Zum Inhalt der Seite

Der Dämon eines Mannes

Schatten, die das Mondlicht bringt / Eigene Erzählung mit eigenen Charakteren vor dem Hintergrund des Rollenspiels Cyberpunk2.0.2.0.
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Business Dinner

Pünktlich um halb elf marschierte Sally Fields über den Bürgersteig auf das Parkhaus zu. Sie trug Jeans und Turnschuhe, einen schwarzen Rollkragenpullover und eine dunkelbraune, etwas abgetragene Lederjacke. Jeder verfluchte Dealer in den Straßenecken musste sich sicher sein, dass sie ein Bulle war. Ihr war das ziemlich gleich. Die leichte Ausbeulung an ihrer rechten Unterschenkelseite verriet die kleine Handfeuerwaffe, ihre roten, lockigen Haare trug sie ungeschickt hochgesteckt. Einige krause Strähnen vielen ihr unordentlich ins Gesicht. Mit einem Gang, der ihre muskulöse Statur verriet, und der keinesfalls von weiblicher Eleganz zeugte, stapfte sie mit geballten Fäusten auf die glimmende Zigarette unter der defekten Straßenlaterne zu.

„Okay, ich bin hier!“, brüllte sie schon auf Entfernung. Kira trat aus dem Schatten und lächelte sie warmherzig und etwas verstohlen an. Der Taxifahrer, der unten an der Ecke Zeitung las, und nur die Silhouetten sah, vermutete eine Frau und einen Mann. Er lag dennoch falsch.

„Freut mich, dass du es einrichten konntest.“

„Gehen wir“, grummelte Sally. Er bot ihr den Arm an und sie hakte sich spöttischen Blickes ein. „Wo schleppst du mich hin und was hast du vor?“

„Das habe ich dir doch schon gesagt. Ich lade dich zum Essen ein.“

Sally schnaubte. Ihr starkes, muskulöses Gesicht mit der fliehenden Stirn und den Sommersprossen verriet, dass sie ernsthaft verwirrt war. Sie traute von Berufs wegen niemandem. Doch Kira hatte ihr das Leben und ihre Würde als Frau gerettet, als sie noch ein junges Ding gewesen war. Das hatte ihm einige goldene Sterne in ihrem Buch der braven Kinder eingebracht. Sie glaubte fest daran, dass Kira die Leute bluten ließ, bei denen ihr der Staat die Hände band, und dafür liebte sie ihn. Er war kein schlechter Kerl und auch kein guter. Aber sie wäre für ihn barfuss durchs Feuer gegangen, das gebot ihr ihre irische Mentalität. Der italienische Teil in ihr sagte ihr, dass er ein Bastard war, aber einer dieser streunenden Hunde, die man einfach hin und wieder zu sich reinholen musste, damit sie ihr nasses Fell am Feuer trocknen konnten. „In den Singvogel? Ausgerechnet?“

Kira lächelte geheimnisvoll. „Ich habe dir nicht gesagt in welches Restaurant wir gehen.“

„Es ist das einzige in diesem Distrikt.“

„Schon in Ordnung Sally.“ Er strahlte sie an und ihre Nasenflügel weiteten sich abermals vor Wut. „Ich verspreche dir, ich werde dir keinen Ärger machen. Genieß einfach den Abend. Vergiss für ein paar Stunden deine Arbeit, ok?“

„Das kann ich nicht. Ich bin Polizistin. Ich bin immer im Dienst.“

Ein gehässiges Lächeln huschte über Kiras Lippen. „Allein die Tatsache, dass du mit mir ausgehst, bedeutet, dass du gerade vergisst, dass du Polizistin bist.“

„Na gut. Jetzt hast du mich. Du hast recht. Ich werds versuchen. Aber ich trau dir nicht, verstanden?“

„Natürlich.“ Er grinste wieder und sie ließ die Schultern hängen und gab auf. Gemeinsam schritten sie um die Ecke und erreichten den ‚Goldenen Singvogel’ mit zehn Minuten Höflichkeitsverspätung. Ein freundlicher Chinese mit einem viel zu westlichen Lächeln und strahlend weißen, prägnanten Schneidezähnen begrüßte sie und führte sie zu ihrem Tisch, als Kira den Namen seiner falschen SIN angab, unter der er bestellt hatte. Sie nahmen Platz in einer gemütlichen Nische, die Kira verteufelt hätte, wenn er vorgehabt hätte, heute Abend Ärger zu machen. So aber, genoss er den Ausblick, den er in der oberen Etage auf die ganzen Anzugträger hatte, von denen einige sicherlich nicht nur zum Zeitvertreib hier waren. Chinesen machten gern Geschäfte beim Essen.

„Darf ich ihnen die Jacke abnehmen, wehrte Lady?“, fragte der Kellner.

„Nein. Ich lege sie einfach über die Lehne“, sagte Sally in einem Ton, der keine Widerworte duldete, und einem Gesichtsausdruck, der ‚Lackaffe’ ausdrückte.

Kira lachte leise und stützte das Gesicht in beide Hände. Der Kellner ging verwirrt, aber lächelnd und Sally setzte sich breitbeinig auf den sehr schön gestalteten Holzimitatstuhl mit der hohen Lehne. Asozial. Aber so liebenswert, das ich es einfach charmant finden muss, dachte Kira. Man brachte ihnen die Karte und der Solo krempelte die Ärmel seiner kirschroten Motorradlederjacke hoch.

„Wollen die Herrschaften etwas trinken?“

„N’ Bier“, orderte Sally, ohne den freundlich lächelnden Mann anzusehen, der in Weste und Hemd ordentlich dastand. Er hatte einen dreiecksförmigen Keil seines Haars über der Stirn platinblond gefärbt, der Rest war kurz und schwarz. Kira erinnerte er in diesem Aufzug und mit dem scheuen Lächeln an ein Kappuzineräffchen, das er einmal in einem Tierbuch gesehen hatte, das ihm sein Vater geschenkt hatte, als er noch klein war.

„Eine große Coke“, lächelte er ebenso scheu zurück und der Kellner nickte und notierte eifrig. Als Japaner wusste Kira, dass übertrieben selbstsicheres Lächeln unter Asiaten eine Provokation war. Sally hatte von so etwas keine Ahnung, aber sie lächelte auch nicht, sie behandelte den Kellner so wie alle Amerikaner Dienstleistende behandelten – wie Maschinen. Sie hatten zu funktionieren. Kein Wunder, dass es um den Arbeitsmarkt so schlecht bestellt ist, wenn die Mentalität dieses Landes vorschreibt am besten mit Maschinen zusammenzuarbeiten, dachte Kira. In Japan schätzt man an Menschen, dass sie im Stande sind mehr zu leisten, als die aufgedruckte Herzzahl angibt, sie sind über ihre Grenzen hinaus belastbar.

„Empfiehl mir was“, kommandierte Sally, als der Kellner ging.

„Nun, Reisnudeln sind nicht schlecht und Ente kann man eigentlich immer essen. Oder wie währe es mit gebackenem Hühnchen?“

„Hm.“ Sally blätterte in der Karte herum. „Steht das hier auch auf Englisch?!“ Kira sank ein bisschen im Stuhl zusammen, weil sie so laut brüllte. Ein paar chinesische Geschäftsleute guckten pikiert herüber, der japanische Schlips am Tisch nebenan trank unbeirrt seinen Pflaumenwein. Es könnte jemand blutend in den Laden stolpern, solange für ihn keine unmittelbare Lebensgefahr bestünde, würde er den Ereignissen um ihn herum zumindest rein äußerlich keine Beachtung schenken. Was hinter fremden Reiswänden oder am Tisch nebenan geschah, ging ihn nichts an. Kira war auch so erzogen worden. Es war eine urjapanische Einstellung, die er als Kind gehasst hatte.

„Ah. Da.“ Sallys Kopf verschwand hinter der großen Plastikkarte. „Du bezahlst, oder?“, fragte sie in beiläufigem Tonfall.

„Natürlich,“ antwortete Kira vorsichtig. „Bitte hab Nachsicht, du weißt, ich habe kein geregeltes Einkommen“, schob er schnell hinterher und grinste beschämt, als Sallys zu Schlitzen verengte Augen hinter dem Rand der Karte auftauchten.

„Die haben hier auch echtes Fleisch. Ente und Huhn.“ Sie stieß einen Pfiff aus, als sie die Preise sah. Kira hatte sie sich auf seiner Karte ebenfalls angesehen und die Lippen aufeinandergepresst.

„Das tust du mir nicht an, oder?“

Kurze Stille. Dann schlug Sally die Karte auf den Tisch und verschränkte die Arme. „Nein, tue ich nicht. Bestell du für mich.“

Kira seufzte. „Was möchtest du denn?“

„Irgendwas mit Huhn. Was ist da eigentlich ‚gebacken’ dran?“

Er zog eine Augenbraue hoch. „Nun, gebacken heißt meistens in Teig frittiert.“

„Und warum heißt es gebacken?“ patzte sie verständnislos zurück. „Sind Fritten dann hier auch ‚gebackene Kartoffelstreifen’?“

„Wenn du so willst ja. Aber die sind ja nicht in Teig und außerdem sind Kartoffeln kein sehr asiatisches Gericht. Süßkartoffeln schon eher. Aber wir essen hier ja auch kantonesisch, da gibt es Unterschiede.“

Er sah Sallys verständnislosen Blick. „Einmal das gebackene Hühnerfrittierdings und dazu? Was soll ich dazu essen?“

„Nudeln?“

„Fein, Reis schmeckt eh nach nix.“

Nun war Kira an der Reihe verständnislos dreinzuschauen. Er suchte auf der Karte. „Ach komm schon, was soll das denn? Sieh mal, die haben hier viele schöne Reissorten, das ist ein gutes Lokal!“

„Nudeln, bitte.“

Er seufzte. „Na gut, dann gebratene Nudeln.“

Der Kellner kam zurück und brachte die Getränke. Kira bestellte für Sally Hünchen in süß-saurer Soße, gebacken, mit gebratenen Nudeln dazu und für sich gebratene Reißnudeln mit Geflügelstreifen. Er mochte kein rotes Fleisch essen, auch wenn die Zeiten, aus denen so ein Brauch stammte auch in Japan längst vorbei waren, war er nicht scharf auf die chinesische Art der Zubereitung von Rindsinnereien. Ist ja eh kein echtes Rind, beruhigte er sich, während der Kellner lächelnd sein unechtes Chinesisch zur Kenntnis nahm und notierte. Es war nicht so, als würde er die Sprache schlecht sprechen, aber jeder Chinese merkte ihm sofort an, das es nicht seine Muttersprache war. Das das Lokal gut und traditionell war, erkannte man daran, dass der Kellner besser chinesisch sprach, als Kira.

Er nahm einen tiefen Zug aus seinem Glas und Sally beobachtete ihn scharf, weil er es fast zur Hälfte leerte. „Du und deine komische Diabetes“, meckerte sie und trank einen Schluck Bier. „Du hast dir doch nicht irgendeine verkorkste Drüse einbauen lassen, oder?“

Kira zuckte kühl die Schultern. Er sagte dazu nichts. Wie konnte er ihr erklären, warum er so viel Zucker zu sich nahm? Die Naniten in seinem Körper hatten einen enorm hohen Energieverbrauch, den sie aus allerlei Zuckersorten deckten. Van Berge hatte das herausgefunden und Kira erklärt, das sein neues Verlangen nach Lakritz keine Folge von einem Braindanceschaden aus dem Labor war, sondern der Bedarf der Nanos. Wenn sie richtig zu arbeiten hatten, also Verletzungen heilten, wurde es schlimmer. Dann musste er enorm viele zusätzliche Nährstoffe und Unmengen Zucker zu sich nehmen, um bei Bewusstsein zu bleiben, denn die kleinen Bots verbrauchten gnadenlos alles, was in seinem Blutkreislauf zu finden war, um ihre Arbeit zu tun. Das konnte ihn ins Koma bringen und somit achtete er darauf, immer regelmäßig mehrmals am Tag zu essen und zwischendurch immer etwas Süßes im Mund zu haben.

Kira nahm den Kopf aus den Händen, gab seine schmollende Position auf und winkte den Kellner herüber, als er den texanischen Geschäftsmann essen sah. „Sie bringen uns noch Stäbchen dazu, ja?“

„Ohne mich!“ protestierte Sally. Kira sah sie verständnislos an, während sie den Kellner wegscheuchte. „Stäbchen. Einmal. Messer. Gabel. Einmal. Basta.“

„Sally, ich glaube du...“

„WAS glaubst du? Ich esse nicht mit Stäbchen, zur Hölle noch mal! Ich wollte essen, nicht hungrig dasitzen, bis mir was in den Mund fällt!“

„Du bist wohl die einzigste Person in ganz Night City, die nicht mit Stäbchen isst!“, fauchte Kira leise, aber gekränkt zu ihr herüber. „Das kannst du nicht machen, das ist hier ein schöner und feiner Laden. Willst du mich in Verlegenheit bringen?“ Er sah ein bisschen angewidert zu dem Texaner rüber, der ein Menü für zwei Personen mit Messer und Gabel für sich allein vertilgte. Es hatte keine Ruhe, keine Würde und keinerlei Ästhetik.

„Und ob ich das kann. Ich esse mit ner Gabel und basta.“

Kira ließ den Kopf auf die Hände fallen, die er in der Tischkante verkrallt hatte und schickte ein Gebet an den Gott, welcher sich für eine solche Situation auch immer Zuständig fühlen mochte und schwor sich heute Abend ein Räucherstäbchen in seinem nicht vorhandenen Hausaltar anzuzünden.

„Ich geh für kleine Königstiger“, sagte er und stand auf. Er trank demonstrativ seinen Rest Cola aus und strich um Sallys Stuhl wie eine Katze um einen geknebelten Hund. „Bestellst du mir eine nach?“ flüsterte er ihr von hinten ins Ohr und ihre Nackenhaare stellten sich ganz leicht auf. Sie knurrte, wie der Hund, der sich gleich von der Kette losreißt, um der Katze das Genick zu brechen und Kira verschwand mit weiten Schritten in dem Gang hinten links am Ende der oberen Etage des Lokals.

Zeit mit der Arbeit anzufangen, sagte er sich. Er tigerte zu den Toiletten herüber und checkte die anderen Türen. Er war sich sicher, dass der Raum, in dem sich Hung mit seinen Geschäftspartnern traf, im oberen Teil des Gebäudes lag. Hier oben saßen weniger Gäste, und diese waren wiederum wichtiger. Die Küche war direkt hinter dem Treppenaufgang nach unten und die Bar im Erdgeschoss dazu ließen im unteren Teil des Gebäudes eigentlich nur Lagerräume zu. Er fand die Toilette für die weiblichen Gäste an der linken Wand als erste, dann die für die männlichen Besucher und einen Raum, der anscheinend benutzt wurde, um Reinigungsmittel und –gerät zu lagern. Die Tür am Ende des Ganges sah wie der Jackpott aus, oder der Zonk, je nachdem.

Kira lehnte sich mit dem Rücken an die Toilettentür und fiel geschmeidig hinein, so dass sie nicht quietschte. Er wusste, dass noch der Abstellraum dazwischen war, aber er hoffte auf das Belüftungssystem. Die letzte Kabine an der rechten Seite war perfekt und er drehte den Knauf, stellte sich, ohne auf den VidScreen in der Tür zu achten, der Landschaftsbilder zeigte, auf die Schüssel und hielt sein Ohr ganz nah an den kleinen, runden Lüftungsausgang. Er schloss die Augen und seine auditive Reise begann, vorbei an dem rhythmischen Geräusch der Belüftungsanlage, durch das leise Klirren von Küchengerät bis hin zu schweren Gesprächsfetzen. Er justierte etwas und filterte die störenden Nebengeräusche heraus, bis er die Tongs relativ klar und deutlich schnattern hörte. Sie schienen dabei zu essen, wie das Klirren und Schlürfen verriet. Typisch.
 

„Die Mantis werden immer aufmüpfiger.“

„Ja, du hast recht, wenn du mich fragst, dann sollten wir uns nicht mit ihnen abgeben! Wir sollten sie vielmehr vernichten. Sonst werden uns ihre unkoordinierten Aktionen noch ein Dorn im Auge!“

„Warum lassen wir nicht die Wildschweine gegen die Mantis rennen?“ Eine dritte Stimme, etwas rauer, als die beiden vorherigen, die von jungen Leuten stammen mussten und ein wenig aufschneiderisch klangen. Diese war gefestigter, wenn auch nicht unbedingt älter. „Wir verkaufen den Wildschweinen Waffen und stacheln sie ein bisschen an, dann scheuchen wir die Mantis ein wenig, so dass sie die Stachelschweine nervös machen. Mit ihrem durch Blei gestärkten Ego werden sie wie die Hunde aufjaulen und die Manits in Stücke schießen. Was von ihnen übrig ist, knallen wir ab, oder es verteilt sich in alle Winde. Dann sind wir beide lästige Zecken los und können uns endlich unserem Bund mit dem Orkan zuwenden.“

Die Beiden anderen stimmten zu. Klirren von Porzellanschalen.

...

„Gut. Dann kommen wir jetzt mal zu was anderem...“
 

Plötzlich bemerkte Kira das Quietschen der Tür mit dem anderen Ohr. Er öffnete die Augen und rutschte mit den Keramikstiefeln leise von der Plastikschüssel herunter. Die Kabine neben ihm wurde belegt. Rascheln, klimpern. Da bereitet sich jemand auf eine längere Sitzung vor, Zeitung und Zigarre. Kira fluchte innerlich und verließ leise schmollend die Kabine. Er wusch sich die Hände und ging langsam zurück zum Tisch. Da kann man nichts machen. Dabei wollten sie vielleicht gerade zum Punkt kommen, der mich auch interessiert hätte...

Sally saß geduldig am Tisch, wo gerade das dampfende Essen aufgetragen wurde. Sie zog misstrauisch eine Augenbraue hoch, als Kira sich setzte.

„Perfekt“, grinste er und drehte behände die schwarzen Plastikstäbchen.

„So, so.“ Sally grabschte sich ihre Gabel und begann sich Nudeln auf den Teller zu schaufeln. Kira blieb stumm und setzte eine ich-freu-mich-doch-nur-übers-Essen-Miene auf. Ein neues Glas Cola stand auf dem Tisch.

Während Sally weiterhin über den Unterschied zwischen gebacken und frittiert philosophierte, oder sich vielmehr aufregte, bemerkte Kira , wie jemand wichtiges die Bühne betrat. Während die Polizeiinstinkte seiner Freundin gerade durch das gute Essen abgelenkt wahren, klingelte in seinem Hinterkopf eine Alarmsirene, als der ältere, chinesisch aussehende Herr die Stufen hinaufstapfte. Die sauber polierten Herrenschuhe und der leicht knittrige, etwas verschwitzte, anthrazitfarbene Anzug, die dicke Hornbrille und der glänzende Seitenscheitel – der japanische Killer beobachtete unauffällig und mit wachsendem Missfallen, was sich über den Rand der ersten Etage erhob - Mitte fünfzig, mit strengen aber wachsamen, hinterlistigen, kleinen Augen, dunkle Haut, wie mit Walnussöl eingerieben, umringt von Sekretären in Anzügen, einer trug seinen Stoffmantel, der andere redete leise und schmeichelnd. Und der große schwarze Koffer, den der Herr mit festen, dicken, beringten, schwitzenden Fingern im Griff hatte, als wäre er eine Waffe, war das letzte Indiz dafür, dass dieser Mann aus dem alten Land, aus welcher chinesischen Provinz auch immer, hier war, um Geschäfte zu machen. Hinter der Fassade schärfte das Raubtier den Blick..

Wer mochte das wohl sein? Hoher Besuch, dunkle Haut, aber eher klein... Ein Chinese, aber aus welchem Teil dieses gigantischen Landes? Alte Schule, zweifelsohne. Was machte so ein mächtiger Mann in der Höhle eines rasenden Affen, wie Hung einer zu sein schien? Hatte der kleine, aufstrebende Tongboss seine Finger vielleicht doch in heißeren Töpfen? Das gefiel dem Killer gar nicht.

Der Tross stapfte vorbei und Sally blieb in ihre Nudeln vertieft. Nur Sekunden und der Lord und seine Bücklinge verschwanden im Toilettengang und Kira wusste genau, wo sie hinwollten. Hinter der Maske des Mannes verengte der Dämon die Augen zu Schlitzen. Er lauerte auf seine Chance und aß ruhig weiter. Er hatte aufgegessen, da war sie schon satt und noch lange nicht fertig. Er nahm ihr den Rest lächelnd ab und freute sich über das gute, nährstoffreiche Essen. Hinter der Fassade war der Killerinstinkt hellwach und die Nanos sangen in seinem Blut. Nur Geduld, Freunde. Bald ist wieder Zeit den Dämon zu entfesseln.

„Bestellst du mir ein Dessert? Ich geh noch mal für kleine Jungs.“ Er legte die leeren Schalen ineinander und stand auf.

„Was möchtest du?“, fragte Sally und sah fassungslos auf das zweite 0,5l Glas Cola, dass er geleert hatte.

„Hm... Kirscheis“, grinste er und tigerte mit festem Schritt in Richtung Toiletten. Er hatte freie Bahn, doch musste den Versuch zu lauschen bald aufgeben. Knurrend stieg er von der Schüssel herunter. Sie sprechen irgendeinen Scheißdialekt... Ich hasse es wenn sie das tun.! Er muss wirklich wichtig sein. Ich versteh kein Wort. Was hat Hung vor?

Als er um die Ecke bog erstrahlte sein Lächeln und Sally zog eine Augenbraue hoch.

„Keine Erregung öffentlichen Ärgernisses“, raunte sie und stocherte in ihrer gebackenen Banane herum. Kira strahlte sie an und freute sich quietschend über das Eis. Sie rollte mit den Augen. Warum müssen Japaner immer so übertrieben ihre Gefühle äußern?, dachte sie. Der Schlips in der Ecke sah sich kurz um. Kiras offenes Lachen hatte ihn wohl erschauern lassen. Und der Killer war tatsächlich wütend. Der Dämon knurrte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2006-10-06T05:31:28+00:00 06.10.2006 07:31
*lacht*
kira ist mir mehr und mehr sympatisch!!!
freut mich das du sally so rüber bringen konntest, wie du es wolltest! =)
wie gesagt ich finde sie relativ amüsant, aber sie zieht ihren stil durch, das gefällt mir
Von:  Alexej_Axis
2006-10-05T21:08:47+00:00 05.10.2006 23:08
Im asiatischen Raum ist ein Lächeln, das Zähne zeigt fast schon als anmaßend zu betrachten... zumindest habe ich das so erfahren und gelesen. Ein Mensch, der laut und aufdringlich lacht oder offen und unverblühmt die Zähne zeigt ist aufdringlich oder dreist, wenn er es nicht nur unter guten Freunden, sondern in aller Öffentlichkeit tut. Das ist natürlich nicht immer so - aber Kira wollte damit schon provozieren. ;)
Immerhin ist er ein Tiger, der seine Beute jagt.
Und weißt du was? Ich liebe Sally. *lacht* Sie ist ein cooler Character, ich bin froh, dass ich sie so rüberkommen lassen konnte, wie ich sie mir vorstellte.
Von: abgemeldet
2006-10-02T06:59:09+00:00 02.10.2006 08:59
...
das offenherzige lachen von kira hätte ich gern gesehen!
wieso reagiert der kellner so seltsam? ist er es als asiate nicht gewöhnt, das es leute gibt die... so offenherzig sind?
jetzt weiß ich was du damit gemeint hast, du könntest nie so viel süßes essen wie kira... >.< uähh, soviel muss doch langsam den hals raushängen. *lol*
Sally ist recht amüsant ^___^
der ist es echt egal was andere von ihr denken... erinnert mich irgendwie an mich selbst... obwohl ich keine außerliche ähnlichkeiten mit ihr habe und auch nicht vom charakter her... aber... ach das klingt jetzt so verwirrt T_T
Von:  Alexej_Axis
2005-06-11T15:00:25+00:00 11.06.2005 17:00
"Warmherzig und verstohlen" passt sehr wohl. Dann kennst du solche Menschen nicht, die genauso lächeln können, aber ich kenne sie.
Da kann man nichts machen, aber die Formulierung drückt genau das aus, was ich sagen wollte und vor Augen hatte.
Habe ich erwähnt, dass ich schizophren bin?
Daran kann es natürlich auch liegen.

SIN = Serial Identical Number Die SIN ist auf einer kleinen Karte der SIN-Card/-Stick eingegeben, und diese Karte ersetzt den Pass und Personalausweis. Jeder Polizist kann sie bei Ausweiskontrolle den SIN-Stick-Reader einschieben und bekommt durch den Code und die Nummer jedes wichtige Detail über die Person vorgelegt, die Daten sind im Netz gespeichert und sind nur durch das einlesen der SIN erreichbar. Man bekommt ein Foto, Fingerabdrücke, Daten, aktuellen Wohnort, Blutgruppe, ainfach alles, was der Überwachungsstaat in Night City von seinen Bürgern braucht und wissen will. Diese Sticks sind sehr schwer zu fälschen, aber wie immer ist auch das organisierte Verbrechen immer auf DRaht und der Polizei einen Schritt vorraus.

Das goldene Buch der braven Kinder sollte eine Anspielung auf dieses Buch sein, das angeblich der Weihnachtsmann hat. ;p In den USA heißt es doch, dass jedes Kind für eine gute Tat einen goldenen Stern bekommt und für jede schlechte Tat einen schwarzen. Und je nachdemwieviele goldene oder schwarze Sterne ein Kind hat, bekommt es Geschenke von Santa Clause oder mit der Rute vom Knecht Ruprecht. Whatever. So war das Buch gemeint.

Coke sirbt niemals aus, wieso?

Es GIBT nur FastFOod in Night City. Alles ist künstlich. In dem Lokal bieten sie echtes Fleisch an, falls du aufmerksam gelesen hast, ist ÄKira regel#recht schockiert davon und die Preise sind enorm.
RealFood ist extrem teuer, und alles andere besteht aus Soya.
Die Menschen haben sich daran gewöhnt mit künstlichen Vitaminen vollgestopft zu werden, Kira ist ja auch so aufgewachsen. Wenn er echtes Futter hätte bräuchte er nicht so enorm viel Zeug in sich reinzustopfen, so denke ich.

Kira hat definitiv zwei Seiten, eigentlich noch ein paar mehr. Er hat eine sehr dunkle und eine sehr Helle Seite, Yin und Yang. Beide Seiten arbeitetn dicht beieinander und es ist irgendwie immer Kira.
Von: abgemeldet
2005-06-11T00:09:06+00:00 11.06.2005 02:09
Aber dieses kapitel ist länger! ^^
Und noch ein Charrakter kommt vor.... Schön, dass du sie erst als Polizistin charakterisiert hast, als sie "im Dienst" war, also nioch nicht im Kapitel zuvor.

>>lächelte sie warmherzig und etwas verstohlen an.

Das kann ich mir nicht so recht vorstellen...diese zwei Adjektive lassen sich sehr schwer miteinander verbinden.

>>Das hatte ihm einige goldene Sterne in ihrem Buch der braven Kinder eingebracht.

So wie George Clooneys "Buch der Coolen Leute" in "From Dusk till Dawn"? *ggg*

Was bedeutet eigentlich SIN?
S.......(irgendwas, was mir nicht einfällt) identity number etwa?

>>"Darf ich ihnen die Jacke abnehmen, wehrte Lady?"

Werte aber ohne "h"...ich hör schon auf mit dem Rechtschreibgefuchse

Aber bei Grammatik hab ich noch was zu meckern:
>>Sie bekamen Karten gebracht

Da wärs besser, sowas wie : Ihnen wurde Karten gebracht.

>>"Eine große Coke",

Das Zeug stirbt wohl nie aus?


Oh hihi... Sally ist Akira ja richtig peinlich...XD
Aber sie sagt, dass er Diabetes hat...? (Ja, schon wieder was, wo die Biokenntisse gefragt sind) Aber das hat doch eigentlich nichts mit dem zu tun, was er machen muss? Oder kennt sich Sally einfach nicht so gut damit aus?
Fragen über Fragen... und das um Zwei Uhr Nachts...)

Ob Kira wirklich genug Nährstoffe kreigt, wenn er dauernd so viel Fast Food isst? *gg*

>>Ich wollte essen, nicht hungrig dasitzen, bis mir was in den Mund fällt!"

hihi ... erinnert mich an meinen Vater. Chinesisch Essen ist auch sone Sache bei ihm.

Insgesammt scheint Kira doch ein Charakter mit zwei Geschichtern zu sein, was man am Ende des kapitels deutlich erkennen kann.
*analysieren tu XD*


Zurück