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Himmel oder Hölle?

Xemnas x Saix
von

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Prolog

# Prolog #

„Mama, was ist eigentlich der Himmel?“

„Der Himmel ist ein Reich mit allen guten Seelen, die jemals auf der Erde gelebt haben. Dort ist es immer hell, das Licht strahlt zu jeder Zeit und stammt von Gott selbst. Es gibt im Himmel keine Schatten. Alles lebt dort in Harmonie und Einklang. Keiner leidet, es gibt keine Krankheiten, keinen Tod oder Krieg, nur Frieden und Gesundheit. Alles ist wunderschön mit Blumen und Schmetterlingen, und all die guten Tiere, die es gibt und in den Himmel kommen. Weiße Hirsche und Rehe zum Beispiel.  Der Himmel ist immerzu Blau, die Gebäude in reinem weiß und Gold. Man kann sagen, der Himmel ist wie unsere Welt, nur friedlich und ohne Technik. Trotzdem gibt es keine Langweile, obwohl das Leben dort unendlich ist. Jeder ist freundlich zu jedem und die Engel wachen über die Menschen, die dorthin kommen.“

„Kommen alle Menschen in den Himmel?“

„Nur die, die in ihrem Leben Gutes vollbracht haben und an Gott glauben. Alle anderen kommen in die Hölle.“
 

Dies ist die Vorstellung der Menschen über den Himmel. So ähnlich war sie schon immer gewesen und nach Jahrhunderten glaubten sie noch immer daran. Mit einigem hatten sie Recht, mit vielem jedoch nicht.

Würde ein Mensch sich den Himmel anschauen können, so würde er auf den ersten Blick genau diese Geschichte glauben, die die Mütter ihren Kindern erzählen. Wenn sie allerdings hinter die Kulissen schauen oder gar das Leben eines Engels mitverfolgen könnten, so würden sie sich wundern und sich überlegen, ob sie wirklich in den Himmel wollten oder doch freiwillig –
 

In die Hölle.

Die Begegnung

# Kapitel 1 # Die Begegnung #

Im hohen Himmel ging gerade die Sonne auf, da hörte man schon Waffengeklirr und das schwere Atmen der Krieger, die Stahl auf Stahl schlugen und ihre Schilde erhoben hatten, um Angriffe abzublocken. Sie taten dies im Einklang, alle die gleichen Bewegungen, Jahrelang einstudiert.

Den Reihen der Krieger entlang schritt der höchste aller, der Erzengel Michael, der für die Ausbildung der Truppen zuständig war – neben all seinen anderen Aufgaben. Er beobachtete sie mit einem wachsamen Blick, bereit, einen Tadel zu verteilen, wenn irgendeiner dieser Krieger eine falsche Bewegung machte, die nicht in Harmonie und Einklang mit den Anderen war.

Der junge Engel Isa stand auf seinem Balkon, der zu seinem Zimmer gehörte, des nahen Palastes und blickte gelangweilt auf die trainierenden Krieger hinab. Er würde bald dazu gehören und er freute sich wirklich, ein Krieger zu werden, aber ihm gefiel es nicht, dass keiner dort unten sowas wie einen eigenen Stil hatte. Ab und an trainierten die Krieger  zwar in einem richtigen Zweikampf, aber sie hatten allesamt dieselben Attacken und Angriffsmuster, daher glaubte er nicht, dass es wirklich effektiv war, wenn sie mal auf echte Feinde trafen.

Aber Isa stand mit seiner Meinung alleine da. Michael, der sein persönlicher Mentor war, hatte ihn beruhigt und gesagt, das Training würde bei ihm anders sein. Aber warum sollte es?

Viel mehr aber freute sich Isa auf heute Nachmittag. Zum ersten Mal würde er da auf die Erde dürfen, leider nur in Begleitung eines anderen Engels, den er nicht kannte, aber immerhin. Besser als Schriften zu studieren. Das hatte er die letzten 100 Jahre gemacht. Nun war es an der Zeit, dass er eben die Welt sozusagen entdeckte und seine Laufbahn als Krieger einnahm.

Es gab verschiedene Aufgaben und Einteilungen der Engel.

Da waren die Einen, die für die Menschen zuständig waren. Sie geleiteten die guten Seelen in den Himmel, wo sie in das Licht hineinfließen konnten, welches im Heiligtum des Sanktuariums, der Hauptstadt, war. Dort wurden ihre Seelen wohl sowas wie gereinigt und geformt, um dann als Engel wiedergeboren zu werden. So genau stand das in den Schriften nicht und ein paar Dinge musste man sich einfach selbst herleiten.

Dann gab es eine Gruppe von Engel, die für die Verwaltung hier im Himmel zuständig war. Im Moment gab es nicht genug Engel, da durch den letzten Krieg vor 500 Jahren viele Krieger gefallen waren, aber davor war es hier fast überfüllt gewesen und nicht jede Seele konnte wegen Platzmangel aufgenommen werden. Das waren dann die Seelen, die ziellos im Nichts herumtrieben, bis sie von einem Höllenwesen aufgesammelt wurden oder spurlos verschwanden. Die Verwaltung behielt diese Anzahl und das Kommen und Gehen von Seelen im Auge, sodass ein Gleichgewicht vorhanden war.

Ein Teil der Engel war für die Ordnung im hohen Himmel zuständig, damit alles so schön blieb, wie es war. Strahlend und weiß, verziert mit Gold und Silber und damit die Gärten auf ewig ihre Schönheit behielten.

Der größte Teil machten jedoch die Krieger aus. Sie waren dazu da, beim nächsten Krieg, wann auch immer der sein würde, die Dämonenscharen vernichtend zu schlagen, denn noch einer würde wohl der Untergang des Himmels sein. Aber bis dahin konnte noch viel Zeit vergehen, genauso gut konnte jeder friedliche Tag der Letzte sein.
 

Isa war der jüngste von Gott selbst erschaffene Engel. Dies bedeutete, dass er nicht, wie normale Engel aufgrund einer menschlichen Seele geboren worden war, sondern eben komplett erschaffen.

Es gab nicht viele davon, die meisten davon waren im Krieg gefallen und die wenig lebenden waren nur noch die Erzengel Michael, Gabriel, Raphael und Uriel, wenn man den gefallenen Erzengel Luzifer außer Acht ließ, der nun als Höllenfürst ihr Feind war und diese Kriege heraufbeschwor.
 

Aufgrund seines Sonderstatus hatte Isa auch bei den Erzengel gelernt.

Von Gabriel erlernte er die Weisheit, sich Texte schnell zu merken und sie zu interpretieren und bekam Zugang zu manchen Schriften, die andere Engel nicht lesen durften.

Von Raphael erlernte er die Magie des Heilens, wodurch er Wunden heilen konnte, auch wenn diese Fähigkeit nicht sehr stark in ihm ausgeprägt war.

Von Uriel erlernte dagegen die Grundlagen, Magie im Kampf zu nutzen und verstärkte sie mit den Übungen, die er von ihm bekam.

Und nun war es an der Zeit, dass er von Michael die Kampfkunst gelehrt bekam, das für ihn wichtigste Element und für das er angeblich geschaffen worden war. Sie setzten viel in seine Ausbildung, als glaubten sie, er sei der Schlüssel zum Sieg, sollte es zum Krieg kommen.

Zumindest fühlte sich Isa durch diese Sonderbehandlung so.

Aber es war wohl einfach die Art der Erzengel, mit anderen so umzugehen, damit sich jeder einfach besonders hier fühlte und glücklich mit seiner Stellung und seinem Status war.
 

„Heute ist dein großer Tag, Isa.“

Der Angesprochene schaute neben sich, wo Gabriel aufgetaucht war und verbeugte sich leicht vor ihm.

„Ja. Ich freue mich, endlich die Erde zu sehen, die für all die Kriege verantwortlich ist.“

Worte, die die Erzengel nicht hören wollten, aber Isa blieb bei dieser Meinung. Gabriel wusste, dass Isa sich eine eigene, gefährliche Meinung gebildet hatte und hatte ihn schon mehrmals ermahnt, dies vor allem nicht vor Michael zu sagen.

„Isa, Luzifer hat nur nie erkannt, welch Geschenk der Vater uns mit der Erde gemacht hat.“

„Ich kann das nicht beurteilen. Ich war nie dort, aber wie kann sie schöner sein, als unser Paradies hier?“ Der blauhaarige Engel schaute wieder den Krieger unten zu und kurz blickte Michael zu ihnen hinauf, als würde er genau wissen, worüber sie gerade sprachen.

„Du bist noch zu jung, um die Schönheit zu erkennen, die Gott dort erschuf.“

„Ich weiß, darum freue ich mich auf heute Mittag.“
 

Meliel war Isas Begleiter am Mittag. Es war ein Krieger und auf die Frage hin, wieso er überhaupt einen Begleiter brauchte, erklärte ihm Erzengel Gabriel, dass die Erde ab und an von niederen Dämonen heimgesucht wurde und darum ein kleiner Schutz ganz gut war.

Außerdem musste man ihm noch beibringen, wie er Portale in den Himmel oder auf die Erde erschaffen konnte, dazu war es jedoch nötig, dass er erst einmal auf die Erde kam und dort die Gegend kennen lernte und vor allem wusste, wie sie sich anfühlte.

Der Krieger in seiner weiß-goldenen Rüstung erschuf ein Lichtportal, durch das Isa auf sein Zeichen hin schritt und der junge Engel kam in einem Wald raus, direkt neben einem See und einem Wasserfall.

Die Sonne schien zwischen den Bäumen hindurch, spiegelte sich im kristallklaren Wasser. Vögel zwitscherten und Tiere tranken von dem kühlen Nass oder ruhten sich im Schatten aus.

Es war einfach nur idyllisch und lächelnd strahlte Isa der Sonne entgegen, völlig fasziniert von den neuen Eindrücken.

„Es gibt hier nur eine Sonne?“, fragte er und Meliel nickte. Im Himmel gab es drei Sonnen, darum wurde es erst sehr spät dunkel und nie für lange. Drei Erdenstunden nur.

Es war hier deutlich grüner als im Himmel, wo man mehr auf Weiß, Gold und Silber legte. Selbst die Pflanzen waren dort nicht wirklich grün und wenn, dann wurden sie von großen, farbigen Blüten überdeckt.

Auch das Wasser war nicht so blau wie hier, denn durch die Sonnen wirkte im Himmel das Firmament immer etwas gelblich, weiß oder rötlich, niemals aber richtig blau.

Isa ging zum Ufer des Sees, krempelte einen Ärmel seines Hemdes etwas hoch und ließ die Hand durch das Wasser gleiten. Es war kühl und fühlte sich etwas anders an. Nicht so… göttlich. Einfach neutral. Schwer, etwas zu beschreiben, wenn man keine Vergleichsworte dafür hatte.

Der junge Engel lief etwas umher, erkundete wie ein kleines Kind die Gegend, während Meliel ein wachsames Auge auf ihn und die Umgebung hatte.

Schließlich lief Isa ein wenig tiefer in den Wald hinein, fasziniert von dem frischen Geruch von Blumen und Wald. Es war wohl nur so faszinierend, weil es einfach neu und anders war, aber ihm war jetzt schon klar, wenn er erst ein paar Mal hier gewesen wäre, dann würde er hieran nichts mehr besonders finden.
 

Nach einer Weile beschloss er, zu Meliel zurückzukehren, um ihn zu fragen, wo denn eigentlich die Menschen waren, auf die Isa vor allem so neugierig war und es dauerte etwas, bis er den Weg wieder zurück fand. Vor lauter Umgebung anschauen hatte er nicht daran gedacht, sich auch nur ansatzweise die Richtung zu merken. Dass sein Begleiter nicht mitgekommen war, wunderte ihn ohnehin.

„Meliel?“, fragte Isa, als er wieder am See war, der Engel aber nirgendswo zu sehen war. Zu spüren auch nicht, das fiel ihm erst jetzt auf. Er war so fasziniert von allem gewesen, dass er nicht mal bemerkt hatte, dass seine Aura verschwunden war.

„Meliel?!“

Hatte er ihn ernsthaft hier zurück gelassen? Das war ein Scherz, oder?

Isa schnaubte. Er hatte keine Ahnung, wie er Portale erschaffen sollte. Diese Magie hätte man ihm jetzt am Abend gezeigt und Uriel warnte ihn in der Vergangenheit schon mehrmals, es alleine zu versuchen, da sowas in die Hose gehen konnte.

Na, vielleicht holte er ihn ja später wieder ab.

Der Blauhaarige war sorgenfrei, überlegte, was er solange machen konnte. Alleine die Erde erkunden wollte er auch nicht,  falls Meliel zurückkam. Aber eines konnte er machen.

Er breitete seine weiß-silbernen Schwingen aus, die die Engel nur zum Fliegen nutzten, da sie ansonsten ziemlich unpraktisch waren. Vor allem am Anfang, als Isa sie noch nicht verschwinden lassen konnte war es echt nervig beim Anziehen gewesen…

Das Gefühl von Freiheit wie bei jedem Flug genießend stieg der Engel in die Luft über den Wald und stellte fest, dass hier überall nur Wald war. Menschen sah er absolut nicht und wenn höher fliegen würde, würden ihm die Wolken die Sicht verdecken. Meliel hatte ihn wohl an den abgelegensten Teil der Erde gebracht.

Als Isa wieder nach unten schwebte, fiel ihm eine dunkle Gestalt am Ufer auf, die sich gerade über das Wasser beugte. Er landete auf der anderen Seite des Sees, beobachtete den Neuankömmling in seiner schwarzen Lederrüstung, der sich gerade die Hände im Wasser wusch.

Er hatte silberne Haare, die hinten zusammengebunden waren, ein paar Strähnen hingen ihm ins Gesicht. Er blickte nicht auf, sondern schien sich ganz auf die Reinigung seiner Handschuhe zu konzentrieren.

Ob er Isa bemerkt hatte? Wahrscheinlich. Dass da ein Engel gerade gelandet war, dessen Schwingen auch nicht allzu klein waren, war nicht zu übersehen gewesen. Und eines war sich Isa sicher: Das da vorne war kein Mensch, für die der Engel ohnehin verborgen war.

Blieb also nur ein Höllenbewohner übrig, aber wieso spürte er dann keine Aura?

Der Fremde richtete sich nun auf, schaute Isa direkt über den See hinweg an, musterte ihn, aber tat sonst nix.

Der Blauhaarige sah keine Waffe, was schon mal gut war, denn er selbst hatte auch nichts, womit er sich verteidigen konnte. Außer das bisschen Magie. Er hatte ja nicht mal eine Rüstung, nur eine schlichte Hose und ein Hemd.

„Suchst du deinen Begleiter?“, fragte der Silberhaarige und Isa jagte es einen Schauder über den Rücken, als er die tiefe, etwas amüsiert klingende Stimme vernahm und in die goldgelben Augen blickte. Er nickte einfach nur zur Antwort und bekam ein ganz mieses Gefühl im Bauch.

„Nun… Dein Begleiter hat mich gespürt, während ich euch beobachtet habe. Das schaffen nicht viele, aber es war auch zu seinem Pech, denn er griff mich an.“, sagte der Fremde weiter.

Und dann verschwand er.

Isa blinzelte überrascht, als er plötzlich auf eine leere Stelle blickte, wo gerade dieser Krieger noch gestanden hatte, fuhr dann aber erschrocken rum, als er dicht hinter sich die nächsten Worte vernahm:

„Vielleicht bist du klüger und greifst mich nicht an, junger Engel.“

Stolpernd trat der Engel zwei Schritte zurück, fiel im Wasser über einen Stein und landete ungeschickt im Wasser auf dem Hintern, das ihm so bis zur Brust ging. Seine ungeschickte Aktion ließ den Anderen leicht lächeln. Aber trotzdem wirkte dieses Lächeln kalt und nicht echt.

„Wer bist du?“, fragte Isa nun, sich wieder aufrappelnd. Er blieb triefend  im Wasser stehen, überlegte sich, ob es noch einen Weg in den Himmel gab, als diese Portalgeschichte, aber es fiel ihm keiner ein.

„Spielt das eine Rolle? Ich bin aus der Hölle, aber das wirst du schon bemerkt haben, oder? Wie ist denn dein Name, kleiner Engel?“

„Spielt das eine Rolle?“ Was der konnte, konnte Isa auch! Oh ja, für eines war der Junge bekannt: trotzige Reaktionen und diese meist auch unüberlegt.

Er breitete seine Flügel erneut aus, um davon zu fliegen und erst mal etwas Abstand von dem Krieger zu bekommen, aber er war noch nicht einmal in der Luft, da verschwand dieser erneut und Isa bekam einen Stoß in den Rücken, der ihn ins Gras schleuderte. Er konnte sich nicht mal aufrappeln, da war der Höllenbewohner neben ihm und drückte ihn scheinbar mit Magie auf den Boden, sodass er sich nicht rühren konnte.

„Es ist lange her, dass jemand es wagte, so frech zu mir zu sein. Es amüsiert mich.“, sagte er.

Isa knurrte, kämpfte darum, wieder hochzukommen, aber er konnte kaum eine Hand bewegen.

„Was hast du mit Meliel gemacht?“, fragte er, obwohl er sich die Antwort schon dachte, aber wollte nicht akzeptieren, dass sein erster Erdenbesuch so chaotisch enden sollte.

„Muss ich darauf ernsthaft antworten? Wie gesagt, er griff mich an. Keiner überlebt es, wenn er mich angreift. Die Frage ist nur, was mache ich mit dir, kleiner Wildfang?“

Erneut erschauderte Isa aufgrund der Stimme, blieb dann aber ruhig liegen, da er ohnehin nicht gegen diese Magie ankam.

„Mich gehen lassen?“, fragte er dann einfach. „Ich greife dich nicht an und du lässt mich in Ruhe. An mir hättest du eh keine Freude, nicht mal einen spannenden Kampf oder sowas. Ist doch auch langweilig, oder?“

Das Lachen, das danach kam war schlimmer als jedes Wort, das dieser Silberhaarige bisher von sich gegeben hatte. Es ging Isa bis unter die Haut und er glaubte, er würde erfrieren, so eisig und zugleich etwas amüsiert klang es. Es war nur kurz, aber es hatte Wirkung gezeigt.

Die Magie, die Isa festhielt  verschwand und der Engel rappelte sich auf, trat direkt wieder zwei Schritte von dem Krieger zurück.

Dieser machte einen großen Schritt, dann war er bei Isa, griff sein Kinn und hob es etwas an, um ihm in die Augen zu blicken. Aus dieser unmittelbaren Nähe sah Isa nun die Macht in den goldenen Augen. Der Höllenbewohner vor ihm musste wirklich mächtig sein. Ob er zu den stärkeren gehörte? Ob sie alle so waren?

Isa ging ihm bis zum Kinn, war also etwas kleiner und dabei war er selbst nicht sehr klein geraten, würde aber noch etwas wachsen. Seine eigenen türkisenen Augen strahlten in dem Moment etwas Angst und Sorge, aber auch Neugierde und reine Unschuld aus.

„Dein Name?“, fragte der Höllenbewohner wieder, dieses Mal richtig bedrohlich und gerade als Isa ihn nach einigen Sekunden doch sagen wollte, weil es ihm gerade einfach zu viel Angst machte, so nah an ihm zu stehen, tauchte hinter diesem ein schwarzes, magischen Portal auf und ein weiterer Krieger erschien. Wenn es ein Krieger war… Denn er trug nur eine schwarze, lederne Kutte, hatte aber eine Narbe an der Wange und nur noch ein Auge.

„Es gibt Ärger im 3. Kreis.“, sagte der Neuankömmling mit einem verwunderten Blick auf den jungen Engel.

„Geh vor. Ich komme.“

Nach den Worten des Silberhaarigen verschwand er wieder und Isa wurde losgelassen.

Ein kaum merkliches Lächeln zierte die Lippen des Kriegers, dessen Blick jedoch genauso kalt blieb wie vorher. Dann verschwand auch er in einem dunklen Portal und Isa starrte auf den Punkt dort, blieb allein zurück und wusste nicht, ob er gerade froh sein sollte, dass es so ausgegangen war, oder ob er um Meliel trauern sollte.

Dann war da noch die Frage, wie er in den Himmel zurückkehren sollte.

  

# Kapitel 1  Ende #

Nachtmahr

# Kapitel 2 # Nachtmahr #

Die Sonne war schon am Untergehen, als endlich der lang ersehnte Lichtstrahl auftauchte und niemand geringeres als Erzengel Michael selbst aus diesem Schritt. Sein Blick war einen Moment kalt, aber als er Isa erblickte, der auf einem Stein am Wasser saß und geradezu Trübsal zu blasen schien, hob er überrascht eine Augenbraue.

„Wo ist Meliel?“, fragte er sofort, da er ihn nicht antraf und wohl auch nicht spüren konnte.

„Tot.“, antwortete Isa nur, rutschte von dem Fels und lief vorsichtig in die Richtung seines Mentors, verstohlen aber die Gegend absuchend, als fürchtete er, der silberhaarige Krieger von vorhin könnte noch einmal auftauchen. Das war auch in den letzten Stunden des Wartens seine Angst gewesen.

Einerseits war er neugierig, denn der Höllenbewohner war auf eine gewisse Art und Weise interessant gewesen, so beängstigend seine Art und Kraft auch gewesen war.

Aber Isa war eben kein Krieger.

„Ein Dämon? Hier riecht es nach Hölle.“ Michaels Blick wurde finsterer, als der junge Engel nickte und er sah sich um, aber außer ein paar Vögel und dem Rauschen des Windes war nichts zu hören und ansonsten lag der Wald nur friedlich da.

„Wie kommt es, dass er dich am Leben ließ? Sie töten jeden, der ihnen über den Weg läuft, vor allem so wehrlose Engel wie dich.“ Der Erzengel musterte Isa, der mit den Schultern zuckte.

„Er hat mich wohl nicht bemerkt in seinem Triumpf. Ich war im Unterholz.“

Warum er gerade log, wusste er nicht, aber er erschrak über sich selbst deswegen. Engel logen nicht. Normalerweise. Aber Normalerweise hatten sie auch keine solch komischen Begegnungen mit Höllenkriegern.

Michael schien davon nichts zu merken, er nahm seinen Schützling stattdessen bei der Hand und führte ihn mit sich zum Lichtportal, welches sie beide wieder zurück nach Hause in den Himmel brachte.

Noch an diesem Abend lernte Isa, wie er solch ein Portal erschuf, das ihm auf die Erde oder zum Himmel brachte und es erforderte seine ganze Konzentration, denn immerzu hatte er die goldenen Augen dieses Höllenbewohners im Kopf, wie ein Gespenst, das ihm auf Schritt und Tritt folgte und ihn ablenken wollte.

Selbst Erzengel Michael merkte, dass der Junge nicht ganz bei der Sache war und tadelte ihn nicht nur einmal, schob es aber darauf, dass Isa wohl einfach neben der Spur war, da in seiner Nähe ein Engel getötet worden war und er ebenfalls fast von einem Krieger der Finsternis erwischt wurde.

„Die Grundlagen kannst du nun. Morgen früh machen wir weiter, für heute solltest du ruhen und diese Begegnung verarbeiten.“, seufzte er schließlich genervt und schickte Isa auf sein Zimmer im Palast zurück.

In der Regel lebten Engel nicht im Palast. Aktuell waren es nur die Erzengel und Isa, der ja keine wirkliche Familie hatte. Außerdem hatten die hohen Engel ihre eigenen Gründe, den Jungen zu separieren, von denen dieser aber nichts wusste.
 

Isas Träume in der Nacht waren seltsam durchwachsen. Er träumte von Schatten, von Blut, obwohl er keines gesehen hatte, von silbernen Haaren und vor allem von diesen goldenen Augen. Sie ließen ihn nicht  mehr los. Mehrmals erwachte er im Glauben, der Höllenbewohner sei ihm gefolgt und stehe nun an seinem Bett, strecke die Hand nach ihm aus, um ihn festzuhalten, aber als sich der Blauhaarige schweißgebadet umblickte, war da nur sein leeres, schlichtes Zimmer.

Sein Bücherregal stand ganz normal an der Wand, sein Himmelbett auf dem kleinen Podest in der einen Ecke des Raumes, sein Tisch mit den Stühlen, auf dem ein paar Unterlagen herumlagen war ebenso unberührt wie sein Schrank und die geschlossenen, hohen Fenster oder die Balkontür, die zu eben jenem führte.

Es war die erste Stunde der Dunkelheit. Unruhig schlief er wieder ein, erwachte bald darauf wieder, dieses Mal im Glauben, Schatten würden sich auf ihn stürzen und wieder meinte er, die goldenen Augen zu sehen.  Er beschloss, Kerzen anzumachen, um etwas Licht in sein Zimmer zu kriegen, aber erwischte sich dabei, dass er wie ein ganz junger Engel zu viel Angst hatte, aus dem Bett zu steigen. Wobei… das fiel Isa erst jetzt auf. Engel kannten keine Angst, solange sie keinen Grund dazu hatten.  Die Begegnung mit dem Höllenbewohner hatte ihm dieses Gefühl gelehrt und nun verarbeitete er es wohl auf diese Art. Eine neue Empfindung. Selbst Krieger kannten Angst nicht, wenn sie noch nicht in einer Schlacht gekämpft hatten oder sonstigen Grund dazu gehabt haben.

‚Angst‘ gab es im Himmel schlicht und ergreifend auf natürlichem Wege nicht. Man musste es durch andere lernen.

So sehr ihn diese Erkenntnis auch faszinierte, es half ihm im Moment nicht wirklich gegen seine Alpträume.

Er seufzte, legte sich wieder hin und rollte sich ein, um vielleicht doch noch etwas zu schlafen. Allerdings war er jetzt hellwach, lauschte auf jedes Geräusch, als könne dieser Krieger jeden Moment hier auftauchen.

>Dein Name?<

Jetzt hörte er schon die Stimme in seinem Kopf, das Echo dessen, was ihn der Silberhaarige so bedrohlich gefragt hatte.

Isa rollte sich auf die andere Seite, hielt sich die Ohren zu und kniff die Augen zusammen, aber vor seinem inneren Auge sah er immerzu die goldenen Augen. Unruhig rollte er sich wieder herum, fiel dann aus dem Bett und schrie erschrocken auf, fiel unsanft die eine Stufe hinunter und konnte ein verängstigtes Wimmern nicht unterdrücken, da er glaubte, eine dunkle Macht zu spüren.

Das war der Moment, indem er die Augen öffnete und seine Ängste abschüttelte, von einer Sekunde auf die Nächste einfach die Sorgen fallen ließ – jedenfalls für diesen Moment, denn er wusste nun sicher, dass er sich das alles gerade zusammen spann.

Der Krieger hatte keine Macht gehabt, da war nichts zu fühlen gewesen. Einfach nichts. Keine Aura, gar nichts. Dieses kleine Detail brachte den geplagten Engel zurück auf den Boden der Realität und beinahe schämte er sich dafür, dass er sich so von geistigen Bildern und Erinnerungen beeinflussen ließ.

So aber verarbeiteten Engel ihre Sorgen, wenn sie denn je mal welche hatten. Im Schlaf.
 

Tief atmete Isa ein und wieder aus. Sein Nachthemd klebte an seinem Körper und die Nacht war ohnehin für ihn vorbei. Viel Schlaf brauchten Engel zwar ohnehin nicht, vielleicht vier oder fünf Stunden um genau zu sein, aber dafür regenerierten sie ihre Kraft beinahe vollständig in dieser Schlafphase. Zu wenig Schlaf brachte jedoch rein gar nichts.

Er stand auf, zündete nun doch ein paar Kerzen an und ging in sein Badezimmer, um sich zu waschen und für den Tag anzuziehen. Als er dort in sein Spiegelbild im Spiegel blickte, glaubte er für eine Sekunde, er blicke in goldene Augen und erschrak sich davon erneut, stolperte zurück gegen die Wand, während sein Herz heftig gegen seine Brust hämmerte.

Nahm das gerade kein Ende? Verfolgten ihn die Augen dieses Kriegers jetzt dauernd? Es reichte! Es war ein Hirngespinst! Mehr nicht! Angst! Und Isa wollte eines gewiss nicht: angst haben!

Morgen würde er endlich mit seinem Training beginnen, was ja heute nicht mehr geklappt hatte, er würde dann eine Rüstung erhalten und wenn er erst eine Waffe in der Hand hielt und die Grundzüge des Kampfes kannte, ja, dann würde er auf die Erde zurückkehren und diesen Höllenkrieger suchen, der ihn nun so malträtierte, ohne überhaupt anwesend zu sein!

Das schwor er sich und mit dieser neuen, mutigen Einstellung machte er sich für den Tag fertig, der schon bald darauf anbrach.

„Isa, du konzentrierst dich wieder nicht richtig.“

Der höchste der Erzengel war nicht glücklich über seinen Schützling. Das mit den Portalen bekam er ja jetzt endlich hin, aber dann ließ er das Portal offen, starrte fast schon panisch in das Licht und wusste nicht, wie er es wieder schließen sollte.

In Wahrheit war Isa einfach geradezu in dem Moment zu Stein erstarrt. Er glaubte, jeden Augenblick könnte der silberhaarige Dämon daraus hervorkommen und er sah diese Augen schon wieder vor sich, wenn er in das Licht blickte. Außerdem verfolgten ihn die Stimme und das tiefe Lachen, was ihm eine dauerhafte Gänsehaut bescherte.

Der Blauhaarige seufzte, als Michael zum wiederholten Male das Portal verschwinden ließ, um zu vermeiden, dass etwas Ungewolltes hindurchschlüpfte, was durchaus möglich sein konnte. Menschen sahen das Licht zwar nicht, aber wenn sie zufällig genau in die Stelle liefen, so landeten sie hier und dann – tja, das wollte Michael nicht sagen, was dann war. Isa war niedergeschlagen, weil es nicht so funktionierte, wie man es erwartete und auch wie er es selbst wollte und diese Enttäuschung über sich selbst ließen ihn sich noch weniger anstrengen. Es war eine Art Teufelskreislauf. Der Erzengel tat aber auch nicht wirklich was dafür, um Isa die nötige Motivation zu schenken, was ja auch nicht dessen Aufgabe war, aber es war ein Moment, indem sich der Junge wünschte, nicht einfach nur ein Schüler zu sein, der keinen Vertrauten hatte, keine Familie. Er wollte sich irgendwem anvertrauen, er wollte hören, dass nichts passieren konnte und kein Dämon oder sonstiges Höllenwesen hier in den Himmel kommen konnte, obwohl Isa das selbst schon wusste.

Klar, die Erzengel waren sozusagen seine Familie, aber mit ihnen sprach Isa nicht über Sorgen. Mit ihnen teilte er auch nicht neue Erlebnisse, wie es junge Engel mit ihren Eltern taten. Sie waren seine Mentoren in Dingen, die zu erlernen waren, mehr nicht. Das war wohl der Grund, wieso Isa so ruhig war und wenig sprach.

„Wir belassen das für heute. Fangen wir mit dem Kampftraining an, vielleicht enttäuschst du mich damit nicht so sehr.“

Knallharte Worte, die nicht gerade dazu beitrugen, dass sich der junge Engel besser fühlte. Er biss sich auf die Unterlippe, nickte aber nur und folgte Michael schweigend.

Es stellte sich heraus, dass Isa ein Naturtalent war, was das Thema ‚Kampf‘ anging. Man konnte zwar durch ein paar Übungen nicht viel sagen, aber der Junge lernte schnell und er sah oftmals direkt die Angriffe und parierte oder blockte geschickt mit Schild und Schwert, ohne überhaupt Training darin zu haben. Michael testete ihn nur mit ein paar harmlosen Angriffen, aber Isa zeigte eben deutlich mehr Talent als jeder normale Engel. Nun, dafür war er auch erschaffen worden.

Trotzdem gab es Momente, in denen Isa wieder total abgelenkt war und einen Hieb voll abbekommen hätte, hätte Michael nicht inne gehalten und den Angriff abgebrochen.

Nach einigen Stunden des Trainings, als Isa immer unkonzentrierter wurde, rammte Michael geradezu wütend sein Schwert in den Boden und fauchte seinen Schüler an:

„Wenn du dich nicht etwas mehr konzentrierst, überlege ich mir, ob ich meine wertvolle Zeit weiterhin für dich opfere! Ist das dein Dank für die Behandlung, die wir dir zukommen lassen?! Wenn du deine Rüstung bekommen willst, dann will ich einen Fortschritt sehen, aber im Moment kämpft wohl sogar ein Mensch besser als du.“

Isa zuckte zusammen, sagte aber nichts. Wie sollte er erklären, dass er in manchen Momenten nicht Michael während einer Übung sah, sondern diesen Silberhaarigen? Es war kein Alptraum, aber die Bilder ließen ihn nicht los.  Hier hatte er nicht mal die Illusion von dunkler Macht, die ihn in der Nacht auf den Boden der Tatsachen zurück gebracht hatte, da er eine solche nicht gespürt hatte.

Auch wen er nichts über den Erdenbesuch gesagt hatte, so verstand Isa nicht, wieso Michael kein Verständnis aufbringen konnte, dass es eben nicht mal auf Anhieb so gut klappte.

„Morgen will ich besseres von dir sehen. Du sollst das tun, wofür du geschaffen wurdest. Kämpfen! Richtig kämpfen!“

Dann ließ der Erzengel ihn einfach stehen.

Der junge Engel starrte ihm fassungslos hinterher, denn so kannte er den gütigen, einfühlsamen Erzengel nicht und die Worte trafen ihn mehr als nur hart. Es tat weh. Sein Herz schmerzte.

Er ließ einfach die Waffe und sein Schild fallen und flog zurück zu seinem Zimmer, das er durch seinen Balkon betrat und ließ sich dort aufs Bett fallen.

> Du sollst das tun, wofür du geschaffen wurdest. Kämpfen! <

War es das? War er für Michael nur ein Werkzeug, das im Moment nicht so funktionierte wie erwünscht und erwartet? Dabei sah der Anfang doch ganz gut aus, als Isa noch Konzentration gehabt hatte.

Nur später, als er diese goldenen Augen und die Stimme nicht mehr hatte ausblenden können, erst dann wurde es eben so chaotisch.

Das war doch nicht fair! Ihn deswegen so runterzuputzen, weil er sein erstes Training einerseits weitaus besser als der Durchschnitt, andererseits katastrophal am Ende absolviert hatte.

Isa hatte den Drang zu weinen. Aber er konnte nicht. Das hatte er noch nie gekonnt, denn auch das war eines der Dinge, die er nie gelernt hatte. Das konnten nur geborene Engel, denn sie bekamen bei der Geburt einen Schlag auf den Hintern, damit sie weinten.

Er aber war nun mal erschaffen. Bisher hatte er immer geglaubt, es sei ein Segen, langsam aber fragte er sich, ob er damit nicht sogar das härtere Los gezogen hatte.

Ob die in der Hölle auch so unfair waren wie Michael?
 

In dieser Nacht schlief Isa noch schlechter. Er wälzte sich im Bett herum, hatte dauernd Michaels Stimme im Kopf, wie er ihn runtermachte und enttäuscht von ihm war, gleichzeitig hatte er das amüsierte Lachen des Höllenbewohners im Kopf, das neben Michaels Worte gar nicht mehr so schlimm erschien.

Von diesen goldenen Augen schien Isa gar nicht mehr wegzukommen, sie waren ihm im Moment aber sogar willkommener als der Anblick des Erzengels, der ihn so abwertend angeschaut hatte, bevor er gegangen war.

Am Ende waren seine Gedanken so verdreht und verworren, dass er gar nicht mehr verstand, wieso er den Höllenbewohner eigentlich so furchteinflößend gefunden hatte. Die Enttäuschung und das Gefühl des Versagens saßen viel tiefer in ihm und obwohl es eigentlich der Antrieb sein sollte, sich mehr anzustrengen, so wollte Isa gar nicht mehr mit Michael trainieren.

Allein der Gedanke widerte ihn an, denn er wollte nicht nur ein erschaffenes Objekt sein, das genauso agierte, wie es erwartet wurde.

Er beschloss, sich am nächsten Morgen anzustrengen und die Reaktionen seines Mentors abzuwarten. Vielleicht hatte der ja heute genauso einen schlechten Tag gehabt wie Isa selbst.

Mit diesem Gedanken fand er wenigstens in den frühen Morgenstunden, als es schon wieder hell war, endlich ein wenig Schlaf, um etwas konzentrierter zu seiner Lektion mit Michael zu kommen.

 

# Kapitel 2  Ende #

Höllischer Besucher

# Kapitel 3 #  Höllischer Besucher #

Er kam 2 Stunden zu spät, aber immerhin war Isa etwas ausgeruhter, doch seine angesammelte Motivation verpuffte, als Michael ihn deswegen runterputzte. Er konnte nicht verstehen, wieso dieser einst gütige Erzengel, der doch sein Vorbild und so etwas wie ein Idol war, ihn so hart ran nahm. Wieso hackte er auf jedes noch so kleine Vergehen herum? Was waren schon zwei Stunden verlorene Zeit in einer Ewigkeit? Wäre Isa pünktlich erschienen, so wäre er müde und kaputt gewesen und erst dadurch ließ sich der Kriegerausbilder ein wenig besänftigen, als Isa ihm erklärte, er sei nun dafür konzentrierter als gestern und bereit, richtig zu trainieren.

Michael ließ keine Gnade walten. Ursprünglich dachte der blauhaarige Engel, er würde das Training langsam anfangen. Ausdauertraining, Beweglichkeitsübungen oder Haltungstraining, so wie all die anderen Engel, aber er wurde direkt in den Kampf eingeführt und sein Mentor gab ihm alles andere als eine Chance, wirklich etwas zu tun. Sie kämpften heute mit Holzschwertern, was wohl eher den Hintergrund hatte, dass Michael ihn mehr verprügeln als trainieren wollte, zumindest hatte Isa am Abend den Eindruck, denn so viele blaue Flecke wie er hatte, hatte er in seiner ganzen Lebensspanne bisher nicht bekommen.

Er hatte nicht mal die Möglichkeit bekommen, Michael anzugreifen, irgendwann hatte er nur noch versucht, auszuweichen oder mit einem Arm den Hieb abzublocken, was auch ziemlich weh getan hatte.

Auf die Frage hin, was so ein Training bringen sollte, erwiderte der Erzengel nur mit einem amüsierten Lächeln und einen weiteren Angriff. Doch Isa hatte sich gesagt, es war ein Ausweichtraining gewesen. Wenn er nicht schnell genug war, hatte er eben einen Schlag abbekommen. Da sie aber ohne Pause trainierten, war er gegen Mittag noch alles andere als schnell gewesen und bekam so einen Hieb nach dem Anderen ab.
 

Aber ein Positives war ihm am Abend aufgefallen. Den ganzen Tag über musste er nicht einmal an den schwarzen Höllenkrieger denken, denn dazu fehlte ihm einfach die Zeit.

„Ich bin nicht zufrieden mit dir, Isa.“, sagte der Erzengel am Abend. „Aber du hast dich besser geschlagen als gestern.“

Sollte das nun aufbauend sein?

„Ich erwarte mehr Fortschritte von dir.“

„Ach, Michael.“ Uriel landete vor ihnen. Von allen vier Erzengeln war er Isas liebster Mentor bisher gewesen. Michael hatte sich spätestens heute auf der Rangliste ganz nach unten befördert. „Du bist viel zu streng zu ihm. Was erwartest du? Dass er die Ausdauer und Kraft eines großen Kriegers hat? Als ich zu dir meinte, seine Macht ist groß, bezog ich das auf seine magische. Vielleicht lässt du ihn erst einmal trainieren, um Ausdauer zu bekommen und dann fängst du mit dem Schwert an.“

Isa kam sich etwas fehl am Platz vor, da Uriel so sprach, als sei er gar nicht anwesend, aber das war so eine Eigenschaft von den Vieren. Aber er war ihm dankbar, dass er sich für ihn einsetzte und stimmte ihm insgeheim zu. Ein normales Training wenigstens für den Anfang klang gar nicht mal so verkehrt, als direkt mit Schwert aufeinander loszugehen. Wobei das heute eine einseitige Sache gewesen war, die Isa nur Frust einbrachte.

Michael rümpfte die Nase und wandte sich zum Gehen.

„Erteil mir keine Befehle, Uriel. Ich weiß, was ich tue. Isa, komm mit.“

Isa sah den kalten Blick Uriels, als er sich wieder in die Lüfte schwang und folgte Michael dann.
 

Er wurde in einen Raum geführt, in dessen Mitte eine Miniatur des Sanktuariums und der Umgebung war. Die gesamte Stadt der Engel einschließlich ihrer Stadtmauern stand auf einer Art Podest in der Mitte des Raumes und war ungefähr so groß wie ein Schreibtisch. Genialer Vergleich, aber genau das kam Isa eben bei dem Anblick in den Sinn.

„Ich erkläre dir nun eine Regel des Krieges. Nur wenige Engel kennen sie, um genau zu sein, nur die Mächtigsten und auch nur die, die eine bestimmte Rolle in einer Schlacht spielen. Du sollst zu diesen Engeln gehören, aber dazu musst du deutlich mehr Potenzial zeigen als bisher. Du wurdest dafür erschaffen und es sollte dir leichter fallen als das, was du bisher abgeliefert hast.“

Michael war wirklich charmant… Isa begann, seine Gegenwart nicht mehr zu mögen, wenn er ständig darauf herumhacken musste, wie unkonzentriert und schlecht er eben in den letzten zwei Tagen gewesen war. Dabei war es doch heute besser gelaufen… Mehr oder weniger.

Und wenn er noch mal hörte, dass er dafür erschaffen worden war, würde er ihm noch an den Hals springen. Das mochte ja sein, aber kämpfen lernen musste er trotzdem, oder?

Isa hatte die Hände zu Fäuste geballt, sie zitterten leicht und er konnte sein Gefühl gerade, was er gegenüber Michael empfand, nicht einordnen. Unbeirrt fuhr dieser fort:

„Die normalen Kämpfe finden bei einem Angriff auf dem Boden statt. Vor der Stadt.“

Er zeigte auf eine Stelle vor den Stadttoren. Eine Art Hologramm erschien und Isa konnte dort eine Schlacht von hunderten von Engel gegen eine Heerschar von Dämonen sehen. Sie bewegten sich sogar, kämpften gegeneinander. Waffen wurden gekreuzt und Magie verwendet.

„Das ist allerdings der unwichtigste Teil einer Schlacht. Sollten die Engel hier unten fallen können die Dämonen zwar die Stadt besetzen, aber nicht das heiligste darin. Sie kommen nicht in den Palast, dazu ist dieser zu geschützt. Die Dämonen können nicht nah genug an das Licht heran, das im Innersten scheint. Das können nur gefallene Engel. Verstehst du, woraus ich hinauf will?“

Isa blickte auf die Schlacht, die sich in dem Moment auflöste und die Stadtminiatur war wieder ruhig und friedlich. Er dachte etwas nach, bis er schließlich antwortete:

„Luzifer. Der Höllenfürst ist einer der Gefallenen. Ihn wird die Schlacht am Boden nicht sehr interessieren, wenn Ihr mir schon sagt, dass sie eine eher unbedeutende Rolle spielt. Er wird wohl versuchen, gezielt den Palast anzugreifen. Zusammen mit anderen Gefallenen.“

„Wenigstens zeigst du mehr Intelligenz in Kriegsstrategie als im Kampf.“

Wenn er nicht bald damit aufhörte… Isa blickte den Erzengel finster an, der unbeirrt weiter sprach:

„Die eigentliche Schlacht findet hier in der Luft statt. Es ist wie du sagst ein Kampf zwischen Gefallene und den Engeln, die für diesen Teil ausgebildet und trainiert werden. Das sind wir Erzengel und im Moment du. In der letzten Schlacht waren wir zu zehnt, haben aber die anderen sechs Engel verloren. Sie waren zu schwach. Nun setzen wir mehr auf Qualität als  auf Quantität. Du sollst der fünfte Engel sein, der in diesem Teil die Schlacht mit uns gewinnt, solange noch kein anderer potentieller Krieger dafür in Frage kommt. Verstehst du nun, warum Versagen keine Option ist und ich so viel in dich setze?“

Einen ganzen Moment lang herrschte Stille. Isa atmete einmal tief ein und aus und musste diese Information erst mal verarbeiten. Es war, als habe Michael ihm gerade die Last des ganzen Sanktums auf die Schultern gelegt. Er konnte nun verstehen, wieso man so viel von ihm erwartete, aber er sah es nicht als Grund an, ihn grün und blau zu schlagen. Training war das heute gewiss nicht gewesen.

„Ich verstehe.“, sagte er dann und senkte etwas den Kopf. „Ich werde mich bemühen, Euren Erwartungen zu entsprechen.“

„Bemühen reicht nicht. Ich verlange, dass du dich nur zum Schlafen ausruhst und dich selbstständig zu jeder Zeit dahinter klemmst. Trainier deine Ausdauer zu jeder Zeit, in den Pausen nimm dir ein Buch über Trainingsübungen oder Kriegsstrategien. Ich verlange, dass du nur noch deine Vorbereitung auf eine solche Schlacht in deinem Kopf hast. Ich will, dass du zu einem brauchbaren Krieger wirst, haben wir uns verstanden?“

Nach diesen netten, abschließenden Worten war Isa zurück in sein Zimmer gegangen und nahm ein Bad, um seine Muskeln etwas zu entspannen und seine blau, gelben oder schwarzen Flecken zu begutachten, die überall auf seinem Körper verteilt waren.

Er nahm Michael nicht ernst. Er würde sich zwar Vorbereiten, aber so wie es der Erzengel verlangte, das war einfach zu viel. Ein wenig von seinem Leben wollte er auch noch haben und der Erzengel gab ihm nicht gerade einen Grund, sich so für das Sanktuarium und seine Bewohner aufzuopfern, im Gegenteil. Isa fragte sich, wieso er es eigentlich tun sollte. Er konnte doch stattdessen einfach das Leben eines normalen Engels führen, wenn er wollte, oder?

Irgendwas sagte ihm, dass Michael das gar nicht toll finden würde… Absolut nicht.
 

Die erste Sonne war schon untergegangen, als er aus dem Badezimmer kam, sein Nachthemd anhatte und sich aufs Bett setzte. Nach dem ersten Sonnenuntergang dauerte es noch genau eine Stunde, bis auch die anderen beiden Zwillingssonnen untergingen, dann wurde es für drei Stunden dunkel. Wie auf der Erde dauerte aber ein Tag insgesamt 24 Stunden. Gott hat die Erde nach dem Himmel erschaffen, aber die Bewohner des Planeten waren mit zu wenig Schlaf nicht ausgekommen, also hatte der Vater es so gedreht, dass auf der Erde im Schnitt 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht waren. Plus, Minus, je nachdem wo man sich befand. Das war in einem Buch drin gestanden, das Isa gelesen hatte. Gerade, als er etwas über die Erde sinnierte, kam ihm wieder dieser Krieger in den Sinn, den er den Tag über fast völlig vergessen hatte.

Kaum dachte er kurz an ihn, sah er wieder diese goldenen Augen vor sich, wobei er schon fast verzweifelt ‚Nicht schon wieder…‘ dachte. Er war müde, wollte schlafen und wenn er morgen wieder zu spät käme, wäre Michael sicher mehr als nur sauer und er wollte sich nicht schon wieder fertig machen lassen.

Isa zog die Decke über sich und rollte sich im Bett ein, aber es fing genauso an wie die letzten Nächte. Er sah den Krieger vor seinem geistigen Auge, irgendwie vermischte es sich kurz darauf im Halbschlaf mit Michaels abfälligen Worten, aber kurz darauf hatte er die dunkle, kalte Stimme des Höllenbewohners im Ohr:

„Dein Name?“

Isa wollte sich die Ohren zuhalten, aber die Stimme war ja in seinem Kopf. Er hörte schon wieder das Echo ihrer Begegnung. Aber in seiner Erinnerung hatte es bedrohlicher geklungen.

„Du schuldest mir eine Antwort.“

Der zusammengekauerte Engel hielt einen ganzen Moment lang inne, dann warf er die Bettdecke von sich und war vom Bett gerutscht, blickte in Richtung Balkon, wo im Schatten einer Ecke die Umrisse des silberhaarigen Kriegers auszumachen waren, der sogleich ein wenig vor ins Licht trat, als Isa ihn erblickt hatte.

Ein einladendes Lächeln lag auf den Lippen des Fremden, seine dunkelgoldenen Augen fixierten den jungen Engel, der neben seinem Bett stand, erstarrt und völlig überrascht.

„Wie kommst du hierher?!“, fragte Isa ihn anstatt der erwarteten Antwort.

Der Silberhaarige lachte kurz, amüsiert, doch dunkel, setzte sich dann auf die Ecke des Schreibtischs, den Jungen nicht aus den Augen lassend.

Er sagte nichts. Er blickte Isa nur an, welcher noch einige Sekunden erstarrt da stand, dann aber sich etwas entspannte und schließlich resignierend antwortete:

„Mein Name ist Isa.“

Das kaum merkliche Lächeln wurde einen kurzen Moment etwas deutlicher, dann verschwand es wieder.

„Es gibt Pfade von der Erde in den Himmel, die die Engel nicht kennen. Du brauchst deinem Mentor davon nichts zu erzählen. Er wird dir ohnehin nicht glauben. Auch von meinem Besuch hier.“

Isa glaubte ihm aufs Wort. Würde er dem Erzengel erzählen, dass er hier gerade einen Bewohner der Hölle im Zimmer hatte, würde er wohl noch mehr Spott über sich ergehen lassen müssen.

„Und was tust du hier?“, fragte Isa dann.

Dass er gerade nicht so viel Angst hatte wie die bei ihrer ersten Begegnung und in der Nacht danach wurde ihm sogar bewusst, aber er schob es einfach auf seine Müdigkeit. Und die Tatsache, dass ihm alles von Michaels Schlägen wehtat. Sein Verstand sagte ihm, dass er eigentlich in Panik verfallen müsste, denn er hatte eben ein Wesen hier in seinem Zimmer, das eigentlich nicht hier sein durfte.

Eine Antwort blieb erst mal wieder aus, stattdessen verschwand der Krieger, der heute keine Lederrüstung, sondern nur ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose trug, von der Stelle und tauchte direkt vor Isa wieder auf, sodass der nach hinten über die Bettkante stolperte und auf diesem landete.

Der Fremde packte ihn mit einer Hand an den Handgelenken und hielt sie fest, mit der anderen riss er Isas Nachthemd einfach vom Körper. Dummer, leichter Stoff!

 Fast nackt lag der Junge mit aufgerissenen Augen vor ihm, nun doch innerlich panisch, aber der Krieger legte ihm die freie Hand auf die Brust und sogleich fühlte Isa ein angenehmes Kribbeln auf der Haut und kurz darauf waren seine blauen Flecke verschwunden und er fühlte sich nicht mehr so zerschlagen an. Ein Heilzauber? Auf die Idee hätte er ja selbst kommen können…

„Michael?“, fragte der mit den goldenen Augen, in die Isa gerade blickte und nicht mehr weggucken konnte. Er leistete gegen den Griff keinen Widerstand. Gegen diese Kraft hatte es ohnehin keinen Zweck und außerdem wurde er in dem Moment ohnehin los gelassen. Schnell schnappte er sich eine Decke und deckte sich bis zum Kinn zu, rutschte bis zur Wand auf dem Bett zurück.

Er nickte zur Antwort.

„Ich wollte dich wieder sehen, kleiner Engel. Darum bin ich hier. Welchen Grund hast du Michael geliefert, dass er dich schlägt?“

Die Stimme klang nicht sanft, aber es schwang ein geringfügiger Hauch von Interesse mit. Generell klang sie recht emotionslos, doch dieser kurze, beinahe ungewohnt intime Moment gerade hatte Isas Scheu und Angst ein wenig beiseitegeschoben.

Er erzählte dem Fremden davon, dass er wegen ihm nicht gut geschlafen hatte, Michael deswegen sauer gewesen war und ihn etwas härter trainiert hatte. Er verschwieg aber wichtige Informationen wie den Punkt, welche Erwartungen der Erzengel in ihn setzte und vor allem wieso.

Es war etwas beängstigend, wie gut es tat, einfach mal darüber zu reden, wie unfair Isa Michaels Entscheidungen fand. Normal war er zu verklemmt, seine Gefühle Preis zu geben, aber hier hatte er wohl einfach einen mehr oder weniger neutralen Gesprächspartner, bei dem er wohl nicht erwarten musste, dass der zum Petzen gleich zu Michael rannte.

Der Höllenbewohner hörte ihm zu, während er auf der Bettkante saß, sagte aber in der Zeit nicht ein Wort und nicht ein einziges Mal konnte sich Isa von den goldenen Augen lösen. Mittlerweile war es auch fast dunkel geworden.

„Fürchte mich nicht, kleiner Isa. Ich bin nur ein Feind derer, die mich als ihren Feind ansehen. Habe ich dir etwas getan, was mich zu deinem Feind macht?“

Isa schüttelte etwas den Kopf.

„So denke nicht weiter an mich, sondern konzentriere dich auf deine Ausbildung. Überrasche Michael mit deinem Fortschritt. Er wird sich ärgern, wenn er keinen Grund hat, dich zu triezen.“

Die Stimme wirkte in dem Moment beinahe schon Einfühlsam und Isa glaubte, dass der Höllenbewohner ihn irgendwie sowas wie bezirzen wollte. Aber so lange er es merkte, fiel er nicht drauf herein.

„Du bist ein starker Engel, du weißt es nur noch nicht. Ich sehe es in deinen Augen.“, sagte der Krieger schon beinahe sanft, wobei sich Isa geradezu von der Stimme einlullen ließ.

„Dein Name ist für einen Krieger beinahe zu sanft. Isa. Bald schon wirst du zu kräftig sein, um einen solch sanften Namen zu tragen.“

„Bis dahin ist noch Zeit.“

Wieder lächelte der Silberhaarige nur geheimnisvoll, stand dann von der Bettkante auf und trat ein paar Schritte in die Mitte des Raumes.

„Wirst du wieder kommen?“, fragte Isa, der verstand, dass sein Besucher im Inbegriff war zu gehen. Ihm war selbst nicht klar, warum er das fragte, es war einfach so aus ihm herausgeplatzt. Die Anwesenheit dieses Mannes war irgendwie beruhigend und so auf diese Art alles andere als bedrohlich.

Das triumphierende Grinsen des Höllenbewohners konnte er nicht sehen, da dieser ihm den Rücken zugewandt hatte.

„Wenn die Sterne günstig stehen, junger Engel. Die Pfade sind nicht jeden Tag offen.“

Isa nickte leicht, schalt sich innerlich für seine Frage. Da war die eine Seite, die wusste, dass es töricht war, die Gesellschaft dieses Kriegers zu wünschen und da war die andere Seite, die einfach nur jemanden vertrauen wollte.

„Wie ist dein Name?“, fragte er noch, als der Krieger die Hand ausstreckte und diese Art schwarzes Portal erschien, wie Isa es auch schon auf der Erde gesehen hatte.

„Ich habe viele Namen. Aber du kannst mich >Xemnas< nennen, mein kleiner Engel.“

Und dann trat der Krieger in diese Finsternis hinein, die sogleich darauf verschwand.
 

Isa saß noch einige lange Minuten auf dem Bett, starrte auf diese Stelle und konnte absolut nicht klar denken. Seine Gedanken rasten und doch kam nichts Wirkliches dabei raus.

Die Stimme hatte sich in seinen Kopf eingebrannt, so emotionslos sie in manchen Momenten auch gewesen war und so wenig Xemnas auch geredet hatte. Aber allein seine Anwesenheit, dieses Gefühl… Isa wusste nicht, wie er es einordnen sollte.

Eines hatte er jedoch gewiss nicht mehr: angst. Nicht vor diesem Krieger jedenfalls und der Engel war zudem auf eine gewisse Art zu naiv, um wirklich finstere Absichten hinter dem Besuch zu erkennen. Dazu war der Zeitpunkt des Besuches zu gut gewählt gewesen. Nämlich dann, als Isa das Vertrauen in seinen Mentor verlor und einfach jemanden brauchte, der ihn verstand.
 

Erst nach dieser ruhigen Nacht, in der Isa sehr gut schlafen konnte und völlig ausgeruht erwachte, realisierte er, was an dieser Sache hier so faul war, oder eher, WER sein Besucher wirklich war.

Erzengel Michael hatte es ihm gestern quasi gesagt.

Kein Dämon konnte den Palast betreten. Das konnten nur die Gefallenen.

Xemnas war also einer der gefallenen Engel aus der Hölle. Aber wie viele gab es dort noch? Es waren laut den Schriften viele gefallen. Gehörte Xemnas zu den älteren Engel?

Wohl kaum.
 

Dass Xemnas der Älteste aller Gefallenen war, vermutete Isa nicht im Geringsten.

Wie naiv der junge Engel doch war….
 

# Kapitel 3  Ende #

Lea

# Kapitel 4 #  Lea #
 

Die nächsten Tage verliefen nach Isas Meinung deutlich besser. Er strengte sich an, gab wirklich alles, sodass er abends völlig erschöpft und übermüdet ins Bett fiel. Michael fing viel früher an, mit ihm zu trainieren, als die anderen Krieger es taten und sie hörten auch erst viel später auf. Morgens lief es sogar noch recht gut, Isa glaubte, den Ansprüchen seines Mentors gerecht zu werden, aber mittags verließ ihn dann langsam die Konzentration und die Kraft und der Erzengel wurde wieder ungeduldig und sparte nicht an niederschmetternden Sprüchen.

Generell war Isa der Meinung, dass Michael das Training immer dann steigerte, wenn Isa einen Fortschritt zeigte oder einen Moment lang so aussah, als würde er mithalten können. So aber glaubte er dauerhaft, er wäre einfach unfähig und das Letzte.

Nun, dass er unfähig war, hörte er mindestens 3 Mal am Tag.

Es deprimierte ihn. Er fragte sich, wieso er weiter machen sollte. Egal, was er tat, es war nie gut genug. Er wurde besser, er wurde stärker,  was er selbst merkte, doch Michael zerschlug diesen Eindruck mit seiner herablassenden Art.

Xemnas war seit der einen Nacht nicht mehr aufgetaucht, was Isa ebenfalls zu deprimieren begann. Wie tief musste er mittlerweile gesunken sein, dass er sich eher einem gefallenen Engel anvertrauen wollte und gerade dessen Gesellschaft wünschte als einem Erzengel? In Xemnas‘ Gegenwart bekam er wenigstens nicht das Gefühl vermittelt, Dreck zu sein.
 

„Wenn du dich nicht besserst, wirst du so enden wie dein Freund Lea.“, zischte der hohe Engel seinen Schüler eines Mittags voller Ungeduld an. Sie übten den Kampf mit Schwert und Schild und Isa hatte gerade einen Schlag Michaels abgewehrt, aber wurde mit dem Nächsten entwaffnet. „Hast du nicht mal den Drang, ihn zu rächen? Willst du dich nicht wenigstens für ihn mal anstrengen?“

Isa war wie zu Stein erstarrt. Wenn es etwas gab, worüber sich die Erzengel ausschwiegen, dann war es über den Engel Lea. Denn sie wussten, wie empfindlich Isa bei dem Thema war.

Es war damals Isas einziger Freund gewesen. Der rothaarige Engel, der nur ein wenig jünger als Isa selbst gewesen war, war einfach mal dreist zum Balkon des Palastes geflogen, wo dieser ‚besondere Engel‘ leben sollte und hatte sich ihm vorgestellt.

>Ich bin Lea. Got it memorized? Und warum darfst du hier im Palast wohnen und ich nicht?<

Isa war damals erst völlig überrascht gewesen, dann aber hatten sie sich etwas unterhalten und Lea hatte begonnen, ihm das Sanktuarium zu zeigen und sie stellten Dinge an, die sie eigentlich nicht tun sollten (Erzengel Gabriel beim Baden beobachten zum Beispiel). Es hatte sich eine unzertrennliche Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, die sie lange geheim halten konnten. Aber irgendwann nach gut 10 Jahren kam es raus. Die Erzengel waren nicht glücklich darüber gewesen, da es laut ihrer Meinung seinen Grund hatte, dass Isa im Palast lebte und selten die Zeit dafür bekam, in die Stadt zu gehen, aber das hatten sie niemals öffentlich vor Isa gesagt. Der Junge hatte es nur geahnt, sich aber weiter mit Lea getroffen, dessen Abenteuerlust ertragen und alles mitgemacht. Lea war der, der von ihnen die Klappe aufriss und die Richtung vorgab, Isa machte alles mit, um Lea danach aus der Patsche zu helfen oder bei den Erzengel ein gutes Wort einzulegen.

An sich waren sie das komplette Gegenstück zueinander, weshalb Lea irgendwann sagte:

„Du bist ich, nur Anders, genauso wie ich du bin, nur Anders. Got it memorized?“[1]

Sie hatten Spaß und waren Beide glücklich, wenn sie unterwegs waren, was meist abends der Fall war, da Isa zu studieren hatte. Lea auch, aber der schwänzte eh mit der Begründung, dass sie die ganze Ewigkeit dazu Zeit hatten.
 

Und dann wurde Lea als Helfer mit einem Engel zusammen auf die Erde geschickt und das war das letzte Mal, das Isa ihn gesehen hatte. Der Engel kam schwerverletzt ohne Lea zurück und berichtete von einem Angriff der Dämonen. Sie hatten den Rotschopf vernichtet, sich dann dem Anderen zugewandt, der aber noch fliehen konnte.

Für Isa war damals eine Welt zusammengebrochen. Von den Erzengel kamen ein paar beiläufige, besänftigende Worte, dass es  nun mal schlimm war, aber eben passieren konnte, wenn Engel von Dämonen erwischt wurden.

Für einige Jahre sprach Isa kein Wort mehr, sondern folgte nur in stummer Trauer den Anweisungen seiner Mentoren. Vergessen hatte er Lea nie, aber er hatte gelernt mit dem Schmerz zu leben, wieder allein zu sein. Nie hatte er realisiert, wie kalt die Erzengel damals gewesen waren, da er zu sehr in seiner Trauer gefangen war.
 

Und nun hatte Michael diese alte Wunde wieder aufgerissen.

Wie an ihrem ersten Trainingstag ließ Isa seine Waffe, die er wieder aufgehoben hatte und sein Schild fallen, wandte sich ab und breitete die Flügel aus, um davon zu fliegen. Er wollte nicht mehr in Michaels Nähe sein. Für heute reichte es! Genug dieser Worte!

Aber der Erzengel tauchte vor ihm auf, stieß ihm die Faust in den Magen und das Metall seiner Handschuhe war nicht gerade sanft, sodass Isa auf die Knie sank.

„All die Jahre… vergebens. Wir haben dich im Palast aufgezogen, damit du solche Gefühle wie ‚Freundschaft‘ nicht entwickeln konntest. Sieh nur, wie schwach es dich macht. Glaubst du, dieser Kampf in der Luft wird nur mit Waffen geschlagen? Unser größter Feind ist der Verführer, er dringt in deinen Kopf ein und wenn er deine Schwachstelle findet, hat er dich in der Hand. Du hast gerade selbst gemerkt, was ein einfacher Satz meinerseits bei dir bewirkt, oder?“

Isa schaute auf, versuchte keinen Schmerz zu zeigen, obwohl sein Magen gerade heftig protestierte.

„Wenn du Lea nach all der Zeit nicht vergessen kannst, werden wir dich vergessen lassen müssen. Oder du lernst, dich zu kontrollieren. Es hängt an dir. So wie jetzt bist du wertlos.“

Und Michael drehte sich um, um davon zu fliegen und Isa mit seinem Schmerz und seiner neu aufgeweckten Trauer, die er all die Jahre tief in sich verschlossen hatte, allein zu lassen.
 

Später in seinem Zimmer fühlte sich Isa leer und orientierungslos. Er wusste einfach nicht mehr, wie er sich noch weiter antreiben sollte. Wenn er vorhin noch ein wenig Motivation gehabt hatte, so war sie spätestens jetzt völlig verschwunden. All seine Gedanken waren bei seinem früheren Freund, der ihm so viel Glück in den wenigen Jahren gebracht hatte. Klar, das war schon gut 50 Jahre her, aber trotzdem… Es war seine einzige Freundschaft gewesen und wahrscheinlich hing er deswegen so daran.

Irgendwie hatte er sich bettfertig gemacht ohne es wirklich zu realisieren und er saß schon eine Weile auf diesem, als er am anderen Ende des Zimmers beim Balkon eine Bewegung bemerkte.

Er schaute auf, kein Lächeln zierte seine Lippen, obwohl er innerlich gerade froh war, dass Xemnas ausgerechnet heute kam. Er wollte jemanden sagen, wie sehr ihn Michaels Verhalten störte und vor allem wollte er nicht mit seiner Trauer allein sein. Sein Schmerz verdrängte jede Vernunft, jede Angst und jeden klaren Gedanken. Nur ganz flüchtig wusste er, dass er trotz allem vorsichtig sein sollte, was seinen Besucher betraf.
 

Bevor der silberhaarige Höllenbewohner etwas sagen konnte, war Isa zu ihm gegangen und umarmte ihn einfach. Es tat so gut. Es fühlte sich einfach gut an, irgendwen auf diese Art bei sich zu haben, obwohl es ein verdammt egoistisches Handeln war. Isa legte den Kopf gegen die Halskuhle des Anderen, der erst mal nur dastand und nichts tat, dann aber langsam die Arme um den Engel legte. Solch eine Reaktion hatte er wohl nicht erwartet. Verständlich.

Eine Art Wärme ging von Xemnas aus, die Isa ein wenig besänftigte und innerlich ruhiger werden ließ. Es war wie ein Licht in der Finsternis, nachdem der junge Engel greifen konnte und am Liebsten wollte er nie wieder los lassen. Paradox, wo doch sein Besucher das einzig Dunkle inmitten des Lichts des Himmels war.

Dieser brauchte nicht fragen, was los war, Isa sagte nach einem Moment von sich aus, nachdem er dann doch einen Schritt zurück getreten war:

„Verzeih… Aber der Tag war schrecklich. Die letzten zwei Wochen waren schrecklich. Ich ertrage Michael nicht länger…“

Es entstand eine Pause. Xemnas trat an Isa heran, hob dessen Kinn etwas an, wie schon im Wald, aber dieses Mal hatte Isa keine Angst. Für ihn war der Krieger im Augenblick so etwas wie ein Anker.

Einen Moment lang blickte dieser ihm nur in die Augen, dann ließ er ihn los, strich ihm sanft und beinahe schon mitfühlend über die Wange.

„Was macht er?“, fragte Xemnas dann und führte Isa zum Bett, damit sich der Junge hinsetzen und sich etwas beruhigen konnte. Er selbst setzte sich neben ihn, als sei es selbstverständlich, dass ein Gefallener zusammen mit einem Engel im Sanktuarium war – inmitten des Palastes und auf dessen Bett saß.

„Je mehr ich mich anstrenge, desto mehr macht er mich fertig.“, antwortete Isa. „Vorhin hat er eine alte Wunde aufgerissen und darauf herumgehackt. Ich verstehe ja, dass es mich schwach macht, aber warum muss er so hart sein? Und warum kein normales Training? Er gibt mir einfach keinen Grund, wieso ich mich verbessern sollte… Wofür ich kämpfen sollte.“

Wieder schwieg der Silberhaarige, strich Isa aber stattdessen beruhigend über den Rücken und in seinem Schmerz realisierte der Junge nicht mal, dass er sich zu einem gefundenen Fressen gemacht hatte und sich gerade an jemanden klammerte, der seine hilflose Lage gekonnt ausnutzte.

Es war eigentlich genau das, wovor ihn Michael vorhin gewarnt hatte. Gefühle machten einem schwach und der ‚Verführer‘ wusste, wie er sie nutzen konnte. Darum waren die Erzengel an sich auch sehr gefühllos und ließen nichts an sich heran.

„Ein wenig Abstand zu deinem Mentor würde dir nicht schaden.“, sprach der Gefallene beinahe schon sanft. „Bitte ihn darum, ein paar Tage alleine trainieren zu dürfen, damit du alles überdenken kannst. Was du fühlst, ist Wut und Hass auf ihn.“

„Wut? Hass?“

Isa blinzelte überrascht und schaute Xemnas an.

„Ich dachte, Engel können keine Wut und sowas empfinden?“

„Und was ist Erzengel Michael dann auf dich? Er ist wütend, weil du seinen Erwartungen nicht entsprichst. Er hasst uns, die in der Hölle leben. Was fühlst du, wenn du mit ihm trainierst?“

Isa schwieg daraufhin eine Weile, bevor er nachdachte und dann sein Gefühl beschrieb:

„Ich möchte ihn schlagen. Meine Hände zittern, ich habe sie zu Fäusten geballt und am liebsten würde ich ihn für den Moment zum Schweigen bringen!“

Er fühlte bei dem Gedanken wieder eben diese ‚Wut‘ in sich. Kurz zitterte er, dann beruhigte er sich wieder, als Xemnas ihm durch die Haare strich.

Isa lehnte sich an ihn, war sich bewusst, dass Michael wenn er dies hier wüsste, mehr als nur sauer wäre, aber er brauchte das einfach. Die Nähe zu diesem Mann war einfach eine Art Licht. Das war die beste Beschreibung.

Xemnas brauchte ihm nicht zu sagen, dass es wirklich Wut war, was er fühlte, Isa hatte das selbst erkannt.
 

Der Krieger stand auf, ließ den Engel dabei los und lief zum Balkon, um hinaus zu blicken. Sofort fühlte sich Isa wieder etwas allein, zog die Decke zu sich, um irgendwo die Hände hinein zu krallen. Er begann wieder nachzudenken, etwas, was gerade in der Nähe des Anderen ausgesetzt hatte.

Es war ihm gerade sehr bewusst, wie dämlich er sich benahm, aber er sah auch keinen Grund, anders zu handeln. Er verriet dem Höllenbewohner ja nichts wirklich Relevantes, was den Himmel betraf, aber die Idee mit dem Abstand war gar nicht so verkehrt und diese Zeit könnte er anders nutzen.

„Trainier mit mir.“, bat Isa dann. Er war aufgestanden und ein paar Schritte an Xemnas heran getreten. „Ich bitte Michael, mir ein paar Tage des Selbststudiums zu geben und ich komme in der Zeit auf die Erde und du zeigst mir das Kämpfen. Dann werde ich ihn mit einem Fortschritt überraschen, den er sicher nicht erwartet!“

Auf diese Worte hin herrschte Stille.

Da Xemnas Isa den Rücken zugewandt hatte, sah der junge Engel erneut das fiese, triumphierende Grinsen nicht, aber als sich der Silberhaarige umwandte, war seine Miene wieder so emotionslos und ernst wie zuvor.

„Du weißt nicht, worum du mich da bittest, Isa. Ich bin ein Krieger aus der Hölle. Ich kann deine Lage ausnutzen und dich für meine Zwecke einspannen. Ist dir das nicht bewusst?“, fragte er ernst und Isa, ebenso ernst nickte.

„Mir ist das bewusst. Natürlich würden wir vorher eine Art Vereinbarung machen. Einen Pakt.“

Er hatte mal gelesen, dass Dämonen Pakte abschlossen, an die sie sich auch hielten. Vielleicht klappte das ebenfalls hier. Er fand sich selbst zwar gerade sehr egoistisch, denn er wollte vor allem einfach nur einen Grund, um Xemnas öfters zu sehen.

Dieser lächelte nun etwas amüsiert.

„Ein Engel fragt einen Höllenkrieger nach einem Pakt? Wie soll denn dein Pakt aussehen, junger Engel? Und was habe ich davon, dich zu trainieren?“

Isa überlegte kurz, dann sagte er:

„Du trainierst mich, solange wir die Möglichkeit dazu bekommen. Ich werde aber keine Geheimnisse des Himmels Preis geben und nichts erzählen, was ich in der Hölle mitbekomme. Im Gegenzug…“ Er brach ab. Ja, was konnte er anbieten? Was hatte er, Isa, ein einfacher Engel einem Gefallenen zu bieten?

Xemnas aber kam einen Schritt näher, packte Isas Handgelenke und schob ihn zum Bett, bis dieser rückwärts darauf landete und er sich über ihn beugte.

Der junge Engel hatte nicht mal in diesem Moment Angst. Seine Angst vor Xemnas war irgendwie wie weggeblasen, stattdessen fühlte er wieder sanfte Wärme, die dessen Nähe mit sich brachte.

Der Silberhaarige ließ die Handgelenke des Jungen los, betrachtete ihn einfach nur einen langen Moment und strich ihm beinahe schon zärtlich über die Wange und als die Zeit still zu stehen schien, beugte er sich hinunter und legte seine Lippen sanft und flüchtig auf die des Engels, dessen Augen sich weiteten.

Es kribbelte in Isas Bauch und sein Körper verspannte sich. Seine Gedanken hatten wohl gerade einen Aussetzer, denn er war nicht fähig, irgendwas zu denken.

Es war nur ein kurzer Moment, da richtete sich Xemnas auch schon wieder auf.

„Im Gegenzug möchte ich dir die Hölle zeigen.“, sagte er dann, als sei gerade gar nichts vorgefallen. „Einen Tag Training auf der Erde und einen Tag in der Hölle. Ich werde dich jedoch immer wieder zur Erde zurück bringen, sobald du es wünschst.“

„Ja.“

Xemnas hatte seine Forderung genannt und Isa war noch so neben der Spur, dass er einfach mal ‚Ja‘ sagte. Sich die Hölle anzuschauen war vielleicht ja ohnehin nicht mal verkehrt.

„Während der Zeit in der Hölle stehst du unter meinem Schutz. Keiner wird dir dort etwas antun können. Ich werde dir vieles zeigen und du wirst vieles lernen. Du gewinnst mehr mit diesem Handel als ich. Bist du damit einverstanden?“

Nun stützte sich Isa auf die Unterarme und ihm war ein Schauder über den Rücken gekrochen. Xemnas‘ Tonlage war gerade alles andere als… vertrauenswürdig gewesen.

Dennoch sagte der Engel ‚Ja‘ und fühlte sich, als habe er gerade sein Todesurteil unterschrieben. Wenn Michael das mitbekam….  Oh je.
 

Als der Silberhaarige sich wieder zu dem jungen Engel umwandte, hatte er ein schön verziertes Messer in der Hand und trat auf das Bett zu.

„Was hast du mit dem Messer vor?“, fragte Isa, die Augen doch etwas geweitet und jetzt wirklich unsicher, ob das eben eine kluge Entscheidung gewesen war.
 

„Den Pakt besiegeln.“ War die Antwort. „Damit er nicht gebrochen werden kann.“
 

# Kapitel 4  Ende #
 

[1] Zitat: TKTsunami, Fanfiktion: „Geschenk“

Der Fürst der Finsternis

# Kapitel 5 # Der Fürst der Finsternis #

„Was hast du mit dem Messer vor?“, fragte Isa, die Augen etwas geweitet, nun doch unsicher, ob die Sache mit dem Pakt eine kluge Entscheidung gewesen war.
 

„Den Pakt besiegeln.“ War die Antwort. „Damit er nicht gebrochen werden kann.“

Der Blauhaarige war wie erstarrt und erst als Xemnas wieder am Bett stand und sich halb über ihn beugte, kam sein Fluchtinstinkt hervor und er wollte flüchten. Aber eine unsichtbare Macht drückte ihn aufs Bett zurück und er konnte sich nicht mehr rühren, selbst als er versuchte, mit seiner eigenen, im Vergleich jämmerlichen Magie dagegen anzukommen.

Die Augen des Kriegers wirkten geradezu dämonisch und schienen golden aufzuglimmen, als er Isas Kinn mit einer Hand packte und festhielt, obwohl sich der Junge ohnehin nicht rühren konnte.

Dann setzte er das Messer an der Stirn an, drückte es in die zarte, junge Haut hinein und zog es quer über das Nasenbein zu Isas Wange.

„Auf der Erde sowie in der Hölle wirst du den Namen Saix tragen. Isa ist nicht für einen Krieger geeignet, der von mir ausgebildet wird. Ob Engel oder nicht.“, sagte Xemnas dabei und klang kalt und unnachgiebig und es war deutlich, dass er keine Widerworte zuließ.

Isa wollte schreien, sein Gesicht brannte, er spürte, wie Blut an seiner Wange hinab lief, ein anderes Rinnsal in seine Haare hinein.

Dann setzte Xemnas das scharfe Messer auf der anderen Seite, zog es wie zuvor über Stirn und Nasenbein, betrachtete einen Moment sein Werk und lächelte finster auf den Engel hinab.

Zwischen dem ganzen Brennen spürte Isa, wie Magie in ihn eindrang und sich wie Fesseln in ihm festsetze. Die Besiegelung des Pakts.

Er wollte ihn von sich stoßen, bereute seine Worte von zuvor und wünschte sich, er hätte nicht so dämlich und aus Verzweiflung heraus gehandelt. Das hatte er nun davon. Weil er egoistisch war und die Klappe nicht halten konnte. Dem Blick nach hatte Xemnas genau das gewollt, denn er hatte dieses Mal diesen kurzen Triumph in den Augen gesehen.

„Du bist so schön, kleiner Engel.“, hauchte der Silberhaarige nun als er das Messer in einer Wolke aus Dunkelheit verschwinden ließ, strich kurz durch die blauen Haare und betrachtete sein blutiges Meisterwerk, eher er sich hinab beugte und erneut seine Lippen sanft auf die des Engels legte, der sich in dem Moment wieder rühren konnte, aber noch immer am Kinn festgehalten wurde.

Es war erneut nur ein kurzer Kuss und trotz des Schmerzes konnte Isa die Wärme fühlen, die dieser mit sich brachte und sich bis in seinen Bauch hin zog.

„Ich erwarte dich morgen früh auf der Erde, mein Engel. Selbst Michael wird dich mit diesem Pakt nicht aufhalten können.“

Xemnas richtete sich auf, trat vom Bett zurück, wo Isa noch ruhig liegen blieb, zitternd und fassungslos und absolut neben der Spur.
 

Dann knallte die Tür auf und Erzengel Michael kam herein gestürmt, wütend fauchend und die Waffe sogleich gezogen, kaum dass er Xemnas erblickte.

„DU!!“

Nur ein spöttisches Lächeln seitens des Gefallenen, der in einem Wirbel aus Finsternis verschwand, wodurch der Schlag des goldenen Engels ins Leere ging.

Isa setzte sich zitternd auf, blinzelte Blut aus den Augen und schaute dann auf das Bett, wo er gerade noch gelegen hatte. Das weiße Kissen war voller Blut und als er mit seinen zitternden Fingern über das Gesicht strich, brannte es noch ein wenig mehr und danach war auch seine Hand rot.

„ISA!“

Isa zuckte zusammen, starrte Michael schmerzerfüllt an.

„WAS-HAST-DU-GETAN?“

Der Erzengel war zu ihm heran getreten, hatte sogar die Waffe fallen lassen und den Blauhaarigen an den Schultern gepackt, um ihn kurz zu schütteln.

„Was hat ER hier zu suchen gehabt?!“

Isa schwieg, sein Verstand arbeitete gerade auch nicht so ganz wie er sollte. Ihm war schwindelig durch den hohen Blutverlust und es hörte noch immer nicht auf.

Raphael kam ebenfalls herein, war wohl von Michael gerufen worden. Dieser stellte keine Frage, aber war dennoch über die Szene hier überrascht, kniete direkt neben dem Bett und legte eine Hand auf die Isas. Isa konnte den Zauber fühlen, der ihn heilen sollte, aber es passierte nichts. Die Wunde hörte nicht mal auf zu bluten.

„Du hast einen Pakt mit ihm geschlossen.“, stellte Michael zischend fest. „Das war die Magie, die ich eben gespürt habe. Wieso hast du das getan? Hast du eine Ahnung, was er mit dir tun kann?“

Sorge war dennoch nicht in seiner Stimme zu hören, aber das fiel Isa nicht mal auf. Leise sagte er:

„Er wird mich die nächste Zeit trainieren. Auf der Erde und in der Hölle. Aber ich stehe unter seinem Schutz und keiner wird mir etwas tun und wenn ich es wünsche auf die Erde zurückzukehren, so wird er mich zurückbringen. Das alles ist Teil des Pakts.“

Ein kurzes Grinsen konnte Michael nicht verbergen, aber Isa blickte in dem Moment kurz zu Raphael und bekam es so nicht mit.

„Ich werde nichts vom Himmel verraten. Wir können alle nur dadurch gewinnen. Das seht Ihr doch ein, hoher Michael? Nachdem Ihr mich für so unfähig haltet, lasse ich jemand anderen sich mit mir herumquälen, dann habt Ihr Zeit für wichtigere Dinge als mich.“, meinte Isa dann, rieb sich die Augen, weil ein paar Blutstropfen hinein gelaufen waren. Die Blutung schien aber langsam nachzulassen. Immerhin. Trotzdem lief es ihm bis zum Kragen seines Hemdes und tropfte ihm von der Nase.

Beide Erzengel richteten sich auf, Raphael lief schon Richtung Tür, während Michael noch einmal kurz zu Isa blickte.

„Du wirst den Pakt nicht umgehen können. Mach das Beste draus. Vielleicht bist du als Spion ganz gut geeignet. Viel beibringen wird er dir ohnehin nicht können. Was ich schon nicht schaffe…“

Michael verließ nun auch den Raum, ließ Isa zurück.

Niedergeschlagen, da ihn diese Worte mal wieder ziemlich trafen, ging er ins Bad und betrachtete sich im Spiegel, bekam aber erst mal einen heftigen Schreck.

Das X sah wirklich grausig aus, einfach weil die Haut im Moment geschwollen war und überall Blut war. Es würde eine Weile dauern, wenn es auf normalem Wege heilen musste.

X für Xemnas….

Michael schien ihn jedenfalls gekannt zu haben, aber wenn es ein gefallener Engel war, so war es fast logisch, oder? Sie kannten sich von früher.

Isa seufzte, versuchte stark zu sein und reinigte sich erst einmal, bevor er zu Bett ging, um zu Schlafen und die verlorene Energie wieder zu regenerieren. Der Blutverlust machte ihm ganz schön zu schaffen.

Als er so ruhig da lag, konnte er beinahe das Kribbeln auf den Lippen fühlen, welches Xemnas‘ Kuss verursacht hatte, doch dann schlief er auch schon völlig erschöpft ein.
 

Er erwachte am Morgen, war zwar etwas erholt, aber seine frische Wunde schmerzte noch und fit war auch nicht das Wort, welches ihn gerade zu beschreiben vermochte. Also Training war heute gewiss nicht auf dem Plan, trotzdem würde er zur Erde gehen, da Xemnas ihn dort erwartete. Und eines wollte Isa gewiss nicht, den Pakt brechen.

Außerdem hatte er keine Lust auf Michaels Anwesenheit und Worte.

Also machte sich Isa fertig. Sein Bett war noch blutverschmiert, aber das war ihm gleich. Er hatte sich am Abend das Kissen umgedreht, aber das war jetzt auch auf der anderen Seite etwas rot. Wahrscheinlich hatten die zwei Schnitte noch mal zu bluten begonnen.

Er wollte nicht einmal Bescheid geben, dass er jetzt ging, er kam ja am Abend ohnehin wieder, sondern machte sich einfach ein Portal zur Erde, was er jetzt mittlerweile beherrschte und schritt hindurch.

Er war wieder an dem See, an dem er Xemnas das erste Mal getroffen hatte und dort stand auch schon der Krieger aus der Hölle, hatte wieder eine schwarze Lederrüstung an.

„Saix.“, grüßte dieser ihn mit einem kaum merklichen Lächeln.

Isa nickte nur. Er mochte den Namen Saix, aber ob er seinen Himmelsnamen einfach so ablegen konnte? Dass Isa nicht wie ein Krieger klang wusste er selbst.

„Da dein Zeichen erst etwas heilen sollte, werden wir heute noch nicht trainieren.“

Der Junge nickte, denn das war ihm selbst klar gewesen. Aber Xemnas nannte es ‚Zeichen‘? Er hatte ihn gezeichnet, ja. Und wahrscheinlich würde das jeder wissen, der ihn sah.

„Stattdessen zeige ich dir ein paar Bereiche der Hölle.“

Nun blickte der Engel auf, die Augen etwas geweitet, aber er nickte dann.

Xemnas beschwor wieder einen Wirbel aus Finsternis und deutete hinein, weshalb Isa, oder eben ab nun Saix, sich in Bewegung setzte und hindurch ging, dicht gefolgt von seinem Begleiter, der ihn an der Hand nahm und zwei Schritte durch die Finsternis führte, bevor sie wieder draußen waren.

Sie standen auf einem Felsen inmitten eines Gebirges. Fast sah es aus, wie auf der Erde, wenn der Himmel nicht seltsam rötlich wäre und die Luft anders roch und schmeckte. Eine bedrückende Präsenz war hier, es war wohl die Macht der Hölle.

„Die Hölle ist in eine Art Bezirke eingeteilt. In der Mitte ist das Pandämonium, der Hauptsitz mit meinem Schloss.“

„Dein Schloss?“, unterbrach ihn Saix nun mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Hat es dir Michael nicht erzählt?“

Aufgrund des fragenden Blickes des Jungen musste Xemnas nun doch kurz auflachen. Es war ein amüsiertes lachen, aber gleich darauf wurde er wieder ernst und schüttelte etwas den Kopf.

„Du hast wirklich keine Ahnung.“, stellte er fest, tat aber auch nichts, um Saix eine Erleuchtung zu geben. Der verstand einfach nicht, obwohl er schon so viele Hinweise bekommen hatte, war in dieser Hinsicht zu naiv oder kam einfach nicht auf den Gedanken, weil es zu absurd war.

„Komm.“

Der Gefallene breitete seine großen, schwarzen Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte.

Saix tat das Gleiche und als er neben seinem neuen, kurzzeitigen Mentor herflog und sich die Gegend anschaute, fragte er:

„Wenn ich hier bin und du mir das alles zeigst, werde ich dann fallen?“

„Ein Engel kann nicht einfach so fallen. Erst wenn du dich komplett von dem Licht des Himmels entsagst und es aus deinem Herzen sperrst kannst du fallen. Es kann natürlich sein, dass der Himmel nicht mit deiner Entscheidung einverstanden ist und dich wegen dem Pakt stürzt. Aber das überlebt kaum einer der heutigen, jungen und schwachen Engel.“, erklärte Xemnas ruhig.

Es sah ein wenig abstrakt aus. Xemnas mit den mächtigen und ungewöhnlich großen, schwarzen Flügel und Saix mit den im Vergleich dazu kleinen Schwingen, die aber in dieser rötlichen Luft noch immer silberweiß zu leuchten schienen.

Sie überflogen eine rote Sandwüste mit roten Felsen. Es sah ziemlich karg und nicht gerade einladend aus. Aber immer noch besser, als Saix es erwartet hatte. So gesehen sah das Gebiet bisher einfach leer aus, dabei wurde immer gemunkelt, die Hölle sei überfüllt.

Als habe er die Gedanken des Engels gelesen, erklärte Xemnas:

„Die meisten Dämonen leben von hier aus gesehen auf der anderen Seite des Palastes. Dort ist die Landschaft fruchtbarer. Das hier sind die äußersten Ausläufer der Hölle.“

Sie wechselten die Richtung und nur kurz darauf flogen sie über Dörfer hinweg. Hier war eine Art Graslandschaft, wobei das Gras eine Mischung aus Lila, Grün und Rot war. Einige Dämonen sahen zu ihnen hinauf.

Es sah hier deutlich einladender aus und absolut nicht so, wie Saix es sich vorgestellt hatte. Tatsächlich gab es hier sogar Ackerbau und Viehzucht, aber von irgendwas mussten sich die Dämonen hier ja ernähren. So flogen sie über schwarz aussehendes Wasser, Dörfer, Steppen und Wälder. Es war einfach riesig. Und die Dörfer wurden immer größer und voller, aber etwas genaueres konnte der Engel nicht erkennen, denn dazu flogen sie zu hoch.
 

Eine Weile später, als er schon müde wurde, flogen sie auf einen großen Palast zu, der umgeben von riesigen Häuserbauten war. Hier sah es nun auf jeden Fall überfüllt aus. Er schien von schwarzer Finsternis umgeben zu sein, doch als sie durch diese flogen und vor dem Palast landeten, der wie auch der Palast im Himmel von einer Mauer umgeben und so von der angrenzenden Stadt getrennt war, war der Besucher überrascht, dass die Mauern weiß waren.

Zwei Wachen standen von der Tür, die erst ein wenig perplex drein blickten aufgrund des Engels, der hier eben mitgelandet war, doch als sie das X sahen, entspannten sie sich und verbeugten sich vor Xemnas.

Nun hatte Saix wirklich ein paar Fragezeichen über den Kopf, doch so langsam dämmerte es ihm.

Vor allem als sie durch die riesige Eingangshalle liefen und sich hin und wieder ein Dämon vor Xemnas verbeugte. Er war so geschockt, als er die Erkenntnis hatte, dass er nicht mal bemerkte, wie hübsch die Dämonen und nicht wie im Himmel dargestellt, abscheuliche und groteske Kreaturen waren.

Sie sahen im Grunde aus wie Engel und Menschen auch, nur dass sie Mutationen hatten. Manche hatten schön geschwungene Hörner und einen Schwanz, andere waren halb Mensch, halb Tiergestalt. Es gab hier eine regelrechte Artenvielfalt und man konnte sie nicht als so hässlich bezeichnen, wie es im Himmel gelehrt wurde. Eben sehnige, ekelhafte Kreaturen, die am Boden kriechen und denen der Geifer aus dem Mund tropfte. Nein, das war es gewiss nicht.

Doch darüber machte sich Saix noch keine Gedanken, der geradezu wie in Trance Xemnas folgte und einfach nicht den Mut hatte, ihn zu fragen.

Dann traten sie in eine Art Thronsaal. Ein leerer, verzierter, weißer Thron stand auf einer Art erhöhten Stufe am Ende des Saales auf den Xemnas nun zuschritt. Ansonsten war der ganze Saal abgesehen von ein paar Säulen leer.

Und nun war sich Saix sicher und er glaubte, seine Knie würden ihm gerade nachgeben.

Noch immer folgte er Xemnas, nun aber auf ein paar Schritt Entfernung und als dieser sich auf den Thron setzte, knickten die Knie des Engels doch ein und er sank auf den Boden, wo er zusammengesunken sitzen blieb und zu dem gefallenen Engel aufblickte.

„… Das ist kein Scherz, oder? Wieso hast du… wieso habt Ihr mir nicht gesagt, dass Ihr…“, setzte Saix an. Der Pakt fühlte sich gerade um einiges belastender an, aber nun fragte er sich, wieso er es nicht erkannt hatte. Er hatte die Hinweise nicht zusammengezählt, die eigentlich so eindeutig gewesen waren.

Eine Antwort auf seine Fragen blieb aus, das leicht amüsante, kalte Lächeln des Silberhaarigen sprach Bände, welcher nach einem kleinen Moment der Stille sagte:
 

„Willkommen in meinem Palast und in meinem Reich, junger Engel. Ich bin Xemnas, Fürst und Herrscher der Hölle, der Superior. Einst Lucifer, erster und höchster Erzengel des Himmels.“
 

# Kapitel 5  Ende #

Der Verführer

# Kapitel 6 # Der Verführer #
 

„Willkommen in meinem Palast und in meinem Reich, junger Engel. Ich bin Xemnas, Fürst und Herrscher der Hölle, der Superior. Einst Lucifer, erster und höchster Erzengel des Himmels.“

Saix war nicht fähig, ein Wort aus sich herauszubekommen. Er saß nur kniend auf dem Boden, blickte zu dem Herrscher auf, dessen Macht auf einmal deutlich zu spüren war, als habe er sie die ganze Zeit unterdrückt. Sie war erdrückend, beängstigend zugleich und die ganze Ausstrahlung des bisher ruhigen ‚Kriegers‘ hatte sich zu der eines Herrschers geändert, kaum, dass er sich auf den Thron gesetzt hatte.

„Du solltest noch ein paar Dinge zu einem Pakt mit einem Höllenbewohner wissen. Brichst du ihn, gehört deine Seele mir. Ich werde sie verschlingen können und sie wird mich stärken.“

Und jeder Engel sollte wissen, dass Dämonen danach strebten, dass ihr Pakt-Partner den Pakt brach, um eben diese Seele zu bekommen. Das war auch der Grund, weshalb sie sich leichtgläubige und verführbare Menschen suchten, da viele dumm genug waren, einen solchen Pakt einzugehen. Und je mächtiger die Seele war, desto größer wurde der Gewinn. Nur Saix wusste dies noch nicht. Denn das wäre erst später in seiner Ausbildung gekommen.

„Ich habe nicht vor, ihn zu brechen.“, sagte Saix nun und stand langsam auf, gerade, als ein Kerl in einer schwarzen, ledernen Kutte durch die große Tür kam und durch die Halle auf sie zuschritt.

Der Kerl hatte eine dicke Narbe an der Wange, ein Auge fehlte ihm und war mit einer Augenklappe bedeckt. Sein schwarzes Haar wurde von weißen Strähnen durchzogen, welches er zusammengebunden hatte.

„Superior, du hast wirklich einen Engel hier reingebracht?“, fragte der Kerl und blieb drei Schritte neben Saix stehen, musterte den Engel von unten bis oben und blieb bei seinem X im Gesicht hängen.

„Es kamen Beschwerden von Dämonen, die euch gesehen haben. Sie fragen sich, ob der Feind angreift. Als ob! Die trauen sich ja nicht mal auf die Erde! Und du, du halbe Portion!“

Er sprach nun den Blauhaarigen direkt an.

„Was kann da oben nur so schief gelaufen sein, dass du so dumm bist, einen Pakt mit-“

„II, genug!“

Die Stimme des Fürsten war so schneidend scharf, dass der Neuankömmling sofort verstummte, aber trotzdem konnte Saix ein leises Murren hören.

„Der Engel hier hatte seinen Grund. Er steht unter meinem Schutz, solange er den Pakt nicht bricht. Er wird nicht jeden Tag hier sein, aber wenn, dann wird er in Ruhe gelassen. Sollte es einen Aufstand deswegen geben, bring die Meute zum Schweigen, sollten sie sich mit dieser Aussage nicht zufrieden geben.“

Das war das Längste, was Saix bisher von Xemnas gehört hatte, aber der Tonfall war ebenfalls gänzlich anders, als alles, was der Teufel zu ihm bisher gesagt hatte, weshalb der junge Engel schnell bemerkte, dass er auf eine Masche hinein gefallen war. Es hieß, Lucifer sei ein Verführer gewesen, der Teufel sei es immer noch und würde seine Talente nutzen, um Verderben zu bringen und genau darauf war er hereingefallen.

Dabei hatte Xemnas nicht mal viel gemacht. Er war eben da gewesen, hatte zugehört und die richtigen Worte an der richtigen Stelle benutzt.

„Superior.“, setzte der Einäugige nun an. „Ich zweifle keine deiner Entscheidungen an, aber-“

„Dann geh. Wir reden später.“ Wieder diese befehlerische, kalte, herrische Stimme, die Saix einen Schauder über den Rücken laufen ließ und die auch bei dem Einäugigen Wirkung zu zeigen schien.

Er nickte, drehte sich um und ging wieder aus dem Thronsaal hinaus, sodass der Engel erneut mit seinem neuen Mentor allein war.
 

„Du hast von allem hier keine Ahnung. Woher solltest du auch, aber du wirst es mit der Zeit lernen.“, sagte der Fürst dann, stand auf und deutete Saix mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Seine Stimme war emotionslos, nicht kalt, aber sie hatte nicht mehr diesen weichen Unterton, wie bei ihrer Begegnung auf der Erde oder im Himmel. „Ich regiere die Hölle zusammen mit den XIII. Sie sind meine engsten Untergebenen. Das eben war Xigbar, die Nummer II.“

Mehr erklärte er zu dem Thema nicht und der Blauhaarige wagte es auch nicht, weiter nachzufragen. Der Ton am Ende hatte einen Klang gehabt, als wäre das Thema mit diesem Satz beendet gewesen. „Wir werden in zwei Tagen mit körperlichem Training anfangen. Bis dahin widmen wir uns deiner Magie.“

Er führte Saix in eine Halle, deren Boden weiß war, ebenso wie die Wände.

„Einer der Trainingsräume im Palast.“, war die knappe Erklärung. Ein Freund vieler Worte war der Mann wahrlich nicht. „Jetzt zeig mir, was dir Uriel gelehrt hat.“

Erst blickte der Schüler seinen neuen Mentor fragend an, dann versuchte er, trotz seiner Nervosität, sich zu konzentrieren und formte einfach mal mit seiner Mondmagie, die sein Element war, eine Kugel, speiste sie mit Macht und warf sie dann durch den Raum, lenkte sie in hoher Geschwindigkeit in verschiedenen Mustern, bis sie in einer Wand einschlug und in ihr versank, ohne Schaden zu verursachen.

Mit dieser Kugel hatte Saix eine Statue im Himmel zertrümmert und einen Krater in den Boden gemacht, weshalb ihn das Resultat hier nun etwas überraschte. Aber dieser Raum war wohl genau für solche Übungen konzipiert.

„Weiter.“, befahl Xemnas direkt und der Engel zuckte aufgrund des Befehls leicht zusammen, formte erneut eine Kugel, ließ sie durch den Raum fliegen und beschwor noch vier weitere. Er kontrollierte jede einzelne für sich, ließ sie in der Luft tanzen, auch wenn es seine ganze Konzentration erforderte. Die Kugeln flogen in einem Muster um sie herum, aber dann zog eine unsichtbare Macht Saix die Beine weg und die Magiebälle flogen unkontrolliert durch den Raum, bis sie wieder von den Wänden oder dem Boden verschluckt wurde. Einer Kugel konnte Saix gerade noch ausweichen, die von oben auf ihn zugeflogen kam, indem er sich einmal zur Seite rollte.

Er stand wieder auf, blickte seinen Mentor fragend an, welcher sich mit verschränkten Armen aber in Schweigen hüllte.

War wohl ein Zeichen, dass Saix weiter machen sollte. Tja, viel gelernt hatte er an sich ja noch nicht mit Magie, da sie nicht zu seinen Stärken gehörte.

Erneut beschwor er Kugeln. Dieses Mal nur drei, aber gleichzeitig errichtete er einen Schild magischer Natur um sich herum auf, ließ die Kugeln einmal Kreisen und dann auf seinen Schild prallen, wo sie absorbiert wurden.

Im nächsten Moment flog ein roter Magieball durch den Raum, die Größe einer Faust, ebenso wie Saix‘ magische Kugeln und dann schoss dieser Ball auf ihn zu. Schnell versuchte er noch, seinen Schild um sich herum zu verstärken, aber die Magiekugel ging hindurch, als wäre dieser Schutz gar nicht vorhanden und streifte den Jungen an der Schulter, welcher nur zusammenzuckte, aber keinen Laut von sich gab.

„Du kannst deine Magie formen, was mehr ist, als ich erwartet habe.“, sprach Xemnas nun. „Aber sie ist noch schwach. In dir steckt viel Potenzial, du musst nur lernen, danach zu greifen.“

Irgendwie war das um einiges akzeptabler ausgedrückt, wie jedes Wort von Michael bezüglich Saix‘ Leistungen. Er nahm Xemnas jedenfalls um einiges ernster, was die Worte betraf.

„Für heute reicht das. Wir sind lange geflogen und du bist müde und die Macht der Hölle zehrt an dir. Ich bringe dich zur Erde zurück.“, sagte der Fürst, hob die Hand und wieder öffnete sich ein schwarzer Wirbel aus Finsternis, der wohl die Art der Höllenbewohner zu reisen war. Er nahm Saix wieder bei der Hand, zog ihn regelrecht mit schnellen Schritten durch die Finsternis, bevor sie wieder am See in dem Urwald herauskamen.

Sofort spürte Saix so etwas wie Erleichterung. Hier fühlte er die Macht der Hölle wirklich nicht mehr, die sich wie ein schweres Tuch auf seine Schultern gelegt hatte. Es war nicht unerträglich gewesen, aber ein ungutes Gefühl war dort ständig sein Begleiter. Als würde dort etwas an seiner Kraft zehren, was nicht da war, aber er wusste, dass es nur das Licht des Himmels in ihm war, das dort nach und nach schwand und von der Macht unterdrückt wurde. Im Palast war es nicht so schlimm gewesen, eher auf dem Flug über die Landschaften und Dörfer.
 

„Denke daran, du wirst im Himmel nichts über die Hölle erzählen. Ansonsten gilt der Pakt als gebrochen.“, warnte Xemnas ihn. „Und ich finde dich und hole mir deine Seele.“

Saix sah ihn nur an, nickte und wollte gerade ein Portal erschaffen, als er am Handgelenk gepackt und umgedreht wurde, sodass er dem Silberhaarigen in die Augen blickte.

Dieser blickte ihn ohne einen definierbaren Gesichtsausdruck an, einige lange Sekunden, in denen sich der Himmelsbewohner fragte, was denn nun sei, aber selbst wieder in diesen schönen Augen versank, die so kalt und zugleich mächtig und allwissend schienen.

Dann wurde er aber wieder losgelassen.

Dunkelheit umgab den Fürsten, weshalb Saix einen Schritt zurück trat und im nächsten Augenblick war Xemnas verschwunden und der Engel stand allein am See, sich fragend, was das gerade sollte. Der Fürst hatte wirklich eigenartige Momente.

Er seufzte leise, als die ganze Anspannung der letzten Stunden von ihm abfiel und er sich zurück ins Sanktuarium begab, um sich von diesem Tag zu erholen.
 

In seinem Zimmer wurde er bereits von Erzengel Michael erwartet, ein Umstand, auf den Saix am Liebsten verzichtet hätte.

„Du stinkst nach Hölle.“, war die Begrüßung des goldenen Engels. „Geh dich duschen und dann reden wir.“

Und für diese netten ‚Willkommen-zurück-Worte‘ würde Saix jetzt mindestens eine halbe Stunde lang duschen, einfach um den Erzengel warten zu lassen.

Er nahm sich wortlos ein frisches Nachthemd, ging ins Bad und kurz darauf rauschte Wasser.

Und er ließ sich wirklich Zeit. Bis Michael nach einer guten halben Stunde die Geduld verlor und gegen die Tür schlug.

„Isa, werd endlich fertig oder ich hole dich raus.“, rief er sauer, doch Saix konterte:

„Ihr wollt doch, dass ich sauber bin, also müsst Ihr Euch gedulden. Ich will für Euch doch nicht mehr nach Hölle stinken.“

Er fühlte geradezu, wie wütend Michael war und beschloss, seine Geduld nicht weiter zu strapazieren.

Nach 5 Minuten kam er raus, seine Schulter hatte er geheilt, trug sein Nachthemd und nachdem er die Tür geschlossen hatte, erblickte den Erzengel am Balkon und trat ein paar Schritte hinter ihn.

„Was hast du in der Hölle gesehen?“, fragte dieser ohne sich umzudrehen.

„Darüber werde ich nicht sprechen.“, gab Saix kühl von sich.

Nun wandte sich Michael doch um und als Saix den immer wütender werdenden Blick sah, fügte er hinzu:

„Es ist Teil des Paktes. Ich verrate ihnen nichts über den Himmel und selbst sage ich nichts über die Hölle. Ihr seht, als Spion werdet Ihr mich nicht missbrauchen können.“

„Du willst mir also gerade sagen, dass einer meiner Engel einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat und es uns hier im Himmel nicht einmal etwas bringt!?“

Oh, der Erzengel war wütend. Sehr wütend sogar. Saix‘ Augen weiteten sich etwas, als er die Macht fühlte, die Michael gerade ausstrahlte und von der Intensität her der von Xemnas ähnlich war.

Vielleicht wären ein paar besänftigendere Worte angebracht.

„Dieser Pakt diente in erster Linie Eurer Entlastung, hoher Michael. Er bezog sich auf Training und zum Verbessern meiner Fertigkeiten. Ich habe diesen Pakt nicht abgeschlossen, um die Hölle auszuspionieren.“

Ihm fiel gerade ein, dass er mit Xemnas gar nicht ausgemacht hatte, wie lange dieser Pakt gültig war. Hoffentlich war das kein Problem und konnte jederzeit widerrufen werden. Aber bei dem Gedanken gerade bekam er ein echt mieses Gefühl. Michael aber holte ihn von den Gedanken weg, als er sagte:

„Glaubst du wirklich, ich kann einen Engel in unseren Reihen dulden, der das Zeichen des Herrschers der Hölle im Gesicht trägt? Du bist jetzt schon verdorben und verschmutzt.“

Der Erzengel teleportierte sich, im nächsten Moment krachte Saix mit dem Bauch voran gegen die Wand und wurde von Michael dagegen gedrückt, dessen eine Hand sich in seine blauen Haare gekrallt hatte und die andere hielt seine Handgelenke auf dem Rücken in einem eisernen Griff fest.

„Sag mir, hat er dich schon geschändet?“, fragte er Saix mit geradezu giftiger Stimme nah an seinem Ohr. „Hat er sich schon an deinem Körper geweidet, wie es der Verführer nun mal gerne tut? Das war schon immer sein größtes Talent gewesen. Andere zu verführen und danach lässt er sie fallen.“

In dieser Position bekam junge Engel kaum Luft, aber beinahe schon herausfordernd sagte er, da es ihm absolut nicht passte, wie Michael gerade mit ihm umsprang:

„Nein, hat er nicht. Wieso? Hat er Euch etwa verführt und Euch dann nicht mehr angeblickt? Er wird seine Gründe gehabt haben.“

Michael mochte der Erzengel sein, aber irgendwo zog auch Saix seine Grenzen. Nein, normal nicht. Vielleicht war es der Ton, den diese Nummer II Xemnas gegenüber angeschlagen hatte, der ihn ebenso etwas rebellisch werden ließ. Vielleicht hatte die Hölle diesbezüglich keinen guten Einfluss auf ihn.

Auf jeden Fall war der goldene Engel gerade rasend vor Wut. Saix hatte wohl völlig ins Schwarze getroffen. Michael schleuderte ihn einmal quer durch den Raum und der junge Engel konnte gerade noch so einen Schild um sich herum aufbauen, bevor er in die Wand hinein krachte, die um ihn herum bröckelte und Risse zog.

„Du solltest aufpassen, Engel.“, knurrte Michael nun und trat vor ihn, packte ihn mit einer Hand am Kragen und hob ihn hoch, drückte ihn erneut gegen die Wand. „Ohne das Licht des Himmels kannst du nicht lange existieren. Da hilft es dir auch nicht, wenn du unter dem Schutz des Teufels stehst.“

Und dann schlug er Saix mit einem festen Schlag in den Magen, ließ ihn dabei los und lief aus dem Zimmer. Seine wütende Macht war noch einige Sekunden lang zu spüren und es dauerte auch etwas, bis sich Saix aufrappeln konnte.

Das gerade war eine Drohung gewesen. Oder eine Warnung? Saix musste aufpassen, sonst fiel er. Nein, nach dieser Geschichte gerade würde er nicht fallen, sie würden ihn stürzen. Michael würde ihn stürzen, wenn er nicht aufpasste. Aber hatte der Erzengel nicht selbst damit angefangen? Irgendwie war es unfair.

Aber er war eben der Erzengel und Saix? Nun ja, ein Engel, in den viele Erwartungen gesetzt wurden, denen er nicht gerecht werden konnte und sich nun ziemlich was eingebrockt hatte.
 

Nämlich einen Pakt mit dem Teufel, den er nicht brechen konnte ohne zu sterben.

Kaum dachte er daran, spürte er, wie ihm ein feines Rinnsal über die Nase lief. Seufzend ging er erneut ins Bad, um auf die Wunde eine Salbe zu reiben, damit sie wenigstens nicht mehr so leicht blutete. Der Aufprall gegen die Wand hatte wirklich nicht gut getan…

Hoffentlich würde Michael diesen Pakt irgendwann akzeptieren und nicht immer eine solche Szene wie heute machen.

# Kapitel 6  Ende #

Training

# Kapitel 7 # Training #

„Du bist gut für dein Alter. Wieso behauptet der eingebildete Erzengel, du wärst hoffnungslos?“, wurde Saix vom Höllenfürsten gefragt, als sie zwei Tage später mit dem körperlichen Training begonnen hatten. Xemnas war gestern ziemlich beschäftigt gewesen, weshalb er den Engel allein und nach eigenem Ermessen in der Trainingshalle mit Magie trainieren ließ.

Nun waren sie auf der Erde im Wald, wo sie sich das erste Mal getroffen hatten und waren gerade in die erste Übung vertieft. Xemnas ließ Saix ausweichen, indem er ihn mit roten Energiekugeln beschoss, aber bei weitem nicht so unnachgiebig, wie es Michael getan hatte. Einfach war es nicht, denn auch der Silberhaarige gab ein Tempo vor, was Saix an die Grenze gehen ließ, doch es war ein Tempo, welches dem Jungen auch die Chance gab, nachzukommen. Geschickt erhöhte der Silberhaarige dieses mit der Zeit, aber so langsam, dass Saix es gar nicht merkte und trotzdem noch volle Konzentration hatte und vor allem die Ausdauer, weiter zu machen. Auch sah er ein Erfolgserlebnis hier drin und das motivierte ihn zusätzlich noch etwas.

Der Erzengel dagegen hatte ihn bei dieser Übung mit dem Schwert immer wieder absichtlich verletzt und dadurch seine Bewegung eingeschränkt sowie seine Konzentration schwinden lassen. Am Anfang musste Saix jedoch erst mal lernen, wie man sich überhaupt bewegte und dabei konzentrierte. Erst wenn er eines beherrschte, konnte man einen Schritt weiter gehen. Es brachte nichts, wenn man bei 500% anfing.

Eine Weile wich Saix nur am Boden aus, irgendwann sollte er es in der Luft versuchen, um seine Flugfähigkeit einschätzen zu können. Hier war Saix um einiges langsamer und der Fürst wies ihn an, an Tagen, wenn sie nicht trainieren konnten, da er auch noch Verpflichtungen in der Hölle hatte, die er nicht aufschieben konnte, diese Schwachpunkte aufzubessern und im Himmel zu trainieren.
 

Das Interessante an dieser ganzen Sache war, dass Saix die Worte des Höllenfürsten um einiges ernster nahm als die von Michael und es bestand kein Zweifel, dass er seine freie Zeit auch zum Training nutzen würde. Xemnas ging einfach um einiges geschickter vor, sowohl in der Art des Trainings als auch in den Worten.

Nach dieser Ausweichübung, die gute drei Stunden andauerte, machten sie eine Pause, da der Engel aus der Puste war. Sie saßen Beide im Gras neben dem See, Saix kaputt und Xemnas lässig und wachsam.

„An deiner Ausdauer musst du ebenfalls arbeiten, aber mit deiner bisherigen Erfahrung ist sie überdurchschnittlich.“

Xemnas hatte die Eigenart ihm zwar zu sagen, dass er an sich arbeiten musste, was ja auch Michael getan hatte, doch Xemnas machte dies auf einem ganz anderen Weg und fügte dennoch hinzu, dass er eben keine solche Schande war, wie der Erzengel es dauernd gesagt hatte.

„Dieser Pakt. Mit dem Training… Wie lange ist er eigentlich gültig?“, fragte Saix dann vorsichtig. Bisher hatte er sich nicht getraut, wohl, weil er die Antwort ahnte und sich vor dieser insgeheim fürchtete.

Einen ganzen Moment lang sah ihn der Höllenfürst nur nichtssagend und emotionslos an, bis er schließlich mit einem angedeuteten Lächeln antwortete:

„Wir haben keine Zeit festgelegt, also gilt dieser Pakt für eine Ewigkeit oder so lange, bis du stirbst.“

Dass er selbst sterben könnte, zog er nicht mal ansatzweise in Erwägung.

Dann richtete sich der Teufel auf, griff nach den Handgelenken des Engels und drückte ihn nach hinten aufs Gras, während er sich nah über ihn beugte, sodass nur ein paar Zentimeter ihre Gesichter voneinander trennten. Für ein paar Sekunden sagte er wieder kein Wort, ließ das Herz des Engels nur vor Nervosität und Unsicherheit ein wenig schneller schlagen, weidete sich wohl an dem beinahe schon hilflosen Blick, aber schließlich sagte er:

„Glaubst du, ich schließe einen Pakt ab, wenn ich mir nicht sicher bin, dass nichts von dem was du in der Hölle erlebst zum Himmel vordringt? Du wirst niemals in der Lage sein, Geheimnisse zu erzählen, ohne den Pakt zu brechen und damit dein Leben zu verwirken. Wenn du bereit bist, für den Himmel zu sterben, weil du ihnen Dinge erzählst, die ihnen ohnehin nichts bringen, dann ist der Pakt gebrochen.“

„Er ist auch gebrochen, wenn ich dir etwas über interne Dinge des Himmels erzähle.“, meinte Saix daraufhin nur, aber Xemnas lachte kurz leise und tief, was dem Jungen wieder einmal einen Schauder über den Rücken jagte.

„Glaubst du wirklich, ich sehe den Pakt als gebrochen an, wenn du mir Vorteile über meine Feinde verschaffst? Du weißt ohnehin nichts über ihre Pläne, also was interessiert das schon. Dieser Punkt ist nicht Bestandteil des Pakts.“

„Es war meine Bedingung!“, empörte sich Saix nun.

„Deine Bedingungen waren ziemlich schwammig und nicht durchdacht. Du hast keine Ahnung gehabt, wie man einen Pakt wirklich formuliert. Man lässt keine Optionen und Auswege offen, du hast dir damit mehr Steine in den Weg gelegt, als du bisher geglaubt hast.“

Xemnas‘ Tonlage war ernst und scharf. Er erteilte dem Jungen nun die erste Lektion für seine Dummheit, einen Pakt einzugehen und dann noch einen mit dem Teufel selbst.

Er kam etwas näher, flüsterte Saix nun ins Ohr:

„Du hast noch nicht realisiert, dass du dich mit diesem Pakt auf ewig an mich gebunden hast. Auf Wunsch lasse ich dich zur Erde zurück, doch wenn ich den Wunsch habe, dass wir in der Hölle trainieren, so werden wir es tun. Du spielst gefährlich, wenn du mich reizen solltest und ich merke, dass du meine Güte dir Gegenüber ausnutzen solltest.“

Nun zitterte der Engel leicht. Er realisierte, dass es ein Fehler gewesen war. Xemnas hatte dies gerade deutlich genug ausgedrückt.  Dieser blickte ihm wieder in die Augen, noch immer die Handgelenke festhaltend und sagte dann weiter:

„In der Hölle stehst du unter meinem Schutz. Wir sind hier aber nicht in der Hölle.“
 

Die Stille, die auf diese Worte folgte, war erdrückend. Da die Vögel hier schon seit ihrer Ankunft verstummt waren, hörte man nur das Wasser des nahen, kleinen Wasserfalls, aber sonst war hier einfach nur Stille, die diese warnenden Worte noch deutlicher Unterstrich.

Saix verstand. Er war auf der Erde Freiwild für Dämonen, sowie für Xemnas. Nur in der Hölle stand er unter dessen Schutz, doch das war hier bedeutungslos. Hier zu trainieren war also nicht ungefährlich, weshalb er öfters mit in die Hölle sollte. Es war wirklich geschickt eingefädelt worden.

Ein zuerst einfacher Pakt, der sich als ziemlich löchrig entpuppte, doch die Löcher waren von dem Herrscher der Finsternis gefüllt worden – zu Ungunsten des ahnungslosen Engels. Und Saix glaubte, dass er noch einiges nicht wusste, was ihm noch zum Verhängnis werden konnte und er schalt sich innerlich, denn zuerst sah es aus, als hätte er wirklich die meisten Vorteile in diesem Handel gehabt, nun aber musste er einsehen, dass er sich zu einem Spielball des Fürsten damit gemacht hatte.

„Das mag sein.“, meinte Saix dann ruhig und wusste bei gar nicht mal, was er wirklich erwidern sollte. „Aber habt Ihr einen Grund, mir hier etwas anzutun?“

„Noch nicht.“

Mehr erwiderte Xemnas auf diesen Satz hin nicht, stattdessen ließ er Saix‘ Handgelenke los, strich ihm einmal kurz über die Wange, beinahe schon zärtlich und liebevoll, aber dann stand er auf und blickte zum Wasser.

„Mit welcher Waffe willst du einmal kämpfen?“, fragte er dann, um auf den Grund zurückzukommen, weshalb sie eigentlich hier waren.

„Kann ich nicht beurteilen, bisher war Schild und Schwert der Standard beim Beginn eines Trainings der Engel. Ich kenne nichts anderes.“, antwortete der Gefragte, während er sich aufrichtete und dabei versuchte, das seltsame, aufgeregte Gefühl im Bauch zu verdrängen, welches durch Xemnas‘ Berührung verursacht worden war.

Vor Saix‘ Füßen erschien eine schwarze Wolke aus Finsternis und als sie Sekunden danach verschwand, lag dort ein metallenes Schwert und ein Schild. Der Engel hob es nach kurzem Zögern hoch und war einen Moment sehr überrascht, denn beides war viel zu schwer zum Kämpfen.

Aber lange konnte er sich darüber nicht wundern, denn im nächsten Augenblick musste er das Schild hochreißen, um einen Schlag seitens Xemnas zu entgehen, der mit einem normalen Schwert zugeschlagen hatte.

Die Waffe passte nicht zu ihm. Irgendwie sah sie seltsam an ihm aus und es war deutlich, dass er diese gerade nur zum Üben mit Saix verwendete. Er beherrschte den Umgang mit ihr zwar perfekt, aber trotzdem wirkte sie fehlplatziert in seiner Hand.

Kurz war ein süffisantes Lächeln auf den Lippen dessen zu sehen, dann griff er jedoch erneut mit einem einfachen Schlag an, den der Blauhaarige mit dem Schwert parieren wollte, doch es war so schwer, dass er zu langsam war und gerade noch den Kopf wegdrehen konnte, um nicht getroffen zu werden.

Er beschwerte sich aber nicht. Sich bei Xemnas zu beschweren hatte wohl genauso viel Sinn, wie mit einer Steinsäule zu sprechen und von ihr eine Antwort zu erwarten, denn auch wenn er es noch nicht getan hatte, so schätzte er den Teufel so ein, keine Beschwerden und Widerreden zu dulden. Außerdem hatte hier wohl alles einen Zweck. Auch das Gewicht der Waffe und dem Schild.
 

So ging ihre Übung einige Stunden lang. Am Anfang sollte Saix mehr blocken, später sollte er auch Schläge vollführen, doch diese nur gegen imaginäre Gegner, während Xemnas zuschaute. Es war wohl unter seinem Niveau so langsamen und unspektakulären Angriffen auszuweichen, was der Engel gut nachvollziehen konnte. Er glaubte, sein Arm würde bald abfallen, so kaputt war er, aber es war immer noch besser, so weiter zu machen als von dem goldenen Erzengel halb verprügelt zu werden. Das hier hatte da deutlich mehr Sinn, auch wenn sich Saix innerlich ein Ende herbeisehnte, jedoch nicht einen Protestlaut von sich gab.

Dazu war er zu stolz und es hätte wohl sowieso keinen Anklang gefunden.
 

„Das reicht für heute.“, sagte der Höllenfürst schließlich und kaum waren die Worte gesprochen, ließ Saix sowohl Schwert als auch Schild fallen und fiel erschöpft und schnell atmend ins Gras. Die letzten Minuten waren wirklich grausam gewesen.

„Du hast mich überrascht. Eine solche Ausdauer habe ich dir nicht zugetraut.“, sagte der Silberhaarige. Die Übungswaffen verschwanden in einem Schwall aus Finsternis, als er an ihnen vorbei Schritt und vor dem im Gras liegenden Engel stehen blieb.

„Morgen werden wir die letzten Übungen noch einmal machen. Aber in der Hölle. Sobald du erschöpft bist, bringe ich dich zurück und du kannst dich den Rest des Tages erholen und im Licht des Himmels baden.“

Letzteres sagte er abfällig, aber das war dem Jungen gleich. Dessen Atem beruhigte sich langsam wieder und er setzte sich auf, schaute auf, während er dem Drang widerstehen musste, an seiner vor Anstrengung juckenden Wunde im Gesicht zu kratzen. Sein Gesicht und sein Hemd waren nass von Schweiß und seine Haare klebten ihm am Kopf. Selbst Michaels Training war nicht so anstrengend gewesen, aber das hier fühlte sich jetzt einfach nur gut an.

Es war eine Erschöpfung, bei der man wusste, dass sie etwas bewirkte. Solch ein Training war effektiv und nicht sich verprügeln zu lassen.

„Sei pünktlich, Saix.“, sprach Xemnas schließlich und trat in eines seiner schwarzen Portale und ließ Saix allein zurück, der nicht mal zu einer Erwiderung gekommen war. Abschiedsworte oder Grußworte waren dem höllischen Krieger ohnehin ein Fremdwort, wie es schien, der sich immer nur mit einem Nicken zufrieden gab.

Moment Mal, dachte Saix gerade daran, dass er es unhöflich fand, dass der Fürst der Hölle es nicht für nötig hielt, ordnungsgemäß zu grüßen?

Bei dem heiligen Vater, er sollte ins Bett und sich ausruhen, wenn er sich schon über so etwas Gedanken machte.

Also rappelte sich der junge Engel nach ein paar Minuten des zu Kräften kommens auf und kehrte in den Himmel zurück, um sich für den nächsten Tag zu erholen, der ebenso anstrengend werden sollte, wie der heutige.

 

# Kapitel 7 Ende #

Der tanzende Prophet des Mondlichts

# Kapitel 8 # Der tanzende Prophet des Mondlichts #
 

Die nächsten paar Wochen waren körperlich sehr belastend für Saix, doch seine Motivation weiter zu machen verschwand nicht einmal annähernd im Gegensatz zu seinem Training mit Erzengel Michael, der sich in diesen Wochen auch nicht blicken ließ und somit den Blauhaarigen mit nervigen Kommentaren verschonte. Dies lag jedoch daran, dass sie ein Manöver auf der Erde planten, um einige Gebiete wieder zu reinigen und von der Verderbnis der Hölle zu befreien. 

Das Training in der Hölle ging Saix ziemlich nach, denn oft trainierte er dort in der Trainingshalle auch allein, da Xemnas nicht immer Zeit hatte und in diesen Momenten spürte er die erdrückende Macht dieses Ortes besonders, von der er eine Weile brauchte, um sich davon zu erholen. In Xemnas‘ Anwesenheit fand er es nicht allzu unerträglich, sondern merkte diese Macht an sich kaum. Etwas anderes als diesen Trainingsraum oder ein paar Gänge des Palastes sah er nicht, da wohl sehr darauf geachtete wurde, dass er nichts Geheimes erfuhr, obwohl er ohnehin nichts davon verraten könnte. 

Aufgrund höherer Aktivitäten seitens der Engel und auch der Dämonen hatten sie auf ein Training auf der Erde überwiegend verzichtet, aber das fand Saix nicht allzu tragisch. Wenn es ihm in der Hölle zu viel wurde, brauchte er nur  Bescheid zu geben und der Fürst brachte ihn zurück auf die Erde. Und der Engel teilte dies auch erst mit, wenn er wirklich an seine Grenzen kam. Immerhin wollte er sich auch verbessern. 

Und sein Training trug Früchte. Langsam, aber sicher und vor allem schneller als im Himmel.
 

An einem Morgen dann nach rund vier Wochen kam der hohe Michael zu ihm, gerade als Saix wieder zur Erde aufbrechen wollte. 

„Isa, du wirst gebraucht. Dein Pakt verbietet dir hoffentlich nicht, Pflichten im Himmel nachzukommen, denn dann hätte dies wirklich Konsequenzen.“, sprach der goldene Erzengel. 

„Und was soll ich tun?“, fragte Saix und unterdrückte dabei einen entnervten Tonfall. Wenn er etwas wollte, konnte er normal mit ihm reden, ja? Aber sonst machte Michael ihn nur fertig. 

„Du wirst mit einer Gruppe Krieger zur Erde gehen und ein Gebiet dort säubern. Es dient deiner Erfahrung und außerdem brauchen wir Kämpfer dort. Die Dämonen kommen im Moment in Scharen auf die Erde, um sie wieder zu Verderben.“, erklärte der Erzengel. 

„Hoher Michael, ich würde Eurem Befehl ja gerne nachkommen, doch weder besitze ich eine Waffe, noch eine Rüstung und so wie jetzt werde ich gewiss nicht gegen eine Schar Dämonen kämpfen.“, erwiderte der Blauhaarige. Generell wollte er nicht gegen sie kämpfen. Sie gehörten immerhin zu seinem neuen Mentor, aber würde Saix dies als Grund angeben, so würde man ihn des Verrats bezichtigen. Er war nun Mal ein Engel und musste sich auch für die Interessen des Himmels einsetzen. Die Sache mit Xemnas war nur ein Mittel und Zweck – auf Ewigkeit. Wie auch immer das funktionieren sollte. Aber so an sich galt der Pakt mit dem Schutz ja auch nur in der Hölle. Auf der Erde waren Dämonen seine Feinde ebenso wie er für sie.

Michael hob die Hand und wirkte stumm deutlich spürbare Magie, die wie ein Blütensturm um den jungen Engel herumwirbelte, dessen Körper dadurch erfüllt von dieser heiligen Macht für einige Sekunden zu leuchten schien. Als dieses sanfte Leuchten verklang trug er eine Rüstung in einem reinen weiß, verziert mit silbernen Ornamenten, passend zu seinen silbrig-weißen Flügeln. An seiner Seite hing ein Schwert, auf seinem Rücken ein Schild. Beides war ebenfalls in einem strahlenden weiß und mit silbernen Mustern verziert. An manchen Stellen war ein silberner Mond in diesen Ornamenten zu erkennen. 

Die Klinge des Schwertes war silber und in der Schrift des Himmels stand darauf geschrieben

~ Tanzender Prophet des Mondlichts ~.

„Das habe ich nun nicht erwartet.“, sagte Michael nun deutlich kälter als vorher. 

Und Saix wusste auch was er meinte und wieso. Diese Rüstung spiegelte die Seele eines Engels wieder. Je reiner die Seele des Engels war, desto reiner war auch die Rüstung. Mit ‚rein‘ war der Glaube an das Licht gemeint. Nicht aber körperliche Unschuld oder dergleichen. Im Grunde sah man schon anhand der Flügel oder der Rüstung, wann ein Engel begann, abtrünnig zu werden und sich dem Licht zu entsagen. Denn sie veränderten mehr und mehr ihre Farbe und ihren Glanz. 

Nicht alle Rüstungen waren weiß, so wie die von Saix, die je nach Lichteinfall sogar ein wenig bläulich schimmerte. Aber nur sehr schwach und in einem sehr hellen Ton. 

Michael zum Beispiel trug eine goldene Rüstung, doch sie war in sich selbst so rein, wie sie nur sein konnte. 

Aber Saix fiel mit seinem reinen Glanz besonders auf und wahrscheinlich war der Erzengel im Glauben gewesen, Saix‘ Rüstung sei schwarz oder jedenfalls nicht mehr in dieser Reinheit, wie sie es nun mal war. 

Der Text auf seiner Klinge war sein Beiname, den er als Krieger erhielt und der ebenfalls etwas von seiner Seele Preis gab, doch die Bedeutung war schwammig und man erfuhr sie meist erst im Laufe eines langen Daseins. Manche bekamen nie heraus, was es bedeutete. 

Mondmagie war jedenfalls sein Element, doch er hielt sich selbst weder für einen Propheten, noch hatte der junge Engel jemals getanzt. Aber er würde sich nun keine Gedanken über seinen Namen machen. Die Waffe hatte ihn als Krieger anerkannt, Michael war erstaunt und das war doch mal ein positives Zeichen. 

Es bedeutete aber auch, dass er bereit war, auf die Erde zu gehen, um sie von Dämonen zu befreien, so wie es der Erzengel wollte.  
 

Die Krieger, die zur Erde aufbrechen sollten, versammelten sich im Hofe des Palastes. Sie waren zu neunt sowie einen Anführer. Saix war zum Lernen dabei, wurde aber behandelt, wie jeder andere der Erfahrenen. Es gab Regeln bei so  einem Ausflug, die Saix damals schon studieren musste und die er sich jetzt wieder bewusst machte, Sachen wie, wenn einer stirbt, keine Rache und Einzelgänge, sondern abgestimmtes Zusammenarbeiten. 

Felariel war ihr Hauptmann. Er war schon sehr erfahren und hatte seine Position seit dem letzten Krieg inne. So an sich konnte und durfte also nichts schief gehen. 

Sie schritten durch ein Lichtportal, erschaffen von Michael selbst, zur Erde, wo sie über einem Dorf der Menschen ankamen. Die Dörfer waren ziemlich klein, die Menschen hatten noch ein sehr unterentwickeltes Stadium und waren mehr Jäger und Sammler. Nur in einem Gebiet in der Wüste und auf der anderen Seite der Erde in einem Dschungel kristallisierten sich langsam intelligentere Kulturen heraus.

Aber die Menschen waren nicht das, weshalb sie hier waren. Sie konnten sie ohnehin nicht sehen, außer die Engel wollte es, aber dies war gegen die Weltenordnung.

„Wir haben den Befehl, das Gebiet hinter diesem Wald bis zum nächsten Fluss zu säubern.“, sprach ihr Hauptmann, während die neun Engel in Dreierreihen hinter ihm herflogen. 

Von oben sahen sie auch direkt eine Gruppe von Dämonen, die sich gerade an einem Kadaver eines toten Elches gütig taten und landeten in einiger Entfernung im Schutz der Büsche, verdeckten ihre Auren, damit man sie nicht so schnell aufspüren konnte. 

„Diese ekelhaften Kreaturen müssen von dieser Welt verschwinden.“, sagte Felariel leise. 

Die Krieger blickten alle angewidert drein, aber Saix verstand nicht ganz, wieso. Nur weil die Dämonen dort das Fleisch des Tieres aßen? Fleisch war bei den Engeln Tabu, da dafür ein Tier ein Leben geben musste, aber er hatte kein Problem zu akzeptieren, dass Dämonen das taten, obwohl er in der Hölle bisher selbst keine Erfahrungen solcher Art gemacht hatte. 

Es waren zwei junge Dämonen sowie drei Männer und eine Frau. Vielleicht eine Familie, denn sie alle sahen sich recht ähnlich. Lange, schwarze oder braune Haare, die ein zartes Gesicht mit schöner Haut umrandeten, Widderhörner, welche bei allen die gleiche Form hatten, abgesehen bei der Frau, die keine hatte. Ihre Gesichtszüge waren trotz des Blutes an ihrem Kinn und Wangen geradezu friedlich und nicht gerade Kriegsbesessen. Sie trugen Waffen an ihren Gürteln, die ihre Lederbekleidung zusammenhielten. 

„Diese roten Fratzen werden wir nun von dieser Welt schaffen.“

Das war das Kommando Felariels die Schwerter zu zücken, was alle im Einklang taten, nur Saix zögerte ein paar Sekunden, dann tat er es ihnen gleich. 

Rote Fratzen? Wegen dem bisschen Blut dort? Er verstand nicht, was daran so tragisch war, sah dies hier wohl aus einer gänzlich anderen Sichtweise. Klar, es war nicht schön, dass der Elch dort sterben musste, um Dämonen zu ernähren, doch es war eben ihre Art zu leben, aber hier in diesem Wald gab es kaum Verderbnis und wenn, dann stammte sie nicht von dieser Familie dort.

„Angriff.“

Es war ein einfach gesprochenes Wort und die Krieger stürmten los, griffen die darauf erschrockenen Dämonen an, die aber sogleich ihre Waffen zogen, um sich zu verteidigen anstatt zu flüchten, obwohl sie in der Unterzahl waren. 

Saix lief ein paar Schritte langsam hinterher, blieb dann aber stehen und betrachtete nur entsetzt dieses sinnlose Gemetzel, bei denen die Dämonen einfach keine Chance hatten. 

Dann aber war vor ihm plötzlich die hübsche Dämonin mit ihren braunen, langen Haaren und wollte ihm einen Dolch in den Körper rammen, der wohl ohnehin nicht durch die Rüstung gedrungen wäre. Es war ein Reflex, der den Engel dazu veranlasste mit seinem Schwert zuzustechen und die Klinge bohrte sich durch die Brust der Frau, die in einem hellen Ton aufschrie und dann verstummte. 

Saix ließ sie fallen, blickte auf den toten Körper hinab und dann auf sein blutiges Schwert und konnte nicht glauben, dass er gerade getötet hatte. Und dann vor allem so… sinnlos.

Die anderen Dämonen waren ebenfalls tot, lagen blutend im Gras und die Krieger liefen sich zu dem Sieg beglückwünschend zu Saix zurück, der sich von Felariel erst einmal eine Standpauke anhören durfte.

„Bei einem Angriff haben alle dabei zu sein. Es gibt keine Ausnahmen. Diese Dämonin hätte dich gerade genauso gut töten können, nur zusammen können wir uns gegenseitig schützen. Es bleibt in einer Schlacht keiner zurück.“

„Sie waren in der Unterzahl und kaum bewaffnet. Sie waren auf keinen Kampf aus gewesen.“, sagte der Blauhaarige nun und blickte auf die zerschundenen Körper. Die Engel hatten sogar noch zugestochen, als sie schon längst tot gewesen waren. 

„Diese abscheulichen Kreaturen müssen von der Erde verschwinden, verstehst du das nicht?“, fragte Asrel, einer der Krieger. 

„Lasst uns weiter. Es war immerhin sein erster Kampf. Er wird es noch verstehen.“ Felariel erhob sich nach seinen Worten in die Lüfte und die anderen folgten ihm. 

Wenigstens gaben sie nicht Saix‘ Training in der Hölle die Schuld, was aber daran lag, dass sie nicht wussten, dass er dort trainierte. Dies wurde geheim gehalten. Was Saix‘ mittlerweile zu einer rosa Narbe verheiltem X im Gesicht anging, so wurde behauptet, es sei ein magischer Trainingsunfall gewesen und durch die Magie nicht heilbar. Es war Raphael, mit dem er ein wenig gesprochen hatte, der ihm mal erklärte, dass die Engel ihn wohl stürzen wollten, würden sie wissen, dass Saix in der Hölle und vor allem mit wem er dort trainierte.
 

Während ihres Fluges über das Gebiet, begann der junge Engel zu verstehen, wieso die Krieger von ‚Fratzen‘ und ‚hässlichen Kreaturen‘ sprachen. Aus ihren Gesprächen über diese Dämonengruppe eben konnte er sich zusammenreimen, dass sie sie gänzlich anders wahrgenommen hatten, als Saix. Wo er die schönen Dämonenfrau und –Männer gesehen hatte, sahen sie eben das Grauen. Geifernde Kreaturen, rote, schuppige Haut und spitze, unnatürliche Zähne. So beschrieben sie sie. 

Es musste an Xemnas liegen. Er hatte wohl eine Art Zauber über Saix verhängt, dass dieser die Dämonen anders sah, als sie wirklich waren. Das war jedenfalls die Erklärung, die der Engel im Moment für dieses Phänomen hatte. Sonst fiel ihm einfach nicht ein, wieso er einen anderen Blick auf die Gegebenheiten hatte. 
 

„Dort unten.“, sprach ihr Hauptmann. „Es sind 15. Sie haben uns bereits gesehen. ANGRIFF!“ 

In dem Moment schoss ein Pfeil zwischen ihnen hoch und sofort waren die Schwerter gezogen und die Gruppe Engel stürzte im Sturzflug hinab. Saix war wieder eine Sekunde später, aber er konnte nicht gebrauchen, dass man Michael berichtete, dass er sich innerlich weigerte, mitzuwirken. 

Doch hier ging es auch um sein Leben, denn die Dämonen hatten den Angriff eröffnet und gerade war ein weiterer Pfeil dicht an seinem Flügel vorbei gezischt.

Saix landete hart auf dem Boden, Erde und Gras spritzte von seinen metallenen Stiefeln weg und kaum war er gelandet, musste er seinen Schild hochreißen, um einen Schwerthieb abzufangen. Durch das Training mit Xemnas‘ viel zu schweren Waffen war ihm dies hier nun ein Kinderspiel. 

Er blockte erst nur einige Angriffe ab, bis er schließlich selbst zuschlug und sein Schwert sich in den Hals des Dämons bohrte. Der nächste, der ihn angriff hatte eine halbe Tiergestalt, seine Arme waren Scherenförmig wie die eines Krebses, was ihm höchstens etwas mehr Verteidigung einbrachte, aber während Saix ihm einen Arm abschlug, wurde er von einem anderen Engel geköpft. Blut spritzte überall, besudelte die Kämpfenden, beschmutzte die glänzenden Rüstungen und es wurde mehr und mehr. 

Die Dämonen schienen vor allem auf Saix wütend zu sein und er wusste, sie erkannten das Zeichen in seinem Gesicht und er fühlte sich dadurch fast wie ein Verräter, als er sie tötete. Sie hielten ihn wohl nämlich ebenfalls für einen. Von den 15 Dämonen fielen allein sieben durch sein Schwert, da sie ihm wirklich nichts entgegen zu setzen hatten. Es waren einfache Dämonen gewesen, Saix‘ Training mit Xemnas, so kurz es bisher auch gewesen war, hatte ihn einen deutlichen Schritt voran gebracht, weshalb er sich mühelos unter angreifenden Schwertern ducken und gleichzeitig einen tödlichen Hieb vollführen konnte. Er wich Pfeilen aus, blockte Magie ab, schlug mit seinem Schwert und seinem Schild zu.
 

Drei Engel waren gefallen. 

Für Felariel waren es drei zu viel. 

„Du hast etwas gezögert. Erneut. Hättest du direkt angegriffen, hätten wir keinen verloren.“, schnauzte der Hauptmann ihn an, aber Saix war sich sicher, dass das auch keinen Unterschied gemacht hätte. 

Sie sollten froh sein, dass es nicht noch mehr Verluste gab.

„Beeilen wir uns mit dem Aufräumen. Im Norden spüre ich noch etwas auf uns zukommen.“, fügte ihr Anführer hinzu. 

Sie verbrannten die Leichen, damit hier nichts zurück blieb, was sie auch mit den Dämonen zuvor getan hatten. Für Saix war es eher ein Leuchtfeuer zum Anlocken von weiteren. Glücklich war er hierüber absolut nicht. Er hatte töten müssen und damit hatten sie die Erde mit Blut getränkt. 

Das nannten sie also eine ‚Reinigung‘? Wo war der Sinn hier? 

Gehörte die Erde den Dämonen nicht genauso gut wie den Engeln? 

Lange konnte er darüber nicht nachdenken, denn aus den Wolken über ihnen stürzten auf einmal Dämonen. 

Ein Pfeil bohrte sich überraschend von oben direkt in den Kopf Felariels, welcher zu Boden sank, natürlich sofort tot. 

Saix hob sein metallenes Schild, baute um sich herum ein magisches auf und konnte den Blick vom Himmel nicht abwenden, wo immer mehr Dämonen aus den Wolken schossen und auf sie zuflogen, Pfeile niederprasseln ließ, denen noch zwei Engel zum Opfer fielen, da sie ihre Schilder nicht rechtzeitig hochgerissen hatten.

Der Strom schien einfach nicht zu Enden, es wurden mehr und mehr und einer der Engelskrieger ließ schon hoffnungslos und voller Entsetzen die Waffe fallen, war der Nächste, der fiel. 

„Das sind mindestens 40…“, murmelte einer, der Übrigen. 

„Hunderte. Du hast die da drüben vergessen.“, sagte ein anderer Engel neben Saix und deutete auf den Horizont hinter ihnen, wo sich eine ganze schwarze Wolke näherte, alles Dämonen.

„Dann macht euch zum Sterben bereit, Brüder. Es war mir eine Ehre an eurer Seite gekämpft zu haben.“
 

Saix starrte sie an. Das konnte wohl jetzt nicht wahr sein, oder? Gaben jetzt schon auf?

Aber sie hatten ja Recht, das sah er doch ein.

Gegen diese Schar waren sie chancenlos.

# Kapitel 8 Ende #

Feuer und Eis

# Kapitel 9 # Feuer und Eis  #

Der junge Engelskrieger blickte den Dämonen entgegen, die auf sie zugeflogen kamen. Ihre Flügel waren knochig und ledern, teilweise aber auch Tiergestalten, wie Adler oder Krähen.

Doch wirklich darauf achten tat Saix nicht, denn er machte sich bereit, sich wenigstens bis zum Ende zu verteidigen. Sie waren nur noch zu dritt, die anderen Krieger waren gefallen und so war die Aussicht auf einen Sieg wahrlich hoffnungslos.

Die ersten Angreifer waren in ihrer Reichweite und wurden mit Schwerthieben weggeschlagen. Pfeile wurden nicht mehr geschossen, wohl aus Angst, andere Dämonen zu verletzen. Oder sie waren eher auf einen Zweikampf aus. Die beiden Kämpfer, die mit Saix noch aufrecht standen, waren erfahren und gut und sie konnten sich ein paar Minuten ziemlich erfolgreich wehren.

Sie liefen langsam rückwärts, während sie die Waffen mit denen der Dämonen kreuzten, Verteidigungslücken ausnutzen, um zuzuschlagen und zu töten. Dann wurden sie jedoch umzingelt und so standen die drei Engel im Kreis, umringt von den Höllenwesen und konnten sich selbst so noch etwas verteidigen, wobei sich die Leichen um sie herum geradezu stapelten.

Hätte Saix aber nicht einen magischen Schutz um sie herum gelegt, der Angriffe gegen ihren Kopf abblockte und ihn eine Menge Kraft kostete, so wären sie wohl schon längst gefallen.

Dann musste er diesen Schutz jedoch aufheben, um Kraft zu sparen und sich zeitgleich mehr auf den Kampf konzentrieren zu können. Er parierte, er schlug zu. Er blockte mit seinem Schild und Schlug wieder zu, einem Tanz gleich. Blut und noch mehr Blut spritzte, bedeckte ihre Rüstung, ihre Haut und sickerte in die Erde, wo es den Boden verseuchte.

Ja, eine Reinigung nannte Michael ihren Besuch auf die Erde. Eine Reinigung, die zum Verderben führte?
 

Einer der beiden anderen Engelskrieger fiel, der andere schrie auf, sprang dann aber durch ein Portal und floh vom Schlachtfeld, ließ Saix alleine zurück, der innerlich fluchte.

Vom Schlachtfeld fliehen war ein Verbot im Himmel, egal wie aussichtslos die Lage auch war. Feigheit war nichts, was der Himmel akzeptierte, aber innerlich hoffte er, dass der Krieger einfach nur Hilfe holte und kein Deserteur war.

Die sehr primitiven und schwach geschmiedeten Waffen der Dämonen konnten seiner Rüstung nichts anhaben, doch sein Kopf war ungeschützt und er konnte sich nicht mehr lange gegen alle Richtungen verteidigen und als ein besonders großer Dämon in Halbtier-gestalt auf ihn zu rannte, schrie Saix auf und entfesselte seine Magie, um einen schützenden Kegel um sich herum zu bauen, der ein wenig halten würde, bis ihm vielleicht etwas einfiel.

Die nahen Dämonen wurden zurückgeworfen, als um Saix herum eine unsichtbare Kuppel erschien, in deren Zentrum er auf die Knie sank und sich darauf konzentrierte, dass der Schutz hielt.

Er versuchte dabei, einen Plan zu schmieden, wie er hier weg kam, ohne als Deserteur zu gelten oder wie er es schaffen konnte, gegen diese Dämonenschar, die noch immer gewaltig und bestimmt 100 Dämonen zählte, zu bestehen.

Vielleicht wenn er durch ein Portal auf die andere Seite der Dämonen schritt und sie von hinten angriff? Sie müssten sich neu formieren und dann könnte er wieder ein Portal nutzen.

Aber er wusste, dass ihm dazu seine Magie nicht reichen würde. Er brauchte jetzt schon seine Reserven, um seinen Schutz aufrecht zu erhalten und er war sich sicher, dass die Dämonen ihn durchbrechen könnten, wenn sie es nur versuchten.

Die aber waren verunsichert und tigerten um ihn und seinen Schutz herum, lauerten und warteten nur darauf, dass seine Kraft schwand. Sie lachten über ihn, aber Saix verstand ihre Sprache nicht, als sie ihm etwas zuriefen.
 

Nach einigen Minuten war er sich sicher, dass es gleich zu Ende sein würde. Seine Kräfte waren erschöpft und er beschloss, wenigstens kämpfend unterzugehen, weshalb er aufstand und sein Schild und Schwert fest in der Hand hielt. Gerade als er die schützende Kuppel sinken ließ, schossen auf einmal hohe Flammenwände um ihn herum in die Höhe, dort, wo sein Schutz den Boden berührt hatte.

Er stand da, irritiert und zugleich wurde ihm heiß, da die Hitze von diesen Flammen absolut unnatürlich hoch war. Sie bewirkten aber, dass die Dämonen einige viele Schritte zurückwichen und danach hörte er eine Stimme eines Kerls direkt hinter einer solchen Flammenwand, der in der Gemeinsprache sagte:

„Also echt mal. Der Superior ist gar nicht glücklich, dass ihr hier so einen Aufstand macht. Hopp, hopp. Verschwindet in die Hölle. Der Erdenbesuch ist für den Kindergarten beendet, got it memorized? Na los, bewegt euch, oder ich mache euch Feuer!“

Die Zeit schien für Saix still zu stehen.

Er kannte diese Stimme. Und er kannte diesen Tonfall.  Er wusste wer da gerade war, aber das war unmöglich. Er war tot! Er konnte nicht hier sein! Er war damals von Dämonen getötet worden!

Die Flammenwand verschwand nach einigen Sekunden und Saix stellte am Rande seines schwindenden Blickfelds fest, dass die Dämonen auf den Neuankömmling hörten und sich wirklich verzogen. Sie verschwanden im nahen Wald oder flogen von dannen, einige gingen durch ein Portal und schließlich stand nur noch Saix, zitternd vor Erschöpfung, auf dem Platz, sowie der Kerl mit den stacheligen, roten Haaren, welcher hier aufgetaucht war.

Sie waren etwas länger als in Saix‘ Erinnerung und er war gewachsen, aber noch immer so schlank wie damals. Er trug eine schwarze Kutte aus Leder, in seiner Hand hielt er zwei runde, zackige Waffen, die aber sogleich verschwanden, als er sich zu ihm umdrehte.

„Oh, hey, Engel. Hast dich ja gut gehalten. Mein Boss gab mir den Auftrag, dich zu ihm zu bringen. Hoffe, du hast nichts dagegen, nen Höllenbesuch zu machen. Ich bin Axel, got it memorized?“

Lea. Es war wirklich Lea. Aber er schien ihn nicht mehr zu kennen.

Das war das Letzte, was Saix noch ernsthaft dachte, bevor ihm das Schwert und sein Schild aus der Hand fielen und die Welt kippte. Er war zu erschöpft, um sich weiter aufrecht zu halten und am Ende seiner Kraft.

Bevor er ganz das Bewusstsein verlor, hörte er noch ein „Hey, Engel?! Engel! Nicht umkippen!“.

Lea war ein Idiot. Er war doch schon umgekippt…
 

>Du bist ich, nur anders, genauso wie ich du bin, nur anders. Got it memorized?< [1]

 

Als Saix die Augen wieder aufschlug, fühlte er sich um einiges besser, aber er spürte sofort, dass er in der Hölle war. Die unterschwellige, drückende Macht war überall in dem Reich zu spüren, er vermutete, an manchen Orten mehr, an manchen weniger, wenn er da an den kurzen Rundflug mit Xemnas zurückdachte. Aber er war im Palast. Auch das fühlte er, sonst wäre es hier nicht so erträglich.

Er brauchte einen Moment, um sich die Geschehnisse noch einmal vor Augen zu rufen. Blut, Blut und noch mehr Blut. Schreie vor Wut, Schmerz, Angriffslust, Todesschreie. Das Geräusch von Metall auf Metall und Schwerter, die sich in Haut bohrten. Die Schlacht. Eine Schlacht, die Saix nahezu allein geschlagen hatte, denn hätte er seine beiden Gefährten nicht geschützt, wären sie schon vorher gefallen.

Und dann  …

„LEA!“

Saix saß mit einem Male aufrecht und blickte sich um. Er lag auf einer weißen Couch, die vor einem kleinen Tisch stand. Die Sitzgruppe bestand noch aus zwei weiteren Sesseln. Dahinter stand ein Bücherregal, in dem eine Menge Ordner und Bücher waren, daneben befand sich ein Schreibtisch, an dem Xemnas, der Fürst der Hölle, saß und nun zu ihm blickte.

„Endlich bist du wach.“, sagte dieser, legte einen Stift zur Seite und schloss das Buch, in welches er wohl gerade geschrieben hatte, ehe er aufstand und sich in einen Sessel setzte, von dort aus den jungen Engel musterte.

„Endlich?“, fragte Saix nur irritiert, versuchte sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren und nicht auf Lea. Auch wenn er wissen wollte, wo er war und wie es ihm ging, was passiert war und vor allem… wieso er sich nicht erinnern konnte.

„Du hast eine Woche geschlafen, junger Engel. Du bist bei diesem Kampf fast zu weit gegangen und es hätte dir das Leben gekostet.“

„Es hätte mich so oder so das Leben gekostet.“, erwiderte Saix auf die kühlen Worte, aber Xemnas lächelte nur kurz geheimnisvoll, ehe er sagte:

„Kein Engel kam in den letzten sieben Tagen auf die Erde, um nach dir zu suchen. Sie nehmen an, du seist gefallen. Kehrst du zurück, werden sie dich für einen Deserteur halten. Du weißt, was das bedeutet?“

Es herrschte einen ganzen Moment lang Stille. Saix schluckte und starrte den Fürsten an, senkte dann den Blick und schaute auf seine Hände. Ihm fiel erst in dem Moment auf, dass er ein einfaches, schwarzes Hemd und eine schwarze Leinenhose trug. Wie hatten sie ihn aus der Rüstung herausbekommen? Und sauber gemacht hatten sie ihn auch. Okay?

„Wo sind meine Sachen?“, fragte er darum, um von dem unliebsamen Thema wegzukommen.

„Ich bewahre sie auf. Was wirst du jetzt tun, wo du nicht zurück kannst?“

Xemnas wollte wohl nicht von dem Thema abschweifen.

„Ich wünsche, auf die Erde zurückzukehren. Ich möchte wenigstens mit Erzengel Michael darüber sprechen. Ich bin kein Deserteur, wenn ich vom Schlachtfeld gerettet worden war.“

Gehörte Lea zur Hölle? Er hatte gesagt, er bringe ihn zu seinem ‚Boss‘ in die Hölle. Also zu Xemnas?

„Das wird nicht funktionieren.“, sagte der Silberhaarige nur ruhig, stützte das Kinn auf eine Hand und den Arm auf die Sessellehne. Lässig saß er da, beinahe schon gelangweilt.

„Ihr habt gesagt, ihr lasst mich zur Erde zurück, sofern ich es wünsche. Das ist Bestandteil des Pakts.“, gab Saix nun etwas sauer von sich.

„Der Pakt muss neu aufgesetzt werden. Da die Pforten des Himmels verschlossen sind, du nicht zurück kannst, ändert sich die ganze Grundlage davon. Er ist nach wie vor gültig, ich werde dich weiterhin trainieren, aber die äußeren Umstände haben sich geändert und er muss daran angepasst werden.“

„Sprecht nicht so, als sei ich aus dem Himmel verbannt worden! Was soll das heißen, die Pforten sind verschlossen?! Bringt mich auf die Erde, damit ich ein Portal schaffen kann.“ Saix war wütend. Seine türkisenen Augen leuchteten ein wenig auf, doch nur für einen Moment und in der nächsten Sekunde war Xemnas vor ihm, hatte ihn am Hals gepackt und drückte ihn gegen die Sofalehne.

„Vergiss niemals, Engel, mit wem du sprichst. Ich schütze dich vor Anderen in der Hölle, aber ich habe keine Hemmungen, dir Schmerz zuzufügen.“ Die Stimme des Fürsten war kalt und ließ Saix erzittern. Er hatte sich in seinem Tonfall gerade vertan, das war ihm bewusst und er musste sich um einiges bewusster werden, dass er hier weniger als ein Gast war. Vielleicht so etwas wie ein Gefangener sogar.

Xemnas ließ ihn los, nur um ihn dann am Arm zu packen und vom Sofa hochzuziehen, bevor er Saix durch die mittlerweile vertrautere Dunkelheit führte, die sie zur Erde brachte. Dort wurde er ins Gras gestoßen, wo er vor dem Silberhaarigen sitzen blieb und etwas unsicher zu ihm aufschaute.

Dieser war gerade absolut nicht gut gelaunt, wobei dies ohnehin immer schwer zu beurteilen war. Es kam selten vor, dass Xemnas in der Hölle wirklich eine Stimmung zeigte, weshalb Saix schnell erkannt hatte, dass alles, was sich zwischen ihnen im Himmel abgespielt hatte, nur dazu gedacht war, ihn zu verführen einen Pakt einzugehen oder eben so etwas wie ‚Vertrauen‘ zu entwickeln.

„Los.“, sagte der Fürst kalt mit einem noch kälteren, beinahe schon abfälligen Blick. „Erschaffe dein Portal und renn in den Himmel zurück.“

Saix zitterte ein wenig, er war verunsichert durch diese ganze Geschichte.

Aber er stand auf, hob die Hand, um ein Portal aus Licht zum Himmel zu schaffen und konzentrierte sich darauf, doch es geschah nichts. Überrascht weiteten sich seine Augen, dann versuchte er es erneut.

Doch das Ergebnis blieb das gleiche.

„Siehst du.“, sagte der Fürst über seine nächsten, vergeblichen Versuche hinweg. „Der Himmel hat seine Pforten geschlossen. Für jeden. Kein Engel kommt im Moment hinein oder hinaus.“

Nein, das konnte nicht wahr sein! Sie konnten ihn nicht aussperren! Wieso? Wieso?! Aber selbst wenn er zurückkommen konnte, es gab keine Garantie, dass sie ihn nicht für einen Deserteur hielten und stürzten. Es war eine Sackgasse. Er kam nicht zurück.

Er hatte nur noch einen Ausweg, der nicht im Tod endete und dieser stand hinter ihm.

Saix sank auf die Knie, blieb zusammengesunken sitzen. Seine Welt war gerade in sich zusammengebrochen, wie ein Kartenhaus. Von einem Moment auf den Nächsten. Es konnte doch nur noch besser werden, oder? Zumindest sagte er sich das, obwohl er nicht wirklich die Hoffnung hatte.

"Komm mit. Wir müssen den Pakt neu formen.“

Der Fürst wandte sich nach seinen Worten um und öffnete ein schwarzes Portal zur Hölle, schritt direkt hindurch und ließ es offen.

Der Blauhaarige zögerte. Er wollte nicht. Wenn er ging, würde er sich der Hölle und diesem eisigen Herrscher verschreiben, wenn er hier blieb, dann hatte er nichts mehr. Dann war die Hölle sein Feind. Und da er leben wollte, musste er sich wohl oder übel für die für einen Engel absurdere Variante entscheiden.

Er stand auf, lief langsam zu dem Portal und blieb davor stehen.

>„Wir werden immer Freunde sein, Isa, got it memorized?“ <

Saix atmete tief ein und aus.

Lea.

Er war der Grund, weshalb er zurückging. Nichts anderes. Das sagte sich der Engel nun, um sich die Entscheidung leichter zu machen und es wirkte sogar. Aufgrund der Sache mit dem Portal und dem Gespräch mit Xemnas hatte er Lea kurzzeitig verdrängt.

Also schritt Saix durch das schwarze Portal, wo der Gefallene schon auf ihn wartete, um ihn durch die Dunkelheit zu leiten, zurück in die Hölle.
 

Zurück zu seinem neuen Zuhause.
 

# Kapitel 9 Ende #

[1] Zitat aus TKTsunamis OneShot „Geschenk“ ihrer Heaven or Hell?-OneShots

Ein Wiedersehen

# Kapitel 10 # Ein Wiedersehen #
 

„Ein Pakt, der sich auf seine gesamte Existenz auswirkt, sollte gut überlegt sein, junger Engel.“, sprach Xemnas, nachdem er seinen Schützling zurück in die Hölle in sein Arbeitszimmer gebracht hatte, welches sich im Palast des Pandämoniums befand, der das Zentrum des Infernums war.

„Da die Grundlagen schon vorhanden sind, müssen wir nur die Feinheiten erneuern. Nach wie vor gilt: Du stehst innerhalb der Hölle unter meinem Schutz. Ich werde dich trainieren und ab sofort auch am Wissen dieses Reiches teilhaben lassen, da es nun dein neues Zuhause ist. Du hast dich an die Regeln der Hölle zu halten, für dich gelten alle Gesetze wie für jeden Bewohner hier auch. Es ist dir überlassen, was du hier über den Himmel erzählst und was nicht, aber solltest du Kontakt zu einem Bewohner des Himmels bekommen, wirst du darüber schweigen, was Dinge angeht, die der Hölle einen Nachteil bringen, sonst gilt der Pakt als gebrochen.“

Saix hörte ihm zu, war mit Gedanken aber bei dem Portal, das sich nicht für ihn geöffnet hatte und ihm damit den Zugang zum Himmel verwehrte. Er war ein wenig abgelenkt, nickte aber dann zur Zustimmung. Er verstand nicht, wieso der Fürst der Hölle ihn nach wie vor trainieren wollte. Er verstand nicht einmal, wieso er ihn unter seinen Schutz nahm, aber es war ihm im Moment gleich, wo doch seine Zukunft gerade ein schwarzes, unergründliches Loch geworden war.

Als er aufblickte, stand der Silberhaarige vor ihm, legte ihm einen Finger auf die Stelle, wo sich seine X-Narbe kreuzte und Saix konnte fühlen, wie Magie in seinen Körper floss, den Pakt verformte und sich wieder festsetzte. Es fühlte sich einen Augenblick sehr unangenehm an, doch das Gefühl legte sich.

„Ich zeige dir dein Zimmer. Du wirst im Palast leben, wo die Macht des Infernums nicht zu erdrückend ist, damit du dich daran gewöhnen kannst. Es wird sehr schwer für dich werden, ohne das Licht des Himmels zu existieren und nicht zu fallen. Vielleicht sogar unmöglich.“

Xemnas‘ Worte klangen nun nicht mehr so kalt und abgeklärt wie zuvor, sondern hatten wieder einen kaum merklichen, sanften Ton, wie an ihrer ersten Begegnung. Noch immer schaute Saix ihn nicht an, aber dann legte der Fürst zwei Finger unter sein Kinn und hob es an, sodass der Jüngere gezwungen war, aufzublicken.

„Ich kann dich vor allem beschützen, aber dein Licht musst du dir selbst erhalten. Bewahre es gut.“

Dieser Satz war nun wahrlich sanft gesprochen, sodass Saix ein wenig erstaunt den Mund öffnete, ihn aber nach ein paar Sekunden wieder schloss, da ihn Xemnas erneut verwirrte. Dieser blickte ihn nämlich wieder so an, als würde er seine Seele erkunden und er verlor sich in diesem Blick und diesen goldenen Augen, die er schon bei ihrem ersten Treffen so interessant und anziehend fand.

Dann kam der Herrscher näher, sodass der Engel schon den warmen Atem an seiner Haut spüren konnte und im nächsten Moment berührten sich ihre Lippen.

Saix drehte den Kopf nicht weg, war zu sehr überrascht und zugleich überkam ihn wieder ein warmes Gefühl, doch dann richtete sich Xemnas auch schon auf und wandte sich ab, lief zur Tür und sagte nur:

„Komm.“

Es dauerte ein paar Sekunden, dann stand Saix auf, widerstand wieder dem Drang, mit den Fingern über seine Lippen zu streichen, die noch immer etwas kribbelten und folgte seinem Mentor aus dem Raum, der ihn durch die Gänge des Palastes führte, sodass sich der Weißflügler sicher war, dass er sich alleine hier verlaufen würde.

„Der Rothaarige, der auf dem Schlachtfeld erschienen ist, wer war das? Und wieso habt Ihr ihn geschickt?“, fragte Saix dabei, nachdem er seine Stimme wieder fand.

„Die Nummer VIII, Axel. Und ich habe ihn geschickt, damit er dich holt.“

Die Antwort war knapp und wieder hörte sich Xemnas kühl und abweisend an, weshalb Saix nicht genauer nachfragte, wieso er eben ausgerechnet ihn geschickt hatte. Er wollte wissen, ob es Zufall war und ob der Fürst wusste, ob sie sich eigentlich kannten und generell wollte er wissen, was mit Lea damals passiert war, dass aus ihm jetzt ein Höllenbewohner geworden war und dann direkt einer der XIII, die bestimmt alle besonders sein mussten, sonst wären sie eben nicht die XIII, Xemnas‘ Elite sozusagen.

„Darf ich ihn sehen, um mich bei ihm zu bedanken?“, fragte er dann vorsichtig.

„Ich werde ihm bei der nächsten Gelegenheit deinen Wunsch mitteilen. Ob er es will, ist seine Sache. Wir sind da.“

Xemnas öffnete eine Tür in dem weißen Flur und ließ Saix hinein. Dieser fand, dass es eher einer Zelle glich, so trostlos und einfach wie das Zimmer war, wobei er jetzt nicht ein Luxusapartment erwartete. Ein einfaches Bett stand auf der einen Seite des Raumes, ein Schreibtisch und ein Regal mit ein paar wenigen Büchern an einer Wand. Ein Schrank war in der Wand eingelassen, in dem wohl Kleidung hineingehörte. Ein großes Fenster nahm fast die eine ganze Seite des Zimmers ein, war jedoch nicht zu öffnen und Saix nahm an, dass es auch nicht möglich war, es zu zerstören, um eine Flucht zu vermeiden (als hätte er irgendwas, wohin er flüchten könnte). Ansonsten stand noch eine Sitzgruppe mit einem Couchtisch in der Mitte des Raumes und eine Tür führte in ein angrenzendes Badezimmer.

„Ich hole dich morgen früh nach Sonnenaufgang ab. Später wird dir jemand etwas zu essen bringen.“

Dann schloss sich die Tür, ohne dass Saix noch etwas erwidern konnte und er war allein.
 

Wie er feststellen musste, war die Tür abgeschlossen, also gab es mal keine Möglichkeit, alles allein zu erkunden. Dann schaute er in den Schrank und blickte ein wenig angewidert drein. Es waren alles nur schwarze Sachen, davon auch einiges in Leder, was ihm gar nicht passte. Dass er das schwarze Leinen nun trug gefiel ihm ebenfalls nicht, aber vor dem Fürst wollte er wegen so etwas keine Szene machen. Anpassen. Er würde sich anpassen müssen, das hatte dieser auch gesagt und eine andere Wahl gab es nicht.

Dann lief er zum Fenster und blickte hinaus und staunte. Die Stadt hatte er bislang noch nicht anschauen können, da das Einzige, was er bei seinen bisherigen Trainingseinheiten hier gesehen hatte, der Trainingsraum oder die Gänge des Palastes waren. Nun hatte er einen Blick direkt auf sie.

Nach den hohen Mauern, die den Palast umgaben, fing sie gleich mit hohen, grotesk aussehenden Gebäuden an, allesamt in rötlichen Tönen gehalten. Es sah nach Sandstein oder Lehm aus.

Die Häuser waren ineinander verschachtelt, ließen nach unten hin jedoch Gassen frei. Teilweise waren die Häuser mit Hängebrücken oder Seilen miteinander verbunden.

Dämonen liefen auf den Straßen, wobei Saix jedoch nichts Genaueres erkennen konnte, da er dazu zu weit weg war. Einige flogen auch, aber nur wenige und nicht einer überquerte in der Luft eine Palastmauer. Vielleicht war so etwas wie ein unsichtbares Schild zum Schutz, damit keiner hinein kam. Dies war auch beim Palast im Sanktuarium der Fall, doch Engel konnten ihn durchqueren.

Die Sonne war am Untergehen, es würde wohl bald schon Dunkel werden, dabei war es noch recht früh am Mittag. Vorausgesetzt hier dauerte ein Tag ebenso 24 Stunden wie auf der Erde und im Himmel.

Eine Weile schaute der Blauhaarige dem Treiben zu, selbst als dunkel geworden war, da ihn die Lichter, die nun überall aufflackerten faszinierten. Sein Zimmer jedoch war hell. Das Licht kam magisch von ein paar Stellen von der Decke, etwas, was er nicht kannte, da sie im Himmel für die wenigen Stunden der Dunkelheit nur Kerzen verwendeten, sollten sie mal wach sein. In der Regel schliefen die Engel um diese Zeit.

Vielleicht ein Grund, weshalb sich Saix nun so müde fühlte.
 

Er wollte sich gerade noch mal den Schrank anschauen, um etwas Passendes für die Nacht zu finden, als es klopfte und die Tür geöffnet wurde.

„Hey, Engel.“, sagte der Rotschopf fröhlich, der mit einem Tablett eintrat und kaum hatte er Saix erblickt, fiel ihm dieses aus der Hand und das Glas Milch sowie die Schale mit Obst verteilten sich auf dem Boden.

„Isa.“

In seiner Stimme schwang Unglauben mit und langsam trat er auf Saix zu, welcher ebenso ungläubig drein schaute. Lea erkannte ihn also doch?

„Lea...“, sagte er leise und betrachtete seinen Freund von damals genauer. Erneut trug er diese Kutte, die auch schon dieser Xigbar getragen hatte. Er hatte Handschuhe an, doch Saix‘ Augenmerk lag auf dem Gesicht des Rothaarigen. Unter seinen Wangen waren zwei umgekehrte Tränen tätowiert, seine grünen Augen strahlten gerade so wie sie es früher immer getan hatten, obwohl man ihm nun ansah, dass er stärker geworden war und einiges erlebt hatte.

„Du erinnerst dich ja doch.“, meinte Saix dann, unsicher, ob er ihn umarmen konnte oder ob Lea jetzt einfach ein ganz anderer war, aber das bezweifelte er aufgrund dieser Reaktion gerade.

Und als Lea ihm die Entscheidung abnahm und ihn stürmisch umarmte, sodass sie beide fast umfielen, bestand für ihn kein Zweifel mehr, dass sich zwischen ihnen nichts geändert hatte.

„Isa…“, sagte Lea nach einigen Sekunden erneut und ließ Saix los, um ihn selbst zu mustern.

„Du warst der Engel, den ich retten sollte. Ich habe dich nicht erkannt, du warst so voller Blut und deine Haare sind länger. Und ich hätte niemals damit gerechnet, dich da vorzufinden. Dann bist du es also, den der Fürst unter seinen Schutz genommen hat, er nannte keinen Namen. Oh Mann, Isa… Du glaubst nicht, wie sehr ich gehofft habe, dich wieder zu sehen, aber ausgerechnet hier?“

Dann fiel ihm das Tablett ein und er wandte sich ab und hob es auf, sowie das Glas und die Obstteilchen. „Ehm ja, sorry, für die Sauerrei.“, murmelte er. „Ich hol dir ein neues.“ Kaum hatte er dies gesagt, verschwand er auch schon wieder und Saix lächelte zum ersten Mal, während all seinen Höllenbesuchen und wischte mit einem Handtuch die Milch vom Boden auf, bis Lea wieder kam.

Als dies der Fall war, fiel das neue Tablett dieses Mal nicht zu Boden, sondern wurde von dem Rotschopf auf den Couchtisch gestellt.

„Was war damals mit dir geschehen? Alle sagten, du wärst tot.“, fragte Saix nun sofort, setzte sich auf das Sofa und nahm sofort das Glas, da er verdammt durstig und hungrig war. Kein Wunder, wer sieben Tage durchschlief…

Leas Miene wurde finsterer, er setzte sich ebenfalls und atmete einmal tief durch. Dann erzählte er:

„Ich war damals mit nem anderen Engel auf die Erde geschickt worden, aber das war ein Hinterhalt gewesen. Er griff mich an und wollte mich umbringen, aber hat wohl nicht damit gerechnet, dass ich mich wehre. Hab damals meine Feuerfähigkeiten entdeckt. Tja und zeitgleich griffen uns Dämonen an und der Engel floh, ich blieb zurück. Eigentlich wollte ich zurück in den Himmel, aber ich war selbst ziemlich verletzt, dann tauchte aber auch Xigbar auf, die linke von Hand von Xemnas, und brachte mich zu seinem Boss, weil er Potential in meinen Fähigkeiten gesehen hat. Tja, Xemnas gab mir die Möglichkeit auf Rache und insgeheim wollte ich nur dich wieder sehen und dich von diesen falschen Engeln da oben weg holen, dazu musste ich stärker werden. Ich stieß das Licht auf Rat des Fürsten ab und fiel.“

Saix starrte ihn geschockt an, aber Lea lachte und sagte schnell:

„Hey, ich war jung und wusste es nicht besser! Eigentlich schaffen es so junge Engel nicht, wenn sie fallen, aber ich hab an dich gedacht und wie sehr ich dich wieder sehen will. So schnell bin ich nicht klein zu kriegen! Auch wenn das Gefühl wirklich… schrecklich war, das Licht von sich zu stoßen und in die Dunkelheit einzutauchen.“ Der Rotschopf erschauderte.

„Ich hieß von da an Axel, wurde von Xigbar trainiert und gehöre seit 3 Jahren zu den XIII dazu. Ist ziemlich cool, aber auch voll anstrengend und glaub mir, Xigbar als Mentor ist die Hölle. Okay, schlechter Wortwitz.“

Aber Lea lachte und Saix erkannte, dass er nichts von seiner Fröhlichkeit von früher verloren hatte, trotz dessen, was er erlebt hatte. Und er bewunderte ihn dafür und zugleich war er wirklich froh, dass es ihm gut ging und er noch lebte.  Aber…

„Wieso hat der Engel dich damals töten wollen?“, fragte er dann ernst.

„Ach, bevor er mich kalt machen wollte, hat er dumm geredet und gemeint, ich sei ein zu schlechter Einfluss auf dich. Michael trug ihm das auf. Die wollten dich isoliert haben und allein großziehen. Hatten sie seitdem wohl auch nehme ich an?“

Saix nickte, dann erzählte er seinem alten Freund seine eigene Geschichte von damals und wie es dazu kam, dass er mit dem Höllenfürsten persönlich einen Pakt abgeschlossen hatte, der ihn hierher gebracht hatte.

Sie redeten einige Stunden, lachten und es war offensichtlich, dass in all der Zeit nichts von ihrer Freundschaft verloren gegangen war und sie noch immer in einer solchen Blüte stand, wie sie es früher auch getan hatte, als lägen dazwischen keine 50 Jahre.
 

>Du bist ich, nur anders, genauso wie ich du bin, nur anders. Got it memorized?
 

# Kapitel 10 Ende #

Michael

# Kapitel 11 # Michael #
 

„Nun ist auch er in der Hölle. War das wirklich so gewollt, hoher Michael?“

Der jüngste der vier Erzengel, Uriel, trat zu Michael auf dessen Balkon und stellte sich neben ihn. Der goldene Engel blickte weiterhin über das Sanktuarium, schien hier schon seit Stunden nachzudenken, doch dies war verständlich, wo im Moment alles aus dem Ruder zu laufen schien.

Auch jetzt wandte er sich nicht Uriel zu, sondern sagte nur nach einer Weile, als Uriel wohl schon dachte, er würde niemals eine Antwort bekommen:

„Ja und nein. Für Isa gab es zwei Rollen in diesem Spiel, Uriel. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten ihn als Krieger in unseren Reihen, der mit uns das Allerheiligste verteidigen könnte, denn in ihm steckt das Potential eines Erzengels, obwohl er keiner ist.“

Dann endlich blickte er den braunhaarigen Engel mit den violetten Augen und den langen, seidenen Haaren an, der zwar ebenfalls schon so viele Jahrtausende hinter sich hatte, aber von seinen sanften und beinahe noch jugendlichen Zügen nie etwas verloren hatte, im Gegensatz zu ihm selbst. Uriel war das, was man als wahre Unschuld bezeichnen konnte und dafür liebte ihn Michael auf seine eigene Art und Weise.

„Und was wäre seine zweite Rolle gewesen?“, fragte Uriel nun etwas enttäuscht darüber, dass er diesen Plan nicht kannte, was ihm der blonde Engel nicht verübeln konnte, denn davon wusste nur Gabriel und Michael selbst etwas. Aber nun war es an der Zeit, dass auch die anderen beiden Erzengel davon erfahren konnten, nun, da Isa seine Rolle im Himmel nicht mehr einnehmen konnte.

Die Gesichtszüge des Kriegers verhärteten sich ein wenig, als er daran dachte, für was sie Isa nun benutzen wollten und wie sehr dies alles Zufällen überlassen war. Es konnte so schnell schief gehen, aber sie mussten darauf vertrauen, dass es funktionierte. Durch den Engel, der desertiert war, wusste Michael, was auf dem Schlachtfeld passiert war und da Isa noch lebte, was er spüren konnte, und nicht mehr auf der Erde war, musste er in der Hölle Zuflucht gefunden haben. Die erste Verbindung war also schon da, weshalb Michael die Pforten zum Himmel verschlossen hatte, damit der Junge nicht wieder zurück kam.

„Michael?“, fragte Uriel neben ihm vorsichtig und der Angesprochene bekam wieder sanftere Züge. Uriel sorgte immer dafür, dass er sich ruhiger fühlte und das Licht wieder heller schien, obwohl es langsam zu verblassen schien. Das Licht in seinem Herzen jedenfalls.

„Isa wurde aus demselben Seelenbruchstück wie einst Lucifer erschaffen. Zwischen ihnen besteht eine Verbindung, die es normal zwischen Engeln nicht gibt und auf diese Verbindung beruht unser Plan.“

„Nach all der Zeit hatte Er noch ein Stück von Lucifers Seele? Wie kann das sein, wo der Lichtbringer doch das erste Geschöpf gewesen war? Wo soll diese Seele hergekommen sein?“, fragte Uriel nun und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Geländer des Balkons.

„Es ist ein Stück Seele von Ihm selbst.“, erklärte Michael ein wenig verbittert. „Lucifer war damals ziemlich selbstverliebt, schenkte zwar allen Engeln die Liebe, die er aufbringen konnte, doch er sah sich selbst auch als das Wichtigste an, nahm sich, was er begehrte und warf weg, wenn er es nicht mehr wollte. Und darum soll Isa mit einem Teil dieser Seele zu ihm finden. Auch Braig, der mit Lucifer fiel, besaß ein solches Seelenstück, doch es war in ihm verschlossen und nicht direkt mit ihm verbunden, wie es bei Isa der Fall ist.“

Die Hände des blonden Erzengels krallten sich in den Marmor vor ihm, während ein tiefes, verbittertes Knurren seine Kehle entwich, was Uriel so gar nicht von ihm kannte. Michael dachte daran zurück, wie er als junger Engel eine Nacht auf eigenen Wunsch hin mit dem höchsten Licht des Himmels damals verbracht hatte und trotz seiner Bitten hatte Lucifer es nie wieder getan, sondern die Frage und den Wunsch danach immer nur mit einem sanften Lächeln beantwortet.

Und jetzt? Jetzt schenkte dieser Lucifer, der nun der Fürst der Finsternis war, ein Gefallener, das oberste Übel, einem jungen Engel ebendiese Aufmerksamkeit, die sich Michael damals gewünscht hatte, obwohl er diesen nur ein paar Mal gesehen hatte. Er hatte es bemerkt, als er in das Zimmer gekommen war, nachdem sie diesen Pakt geschlossen hatten. Er hatte die Macht des Gefallenen an Isas Lippen gespürt und es hatte ihn wütend gemacht. So wütend, dass er diesen jungen Engel am liebsten gleich gestürzt hätte. So wie damals diesen anderen vor 300 Jahren, der die Finsternis im Herzen getragen hatte, obwohl er ein Lichtgeborener gewesen war.

Aber er hätte Isa noch mehr Leid zu gefügt, hätte er nur die Möglichkeit dazu gehabt, doch sie brauchten ihn ja für eine Wende in diesem ewig währenden Krieg. Ja, er hätte seinem eigenen, besten Schüler am Liebsten jede Feder Einzeln ausgerissen, jedes Stückchen Haut aufgeschlitzt, wieder und wieder und das alles nur, weil er die Macht Lucifers an ihm gespürt hatte und das zum wiederholten Male.

Beim ersten Mal war er sich nicht sicher gewesen, das war nach dem ersten Erdenbesuch des Jungen und da glaubte Michael noch, dass es wohl nur Einbildung gewesen war. Trotzdem hatte ihn Isa immer an den Lichtbringer erinnert und mit der Zeit hatte es Michael immer wütender gemacht und als dieser dann auch noch zu seinem Schüler wurde, weil die anderen Erzengel ihre Ausbildung mit ihm beendet hatten, wurde es in seiner Gegenwart unerträglich, da er ihn so oft sah.
 

„Michael! Ihr tut mir weh! Lasst mich bitte los!“ Uriels schmerzerfüllte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und irritiert schaute er auf seine eigene Hand, die sich in den Unterarm des Jüngeren gekrallt hatte, wo nun eine rote Stelle war, als er ihn los ließ.

In Michaels Blick war noch einen Moment lang Hass und Missfallen zu sehen, aber dann wurde er wieder sanfter, als Uriel trotz der Sache gerade an ihn heran trat und ihn einfach umarmte.

„Ich weiß, dass Ihr Lucifer sehr geliebt habt und das, was aus ihm geworden ist über alles andere hasst, aber lasst nicht zu, dass der Hass Euch kontrolliert, hoher Michael.“, sagte Uriel sanft und ließ nach ein paar Sekunden los, als er merkte, wie sich der Blonde entspannte.

„Was ist nun Isas Aufgabe dann? Und  weiß er davon?“

„Isa soll diese Verbindung zwischen ihnen nutzen und die Schwachstellen Lucifers herausfinden und wenn er klug genug ist, dann findet er einen Weg, uns diese mitzuteilen. Er selbst wird ihn nicht töten können, genauso wenig wie Lucifer ihn töten kann, aber eines ist sicher: der Fürst der Finsternis wird von diesem Engel angezogen sein, ohne zu wissen, wieso und wenn Isa es schafft, dort zu existieren, könnten wir ihn vielleicht auch als Spion gewinnen. Aber bis dahin muss erst einmal Zeit vergehen, in der wir nur abwarten können. Isa selbst weiß nichts davon, denn es wäre unklug ihn mit einem solchen Wissen hinab zu schicken, wo man Antworten aus Engeln einfach herausfoltert. Darum wissen hiervon jetzt auch nur drei Erzengel und außer Raphael wird es auch sonst niemand mehr erfahren.“, erklärte der Ältere der Beiden noch immer etwas grimmig, aber bei weitem nicht mehr in einer solchen Wut gefangen, wie gerade eben.

Generell war Michael die letzten Wochen sehr wütend gewesen, gar dauerhaft und jetzt war das erste Mal, dass er sich wirklich etwas entspannte, was an Uriels Anwesenheit gerade lag.

Der Anblick dieser reinen Unschuld, den schönen, violetten Augen…

„Halt mich fest, Uriel.“, bat Michael dann leise, auf einmal in einem gänzlich anderen Tonfall als die ganze Zeit. Er klang traurig, suchte nach Trost aufgrund der Erinnerungen an Lucifer, der für ihn unerreichbar geworden war. Und wenn er ihn nun hier hätte, so würde er ihm noch schlimmeres Antun als, das, was er Isa am Liebsten antun würde, einfach nur aus dem Grund, weil er ihn so viele Jahrtausende allein gelassen hatte.

‚Diese eine Nacht… Die alles verändert hat.‘, dachte der goldene Engel für sich und schloss die Arme um Uriel, der ihn umarmte und ihm so warmen Trost spendete.

„Mein Uriel...“, flüsterte er. „Du bist das Licht Gottes, du bist mein Licht…“

„Und Ihr seid wie Gott, Michael.“, erwiderte Uriel sanft und stand einen ganzen Moment lang mit dem Krieger so da, fühlte, wie dieser innerlich ruhiger wurde und die Wut abschüttelte.

„Ach, Uriel, wenn nur jeder mein Leid verstehen würde.“, klagte Michael nun obgleich er niemanden sein Leid klagte, weshalb auch keiner davon wissen konnte. „Du bist so rein, so unschuldig, nichts kann dein Gemüt trüben. Ich beneide dich darum. Uriel, ach, mein Uriel… schenk mir Trost.“

Uriel war nun sichtlich verwirrt. Dass Michael zwei Seiten hatte, hatte er schon mitbekommen. Zum einen diese wütende, kriegerische Seite und dann diese wie jetzt, die sich einfach nur nach Liebe sehnte, verliebt in die Liebe war, doch diese hier hatte sich schon seit Jahrhunderten nicht mehr gezeigt. Aber es war auch schon eine Ewigkeit her, dass Uriel zuletzt allein mit Michael gesprochen hatte und dann auch noch über so etwas wie jetzt.

Es war im Himmel allgemein bekannt, dass sich Michael an Jünglingen abreagierte, sie zu sich ins Bett holte und nun erkannte Uriel auch wieso. Er wollte diesen Schmerz vergessen, das Loch füllen, welches Lucifer vor so vielen Jahren dort hinterlassen hatte, doch niemand vermochte dies zu schaffen.

„Michael…“, sagte Uriel leise, doch da küsste ihn der blonde Erzengel auch schon, sanft und alles andere als brutal, wie es wohl vor einigen Minuten noch der Fall gewesen wäre.

Michael fuhr mit der Zunge über Uriels Lippen, bevor er zwischen ihnen hindurchschlüpfte und ihn zu einem intensiveren Kuss anregte, den dieser nach einigem Zögern auch erwiderte. Er schmeckte den Geschmack des Lichtes, den von Uriel und es wärmte sein Innerstes, weshalb er die Arme um ihn schlang, um ihn ganz an sich zu drücken und seine Nähe noch mehr genießen konnte.

Es tat wirklich gut und es lenkte ihn im Moment von seinem Kummer und seiner Wut ab, verdrängte die Sehnsucht nach dem Lucifer von früher, obwohl er wusste, dass all das später wieder kommen würde, sobald Uriel ihn wieder allein ließ. Aber bis dahin wollte er dieses bisschen Frieden genießen, den er durch den jüngsten Erzengel fand, das Licht in ihm.  
 

Und danach hieß es warten, bis die Zeit gekommen war und der Plan einen Schritt weiter ging und dies konnte dauern.
 

# Kapitel 11 Ende #

Licht

# Kapitel 12 # Licht #

Das Licht… Wo war das Licht? Es gab hier keines. Es gab eine Sonne, es gab einen Mond, doch das warme Licht des Himmels war zu weit entfernt.

Es gab hier keine innere Wärme, keinen Hauch von Frieden in der trockenen, immerzu angespannten Luft, kein Lachen, keinen Blütenduft. In allen Ecken schienen Schatten zu lauern, überall schienen sie einem zu verfolgen.

Für Saix war die Hölle alles andere als erträglich. Innerhalb des Palastes hielt er es aus, während des Trainings mit dem Fürsten war diese erdrückende Macht gar nicht zu spüren, doch draußen, außerhalb des Palastes, konnte Saix nur wenige Stunden unterwegs sein, bevor er nahezu von der inneren Finsternis verschlungen wurde. Die Hölle war eben kein Ort für einen reinen Engel, der das Licht in sich trägt, welches jedoch immer schwächer zu werden schien.

Dabei war er erst drei Wochen am Stück hier. Vier Wochen, wenn man seine Woche Tiefschlaf noch mit einrechnete.

Er wusste nicht einmal, wieso er sich dies hier antat. Warum sollte er eigentlich noch stärker werden? Er hatte nichts, wofür er trainieren und kämpfen sollte, denn für die Hölle würde er gewiss in keine Schlacht ziehen. Auf sein Drängen hin durfte Saix noch zwei Mal versuchen, ein Portal von der Erde zu seinem alten Heim zu erschaffen, doch noch immer waren die Pforten verschlossen.

Das Einzige, was ihn wirklich zum Weitermachen anregte, war Lea, doch auch der schaffte es kaum noch, Saix aus seinen Existenzzweifeln herauszuholen. Aus dem seelischen Loch, das immer tiefer und dessen Rand immer glatter wurde.

Und Xemnas? Nun, der Fürst hatte genug zu tun. Der Engel sah ihn nur beim im Moment seltenem Training, was gleichzeitig aber immer härter wurde und bisher war er nicht ein einziges Mal weniger streng und unnachgiebig gewesen und Zeit zum Reden blieb da auch keine. Was hätte Saix auch reden sollen? Ihn zujammern, wie schrecklich er die Macht der Hölle fand? Ihn anflehen, ihm irgendwie einen Weg zum Himmel zu öffnen? Klar…
 

„Wir trainieren heute nicht.“, sagte der Silberhaarige, als er in Saix‘ Zimmer trat, um ihn abzuholen.

„Wir werden uns heute Schriften widmen, damit du die Sprache der Hölle lernst. Ich bringe dir die Grundsachen bei, den Rest wirst du dir selbst erarbeiten.“

Saix nickte nur zur Antwort und senkte etwas den Blick. Er gehorchte ohne zu zögern, tat, was Xemnas von ihm verlangte, ohne nachzufragen warum. Er ließ sich führen, ohne auch nur den Drang zu verspüren, etwas anderes zu tun. Und so ging es schon seit Tagen. Und die innere Leere dabei wurde immer schlimmer und unerträglicher. Lea verdrängte sie etwas, wenn er alle 3 bis 4 Tage abends kam, aber sobald er weg war, war es nur umso leerer. Doch Saix schwieg darüber, selbst seinem Freund sagte er davon nichts, dass er spürte, dass er in dieser Macht hier unterging.

Er lief an Xemnas mit leicht gesenktem Kopf vorbei, der ihn eingehend musterte und an der Tür stand und wartete, dass Saix hinausging, doch dann wurde der junge Engel aufgehalten, als der Fürst ihn am Arm festhielt.
 

„Sieh mich an.“

Er blieb stehen, wandte sich seinem Mentor und Meister zu, blickte auf. Die goldenen Augen, die ihn stets so gefesselt hatten, waren ernst und Saix sah sie, doch ließen sie ihn kalt, wo sie ihn früher so gefangen hatten. Es war, als blicke er zu Xemnas auf, doch realisiere es gar nicht richtig, dass dieser wirklich da war. Nach außen hin wirkten seine eigenen, türkisenen Augen fast leer, beinahe gebrochen.

„Dein Wille bricht.“, stellte der Fürst fest, schob ihn in das Zimmer zurück und schloss die Tür. „Die Macht des Infernums hat einen größeren Einfluss auf dich, als ich annahm. Das zeigt nur, wie rein deine Seele ist.“

Er deutete auf die Couch, setzte sich dann selbst in den Sessel der kleinen Sitzgruppe und als der Engel Platz nahm, fuhr er fort:

„Je reiner die Seele, desto geringer die Überlebenschance in der Hölle, wenn das Licht nicht abgestoßen wird.“

Die Augen des Jüngeren weiteten sich etwas. Er wollte nicht fallen! Er wollte sein Licht behalten! Er war doch gar nicht gegen das Licht oder gegen den Himmel!

„Ich wünsche jedoch nicht, dass du fällst. Ich wünsche, dass du dein Licht behältst und hier überlebst. Solltest du fallen, vernichte ich dich. Du würdest es ohnehin nicht ganz überstehen und dann nützt du mir nichts mehr.“

„Nütze ich Euch als reiner Engel etwas?“, erwiderte Saix, den es nicht wunderte, dass Xemnas Pläne mit ihm hatte, die ihm nicht einmal ansatzweiße geläufig waren.

„Mehr als du dir vorstellen kannst. Die VIII, Axel, ist ein guter Freund von dir wie ich mitbekommen habe, doch er wird dich nicht retten, denn in ihm ist das Licht erloschen, was dich retten könnte. Ich sagte dir bereits, dass du dein Licht selbst erhalten musst. Ich kann dir dabei nicht helfen, doch im Moment gibst du dir nicht einmal ansatzweise Mühe, dies zu tun.“

„Wozu sollte ich? Die Pforten sind versperrt… Ich komme nicht zurück.“

Und dann fiel das Sofa durch Xemnas‘ Macht nach hinten um und Saix krachte gegen die Wand, an der er hinabsank, leicht zitternd sitzen blieb, dann aber sich aufrichtend Xemnas entgegen blickte, der auf ihn zukam.

„Selbstmitleid nützt dir hier nichts.“, sagte dieser ernst und seine Augen glänzten hellgolden auf. „Wenn mich etwas verärgert, so ist es Schwäche. Und du bist schwach.“

Er griff nach Saix, hob ihn hoch und drückte ihn am Hals gegen die Wand, bevor er weitersprach und seine beängstigende, mächtige Aura zur Schau stellte, die den Jungen leicht zittern ließ.

„Du hast überdurchschnittliche Fähigkeiten, bist im Kampf talentierter als es ein Engel deines Alters ist, doch was nützt es, wenn deine Seele am Zersplittern ist? Vielleicht haben die Engel deshalb die Pforten verschlossen. Sie wissen wohl, dass du noch lebst, wollen dich aber nicht wieder haben, weil du zu emotional bist. Für ihren Plan bist du ungeeignet.“

Worauf wollte Xemnas hinaus? Der Jüngere bekam kaum Luft, hörte aber genau zu, doch konnte er keine Schlussfolgerung aus dem Ganzen ziehen. Es klang jedenfalls fast so, als wollte Xemnas, dass er fiel, zugleich aber sagte er ihm, dass er ihm dann nichts mehr nützte?

Erneut flog Saix durch das halbe Zimmer, landete nun auf seinen noch unbenutzten Schreibtisch, der Fürst war aber direkt wieder über ihm, griff in seine Haare und hielt ihn so fest, während die andere Hand seine Handgelenke in einem eisernen Griff hielt.

„Du wehrst dich nicht einmal. Warum?“

„Ihr seid der Fürst… Und Ihr habt Recht mit dem was Ihr sagt. Ich zerbreche unter der Macht der Hölle langsam. Mir fehlt das Licht.“, antwortete Saix, weiterhin widerstandslos.

„Bist du dir sicher? Was fühlst du wirklich in diesem Augenblick?“

Saix wollte ihm antworten, dass er das doch wohl selbst am Besten wusste und nicht fragen brauchte, aber noch bevor er dazu ansetzen konnte, hielt er inne. Im Moment fühlte er sich fast so, als sei er gerade erst in der Hölle aufgetaucht. Seltsam erfrischt, geradezu von der niederdrückenden Macht befreit. Aber wieso? Weil Xemnas ihn gerade durch den halben Raum geschmissen hatte?

Der Fürst ließ ihn langsam los, trat zwei Schritte zurück, während sich der Engel aufsetzte und verwirrt blinzelte.

„Finde heraus, was dir hilft, denn offensichtlich gibt es etwas in dir, was dein Licht bewahrt. So wie im Moment. Wenn ich feststellen muss, dass ich meine Zeit umsonst für dich opfere, wird dein Tod mehr als nur schmerzhaft sein.“

Sollte das nun motivierend sein?

Saix senkte den Blick, nickte leicht. Er fragte sich, was Xemnas von ihm erhoffte und wofür er ihn eigentlich hier haben wollte. Aber das zeigte ihm nur, dass dieser von Anfang an einen Plan gehabt und ihn im Himmel nur verführt hatte, um ihn zu einem solch dummen Pakt zu bringen. 
 

„Sieh mich an.“

Erneut gehorchte er, blickte auf, feststellend, dass sein Meister wieder vor ihm stand und sich leicht zu ihm beugte.

Dann kam er näher. Saix verstand, was er wieder vorhatte, doch dieses Mal drehte er den Kopf weg, als er den warmen Atem an seinen Lippen spüren konnte.

„Wieso tut Ihr das? Macht Ihr das nur, um mich noch mehr zu verführen?“, fragte er fast ein wenig trotzig.

Ein Griff in seine Haare und sein Kopf wurde nahezu brutal zurückgedreht und da küsste ihn Xemnas auch schon, drückte ihn dabei gegen die Wand hinter dem Schreibtisch und hielt ihn fest, sodass er sich gar nicht hätte wehren können, selbst wenn er es versucht hätte.

Der Kuss selbst war nicht sanft. Er war besitzergreifend, dominierend, einnehmend. All die letzten Wochen hatte ihn der Fürst nicht einmal angerührt, immerhin sahen sie sich nur kurz während des Trainings aufgrund der wenigen Zeit, die dieser zur Verfügung hatte und nun fühlte Saix wieder dieses Kribbeln, was ihn geradezu belebte.  Er wollte das hier an sich nicht, immerhin bestand keinen Grund dazu, dass Xemnas ihn küsste, doch zugleich mochte er es auch – unleugbar.

„Merke dir eines“, hauchte der Ältere gegen seine Lippen. „Ich bin Xemnas, Fürst der Hölle, höchster aller und die Macht, die all das hier erschaffen hat – in meinem Reich mache ich, was ich will und jeder der hier lebt, gehört mir und es steht mir frei, was ich mit demjenigen tue, ohne, dass ich einen Grund brauche.“

Dabei sah er ihn mit seinen goldenen Augen vernichtend und fesselnd an, sodass Saix nicht einmal wagte zu atmen.

Dann ließ er ihn los, drehte sich um und lief zur Tür, während er kalt und distanziert sagte, als sei gerade nichts gewesen:

„Denk über das alles hier nach und teile mir mit, sobald du verstanden hast. Bis dahin fällt das Training aus.“

Und dann war er auch schon draußen.

Und Saix sah ihn nicht mehr, bis er verstanden hatte.
 

# Kapitel 12 Ende #
 

Eine Erkenntnis?

# Kapitel 13 # Eine Erkenntnis? #
 

Als die Tür ins Schloss fiel herrschte Stille.  Man hätte eine Feder zu Boden gleiten hören  können, selbst das sanfte Rauschen des Windes war hier drin zu vernehmen, obwohl die Geräusche von draußen die Fenster so gut wie gar nicht durchdrangen.

Der junge Engel rutschte vom Schreibtisch hinunter, schlang die Arme um sich und atmete einmal tief zittrig ein und aus. Ja, im Moment fühlte er sich nicht von der Macht der Hölle angegriffen. Xemnas hatte Recht, es gab irgendwas, womit er sein Licht bewahren konnte. Nun musste er nur herausfinden, was.  Ob es möglich war, sich unbewusst von der Macht abzuschirmen? Vielleicht durch Training. Oder körperliche Anstrengung? Denn immer beim Training war alles in Ordnung gewesen. Nein, nicht immer. Also zählte das auch nicht.

Es brachte nichts, im Moment darüber nachzudenken, denn Saix war noch viel zu aufgewühlt, um klare Gedanken fassen zu können. Also stellte er die Couch wieder hin, seine Gedanken auf anderes fokussierend.

Der Fürst wollte, dass er die Dämonensprache lernte. In der Hölle gab es die Allgemeinsprache, sowie die Dämonensprache. In der Letzteren waren alle Schriften und Bücher dieses Ortes verfasst, ebenso wie in der Schrift des Himmels deren Schriften verfasst waren. Die Allgemeinsprache war eben die, die alle sprechen konnten, um sich zu verständigen. Bisher hatte er Xemnas nur einmal diese Dämonensprache sprechen hören. Sie war hart im Klang und kalt und nicht annähernd so fließend wie die überall verbreitete Sprache. Es würde schwer werden sie zu lernen.

Das ‚Wozu überhaupt?‘ versuchte Saix aus seinem Kopf zu verbannen. Diese Frage stellte er sich zurzeit zu oft und es war nicht gut für sein inneres Wohlbefinden, denn das Loch wurde mit jeder Frage immer etwas tiefer, in welches er seelisch fiel.  Er musste wohl langsam auch lernen härter zu werden, Xemnas keine Schwäche mehr zu zeigen. Er wollte nicht, dass der Herr der Hölle über ihn lachte, ihn für schwach hielt und ebenso begann wie Michael, ihm das so direkt zu sagen. Wobei Saix trotz der veränderten Art des Fürsten diesen immer noch ernster nahm als den Erzengel. Bei Michael hatte er nicht mal ansatzweiße den Drang verspürt, sich auch zu bessern. Von Xemnas wollte er nicht als ‚schwach‘ bezeichnet werden. Er nahm ihn ernst. Sehr ernst sogar.

Vielleicht auch nur, weil sein Leben hier auf dem Spiel stand… Nein, daran lag es nicht.
 

Er nahm sich ein Buch aus dem Bücherregal und blätterte es durch, betrachtete die Runenzeichen, welche für ihn keinen Sinn ergaben. Ohne einen Ansatz, eine Starthilfe, würde er diese Sprache nicht alleine erlernen können. Jetzt aber war er voller Tatendrang, wollte auch nicht alleine hier rumsitzen und nichts Effektives tun, jetzt, wo er gerade von der Macht dieses Ortes befreit schien. Er spürte ihn noch, aber anders. Um einiges schwächer eben. Solange er im Palast blieb, sollte dies auch eine Weile der Fall sein.

Um wenigstens das Gefühl zu haben, etwas Vernünftiges zu machen, als nur hier rumzusitzen, setzte sich Saix vor das Fenster und schloss die Augen, um ein wenig mit seiner Magie zu üben.

Wie schon beim ersten Mal ließ er Kugeln aus reinem Mondlicht um sich herum fliegen, mittlerweile aber mehr und schneller. Es diente zur Konzentration und Selbstbeherrschung und so konnte er sich auch von seinen Gedanken ein wenig ablenken. Eines missfiel ihm nämlich besonders: dass Xemnas recht hatte, was das Selbstmitleid anging. Denn Saix fragte sich wirklich, warum ausgerechnet er und so weiter. Und nun, wo er es so direkt ins Gesicht gesagt bekommen hatte, störte es ihn immens. Er wollte nicht schwach sein. Nein. Er war ein Krieger! Und Krieger waren stark.
 

Am nächsten Tag tauchte Axel auf. Dieser war zwar erfreut, seinen Freund wieder zu sehen, aber gleichzeitig auch nicht begeistert aufgrund des Anlasses, denn der Rotschopf sollte Lehrer spielen. Seine Aufgabe war es, Saix die Höllensprache näher zu bringen und das innerhalb kürzester Zeit.

„Der Boss besteht darauf. Keine Ahnung, was du ihm getan hast, Mann, aber er wirkte sauer. Und es ist selten, dass er wirklich Gefühle zeigt. Er gibt dir drei Wochen, dann sollst du die Grundkenntnisse beherrschen. Ich hab dafür ein Jahr gebraucht, wenn nicht mehr, aber du weißt ja wie ich zu Sachen wie ‚lernen‘ stehe. Außerdem war Xigbar mein Lehrer. Da wollte ich eh nichts dafür tun.“

Axel grinste, wurde dann aber wieder ernst.

„Hey, Isa. Der Kerl setzt echt viel in dich und hat wohl großes mit dir vor. Auch wenn er vielleicht nicht so wirkt, aber er ist großzügig, wenn man erfolgreich ist und seine Befehle zufriedenstellend ausführt. Also, das heißt, er lässt einem so ziemlich in Ruhe, wenn man sich gut anstellt. Aber er ist gnadenlos, wenn man versagt. Und ich hab wirklich keine Lust, gegen ihn zu kämpfen, um dich zu verteidigen, solltest du in seinen Augen versagen, got it memorized? So und nun fangen wir an.“
 

Die nächsten Tage verbrachte Saix also damit, mit Axel zu lernen. Die Sprache war ziemlich schwer, weil sie sich deutlich von der herkömmlichen unterschied, aber wenigstens war die Schrift nicht so kompliziert, nachdem man ein gewisses Muster dahinter erkannt hatte. So lernte er tagsüber mit Axel einige Stunden, machte Pause, in der er für sich selbst trainierte (meist in Form von magischen Übungen, außer wenn Axel noch etwas Zeit hatte, ihn zum Trainingsraum zu bringen, denn allein hatte Saix ein ‚Umherwanderungsverbot‘) und am Abend saß er  in seinem Bett und versuchte, die Bücher zu lesen und schrieb sich Worte raus, die er nicht Übersetzen konnte. Aber das lesen half ihm, die Schrift flüssiger zu beherrschen, die er auch recht schnell einigermaßen fließend lesen konnte.

Die Tage vergingen und mit jedem Tag fühlte Saix wieder mehr und mehr diese Macht, die ihn so an den Rand des Absturzes brachte und egal was er versuchte, er schaffte es nicht, sie zu ignorieren, wie es an dem Tag war, als Xemnas ihn zuletzt aufgesucht und ihm unmissverständlich klar gemacht hatte, dass Saix herausfinden musste, wie er sein inneres Licht bewahren konnte. Seine Konzentration wurde schlechter, seine Gedanken rutschten wieder des Öfteren ins Negative und wieder stellte er sich häufiger die Frage, wozu er dies hier machte.

Axel hatte nach gut 2 Wochen auch wieder andere Befehle, kam seltener und Saix wurde seinem Selbststudium überlassen. Er versuchte sogar, eine Art magischen Schild um sich zu errichten, um die finstere Aura abzuschirmen, aber dies blieb auch nach vielen Stunden recht erfolglos, dennoch setzte er seine Hoffnung in diese Art des Schutzes und versuchte es weiter und weiter, bis er auf einmal einen Fehler machte und durch seine kaum noch vorhandene Konzentration das Zimmer verwüstete. Von ihm ausgehend sprengte eine Druckwelle  die Tür aus den Angeln, das Bett krachte gegen die Wand und zerbarst, sein Schreibtisch und Bücherregal fielen durch den Druck in sich zusammen und überall flogen aufgewirbelte Papiere herum. Im Zentrum dieses Chaos saß Saix mit klopfendem Herzen auf dem Boden im Schneidersitz und zitterte vor Schreck. Seine Augen waren geweitet, als er das Chaos betrachtete. Selbst das Fenster hatte Risse und die Wand bröckelte an manchen Stellen etwas.

Einige Sekunden danach stand Xemnas im Raum, blickte sich um, dann funkelte er Saix an, doch er schien bemüht, keine Wut zu zeigen, obwohl seine Augen ihn verrieten. Der Mondengel hatte schon bemerkt, dass diese immer etwas heller wurden, sobald der Fürst wütend war. Trotzdem fragte dieser betont ruhig:

„Erklärung?“

„Ich habe versucht einen Schutz um mich herum zu errichten, um mich gegen die Macht abzuschirmen, die mir so Probleme bereitet. Offensichtlich ging das heute schief.“

„In der Tat.“

Saix schauderte. Xemnas‘ Tonfall ging ihm manchmal wirklich richtig unter die Haut. So wie jetzt.

„Ich hoffe, Ihr könnt mir mein Versagen verzeihen, auch habe ich demnach noch nicht herausgefunden, was mein Licht in meinem Herzen hält.“, gestand er, während er sich langsam aufrappelte, um nicht so sehr zu seinem Mentor aufzublicken zu müssen.

„Nun, aber du gewöhnst dich langsam an die Hölle. Du hältst länger durch. Es ist keine dauerhafte Lösung, doch ein Fortschritt.“

Die erst wütend aussehenden Augen des Fürsten waren wieder in diesen emotionslosen Zustand gerutscht, bei dem man nicht sagen konnte, was er wohl gerade dachte oder über die Situation empfand.

Dann sagte er ihm in der Höllensprache, dass Saix sich die nächsten Tage mehr auf sein körperliches Training konzentrieren sollte, denn die Magie würde zu stark für seinen Körper werden. Der Körper muss trainiert sein, damit die Macht sich auch festsetzen konnte und im Moment hatte Saix seine magischen Fähigkeiten ein gutes Stück weiter gebracht, aber es brachte nichts, wenn das Gefäß nicht bereit war, weshalb so etwas wie eben passieren konnte.

„Hast du alles verstanden, was ich sagte?“, fragte er dann noch immer in der Sprache.

„Ja.“

„Dann komm.“

Ein lautloses Seufzen entwich Saix‘ Kehle, als er Xemnas aus dem Chaos folgte. Womit er jedoch am wenigsten rechnete war, dass dieser ihn in sein eigenes Schlafzimmer führte. Saix wusste es direkt, weil eine dicke, goldene I an der Tür stand und auch das Zimmer selbst sah direkt nach Xemnas aus. Es war beinahe paradox, wie ein so unpersönliches Zimmer so persönlich sein konnte. Einzig allein das Bett hob sich von dem von Saix ab, denn es war größer und die Bettwäsche war Schwarz und schien aus Seide. Ein wenig Luxus gönnte sich der Fürst also doch. Ansonsten war der Raum hell, kaum Ausstattung. Eine Sitzgruppe gab es hier ebenfalls, einen kleineren Schreibtisch als in Xemnas‘ Arbeitszimmer und das Bücherregal war voller als das von Saix, aber keinerlei Ordner waren hier zu finden.

Da es schon spät am Abend war und Saix sich schon denken konnte, dass der Fürst wollte, dass er hier schlief, schaute er ihn aber doch fragend an, denn er konnte sich beileibe nicht vorstellen, im Bett des Fürsten zu nächtigen. Das war… nein, das war ausgeschlossen. Sowas ging einfach nicht.

„Du schläfst heute hier.“

Also doch. Nein, nein, nein! Er konnte doch nicht mit ihm in einem Bett schlafen! Mit dem Fürst der Hölle! Nein, das ging nicht!

Saix sah ihn wohl genauso ungläubig an, wie er es in Gedanken auch war. Wobei… es gab ja noch die Couch.

„Ich werde heute Nacht ohnehin unterwegs sein, du kannst dich also ohne weiteres erholen. Aber wenn du auch nur ein Buch anfasst, so wirst du es bereuen. Und glaube mir, ich werde es wissen, sollte es so sein.“ 

„Ja, Herr.“

„Nenn mich nicht ‚Herr‘. Das erinnert mich zu sehr an diesen alten Sack da oben. Für dich ist das immer noch ‚Meister‘, wenn überhaupt.“, knurrte der Silberhaarige, stützte sich mit einer Hand dann am Türrahmen ab und versperrte Saix somit quasi den Weg zum Flur, der einen halben Schritt im Zimmer stand.

„Noch etwas.“, fuhr er fort. „Ich möchte jedes Mal, wenn wir bei unseren Treffen auseinander gehen, einen Kuss von dir.“

„Wie bitte?“ Saix starrte ihn noch ungläubiger an, als bisher zuvor.

„Du hast mich schon verstanden. So gut beherrscht du die Höllensprache nämlich schon. Also? Ich warte nicht gerne. Wenn du ihn mir nicht freiwillig gibst, werde ich ihn mir einfach nehmen. Es liegt an dir.“

Wenn es nicht der Fürst selbst wäre, so hätte Saix nun gelacht und dies ignoriert. Aber er wusste mittlerweile gut genug, dass Xemnas jedes Wort ernst meinte. Mehr als nur ernst. Seine Worte waren Versprechen. Er drohte nicht, er warnte nicht, nein, er versprach.

Engel waren scheu, was diese ganze Sache mit Körperkontakt anging. Zumindest wenn sie als Krieger erzogen wurden. Und Saix wurde dazu noch fernab von anderen Engeln gelehrt. Und solche Engel bekamen eingetrichtert, dass alles, was in Richtung Beischlaf ging, unrein war. Es verdarb die Seele, die Gedanken und  das innere Licht. Darum verstand er auch nicht, wieso Xemnas das von ihm wollte, wenn er doch sein Licht bewahren sollte. Alles in ihm sträubte sich, wenn er daran dachte, jemanden zu küssen (auch wenn Xemnas‘ Küsse bisher immer dieses verführerische Kribbeln hinterlassen hatten, aber genau dazu sollten sie wohl auch dienen: zum Verführen).

Er schüttelte langsam den Kopf, trat einen kleinen Schritt zurück von Xemnas weg, doch dieser griff nach seinem Handgelenk und zog ihn wieder zu sich und legte ihm die andere Hand in den Nacken, um ihn festzuhalten und gegen sich zu drücken, während er ihn wieder so besitzergeifend und einnehmend küsste. Es war auch erneut nur ein kurzer, aber intensiver Kuss und doch hatte Saix ein wenig die Wut darin gefühlt, weil er nicht ‚gehorcht‘ hatte.

So schnell Xemnas ihn damit auch überfallen hatte, so schnell ließ er auch wieder von ihm ab, wobei der Engel ein paar Schritte zurück stolperte, dem Fürst unsicher entgegenblickte, welcher sich nur wortlos umdrehte und die Tür hinter sich schloss und ihn nicht mehr angeblickt hatte.

Sekunden später sank Saix auf die Knie, zittrig. Sein Inneres stand geradezu in Flammen. Nein, so schlimm war es nicht, aber das Kribbeln schien sich überall breit zu machen und ihm war warm. Wollte sein Meister ihn mit diesen Küssen verführen? Ihn dazu zu bringen, mehr zu wollen? Gewiss würde Saix dies nicht tun. Das hier war ihm schon zu viel. Es war ja nicht so, dass er es nicht schön fand, im Gegenteil sogar, er mochte es ja irgendwie, aber sein Verstand sagte ihm eben dauernd, dass das falsch ist. Außerdem war es für Xemnas ohnehin nur ein Mittel zum Zweck, dem Saix noch unbekannt war. Richtig. Genau so war das.

… Ein wenig fragte sich der Blauhaarige, ob er sich das nur selbst einreden wollte.

Seufzend stand er nach ein paar Minuten wieder auf. Von diesem Tag hatte er definitiv genug und als er Richtung Badezimmer laufen wollte, hielt er inne, blickte geschockt zur Tür, da es ihm gerade dämmerte, wie er sein Licht behalten konnte. Denn gerade fiel ihm auf, dass er wieder nicht mal annähernd die Macht der Hölle spürte. Er fühlte sich erfrischt, warm, sein Geist war klar, wenn auch wegen Xemnas verwirrt, aber nicht wegen der Macht hier.

Und nun kam es ihm in den Sinn, dass er sich immer dann besser fühlte, wenn der Fürst in der Nähe war.

Das konnte aber nicht sein. Das war absurd. Xemnas war ein Gefallener, der Älteste der Gefallenen und er trug gewiss kein Licht mehr in sich, was das des Engels bewahren konnte. Nein, es musste Zufall sein.

Auch wenn Saix dies unwahrscheinlich fand, dass der Fürst selbst am Ende seine ‚Rettung‘ hier sein sollte, so nahm er sich vor, in Zukunft darauf zu achten.

Wäre ja noch schöner, wenn er am Ende zu ihm gehen musste, um ihm zu sagen:

„Meister, Ihr seid mein Licht.“

Klar, der Fürst der Hölle, das oberste Übel – er würde ihn mehr als nur auslachen.
 

# Kapitel 13 Ende #

Ein anderer Ort

# Kapitel 14 # Ein anderer Ort #

„Los, steh auf. Ich zeige dir etwas.“

Saix erwachte ziemlich schnell am Morgen aus seinem Schlaf, denn er wurde durch Xemnas‘ Macht einfach aus dem Bett geschleudert. Murrend richtete er sich auf, war aber hellwach. Im Ernst, einen besseren Wecker gab es mit absoluter Sicherheit nicht. Schnell schlüpfte er in seine schwarze Hose und sein schwarzes Hemd, zog im Laufen irgendwie seine Schuhe an, dann folgte er auch schon dem Fürsten. Dieser ging geradewegs aus dem Palast hinaus, was den Engel innerlich schon stöhnen ließ, denn ihm war der Palast deutlich lieber, immerhin ging es ihm dort besser als hier draußen. Trotzdem breitete er ohne Klagen seine Schwingen aus, erhob sich hinter Xemnas in die Luft, dessen schwarze Flügel mächtiger als die der Erzengel waren. Und so unglaublich schön und kräftig. Saix fühlte sich dagegen wirklich mickrig, dabei waren seine für einen Engel überdurchschnittlich groß. Aber auch an ihnen sah man den Druck der Hölle, denn die Federn waren etwas matter, sahen nicht mehr allzu geschmeidig aus, doch noch immer hatten sie diesen silberweißen Glanz, der von seiner inneren Reinheit zeugte.

Sie flogen eine ganze Weile. Vielleicht 2 Stunden, vielleicht auch 3. Saix hatte irgendwann kein Zeitgefühl mehr, denn es war anstrengend und je weiter sie sich von der Stadt entfernten, desto unangenehmer wurde ihm. Xemnas war schon ein ganzes Stück vorausgeflogen und deprimiert darüber, so langsam zu sein und nicht nachzukommen, ließ Saix an dem Überraschungsausflug die Lust verlieren.

Er schaute eine Weile Richtung Boden, der immer kahler und rötlicher wurde. Unwirtliches Gebiet, eines von vielen der Hölle. Hier lebte keine Seele.

Ab und an mal stand ein recht kahler Baum in der Landschaft, da war gerade eine trockenes Flussbett, ein ausgetrockneter See, Felsen… Und so ging es immer weiter.

Und dann plötzlich traf Saix ein  Schlag direkt zwischen die Schulterblätter und er fiel. Seine Flügel wollten ihm gerade nicht gehorchen, da seine Wirbelsäule sich wie gelähmt anfühlte, aber kurz bevor er auf den Boden aufprallte, konnte er immerhin seinen Sturz etwas abbremsen. Trotzdem war der Aufschlag auf den trockenen, harten Boden schmerzhaft und er brauchte einige Sekunden, um sich wieder hinzustellen.

Neben ihm landete der Höllenfürst.

„Du gibst nicht einmal auf deine Umgebung Acht. Du würdest hier allein nicht mal 2 Tage überleben. Wobei… Dämonen würden sich erst mal ein paar Tage an dir weiden, bis du selbst zu Grunde gehst.“

Oh, Xemnas war sauer. Das sah man ihm an. Seine Augen leuchteten geradezu gelb auf. Dieses Mal verbarg er seine Gefühle scheinbar nicht so sehr, wie sonst.

„Du bist verwöhnt, glaubst, nur weil du in meinem Palast lebst, bist du sicher.“

„Nein, ich“, setzte Saix an, aber eine Druckwelle fegte ihn nach hinten gegen einen großen Felsen.

„Unterbrich mich nicht! Und jetzt greif mich an! Es wird Zeit, dass dein Training wirklich beginnt, Kind.“

„Ich bin kein Kind.“, knurrte der Jüngere. Nun war auch er sauer. Hatte Xemnas ihn hergebracht, um mit ihm zu trainieren? Das hätte er doch auch anders angehen können. Aber anscheinend lernte er hier in der Hölle sein wahres Gesicht kennen. Dass das im Himmel nur Tarnung gewesen war, war ihm ja nun schon länger klar.

„Dann benimm dich nicht wie eines, sondern greif mich endlich an. Ich wiederhole mich nicht wieder.“

Xemnas verschwand von der Stelle, nur eine Sekunde danach hörte Saix hinter sich:

„Und normalerweise gar nicht.“

Und dann wurde der Engel erneut durch einen Schlag ein paar Meter weggeschleudert. Anscheinend tat sein Meister dies wirklich gerne. Oder er hatte eine gewisse Vorliebe seit gestern dafür entwickelt. Aber bevor ihn der nächste Schlag treffen konnte, sprang Saix hoch, wich schnell ein paar roten Energiekugeln aus, wobei aber eine seinen Flügel streifte. Zusammenzuckend flog er ein paar Meter von Xemnas weg auf den Boden, klappte die Schwingen ein, bevor sie noch mehr abbekamen und rollte sich zur Seite, um den nächsten Geschossen auszuweichen. Es war nicht direkt ein Kampf. Denn Saix kam auch nicht dazu, anzugreifen. Womit denn auch? Wobei… Er rief seine magischen Kugeln, mit denen er sonst immer Konzentrationsübungen machte und schoss sie den Roten entgegen. Beim Zusammenprall verpufften Beide mit einem lautlosen Schlag und so konzentrierte sich der Blauhaarige erst mal darauf, die Angriffe so abzufangen, während er gleichzeitig zwei Kugeln von hinten auf Xemnas losschickte. Dieser wich ihnen aber mühelos aus, obwohl er nicht mal einen Millimeter den Kopf gedreht hatte.

Ihr ‚Kampf‘ war nicht lange, aber dafür intensiv. Xemnas beschoss ihn recht schnell und häufig mit den Kugeln, sodass Saix kaum hinterherkam und sich irgendwann auch nur noch auf diese Geschosse konzentrieren konnte. Dann verschwand der Fürst plötzlich wieder von der Stelle und ein Schlag traf Saix im Nacken, der ihn zu Boden gehen ließ.

„Du passt nicht auf deine Umgebung auf.“

„Ich habe mich konzentriert.“

„In der Tat, aber nicht gut genug. Du hast dich auf meine Kugeln konzentriert, aber nicht auf mich. Wäre es anders gewesen, hättest du gesehen, dass ich mich einen Schritt weiter bewegt habe, der mir es ermöglichte, hinter dich zu kommen.“

Saix verstand nicht mal, was ein Schritt damit zu tun hatte, um Xemnas hinter ihn zu bringen, aber bestimmt hing es irgendwie mit den Teleportationssachen zusammen. Konnte ja sein, dass es da besondere Regeln gab.

Er fragte aber auch nicht nach.

Vor ihm erschien auf dem Boden wieder sein altbekanntes eisernes, schweres Schwert und seufzend hob er es auch. Xemnas hatte die leichtere Version in der Hand und kaum stand der Blauhaarige wieder aufrecht, musste dieser Schläge parierend zurückweichen und sie befanden sich in einem schnellen Waffenkampf. Nicht nur einmal bekam er einen Ellenbogen oder den Schwertknauf in die Seite, auf den Rücken oder die Breitseite des Schwertes gegen das Bein, Arm und sonst wohin. Es erinnerte ihn fast an Michaels erstes Waffentraining, aber hier konnte Saix wenigstens noch ausweichen und wirklich nur wenn er unkonzentriert war, wurde er getroffen. Er fand sich aber recht schnell ein, kam irgendwann mit dem Angriffsmuster zurecht und konnte mehr und mehr parieren oder ausweichen und zudem achtete er noch auf Xemnas und dieses Mal wich er geschickt aus, als dieser sich erneut hinter ihn teleportierte und zuschlug. Die Freude darüber verging aber schnell, da aus dem Grund auch die Konzentration stockte und mit was Saix eben nicht gerechnet hatte war, dass Xemnas sich einfach noch mal teleportierte und ihn niederschlug.

„Genug für heute. Ich sehe Fortschritte, doch deine Konzentration muss sich bessern. Du bist zu schnell unkonzentriert und abgelenkt.“

Die Übungswaffen verschwanden, ächzend stand der Jüngere auf, spürte so langsam jeden blauen Fleck, den er wohl morgen haben würde.

„Komm.“

Der Fürst erhob sich in die Lüfte, sein Schüler blickte ihm ungläubig nach. Wollten sie jetzt diese gut 3 Stunden zurückfliegen? Dazu reichten seine Kräfte nun wirklich nicht.

Aber Saix folgte ihm trotzdem, dabei fiel ihm aber auf, dass sie sich noch weiter vom Pandämonium entfernten. War er wirklich so verweichlicht, dass er auf den Schutz des Palastes vertraut hatte? Die Aussage von Xemnas störte ihn etwas, aber irgendwie stimmte es schon. Sie waren hier in der Hölle und bisher hatte Saix hier eher gut gelebt. Abgesehen von manchen Momenten, aber es hätte wirklich schlimmer sein können. Nun, was ja nicht ist, kann ja noch werden und im Moment sah es ganz danach aus, als würde es so werden…
 

Sie flogen eine halbe Stunde, dann landete Xemnas in einer Art Krater. Es war wie ein kilometergroßes Loch in blankem Fels. In diesem Krater war es grün, grüner als es im Himmel war und schöner als auf der Erde. Selbst ein kleiner Fluss floss dort aus einer Felsspalte heraus und floss auf der anderen Seite des Kraters wieder in den Fels hinein. Eine Baumgruppe gab es dort auch, ansonsten war alles eine riesige Wiese mit einem kleinen Haus am Felsrand. Als sie hinunterflogen spürte Saix die magische Barriere, die sie durchdrangen und es war ihm auch ohne diese schon klar gewesen, dass ohne magische Hilfe das hier nicht hätte entstehen können. Es war aber ein schöner, ruhiger Ort, gemütlich beinahe und vor allem abgelegen. Sehr abgelegen. Der Schild über ihnen leuchtete kurz auf, als sie den Boden vor dem Haus betraten und Xemnas ging direkt hinein, gefolgt von einem stutzigen Engel.

Innen drin war es fast genauso eingerichtet wie im Palast. Weiß, so wie das ganze Haus war, schlicht und selbst die Sitzgruppe war die Gleiche im Wohnzimmer, in welches sie zuerst kamen.

Aber hier gab es sogar ein paar Pflanzen. Ein paar Tonkrüge mit Blumen oder mit einfach nur ein bisschen Grün standen herum.

„Dein Zimmer ist die Treppe hoch, der Raum rechts. Das Bad ist in der Mitte des Flurs, alle anderen Zimmer oben sind für dich Tabu.“, erklärte Xemnas schlicht, als wäre das hier alles selbstverständlich. „Wenn du was zu essen willst, da ist die Küche.“ Er zeigte auf einen Raum neben ihnen. Essen in der Hölle war eh interessant. Bisher hatte Saix sich von Früchten und Obst ernähren können, auch Milch gab es zum Glück, aber er fragte sich, wo es herkam. Das hatte er noch nicht herausgefunden. Höllenbewohner aßen eigentlich nur Fleisch und solche Sachen, aber es wurde darauf bestanden, dass er sich weiterhin wie ein reiner Engel ernährte. Der Fürst schien wirklich viel darauf zu setzen, dass Saix seine Reinheit bewahrte.

„Folge mir.“

Der Himmelsbewohner gehorchte kommentarlos. Sie gingen wieder hinaus, einen Steinpfad entlang zur Felswand, wo ein größerer Felsen lag, den Xemnas magisch zur Seite schob. Ein Zugang wurde frei und als sie durch diesen gingen, standen sie eine Minute später in einer Höhle. Diese Höhle war noch magischer als alles, was dort draußen im Krater war. Hier war alles voll von Magie und mehr als nur deutlich zu spüren.

Bunte Kristalle hafteten an den Wänden in allen möglichen Farben. In der Mitte dieser Höhle, die von diesen Kristallen gleichzeitig erleuchtet wurde, war ein See, der sich bis ans Ende streckte, wo ein kleiner Wasserfall leise herab plätscherte. Auch wuchsen hier große Blumen, Farne und Sträucher in manchen Bereichen. Der Boden war ein normaler Grasboden, nur um den See war Stein.

Es war mehr als nur himmlisch schön und langsam konnte Saix auch die Mondmagie hier drin fühlen.

Auch fühlte er sich seltsam erfrischt, zumindest immer erholter, je länger sie hier standen.

„Diese Höhle passt sich denjenigen an, die sie betreten. Dein Element ist die Macht des Mondes, darum spürst du hier Mondmagie. Sie wird sich verstärken und dich zu neuen Kräften kommen lassen, aber richtig heilen tut sie nicht. Nicht körperlich jedenfalls. Die Höhle habe ich dazu geschaffen, damit du dich hier von der Macht der Hölle erholen kannst. Deine eigene Magie sollte dir Stütze genug sein.“

Saix starrte ihn an.

Ihr habt dieses Paradies hier erschaffen?“, fragte er ungläubig und der Fürst hob kaum merklich eine Augenbraue.

„Glaubst du, der Herr kann hier in der Hölle etwas erschaffen? Einen solch mächtigen Ort – dazu wäre er ohnehin nicht fähig.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich komme morgen früh wieder und dann werden wir uns deinem Training widmen. Und das einige Tage am Stück.“

„Warum ist es so wichtig, dass ich trainiere?“, fragte Saix nun, da er das alles langsam immer komischer fand. „Was ist Euer Plan?“

Lange blickte er in die goldenen Augen, die ihn einfach nur anschauten, ohne, dass er eine Antwort erhielt, bis Xemnas schließlich sagte:

„Dazu ist es noch zu früh. Begnüge dich mit der Antwort, dass ich die Abwechslung einfach… genieße. Und nun erhole dich bis morgen.“

Obwohl er anscheinend gehen wollte, blieb der Fürst noch stehen, schaute seinen Schüler abwartend an, der den Blick nur fragend quittierte, doch dann hielt ihm Xemnas die Hand hin und er nahm sie zögernd, befand sich im nächsten Augenblick in dessen Arme innerhalb eines weiteren Kusses. Ach ja… er wollte ja jedes Mal einen, wenn sie auseinander gingen. Und Xemnas wollte weg.

Saix wurde gegen die Felswand gedrückt, dieses Mal dauerte der intensive Kuss länger und es jagte ihm eine Hitze in den Körper, die er so an sich nicht kannte, aber gerade, als er glaubte es konnte nicht mehr heißer werden, da wandte sich der Ältere einfach um und ging wieder wortlos, ließ einen Engel auf zittrigen Beinen zurück, dessen Verstand erst einmal wieder einige Minuten brauchte, um wieder auf ein normales Level zu kommen.

Warum musste sich so ein Kuss aber auch so verdammt gut anfühlen?
 

# Kapitel 14 Ende #

Seelensplitter

# Kapitel 15 # Seelensplitter #

„Verzeiht mir, oh Herr, denn ich bin ein Sünder. Ich werde vom Teufel geküsst und finde Gefallen daran. Habt Ihr mich deshalb vom Himmel ausgeschlossen? Was ist Euer Plan, wieso lasst Ihr mich nicht zurück? Wolltet Ihr mich mit Lea zusammenführen? Ich habe ihn gefunden und obwohl er gefallen ist, kann er doch sicher auch wieder in den Himmel zurück, oder? Ich trage die Kleidung der Hölle, doch mein Herz sehnt sich nach dem Licht des Himmels, meine Seele ist rein, mein Geist verwirrt. Warum kann ich nicht zurück?“

Es war der dritte Abend seitdem Saix mit seinem Mentor und Meister in dem kleinen Paradies in der Hölle angekommen war. Das erste Mal, seitdem der Engel in der Hölle war, betete er direkt zu Gott, sprach ihn an, doch dieser blieb stumm. Keine Antwort, kein Zeichen, nichts.

Seufzend stand der Engel auf, legte sich auf das Bett und blickte zur Decke, während er versuchte, das Pochen mancher dunkelblauen, schon schwarzen Flecken an seinem Körper zu ignorieren. Xemnas schonte ihn nicht, was das Training betraf, schien sich sogar selbst dabei abzureagieren und es erinnerte Saix entfernt an Michael, doch mit einem großen Unterschied: bei Xemnas strengte er sich mehr an, weil er Angst hatte, zu versagen und noch mehr abzubekommen, denn wo Michael hart war, da war der Höllenfürst gnadenlos.

Saix war auch vor rund einer Stunde erst hier in seinem Zimmer aufgewacht. Gestern war das Gleiche gewesen. Irgendeinen Angriff hatte er nicht mehr abwenden können und dann war der Kampf vorbei und er später hier aufgewacht und Xemnas fort. Deprimierend.

Er merkte nicht einmal, wie viel besser er durch dieses Training wurde, für ihn wirkte es einfach nur wie eine Folter, die sich über den ganzen Tag hinweg zog. Immerhin kam er drum herum, den Fürst zu küssen, wenn er beim Kampf das Bewusstsein verlor. Denn auch wenn diese Küsse ein angenehmes Kribbeln in ihm hinterließen, so waren sie dennoch eine Sünde.

Ob er morgen wieder so hart trainieren müsste? Wahrscheinlich. Was gab es sonst noch hier zu tun, außer zu trainieren – und das ohne wirkliches Ziel. Der Fürst schien ja damit was bezwecken zu wollen, Saix spielte nur mit, weil er sich sagte, dass er Lea somit vielleicht schneller wieder sah, doch einen wirklichen Grund sich so verprügeln zu lassen hatte er selbst nicht.
 

Am nächsten Morgen saß er in der Küche und trank ein Glas Milch, während er ein paar Apfelstückchen aß, als Xemnas herein kam. Über Nacht war er wohl im Palast oder erledigte sonst etwas. Allerdings nutzte er dunkle Portale, die Saix schon mehrmals gesehen hatte, anstatt immer die ganze Strecke zurück zu fliegen – was ja auch viel umständlicher wäre.

Unter seinem Arm trug er zwei dickere Bücher, die er auf den Tisch legte, ehe er sich gegen die Wand lehnte und seinen Schüler zu mustern schien, dessen Arme mehr dunkel waren, als die normalerweise sehr helle Haut und unter dem ärmellosen Oberteil hervorlugten.

„Heute fällt das Training aus.“, sagte er dann monotoner klingend als die letzten Tage, wo in jedem Wort einen Hauch Wut zu spüren gewesen war.

„Wir werden uns stattdessen ein wenig Lektüre widmen. Da du nun in der Hölle lebst, solltest du mehr über sie und deren Bewohner erfahren.“

Oh, da hatte der Engel absolut nichts dagegen. Sicher nicht. Er aß schnell auf und machte sein Glas und Teller sauber und dann ging er zusammen mit Xemnas ins Wohnzimmer, wo er auf der Couch Platz nahm, sein Meister in einem der beiden Sessel.

Sie gingen den ganzen Tag Punkte durch, die es wert zu wissen waren, um in der Hölle zu überleben.

Da war zum Beispiel der große Punkt der Pakte, mit denen sich die Dämonen teilweise gegenseitig ausspielen wollten, denn das war hier ihre einzige Chance auf legale Weiße an die Seele eines anderen Dämons zu kommen, da es verboten war und mit dem Tod bestraft wurde, hier gegenseitig Seelen zu fressen. Es würde sonst nur noch Mord und Todschlag unter dem Volk geben und das musste eben eingedämmt werden. Seelen waren eine Machtquelle. Darum suchten sich Dämonen auch willensschwache Menschen, um mit ihnen Pakte zu schließen und ihre Seelen zu nehmen. Für Saix war wichtig, dass er mit keinem einen Pakt schloss oder selbst einen abschloss – der mit Xemnas war die einzige Ausnahme und dieser schützte ihn ja eher hier in der Hölle, als dass er ihm schadete. Mehr oder weniger. Man hätte dabei das Kleingedruckte lesen sollen: Xemnas schützte ihn durch den Pakt vor allen, außer vor sich selbst. Das Training hier war nun das beste Beispiel.

Sie gingen weitere Regeln der Hölle durch, an die sich Saix wohl am nächsten Tag schon nicht mehr erinnern würde, aber zum Glück stand alles in dem Buch. Schließlich aber erzählte ihm Xemnas von der Erschaffung und dem wirklichen Aufbau der Hölle.

Wo die Hölle direkt war, konnte man nicht sagen. Es war ein Reich innerhalb einer Welt. Wenn man bis weit über die Wolken flog, würde man an eine Decke stoßen. Innerhalb gab es eine Sonne und einen Mond, die um die Welt kreiste, die die Hölle war. Ein Planetensystem eingeschlossen von undurchdringlichem Gestein. Hinaus und hinein kam man nur durch Portale oder das Höllentor. Das Höllentor war allerdings auch nichts anderes als ein großes Portal, welches zur Erde führte.  Alles hier – das ganze System – wurde von Xemnas bei seinem Sturz selbst erschaffen, was nur noch mehr von seiner Macht zeugte. Doch dies lag Äonen zurück.

Dämonen waren die Kinder von Engeln, die zusammen mit dem Lichtbringer damals gestürzt wurden und sich an die unwirtlichen Bedingungen hier angepasst haben. Auch bestand ein Großteil der Dämonen aus dem Nachwuchs von Engeln und Menschen und den aufgenommenen Seelen von Tieren. Saix selbst vermutete für sich, dass die Tiergestalten einfach praktischer waren, um zum Beispiel weite Entfernungen zurückzulegen, denn nicht alle gefallenen Engel hatten Flügel und mussten sich so anpassen. Doch von den damals wirklich gefallenen Engeln gab es nur noch wenige, zwei um genau zu sein – abgesehen von Xemnas selbst, der auch ein Erzengel gewesen war – und diese beiden waren die II und die III der XIII, Xigbar und Xaldin.

Ansonsten erklärte er ihm noch ein paar unwesentlichere Dinge und ließ Saix passende Passagen aus dem Buch vorlesen, um ihn in der Höllenschrift zu testen. Sie sprachen jedoch in der Gemeinsprache, da es einfacher war. Die Höllensprache war selbst in der Hölle nicht die normale Redensart.
 

So war es ziemlich schnell Abend geworden und abschließend fragte der Fürst:

„Hast du noch Fragen zu meinem Reich?“

Saix blickte ihn etwas überrascht an, als er die Frage gestellt bekam. Dies kam natürlich plötzlich und Fragen hatte er an sich schon, aber so auf die Schnelle war das immer so eine Sache. Vor allem fragte er sich, bei was Xemnas ihn nicht auslachen würde. Wobei, bei keiner Frage, denn Xemnas lachte nicht. Ein angedeutetes Lächeln war wohl das höchste aller Gefühle, was dieser hinbekam und dann war es wohl ohnehin nur gespielt.

„Nun, im Himmel sagte man, Dämonen seien ziemlich hässliche, groteske Kreaturen. Ich habe die Engel auch über sie reden hören, als sei es wirklich so, als wir auf der Erde diesen Kriegszug gemacht haben, bevor ich hierher kam. Ich aber sah sie als schöne Wesen, weder rot, noch verkrüppelt oder sonstiges.“

Hier in der Hölle hatte er noch nicht wirklich viele gesehen, aber wenn, dann ging es auch eher in die ‚hübschere‘ Richtung. Die Mischgestalten, die halb-tier und halb-mensch waren, waren etwas gewöhnungsbedürftig, jedoch nicht als hässlich zu bezeichnen.

Xemnas sah ihn lange an, ohne etwas zu sagen. Sekunden, Minuten.

Die Stille wurde geradezu unangenehm und Saix fragte sich, ob er etwas Falsches gefragt hatte. Dann aber verfinsterte sich die Miene des Fürsten, seine Augen wurden leicht heller und dann stand er abrupt auf, umrundete den kleinen Couchtisch, der zwischen ihnen stand und packte den überrumpelten Himmelsbewohner am Hals, drückte leicht zu, während er zischte:

„Wenn ich das früher gewusst hätte! Ist das also der Plan des Herrn?! Hat er dich deshalb in mein Reich gelotst? Sag mir, was du weißt! Du sagtest, du wurdest erschaffen, aber weißt du auch von wem dein Seelenstück ist?! Ich dachte, du seist ein einfacher, erschaffener Engel von irgendeiner einfachen, dummen Seele!“

Oh, Xemnas war wütend. Sehr sogar. Das Zimmer schien sogar etwas dunkler zu werden, seine Macht war spürbar, da sie alles andere verdrängte und ‚nichts‘  zurückließ. Er ließ den Engel los, der gerade versuchen wollte, die Hand von seinem Hals zu drücken, denn Luft brauchte sogar er zum Atmen.

„Ich hätte es ahnen müssen! Ich war so blind! Nun ergibt das alles einen Sinn!“, zischte der Fürst. So kannte Saix ihn absolut nicht. Normal beherrschte er sich nämlich, nur selten kamen seine Gefühle wirklich zum Vorschein und noch seltener auf eine solche Art. Aber Xemnas schien gerade dabei, sich zu beherrschen, denn die Stimmung im Raum wurde etwas neutraler, seine mächtige Ausstrahlung schwächer.

Tief atmete er ein und aus, schüttelte dabei einmal leicht den Kopf und blickte den Blauhaarigen dann an, der nicht zu fragen wagte, was denn einen Sinn ergab. Er verstand absolut keinen Zusammenhang zwischen seiner Frage und Xemnas‘ Reaktion und noch weniger in Bezug auf dessen Worte.

„Komm her.“

Unsicher gehorchte Saix, stand auf und trat zu ihm heran. Der Fürst legte einen Arm um seine Hüfte, zog ihn an sich, die freie Hand vergrub er in Saix‘ Haar, um seinen Kopf festzuhalten und schon fand sich der Jüngere wieder in einem Kuss. Er spürte anfangs die Aggressivität, die aber langsam weniger wurde, bis Xemnas ihn geradezu sanft und betörend küsste. Vorsichtig legte Saix seine Hände auf dessen Hüfte, wurde eine Sekunde danach gegen die Wand gedrückt und ein Knie schob sich zwischen seine Beine, drückte gegen seinen Schritt, was ihn die Augen aufreißen ließ. Vielleicht aber auch, weil Xemnas nun, den Kuss beendend, noch beide Hände um seinen Hals legte und etwas zudrückte.

Der Engel krallte die Finger in dessen Handgelenke, blickte ihn entsetzt an.

„Meister…?“, fragte er unsicher.

„Ich war so blind.“, wiederholte Xemnas, dieses Mal aber ruhig und gefasst. „Dabei gab es nur diese Erklärung. Oder? Nein, sonst würde ich Braig – nein, das war nie der Fall. Nicht auszudenken…“

Es war wohl noch seltener, dass er laut überlegte, als dass er Gefühle nicht mehr unter Kontrolle hatte. Noch war sein Griff nicht allzu fest, noch bekam Saix Luft, auch wenn es ihm langsam wirklich unangenehm wurde.

„Warum also…? Was ist sein Plan? Selbst deine Augen zeugen nicht davon. Nichts an dir sieht danach aus und doch gibt es nur diese Erklärung.“

„Was denn? Ich verstehe nicht.“ Langsam wurde es Saix zu nervig. Immer diese Rätsel. Mit jedem Satz kamen noch mehr Rätsel dazu.

„Natürlich verstehst du nicht.“  Er wurde losgelassen. Noch immer waren die Augen des Fürsten gelblich vor Wut. Das waren sie immer. Wenn die Wut verebben würde, würden sie dunkler werden und ein schönes Gold annehmen.

„Und es ist mir egal, weshalb du hier bist, wer du bist und von wem deine verdammte Seele abstammt. Du gehörst mir. Nur mir allein und ich werde jeden Vernichten, der mir in die Quere kommt.“

Bei den letzten Worten packte er Saix am Handgelenk, zog ihn zu sich, küsste ihn erneut und dieses Mal hielt er ihn so fest, dass er sich gar nicht rühren konnte, sondern nur an Xemnas gepresst dastand, die Augen geweitet und nicht wissend, ob er den Kuss gerade genießen konnte, so überrascht und verwirrt wie er war. Doch Xemnas schien sich dabei abzureagieren, denn er schien ruhiger zu werden.

So plötzlich er den Kuss auch angefangen hatte, so schnell beendete er ihn auch wieder, hielt den Engel aber noch immer fest an sich gedrückt und sah ihm in die Augen, bevor er leise, aber bestimmt sagte:

„Du bist mein und es wird Zeit, dass du das auch verstehst.“
 

# Kapitel 15 Ende #

Heiße Sünde

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Der Fall

# Kapitel 17 # Der Fall #
 

Wie lange er geduscht hatte, das wusste Saix nicht, aber es war lange. Eine ganze Weile war er nur auf dem Boden gesessen und hatte sich geschämt, sich selbst fertig gemacht, weil er zugelassen hatte, dass Xemnas mit ihm machen konnte, was er wollte. Nun, wo sein Kopf wieder normal tickte, verstand er nicht, wieso und warum das überhaupt passiert war.

Warum hatte er so einfach nachgegeben?

Warum hatte er sich nicht gewehrt?

Warum hatte er es sogar gemocht?

Und vor allem: wieso hatte er sich so verführen lassen?

Es war eine Sünde! Und er hatte es genossen und damit erst recht gesündigt.

Fragen über Fragen, die ihm im Kopf rumgeisterten. Er war müde und ausgelaugt und zugleich innerlich zu aufgedreht, um wirklich Ruhe finden zu können. Selbst als er in seinem Bett lag brauchte er lange, um überhaupt ein wenig Schlaf zu finden. Der Fürst hatte wohl sowas wie Verständnis gehabt, als Saix mit hochrotem Kopf die Frage verneint hatte, ob er bei ihm schlafen wollte und dann war der Engel auch schon in sein Zimmer geflohen  - nachdem er ihr Badezimmer für gute 2 Stunden blockiert hatte.
 

Am nächsten Morgen war Saix ehrlich überrascht, dass seine Flügel noch immer ihren alten Glanz hatten. Er bildete es sich wohl ein, aber er fand sie fast sogar ein wenig schöner.

Für ihn blieb nun aber die Frage, wie er sich nun Xemnas gegenüber verhalten sollte. Er hasste ihn einerseits dafür, dass er ihn so weit gebracht hatte, andererseits schalt sich Saix selbst, da er keine Gegenwehr außer ein halbherziges „Nein, ich will nicht!“ entgegengebracht hatte. Wobei sich der Fürst wohl so oder so genommen hätte, was er wollte…

Schließlich traute sich der Blauhaarige doch hinunter, wo sein Meister schon im Wohnzimmer saß und in einem Buch las.

„Morgen.“, murmelte er und Xemnas nickte nur. Das war seine Art der Begrüßung. Mittlerweile war Saix es gewohnt. Dann herrschte Stille.

War dem Engel auch lieber, weshalb er direkt in die Küche schlüpfte und dort Frühstückte und sich dabei sehr viel Zeit ließ. Irgendwann stand der Fürst aber vor ihm und sagte:

„Die nächsten Tage wirst du abwechselnd trainieren und Schriften studieren. Es gibt viele Bücher über die Hölle und deren Regeln, die du zu verinnerlichen hast. Du sollst verstehen, wieso das alles hier existiert und wieso Teufel nach den Seelen der Menschen lechzen und die Erde uns egal ist. Du sollst die Unterschiede zu Himmel und Hölle kennen und verstehen.“

Er redete also normal mit ihm. Gut so. Damit konnte Saix irgendwie umgehen. Das glaubte er jedenfalls… Besser, als wenn Xemnas ihn dauernd in Verlegenheit brachte und vielleicht war das gestern ja auch eine einmalige Sache gewesen. Ja, bestimmt war es das! Hieß es nicht, Höllenbewohner waren nur auf Jungfrauen fixiert? Nun, es war nun mal Saix‘ erstes Mal gewesen und jetzt war er sicherlich uninteressant.

„Ich werde meistens bis abends unterwegs sein.“, fuhr der Silberhaarige fort. „Da du mir gehörst, wünsche ich deine Gesellschaft, wenn mir danach ist.“ Okay, vielleicht doch nicht uninteressant…

„Aber ich bin doch die ganze Zeit hier.“, meinte Saix.

Er konnte ein leises Schnauben vernehmen, dann hob Xemnas seinen Kopf an, küsste ihn kurz, aber innig, was Saix etwas zusammenzucken ließ.

„Du weißt, welche Art von Gesellschaft ich meine. Glaube nicht, das gestern war eine einmalige Sache. Du gehörst mir, mein Engel.“

Dann lief er Richtung Tür, während er sagte:

„Auf dem Tisch liegen Bücher. Fang an sie zu lesen.“

Und schon war er verschwunden, ließ einen niedergeschlagenen Engel zurück, dessen gerade gewonnene Hoffnung im gleichen Moment wieder zerstört worden war.

Dementsprechend unkonzentriert war er den ganzen Tag über. Er begann zwar damit ein Buch zu lesen, aber irgendwann saß er draußen auf der Wiese und blickte zum Himmel empor und dachte über sein Leben im Moment nach. Alle hatten irgendwie Pläne mit ihm, von denen er selbst nichts wusste und ihm blieb nichts anderes übrig, als mitzuziehen. Seine einzige Bezugsperson im Moment war der Höllenfürst persönlich, Lea wusste wohl nicht mal wo sie waren.

Und wieso war er eigentlich hier? Wahrscheinlich war er am Ende nur als Bettspielzeug für den Fürsten gedacht. Was war das hier eigentlich? Dieser Krater hier war doch nichts anderes als ein Gefängnis für einen Engel als Haustier.

Klar, es hatte sich wirklich nicht mal schlecht angefühlt, sogar wirklich gut, aber trotzdem!

Frustriert dachte Saix über all das noch eine Weile nach, bis er hinein ging und noch mal durch den Bücherstapel schaute um sich abzulenken. Da war ein Buch, was ihm die Röte ins Gesicht trieb, als er es aufschlug. Ein Bild zweier Dämonen – so sicher war er sich da nicht – prangte ihm entgegen, die aber gerade einen unsittlichen Akt vollführten. Der Kerl hatte gerade die ‚Dame‘ hier bestiegen wie ein Hund eine Hündin. Mehr fiel dem Engel dazu nicht ein, der geradezu geschockt auf die Illustration blickte. Er schluckte, blätterte vorsichtig eine Seite weiter und da war wieder eine Zeichnung von den Beiden, dieses Mal aber eine andere Stellung. Die Dämonin saß auf Knien vor dem Dämon und- ja, was? Hatte sein… im Mund???

Saix‘ Augen waren groß. Er fand das hier abstoßend, entsetzlich, peinlich und noch so viel mehr und doch war er neugierig und las den Text in Dämonenschrift neben dran:
 

Der Mann hat am Penis drei Stellen, die sehr erregbar sind. Dazu gehört das Frenulum, auch Bändchen genannt, das unter der Eichel auf der körperabgewandten Seite ist. Die Naht am Penis, die vom Hodensack zur Eichel verläuft, ist ebenfalls sehr empfindlich. Auch den Hoden sollte Beachtung geschenkt werden. Um ihm maximale Freude zu bereiten, umspiele die Eichel mit der Zunge. Sauge sanft daran, dann wieder fester. Schließe die Lippen um den Penis und schiebe ihn tief in den Mund.“
 

Mit einem lauten Knall war das Buch zu und er stellte es schnell in das Bücherregal.

Das konnte doch nicht deren ernst sein? Bei allen Himmeln und des Licht Gottes, das musste doch vom Teufel selbst kommen, so etwas zu tun!

Saix dachte noch mal über seinen geschockten Gedanken nach und seufzte. Er war hier in der Hölle. Hier gab es Teufel und Dämonen… Natürlich kam das von denen. Aber das bestätigte wohl, was man sich im Himmel so über sie erzählte. Wobei nicht alles stimmte, wie er schon festgestellt hatte. Immerhin sah er die Dämonen anders als die Engel.

Wo er wieder an den Punkt kam, bei dem gestern das alles angefangen hatte. Xemnas hatte was davon geredet, dass er die ganze Zeit über blind gewesen sei, dass Saix‘ Seele von irgendwem abstammte. Aber dazu hatte er nichts weiter gesagt, was genau denn so offensichtlich sei.

Stammte er am Ende von Lucifer selbst ab? Das war absurd.

>Aber weißt du auch von wem dein Seelenstück ist?! Ich dachte, du seist ein einfacher, erschaffener Engel von irgendeiner einfachen, dummen Seele!<

>Selbst deine Augen zeugen nicht davon. Nichts an dir sieht danach aus und doch gibt es nur diese Erklärung.<

Nein, Saix kam hier nicht weiter. Aber diese Gedanken lenkten ihm von dem Bild – und dem Text – ab, welches er gerade gesehen hatte, doch es brachte nichts. Er kam keinen Schritt weiter.

Also setzte er sich hin, durchsuchte den Bücherstapel nach weiteren, verräterischen und seltsam aussehenden Büchern, doch alle anderen waren über die Hölle. Wieso sich ein so komisches wie das eben unter ihnen befunden hatte war ihm ein Rätsel. Und wieso Xemnas sowas besaß, nun, das wollte er eigentlich gar nicht wissen, aber wer wusste schon, was in einem Höllenbewohner vor sich ging.

So lernte der Blauhaarige an diesem Tag noch etwas Allgemeines über seine neue Heimat – wenn man es so nennen konnte.
 

Lucifer hatte sich damals gegen seinen Vater aufgelehnt, als die Menschen erschaffen wurden. Immerhin befahl man den Engeln einer niederen Rasse ohne besondere Fähigkeiten zu dienen. Nicht einmal in der Lage Feuer zu machen waren diese unbegabten Kreaturen gewesen, nein, sie brauchten erst einen Hinweis des Engels Prometheus, der ihnen die Flammen brachte. Ihnen zu dienen war ausgeschlossen gewesen und so entbrannte ein Streit zwischen zwei Parteien. Lucifer hatte wohl viele um sich scharen können, die der gleichen Meinung gewesen waren und so entbrannte der erste Krieg, den der Lichtbringer verlor und von Michael als erster Himmelsbewohner gestürzt wurde. Es folgten seine engeren Vertrauten, sowie ein paar der anderen Engel und viele überlebten den Sturz, viele starben beim Verlust des göttlichen Lichtes.

Sie suchten ein neues Heim und irgendwo – wo genau, das weiß man bis heute nicht – erschuf der gefallene Lucifer mit seiner Macht die Hölle, damals noch kleiner, doch mit der Zeit wurde sie immer größer. Allein dies zeugte nur von seiner Macht.

Er nannte sich von da an Xemnas, löste sich komplett von seinem alten Ich. Die Engel Braig und Dilan wurden seine II und seine III seiner sogenannten XIII und waren fortan Xigbar und Xaldin. Anfangs hatten manche Positionen der XIII wechselnde Personen, doch irgendwann ließ er die Positionen einfach offen. Jede Nummer schien eine bestimmte Aufgabe zu haben, eine war nie besetzt worden oder manche über Jahrhunderte hinweg leer.

In dem Buch folgte darauf eine namentliche Gliederung aller XIII bis hin zum heutigen Datum, doch auffällig war, dass es für die VII noch nie jemanden gegeben hatte und bei manchen lange, zeitliche Lücken gab, teilweise sogar über 3000 Jahre hinweg. Lea  - oder nun eben Axel, doch Saix nannte ihn weiterhin Lea, so wie Lea ihn Isa nannte – war eben erst seit kurzem die Nummer VIII und sein Vorgänger lag 2300 Jahre zurück. Für die Positionen II und III war nur ein Name  drin. Häufig wechselten die Mitglieder scheinbar ohnehin nicht, denn die XII war mit 4 verschiedenen Besetzungen am Meisten besetzt worden.

Interessant, so etwas in einem solchen Buch zu finden, doch daraus schloss Saix, dass die XIII eben hoch angesehen waren und eine hohe Stellung auch unter den Dämonen und damit dem Volk hatte.

Weiterhin stand geschrieben, dass fast jeder XIII einen der 9 Bezirke der Hölle betreute und verwaltete.

Okay, vielleicht sollte er Lea mehr Respekt entgegenbringen. Bei dem Gedanken musste der Engel leicht lächeln, denn es war einfach eine absurde Vorstellung.

Danach folgte wieder eine geschichtliche Tabelle. Abgesehen von dem Krieg, bei dem der Morgenstern gestürzt worden war, gab es noch zwei Kriege in der Vergangenheit zwischen Himmel und Hölle, bei denen die Hölle jeweils unterlag, jedoch dem Himmel sehr viele Engel gekostet hatten. Nun, das war auch Saix bereits bekannt, denn dies hatte er immerhin zur Genüge selbst studiert.

Im Moment war die Erde wieder ins Zentrum der Dämonen gerückt, denn sie brauchten Seelen, um sich zu stärken und schlossen somit Pakte mit leichtgläubigen Menschen, die es zur Genüge in dieser Welt gab. Die Engel zogen sich immer weiter zurück und somit hatten die Höllenbewohner eben freies Feld.

Das Schlimme an dieser ganzen Sache war, dass Saix es irgendwie nachvollziehen konnte. Sein Wunsch war es schon immer gewesen, ein Krieger zu werden, um das Sanctum zu verteidigen, nie aber hatte er Gedanken an die Menschen verschwendet, ohne wirklich etwas von ihnen zu wissen. Er wäre auch nie auf die Idee gekommen, ein Schutzengel zu werden, was so viele werden wollten, aber es gab einfach zu wenige Engel dafür.
 

„Morgen werden wir wieder trainieren. Härter als bisher.“

Saix hielt vor Schreck kurz die Luft an, als Xemnas‘ plötzliche, kalte Stimme hinter ihm war. Er hatte ihn nicht mal kommen hören! War er überhaupt durch die Tür- Nein, er hatte sich wohl reinteleportiert.

Und der Fürst klang nicht wohlgestimmt.

„Ich habe dich bei einem Turnier angemeldet. Es wird in einem Jahr stattfinden und du wirst es gewinnen.“

„Bitte, was?!“

Gelbe Augen funkelten ihn an. Okay, er war absolut nicht in guter Stimmung.

„Ich kann keinen in meiner Nähe gebrauchen, der nicht in der Lage ist, sich in der Hölle einen Namen zu machen und dies funktioniert hier am besten bei einem Turnier. Außerdem ist es vielleicht ein Ansporn für dich besser zu werden.“

Wohl aber nur, weil Xemnas wohl alles andere als gut drauf sein würde, wenn Saix es verlieren sollte.

„Wieso kommt das nun so plötzlich?“, fragte Saix vorsichtig, legte das Buch auf den Tisch und stand langsam auf.

„Weil ich mir nicht von einem meiner Leute etwas vorschreiben lasse und die II hat sich mit seiner Aussage über dich weit aus dem Fenster gelehnt. Er kann froh sein, dass er noch existiert!“, knurrte der Fürst, der sich scheinbar aber noch recht gut unter Kontrolle hatte, obwohl er so wütend schien.

„Was sagte er denn?“

Xemnas fauchte geradezu untypisch für ihn, seine Hände waren zu Fäusten geballt und der Engel widerstand dabei dem Drang, zurückzuweichen:

„Ich würde mich zu dir hingezogen fühlen, was völlig absurd ist, weil unsere beiden Seelen vom Herrn abstammen, du aber keine Qualitäten aufweist, die ein Dasein hier in der Hölle berechtigen würden!“

Klar, und ‚Macht‘ stand hier an der obersten Stelle und davon hatte Saix vergleichsweise recht wenig.

Nun, zumindest hatte sich gerade geklärt, was die Sache betraf, von wem seine Seele abstammte… Und er wusste gerade nicht, ob er darüber geschockt sein oder sich geehrt fühlen sollte.
 

# Kapitel 17 Ende #
 

Die Claymore

# Kapitel 18 # Die Claymore #
 

„Was bedeutet es für mich, dass ich quasi direkt vom Herrn abstamme, so wie Ihr? Heißt das, ich bin aus dem Grund schon mächtig? Setzte Erzengel Michael deswegen so viel in mich?“, fragte der junge Engel, nachdem Xemnas etwas von seiner Laune runtergekommen war und mit einem Kaffee in seinem Sessel im Wohnzimmer saß, während Saix auf der Couch Platz genommen hatte.

Der Fürst sah ihn nach dieser Frage lange an, schien selbst darüber oder über etwas anderes nachzudenken, bis er schließlich antwortete:

„Ja, es wäre möglich, dass Michael so dachte, es würde zu ihm passen. Aber mächtig? Nein, das muss nicht unbedingt sein. Natürlich steckt in dir ungewöhnliches Potential, doch es liegt an dir, dieses zu entwickeln und zu nutzen. Nun, für den Himmel spielt es keine Rolle mehr, denn von dort wurdest du verbannt. Du gehörst nun mir.“

Für Xemnas schien dies eine Selbstverständlichkeit zu sein, die Saix seufzen ließ. Er wollte lieber Herr über sich selbst sein und nicht, dass man über ihn bestimmte, aber im Moment hatte er wirklich keine Wahl, als zu gehorchen. Der Höllenfürst selbst war sein einziger Bezugspunkt, Lea wusste wohl nicht mal, wo er war und so musste er sich beugen. Machte es am Ende eigentlich einen Unterschied, ob er unter Michael trainierte oder unter Xemnas? So sicher, wer von beiden die ‚bessere‘ Wahl war, war sich der Blauhaarige mittlerweile nicht mehr. Im Himmel würde er wenigstens wissen, dass sein Training der Verteidigung des Sanctums diente, aber hier?

„Und das Turnier? Ich soll es nur gewinnen, um Ansehen in der Hölle zu erhalten? Wozu? Ich bin ein Engel.“

„Ein Engel, dessen Heimat die Hölle ist. Ich setzte große Erwartungen in dich, natürlich plane ich auch etwas, aber es ist viel zu früh, dir dies näher zu erläutern.“

Sie hatten selten so neutrale, einfache Gespräche und es tat mal gut, nicht nur herumgescheucht zu werden oder Xemnas‘ Laune ausgesetzt zu sein. Darum wollte Saix diesen Moment hier gerade ausnutzen, um vielleicht etwas mehr zu erfahren.

„Kann ich einer der XIII werden?“, fragte er einfach rundheraus und der Fürst lachte einmal trocken auf. So abwegig fand Saix gar nicht, immerhin war Lea auch einer von ihnen und was Lea konnte, konnte er auch!

„Geh ins Bett. Morgen wird ein harter Tag für dich, Engel.“

Das Gespräch war beendet. Das hörte der Angesprochene schon an der Tonlage, weshalb er mit einem unterdrückten Seufzen nickte und aufstand. Als er an Xemnas vorbeigehen wollte, wurde er am Handgelenk gepackt und zu ihm gezogen, fand sich in einem Kuss wieder, bei dem er sich versteifte, sich aber nach Sekunden ein wenig entspannte und innerlich seufzend nachgab.

Xemnas spielte mit ihm. So viel war ihm bewusst und er mochte es nicht, ein Spielzeug zu sein. Trotzdem fügte er sich seinem Schicksal, allein um Lea noch mal zu sehen.
 

Aufgrund des ganzen Trainings in den nächsten Tagen blieben solche ‚Zärtlichkeiten‘ jedoch aus – nicht, dass Saix etwas dagegen hätte. Er trainierte mit dem Fürsten und das fast rund um die Uhr mit wenigen Pausen und auch sehr effektiv. Allerdings war der Engel dauerhaft sehr gereizt, da er kaum mitkam und wenn er dachte, dass Michael hart gewesen wäre, so hatte er Xemnas‘ wahre Einstellung noch nicht gesehen.

Dieser scheuchte ihn von einer Trainingseinheit in die Andere, kommentierte eigentlich gar nichts und gerade das und sein kühler Blick ließ in Saix eine seltsame Wut aufkommen. Der Fürst brauchte nichts zu sagen, sondern  schaute ihn einfach nur an und der Engel wusste, dass er weiter machen musste und er gehorchte, obwohl seine Knochen vom vielen Fallen schmerzten, seine Haut aufgeschürft war, seine Muskeln überanstrengt. Aber er zeigte es nicht, denn wenn er eines nicht mehr wollte, so war es von Xemnas zu hören, dass er schwach sei.

Da war ihm das Schweigen lieber und es trieb seinen Ehrgeiz noch an, obwohl es ihn gleichzeitig reizte.

In den folgenden Monaten bekam Saix gar nichts mit, was überhaupt um sie herum geschah, wenn denn überhaupt was passierte. Er sah nur Xemnas, den er nach kurzer Zeit absolut nicht mehr abhaben konnte mit seiner kühlen, gnadenlosen Art, die ihn an manchen Abenden im Bett die Tränen in die Augen trieb, so verzweifelt wie er war, da er manchmal glaubte, es einfach nicht mehr ertragen zu können. Zwischen ihnen baute sich durch das Training eine gewisse Distanz auf, die wohl selbst der Fürst bemerkte und akzeptierte. Der Engel musste nicht einmal mehr das Bett mit ihm teilen, es blieb also eine einmalige Sache und auch die Küsse verschwanden bald.

Einzig und allein das harte Training stand im Vordergrund. Zum Erholen hatte Saix die Kristallgrotte hinter dem Haus, die er oft genug besuchte, denn dort fühlte er sich auch innerlich wohl. Ansonsten war er mittlerweile recht einsam geworden, nach außen hin distanziert und kühl, was er sich wohl unbewusst vom Silberhaarigen abgeschaut hatte.

Doch sein Training machte Fortschritte, was auch an seinen Flügeln zu sehen war, denn wenn die Macht eines Engels wuchs, so wuchsen auch seine Flügel mit, die die meiste Macht speicherten. Sie waren größer, kräftiger geworden, noch immer strahlend und in dem, je nach Lichteinfall, schönen silber-blauen Farbton. Sein Licht hatte er nicht verloren, die Anwesenheit von Xemnas schien es zu erhalten, was wohl auch an der Seelenverbundenheit zwischen ihnen lag. Eine wirkliche Erklärung gab es dazu nicht wirklich, aber es spielte auch keine Rolle, solange Xemnas hier war. Dieser verschwand nur manchmal für einen Tag oder in der Nacht, um seine eigenen Arbeiten zu verrichten, aber sonst kümmerte er sich nur um seinen Schüler.
 

Nach rund 5 Monaten des körperlichen und magischen Trainings entdeckte Saix seine persönliche Waffe. Er war in den letzten Wochen äußerst gereizt gewesen und vor allem tat ihn seit zwei Tagen jeder Muskel weh, da er sich zu sehr verausgabt hatte und es nahm einfach kein Ende. Eine Pause war allerdings erst in 2 Tagen drin. Im Moment handhabten sie es so, dass sie 6 Tage trainierten und einen Tag Pause machten. Jede neue Übungseinheit ließ ihn innerlich an die Decke gehen, doch nur seine Augen verrieten etwas von der Unruhe in ihm, die immer etwas heller zu werden schienen.

Er bekam wieder ein Übungsschwert, sollte gegen Xemnas kämpfen, der bei diesen Übungen sich immer so leicht bewegte und auswich, dass Saix sich regelrecht vorgeführt vorkam. Immerhin strengte er sich mit all seiner Kraft und Geschwindigkeit an und schien doch kein Gegner zu sein. Normalerweise verliefen diese Übungskämpfe recht kommentarlos ab, aber heute schien sich Xemnas es zur Aufgabe gemacht zu haben, den Engel erst richtig zu reizen und zur Weißglut zu bringen.

Nachdem Saix zum wiederholten Male ins Leere geschlagen hatte, meinte sein Meister nur kühl:

„Bist du überhaupt besser geworden in der letzten Zeit?“

Der Engel holte erneut aus, doch der Schlag wurde mit Leichtigkeit und einem trockenen Lachen pariert.

„Kräftig kann man diesen Schlag nicht nennen. Was ist? War das alles?“

Es erinnerte Saix sehr an Erzengel Michaels Kommentare und bisher hielt sich der Fürst auch damit zurück, aber nun brachte er den ohnehin gereizten Engel damit auf die Palme, nachdem noch ein paar weitere solcher Kommentare bezüglich seiner Fähigkeiten kamen.

Als Saix nun erneut zuschlug, schrie er vor Wut auf. Zorn loderte in ihm, er spürte geradezu so etwas wie ‚Hass‘, war sauer, frustriert, doch diese Wut überschattete einfach alles.

In diesen Schlag legte er seine gesamte Energie, seine ganze Macht, stärkte ihn magisch und er kniff die Augen zusammen, als der Fürst das Schwert zum ersten Mal richtig abblockte, doch anstatt des Übungsschwertes waren da nun die zwei roten, ätherischen Klingen, die Xemnas sein Eigen nannte, die gekreuzt den Schlag abgeblockt hatten.

Wieso der Fürst nun auf diese Waffen zurückgegriffen hatte, verstand Saix erst gar nicht, doch dann merkte er, dass er selbst nicht mehr sein Übungsschwert in der Hand hielt, welches nämlich irgendwo hinter ihm unbeachtet auf dem Boden lag. Nein, stattdessen hielt er einen riesigen Zweihänder in der Hand, der von Mondmagie nur so strotzte.

Irritiert sprang Saix zurück, betrachtete die neue Waffe erstaunt, die Wut war vergessen, wie weggeblasen, als sei sie nie gegenwärtig gewesen. Seine Waffe hatte eine ziemlich breite Klinge, an deren Ende eine Art gelber, vierzackiger Stern war, umgeben von bläulichen, scharfen Spitzen, denen er als Feind nicht in die Quere kommen wollte. Farblich erinnerte ihn die Waffe, die beinahe so groß wie er selbst war, an einen Nachthimmel und den Mond, was zu seinem Element auch passte. In ihr fühlte er die Mondmagie, was sie als magische Waffe auswies, so wie Xemnas‘ Interdiction.

„Endlich. Ich habe geahnt, dass es bald soweit sein würde.“

Xemnas trat zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter, was Saix kurz erschaudern ließ. War das nun eine Art von ihm ‚Gut gemacht.‘ zu sagen? Ein wirkliches Lob würde nie über die Lippen des Fürsten kommen und Saix erwartete dies auch gar nicht, vor allem jetzt nicht.

„Dein Freund Axel hat 2 Jahre gebraucht, seine Elementarwaffen zu beschwören. Seine Chakrams. Um so etwas zu können, muss man sein Element gut beherrschen und meistens braucht es einen Auslöser. Er wollte jemanden beschützen, als er sie rief.“, erklärte Xemnas ruhig.

Während Saix außer Atem war und seine Brust sich schnell hob und senkte, wirkte der Ältere, als hätten sie gerade Schach gespielt und nicht seit gut 5 Stunden am Stück trainiert.

„Und was soll bei mir der Auslöser gewesen sein?“, fragte Saix, noch immer seine Waffe in der Hand betrachtend.

Xemnas‘ Griff auf der Schulter verstärkte sich etwas, die Augen wurden leicht schmaler und da wusste der Engel, der ihn in dem Moment anblickte, dass es die falsche Frage gewesen war.

„Denk drüber nach. So dumm bist du nicht. Wir sind fertig für heute. Der freie Tag ist gestrichen.“

Und damit lief der Fürst in die Richtung des Hauses zurück, ließ Saix verdattert und niedergeschlagen stehen. Die Pause hätte er echt gebrauchen können in zwei Tagen… Und das nur, weil er eine voreilige Frage gestellt hatte, als selbst nachzudenken.

Er ließ sich ins Gras fallen, blickte in den leicht rötlichen Himmel, ehe er die Augen schloss und etwas zur Ruhe kam und darüber nachdachte, wobei die Waffe, die er selbst als seine Claymore bezeichnete, was sein erster Gedanke dabei gewesen war, in seiner Hand einfach verschwand, als er sie quasi ignorierte.

 Die Antwort war wirklich leicht, er kam schnell darauf. Es war seine Wut gewesen. Xemnas sagte ja, er habe es geahnt und ihn wohl absichtlich gereizt, denn Saix hatte sich davon wütend machen lassen und durch seine Wut alles in diesen Angriff gesteckt. Mondmagie und Wut. Das erste war sein Element, das zweite war die Emotion, mit der er es verstärken konnte.

Noch eine Weile blieb er so liegen, dann ging er die Grotte und zog die verschwitzte Kleidung aus, um sich im See zu entspannen und die Mondmagie durch sich fließen zu lassen, die sich verdichtete, direkt nachdem er eingetreten war. Sie war warm, erfüllte ihn mit neuer Kraft und lockerte seine angespannten Muskeln, doch einen weiteren Muskelkater würde es nicht verhindern. Auch heilte die Grotte keine Wunden oder blaue Flecken, sie war einfach rein magischer Natur.
 

Später kam er ins Wohnzimmer, wo sein Mentor und Meister im Sessel saß und gerade ein Buch las. Als Saix aber eintrat, legte er es beiseite.

„Komm her.“

Wenn er schon so kam, dann wusste Saix, was er wollte und so trat er zu ihm, auch wenn es ihm widerstrebte, da er auf ihn nicht wirklich gut zu sprechen war wegen all den letzten Wochen und Monaten.

Xemnas sah ihn lange an, als Saix vor ihm stand und obwohl er aufblicken musste, sah er  nach dem Fürst aus, der er auch war. In seinem Blick lag etwas musterndes, abschätzendes, aber dann schüttelte er leicht den Kopf, ohne seine Gedanken zu teilen oder auch nur das Geringste davon durch eine Geste preiszugeben.

Stattdessen stand er auf, ließ den verdatterten Saix stehen und ging in die Küche, gefolgt von dem Engel, wo er einfach nur aus dem Fenster blickte, den Rücken ihm zugewandt.

„Was ist los?“, fragte der Jüngere.

„Geh auf dein Zimmer. Morgen trainieren wir weiter.“

„…“

Saix schüttelte leicht den Kopf, dann wandte er sich ab und ging nach oben. Was sollte das gerade gewesen sein? Er verstand ihn einfach nicht. Er würde Xemnas wohl nie verstehen…
 

# Kapitel 18 Ende #

Vor dem Stadion

# Kapitel 19 # Vor dem Stadion #
 

Nachdem Saix endlich seine persönliche Waffe ‚entdeckt‘ hatte, begann ihr Training erst richtig. Zumindest das eigentliche Kampftraining. Bisher waren sie nur bei Übungen verblieben, die zur Vorbereitung dienten und nun ging es um Technik und Strategie. Der Engel führte seine Waffe rückhändig, was ziemlich ungewöhnlich war, aber er bekam dadurch mehr Schwung durch die große, schwere Claymore und konnte dadurch mächtigere Angriffe vollführen. Leider war er dadurch etwas langsamer, aber er hatte es sich selbst zum Ziel gemacht, dies auszugleichen.

Der Fürst gab ihm genügend Spielraum diesbezüglich und befahl ihm nicht, wie er zu kämpfen hatte. Er ließ Saix einen eigenen Stil entwickeln, kontrollierte nur dessen Fortschritt, der nun deutlicher wurde.

Wut verstärkte die Angriffe, ebenso lernte Saix, wie er seine Mondmagie in die Attacken mit einfließen lassen konnte, was ziemliche Konzentration erforderte, aber auch dies wurde mit der Zeit zur Routine.

So vergingen die nächsten Monate wie im Flug.

Die ‚Beziehung‘ zwischen Xemnas und ihm war rein auf das Training fokussiert, selbst ihre wenigen Gespräche handelten eigentlich nur darum. Zwischen ihnen lag eine gewisse Distanz und Saix musste sich langsam jedoch eingestehen, dass er sich etwas ‚mehr‘ wünschte. Nicht gleich Richtung Beischlaf, aber diese gewisse Nähe, die ihm Xemnas anfangs entgegengebracht hatte, fehlte ihm nun. Er war nach wie vor der Meinung, dass alles eine Sünde war, doch hatte er heimlich dieses eine sündige Buch durchgelesen und damit die Neugierde nach mehr geweckt. Natürlich behielt er diese Gedanken für sich, denn zugeben würde er es nie.

Doch jedes Mal, wenn er  den Silberhaarigen mittlerweile ansah, hatte er sowas wie Sehnsucht. Der Fürst war da, bei ihm, und doch so weit entfernt und er war Saix‘ einziger Bezugspunkt, so abgeschirmt wie sie hier lebten.
 

„Wie wird das Turnier ablaufen?“, fragte Saix am Morgen am Tag vor der Veranstaltung.

Er machte gerade Kaffee für den Fürsten, etwas, was er mittlerweile Routinemäßig tat.

„Die VIII wird später kommen und dich hinbringen und dort bei dir bleiben. Ich habe viel zu tun und keine Zeit dafür.“

Als Saix dies hörte machte sein Herz innerlich einen Sprung vor Freude. Doch seine Augen blieben ausdruckslos. Er nickte nur.

„Und die Kämpfe?“

„Das soll dir die VIII erklären.“

War klar… Viele Worte schienen dem Fürsten generell zuwider. Aber Saix dachte sich dabei nichts, sondern stellte nur die Tasse mit dem schwarzen Gebräu auf den Tisch, bevor er sich selbst mit einem Glas Milch hinsetzte.

„Dein Licht ist stärker geworden.“, sagte Xemnas nun statt einer Erklärung. „Die Dämonen dort werden davon angezogen werden. Du stehst zwar unter meinem Schutz, aber manche wird es vielleicht nicht hindern, dich anzugreifen, was mit dem Tod bestraft wird.“

Er trank einen Schluck, bevor er nach gut zwei Minuten weiter sprach:

„Du magst das Kämpfen gelernt haben, aber nicht, wie das Leben hier ist.“

Das wusste Saix selbst. Der Ort hier war ein Paradies in der Hölle und hier drang auch die Macht nicht hin, oder aber es war die ständige Nähe zu dem Gefallenen, die ihm das Licht brachte. Wohl eher das, er hatte ja gemerkt, dass Xemnas etwas damit zu tun hatte, was wohl bestimmt auch an dem Seelenstück lag, welches sie verband.

„Noch etwas.“, fügte der Fürst nun hinzu. „Morgen wird erst das Eröffnungsfest sein. Ich verlange, dass du dort in deiner Engelsrüstung hinkommst.“

Saix starrte ihn nun doch ungläubig an, unfähig, seine antrainierte, emotionslose Maske zu behalten.

„Ich werde dann erst recht alle Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Ich möchte nicht zum Mittelpunkt werden.“, sagte er ruhig und glaubte, ein kurzes, schwaches Lächeln auf Xemnas‘ Lippen zu sehen, der einfach nur erwiderte:

„Aber ich.“

Und Saix wusste, es gab keine Widerrede hierfür.
 

„WOAH! Isa!! Was hat der Kerl mit dir gemacht?! Du bist … wow, deine Macht ist ja voll gestiegen und – Himmel! – bist du kräftig geworden!“

Axel umarmte seinen Freund stürmisch und schmiss ihn dabei fast um.

„Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dich endlich zu sehen. Der Superior hat es mir verboten und ich hab dauernd Strafarbeiten machen müssen, weil ich nicht aufgehört habe, ihn zu fragen. Ich wusste bis vorhin nicht mal, wo du bist oder ob du überhaupt noch lebst! Wobei… Dass du noch lebst hat mir mein Herz gesagt und darauf kann ich mich verlassen.“

Er stand vor Saix, kniff in seine Wangen und fügte hinzu:

„Hey, lach doch mal, oder freust du dich nicht, mich zu sehen? Ich bin Lea, dein bester Kumpel, schon vergessen? Hab mich wohl nicht genug angestrengt…“

Nun musste der Engel doch lächeln, der erst mal wieder auftauen musste. Nach diesem Jahr der Abgeschiedenheit (und Anwesenheit eines geradezu emotionslosen Fürsten) war Axels gute Laune geradezu überrollend.

„Klar, freue ich mich. Ich muss zugeben, ich habe oft an dich gedacht, aber mir kam nie in den Sinn, ernsthaft nachzufragen, ob ich dich sehen darf. Dazu war nicht mal Zeit.“ Einmal hatte er gefragt, daraufhin war der freie Tag gestrichen worden. Saix sollte sich auf das Training konzentrieren und nicht auf sowas war die Begründung gewesen.

„Ach, passt schon! Im Ernst, ich glaub, ich bin froh, dass ich von Xigbar trainiert wurde. Tauschen wollte ich nicht mit dir, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie das Training bei Xemnas ist. Es wissen auch nicht viele, dass du überhaupt von ihm trainiert wirst. Ich glaube, nur der innere Kreis der XIII, also die II bis VI und ich… Hey, zeig mal deine Flügel!“

Saix schüttelte leicht den Kopf.

„Du siehst sie doch eh gleich, wenn wir losfliegen.“

„Fliegen? Wir nehmen ein Portal. Ich flieg doch nicht in die Hauptstadt zurück! Ist mir viel zu weit.“

Trotzdem zeigte der Engel Axel seine Flügel noch nicht. Er wollte sich nicht so präsentieren,  es reichte ihm schon, dass er in seiner strahlenden Engelsrüstung unter einer Horde Dämonen und Teufel auftauchen sollte.

„Bin mich umziehen.“, sagte er darum und ging ins Haus zurück. Xemnas war direkt nach ihrem Gespräch am Morgen schon verschwunden gewesen.
 

Ein paar Minuten später hatte er seine Rüstung angelegt und fragte den völlig überrumpelten Axel:

„Muss ich eigentlich Kleider mitnehmen? Für das Turnier und generell?“

„Ehh, nein.. Das  ist alles schon vor Ort. Du hast dort eine eigene Unterkunft, got it memorized?“

Saix nickte mit einem Lächeln.

„Hey, aber... deine Rüstung… Xemnas will doch bestimmt nicht, dass du die trägst? Oder bist du lebensmüde?“

„Wieso? Ich soll sie anziehen.“

Axel ließ die mit einem lauten Seufzen die Schultern hängen.

„Oh man… Da kommt Arbeit auf mich zu. Ich soll auf dich aufpassen, hat er gesagt, von beschützen gegen engelsgierige Dämonen war da nie die Rede. Das gibt Massenmord, wenn ich dich verteidigen soll.“

Waren ja tolle Aussichten.

„So schlimm wird’s schon nicht werden.“, erwiderte Saix nur und war sich dabei selbst nicht so sicher. Dämonen waren auf Engelssblut aus, das war bekannt. Ob das auch nur eine Art Test von Xemnas war ihn so in die Höhle des Löwen zu schicken?

Immerhin strahlte er nur so vor Licht, das silber-weiße Metall hob sich deutlich von der Umgebung ab und wirkte hier in der Hölle ohnehin komplett fehl am Platz. Da sollte er sich wie ein Höllenbewohner benehmen und dann sollte er als Engel dort auftreten? Was soll’s… Der Fürst hatte bestimmt seine Gründe.
 

Als sie zum Kraterrand flogen, wo Axel ein Portal schuf, da es innerhalb des magisch abgegrenzten Bereiches nicht ging, staunte der Rotschopf über die Schwingen seines Freundes, die jeden normalen Engel übertraf. Axels eigene waren auch mächtig, aber schwarz und doch hatten sie einen dunkelroten Schimmer je nach Lichteinfall und Saix glaubte, dass der Rotschimmer fast wie Flammen aussahen.

Sie gingen durch das Portal, worauf Dunkelheit folgte, doch nach zwei Schritten waren sie auch schon wieder draußen auf einem Berg vor der Hauptstadt, in deren Zentrum der Palast des Fürsten lag.

„Das Turnier ist am Stadtrand. Der Turnierplatz ist erweitert worden, nachdem die Zuschaueranmeldungen sich übertroffen haben, als bekannt gegeben wurde, dass unter den Teilnehmer ein Engel ist.“, erklärte Axel als sei es die normalste Sache der Welt, dass dort unten ein Stadion war, in dem bestimmt gut eine halbe Million Wesen Platz hatten. Wenn nicht noch mehr…

Nun, die Hölle hatte eben andere Dimensionen.

„Die wollen dich alle sehen. Na, vor allem hoffen sie, dein Blut zu sehen. Es gibt für sie nichts schöneres, als einen leidenden Engel.“

Wirklich tolle Aussichten. Saix wünschte, er hätte etwas anderes an. Hier zwischen dem rötlichen Stein und den dunklen Gräsern fiel er einfach nur auf, mehr denn je. Er zögerte kurz, als sein Freund losflog und folgte ihm dann jedoch.

Neben dem Stadion war eine eingezäunte, kleine Siedlung, in welcher recht wenig Treiben war im Gegensatz zu einer Straße, die sich hintendran um das ganze Bauwerk zog, in der Straßenhändler und alle möglichen Stände aufgebaut waren. Dort waren unzählige Dämonen unterwegs, die meisten in ihrer menschlichen Gestalt, viele aber auch in ihren Tierhalbformen. Saix hatte kaum Zeit, sich dies anzuschauen, denn Axel flog schnell drüber hinweg und landete in der kleinen Siedlung vor einem Haus, welches mitten in deren Zentrum war.

„Das ist dein Quartier. Und meines. Aber das weiß keiner, dass ich hier auch nächtige.“, erklärte der Schwarzflügler. „Hast du die Blicke von manchen gesehen, als wir rüber geflogen sind? Ich frag mich, was der Boss damit bezwecken will, dich so vorzuzeigen.“

„Glaub mir, das wüsste ich auch gerne.“, seufzte Saix, betrat das kleine Haus, was eigentlich nur aus einem Schlafzimmer, einem Wohnzimmer sowie Küche und Bad bestand. Axel testete sofort das Sofa aus, ob es bequem war, was wohl die Frage erübrigte, wo er schlafen wollte.

Sofort legte Saix seine Rüstung ab, nachdem er in einem Schrank tatsächlich Klamotten gefunden hatte, die er im Moment bevorzugte. Eine schwarze Hose sowie ein schwarzes, ärmelloses Oberteil. Außerdem ein paar passendere Schuhe als seine Engelsstiefel.

„Das Schwarz sieht ungewohnt an dir aus.“, kommentierte die VIII dies, als Saix wieder ins Wohnzimmer kam. „Aber damit können wir raus. Wenn wir zu Fuß gehen, brauchen wir nicht zu fliegen und wenn du deine Aura etwas mehr verbergen könntest, würde vielleicht nicht mal einer merken, dass du… naja… ein Engel bist.“

„Sag das nicht so negativ…“

„Ist aber so. Du bist hier in der Hölle. Und ich hätte von den falschen Idioten da oben umgebracht werden sollen, schon vergessen? Der Himmel ist falsch, Isa, du wirst es irgendwann verstehen, got it memorized?“

Saix erwiderte daraufhin nichts. Es mochte sein, dass manche Engel, vielleicht auch die Erzengel, nicht gerade das waren, was sie allen weismachen wollten, aber trotzdem war es das Licht, das Saix als seinen ständigen Begleiter sah und er sah das Licht als das, woran er glaubte und nicht den Himmel allgemein. Das Licht war doch das, um das sich dort alles drehte, oder? War das falsch? Er wollte nicht als ‚falsch‘ oder dergleichen bezeichnet werden, nur weil er ein Engel war. Wobei… er war hier in der Hölle, was erwartete er also?

Er konzentrierte sich darauf, seine Ausstrahlung etwas abzuschwächen und es funktionierte. Ganz verbergen konnte er sie noch nicht, aber für den Anfang sollte dies reichen und so gingen sie hinaus, raus aus der abgegrenzten Zone und nun bemerkte Saix auch, dass sie magisch von oben abgesperrt war.

„Nur Turnierteilnehmer können hier rein und raus.“, erklärte Axel, der wohl anhand Saix‘ Blick seine Gedanken gelesen hatte.

„Du bist aber kein Teilnehmer.“, kommentierte der Blauhaarige dies.

„Indirekt schon. Hat dir Xemnas den Ablauf nicht erklärt?“

„Er sagte, du würdest dies machen.“

„Boah, was macht der Kerl eigentlich? Abgesehen von der Hölle leiten, versteht sich…  Also, morgen ist erst mal das Eröffnungsfest. Im Grunde nichts Besonderes, aber die 128 Turnierteilnehmer laufen dort im Stadion ein und werden der Reihe nach vorgestellt. Wer sie sind, wo sie herkommen und sowas eben. Davor und danach gibt es eine Menge Gesang und eine Menge Show. Ein großer Teil davon wird von den XIII übernommen. Ich darf die Feuereffekte machen.“

Wer hätte das gedacht? … Aber 128 Teilnehmer wurden alle einzeln vorgestellt? Das konnte sich ja hinziehen…

„Die Party geht bis Abends, am nächsten Tag ist dann das erste Turnier unter den XIII. Wir heizen quasi das Publikum ein. Im Grunde dient es nur dazu, das Volk einzuschüchtern. Der Gewinner der XIII kämpft dann gegen den Fürsten, der an sich kein Teilnehmer davon ist. Während des gesamten Turniers, also auch dem Hauptturnier sitzt du zwischen den anderen Teilnehmern in einem gesonderten Bereich auf den Publikumrängen. Hoffe, du wirst dort in Ruhe gelassen. Am Tag danach beginnen dann die Vorrunden der Teilnehmer. Die werden aber in kleineren Hallen drüben auf der andern Seite des Platzes stattfinden. Jeden Kampf im Stadion groß aufzutragen würde zu lange dauern. Dies geht so lange, bis 16 Teilnehmer übrig sind und wird auf 4 Tage verteilt sein.“

Sie standen am Rand der Handelsstraße, während Axel weiter erklärte:

„Die Finalkämpfe der letzten 16 Teilnehmer sind dann im Stadion. Es ist so gelegt, dass jeder nur einmal am Tag kämpfen wird und somit keiner im Nachteil ist. Am ersten ‚Großen Turniertag‘ werden es also 8 Kämpfe sein, am zweiten dann die nächsten 4 und so weiter.“

„Gibt es besondere Regeln?“ Axel hatte schon weiter gehen wollen, blieb aufgrund Saix‘ Frage aber noch mal stehen und antwortete:

„Klar. Kein Töten. Und kein Angriff auf das Publikum und die Waffen müssen vorher beim Waffencheck durchgehen. Dort wird geschaut, dass sie nicht vergiftet sind oder so. Außerdem darf jeder Teilnehmer nur mit seiner eingetragenen Waffe kämpfen. Der Fürst hat das für dich bereits erledigt. Und jetzt genug der Fragen… Ich will ein Meersalzeis, das wird hier verkauft. Kennst du Meersalzeis?“

Saix kannte es nicht und er probierte auch nicht. Nach wie vor aß er nur Obst und trank Milch, wie es Engel eben taten. Von dem Zeug aus der Hölle ließ er noch immer die Finger. Aber es war fast schon amüsant, wie sehr sich Axel wie ein Kind freute, als er das blaue Eis in der Hand hielt und hineinbiss.

„Eine Woche bereits ohne. War schon auf Entzug. Es ist süß, aber auch salzig.“, meinte dieser grinsend und zeigte danach seinem besten Freund die Vielfalt der Marktstände. Viele der Dämonen, einer hübscher als der Andere wie Saix bemerkte, blickten sie skeptisch an, schienen sich aber unsicher zu sein, wer Saix war oder trauten sich wegen der Flamme nicht näher zu kommen. Ab und an waren welche dabei, deren Blick sich verfinsterte und bei denen wusste er sofort, dass sie wussten, was er war, aber vielleicht bildete er sich das alles auch nur ein und litt unter Paranoia. Nun, ein Engel unter tausenden von quasi Feinden durfte das wohl haben, oder?

Wie würde das wohl erst morgen werden? Am liebsten würde er sich davor drücken.
 

Nach gut zwei Stunden des vielen Treibens und den sich immer wieder wiederholenden Ständen anschauens, die eigentlich alles Mögliche zu bieten hatten, fragte Saix, ob sie zurück gehen konnten und so machten sie dann kehrt, um wieder zu den Quartieren zu gehen.

Er hatte genug von der beengenden Menge und dem gebratenen Fleischgeruch, von dem ihn fast schlecht wurde, und die Stände boten hier nichts Neues mehr. Das meiste war ohnehin nur Essen und nichts davon war etwas, was Saix essen würde. Ansonsten gab es noch Stände, an denen man geschnitzte, getöpferte oder aus Kristall oder Stein gehauene Figuren oder Anhänger kaufen konnte, Stände mit allerlei Pentagrammen, Räucherzeug, Kräuter, Spielzeug, sogar Rüstungen oder Waffen.

Einige Stände (und die mied Saix) boten Engelfiguren an, die man zerstören konnte, in denen ein Zettel mit einem Gewinn oder eben einer Niete war. Bei einem Gewinn durfte man sich in der Preissammlung was aussuchen. Generell war ziemlich viel ‚Himmelszeug‘, aber alles mit einem bitteren Beigeschmack – jedenfalls für Saix, wie zum Beispiel eine Art Voodoo-Engelspuppen. Für die Höllenbewohner war das alles der absolute Hit.

„Man merkt, dass mit dir groß geworben worden ist. So viel Engelssachen hat es beim letzten Mal nicht gegeben.“, erklärte Axel dies.

Schließlich waren sie aber ohne Zwischenfall zurück in dem kleinen Häuschen. Es war auch spät geworden, weshalb sie auch bald schon ins Bett gingen, um ausgeruht für einen langen, anstrengenden Festtag zu sein, den Saix am Liebsten schon hinter sich hätte.
 

# Kapitel 19 Ende #
 

Axel

# Kapitel 20 # Axel #
 

„Ich gehe so nicht raus!“, sagte Saix ernst. „Nein, das kannst du vergessen! Ich hab gesehen, wie die alle bei diesen Engelsfiguren geschaut haben… Die hätten am Liebsten nur die Figuren zertrümmert, weil es Engel waren! Und die wenigen, die wohl geahnt hatten, wer ich bin sahen auch nicht freundlicher aus! Ich werde also so nicht in ein Stadion vor eine Million Dämonen treten!“

Axel seufzte. Die Diskussion ging nun schon gute 10 Minuten. In zwei Stunden begannen die Festlichkeiten und sie mussten bald ins Stadion. Saix musste zuvor noch seine Waffe beim Waffencheck absegnen lassen, eine Startnummer bekommen und nun weigerte sich der Engel komplett. Sein Freund hatte schon immer einen eigenen Willen und einen Dickschädel und Trotzkopf, aber gerade hier war er fehl am Platz.

„Isa… Ich kann dich ja verstehen, aber es wird nichts passieren. Wirklich, wir XIII passen auf.“

„Darum geht es nicht. Wieso soll ich meine Rüstung tragen? Will Xemnas mit mir protzen und angeben, weil er sich einen Engel hält? So denkt ihr Höllenbewohner doch!“

Outsch, das tat weh. ‚Höllenbewohner‘. Axel war ein unfreiwilliger Höllenbewohner und er dachte gewiss nicht so wie Dämonen. Dämonen hatten einen prinzipiellen Hass auf Engel, bei gefallenen Engel waren die Gründe meistens unterschiedlich und der Hass nicht so ausgeprägt. Nun, bei der XIII war das eine Ausnahme. Der würde später eh schwer zurückzuhalten sein, wenn er im Stadion einen Engel in seiner voller Rüstung sah.

„Nun ja… Hast du mal darüber nachgedacht, dass Xemnas dich als das antreten lassen will, was du bist? Er will doch, dass du rein bleibst, dein Licht behältst, also will er wohl, dass du auch als der kämpfst, der du auch bist. Und du bist immer noch ein Engel, got it memorized? Nun, abgesehen davon, dass dein Heimatort im Moment die Hölle ist. Jetzt komm schon, ich krieg Schwierigkeiten, wenn wir zu spät kommen.“, versuchte der Rotschopf seinen Freund etwas zu beschwichtigen und dies schien auch etwas zu klappen.

Mit einem Seufzen resignierte Saix anscheinend und blickte sich noch mal im Spiegel an, setzte den stolzen Blick eines Kriegers auf, aber sonst verbannte er all seine Emotionen, der Frust, den Ärger.

„Na also, Isa!“, grinste die VIII der Organisation nun. „So kannst du im Stadion einlaufen.“

Besonders begeistert schien sein Freund aber nicht davon zu sein. Lächeln musste Isa jedenfalls noch lernen.

Sie flogen über die ins Stadion strömenden Zuschauermassen hinweg. Eigentlich wollte Axel dies vermeiden, aber da sein Freund sich so geziert hatte, waren sie eben direkt zur Hauptzeit hier und eben spät dran. Viele der Dämonen sahen auf, man hörte erstaunte Rufe, aber keiner wagte es, näher zu kommen. Axel wusste, es war nur eine Frage der Zeit und er hielt sein Feuer bereit, um die Menge bei Bedarf zu kontrollieren. Dies war allerdings wider seines Erwartens nicht nötig, denn sie kamen ohne Probleme in dem Raum unter den Tribünen an. Von oben hörte man dumpf die Schritte der Zuschauer und deren aufgeregte Stimmen, aber es war hier gut genug isoliert, um nicht davon gestört zu werden. Die schon angekommenen Teilnehmer hatten eine Schlange gebildet, an deren Ende der Waffencheck und die Nummernvergabe war. Sie stellten sich hinter einen großen, schlanken Dämon in Halbgestalt, der lange Ziegenhörner hatte und zwei Pferdehufe. Lange, schwarze Haare fielen ihm auf den nackten Rücken und in seiner Hand hielt er eine verzierte Lanze. Er wandte sich zu ihnen um, kaum, dass sie dort waren und nahm erst Notiz von Axel, vor dem er einen leichten, höflichen Knicks machte und dann musterte er mit seinen komplett schwarzen Augen den Engel.

„Da ist also der Engel. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber keinen lebensmüden Knaben.“ Seine Stimme klang schön und verlockend, seine Worte sprach er fließend und sanft und sogar mit einem leichten Lächeln.

„Ach, Fyrin.“, grinste Axel. „Du weißt doch, hier geht es alles nur um Show und genau das will das Publikum doch sehen.“

Er bemerkte, dass sich der Blick seines Engelfreundes verfinsterte, weshalb er noch, sich am Hinterkopf reibend, hinzufügte:

„Also, nicht, dass du jetzt glaubst, Xemnas würde es nur als Anziehungsmagnet ausnutzen, dass du hieran teilnimmst…“

Der Fürst hatte seine Gründe. Gründe, die er zu teilen nicht bereit war und Axel wäre wohl ohnehin einer der Letzten, die es erfahren würde. Was seine Pläne anging, so hielt er sich sehr zurück, er sorgte im Grunde nur, dass hier in der Hölle alles lief, aber was genau das Ziel des Höllenherrschers war, das wusste wohl keiner. Wobei, Xigbar vielleicht, der war immerhin mit ihm gefallen und sowas wie die linke Hand des Teufels, bloß fehlte ihm nach Axels Meinung eine ganze Menge Hirn. Passend dazu der Spruch: Unkraut vergeht nicht.

„Du musst dem Fürst jedenfalls etwas wert sein.“, sagte Fyrin mit seiner samtenen Stimme weiter zu Saix. „Wenn er schon einen seiner XIII als Aufpasser mit dir mitschickt.“

„Fyrin, keiner ist dem Fürsten etwas wert, wieso wollt ihr das alle nicht verstehen? Andere sind ihm egal, darum ist er  bei Bestrafungen so gnadenlos. Wenn Saix hier ihm etwas wert wäre, dann würde er ihn nicht in der Engelsrüstung jetzt ins Stadion schicken.“

„Auch wieder wahr.“

Saix sah nicht gerade begeistert aus, aber der Ausdruck verging wieder recht schnell. Axel wusste nicht, was er hier groß sagen konnte. Immerhin sollte ja nicht nach außen getragen werden, dass der Engel vom Superior trainiert worden war und alles. Das Volk wusste nur, dass Xemnas einen Engel in den Kampf schickte, der hier in der Hölle unter seinem Schutz stand, damit der Weißflügler sich beweisen konnte.

Schließlich war Fyrin dran, ließ seine Waffe auf Gift und sonstigen unerlaubten Dingen absuchen und bekam seine Nummer, die 98. Saix war demnach die 99. Er beschwor seine Waffe und  Axel staunte.

„Boah, du hast ja ein großes Teil!“, sagte er zu Saix, als sie weiter im Sammelraum waren. Einige Anwesenden, die das hörten, blickte Axel mit erstauntem Blick an und dann zu dem Engel.

„Ernsthaft! So ein großes Ding hätte ich dir gar nicht zugetraut, Mann!“

„Lea… Sei leise.“

Der Rotschopf grinste.

„Darf ich mal anfassen?“, fügte er aber noch hinzu und lachte.

„WO IST DIESER ENGEL!???!“, donnerte auf einmal eine Stimme von irgendwo aus der Menge und sie teilte sich und ein Teilnehmer, groß wie ein Schrank und breit noch dazu, vollgepackt mit Muskeln, dass man schon keinen Hals mehr sah, schob sich zu ihnen durch und als er Saix in seiner hellen Rüstung erblickte, wurde sein Blick rasend und er stürmte ohne ein weiteres Wort auf ihn zu.

„Och ne…“, seufzte Axel. Es hatte ihn zwar gewundert, wieso es so lange dauerte, bis einer mal die Nerven verlor, aber es hätte ja auch friedlich bleiben können, oder? Nun, jetzt bekam er wenigstens die Gelegenheit, ihnen mal zu zeigen, dass der Engel nicht anzurühren war.

Saix war schon in Verteidigungsstellung gegangen, aber plötzlich trennte eine Flammenwand den Hühnen von seinem Ziel und der Kerl wich zurück. Der Rotschopf hielt seine Handfläche nach oben, auf der eine Flamme gefährlich tanzte und um ihn herum schwebten in der Luft auch ein paar Flammen, hielten die umstehenden Dämonen auf Abstand.

Klar, das Feuer war nur Show, aber es war eine Sache, die hier immer Wirkung zeigte und die Kerle hier sollten einen Denkzettel haben, damit sie wussten, dass Saix unantastbar war. Im Stadion würde er, Axel, nicht dabei sein können, darum war es gut, wenn er ihnen jetzt schon klar machte, was Sache war.

„Keinen Schritt weiter.“, grinste er den großen Kerl an. „Heute keine Kämpfe. Wenn du gegen ihn kämpfen willst, musst du hoffen, im Turnier auf ihn zu treffen. Also, ab zurück. Was bist du…? Ah, Nummer 3, dann solltest du dich eh bereithalten, es fängt bald an.“

Axel ließ noch ein paar Flammen gefährlich nahe an den Dämonen vorbeischweben.

„An euch alle: bleibt brav! Ich will nicht hören, dass einer aus der Reihe tanzt. Getanzt wird erst heute Abend, got it memorized?“

Feuer reichte schon zum Einschüchtern. Der Hühne ging wieder auf seinen Platz vorne und die Dämonen wandten sich wieder ihren Gesprächen zu, ignorierten Saix, auch wenn er manchmal gierige und wütende Blicke zugeworfen bekam.

„So, ich muss mal, Isa. Also ins Stadion. Hab dort meinen Auftritt und bin für die Sicherheit zuständig. Wenn du dran bist, dann läufst du einfach in die Mitte des Platzes, wartest bis die Ansage durch ist und läufst dann links zur Tribüne, dort ist der Platz für euch Teilnehmer. Ehm, könnte sein, dass bei dir der Applaus ausfällt.“

Axel grinste ihn an, klopfte ihm aber auf die Schulter.

„Ach ja, egal was passiert, wir haben alles im Griff, got it memorized?“

Saix wirkte wieder nicht sehr begeistert, aber Axel grinste, bis er aus dem Raum war. Er lief den Gang unter der Tribüne entlang, ging durch drei weitere Räume, bevor er Treppen hinaufstieg, die zu einem Raum direkt hinter der Empore führte, wo der Fürst später sitzen würde, der selbstverständlich seinen eigenen, gesonderten Platz hier im Stadion hatte. Xemnas war noch nicht da, würde erst in der letzten Minute auftauchen. Noch war etwas Zeit.

Alle der restlichen XIII waren hier versammelt und Axels Blick fiel direkt auf Vanitas, der Nummer XIII. Dessen ohnehin irrer Blick verfinsterte sich, seine gelben Augen blickten stechend zu ihm und er knurrte:

„Du stinkst nach diesem verdammten Engel! Ich sag euch, wenn ich den in die Finger kriege, ich…“

„Vanitas, du weißt, was der Boss gesagt hat. Keiner rührt ihn an, auch du nicht. Er ist nicht wie die Engel, die du von da oben kennst.“

„MIR EGAL! SIE SIND ALLE GLEICH!“

Saix vor Dämonen zu beschützen war eine Sache. Ihn aber vor Vanitas zu beschützen war eine ganz andere. Wenn einer einen Hass auf Engel hatte, so war er es. Einen solchen Hass besaß wohl nicht einmal der Fürst selbst, wobei Xemnas ihn wohl einfach nur sehr gut verbarg. Der Schwarzhaarige hier jedoch wurde regelrecht unkontrollierbar. Nun, er hatte auch jeden Grund dazu die Engel zu hassen…

„Jetzt komm mal runter, Kleiner.“ Larxene, die kaltherzige Nymphe und Nummer XII der XIII, gab Vanitas eine Kopfnuss, was diesen fauchen ließ. „Ernsthaft, genieß das Turnier, genieß die Show. Du kommst noch auf deine Kosten. Stell dir vor, der kleine Engel wäre Turniersieger.“

Sie lachte schrill. Sie hielt es für unwahrscheinlich, was sie schon ein paar Mal zuvor schon gesagt hatte.

„Er würde gegen Xemnas kämpfen müssen und spätestens dann siehst du Blut fließen.“

„Jeder weiß, dass bei seinem Kampfstil kein Blut fließt.“, erwiderte der Inkubus unter ihnen, Marluxia. Er war die XI und sehr eng mit Larxene befreundet. Wenn man ihre ‚Beziehung‘ freundschaftlich nennen konnte.

„Der Fürst wird sich bei einem Engel nicht mal die Mühe machen, seine Klingen zu rufen, da bin ich mir sicher.“, fügte er hinzu.

„Als ob!“, grinste die II, Xigbar. „Das Publikum wartet nur darauf, sein Blut zu sehen.“

„Wohl eher zu riechen.“, warf Axel nun ernst ein. „Sollte es soweit kommen, wird es bei den Zuschauern abgehen. Die werden nicht mehr ruhig sitzen bleiben und wir haben die Arbeit.“

Na, wohl eher die Arbeit, Vanitas von Saix fernzuhalten. Aber das würde hoffentlich Xemnas übernehmen, denn der hatte den irren, gestürzten Engel gut im Griff, wenn es drauf ankam.

Von draußen hörte man die Kommentatoren des Turniers. Es waren zwei. Lucy, eine wunderschöne Succubus, und Azriol, ein Ziegendämon, wie Fyrin.

„Willkommen, liebe Dämonen, Halbdämonen, Gefallene, Höllenbewohner! Es begrüßt euch meine Wenigkeit, Lucy und mein Partner hier Azriol. Nur noch wenige Augenblicke, bis das Startsignal fällt, dann werden uns die XIII ein Spektakel besonderer Art bieten! Hoffe ich jedenfalls… Bestimmt ist wieder der hübsche Heiße mit dem Feuer dabei… Uhm, ja… Danach werden die Teilnehmer dessen vorgestellt, weswegen wir eigentlich hier sind – dem ‚Großen Turnier‘! Ich glaube, Azriol sucht immer noch die Listen mit den 128 Teilnehmern. Ich bin gespannt, wer dieses Mal alles dabei ist. Vielleicht ein paar alte Gesichter, aber ich erwarte eine Menge neue, immerhin liegt das letzte Turnier 15 Jahre zurück. Damals hab ich selbst nur zugeschaut…“

Axel musste grinsen. Er war beliebt bei den Dämoninnen, aber generell genossen die XIII ein hohes Ansehen. Klar, so langweilige Typen wie Xigbar hatten da schlechtere Karten… Da half auch ein Titel innerhalb der XIII nicht.

Man hörte die Menge unten lauter werden, das Stadion war bis zum letzten Platz voll besetzt und als ein lauter Gong erklang, wurde es schlagartig Still und die XIII, die sich kurz davor aufgestellt hatten, traten  in einer Reihe nebeneinander auf die Empore. Alle Augen der Zuschauer waren auf sie gerichtet.

„Meine Freunde, hier sind die XIII des Fürsten!“ Dieses Mal war es Azriols Kommentar. Wahrscheinlich war seine Kollegin gerade aus dem Häuschen, weil sie Axel gesehen hatte.

„Und hier ist der Fürst persönlich!“

Xemnas hatte sich direkt vor seine XIII teleportiert, blickte mit kühler Miene auf das Stadion hinab, über die Zuschauer hinweg. Die, die zu weit entfernt saßen, um ihn richtig zu sehen, konnten dies auf großen Leinwänden im Stadion sehen, da alles übertragen wurde. Im Gegensatz zum Himmel gab es hier in der Hölle eben Fortschritt.

Der Fürst hob die Hand und die Stille, die trotz der einen Million Zuschauer daraufhin herrschte, war geradezu beängstigend.

Dann ließ er seine Hand wieder sinken und nickte.

„Meine lieben Freunde: Das war das Signal. Mögen die Feierlichkeiten beginnen!“
 

# Kapitel 20 Ende #

Los geht's!

# Kapitel 21 # Los geht’s! #
 

Langsam wurde Saix nervös. Das Warten war nicht sein Ding und vor allem ohne Axel beunruhigten ihn die anderen Teilnehmer hier drin. Die Spannung in der Luft, welche sich nach und nach aufgebaut hatte, war zum Zerreißen, finstere Blicke wurden ihm zugeworfen, während er versuchte, ruhig zu bleiben und vor allem unauffälliger als ohnehin schon.

„Warum tanzt du hier eigentlich in deiner Rüstung an?“, fragte Fyrin ihn, der sich von allen wohl noch am Besten im Griff hatte. „Es ist ziemlich provozierend und reizend.“

„Der Fürst verlangte dies und seinem Befehl ist Folge zu leisten.“, antwortete Saix ihm, versuchte dabei, seine Aura etwas mehr zu unterdrücken.

„So? Verstehe. Das hat der Fürst also vor…“

„Was?“

Aber die Antwort blieb aus und Saix erfuhr nie, was der Ziegendämon meinte, denn draußen begann nun offiziell die Einweihungsfeier. Es erklang Musik und ein ohrenbetäubendes Jubeln und Stampfen von einer Million dämonischer Zuschauer.

„Und nun stellen wir die 128 Teilnehmer des ‚Großen Turniers‘ der Reihe nach vor. Mit der Nummer 1 haben wir dieses Mal Lecres, der große Keifer.“ Die Stimme der Kommentatorin Lucy hallte über den Lärm hinweg, als die Musik verklang und die Anspannung in dem Raum wurde etwas weniger, als der erste Kämpfer hinaus ins Stadion trat.

Ein Jubel folgte und nun würde es wirklich dauern. Immerhin war Saix die Nummer 99. Hoffentlich blieb es so lange ruhig hier drin.

„Die Nummer 2 ist Theor van Lohen, Tänzer im Wasser. Viertplatzierter im letzten Turnier.“

Und so ging es weiter und weiter. Das Warten wurde langweilig, all die Namen, die vorgelesen wurden… Alle Dämonen hatten Beinamen und aus einem gelangweilten Gedanken heraus fand Saix, dass sein einfacher Name ziemlich mickrig rüber kommen würde. Aber nun ja, was spielte es für eine Rolle? Er war eben Saix, der Engel.

Manche Dämonen schienen es auch langweilig zu finden, dass sie warten mussten, woraufhin der bisher noch hochgelobte Frieden durchbrochen wurde. Zu dritt kamen sie auf den Blauhaarigen zu, der sich gegen die Wand gelehnt hatte, etwas abseits der Anderen und vielleicht genau deswegen ein wenig auffälliger.

„Der Fürst lässt einen Engel mitkämpfen, damit wir endlich mal wieder Engelsblut sehen können.“, grinste der eine Dämon. Ein langer, normalmuskulöser Typ, kurze, hochgestellte, dunkelrote Haare und drei Narben an einer Wange, die wie Kratzer aussahen. Trotzdem wirkte er noch schön anzusehen, ebenso wie die anderen Beiden. Der eine war etwas kleiner, hatte dafür lange, braune Haare, die ihm bis zur Hüfte hingen und der dritte war etwa Saix‘ Statur und sah vom Gesicht dem ersten sehr ähnlich. Sie alle drei besaßen Widderhörner unterschiedlicher Form. Der, der gesprochen hatte, trug zwei Kurzschwerter bei sich, die andern Beiden hatten keine ersichtlichen Waffen.

„Schöner wäre es natürlich“, setzte der Größte von ihnen fort. „Wenn er dich vor uns allen auspeitschen würde, bis dein Rücken nur noch aus offenem Fleisch besteht und das Blut in Strömen an deinen nackten Beinen hinab läuft.“

Was hatten die denn für Fantasien?

„Aber wir dachten uns… wir kosten Mal. Vielleicht lohnt es sich ja, eine kleine Strafe in Kauf zu nehmen.“

„Das könnt ihr während des Turniers versuchen, wenn ihr auf mich trefft.“, antwortete Saix kühl und gelassen, war innerlich aber doch ein wenig besorgt. Wenn er hier Streit anfangen würde, so würde wohl kaum einer der Anwesenden auf seiner Seite stehen.

„Die Chance ist so gering, dass du einen Kampf überstehst, leuchtender Wurm. Packt ihn.“

Die beiden anderen Dämonen setzten sich in Bewegung, kamen auf Saix zu, der seine Waffe beschwor und sie bereithielt. Andere Teilnehmer wurden aufmerksam, aber dies war die Hölle, da mischte sich keiner ein. Auch nicht Fyrin.

Saix bemerkte hier seinen ersten Fehler und er merkte sich, dass er sich in Zukunft nicht mehr in eine Ecke stellte, denn seine Ausweichmöglichkeiten waren hier ziemlich begrenzt, wo die Beiden nun auf ihn zukamen und wirklich kämpfen wollte er nicht.

„Lasst den Mist.“, sagte er zu ihnen, noch recht ruhig und er ließ sich seine Sorge nicht anmerken, vielleicht ein Chaos hier zu veranstalten, wenn er sich wehren würde.

Er hob seine Claymore schräg und damit schützend vor sich, um die Beiden auf Abstand zu halten, suchte dabei nach einer möglichen Ausweichmöglichkeit, die nur nach oben zu finden war.

Also ging er leicht in die Hocke und gerade als der eine sich unter seine Waffe durchschieben wollte, um ihn zu fassen und wohl aus dem Gleichgewicht zu bringen, sprang Saix geschickt über ihn hinweg, landete vor dem, der eben geredet hatte und gab diesem einen Schubs, der den Dämon zurück in die Menge taumeln ließ.

„Er hat mich angegriffen.“, zischte der Dämon laut. „Dieser verdammte Engel wagt es, hier herzukommen und die Waffe außerhalb des Turniers gegen einen der unsrigen zu richten!“

Moment mal…. Wer hatte denn angefangen?

Aber Saix sagte nichts, da er es wohl nur schlimmer machen würde und so lernte er wohl seine erste richtige Lektion unter den Höllenbewohnern: Nicht provozieren lassen und vor allem, nicht zuerst die Waffe zu erheben. Denn dies galt als der eigentliche ‚Angriff‘, dass eine Provokation vorherging interessierte nicht mehr.

So ging ein zustimmendes Gemurmel durch die Reihen und der Dämon heizte die noch übrigen Anwesenden noch etwas mehr an, deren Auftritt draußen im Stadion noch etwas dauerte. Sie waren aber auch erst bei der 48…  Manche Dämonen machten draußen noch ein paar Posen oder gaben mit ihren Fähigkeiten an, weshalb es sich (unnötig) in die Länge zog.

„Dieser Engel glaubt, er könne in seiner strahlenden Rüstung hier ankommen und mit den Großen spielen. Ist er nicht dreist? Ich finde, die Rüstung sollte weg und rot seinen weißen Körper zieren. Ich kann es regelrecht riechen – sein Engelsblut!“

Das war wohl das Stichwort gewesen, denn rund 30 der Anwesenden ließen sich von der Aussicht auf Blut mitreißen und so stürzten sie sich alle auf den jungen Engel, der die Waffe verschwinden ließ, da sie ihm hier eh nicht half und wohl nur Schwierigkeiten erbrachte.

Er sprang hoch, hielt sich an einem Deckenbalken fest und mit Schwung schaffte er es, über die Gruppe hinwegzuspringen. Nicht sehr elegant, aber hier war es sinnvoller, einem Kampf komplett aus dem Weg zu gehen.

Gab es hier keine Ordner oder so? Aber so ganz wollte sich Saix nicht auf fremde Hilfe verlassen. Er sagte sich selbst, dass er wohl auch irgendwie alleine klar kommen musste.

„Könnt ihr nicht einfach warten, bis das Turnier wirklich beginnt?“, fragte er kühl und wich vor der Menge zurück, die, sich gegenseitig abdrängend, auf ihn zukam. Manche lachten über seine Naivität, einer sagte:

„Das ist typisch Engel. Voll auf Frieden aus und dann rammen sie dir das Messer in den Bauch. Falsche Brut!“

Bevor Saix etwas erwidern konnte, stürmten sie nun auf ihn zu, aber dann flog eine feurige Chakram zwischen ihnen und Saix durch den Raum und brachte die ‚Angreifer‘ zum Stillstand.

„Hey, hey, hey – heute wird nicht gekämpft, alles klar, Leute?“ Axel stand in einem Eingang des Raumes und fing seine Waffe wieder, die zu ihm zurückgekehrt war.

„Alle mal schön wieder brav aufstellen. Der Fürst mag es gar nicht, wenn sich nicht an Regeln gehalten wird, aber ihr kommt noch mal glimpflich davon, immerhin ist die Situation etwas … ungewöhnlich.“

Die Dämonen murrten, taten aber, was Axel sagte und dies zeigte nur, dass sie Respekt vor ihm oder eher generell den XIII von Xemnas hatten. Trotzdem lag in der Luft noch eine aggressive Spannung, aber Saix konnte wieder ein wenig auf Abstand und Axel schien hierzubleiben, denn er kam zu ihm und sagte leise:

„Der Fürst sagte, ich soll hier nach dem Rechten sehen. Er hat wohl gespürt, dass was im Gange war. Ich schien ja rechtzeitig zu kommen.“

„Ich hätte mich auch hinter einem Schild verschanzen können.“, meinte Saix nur und schwieg, blieb mit verschränkten Armen stehen. Er wollte da nicht raus. Wenn er auf die Kerle hier schon so eine Wirkung hatte, wie wäre das dann bei einer Million Zuschauer? Er hätte sich ja ernsthaft verteidigen können, aber er wollte wirklich nicht vorher disqualifiziert werden oder so.
 

Die Zeit verging, die Teilnehmer waren brav und Axel blieb auch die ganze Zeit hier, damit dies auch wirklich so blieb und dann war Fyrin an der Reihe und Saix stellte sich schon mal hin, als der Dämon hinausging. Der Engel wurde etwas nervös. Nein, er war es schon, aber jetzt spürte er es richtig.

„Und nun, meine Freunde!“, ertönte Azriols Stimme. „Ist der Moment gekommen, auf den wir alle gewartet haben! Die Nummer 99! Der wohl meist diskutierteste Teilnehmer von allen! Ich stelle nun vor….“

„Geh schon.“, sagte Axel zu Saix, als dieser sich einfach nicht rührte. Mit so einer Ansage – ernsthaft, wer wollte da schon noch rausgehen? Hinter ihm lachten ein paar, aber ein paar Flammen zuckten, weshalb sie schwiegen.

Der Engel atmete einmal tief ein und aus und trat dann hinaus ins Stadion, in dem auf einmal Totenstille herrschte. Bisher war immer etwas zu hören gewesen, vor allem ein Jubel, wenn die Teilnehmer nach draußen traten, hier aber machte sich ein Tuscheln nun langsam breit, welches von Azriol übertönt wurde:

„Saix, der tanzende Prophet des Mondes. Der erste Engel seit Anbeginn, der in einem Turnier mitkämpft.“

Saix stand in der Mitte, spürte, wie die Stimmung auf einmal ins Aggressive umschlug und zum ersten Mal schaute er sich im Stadion um, ließ den Blick über die  eine Million Dämonen schweifen, von denen er hinten kaum noch welche sehen konnte, so groß war das hier. Oben sah er sich selbst auf einer Art Leinwand, wie er sich gerade umschaute.

„Ob wir im Turnier seine Flügel sehen werden? Hach, sieht er nicht heiß aus!? Exotisch!“ Es war die Stimme Lucys, der Succubus, aber  Azriol unterbrach ihr darauf folgendes Seufzen:

„Auf jeden Fall ist er mutig, so provokant hier aufzutreten. Mich würde es- ja, genau da, in der Südkurve beginnen die ersten Auseinandersetzungen. Bleibt sitzen, Leute! Die XIII sind hier und ihr kommt eh nicht an ihn ran! Und sein Blut seht ihr sowieso im Turnier, also Ruhe im Stadion!“

Saix schaute zur besagten Südkurve, wo einige Dämonen über die Absperrung wollten, aber zwei der XIII waren sofort da und der eine brachte sie mit einem Windstoß wieder zurück. Es gab keinen Applaus, dafür einige Rufe, man möge ihn auseinanderreißen, die Federn ziehen, auspeitschen, Flügel zerreißen, sein Blut vergießen und so weiter. Er lief langsam, ohne sich seine Unsicherheit und innerliche Sorge anmerken zu lassen zu dem Teil der Tribüne, wo die anderen bisherigen Teilnehmer saßen, die schon vorgestellt worden waren, die ihm alle hämisch grinsend entgegen blickten.

Das Stadion wurde ruhiger, als die 100 vorgestellt wurde, aber hier blendete Saix alles aus. Das Publikum brauchte noch drei Teilnehmervorstellungen, bevor es sich wieder beruhigt hatte und hier fühlte sich der Engel deswegen komplett fehl am Platz.

Das Training mit Xemnas war wirklich nichts gewesen. Das hier war die wahre Hölle. Hier war er am Geschehen dran und lernte die Art der Dämonen kennen, die wirklich einen unerklärlichen Hass auf Engel schoben, ohne, dass sie einen Grund hatten. Saix hatte ihnen nichts getan, wieso hassten sie ihn also so sehr? Er hasste auch keine Dämonen von Anfang an, nur weil sie Dämonen waren.

Eines stand fest: mit seiner Rüstung kämpfte er nicht, er würde sich weigern. Absolut.

Während er so dasaß und nachdachte, fiel ihm ein, dass er als ‚tanzender Prophet des Mondes‘ vorgestellt worden war und er fragte sich, woher die das wussten. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er Xemnas dies nie gesagt. Ach so, aber auf seinem Schwert stand es ja drauf und dies besaß der Fürst wohl seit dem Schlachtfeld, durch welches Saix in die Hölle gekommen war.

Das Ende der Vorstellungen war gekommen, die 128 nahm schließlich Platz und es wurde still im Stadion. Diese Stille wurde von Azriol unterbrochen:

„Das waren alle Teilnehmer. Wir sind gespannt auf Morgen, wenn die XIII erst einmal zeigen, was sie drauf haben, aber bis dahin wird gefeiert. Mögen die Feierlichkeiten beginnen!“

Und dann setzte Musik ein und ein Feuerwerk in den schönsten Farben und Lichtern erstrahlte über dem Stadion. Saix hatte sowas noch nie gesehen, war innerlich völlig hin und weg, aber er zeigte nichts davon. Er wollte nicht, dass die Dämonen hier irgendeinen Grund hatten, ihn wegen etwas dran zu kriegen und so war es das Beste, keine Gefühle zu zeigen. Es war, als habe er nur darauf die letzten Monate hintrainiert.

Es folgten einige Effekte von den XIII, die nicht allzu berauschend waren. Ein blonder ließ ein Meer im Stadion entstehen, wo eine andere Blitze über das Wasser schießen ließ, was ziemlich interessante Effekte ergab. Der andere ließ einen Wassertornado darin entstehen und trug das Wasser mittels Wind durch die Lüfte aus dem Stadion weg.

Aber als dann ein riesiger Feuervogel über das Stadion hinweg flog konnte Saix nicht anders, als die Augen etwas vor Staunen weiter zu öffnen. Es war ein von Axel geformtes Feuer und er konnte sich gut vorstellen, dass da eine Menge Konzentration und Beherrschung dahinter stecken musste, um sowas hinzubekommen.

Der Feuervogel flog in die Mitte des Stadions, zerbarst in tausende kleiner Flammen und verschwand dann zusammen mit einem letzten Klang der Musik.

Das ‚Ahhhhh‘ und ‚Ohhhhh‘ der Zuschauer war währenddessen laut und dann erklang ein Ohrenbetäubender Jubel, der erst viele Minuten später verklang. 
 

Die Feier war beendet, nun würde draußen auf der Marktstraße noch ein Straßenfest sein, aber Saix würde dies aufgrund seiner Erfahrung hier im Stadion definitiv vermeiden und direkt in seine und Axels Unterkunft gehen.

Er hatte hier deutlich erkannt, dass hier andere Regeln galten als in Xemnas‘ erschaffenem Krater, der ein kleines, abgelegenes Paradies gewesen war. Und das Turnier würde wohl nicht nur wegen der Kämpfe gegen die Teilnehmer interessant werden.

Nein, gewiss nicht.
 

# Kapitel 21 Ende #
 

Tanz zweier Engel

# Kapitel 22 # Tanz zweier Engel #

„Warum in meiner Rüstung? Das war nicht fair- die drehen durch, sobald die Kämpfe beginnen!“

Xemnas war am Abend bei ihm im Quartier aufgetaucht und nun konfrontierte Saix ihn einfach damit. Nach wie vor fand er es ungerecht, dass er so auffällig dort hat erscheinen müssen. Der Fürst aber sah ihn nur nichtssagend und geradezu kühl an, bevor er mit ebensolcher Stimme meinte:

„Was ist dein Problem? Du bist am Leben und hast nicht einen Kratzer. Ich wünsche, dass du dich während des Turniers genauso verhältst, wie heute im Stadion. Stolz und Erhaben. Man hat dir deine Unsicherheit kaum angesehen.“

„Ich hatte Panik!“

„Ach… hattest du das?“ Es lag ein Hauch von Spott in der Stimme. „Komm mit.“

Hätte sich der Engel nicht schon was anderes angezogen, hätte er sich geweigert. Er trug wieder eine schwarze Hose und ein ärmelloses Shirt, trat dann ohne ein weiteres Kommentar durch das Portal, welches Xemnas schuf. Die Portale konnten nur die XIII verwenden, wie Saix erst neulich mitbekommen hatte. Normal wurde man von der Dunkelheit zerfressen, wenn man sie benutzte, aber die schwarzen Kutten der XIII verhinderte dies und um Saix war von Axel und Xemnas immer ein schützendes Schild gelegt worden, damit er heil hindurch kam. Es wäre wohl das Gleiche, wenn ein Dämon versuchen würde, ein Lichtportal der Engel zu verwenden. Das würde ihn nämlich direkt verbrennen…

Sie traten auf einen Hügel, ein wenig abseits der Stadt. Von hier konnte man noch die Musik der Feierlichkeiten gut hören, die im Quartier schon Nerv raubend gewesen war. Die etwas ruhigere Kulisse hier tat da wirklich gut.

„Hast du schon mal getanzt?“, fragte Xemnas ihn auf einmal und wandte sich ihm zu.

Saix schüttelte den Kopf. Brachte ihn der Fürst jetzt extra hierher, um ihn dies zu fragen oder wollte er jetzt mit ihm tanzen? Irgendwie klang beides mehr als nur absurd.

„Es gibt einen besonderen Tanz bei den Engel. Ich habe das seit Ewigkeiten nicht mehr gemacht, aber… nun bist du hier.“

Das war nicht sein ernst?! Saix ließ seine teilnahmslose Maske fallen und starrte Xemnas in einer Mischung aus Unglauben und Verblüffung an.

„Komm her, Saix.“

Und der Angesprochene setzte sich aufgrund des verführerischen Tonfalls in Bewegung, trat vor den Silberhaarigen, der ihn zu sich heran zog, kaum, dass er in Reichweite war. Saix stand an ihn gelehnt da, den Kopf mit leicht geröteten Wangen gesenkt, eine Hand gegen Xemnas‘ Brust gelegt, während die Andere von diesem festgehalten wurde. Aber Xemnas ließ ihn los, strich ihm über die Wange, legte zeitgleich den anderen Arm um Saix‘ Hüfte, um ihn an sich heran zu ziehen.

Der Moment war geradezu intim obgleich sie nichts intimes taten, doch zugleich fand es der Jüngere auch schön, mit den vielen Lichtern der Hauptstadt im Hintergrund, die Musik, die diesen Augenblick noch schöner machte und vor allem die gleichzeitige Ruhe vor den Dämonen hier oben. Und auch Xemnas‘ Anwesenheit, nach der Saix sich in den letzten Monaten mehr gesehnt hatte, als er sich selbst eingestehen wollte, fand er definitiv nicht unangenehm.  

„Sieh mich an.“ 

Er gehorchte, blickte auf in diese orangegoldenen Augen, die ihn schon damals bei ihrem ersten Treffen so gefesselt hatten. Wäre damals im Himmel alles anders gekommen, wenn er nicht immerzu an ihn gedacht hätte und Michaels Forderungen gerecht geworden wäre? Wäre er im Himmel glücklicher?

Als wüsste der Fürst, was ‚sein‘ Engel gerade dachte, fragte er:

„Du bist jetzt über ein Jahr in der Hölle. Sehnst du dich noch immer nach dem Himmel?“

Seine Hand strich Saix geradezu sanft durch das Haar, was diesen ein wenig irritierte.

„Es war mein Heim… Das Licht fehlte mir…“

„Du hast einen Weg gefunden, es zu bewahren.“, stellte Xemnas jedoch fest.

„Indirekt…“ Stimmt, er hatte es ihm nie gesagt. Aber vielleicht wusste Xemnas es selbst, immerhin verband sie ja dieser Seelensplitter. „Mein Licht erstrahlt, wenn ich in Eurer Nähe bin.“

Darauf folgte Stille. Xemnas ließ ihn nicht los, rührte sich nicht, aber Saix senkte beschämt aufgrund dieses Eingeständnisses den Blick. Sekunden verstrichen, in denen keiner von Beiden etwas sagte, aber dann hob der Fürst das Kinn seines Engels mit drei Fingern an und legte die Lippen auf die Saix‘, küsste ihn erst geradezu sanft, aber auch nur kurz und doch bescherte es Saix ein Kribbeln auf den Lippen.

„Lass uns tanzen, wie Engel es tun.“

„Wie?“

Xemnas breitete seine schwarzen Schwingen aus, Saix tat es ihm intuitiv gleich, obwohl er eigentlich keine Ahnung hatte, was dies werden sollte und vor allem, was er tun sollte. Dann erhob sich der Herrscher der Hölle mit zwei kräftigen Flügelschlägen in die Luft, seinen Engel noch immer festhaltend. Als Saix ebenfalls mit den Flügel schlug, die das komplette Gegenteil von denen Xemnas‘ waren, ließ ihn der Silberhaarige los und flog einmal um ihn herum, gab ihm ein Zeichen, es ihm gleich zu tun und so flogen sie in einer Spirale immer höher, begleitet von bunten Lichtern und der Musik im Hintergrund des großen Eröffnungsfestes.

Die Sorgen bezüglich des Turniers waren bei Saix wie weggeblasen. Dieser Moment war für ihn so wunderschön, Magie erwachte in ihm und die Luft um ihn herum schien sich damit aufzuladen. Bei Xemnas war dies wohl ebenfalls der Fall, denn als sie näher zueinander flogen, vermischte sich ihre Magie und stob in blau-silbernen Funken auseinander und ließ sie in einem regelrechten Sternenregen nach oben steigen. Schließlich aber waren sie hoch genug, um die Musik nur noch am Rande wahrzunehmen, aber das spielte gerade keine Rolle mehr.

Es war die Magie dieses Moments, der es so Einzigartig machte und als Saix von sich aus um Xemnas herum flog,  geradezu wirbelte und dabei ihm näher kam, funkelte die Magie wie ein geräuschloses Feuerwerk um sie herum. Der Fürst selbst blieb eher auf der Stelle, aber schließlich streckte er die Hand aus und zog den Engel zu sich, direkt in einen verlangenden Kuss hinein, den Saix voller Euphorie über dieses Glücksgefühl im Moment erwiderte. Die Magie, die zwischen ihnen hin- und hersprang, wärmte sein innerstes, ließ ihn die Strapazen der letzten Monate vergessen und verzeihen und er konnte fühlen, wie er sich nach dem Silberhaarigen sehnte, das Licht aufnahm und die Macht der Hölle verdrängte, als sei sie gar nicht existent.

Während ihres Kusses startete das Abschlussfeuerwerk, tauchte sie in noch buntere Lichter und langsam sanken sie nach einer Weile Richtung Boden zurück, sich noch immer küssend und für Saix brauchte es auch nicht unbedingt sofort zu enden. Xemnas war sanft, was recht ungewohnt war und doch schien sein Kuss einnehmend, besitzergreifend und verlangend zu sein. Irgendwie schaffte der Fürst es, auf seine eigene Art verführerisch zu sein.

Aber schließlich unterbrach er den Kuss, blickte dem Kleineren in die Augen und sagte mit ruhiger Stimme:

„Das war ein Engelstanz in seiner kurzen Form. Interessante Magie, oder?“

„Ist sie immer so… überwältigend?“, fragte Saix atemlos, lehnte sich gegen den Anderen, um diesen Moment noch auszukosten.

Die Antwort blieb jedoch aus, sollte wohl ein Geheimnis bleiben. Aber wenn es wohl eine kitschige gewesen wäre, so hätte es ohnehin nicht zu Xemnas gepasst, von daher war es vielleicht ganz gut so. Das gerade war ja schon entgegen allem, was sich Saix unter dem Höllenfürst vorstellte.

Das Feuerwerk war verklungen, es war kurz, aber wohl sehr beeindruckend gewesen, doch eine Rolle spielte es für den Engel im Moment nicht.

Xemnas‘ Schwingen waren verschwunden und auch Saix klappte sie ein und obwohl Xemnas ein für Saix unliebsameres Thema ansprach, verklang die erhitzende Magie noch nicht.

„Ich möchte, dass du dir Morgen die Kampfstile der XIII gut einprägst. Lerne aus ihnen.“

„Ja, Meister. Ihr werdet am Ende kämpfen?“

„Lass diese Förmlichkeiten. Für meine engsten Leute bin ich einfach ‚der Superior‘. Sie bringen mir Respekt entgegen, aber dazu braucht es keinerlei Floskeln. Und ja, ich werde am Ende kämpfen, aber erwarte nichts Spektakuläres.“ Der Fürst schaute seinen Schützling ernst an und ein wenig irritierter fragte Saix:

„Aber ich gehöre nicht zu Eu… deinen engsten Leuten.“

„Noch nicht, Saix. Noch nicht…“ Und dann küsste ihn Xemnas erneut, legte dabei eine Hand in Saix‘ Nacken und zog den Jüngeren näher an sich heran. Ein wenig neckend biss er ihm auf die Unterlippe, leckte dann über die Stelle, nur um danach ihre Lippen erneut zu versiegeln, der Kuss war aber etwas grober und fordernder und Saix fragte sich irgendwo am Rande seines gerade noch funktionierenden Verstandes, was Xemnas mit ihm wirklich vor hatte.
 

„Ich bringe dich zurück.“ Saix stand an Xemnas gelehnt da, nachdem sie den Kuss unterbrochen hatten und genoss das Abklingen der Wärme und diesen irgendwie doch intimen Moment mit dem Fürsten, der die Stille gerade durchbrochen hatte.

„Du musst morgen früh raus und fit sein. Wie du gemerkt hast, gibt es immer wieder Teufel oder Dämonen, die ihre Finger nicht bei sich behalten.“

„Muss ich die Engelsrüstung morgen anziehen?“

„Ich bestehe darauf.“ Die Stimme des Fürsten ließ keine Widerrede zu.

„Aber..“

„Wenn du morgen in Höllenkleidung zwischen den Zuschauer auftrittst, werden sie denken, sie haben dich eingeschüchtert und du seist ein Feigling. Das wird dich als schwach erscheinen lassen. Du wirst die Rüstung bis zu deinem letzten Kampf in der Öffentlichkeit tragen.“

Nein, absolut keine Widerrede. Saix seufzte, aber nickte dann. Es deprimierte ihn nicht einmal. Wahrscheinlich, weil er noch gedanklich bei diesem geradezu magischen Tanz war.

Noch einmal durfte er überraschend den Geschmack von Xemnas‘ Lippen kosten, aber nur für einen kurzen Moment, dann brachte ihn der Fürst wieder auf gleichem Wege zurück, wie sie hierhergekommen waren.

„Ich muss nicht extra erwähnen, dass dieser Abend unter uns bleibt?“, fragte er und als Saix nickte, verschwand er auch sogleich, warf ihm aber noch ein ‚Bis morgen, mein Engel.‘ zu.

Was bei allen guten Geistern war das alles gerade gewesen? Saix ging wie in Trance in sein Zimmer und ließ sich auf das Bett fallen.

Xemnas hatte mit ihm getanzt. Wie ein Engel! Ein Engelstanz… Und es hatte sich so intim angefühlt, aber es war zugleich so unpassend zu dem Fürsten der Hölle, dass es einem Traum gleich sein könnte. Noch immer spürte Saix das wohlige Kribbeln der Magie in sich.

Ob Xemnas das mit mehreren gefallenen Engeln tat oder getan hatte? Irgendwas in Saix sagte ihm, dass dem nicht so war. Aber er hatte ja erwähnt, er habe dies seit Ewigkeiten nicht getan. Vielleicht war der Fürst in Wahrheit einfach nur einsam oder auf Ablenkung aus und diese Ablenkung konnte Saix ihm nun verschaffen. Ja, irgendwas in der Art würde es wohl sein… Richtige Gefühle waren wohl kaum dahinter, das passte nicht. Oder?

Schlafen für Morgen war im Moment auf jeden Fall nicht drin. Zu sehr beschäftigte ihn dieser doch sehr ungewöhnliche Abend, an dem er eine ganz neue Seite Xemnas‘ kennen gelernt hatte.
 

# Kapitel 22 Ende #
 

Das Turnier der XIII

# Kapitel 23 # Das Turnier der XIII #

Wie lange er noch über Xemnas‘ Verhalten nachgegrübelt hatte, wusste Saix selbst nicht. Irgendwann war es jedoch draußen heller geworden und er musste sich fertig machen, um beim Turnier zu erscheinen. Heute als Zuschauer, morgen würden die Vorrundenkämpfe beginnen.

Axel wartete schon im Wohnzimmer auf ihm. Auf dem kleinen Tisch standen eine Schale mit Obst und eine Karaffe mit Milch, als der Engel in seiner Rüstung eintrat.

„Wow! Du willst wirklich wieder so da raus?“, kommentierte sein Freund sein Erscheinen.

„Der Fürst will es so.“

Mehr sagte Saix dazu nicht und wandte sich etwas ab, damit Axel nicht sah, wie sich seine Wangen leicht rot färbten, als er sich an den Tanz gestern erinnerte. Diesen Abend würde er so schnell jedenfalls nicht vergessen.
 

Sie flogen ins Stadion. Da sie recht früh dran waren, gab es wenige, die auf sie Aufmerksam wurden und abgesehen von zwei Verwünschungen und drei Beleidigungen verhielten sich die Dämonen ruhig, sodass Saix unbeschadet auf seinem Platz auf der Tribüne zwischen den anderen Teilnehmern einnehmen konnte. Von diesen waren erst rund 20 anwesend, aber die Kämpfe der XIII würden erst in 2 Stunden beginnen. Bis dahin schaute der Engel dem langsam mehr werdenden Treiben zu, als das Stadion sich nach und nach füllte, bis es schließlich eine halbe Stunde vor Beginn bis auf den letzten Platz belegt war.

Obwohl Saix versuchte, seine Aura komplett zu unterdrücken, wurden viele auf ihn aufmerksam. Einer wollte sogar angreifen, flog mittels zwei großen, wespenartigen Flügel auf ihn zu, wurde aber mitten in der Luft von einem Pfeil erwischt und anschließend aus dem Stadion befördert. Einer der XIII hatte ihn mit seiner Armbrust präzise vom Himmel geschossen. Oh ja, sie passten auf… Aber trotzdem war es Saix nicht ganz geheuer. Absolut nicht, nein.

„Meine Freunde, ich heiße euch alle Willkommen zum großen Turnier! Heute werden die XIII des Fürsten ihr Können zeigen. Da es in 5 Minuten beginnen wird, weise ich euch noch einmal auf die Regeln als Zuschauer hin.“

Der Kommentator Avriol erwähnte lediglich, dass das Wirken von Magie zwischen all den Besuchern verboten war und er sagte noch mal explizit, dass man den ‚Engel‘ in Ruhe lassen sollte, wenn man an seinem Leben hing. Sein Blut würde noch früh genug in der Arena verteilt sein.

Na, danke… Aber der Kommentar war wohl so eine Art Beschwichtigung.

Fyrin, welcher neben Saix saß, beugte sich zu diesem, sagte mit einer geradezu amüsierten Stimme:

„Ich bin wirklich gespannt, wie weit du kommst, Engel. Dich in den Endkämpfen zu sehen wäre ein wahrer Genuss. Ah, sieh nur, es beginnt.“

Xemnas tauchte auf der Empore auf, auf der die XIII bereits standen und warteten. Der Fürst hob kurz die Hände und die Menge erhob sich, verbeugte sich aber in nahezu peniblem Einklang vor ihm und Saix tat es ihnen gleich, als er von Fyrin einen Stoß in die Seite bekam. Dann ließ Xemnas die Arme sinken und ein Gong ertönte. Die Bewohner der Hölle setzten sich wieder und die Stimme von Lucy, der Co-Moderatorin erklang:

„Nach dem Auswahlverfahren kämpft zuerst die Nummer V gegen die Nummer IX. Letztes Mal war der erste Kampf auch zwischen den Beiden und die V gewann. Mal sehen, wie es heute wird!“

Zwei der XIII teleportierten sich in die Arena. Der mit der Armbrust, Xigbar, wie Saix wusste, schien Schiedsrichter zu machen, denn er gab das Zeichen zum Kampfbeginn zwischen diesem riesigen, braunhaarigen Hünen und dem zierlichen Blonden, die sich gegenüber standen.

Sehr spektakulär war dieser Kampf nicht wirklich. Der Blonde rannte eigentlich nur weg, als hinge sein Leben von einem Schlag seitens des Anderen ab, der ihm mit einer großen, Tomahawk-ähnlichen Waffe verfolgte. Es sorgte auch für manches Gelächter im Publikum und Saix saß da und wusste nicht, ob er das da gerade ernst nehmen sollte. Eigentlich sollten das doch unerbittliche Kämpfe sein, oder?!

„Es sieht danach aus, als habe die IX mal wieder keine Lust zu kämpfen.“,kommentierte Avriol dieses Katz und Maus-Spiel, aber genau in dem Moment, blieb der Blonde, die IX, schlitternd stehen und schoss einen Schwall Wasser auf seinen Gegner, der davon getroffen und gegen die Arenawand geschleudert wurde, wo er KO liegen blieb.

„Na sowas? Das nenne ich mal einen Überraschungseffekt. Ah, und Demyx, die Nummer IX, wird zum Sieger erklärt, da sein Gegner im Reich der Träume ist. Ein schneller, aber gut gewählter Angriff. Leider ist jetzt das halbe Stadion nass, aber das könnte Larxene, der Nymphe, einen Vorteil verschaffen. Sie ist die Nummer XII und tritt nun gegen die III an.“

„Man sollte keinen der XIII unterschätzen.“, gab Fyrin von sich, als sich unten die nächsten beiden Kämpfer in die Arena teleportierten. „Sie haben alle Charakter und ihre Unberechenbarkeit macht sie gefährlich.“

„Hört sich so an, als hättest du schon einige Probleme mit ihnen gehabt.“, erwiderte Saix.

„Oh, sie hätten mich getötet, aber die VIII setzte sich für mich ein und seither bin ich Informant für ihn. Ich habe eine Seele eines anderen Dämons verschlungen. Darauf steht die Todesstrafe, doch die Umstände waren etwas… heikel.“, erklärte der Ziegendämon und somit war klar, wieso er sich mit Axel so gut verstand. Er verdankte ihm sein Leben. Wieso genau fragte Saix nicht näher nach, denn der Kampf unten begann. Die Blonde und nach Saix‘ Wissensstand die einzige Frau der Gruppe konnte Blitze schießen und ihr kam der vom Kampf zuvor durchnässte Boden nur sehr gelegen, denn er verschaffte ihr einen Vorteil. Der Andere sprang direkt in die Luft, als sie den Boden unter Strom setzte und er schien auf einer Windböe durch die Luft zu surfen. Lanzen wirbelten um ihn herum und eine schoss genau auf die Frau zu, die aber empor sprang und auswich, weitere Blitze in die Richtung ihres Gegners schoss. Dieser hatte bereits eine weitere Lanze zum Angriff ausgesandt, die den Blitz abfing und in die Richtung der Zuschauerbänke flog, doch sie prallte an einem unsichtbaren Schild ab.

„Bei den Kämpfen der XIII ist die Arena immer mit einem Schutz des Fürsten umgeben.“, erklärte Fyrin, als Saix ein ‚Hä?‘ von sich gab. „Auch wenn es im Moment nicht danach aussieht, es kann ziemlich gefährlich für die Umgebung werden.“

Na, wenn Axel mit seinem Feuer erst mal loslegte, dann konnte das wirklich gut sein, befand Saix im Stillen und versuchte sich zu merken, welcher der XIII welche Fähigkeiten besaß. Noch waren es ja nur vier, aber 11 würden es insgesamt sein.

Der Kerl mit den langen, schwarzen Dreadlocks musste landen, als er durch ein paar Kunais abgelenkt wurde und seine Konzentration gestört schien. Dies nutzte die Nymphe, wie sie genannt wurde, und setzte den Boden erneut unter Strom, der ihren Gegner zu paralysieren schien und ihn ausknockte.

„Larxene, die XII, ist Siegerin des zweiten Kampfes. Und es geht schon weiter. Die VIII und die X haben sich im Stadion eingefunden.“

Auf einmal hörte man ein lautes Gekreische einer ganzen Menge Dämonenfrauen, die hier deutlich in der Unterzahl im Publikum waren. Man vernahm mehrmals den Namen ‚Axel‘ und die Kommentatorin Lucy gab von sich:

„Wie es scheint, bin ich nicht alleine im Fanclub der VIII. Hach, der hat aber auch Feuer! Das letzte Mal war er noch ein normaler Teilnehmer und hat das Turnier gewonnen, nun gehört er zu den XIII und ist beliebter wie eh und je.“

Saix musste leicht schmunzeln, als er Axel unten breit grinsen und kurz winken sah, dann wurde aber der Kampf eröffnet und der Rotschopf verschwand von der Stelle und eine Sekunde später kippte die X, ein blonder Mann mit Bart, einfach nur um und blieb liegen. Im Stadion war es still.

„Weiß jemand, was gerade passiert ist?“ Selbst die Kommentatoren waren verwirrt, wie es schien.

„Nun, das ist wohl das Gefährliche an ihm. Man munkelt, er sei für die schnelle Beseitigung von Personen zuständig und schnell kann man das gerade nennen, oder?“

Das Publikum tuschelte noch etwas, doch es ging auch schon weiter. Es folgten noch zwei der ersten Kämpfe, einer der XIII hatte wohl einen Freifahrtschein, weil sie eine ungerade Zahl waren und Saix prägte sich den Kampfstil mancher ein, so gut es eben ging. Als ein kleiner, schwarzhaariger dran war, Vanitas genannt, hatte der Engel das Gefühl von dessen Blicken nur so durchbohrt zu werden und der Kerl schien sich mehr auf Saix zu konzentrieren als auf seinen Gegner, aber trotzdem gewann er wohl mühelos.

Der Tag zog sich hin. Die späteren Kämpfe dauerten länger, die XIII zeigten mehr von ihren Fähigkeiten, aber Saix war sich sicher, dass sie nicht alles von sich Preis gaben. Es wäre immerhin Kontraproduktiv und würde Schwachstellen offenbaren. Der Finale Kampf unter ihnen war zwischen Axel und der XIII, Vanitas. Es war später Nachmittag mittlerweile, die eine Pause von einer halben Stunde hatte Saix hier auf der Tribüne verbracht, obwohl sein Magen knurrte. Aber hier gab es nur Fleischspieße und um was zu essen hätte er zwischen all den Dämonen ins Quartier zurückgemusst. Nein, danke.

„Was tippst du, wer hier gewinnt?“, fragte Saix Fyrin. Die Beiden hatten sich ab und an mal in den letzten Stunden über Belangloses bezüglich des Turniers und der Kämpfe unterhalten und obwohl Fyrin einen auf freundlich tat, so blieb der Engel vorsichtig.

„Schwer zu sagen. Die XIII ist das erste Mal hier dabei, er war bisher immer der Öffentlichkeit vorenthalten worden. Sein Kampfstil ist sehr unberechenbar und launisch, während Axel jedoch präzise und schnell sein kann, aber auch die Stadt in Flammen setzen könnte, wenn er wirklich wollte.“, antwortete der Ziegendämon und Saix nickte leicht.

„Ich tippe auf meinen Freund, Axel.“, meinte er und mit einem Lächeln winkte er diesem zu, als Axel zu ihm blickte und grinste, aber dann verschwand dieses Grinsen und der Rotschopf wurde ernst, fixierte seinen Gegner, der noch immer wie ein Wahnsinniger zu Saix blickte.

„Vanitas scheint dich nicht zu mögen.“, stellte Fyrin fest, dem dies ebenfalls nicht entgangen war.

„Ich habe ihm nichts getan… Ich kenne ihn nicht.“

„Wer von Beiden wird hier im Turnier als Sieger hervorgehen und gegen den Fürsten persönlich antreten dürfen? Die Meinungen sind hier wohl ziemlich unterschiedlich. Ah, da kommt die II und gibt das Signal. Der Kampf beginnt!“

Dieses Mal sprang Axel sofort in die Luft, streckte die Hände zur Seite aus und um sie herum wirbelte Feuer und im nächsten Augenblick hatte er zwei Chakrams in den Händen, während Vanitas noch immer zu Saix blickte, beinahe irre grinsend. Aber dann griff der Rotschopf an und als er direkt vor der XIII war, beschwor dieser eine Art Schwert, ziemlich seltsam aussehend und blockte den ersten Angriff mit den Chakrams ab, als habe er sich gerade nur auf Axel konzentriert und nicht auf den Engel in der weiß-silbernen Rüstung auf der Tribüne. Es entbrannte ein schneller Schlagabtausch zwischen ihnen, es folgte Hieb auf Hieb und wenn Vanitas einen Schritt zurück gedrängt wurde, brachte er Axel durch einen Hieb seinerseits ebenfalls wieder zurück. Die Angriffe waren so schnell, dass man sie kaum wirklich erkennen konnte, aber dann sprang Axel in die Luft, beschwor einen Ring aus Feuer um sich herum und ließ eine Flammenwand um den Schwarzhaarigen entstehen, welcher nach oben blickte. Die Flammenwand zog sich zusammen, wurde enger und die Hitze zwang die XIII in die Luft, weshalb er sich vom Boden abstieß und zwei ziemlich missgestaltete, schwarze Flügel ausbreitete. Für Saix sah es aus, als seien sie falsch zusammengewachsen, missgebildet und auch zerfleddert wirkend und wirklich Fliegen konnte der Kerl auch nicht damit. Er schien sich mittels Magie in der Luft zu halten und mit seinen Flügel nur die Richtung zu steuern und zu lenken, was ihn zwar nicht als Kämpfer langer Luftgefechte auswies, aber als wendig und schnell.

Dies schien nun auch Axels kurzzeitiges Verhängnis zu werden, denn die XIII kam auf ihn zugeschossen, hieb schnell und präzise auf Axel ein, sodass dieser das Feuer verschwinden lassen musste, um sich auf das Abblocken der Angriffe zu konzentrieren.

„Die XIII geben bei diesen Kämpfen nie alles.“, meinte Fyrin ruhig zu Saix, welcher geradezu angespannt mitfieberte. „Nur ein Bruchteil ihres wahren Könnens.“

„Und das ist schon genug, um sich klein und unbedeutend vorzukommen.“, erwiderte der Blauhaarige und zuckte zusammen, als Axel am Arm getroffen wurde, aber dann bekam auch Vanitas einen Schlag ab und krachte auf den Boden, während Axel ebenfalls wieder auf dem Boden landete und sofort seine Flügel verschwinden ließ, die eine Schwachstelle darstellten. Vanitas rappelte sich auf, teleportierte sich und sofort waren Beide wieder in einem schnellen Schlagabtausch verwickelt, bei denen keiner wirklich die Oberhand hatte.

Die Verletzung Axels schien unbedeutend, denn die Flamme schien uneingeschränkt einfach weiterzukämpfen und dann war er es, der sich teleportierte und seinem Gegner die Waffe ins Genick rammte, sodass Vanitas zu Boden ging und dort reglos liegen blieb.

Nach ein paar Sekunden hob Xigbar die Hand und erklärte Axel zum Sieger dieses Turniers. Vor Freude sprang Saix auf und jubelte und passte einen Moment lang nicht auf, weshalb sein Schild fiel, was seine Aura verbarg und die Macht eines Engels erstrahlte zwischen den Teilnehmern auf der Tribüne und einen Moment herrschte Stille, bevor dann Chaos losbrach. Selbst Fyrins Augen funkelten begierig auf und doch schien er sich noch mit am Meisten zu beherrschen, denn von hinten wollte ein Dämon nach ihm greifen und seine Krallen in seiner Schulter versenken. Sofort wollte Saix einen Schutz um sich herum aufbauen, aber auf einmal war der Fürst höchstpersönlich vor ihm und sandte eine solche Druckwelle aus, die jeden im Stadion von den Füßen riss und die am nächsten stehenden Dämonen einige Meter nach hinten warf.

Dann baute Saix schnell wieder seinen Schutz um sich herum auf, schluckte innerlich, erstaunt darüber, wie schnell die Stimmung dieser Masse ins Aggressive springen konnte, nur, weil sie die Macht eines Engels gespürt hatten. Er musste verdammt noch mal aufpassen… Und das auch noch während der Kämpfe….

„Nun- äh… Da hat unser Engel wohl die Kontrolle vor lauter Freude verloren.“, meinte Lucy. Ihrer Stimme nach war sie gerade auch ein wenig neben der Spur gewesen. „Also, Leute, ihr seht, der Fürst hat was dagegen, wenn ihr den Kleinen anfasst, also lasst es ganz bleiben. Aber… diese Macht war schon ziemlich… wow! Verübeln kann ich es keinem, der gerade ausgerastet ist.“

Die Geräuschkulisse war noch immer ziemlich laut, man hatte nicht mal mitbekommen, dass Vanitas aus dem Stadion gebracht worden war.

Xemnas sah Saix noch einmal kalt und streng in die Augen, einer Warnung gleich, dann teleportierte er sich in die Mitte des Stadions, wo Axel schon auf ihn für den finalen Kampf zu warten schien. „Dann beginnt also der letzte Kampf für heute. Mal sehen, ob wir mehr vom Kampfstil des Fürsten heute sehen werden.“, ertönte Avriols Stimme.

Die Menge wurde langsam ruhiger, um Saix herum blieben die Sitzplätze frei und selbst Fyrin schien etwas eingeschnappt zu sein und blieb auf Abstand.

Unten gab die Nummer II wieder das Zeichen zum Beginn und Axel griff mit seinen Chakrams sofort an. Xemnas schien sich aber kaum zu bewegen, sondern nur mit leichten Bewegungen den Angriffen auszuweichen und schließlich wurde nach wenigen Sekunden Axel von irgendwas getroffen und ging zu Boden. Der Kampf war beendet.

„Nun… wir haben hiermit noch weniger als sonst von unserem Fürsten gesehen. Anscheinend hat er durch die Aktion des Engelchens gerade echt miese Laune. Das war es jedenfalls für heute, meine Freunde. Denkt dran, morgen beginnen die Vorrunden.“

# Kapitel 23 Ende #
 

Die Vorrunden

# Kapitel 24 # Die Vorrunden #
 

„Der Superior war gar nicht glücklich, dass du deine Aura in diesem einen Moment nicht verborgen hast. Hast ja gesehen, wie die Teufel da draußen abgehen.“, meinte Axel ein paar Stunden später zurück in ihrer Unterkunft.

„Ich habe das nicht absichtlich gemacht. Ich habe mich kurz nicht mehr konzentriert und mich nur wegen deinem Sieg so gefreut…“

„Isa, das ist kein Grund! Du hast deinen Schutz zu jeder Stunde aktiv, selbst im Schlaf, wieso in diesem Moment nicht mehr?!“ Axel schien auch nicht gerade glücklich darüber zu sein, was vorgefallen war. Saix fand es jedoch ungerecht, dass man ihn damit nun so konfrontierte. Gern hatte er das immerhin nicht gemacht und eigentlich war es wirklich komisch gewesen, denn konzentrieren tat er sich eigentlich schon nicht mehr so richtig auf seinen Schutz. Der war einfach da… Klar, er musste ihn aufbauen, aber ihn zu halten war praktisch wie atmen.

„Ich weiß es nicht!“, herrschte er Axel an, wandte sich ab und ging in sein Zimmer. Er wollte aus den Klamotten raus, war gefrustet und da half auch nicht die Erinnerung an den wundersamen Tanz mit Xemnas am Abend zuvor.
 

Der nächste Tag brach schneller an, als er es erwartete. Im Nu befand er sich in der Halle, in der seine ersten Kämpfe stattfinden würden und sie war überfüllt. So viele Dämonen und Teufel wie möglich wollten ihn sehen und es war geradezu beängstigend, wie sie sich dort um die Kampffelder scharrten. Saix war beim 3. Kampf zum ersten Mal dran. Nach wie vor fühlte er sich wie auf dem Präsentierteller, weil er seine Rüstung trug, aber er achtete penibel darauf, seine Engelsaura zu verbergen. Das gestern… das hätte nicht passieren dürfen und war ihm immer noch unerklärlich. Solange sie die Macht nicht spürten, schienen sich die Dämonen auch eher beherrschen zu können. Trotzdem musste Saix einige Kommentare und Verwünschungen ignorieren, als er am Rande des Kampffeldes auf seinen Kampf wartete. Er stand da, den Kopf stolz erhoben, den Blick geradeaus und sich nichts anmerken lassend, wie sehr es ihn verunsicherte, hier zu sein.

„Hey, Fratze! Zeig mal deine Flügelchen!“, grinste ein großer, ausnahmsweise mal hässlicher Dämon ihn an. „Du bist mein erster Gegner, ich will dir jede Feder einzeln ausreißen!“

„So viel Zeit wirst du nicht bekommen. Der Kampf würde dafür zu lange dauern.“, erwiderte Saix kühl.

Himmel, er würde nach diesem Tag drei Kreuze machen und wieder zu Gott beten, wenn er das überlebte.  
 

Die ersten beiden Kämpfe waren recht schnell. Dann betrat Saix den Kampfring und sofort regneten Buh-Rufe über ihn herein und ein Donnerwetter an Beschimpfungen rollte über ihn hinweg und er musste sich wegen dieser aggressiven Stimmung erst einmal fangen. Äußerlich blieb er ruhig. Irgendwie schaffte er es jedenfalls, ruhig zu bleiben, aber es kostete ihn wirklich Mühe.

„Saix, der tanzende Prophet des Mondlichts gegen Pizal, den Schmetterer.“, wurde der Kampf angekündigt.

Pizal grinste breit und schwang seine Waffe, eine Eisenkugel an einer langen Eisenkette, über den Kopf und ließ sie einschüchternd auf den Boden knallen. Saix beschwor seine Claymore und begab sich in eine defensive Haltung. Er wusste nicht, was ihn erwartete und er wollte erst mal abwarten, aber dazu bekam er keine Gelegenheit, denn der Kampfbeginn war direkt danach und sofort sauste die Eisenkugel auf ihn zu, sodass er ausweichen musste. Er war trotz seiner großen Zweihandwaffe zwar etwas eingeschränkt, doch er merkte schnell, nachdem er noch zwei Mal ausgewichen war, dass er deutlich wendiger als dieser Pizal war. So kam Saix schnell hinter ihn und hieb ihm mit der Waffe in den Rücken, sodass der Dämon das Gleichgewicht verlor und aus dem Kampffeld fiel, was bei den Vorrunden Disqualifikation bedeutete. War wohl dazu gedacht, um die Runden wie jetzt eben schneller zu machen. Außerdem brachte es wohl nichts, wenn sich die Teilnehmer immer halb tot prügeln mussten, um zu gewinnen.

„Saix, der tanzende Prophet des Mondlichts geht als Sieger des dritten Kampfes hervor.“, sagte der Moderator und die Buhrufe holten Saix wieder ein. Dieser blickte noch immer kühl und nichtssagend in die Menge, als er das Kampffeld verließ, doch innerlich wurde er nur unsicherer, je aggressiver und angespannter die Stimmung um ihn herum wurde. Von den XIII hatte er hier noch keinen gesehen. Es wunderte ihn, aber nur auf ihren Schutz wollte er sich weder verlassen noch drauf aufbauen.

Danach folgten noch ein paar Kämpfe, dann fing die nächste Runde von Saix‘ Gruppe an. Dieses Mal war er im zweiten Kampf dabei und kämpfte gegen Volrik. Es war ein Dämon in einer Halbgestalt. Er hatte tigerartige Klauen, einen Schwanz und seine Zähne waren auch so lang und scharf wie die eines Tigers. Ansonsten hatte er keine Waffen und schien recht harmlos, wenn man bedachte, welche Reichweite Saix mit seiner Claymore hatte, aber der Blauhaarige merkte nach Kampfbeginn sofort, dass der Dämon verdammt schnell war. Er sprang sofort auf Saix los, welcher sich mit einer Rolle in Sicherheit brachte und musste aber sofort wieder wegspringen, um dem nächsten Angriff zu entgehen. Ein paar Angriffe wich der Engel auf diese Art nur aus und Volrik bekam schon Applaus und wurde angefeuert, doch dann teleportierte sich Saix hinter ihn, wollte ihn ebenso wie seinen vorherigen Gegner aus dem Ring befördern, doch Volrik wandte sich direkt um und fing den Hieb mit seinen Klauen an.

„Glaubst du, du kannst mit der gleichen Taktik zwei Mal gewinnen?“, knurrte der Dämon mit einem Grinsen und wollte nun seinerseits seinen Gegner aus dem Ring schleudern. Doch Saix teleportierte sich erneut, dieses Mal über seinen Feind und hieb ihm so heftig ins Genick, dass der Halbtiger das Bewusstsein verlor und so zu Boden ging. Der nächste Kampf war gewonnen.
 

So setzte sich der Tag fort, bis Saix schließlich den letzten Kampf vor dem Achtelfinale auszutragen hatte.

„Belares, Sohn des Belenus gegen Saix, den tanzenden Prophet des Mondlichts.“

Saix schluckte innerlich. Dieser Belenus war ziemlich geschickt. Er hatte 4 Arme und trug demnach auch vier Klingen. Er war gefährlich und in die letzten Kämpfe waren alle ziemlich blutig ausgegangen. Und Engelsblut konnte hier zu einer Massenschlägerei führen. Aber Xemnas war selbst schuld, wenn es soweit kommen sollte. Das sagte sich der Engel jedenfalls und blickte mit Stolz erhobenem Haupt seinem Gegner entgegen.

„Ich werde deine arrogante Fresse mit Blut besudeln.“ Belares war schon mal recht charmant. Der war wohl aus der neueren Erdenzeit… „UND DANN WERDEN WIR ALLE SEIN BLUT SAUFEN!“

Die Menge jubelte, angestachelt von diesen Worten und dann begann der Kampf und sofort musste der Engel Klingen ausweichen, welche überall zu sein schienen. Er blockte zwei mit seiner Claymore ab, während er den anderen Beiden auswich und doch wurde er zurückgedrängt und so musste er wieder mal auf seine Teleportationstechnik zurückgreifen, um aus der Ecke rauszukommen. Sofort war der Dämon aber wieder vor ihm, griff wieder an und sie vollführten einen Tanz von Angriff, Block und Ausweichen, bei denen Saix aber eher defensiv war. Der Blauhaarige war noch nicht so geübt darin, Verteidigungslücken zu finden und das hier setzte wohl einfach das Training fort, nur dass es ihm vorkam wie ein Training um Leben und Tod. Für ihn bedeutete eine Niederlage mehr als nur das Ausscheiden aus dem Turnier. Er sah es irgendwie als Freifahrtschein für die Dämonen an, über ihn herzufallen, zumindest war die Stimmung hier so.

Die ganzen niedermachenden Rufe blendete der Engel längst aus.

Saix blockte also weiterhin ab, wich aus und schließlich beschloss er, von der Luft aus anzugreifen. Er breitete seine Schwingen aus und erhob sich, als auf einmal eine Welle von Geschrei über ihn hereinbrach. Zwei Pfeile flogen dicht an ihm vorbei, die definitiv nicht von Belares kamen. Die Dämonen unter ihm begannen, den Kampfring zu stürmen, aber hey, immerhin kam Belares nicht in die Luft. Der Dämon blickte etwas hilflos nach oben und trotz dessen, dass um ihn herum eine Menge Dämonen waren, die dort nicht sein sollten, konzentrierte er sich nach wie vor auf seinen Gegner, wusste aber nicht, wie er ihn erreichen sollte.

Saix versuchte sich ebenfalls noch auf ihn zu konzentrieren, aber er musste einigem anderem Zeug ausweichen und fast hätte ein Magiestrahl seinen Flügel getroffen. Er wich mittels geschickter Drehungen in der Luft aus, aber es minderte seine Konzentration enorm und selbst der Ringrichter konnte die Menge nicht eindämmen, denn er war mitten drin und dürstete auch nach Saix‘ Blut.

Waren sie jetzt nur so scharf wegen seinen Engelsflügel? Himmel, wie sollte das Turnier nur weitergehen?!

Er sammelte seine Macht, da er beschloss, einfach alle von sich zu fegen, auch wenn es ihn ziemlich Magie kostete, aber er würde da nicht runter in diese Menge fliegen, selbst wenn der Kampf gewonnen wäre. Selbstmörderisch veranlagt war er nun wirklich nicht.

Noch zwei Mal wich er Angriffen aus, die nicht von Belares kamen und dann ließ er eine magische Welle aus Mondmagie los, die einfach alles unter ihm in alle Richtungen von sich fegte und so war der Kampfring leer, als Sekunden später alle ein paar Meter davon entfernt auf dem Boden aufkamen. Saix sank zu Boden zurück und ließ seine Flügel verschwinden. Er war allein im Ring und hatte demnach gewonnen, oder? Die ersten Dämonen rappelten sich wieder auf und zögerten.

Aber es war, als würden sie nur darauf warten, dass einer losstürmte. Die Sekunden verstrichen, während der Engel nervöser wurde. Seine Feinde erhoben sich nach und nach und dann sprang einer über die Menge hinweg direkt auf ihn zu und nun setzte sich auch der Rest in Bewegung. Sie wollten ihn angreifen, wenn da auf einmal nicht Xemnas vor Saix aufgetaucht wäre und eine Art rotleuchtende Kuppel um sie Beide schuf, die sich immer weiter ausdehnte und die ersten Dämonen, die sie berührten regelrecht pulverisierte. Die Halbkugel wurde größer, vernichtete alle Höllenbewohner, die sie berührte und ließ nicht einmal ein Häufchen Asche von ihnen übrig. Das Angriffsgeschrei verwandelte sich in ein panisches Angstgeschrei und dann, als rund 40 Dämonen vernichtet waren, verschwand die Kuppel und der Fürst blickte eisig in die Menge, die noch da war oder weiter hinten stand und nicht angegriffen hatte.

„Keiner greift diesen Engel an, es sei denn es ist ein Kampf im Turnier.“ Seine Stimme war tödlich, kalt und dann fügte er hinzu:

„Er hat diesen Kampf gewonnen.“

Es herrschte Totenstille, selbst dann noch, als sich der Fürst mit Saix aus der Halle teleportiert hatte.
 

Im Quartier flog Saix unsanft gegen eine Wand, stand aber schnell wieder auf und ging rückwärts von Xemnas weg.

„Ich habe dich nicht für so dumm eingeschätzt in einer Halle voller Dämonen deine Flügel zu zeigen, wenn keiner der XIII in der Nähe ist.“, sagte der Fürst. Seine Stimme war ein leicht wütender Ton zu entnehmen.

„Ich habe es aber auch nicht verboten bekommen.“

Das schien den Fürsten nicht gerade zu besänftigen. Wütend schaute er zu dem Engel, aber dann atmete er einmal tief ein und aus und setzte sich in den Sessel, bevor er erklärte:

„Wenn du deine Flügel in einem Kampf ausbreitest, lässt das eine Macht nach außen hin erstrahlen, die genauso stark ist, als würdest du deinen Schutz sinken lassen. Wenn du nur fliegst, bleibt dieser Schutz bestehen, aber im Kampf scheint deine Konzentration noch zu schwächeln, was dies betrifft. Ab dem Achtelfinale ist ein Schutz zwischen Zuschauer und dem Kampfring, da wird das keine Probleme machen.“

„Was hätte ich aber sonst tun sollen, um nicht zu verlieren?“

Saix kam langsam näher und setzte sich etwas skeptisch auf die Couch.

„Einen anderen Weg finden, um zu gewinnen. Je weniger du deine Macht zeigst, desto friedlicher verlaufen die Spiele.“

„Ich habe mich für das Fliegen entschieden, um nicht getroffen zu werden. Ich wollte es nicht riskieren, dass die Dämonen mein Blut riechen.“, erklärte sich der Engel und er glaubte auf Xemnas‘ Lippen kurz ein Lächeln zu sehen.

„Immerhin hast du so weit gedacht.“

Klang wohl nach einem Lob. Fast…

Es klopfte und Xigbar, die Nummer II, trat ein, händigte dem Silberhaarigen ein Dokument aus, verschwand dann sofort wieder ohne ein weiteres Wort.  Der Fürst las über das Blatt, dann sagte er:

„42 Dämonen sind umgekommen, davon wären zwei im Achtelfinale gewesen. Einer davon dein Gegner, du kommst somit automatisch ins Viertelfinale.“

Saix sah ihn an und dann zur Seite weg. Gefallen tat ihm das wenig, aber so hatte er morgen einen kampffreien Tag. Immerhin…  

„Tut mir Leid, dass es so weit gekommen ist und du Dämonen vernichten musstest.“, sagte er nur, nicht wissend, was er sonst sagen sollte. Dass Xemnas ihm da rausgeholfen hatte, war wohl auch nur wegen dem Pakt gewesen, der ihn immerhin schützen sollte.

„Gewinne einfach das Turnier und versuche solche Aufstände zu vermeiden.“

Fragt sich, was von beiden Punkten leichter war…
 

# Kapitel 24 Ende #

Das Viertelfinale

# Kapitel 25 # Das Viertelfinale #

 Am nächsten Tag fand das Achtelfinale statt. Saix prägte sich die Stile der Kämpfer soweit es ging ein, was teilweise gar nicht so einfach war. Man konnte aber jetzt schon etwas abschätzen, wer einer der härteren Gegner sein würde und wer nicht, außer letztere Kämpfer hatten enorme Ass im Ärmel. Fyrin, der Ziegendämon, der Saix recht sympathisch war, war ziemlich geschickt und kämpfte mit seinem Speer besser als Belares mit den vier Klingen aus Saix‘ letztem Kampf, der so chaotisch geendet hatte. Dieses Geschick brachte Fyrin in die nächste Runde. Die Kämpfe der nächsten Runde würden jedoch erst am nächsten Tag ausgewürfelt werden, damit keiner im Voraus sagen konnte, wer sein nächster Gegner war. Abgesehen von Fyrin kämpfte noch eine Art Feuermagier im Achtelfinale, bei dem Saix glaubte, dass er versteckte Fähigkeiten hatte, denn dieser Kerl hob sich von den anderen ab. Die anderen sahen gefährlich aus, doch Baal sah aus wie ein schöner, schwacher, junger Mann ohne besondere Fähigkeiten. Er nutzte Feuermagie um seinen Gegner, der Eismagie benutzte und damit im Nachteil war, einzuheizen und zur Aufgabe zu zwingen. Magie war für Saix etwas Gefährliches, das wusste der Engel selbst. Er musste definitiv aufpassen. Abgesehen von ihm und Fyrin waren ohnehin wohl eher magische Kämpfer weitergekommen. Anscheinend war das in der Hölle die erfolgreichere Variante des Kampfstils. Ein weiterer Kämpfer kam wie Saix kampflos weiter, von dem wusste er allerdings noch nichts.

Das Schöne an dem Achtelfinale war jedoch, dass es ohne Zwischenfälle verlief. Keine Menge, die ihn zerhacken wollte, kein Angriff, nichts. Es gab Saix sogar eine Weile lang das Gefühl dazuzugehören und er vergaß kurzzeitig, dass er eine Rarität in diesem Stadion war und von vielen eher als Fressen angesehen wurde als als Lebewesen mit Rechten.
 

So war Saix am Tag darauf ziemlich entspannt und trotz seiner Engelsrüstung freute er sich sogar auf den ersten Kampf. Er saß zwischen den anderen, noch verbliebenen Teilnehmern neben Fyrin, während das Stadion sich füllte. Er unterhielt sich sogar ein wenig mit ihm über die verschiedenen Landschaftstypen der Hölle und deren Fruchtbarkeit. Dabei erfuhr er, dass Fyrin aus einem Gebiet kam, wo man sich auf Jagen spezialisiert hat (Saix wollte jedoch nicht wissen, was dort gejagt wurde) und er deshalb so geschickt mit dem Speer war, woraufhin sich ihr Gespräch um verschiedene Kampfstrategien und Waffen drehte.

„Aber viel Verteidigung hast du nicht. Wenn du nicht so schnell wärst, wäre deine linke Seite die ganze Zeit über Ungeschützt.“, meinte Saix in einem Anflug von Naivität, da er in dem Moment gar nicht daran dachte, dass sie gegeneinander kämpfen könnten. Fyrin belächelte die Aussage nur und antwortete knapp:

„Ich bin aber schnell. Und ich habe eine Bestia.“

„Was? Was genau ist eine Bestia?“

Die Antwort blieb aus, denn Fyrin lächelte nur geheimnisvoll und die Ansager begannen mit ihrem Programm.

„Liebe Freunde des großen Turniers! Die Würfel sind gefallen und uns wurde soeben die Kampfreihenfolge mitgeteilt. Für euch bleibt es natürlich spannend, denn wir werden die Kämpfe erst dann ausrufen, wenn sie stattfinden! Und da sind auch schon die XIII des Fürsten!“ Lucy, die Kommentatorin, quietschte vergnügt ins Mikrofon und kündigte dann auch das Erscheinen von Xemnas an, damit auch jeder im Stadion dort hinschaute – oder so.

Saix musste leicht lächeln. Xemnas und seine XIII, die an sich keine XIII waren und zu denen Xemnas auch gezählt wurde, waren sehr beliebt. Das hatte er auch gestern schon bemerkt. Das Stadion war mittlerweile voll, die Menge wurde ruhiger, die eben noch lautstark gejubelt hatte, als sich Xigbar, der wieder als Kampfrichter fungierte, in die Mitte des Kampfplatzes teleportierte.

Kurz leuchtete das Schild vor Saix in einem gut sichtbaren Rot auf, ehe es verschwand. Ein Zeichen, dass die Zuschauer nun vom Kampfgeschehen abgeschirmt waren und dass das Viertelfinale jeden Moment beginnen würde. Vier Kämpfe waren es heute nur, aber es würden hoffentlich großartige Kämpfe sein.

„Das erste Kämpferpaar auf meiner Liste…“, der Moderator Avriol machte es spannend. „Einer der Kontrahenten durfte das Achtelfinale überspringen.“ Saix wurde nervös. Da kam nur er oder eben dieser andere Kämpfer in Frage. Direkt im ersten Viertelfinalkampf wollte der Engel nun wirklich nicht drankommen. „Sein Gegner ist Vaseraux, der im letzten Turnier im Viertelfinale ausgeschieden ist.“

Besagter Vaseraux, ein kleiner in schlichten Klamotten und unauffällig wirkender Dämon, stand auf und ging zu der kleinen Tür, die von der Tribüne des Kämpferabschnitts ins Stadion führte. Aber wer war nun sein Gegner?

„Meine lieben Freunde, der erste Kampf des Viertelfinales wird ausgetragen von… Vaseraux gegen den Zweitplatzierten des letzten Turniers! Mepheres! Wenn ich mich recht erinnere ist Vaseraux sogar damals gegen Mepheres ausgeschieden…“

Saix war einerseits erleichtert, andererseits über den gerade wütenden Gesichtsausdrucks Vaseraux‘ bezüglich des letzten Kommentars amüsiert. Aber der Kampf konnte nun spannend werden, wenn die Beiden schon zu den Besten gehörten. Hier würde er besonders gut aufpassen, denn wer wusste schon, ob er nicht gegen einen von Beiden noch kämpfen musste. Sollte er überhaupt weiterkommen…

Mepheres stand ebenfalls auf und ging ins Stadion hinab. Es war ein in engen Wildlederklamotten gekleideter, schlanker Mann, der zwei Dolche an seiner Seite trug, aber ansonsten recht harmlos wirkte. Er schien ebenfalls ein Waffenkämpfer zu sein, im Gegenzug zu seinem magiebegabten Gegner. Saix erinnerte sich an den Vortag, als Vaseraux‘ mit überzeugender Schattenmagie gekämpft hatte. Er formte Schatten zu gefährlichen Waffen und konnte selbst seinen Eigenen in den Kampf mit einbringen. Der Kampf würde sicher interessant werden.

Zwischen den Kämpfer war jetzt schon eine gewisse Aggressivität zu spüren, wobei Mepheres eine Arroganz an den Tag legte, die ihn unsympathisch wirken ließ. Vaseraux ließ sich davon ebenfalls reizen, denn sein wütender Gesichtsausdruck sprach Bände und als das Signal zum Beginn gegeben wurde, stürzte der zierliche Kämpfer auf sein Gegenüber zu, doch schien er dabei zu verschwimmen und schwarz zu werden. Mepheres hatte sofort seine beiden langen Dolche in der Hand und stieß zu, doch wo eben noch Vaseraux gewesen war, war jetzt nur noch ein Schatten und Mepheres‘ eigener Schatten wuchs hinter diesem aus dem Boden und griff ihn mit dessen eigenen Waffen wie es schien an. Aber der Dämon blieb gelassen, so kannte er diese Taktik anscheinend noch gut genug, denn er wich zur Seite weg und begann, einfach einen Halbkreis durch das ganze Stadion zu rennen. Vaseraux war seit seinem anscheinenden Verschmelzen in einen Schatten nirgendswo zu sehen gewesen, aber auf einmal hörte man einen Aufschrei, als ihn die Klinge des Finalisten des letzten Turnieres traf und Vaseraux sichtbar wurde.

„Vaseraux kann sich unsichtbar machen, aber nur für einen gewissen Zeitraum und er muss die Augen dafür schließen. Wenn er seinen Gegner nicht spürt, weiß er nicht, wo dieser ist.“, erklärte Fyrin mit einem bösen Lächeln. „Ich habe diese Schwachstelle damals zu spät durchschaut. Er hat mich aus dem Turnier geschmissen letztes Mal.“

„Oh.“ Saix nickte und war doch etwas eingeschüchtert von dieser Art Kampf. Er wäre da niemals drauf gekommen, denn im ersten Kampf hatte sich Vaseraux auch nicht unsichtbar gemacht. Dieser war an der Hüfte getroffen worden, die kämpfenden Schatten waren verschwunden, aber auch Vaseraux war wieder unsichtbar. Doch Mepheres rannte zielstrebig über das Kampffeld und Saix sah nun auch, warum. Auf dem Boden der Arena waren Blutspuren zu sehen, die den unsichtbaren Kämpfer verrieten und dann stach Mepheres ein paar Mal zu, ein lauter Schrei schallte durchs Stadion und dann fiel der Kontrahent zu Boden. Stichwunden zierten seinen Körper, aber er war nicht tot, also zählte das als Sieg und keine Disqualifikation.

„Mepheres wurde zum Sieger erklärt und ist eine Runde weiter! Wir haben dieselbe Taktik wie beim letzten Turnier gesehen! Anscheinend hat Vaseraux nichts dazu gelernt!“

Der Sieger lief unbeeindruckt zurück zu den anderen Kämpfer, während sein Gegner aus dem Stadion gebracht und selbiges gereinigt wurde.

„Der nächste Kampf findet statt zwischen demjenigen, auf den wir alle schon so sehnsüchtig warten!“

Saix stöhnte innerlich. Er war gemeint. Definitiv. Sonst gab es hier keinen, auf den ‚so sehnsüchtig‘ gewartet wurde.

„Der tanzende Prophet des Mondlichts, der Engel Saix! Der einzige nicht gefallene Engel, der sich als Höllenbewohner zählt! Interessante Kombination, mal so nebenbei erwähnt.“

Warum konnte sich die Menge diese Buhrufe nicht sparen? Wobei es deutlich weniger waren als beim Einmarsch der 124 Teilnehmer vom Anfang. Lucy schien sowas ähnliches zu denken, denn die Succubus sagte:

„Hey, Leute! Ihr sollte den Kleinen nicht unterschätzen! Es wird seinen Grund haben, wieso er so weit gekommen ist und der Fürst persönlich ihn angemeldet hat!“

Saix sah zu den XIII und Xemnas hinauf. Er konnte Axel breit grinsen sehen. Dann sah der Rotschopf zu ihm und er fühlte die unausgesprochene Aufmunterung und Zustimmung.

„Sein Gegner jedenfalls ist Fyrin! Fyrin ist im letzten Turnier durch Vaseraux ausgeschieden. Wir haben also viele bekannte Gesichter wieder hier!“

Nun erhob sich Saix, fühlte einen Klos im Hals. Er streckte Fyrin jedoch die Hand entgegen und sagte:

„Auf einen guten Kampf.“

Der Ziegendämon erhob sich ebenfalls, schlug Saix‘ Hand mit einer abneigenden Geste weg und ging hinunter ins Stadion, gefolgt eines etwas verwirrten Engels, der ein wenig überrumpelt aufgrund der Stimmungsänderung war.

Als sie sich Gegenüberstanden ließ Fyrin auch nichts mehr von seiner Freundlichkeit zuvor durchblicken. Der große Dämon, der seine Halbgestalt bevorzugte und auf seinen Hufen stand und mit dem Schwanz aggressiv gegen seine Schenkel schlug, hatte seinen Speer in beiden Händen. Seine Muskeln der muskulösen Brust waren angespannt, die langen Haare umrahmten sein Gesicht und gaben ihm einen im Moment unpassenden sanfteren Touch.

Saix schluckte einmal, stellte sich mit seiner Claymore kampfbereit hin und verschloss seine Gefühle dem Gegner gegenüber und wartete auf das Zeichen zum Kampfbeginn.

Kaum waren die Worte gesprochen, blockte Saix einen Angriff ab. Fyrin wirbelte die Lanze um sich, und hieb in einer Geschwindigkeit zu, die für Saix beinahe schon wie zwei Waffen wirkten, aber mit Spitzen an beiden Seiten. Der Ziegendämon war verdammt schnell – wie so viele hier – und im ersten Moment brauchte der Blauhaarige seine ganze Konzentration, um zu blocken oder auszuweichen. Dann wurde ihm ein Bein weggezogen und er fiel zu Boden, konnte die Waffe aber noch schützend hochreißen und so wurde der von oben kommende Speer abgelenkt und bohrte sich in den Sand - dicht neben seinem Kopf. Zuerst wusste Saix gar nicht, was ihn da zu Fall gebracht hatte, aber er realisierte, dass es sich um den Schwanz gehandelt hatte. Er musste definitiv besser aufpassen.

 

Die Menge bejubelte Fyrin, applaudierte , da er einen so guten Angriff geführt hatte, doch die nächsten Minuten verliefen in einem geradezu langweiligen Muster ab, welches wie den ersten Angriffen zu Beginn ähnelte. Es war ein Tanz zwischen Block und Angriff und Parade. Mal griff Saix an, mal war es der Ziegendämon und keiner schien die Oberhand zu haben oder noch einen solchen Vorteil zu bekommen wie den, den Fyrin hatte, als er Saix zu Fall gebracht hatte.

Der Engel wartete, bis er sich sicher war, dass Fyrin in einem Trott in diesem Angriffsmuster verfallen war und dann zog er eine magische Barriere zwischen ihnen hoch, die sich um den Dämon schloss, der genau in diesem Moment auf diese Stelle taumelte, als sein Gegner einen Schritt zurückwich und den erwarteten Gegenangriff ausließ. Saix sprang über Fyrin, zielte in dessen Nacken, um ihn KO zu schlagen, aber ein lautes Brüllen ging von dem Schwarzhaarigen aus und eine Druckwelle schleuderte Saix von ihm weg.

Fyrin befreite sich, schien kurz dunkel aufzuleuchten und dann veränderte er seine Gestalt. Instinktiv wusste Saix, dass das diese besagte Bestia war, von der er gesprochen hatte. Der Dämon wurde größer, wuchs auf bestimmt gute 4 Meter heran. Seine Hörner wurden länger und sein Rücken wurde von Stacheln geziert, ebenso seine Arme und Beine. Er hatte nun neun peitschende Schwänze, die ebenfalls eine beachtliche Länge von rund zwei Meter hatten. Hinzu kamen Flammen, die um ihn herum schlugen. Es waren nicht viele und keine beeindruckende, aber es reichte aus, um ihn gefährlich werden zu lassen, wenn man zu nahe kam. Gedanklich gab Saix ein ‚wow‘ von sich, blickte mit geweiteten Augen zu dem großen Kerl auf, der fast doppelt so groß war wie er. Das Stadion schien genauso verblüfft, aber darauf achtete der Engel nicht wirklich. Nur in diesem Moment bekam er Lucys Stimme mit:

„Woah! Da hat wohl jemand sich ziemlich weiterentwickelt seit dem letzten Turnier. Sieht wohl nicht gut aus für unseren Engel.“

Aber nun war Saix entschlossener als zuvor. Er würde gewinnen. DAS hier war eine Herausforderung und in dem Moment packte ihn auch die Kampfeslust. Mit einem Lächeln rannte er auf Fyrin zu, wich seinem Speer – der sich seiner Größe angepasst hatte – aus und sprang auch über drei der auf ihn zukommende Schwänze hinweg. Seinen magischen Schild wob er fester um sich, um sich vor den heißen Flammen, die dicht an Fyrins Haut züngelten und vor allem an seinen Hufen, zu schützen. Dass Fyrin so groß geworden war, dass Saix ihm gerade so zwischen den Beinen hindurchschlüpfen konnte, war wohl das Verhängnis für die Bestia geworden. Da der Engel schnell und wendig war und Fyrin anscheinend langsamer in dieser Gestalt, konnte Saix mühelos manchen Angriffen ausweichen und Gegenangriffe starten. Er hieb gegen Fyrins Kniekehle, einmal, zweimal und beim dritten mal knickte er ein, doch schaffte er es, Saix mit zwei seiner Schwänze an den Beinen zu packen und auf den Boden zu schmettern. Zwei weitere lederne Schwänze umschlossen je ein Handgelenk des Engels, hielten ihn fest, während Fyrin sich aufrappelte, mit gelben Pupillen zu ihm funkelte, dann die Lanze hob und sie zu einem Stoß ansetzte. In diesen Augen glaubte Saix pure Wut und Mordlust zu erkennen und er wusste instinktiv, dass es wohl nicht nur für zum Gewinnen des Turniers besser war, wenn er sich jetzt aus der Lage befreite. Sein magischer Schild dicht um seinen Körper verhinderte, dass seine Handgelenke und Fußgelenke, die von den heißen, mit kleinen Flammen versehenen Schwanzenden verbannten und so nutzte er diesen Schild, dehnte ihn um sich herum aus und zwang Fyrin so, ihn loszulassen, in dem Moment, als der Speer genau dorthin gestoßen wurde, wo Saix‘ Kopf zuvor gewesen war. Oh ja, dies wäre eigentlich ein tödlicher Angriff gewesen! Definitiv. Aber durch seine Befreiungsaktion teleportierte sich Saix direkt weg, die Attacke ging ins Leere und durch den Schwung kam Fyrin ein wenig ungeschickt aus dem Gleichgewicht, was der Engel direkt nutzte und mit der Claymore in dessen Nacken schlug, nachdem er sich in die Luft teleportiert hatte. Ein Stachel traf Saix dabei an der Brust, als Fyrin durch die Wucht sich drehte und stürzte, machte einen Kratzer in das Engelmetall seiner Rüstung, welches ihn zwar vor solchen Angriffen schützte, nicht aber vor solch einer Hitze wie vom Feuer zuvor.

Auf dem Boden liegend wurde der Ziegendämon kleiner, veränderte seine Form, wurde wieder normal und blieb dort reglos liegen.
 

Xigbar hob den Arm zu Gunsten Saix‘ und er klärte den Engel damit als Sieger. Das Stadion schwelgte in verblüffender Stille. Saix lief zu der Tribüne zurück, innerlich zitternd, während Fyrin hinausgetragen wurde. Der erste richtige Kampf war nun vorüber. Es war verdammt knapp gewesen und alles andere als einfach, aber er hatte gewonnen. Nur würde es gewiss nicht leichter werden. Die Bestiagestalt hatte ihn wirklich beeindruckt, zugleich war er irritiert von der plötzlichen Feindseligkeit des vorher eigentlich umgänglichen Ziegendämons. Nun, mal sehen, ob er mit Fyrin noch darüber sprechen konnte oder ob der Dämon ihn nun abgrundtief hasste. Oder mehr hasste.

Im Stadion herrschte noch immer Stille, bis Lucy, die Kommentatorin weiter in ihrem Programm machte:

„Nachdem wir nun einen überaus interessanten Kampf mit unerwartetem Ausgang gesehen haben, kommen wir nun zum vorletzten Kampf für heute.“

- Der allerdings alles andere als spannend war. Saix konnte am Abend nicht mal sagen, was daran besonders gewesen war, außer, dass Magie eingesetzt wurde, aber vielleicht hatte genau das den Kampf eben so unspektakulär gemacht. Die Magie hatte sich gegeneinander aufgehoben.

Im letzten Kampf war wieder dieser unscheinbare Feuerdämon dran, der sein Können wohl kaum zeigte und auch kaum zeigen brauchte. Baals Gegner war so ungeschickt und verlor im Kampf die Kontrolle über seine Geschwindigkeit und krachte selbst gegen die Arenawand, wo er reglos liegen blieb. Und das nach zwei Minuten. Es sorgte für großes Gelächter in der Arena und großes Amüsement der Moderatoren.
 

Und dann war der Tag auch schon zu Ende. Morgen würden zwei Kämpfe stattfinden und jeder Gegner war für Saix eine Herausforderung. So kehrte er mit einem unguten Gefühl in sein Quartier zurück, wo er Xemnas antraf, der wohl mit ihm reden wollte. Und wieder schien der Fürst nicht besonders glücklich. Was war denn nun nicht in Ordnung gewesen?
 

# Kapitel 25 Ende #
 

Erdentrip

# Kapitel 26 # Erdentrip #
 

„Warum siehst du mich so böse an? Ich habe gewonnen!“ Saix ging direkt in die Offensive, bevor Xemnas überhaupt etwas sagen konnte. „Oder gefällt es dir nicht, dass es nicht so reibungslos gelaufen ist?“

„In der Tat.“

Ein Schauder rann über Saix‘ Rücken, als Xemnas diese drei Worte so beiläufig und doch so eindringlich sagte. Der Silberhaarige stand auf, sah den Engel kühl an.

„Wir sind durch einen Pakt miteinander verbunden. Der besagt, dass ich nicht zulasse, dass dir irgendwer in der Hölle etwas antut. Fyrin hätte dich fast getötet und ich war nur einen Bruchteil einer Sekunde davor entfernt einzugreifen.“

Saix schwieg. Seine Anspannung fiel etwas ab und beinahe schon schuldbewusst senkte er den Blick, denn er glaubte zu verstehen, worauf Xemnas hinaus wollte. Und da sagte dieser es auch schon:

„Es würde so wirken, als würde ich dich ihnen bevorzugen und somit meine Autorität untergraben.“

„Ja…“

„Ach, Boss! Saix braucht eben noch etwas Übung und Turniererfahrung, nicht wahr, Isa?“ Axel kam grinsend aus der Küche. „Gewonnen ist gewonnen! Jetzt mach kein Drama draus, sonst ist er im Halbfinale zu verklemmt.“

Der Blick, den der Fürst dem Rotschopf zuwarf war geradezu tödlich, weshalb Axel schwieg und sich aufs Sofa warf.

„Dein Gegner morgen ist Mepheres.“

Es herrschte noch einige Sekunden Schweigen, nachdem Xemnas dies gesagt und sich dann einfach wegteleportiert hatte. Einen ganzen Moment lang fragte sich Saix, wo der Teil von Xemnas hin verschwunden war, der mit ihm am Abend vor den Kämpfen getanzt hatte. Als Höllenfürst brauchte man wohl diese viele Facetten…

„Vermisst du eigentlich den Himmel, Isa?“, fragte Axel schließlich, als Saix damit begann, die Rüstung abzulegen.

„Ja. Du etwa nicht?“

„Hm… seitdem ich weiß, wie hinterhältig und falsch die dort sind, ne, tue ich nicht. Außerdem brauche ich das Licht nicht mehr. Gefallener und so…“

„Ich vermisse das Licht. Die Sonnen. Die Tage dort sind einfach ganz anders als hier. Hier hat jeder Tag immer diesen faden Beigeschmack. Die Blumen, die Quellen… Solche Schönheit gibt es hier nicht.“ Saix seufzte, besah sich das Metall seines Brustteils, welches einen Kratzer von Fyrins Stachel aufwies. Er war zum Glück nicht allzu tief, man konnte ihn wohl wegpolieren – mit Materialien des Himmels. Das Engelsmetall war einfach zu stabil. Ob Xemnas deswegen wollte, dass er mit der Rüstung kämpfte? Irgendwie glaubte Saix nicht daran. Noch immer war er ziemlich planlos, was Xemnas‘ Zukunftsversion mit ihm war. Vielleicht würde er es nach dem Turnier erfahren. Dass Xemnas ihn zu einem seiner Leute machen wollte, das wusste er ja bereits, aber das war nicht alles. Zumindest glaubte Saix dies.

„- Erde hat auch schöne Orte. Ich kann sie dir ja irgendwann mal zeigen.“ Axels Stimme holte ihn aus seinen Gedanken heraus.

„Lass uns jetzt hin!“

„Wie?! Nein! Dazu brauchst du erst mal die Erlaubnis von Xemnas und morgen musst du fit sein!“

„Ich bin ohnehin nicht müde. Lass uns zur Erde! Nur kurz wenigstens! Ich habe so wenig von ihr bisher gesehen…“

Saix blickte Axel eindringlich an, während der Rotschopf ziemlich verloren aussah zwischen einem ‚den Wunsch irgendwie erfüllen‘ und einem ‚das ist eine verdammt schlechte Idee‘.

„Frag den Superior. Wenn er ja sagt, gehen wir.“

„Lass uns einfach so gehen! Wo ist der Lea geblieben, der mich zu allem überredet hat, obwohl es verboten war? Muss es jetzt umgekehrt sein?“

Hatte er überhaupt ein ‚ich darf nicht zur Erde‘-Verbot? Saix war sich gar nicht sicher.

„Das hier ist etwas anderes.“ Aber Axels Stimme war zögernd und schließlich seufzte er resignierend.

„Also gut. Aber nur kurz, verstanden?“

Saix nickte und zog sich schnell bequeme Sachen an, bevor der gefallene Engel ein Portal machte, einen Schutz um Saix legte und ihn dann durch die Finsternis zur Erde führte. Dort kamen sie in einem Wald heraus, die Sonne schien hoch am Himmel und ein riesiger Wasserfall rauschte neben ihnen tosend in einen kristallklaren See. Tiere waren am Ufer und tranken vom Wasser, Schmetterlinge flogen umher und die Luft funkelte durch die feinen Wasserperlen, die vom Wasserfall aufgewirbelt wurden.

Ein Lächeln lag auf den Lippen des Engels, als er glaubte, die gesamte Anspannung, die er in der Hölle hatte, von sich abfallen zu spüren. Der Unterschied zur Hölle war immens, erst jetzt fühlte er, wie sehr die Höllenmagie wirklich auf ihm lastete, an die er sich etwas gewöhnt hatte. Hier aber… es fühlte sich nach Freiheit an und auf einmal kam der Wunsch auf, gar nicht mehr zurückzukehren. Er kniete am Ufer und blickte in das klare Wasser, welches so rein in der Hölle nicht zu finden war. Wie lange war er nun dort? Über ein Jahr… Fast zwei?

„Isa… Wir sollten zurück.“

Aber Saix schüttelte den Kopf. Das Spiegelbild im Wasser zeigte ihm, dass er ernster geworden war als früher, aber auch reifer.

„Können wir nicht hier bleiben?“, fragte er nach ein paar Sekunden der Stille, in denen er die Natur auf sich wirken ließ. „Du und ich… zusammen. Sachen unternehmen, wie früher? Wo ist das Problem? Wieso in der Hölle leben, wenn man auf der Erde das hier haben kann?“ Vielleicht doch nicht reifer.

„Du hast ja recht, die Erde ist schöner, aber in der Hölle habe ich Verpflichtungen und du musst zu Xemnas…“

„Was will er eigentlich von mir? Weißt du das? Warum will er, dass ich das Turnier gewinne und mich der Hölle anpasse?“

„Er redet nicht über seine Pläne und erklärt eigentlich nie etwas. Aber wenn sie umgesetzt sind, ist man in der Regel zufrieden. Er ist nicht umsonst beliebt in der Hölle.“, erklärte Axel und setzte sich nun doch neben Saix ins Gras.

Sie schwiegen eine Weile, wobei die VIII es scheinbar aufgegeben hatte, den Blauhaarigen zum Gehen zu bewegen, sondern ihn einfach die Ruhe der Erde genießen ließ. So hingen sie beide ihren Gedanken nach, bis Axel auf einmal aufsprang, seine Chakrams in der Hand und einen magischen Angriff abblockte, der auf sie zugeschossen kam.

Auch Saix war sofort auf den Beinen, die Claymore fest im Griff und auf die andere Seite des Sees blickend, wo eine Gestalt zwischen den Bäumen hervortrat.

„Erzengel Michael!“, rief er erstaunt aus, als er den blonden Engel erkannte, der seine Schwingen entfaltete und zu ihnen rüber geflogen kam.

„Du lebst also noch, Isa.“, stellte dieser fest. Saix bekam einen Augenblick richtige Sehnsucht, als er das Licht des Himmels an dem Erzengel spürte, doch diese wurde von der Frage verdrängt, die er sich während all der Zeit in der Hölle immer wieder gefragt hatte.

„Wieso habt Ihr mich zurückgelassen? Wieso habt Ihr die Pforten zum Himmel versperrt?“

„Isa, lass uns gehen – er wird wütend werden, wenn er hiervon erfährt!“, warf Axel nun etwas nervöser ein, schien aber auch nicht gewillt, seinen Freund zum Umkehren zu zwingen.

Michael lächelte überheblich, schwieg aber noch, was den jungen Engel wütend machte.

„Antwortet! Wieso habt Ihr mich aus dem Himmel ausgeschlossen! Ich habe gekämpft, ich habe überlebt und konnte nicht mehr zurück! Ihr habt die Pforten verschlossen!“ Seine Stimme wurde etwas lauter, zitterte ein wenig.

„Und jetzt bist du ein Bewohner der Hölle. Wir lassen keine Höllenbewohner in den Himmel zurück.“, antwortete Michael geradezu lassen.

„Ich bin nach wie vor ein Engel!“

„Ein Engel, der einen Pakt mit dem Teufel hat! Mit Lucifer! Dem Gefallenen! Glaubst du allen Ernstes, wir würden einen solchen Engel wie dich noch weiter im Sanctum dulden? Du gehörst nicht mehr in der Himmel, Isa!“

Die Worte trafen Saix härter, als dieser es zeigte. An sich war ihm dies nichts neues, aber das genau so von Michael ins Gesicht gesagt zu bekommen, war doch etwas ganz anderes.

„Michael, was tust du eigentlich hier?“, mischte sich Axel nun ein.

„Ich war auf der Erde und habe euch gespürt. Ich wollte sehen, ob ihr vorhabt, zurückzukommen. Nun, dir würde das Licht wohl jetzt ohnehin schaden, nicht wahr, Lea?“

„Michael! Was soll das?!“ Erzengel Uriel landete direkt neben dem Blonden und sah ihn geradezu tadelnd an, bevor er sich mit einem unschuldigen Lächeln zu Saix wandte:

„Du bist jederzeit willkommen, Isa. Es gibt zwar einige Engel, die skeptisch sind, da du in der Hölle lebst, aber du musst das Licht doch vermissen? Die Pforten lassen wir offen, aber ich bitte dich, das Vertrauen nicht zu missbrauchen und Lucifer oder andere mitzubringen.“

„Uriel!“

„Michael, bitte. Er ist durch unglückliche Umstände in der Hölle gelandet, wir sind ihm diese Erlaubnis zumindest schuldig. Zeigt Verständnis.“

Michael sah gewiss nicht glücklich aus, vor allem weil er es offensichtlich nicht gewohnt war, dass man eine andere Meinung als er hatte. Er brummte kurz, warf Saix und Axel einen finsteren Blick zu, ehe er sich abwandte und durch ein Lichtportal schritt.

Uriel sah ihm nach, dann schenkte er den Beiden ein weiteres Lächeln.

„Ich bin erstaunt, dich zu sehen, Lea. Man sagte mir, du seist tot. Aber es ist schön zu wissen, dass Isa einen Freund in der Hölle hat.“

„Ich kann nicht sterben, kapiert?! Hör nicht auf alles, was man sagt.“, murmelte der Angesprochene. „Isa, lass uns endlich gehen.“

„Ich halte euch nicht länger auf. Ich würde mich jedoch wirklich über einen Besuch freuen, Isa. Ich versichere dir, dass dir auch nichts passieren wird.“

Axel schnaubte aufgrund Uriels Worte und öffnete ein Portal. Er schnappte Saix einfach am Handgelenk und zog ihn mit, wobei dieser auch einfach mitzukommen schien, ohne etwas dagegen einzuwenden.

Zurück im Quartier auf dem Turniergelände, knallten beide durch einen Magiestoß aber sofort gegen die nächste Wand, rissen dabei ein Regal mit um.

Die Augen des Fürsten waren gelb, zeigten seine Wut, die sich ansonsten gar nicht auf seinem Gesicht widerspiegelte.

„XIII. Geh.“

„Superior, Saix trifft keine Schuld. Es war meine Idee, mal wieder zur Erde“

„Geh.“

Axel verstummte und rappelte sich auf. Xemnas brauchte nicht mal laut werden, sein eisiger Tonfall reichte. Besorgt schaute der Rotschopf noch mal zu seinem Freund, bevor er sich aus dem Quartier teleportierte. Auch Saix stand wieder auf, wobei er kurz das Gesicht verzog, da seine Schulter schmerzte, mit der er gegen die Wand gekracht war.

Der Fürst überbrückte die Entfernung zwischen ihnen mit ein paar Schritte, krallte die Hand in Saix‘ Haar und zog dessen Kopf grob zurück, sodass er ihn leichter küssen konnte. Mit dem anderen Arm zog er ihn näher an sich und gab ihm keine Gelegenheit, zurückzuweichen. Saix selbst war einen Augenblick zu überrascht irgendwas zu tun und dann erwiderte er langsam den Kuss, wenn auch vorsichtig.

So verstrich Sekunde um Sekunde und die Anspannung fiel langsam ab und auch Xemnas‘ Wut schien sich zu legen, da auch dessen Augen einen goldeneren Ton annahmen.

„Du hättest wenigstens fragen können. Ich hätte dir die Erlaubnis nach dem Turnier gegeben und dir auch beigebracht, selbst zur Erde zu gehen. Stattdessen untergräbst du meine Autorität, Minuten nachdem wir darüber gesprochen haben und dann muss ich dich auch noch in Gegenwart der Erzengel vorfinden.“

Saix sah nun schuldbewusst drein. Es war klar, dass Xemnas sie beobachtet hatte. Wäre zu seltsam gewesen, wenn ihr Fehlen ihm nicht aufgefallen wäre.

„Möchtest du dem Himmel einen Besuch abstatten, so wie es Uriel gesagt hat?“

„Ich weiß es nicht. Erzengel Michael schien alles andere als glücklich darüber…“

Mittelweile hatte Xemnas auch den Griff in seinen Haaren gelöst, hielt ihn aber noch immer fest.

„Du hast heute die zwei Gegensätze des Himmels gesehen. Uriel mag seine Worte ernst meinen, aber Michael ist die stärkere Gewalt von ihnen. Sie treiben selbst untereinander falsches Spiel. Der Himmel ist verlogen und korrupt.“

„Die Hölle ist nicht besser. Fyrin zeigte mir auch sein wahres Gesicht erst, als wir in der Arena standen. Er wollte mich töten, nicht nur besiegen.“

„Aber er hat dir sein wahres Gesicht gezeigt. Das ist der Unterschied.“

Schließlich ließ Xemnas ihn gänzlich los.

„Gehen wir schlafen. Nach dem Turnier erzähle ich dir, was ich mit dir vorhabe. Jedoch nur, wenn du gewinnst.“
 

# Kapitel 26 Ende #

Baal

# Kapitel 27 # Baal #

Das Halbfinale verging so schnell, dass es kaum erwähnenswert war. Saix‘ Laune war Aufgrund Schlafmangels ziemlich unten und als Fyrin ihn auf der Tribüne der Teilnehmer so finster und aggressiv anfunkelte konnte sie nicht schlechter sein. Vielleicht lag es daran, dass er auch keine große Lust auf einen Kampf heute hatte und ihn innerhalb von wenigen Sekunden beendete, indem er seinen Gegner mit einem mächtigen Hieb einfach K.O. schlug. Mepheres wollte noch ausweichen, doch er war in die falsche Richtung gesprungen und direkt in Saix‘ Claymore gelandet. Pech für ihn.

Aufgrund dieses für das Publikum enttäuschenden Kampfes hagelte es mehr Buhrufe als sonst, doch Saix war es gleich. Er hatte keine Lust, dass Xemnas ihm wieder eine Predigt hielt, weil es zu knapp gewesen wäre oder er sich eben ungeschickt anstellte. Gleichzeitig konnte er seine Kräfte für das Finale sparen und zeigte nicht noch mehr seiner Fähigkeiten.

Interessanterweise schien Baal das Gleiche zu denken. Der feuerbegabte Dämon brauchte nur ein wenig länger als Saix, um seinen Kampf zu gewinnen und so war der Turniertag schon vor der Mittagszeit zu Ende.
 

Nachdem er den Rest des Tages mit Axel verbracht hatte, folgte auch schon der große Tag des Finales.

Saix gegen Baal.

Die Stimmung im Stadion war unglaublich. Überall wurden Parolen gesungen, Banner ausgerollt und sogar Fahnen geschwenkt. Wetten wurden abgeschlossen. Jeder Dämon hoffte auf einen Sieg Baals.

Selbst das Essen, was im und vor dem Stadion verkauft wurde bezog sich irgendwie auf Feuer oder eben auf Saix‘ Kontrahenten.

Der Engel wartete mit seinem Freund Axel zusammen in einem der Räume unterhalb der Tribüne. Noch war etwas Zeit, bis der Kampf beginnen würde. Das Stadion füllte sich gerade.

„Mit Feuer ist nicht zu spaßen.“, sagte Axel ernst.

„Sagt genau der Richtige. Ich unterschätze ihn nicht, aber körperlich scheint er mir nicht lange durchzuhalten.“, erwiderte der Engel, während er seine Rüstung noch einmal überprüfte, ob sie richtig saß.

„Nun, er hat eine mächtige Bestia. Er hat sie bisher in einem Turnier nie zeigen müssen und ich hoffe, er kommt auch nicht dazu. Wobei, das Kampffeld könnte gerade so reichen.“

„Was meinst du?“ Saix hielt kurz inne und sah den Rotschopf an.

„Na, dem seine Bestia ist rieeeesig. Der kann dich einfach zertrampeln, got it memorized? Baal ist übrigens einer der hochrangigen Kämpfer im Osten der Hölle. Er lebt in meinem Bezirk. Feuer eben.“

„Ich mach das schon.“

„Das hoffe ich doch. Ich hab meine Ersparnisse auf deinen Sieg gesetzt. Na, einen Teil davon jedenfalls. Und ich bin wohl der Einzige hier im ganzen Stadion…“ Axel grinste breit, dann verschwand er kurz und als er wieder kam, hielt er Saix ein Meersalzeis hin.

„Da. Zum Nerven beruhigen.“

Lächelnd nahm es der Engel entgegen und wenig später ließ ihn Axel alleine, damit er sich auf seinen bevorstehenden Kampf vorbereiten konnte.
 

Die Nervosität kam in dem Moment, als Saix das Stadion betrat. Baal war aus dem Nebenraum zum selben Zeitpunkt in die Kampfarena getreten und sah ernst und doch auch locker drein. Er wirkte entspannt und lächelte sogar etwas, als die ganze Menge im Einklang immer wieder ‚Baal‘ rief.

Baal! Baal! Baal!

Saix ignorierte es. Es störte ihn nicht, dass er hier keine oder kaum ‚Fans‘ hatte. Er hatte Xemnas und Axel als Stütze und das reichte ihm vollkommen.

„Freunde, gleich ist es soweit. Das Finale wird jeden Moment beginnen. Dass die Mehrheit des Stadions für Baal jubelt ist nicht zu überhören.“ Die Kommentatorin Lucy war wieder mal am Start. „Möge der Bessere der Beiden gewinnen! … Und Jungs… Heute bisschen mehr Action, ja? Das gestern war wirklich seeeeeeeehr laaaaaaaaaangweilig.“

Vom Publikum war stellenweise ein Lachen zu hören, dann ein zustimmendes Jubeln.

Der Feuerdämon war mit Saix in der Mitte des Stadions stehen geblieben, wo die Nummer II der XIII schon wartete.

„Auf einen guten, fairen Kampf, Engel.“, sagte Baal mit höflicher Stimme zu Saix, als sie sich gegenüber aufstellten.

„Auf einen fairen Kampf.“, erwiderte Saix ebenso, beschwor seine Waffe und machte sich kampfbereit. Die Rufe im Stadion wurden lauter und das Toben wurde beinahe ohrenbetäubend.

BAAL! BAAL! BAAL!

Und dann stand der Fürst der Hölle auf und innerhalb einer Sekunde wurde alles still. Er trat etwas auf seiner Empore nach vorne, wo er mit den XIII stand, die nicht als Kampfrichter fungierten. Dann hob er die Hand und gab Xigbar somit symbolisch das Zeichen zum Beginn.

Noch immer war im Stadion alles still. Es war in Anbetracht dieser enormen Anzahl von Personen geradezu beängstigend. Doch dann hob Xigbar seinen Arm, Saix und Baal machten sich bereit und dann gab er das Zeichen zum Kampfbeginn und die Menge tobte los, während Saix sofort nach vorn sprang, um Baal direkt anzugreifen.

Dieser jedoch wurde genau in dem Moment von einem Schild geschützt, welches nur aus Flammen zu bestehen schien und Saix musste seinen Angriff abbrechen. Beim Kampf gegen Fyrin hatte er bemerkt, dass seine Rüstung gegen Feuer untauglich war. Sie bot jedenfalls keinerlei Schutz gegen die Hitze.

Der Engel sprang zurück, ging auf Abstand, obwohl er es nicht unbedingt als sinnvoll erachtete. Bei magisch begabten Gegnern war Abstand nicht sonderlich vorteilhaft für einen Nahkämpfer. Trotzdem war es gerade das einzig Sinnvolle, damit er die Technik des Gegners erkennen konnte.

Zuerst passierte nichts. Dann fühlte er die Hitze. Sie kam von unten. Die Luft schien sich von unten her zu erwärmen und im gleichen Moment, als er die Flügel ausbreitete und sich vom Boden abstieß, stieg eine Flammensäule empor, der er gerade so ausweichen konnte. Gleichzeitig achtete er darauf, seinen Schutz um sich herum aktiv zu haben, mit dem er seine Macht unterdrückte. Er musste sich hier auf mehrere Sachen konzentrieren. Xemnas hatte ihm jedoch unmissverständlich klar gemacht, dass er seine Macht nicht so zeigen sollte, sonst liefen die Dämonen auf den Zuschauerbänken hohl. Und auch jetzt warfen ihm einige beim Anblick der Flügel aggressive Blicke zu. Doch darauf achtete Saix nicht. Die Kampfarena war ohnehin durch einen Schild von den Zuschauer getrennt. Es kam also keiner aus dem Publikum in die Arena hinein.

Die nächste Flammensäule stieg empor und der Engel konnte durch eine Rolle im Flug ausweichen. Hier in der Luft war er deutlich schneller als am Boden, doch solange Baal sich in seinem Schutzschild aus Flammen aufhielt, konnte Saix nicht sonderlich viel mit seiner Claymore machen. Er testete erst einmal die Strategie seines Kontrahenten aus, wich einer Säule nach der anderen aus und achtete auch auf die restliche Umgebung. Zu Recht, denn auf einmal kam eine Feuerkugel von hinten auf ihn zugeschossen, die er ansonsten wohl vollkommen übersehen hätte. So ging sie jedoch ins Leere und verpuffte am Stadionschild.

Nachdem Saix ein Muster in seinen Angriffen erkannt hatte, sammelte er seine Magie für einen Gegenangriff. Er wich dabei weiteren Feuersäulen aus, schwitzte allein durch deren Hitze schon enorm. Zum Glück hatte Axel darauf bestanden, dass er am Morgen viel trank…

Er flog tiefer, konzentrierte sich auf Baal und baute einen Schild um ihn herum auf. In dem Moment endeten auch die Feuerangriffe und die Flammen innerhalb des Schildes erstickten langsam. Dann stürzte Saix auf ihn zu, die Claymore zum Schlag erhoben und als sie auf Baal niedersauste ließ er seinen Schild verschwinden, doch sein Gegner teleportierte sich in diesem Moment weg, womit der Angriff ins Leere ging.

Baal war wieder von seinem flammenden Schild eingehüllt und setzte den Stadionboden in Brand, sodass Saix wieder emporfliegen musste. Nur stieg heiße Luft jetzt nach oben und schnell wurde es ziemlich heiß. Ihm blieb nichts anderes übrig, als seinen Schutz um sich herum zu verstärken, allerdings kostete es ihn einiges an Magie, die er hier eher für Angriffe brauchte. Besonders gut sah es nicht aus. Magie war eben seine Schwachstelle und hier kam er einfach nicht an den Gegner ran.

„Sieht nicht gut aus für Saix. Er wirkt gerade sogar etwas ratlos. Würde mich nicht wundern, wenn ihm jedoch etwas einfällt.“ Er hörte Lucys Kommentar, stimmte ihr im Stillen zu. Ratlos war er gewiss.

Ein Stadionboden voller Flammen, dazwischen irgendwo sein Gegner und hier in der Luft würde er irgendwann gebraten werden, sobald ihm die Magie ausging. Hier war er deutlich im Nachteil. Er dachte an Axel und dessen Schwachstellen. Wasser… Aber Wasser gab es hier nicht. Und nach Regen sah es auch nicht aus. Fiel also weg. Na, und sonst fiel ihm nichts ein.

Wieder wich er einer Flammensäule aus, flog umher, um in Bewegung zu bleiben und kein einfaches Ziel zu bieten, während er nachdachte. Sein Schild um Baal hatte gewirkt, es hatte dessen Schild verschwinden lassen, doch er war zu langsam gewesen, was den Angriff anging. Saix wollte das Gleiche noch einmal versuchen, nur etwas mehr Kraft in seine Magie stecken. Leider würde er gleichzeitig auch mehr Magie aufwenden müssen, um sich selbst dort unten nicht zu verbrennen, wenn er angriff.

Also wiederholte er sein Angriffsmuster von zuvor, erstickte Baals schützende Flammen und griff ihn dieses Mal von vorne an. Dabei spürte er die Hitze nur zu deutlich und konnte gerade so verhindern, dass sie ihn verbrannte. Baal teleportierte sich erneut, doch Saix tat es ihm gleich und war sofort wieder bei ihm – inmitten des Feuers. Kurz wirkte der Feuerdämon überrascht und dann traf Saix auch, katapultierte ihn gegen die Arenawand. Die Flammen auf dem Boden verschwanden sofort und einen Augenblick lang glaubte der Blauhaarige, dass er vielleicht sogar schon gewonnen hätte, doch Baal erhob sich wieder. Sofort sprang Saix erneut auf ihn zu, wirbelte um die eigene Achse um mehr Schwung in seinen Angriff zu legen und traf Baal erneut, schleuderte ihn erneut gegen die Wand. Dieses Mal wartete der Engel nicht, sondern setzte direkt wieder nach, doch dann wurde er von einer Druckwelle selbst weggeschleudert. Er fing sich im Flug mit den Flügel in der Luft ab, ließ seinen Gegner dabei nicht aus den Augen.

Von jenem gingen Machtstöße aus und auch wenn Saix wusste, dass er jetzt lieber angreifen sollte, so war er neugierig auf die Bestiagestalt dieses Dämons. Der Körper dessen veränderte sich nämlich schon und die Druckwelle gerade gehörte zweifelsohne schon dazu.

Baal wuchs. Um ihn herum züngelten wieder Flammen. Sie wurden größer, heißer, waren fast schon bläulich durch ihre Hitze und der Körper des Dämons wuchs weiter, veränderte sich. Es war, als bekäme seine Haut eine Kruste mit glühenden Spalten. Er wurde breiter, kantiger und klobiger und seine Augen leuchteten in einem hellen Rot. Seine Gliedmaßen nahmen nach und nach die Form von riesigen, glühenden Gesteinsbrocken an während kleine Flammen sie umgaben. Und er wuchs weiter.

Saix schluckte. Vielleicht war das gerade doch eine dumme Idee gewesen - zu warten…
 

Baals Größe ging über das Stadion hinaus. Saix war mittlerweile sehr hoch geflogen und von unten nur noch als kleiner, weißer Punkt zu erkennen. Der Dämon war so groß geworden, dass er gerade noch im Stadion stehen und sich drehen konnte, aber wirklich bewegen konnte er sich nicht.

Saix flog tiefer und um ihn herum, hieb mit der Claymore auf dessen Rücken ein, der geradezu wie brennender Stein schien. Funken spritzten ihm entgegen, als die Waffe traf und er musste zurückweichen, als Flammen folgten. Er probierte dies noch an drei weiteren Stellen, doch es hatte überall den gleichen Effekt und Baal schien es nicht einmal zu merken. Dies funktionierte also nicht.

Danach widmete sich Saix einem Arm, doch auch da erzielte seine Waffe keine Wirkung, stattdessen musste er Baals Hand nun ausweichen, die nach ihm schlug. Und wieder war da eine Flammensäule. Saix musste mitten im Flug bremsen. Ein Fehler.

Baal bekam ihn zu fassen, schloss die Hand um Saix‘ Beine und hätte ihn wohl gänzlich in seiner Faust eingeschlossen, wäre der Engel nicht gerade noch einen Meter höher geflogen. Trotzdem war es genug. Die Hitze schlug durch Saix‘ Schutzschild, brachte ihn einen Moment lang völlig aus der Bahn und gerade noch rechtzeitig erhob er seine Claymore und verstärkte seinen Schutz. Baal wollte ihn mit seiner anderen Hand von oben herab schlagen, doch so bohrte sich die Waffe durch die Hand hindurch. Funken und Flammen sprühten, doch trotz dessen, dass der Dämon nur aus Stein zu bestehen schien, schien er Schmerzen zu haben, denn er brüllte auf und schleuderte Saix von sich. Irgendwie konnte dieser sich im Flug abfangen, obwohl ihm schwindelig durch die abnormale Hitze war.

Ein Schlag traf ihn, da Baal nun unkontrolliert nach ihm schlug, als würde er versuchen wollen, eine Fliege in der Luft zu treffen. Saix schrie leise auf, denn sein rechter Flügel war getroffen worden, die Spitze geknickt und wohl gebrochen. Trotzdem musste er sich in der Luft halten, wobei jeder Flügelschlag ihm Schmerzen bereitete. Seine Federn waren an der Stelle zerknickt und zerschrammt und er verfluchte sich selbst im Stillen. Er war so damit beschäftigt gewesen, sich vor der Hitze und Magie zu schützen, dass er seinen physischen Schutz komplett vernachlässigt hatte.

Er hielt sich jedoch eisern oben, flog höher in Kopfhöhe des riesigen Feuerkolosses und dann griff er gezielt Baal im Gesicht an. Seine Claymore war wieder in seine Hände beschworen und versank nun in der steinernen Wange. Baals Nachteil, er konnte nicht ausweichen. Unablässig griff Saix ihn nun an, wollte es irgendwie zu Ende bringen und hoffte, dass er seinen Gegner dadurch schwächen konnte. Schlag auf Schlag folgte auf den Kopf des Dämons, Feuer züngelte empor, Funken prallten an Saix‘ Schild ab und schmerzerfüllt brüllte Baal auf, fuchtelte mit den Händen um sich, doch Saix wich aus, auch wenn ihm langsam schwarz vor Augen wurde. Der Schmerz in seinem linken Flügel und diese Hitze waren kaum noch auszuhalten. Die Flügel waren nun mal Machtträger und die empfindlichste Stelle eines Engels.

Und schließlich fing Baal aber an zu schrumpfen. Immer wieder hieb sich die Claymore unablässig in den heißen Stein hinein und dann knickte Baal in die Knie, schrumpfte noch immer. Der Stein bildete sich zurück, langsam wurde aus ihm wieder der zierliche, hübsche Dämon. Der Boden der Arena brannte nicht mehr, weshalb Saix vorsichtig landete, um seine Flügel zu entlasten. Da war ihm sogar der heiße Arenasand lieber…
 

Baal war außer Atem, schwankte obwohl er kniete und Xigbar tauchte vorsichtig neben ihnen auf, der sich hinter dem Schutzschild der Arena während des Kampfes befunden hatte. Das war wohl selbst einem der XIII zu heiß gewesen.

„Ich gebe auf.“, sagte Baal heißer. Er war mit Wunden übersäht, die sich von seiner wirklich beeindruckenden Bestiagestalt auf ihn übertragen hatten. Seine Hand blutete, in ihr war ein Loch, sein Gesicht sah ziemlich misshandelt aus.

„Gewinner ist Saix, der tanzende Prophet des Mondlichts!“, rief Xigbar aus.

Im Stadion herrschte Stille.

Einige lange Sekunden hörte man einfach gar nichts, bis Lucy sie durchbrach:

„Wow… Wer hätte das nach so einem Kampf geglaubt? Saix sah zuerst wirklich im Nachteil aus. Und doch lautet der Gewinner des Großen Turniers: SA- Nanu? Was macht die XIII denn da?“

Saix schreckte auf, als Vanitas vor ihm auftauchte. Die gelben Augen der Nummer XIII waren voller Zorn, voller Hass, geradezu irre wirkte er und in seiner Hand ruhte ein Messer. Der Schwarzhaarige erhob es, zielte genau auf den Hals des Engels, doch Saix war zu langsam, zu erschöpft um auszuweichen. Reflexartig kniff er die Augen zusammen und hoffte, dass sein Schutz noch ausreichte, den er gerade um sich hochzog.

Er glaubte es jedoch nicht.
 

Der Treffer blieb aus.

Als Saix die Augen öffnete sah er Xemnas vor sich stehen, der die Hand seiner XIII abgefangen hatte und ihn nun mit einem eiskalten Blick einfach niederschlug.

Dann wandte er sich zu Saix um, warf ihm nur einen kurzen, nichtssagenden Blick zu und teleportierte sich wieder auf die Empore nach oben. Xigbar stand etwas ratlos neben ihnen, dann kamen auch schon die Helfer und brachten sowohl Baal als auch Vanitas aus dem Stadion, um sie zu verarzten.

„Ehm ja… Da war wohl jemand nicht so glücklich mit dem Gewinner… Wie dem auch sei. Saix ist unser Sieger des diesjährigen Turniers! Zum ersten Mal nahm ein Weißflügler daran teil und gewinnt sogar! Wer hätte das gedacht?!“ Die arme Kommentatorin versuchte noch irgendwie Stimmung zu machen, doch im Stadion waren nur vereinzelte Jubelrufe zu vernehmen. Es war eher eine Menge Getuschel und auch Buhrufe, aber auf keinen Fall Siegesstimmung.

Saix lief langsam in Richtung Ausgang. Er wollte sich nur noch ausruhen und war froh, dass er es endlich geschafft hatte. Dieser Sieg fühlte sich ohnehin alles andere wie ein Sieg an.

„So und nach einer kurzen Pause von 30 Minuten geht es weiter.“ Saix stockte und blieb stehen. Wieso weiter?

„Dann folgt der Kampf von unserem Herrscher, dem Einzigen und wahrhaftigen Fürsten Xemnas gegen den Gewinner des Turniers, Saix!“

Ernsthaft?
 

# Kapitel 27 Ende #
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tut mir Leid, dass es so lange dauerte! Schreibblockade T_T Darum ist das Kap hier… naja nix besonderes XD
Jaja, Prometheus ist kein Engel und gehört zur griechischen Geschichte, hab ihn trotzdem hier reingebracht, einfach, da ich in dem Moment „Prometheus“ von Saltatio Mortis hörte und es irgendwie passte 
Danke dennoch für das Lesen und die Kommis und danke für die steigenden Favos!
LG
Hallvalor

PS: Ich nehme auch Wünsche entgegen. Wenn ihr euch ein paar Sachen über die Story, Geschichte der Hölle wissen wollt, oder generell gern etwas über einen speziellen Bereich/Charakter lesen wollt, schreibt mir.
Und ich würde gerne wissen wie eigentlich der Wunsch so nach Yaoi-Szenen wie im Kap zuvor steht. Ich bin hier in der Story eher auf ‚Geschichte‘/‘Abenteuer‘ aus, will also nicht alle 4 Kapitel die beiden ausführlich ins Bett springen lassen, aber wie sieht das mit eurem Interesse aus? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Mal müsst ihr nicht so lange warten =) Was hier das Ende betrifft: es lässt Spielraum für Eigeninterpretation was Xemnas‘ Handeln angeht. Ich stelle mir vor, dass er Saix irgendwie gerne näher bei sich hätte, aber es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann (und vielleicht wegen Xigbars angedeuteten Kommentaren im Kapitel vorher). Ich denke einfach, tief in seinem Inneren ist der Fürst einsam, Saix bricht aber das Eis und der muss erst damit klarkommen. Oder so…
LG
Hallvalor Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dass das hier ein Axel-Kapitel wird, war ungeplant. Aber wollte mal langsam an die XIII rangehen (Oh jay, rangehen!). Wenn sich nun einige gefragt haben: „Vanitas? Als Nummer XIII ???“ Nun… stellt euch Roxas in der Hölle vor, dann wisst ihr, wieso ich Vanitas da hingesetzt hab. Die Idee stammt aus einem RPG und ich finde es einfach passender =) Der irre Vani, der auch ein paar Sprüche kriegt…
Tja, eigentlich sollte mit diesem Kapitel die Feier schon zu Ende sein, aber irgendwie werd ich im Schreibstil langsam ausführlicher, was die Handlung angeht, habe ich den Eindruck… Nun … bis zum nächsten Mal. =)
LG
Hallvalor Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen!
Nein, die Geschichte ist noch nicht aufgegeben. Eigentlich fast ja, aber nun hab ich doch mal Zeit gehabt, mich wieder reinzulesen… Dieses Kapitel ist wohl auch ziemlich ungewohnt, weil Xemnas so kitschig rüber kommt… Fakt ist, solche Phasen darf der Fürst auch Mal haben…
Aber vielleicht ist es ja auch nur Teil seines Plans :P Was meint ihr, was sein Grund für diesen… Kitsch war?
Guten Rutsch ins neue Jahr und wer es danach liest: Frohes Neues!
Liebe Grüße
Hallvalor
PS: Da ich die Geschichte noch mal von vorne lesen musste (Kurzzeitgedächtnis….), fiel mir auf, dass sich mein Schreibstil irgendwie verändert hat Oo aber ich kann nich sagen, wie.. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Bedankt euch beim Lied „Angelus“ von Subway to Sally, dass es jetzt weitergeht (erst mal wieder haha).
~*Ich habe meinen Engel im Aufwind schweben sehen, hoch über allen Wolken, so überirdisch schön *~ *sing*
Hab durch das Lied nen Anflug von Schreiblaune bekommen. Ich will endlich das Turnier hinter mir haben T_T Und schöne Dinge schreiben … so Richtung XemSai…. Und laaaaangsam dem Ende nähern wuahaa (so in 40 Kapitel). Hoffe, ihr lest das hier noch und habt die Story noch nicht aufgegeben hust Den Halbfinalkampf werde ich wohl in gekürzter Fassung schreiben, sonst wird das zu viel… Eigentlich sollte das hier auch nicht SO ausführlich werden….
Oh, und bei Fyrins Bestia musste ich an eine Pokemonverwandlung denken XD oder Digimon…

LG Hallvalor

PS: Ich hasse das Wort ‚Schwanz‘ >.< Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Mythologisch inkorrekt ist Baal. Baal ist eigentlich kein Feuerdämon. Ich wollt es aber so. Basta. :)
Falls sich einige Leser hier wundern, wieso es gerade (mal wieder) so schleppend weitergeht: Ich sitze aktuell nebenher noch an einer neuen FF (Give me pleasure). Ebenfalls XemSai und geht um das Thema BDSM (Nein, kein 50-Shades-Abklatsch...). Schaut doch mal rein, wenn es euch interessiert ;)
Und hier noch mal ein Danke an alle Kommentarschreiber und Favolisten-setzer zu meinen Geschichten. Ich freu mich riesig :3
Liebe Grüße
Hallvalor Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (42)
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Von:  Nokio
2018-10-07T08:11:05+00:00 07.10.2018 10:11
Deine FF ist echt fesselnd. Mich würde auch der Ausgang der Geschichte interessieren. Wie der Kampf zwischen Xemnas und Saix ausgeht und ob Saix den Himmel besucht.


Von:  MorganMidnight
2017-12-13T00:46:50+00:00 13.12.2017 01:46
Würdest du bitte weiter schreiben?
Die FF ist super! !!!!!!
Von:  TKTsunami
2017-06-17T13:09:13+00:00 17.06.2017 15:09
Ich feier Uriel. Im Ernst, ich finde es gut, dass er langsam Mal seinen Mund aufmacht und sich so freut, dass Saix noch einen Freund hat udn einfach Mal Michael nen Dämpfer gibt.
*Urielfahne schwenk*

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T09:35:41+00:00 16.06.2017 11:35
Ich glaube... Ich male ein Bild... ein Bild von diesem Tanz!

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T09:28:07+00:00 16.06.2017 11:28
Man gut das Saix nicht zu der Tribüne mit den XIII gesehen hat...
Ich kann ihn gerade gut nach vollziehen. Allerdings würde ich bedenken, dass die Engel oft einfach Dämonen angreifen, er hat es ja selbst miterlebt. Der Hass ist also irgendwo verständlich.

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T09:10:02+00:00 16.06.2017 11:10
Ich mag das Kapitel. So bekommt man auch Mal einen anderen Eindruck und die XIII zu treffen ist interessant.
Ich denke,Xemnas wird sich um Vanitas kümmern, als Nr. XIII ist er durchaus in der Lage den Anderen Probleme zu bereiten,wenn die nebenbei noch das Publikum aufhalten sollen....

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T08:51:30+00:00 16.06.2017 10:51
Axel Erklärbar meine Damen und Herren!
Kommen Sie näher und stsunen, er erklärt Ihnen alles und das fast kostenlos! Solange das Meersalzeis reicht!

Ich wette, wir werden noch miterleben wie Axel seinen Rang zeigen muss um Saix zu schützen und wer die VIII kennt der weiß, der fackelt nicht lang.

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T08:38:54+00:00 16.06.2017 10:38
Xemnas wird sich dank Xigbar bewusst worden sein, dass er sich sehr von Isa hat einnehmen lassen. Sonst will er ja sonst niemanden so sehr besitzen. Meine Einstellung jedenfalls.
Ich frage mich wen Axel hatte beschützen wollen. Nun auf jeden Fall hat der Rotschopf inzwischen viel Macht, aber immer noch Unsinn im Kopf.

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T08:33:31+00:00 16.06.2017 10:33
Ich frage mich ob in dem Buch mehr über die XIII steht, als nur wie oft sie besetzt wurden. Sie spielen in der Hölle eine wichtige Rolle und Saix sollte klar sein, dass er früher oder später auf sie treffen wird.Und ich frage mich ob Axel ich bald Xemnas voll auf die Nerven geht mit der Frage "Wo ist Isa?"

TK was here
Von:  TKTsunami
2017-06-16T08:30:37+00:00 16.06.2017 10:30
Im Ernst. Würde Saix Michael jetzt begegnen wäre der echt sauer. Der ist ja schon wegen nem Kuss so ausgerastet. Haha.

Ich glaube,hätte Saix sich wirklich ernsthaft geweigert, hätte Xemnas doch aufgehört. So sehr er Höllenfürst ist,so steckt in ihm immer noch das Wesen als das er erschaffen wurde. Ich kann mit einfach nicht vorstellen,dass Xemnas Spaß daran hätte Saix zu vergewaltigen. Er hat nicht vor ihn zu brechen,es passt nicht zu seinem Plan. Jedenfalls den Plan den ich glaube den Xemnas plant.
Aber ja hier musste er hartnäckig sein. Saix ziert dich ja sehr gern x3

TK was here


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