz aller Bedenken, die sie ab und zu auf Grund dieses Umstandes gehegt hatte, waren sie und Sheppard niemals ernsthaft aneinander geraten. Er stand in ihrem Rücken, zweifelte ihre Autorität nicht an und ordnete sich unter. Meistens. Elizabeth lächelte. Ihr war nur zu klar, dass es dem Trust schon nicht gefallen hatte, als sie Sheppard in den Rang eines Colonels hatte heben lassen. Sie hatte ihnen damals keine andere Wahl gelassen, sie mit ihrem eigenen Mitteln geschlagen – und womöglich die Grundlage für dieses Ränkespiel gelegt. Doch was sie angefangen hatte, würde sie auch zu Ende führen. Und sie würde es ihnen nicht leichter machen.

Sie war nicht umsonst zur Leiterin dieser Expedition erwählt worden. Sie hatte so vieles dafür aufgegeben, Gott allein wusste, wie sehr es sie zerrissen hatte. Und allein diesen Opfern war sie es schuldig, nicht zu einer Marionette zu werden. Und sie würde nicht ihre Leute opfern, um es dem Trust zu ermöglichen, eigene Spieler aufs Feld zu führen, welche das Machtverhältnis zu deren Gunsten beeinflussen sollten. Wenn sie annahmen, dass es so einfach war, würden sie sich noch wundern. Sie würde niemandes Kopf ausliefern, außer vielleicht den von Woolsey.

Atlantis stand unter ihrem Schutz und damit jeder einzelne seiner Einwohner. Sie würde kämpfen. Und es würde kein schönes Gefecht werden.

Dr. Weir lächelte. Für die anderen.
 

Ende



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Von: abgemeldet
2012-12-28T22:50:11+00:00 28.12.2012 23:50
Guten Abend. Ich hab deine Geschichte schon vor einer Weile gelesen und hab heute endlich mal die Muse, in Wort zu fassen, was ich davon halte. ^^

Im Großen und Ganzen hat mir die Geschichte (vor allem als SGA-Fan) ziemlich gut gefallen, sie hat jedenfalls einen guten Eindruck hinterlassen.
Es gab aber ein paar Sachen, die mich (persönlich) gestört haben:
1. Es waren teilweise ein paar Fehlerchen drin, die den Lesefluss gestört haben. Vielleicht könntest du ja nochmal drüberlesen, das waren nämlich kaum schlimme Fehler.
z.B. Du hast das "Sie" (höfliche Anrede) manchmal klein und manchmal groß geschrieben - soweit ich informiert bin (und das ist vermutlich schlecht xD) sollte es wenigstens einheitlich sein. Aber bei dir ist es mal so, mal so. Und ja, das ist pingelig. Aber es hat meinen Lesefluss einfach gestört. ^^"
3. Die Handlung war eigentlich richtig gut, aber mir persönlich war es dann doch ZU VIEL Spannung. Es gab kaum Ruhephasen, das SGA-Team war immer unterwegs. Am Anfang waren zwar Passagen drin, in denen sie sich nur beraten haben, aber sonst war IMMER Spannung dabei. Das ist eigentlich auch gar nicht so schlimm, weil bei vielen Geschichten ja gerade die Spannung fehlt. Aber ich war deswegen STÄNDIG in Alarmbereitschaft, da ja was passieren könnte. x.x
4. Genauso empfand ich die Kampfszenen zwar als genial beschrieben, aber auch etwas zu viel. Ich weiß ja, dass im Original auch viel drin ist, aber ich meine, dass da öfter Ruhephasen drin sind.
5. Und nun zu deinem OC Rhyan: Ich fand sie im Prinzip sehr realistisch, zumindest anfangs. Später, als sie dann Michael angreifen konnte, sich was zwischen ihr und Sheppard anbahnte und dass sie eigentlich nie wirklich schwach geworden ist, wirkte sie schon leicht wie eine Sue. Ich fand sie aber auch nicht unbedingt sympathisch, deswegen fällt das hier wohl so schlecht aus. ^^" Aber wie gesagt: Sie passte dazu. Wenn man die Serie nicht kennen würde, könnte man sie glatt für einen Charakter der Serie halten. ;)


So, was mir aber dafür sehr sehr gut gefallen hat:
1. Die Charaktere waren IC <3 Sowas ist immer schön zu lesen, gerade weil in vielen FFs die Charaktere das machen, was der Autor will, und nicht das, was sie wollen. Mir hat vor allem deine Darstellung von Michael gefallen - die hat einfach gut gepasst. :)
2. Die Handlung <3 <3 Sie hat einfach perfekt zu SGA gepasst und hätte als eigenständige Folge gelten können. Sie passt sich gut den Gegebenheiten und Charakteren an und ist realistisch aufgebaut. Uuund die Struktur passt einfach zu SGA. Punkt. ^^
3. Ich mochte deinen Schreibstil, der nicht nur zu gut zu SGA passt, sondern auch von den Beschreibungen her gut ist. Bis auf die paar erwähnten Fehler konnte man einfach sehr flüssig durch die ganze Geschichte lesen. ^^


Auch wenn (rein mathematisch) die negativen Punkte überwiegen, so gebe ich zu, dass sicherlich einiges extra gesucht erscheint, weil man ja nicht nur rumquietschen will. Ich mochte die Geschichte trotzdem ziemlich gern, mal eine längere Geschichte, die ich nicht gegen Mitte an die Wand klatschen wollte. ;)

Auf jeden Fall ein verdientes YUAL und für mich als SGA-Fan ein Schmankerl. ^^
Von:  MorgainePendragon
2010-02-19T15:14:29+00:00 19.02.2010 16:14
Und das war es also, das Ende. Und was für ein wunderschöner, passender Titel.
Finde ich gar nicht so verkehrt, dass Sheppard nun GAR nicht mehr zu Wort kommt - nicht, weil er es nicht verdient hätte oder ich ihn nicht mögen würde, sondern einfach weil du dadurch Dr.Weir für ihn kämpfen und sprechen lässt, damit einmal mehr herausstellst, was für eine wunderbare, fähige und zu allem entschlosene Leiterin sie ist. Ich bewundere und liebe Dr.Weir. Ich war so entsetzlich traurig, als sie ersetzt wurde. Ich freu mich sehr, hier am Schluss nochmal etwas von ihr lesen zu können - in deinen Worten, die das so wunderbar und treffend einfangen, was sie wirklich ausmacht. Ich danke dir für diese Geschichte und auch für diesen wunderbaren, ruhigen Abschluss.
Wenn auch Woolsey ein wenig quer im Magen liegt. Aber: Wem nicht?^^ Solche Idioten gibt es wirklich ÜBERALL. Schön, dass ihnen hin und wieder auch mal die Worte fehlen und ihnen auch mal gezeigt wird wo der Hammer hängt *lach* *wölfisch grins.................*

Carson ist so süß... Gönnt sich keine Ruhe und kämpft um das Leben Sheppards und um die Gesundheit aller seiner Kollegen, nein, seiner Freunde. Denn das sind sie ja nun auch wirklich. Super dass es Ronon gut geht *ggg*. Aber natürlich hat mich dieses sanfte, schöne Bild von dem schlafenden Paar am Meisten angerührt. Mehr als es Worte könnten. Hast du toll hinbekommen.

Die abschließenden Worte von Weir fand ich dann besonders gelungen. Ich würde mein Leben in die Hände einer solch fähigen Expeditionsleiterin geben, ohne Scheiß. Sie würde einem nie in den Rücken fallen. Das ist einfach nur schön. Tröstlich. Wie gesagt, einer meiner Lieblingscharas.

Sheppard geht's besser! Wunderbar. So muss das auch sein. Und Arokh hätte Woolsey ruhig mal ein wenig angrillen können. Hätt ihm net geschadet. *lach*

Die Story ist wirklich gelungen. Mehr noch als die erste find ich, da klaustrophobischer, intensiver. Mein Empfinden.^^ Das Blut fließt ist gut und richtig insofern, als dass es nun mal Blödsinn wäre, wenn man das ausließe. Hier rollen nunmal Köpfe. Wie kann da authentischerweise KEIN Blut fließen? Es gehört dazu. Sonst wär's beschönigt. Alles passt sich sehr gut ein und zusammen. Ich fühlte mich immer gut unterhalten. Gelungen, Nighty-Schatz, sehr gelungen^^.

Ich freu mich auf weitere "Ergüsse" deiner Fantasie! *ggg*

Deine Mado-sis^^x
Von:  MorgainePendragon
2010-02-19T14:50:33+00:00 19.02.2010 15:50
OOooooowwww! Oh Scheiße! Och NEEE!!! *schimpf*

Auch wenn ich ja immer ein kleiner Befürworter Mikes war... Ich hatte mir das Ende jetzt so schön RUND vorgestellt. Drache und Sheppard im Teamwork schicken Micheal in sein wohlverdientes Ende... Pöh... Denkste... *grmbl*
So ein MIST! Jetzt wird er wiederkommen. Wie ein Steh-Auf-Männchen. Immer wieder. Bis Sheppard ENDLICH mal Rache nehmen darf. Wann das sein wird weiß wohl niemand, oder? Oder gibt's in der letzten Staffel vielleicht die Chance... *überleg* Nun ja, ich werd's ja sehn^^

Fulminant.
Ja. So kann man Teylas Kampfkünste wirklich auch nennen. Ich kanns mit bildhaft vorstellen^^.
Und endlich, endlich ist Hilfe in Sicht. Wurde auch Zeit^^.
So, dann mal zum Abschluss. Ich kann jetzt nicht einfach kurz vorm Ende aufhören... *rüberhüpf* *lechz*
Von:  MorgainePendragon
2010-02-19T14:32:40+00:00 19.02.2010 15:32
Jaaaaja, schon gut, Mike IST ein Sadist. Wenn er solche Freude daran zu haben scheint, Sheppard leiden zu sehen... *grmpf* Mein Mitleid schrumpft.
Armes Sheppi! Oh man, dass ist ja ein Ritt, ehrlich. Spannend ohne Ende.
Aber was heißt hier bitteschön Ronon und besiegt? Wie soll das gehen? *lach* Schööön im Schatten ist das passiert, so dass es keiner mitbekam. Wäre Ronon wohl sonst auch peinlich, was? *lach* Niedlich, wie er sich auf die Brust schlägt bevor er angreift. So typisch Sateder und Jäger. So typisch ER.^^

Oh und schreib anstatt "es bestand ja eh keine Chance" lieber "es bestand ja ohnehin keine Chance" oder so. Das klingt besser. Ansonsten bin ich wieder begeistert! Wenn ich es auch etwas seltsam finde, dass man ein Stromkabel derart beeinflussen kann, es als Waffe zu benutzen - auch wenn man ein Lasso draus macht.^O^ Aber Michael ist Michael, der schafft das eben^^. *dumdidum*

Nein, Scherz, ich leide natürlich genauso wie du beim Schreiben, was der Sheppard da gerade durchmacht. Wo bleibt denn bloß Rhyan?????

Von:  MorgainePendragon
2010-02-19T14:14:33+00:00 19.02.2010 15:14
Rache! RACHEEEE! Tja, auch wenn Mike (schon wieder!) entwischt ist (wie überhaupt genau? er war doch umstellt von Drachen, Rhyans und Atlantern?), so scheint es doch, dass der Gute Sheppi seiner Genugtuung ein gutes Stück näher gekommen ist.
Auch wenn man nach wie vor bedenken sollte.... Jaja, ich weiß.... Ich hab immer zu viel Mitleid mit dieser armen Kreatur die keiner gefragt hat, bevor man versuchte ihr einen menschlichen Körper und einen ebensolchen Geist aufzuzwingen. Ich weiß ich weiß, mittlerweile hat er längst GENUG getan, um all dieses Mitleid zunichte zu machen. Und ich kann Sheppard auch sehr gut verstehen. Aber DAS macht ja die Würze dieser Story aus, dass man irgendwo BEIDE verstehen kann. Wie gesagt... Aber naja, er wird ohnehin sterben. Und wie ich dich kenne nicht einfach so durch Arokhs Feuer, sonder durch Sheppi. Natürlich wird er seine Rache bekommen.^^

Ich fand es beinahe schon poetisch, wie Arokh den Sheppard-Hybriden gegrillt hat. Deine Worte waren wirklich schön gewählt, sowas wie "umschmeicheln", gell? Klasse^^ *mmmh, schön knusspriggg*^^

Und Rhyan... Wenn der Drache starb würde auch sie sterben... was für eine Bindung... Auch hier wird das nochmal deutlich. Die Freunde kamen in genau dem richtigen Moment.^^

Kleine Anmerkung am Rande: Ich fand die kleine Anspielung mit dem kurzen "innigen" Blick zwischen Sheppard und Rhyan sehr schön. Ohne Worte. Ja, so sollte es sein zwischen zweien, die sich sehr mögen... Wenn nicht sogar noch mehr... *hach*

Go, Sheppi, go! Hoffentlich kann er sich bald wieder zusammenflicken lassen... *bestürzt dreinschau*


Von:  MorgainePendragon
2010-01-14T14:42:57+00:00 14.01.2010 15:42
Ein Meisterstück des subtilen Gänsehaut-Horrors. Nur so kann man das nennen. Ich bin wieder mal schwerst beeindruckt, wie du mit Worten umgehen kannst. Meine klitzekleinen Haare im Nacken stellten sich auf, als der Sheppard-Wraith-Iratus-Hybrid in Rhyans Blickfeld trat... *schauder* Das ist wirklich unheimlich.
Im Gegensatz zu deiner anderen, begeisterten Leserin ziehe ich den subtilen Psychohorror ei-ner guten blutigen Schlacht allemal vor. Aber du bedienst ja beide Bereiche ausgiebigst in dei-ner Story^^. Jeder kommt auf seine Kosten, würd ich mal sagen.

Ich fühle so mit Michael! Es tut mir entsetzlich Leid, ich hab natürlich auch Mitleid mit Rhyan, aber herrgott noch mal ich kann ihn echt verstehen! Sie ja auch. Ich weiß. Ändert aber nichts daran, dass ich so heftig für ihn empfinde. Keine Ahnung woher das kommt. Das war schon beim Schauen der Serie komischerweise so. Bis zum Schluss habe ich immer nur gehofft, es gäbe für ihn einen anderen Weg. Ein Entgegenkommen von BEIDEN Seiten. Er ist stur, das ist klar. Aber ich hatte halt gehofft...

Alles was ich empfinde ändert aber auch nichts daran, dass er glatt als moderner, extraterrestri-scher Dr. Mengele durchgehen könnte, der ja im Dritten Reich für Furcht unter Nicht-Ariern sorgte. Er ist krank. Im Herzen und im Hirn. Aber das entschuldigt wiederum nicht seine bruta-len Maßnahmen. Das kann ich auch nicht nachvollziehen. SO gewinnt man keine Freunde, so bleibt man für immer allein – ein Zustand, der ihm ja definitiv zu schaffen macht. Er scheint aber blind zu sein und alles von sich zu stoßen, was ihm nur annähernd neuen Schmerz bereiten KÖNNTE – heißt ja nicht, dass man ihm erneut Schmerz oder Spott zufügen WÜRDE. Zumin-dest im Kreis der Eingeweihten... Öhm... Ich rede irr... Ich merk schon, man kann mir nicht so folgen... Ähm... Egal. Weiter.

*seufz* Es beschäftigt mich, wie du siehst.
Natürlich würde ich ihn als Sheppard am allermeisten hassen. Ist ja auch in der Serie schon genug passiert, was ihn dazu berechtigt – und jetzt dieser Angriff auf Rhyan... Klar. Ich würde auch austicken.

Alles sehr schön und schlüssig beschrieben.
Ging mir allerdings bloß etwas SEHR schnell mit der „Erschaffung“ eines Drachen-Mensch-Hybriden. Wachsen die wirklich SO schnell?

Sonst nur klitzekleine Schreibfehler, mal nen Buchstaben vergessen oder so. Aber schreibt man „gerade“ nach der Rechtschreibreform wirklich „grade“? Ich weiß das echt nicht. Ich schreib’s jedenfalls immer anders. Und die Mehrzahl von Kokon ist meiner Meinung noch „Kokons“. „Ko-kone“ hab ich noch nie gehört. Aber ich lass mich ja auch gern vom Gegenteil überzeugen.^^

Eine Wortwahl fand ich etwas unglücklich gewählt. „Eine Kreation von Michael bewegt sich frei...“ Ich würde hier das Wort „Kreatur“ wählen, denke ich.^^

Von:  MorgainePendragon
2010-01-14T10:02:36+00:00 14.01.2010 11:02
Schock, ey.... Echt mal... Ich dachte echt du lässt die beiden oder zumindest Arokh jetzt sterben.O.o Schwer erschütternd, ehrlich.
Bis mir wieder einfiel, dass du dass ohnehin und vor allem nicht so mitten in der Story machen würdest. Schließlich ist Rhyan Protagonistin. Um Arokh hatte ich aber bis zum Ende des Kapis schon noch Angst. Bis Sheppard dann sagte, er hätte ihm noch einen kurzen Gedanken zukommen lassen, bevor man sie gefangen setzte.
Oh mann, harter tobak, ehrlich. Und es hat mich echt auf dem falschen Fuß erwischt hier im Büro, wo ich gerade mal wieder etwas Leerlauf hab. (Ich les dann immer nicht am Stück, sondern über Stunden immer ein bisschen. So kommt man auch ans Ziel^^.) Sheppards verzweifelter Schrei, seine Hilflosigkeit ist beinahe greifbar. Hast du toll beschrieben. Man bekommt eine Gänsehaut.

Der Moment als der Drache fiel war echt schlimm. Ich hab auch die Luft angehalten. Man gut das gerade niemand hergesehen hat. Aber hier sitzen wir ja noch nicht wie die Bienen in einer Wabe aufeinander. Da geht das ja noch. (Im Hauptgebäude wär’s NOCH schlimmer...)
Klasse fand ich auch die Beschreibung der Skrupel und der Verzweiflung der Crew bei dem Gedanken daran, dass es sich bei den Viechern, gegen die sie sich mit tödlichen Waffen verteidigten, ja tatsächlich um mutierte Kollegen von Atlantis handelt. Schlimm.

Ein wenig schmunzeln musste ich bei dem Gedanken, wie es wohl aussehen mag, wenn Sheppard und Co. (vor allem Ronon! *lach*) ungläubig Mund und Nase aufreißen. *nasenflügel bläh* *grins*
(Mann ey, bei Sheppards Namen verschreib ich mich dauernd. Ich mach aus ihm immer nen SHEEPard.... *urks* Jaja, hau mich ruhig...)
Nur zwei klitzekleine Sachen diesmal: Einmal „jeder „Stutz“ würde von jetzt an ihren Tod bedeuten...“ und irgendetwas mit nem spitzen Gegenstand, mit dem Sheppi „rücksichtslos auf jemanden einhakte“... Haken tu ich auch. Nur meinen unter jemand anderes Arm.^^
Ansonsten wieder ein echt heftiges Kapi. Hatte gedacht das vorangehende ist schwer zu toppen, aber du hast das mühelos geschafft.^^ *sich immer noch vom schock erholen muss*

Von: abgemeldet
2009-12-23T12:19:35+00:00 23.12.2009 13:19
*reinschleich*
So endlich konnte ich weiterlesen, nachdem ich am Ende des letztend Kapitels vor Spannung fast umgekommen bin, muss ich leider sagen, dass das bei diesem auch nicht besser ist xDD
Aber immerhin habe ich jetzt Ferien, und damit auch endlich Zeit das hier zu Ende zu lesen *freu*

Ich kann es nur immer wieder betonen, du schreibt wunderbar! Was würde ich geben, um auch nur halb so gut mit Worten umgehen zu können *_*
Aber der Satz hier `Nur Sheppard, der Rhyan zurück in die Obhut Dr. Becketts geben hatte, blieb wo er war.` hat mich erst verwirrt, bis mir einfiel, dass es vermutlich GEgeben heißen sollte ^^;

Ich würde mal glattweg behaupten, dass dieses bisher mein lieblingskapitel ist, da sind soviele tolle Szenen drin, und es wird auch überhaupt nicht langweilig^^
Wenn ich jetzt noch alles auseinander nehme, was mir gefällt dann werde ich nie fertig, darum höe ich jetzt auch auf dir mit meinen ständigen Wiederholungen die Ohren abzukauen :D
*wegschleich*
Von:  MorgainePendragon
2009-11-16T16:43:53+00:00 16.11.2009 17:43
Haha! "Steh auf Rhyan! Wir haben keine Zeit für dein Faulenzen!"
*über beide backen grien*
Hach Nostalgie, Nostalgie! Wie SEHR hat mich das doch gerade an das gute, alte Drakan erinnert und die manchmal doch recht patzige, unwirsche Art, auf die unser Lieblingsdrache so spricht *ggg*. Zu schön... "Geh zur Seite Rhynn!" "Hier kann ich nicht fliegen!" "Ja, ja, ich komme ja schon!" "Schön knussspriggg!" *giggel*

Sohoo, jetzt nimmt das ganze aber immer mehr Fahrt auf - und ich dachte dramatischer geht's kaum noch. Ich sehe mich getäuscht.^^
Zu Anfang fand ich es unglaublich gut, dass du einem dieser unfreiwillig geschlüpften Wesen eine Seele gegeben hast - allein durch die Beschreibung seines Blickes. DAS ist gute Arbeit. Dass man es schafft, dass man sogar den "Feind" bedauert.

Dann die Hick-Hacks von Rodney und Ronon... Einfach zum BRÜLLEN!^^ Dass mit dem Schlagen meint John aber ja wohl net ernst...*grins*
Das ist bestimmt eher was DU fühlst, wenn er so austickt, wie er es nun immer wieder gern tut.^^

Der Kampf im Wasser ist meiner Meinung nach nicht nur der Höhepunkt dieses Kapis, sondern der Geschichte bisher. Dieses... klaustrophobisch anmutende Battlefield ist wahrhaftig gut gewählt gewesen - zumal (und ich konnts ja kaum glauben) diese Mensch-Alien-Hybriden hier fast schon absurde Schnelligkeit an den Tag legen, wo sie an Land ja fast plump wirken. Hat mich an Alien erinnert, natürlich. In irgendeinem Teil schwimmen sie doch auch um ihr Leben, richtig? Ganz genau das richtige Feeling für eine Szene wie diese. Und alles in so drückender Stille. Und trotzdem schrecklich endgültig und grausam. Armer Arokh. Aber ganz großes Kino.

Toll fand ich einmal deine Beschreibung vom Ozean an sich. Irgendetwas mit Gezeiten. Das fand ich toll.

Ich hab auch nur einen Fehler entdeckt diesmal - und das auch nur, weil der Satz dadurch einen so komplett anderen Sinn ergab, dass es nicht in meinen Schädel reinwollte. Ich meine "gegen den Wasserdruck zur Weh setzte" oder so... Und Weh und Ach... Ich hab echt (hab wenig geschlafen letzte Nacht und bin daher wohl etwas langsam gerade) versucht den Sinn dieses Wortes zu verstehen, bis es mir dämmerte, dass du was ganz anderes meintest *lach*... Nun ja...

Ich bleib in jedem Fall dran!
Dein wieder fleißig arbeitendes Mado-sis
Von:  MorgainePendragon
2009-11-07T14:03:35+00:00 07.11.2009 15:03
Es ist glattweg erstaunlich, was dieser kleine Satz "Etwas ist in diesem Wasser..." auszulösen vermag... *bibber* Uhhh, die Gänsehaut war echt da, ich schwörs. Das ist genau das blöde Gefühl, aus dem ich NICHT weiter rausschwimmen mag im Meer. Denn da ist auch SEHR VIEL in jenem Wasser... *angst*
Erst dachte ich, jetzt könnten die verfluchten Kakerlaken Michaels auch noch schwimmen... Boah, ey, das wär's ja... Aber es scheint ja noch was GANZ anderes zu sein... da unten... Wieso erinnert mich das jetzt an Sphere?

Gut dass sie das soweit geschafft haben. Bis zur nächsten Gefahr in der sie stecken werden.

Oh ich war am Anfang des Kapis übrigens etwas irritiert, woher Teyla so plötzlich kam. Ich meine, ich hab schon verstanden, dass das eine Rückblende war. Dennoch: Wo haben sie Teyla so schnell aufgegalbelt? Oder hast du das einfach nicht nochmal zusätzlich erwähnt, dass Ronon und Rodney sie aufgetrieben und sich alle danach irgendwo wieder getroffen hatten? Denn ich geh davon aus, dass es so gelaufen ist.

Sonst wieder nur kleine Fehlerchen, auf die du selbst beim nächsten Lesen bestimmt auch stößt, wie zum Beispiel "wie sich die Lage darstelle", "Seinen einschüchternder Blick ruhte...", "Ronon spitze um die Ecke..."...

Ach ja, erwähnenswert niedlich finde ich nach wie vor diese bemutternde, tadelnde Fürsorglichkeit Sheppards für Rodney. "Beweg dich, dann wird dir auch wärmer. Ich schleppe dich nicht da rüber." oder sowas in der Art. Genauso herzerwärmend direkt wie DU auch immer zu deinen geliebten Mitmenschen bist. Da steckt sehr viel von dir in dieser Geschichte und ich entdecke dies obwohl du auch die Charas von SGA sehr gut wiedergibst. Das lässt sich nicht leugnen.^^


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