Zum Inhalt der Seite

Menschenrechte

Eine Textsammlung zu den Menschenrechtsartikeln
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Präambel

Autor: Salix
 

Dezembernacht 1948
 

Vom dunklen Himmel schweben sanft Schneeflocken hinab. Sie gesellen sich zu der Schneedecke, welche die Berge ringsum bedecken. In fast allen Häusern, sofern sie heil sind, ist es dunkel. Nur aus einem Gebäude mitten im Ortskern dringt Licht. Ein klappriges Fahrrad wird von dem Licht aus den Fenstern beschienen. Vor der Druckerpresse reibt ein junger Mann seine klammen Finger. Er darf zum ersten Mal einen Text selbstständig setzten.

Sein Chef vertraut ihm nun, wo er schon recht weit in der Ausbildung ist. Er streicht sich durch das leuchtend rote Haar. Es ist schon spät und mit einem leichten Schaudern denkt er an den Weg zurück ins Lager, über die dunkle Straße, durch den Schnee in Serpentinen immer bergauf auf seinem Rad. Er kann froh sein überhaupt eine Lehrstelle zu haben. Eigentlich ist er zu alt für eine Lehrstelle, doch wie das Leben so vieler ist seines auch komplett durcheinander geraten. Er kann sich glücklich schätzen. Er hat den Krieg überlebt, obwohl er mit sechszehn eingezogen wurde und in Gefangenschaft geraten ist. Er hat seine gesamte Familie wiedergefunden, obwohl sie aus seiner Heimat vertrieben wurden und er hat Arbeit!

Drei Jahre sind seit Kriegsende vergangen. Langsam werden Ruinen abgetragen, Häuser neu und das Land wieder aufgebaut.

Noch lebt seine Familie im Flüchtlingslager, wo sie sich eine Baracke mit mehreren Familien teilen. Sein Lehrlingsgehalt muss für ihn, seine beiden Eltern und seine vier Geschwister reichen, dennoch sie leben, der Krieg ist vorbei, er hat Arbeit, es ist Frieden.

Bedächtig greift er in den Setzkasten. Wieder und wieder blickt er von seiner Vorlage zu dem, was er setzt. Der Text ist wichtig. Er wurde erst an diesem Tag öffentlich bekannt gemacht und ratifiziert.

Er kommt zwar nur seiner Arbeit nach, aber heute ist es besonders. Er setzt diesen Text für die Zeitung, damit ihn jeder lesen kann, der diese Zeitung bekommt. Er hilft damit einen Text zu verbreiten, der die Welt besser machen soll. Ein Text der verhindern soll, dass Unrecht wie es erst vor kurzem geschehen ist, erneut geschieht. Er setzt diesen Text in dem Land, durch dass dieses Unrecht geschah.

Dennoch lächelt er, als er sich vorstellt, dass Schriftsetzer in Deutschland, Frankreich, England, Belgien, Italien, Spanien, Österreich, Polen, Amerika, Japan, China, Australien, Neuseeland, Ägypten, Indien und überall auf der Welt diesen Text, in ihre Landessprachen übertragen, für die Zeitungen setzen, damit jeder, der eine Zeitung bekommt ihn lesen kann. Er weiß, dass dieser Text etwas ganz Besonderes ist.

Es gab Vorgängertexte wie die „Bill of Rights“ in Amerika und die französische Menschenrechtserklärung, doch nie zuvor gab es eine Erklärung der Menschenrechte, die von so vielen Staaten der Erde anerkannt wurde.

Im Schein der flackernden Lampen mitten in einer eisigen Dezembernacht des Jahres 1948 macht er sich leise summend daran, seinen Teil zur Verbreitung der Erklärung der Menschenrechte beizutragen.
 

Präambel Da die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bilden,

da Verkennung und Missachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei führten, die das Gewissen der Menschheit tief verletzt haben, und da die Schaffung einer Welt, in der den Menschen, frei von Furcht und Not, Rede- und Glaubensfreiheit zuteil wird, als das höchste Bestreben der Menschheit verkündet worden ist, da es wesentlich ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung als letztem Mittel gezwungen wird,

da es wesentlich ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,

da die Völker der Vereinten Nationen in der Satzung ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen bei größerer Freiheit zu fördern,

da gemeinsame Auffassung über diese Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die Erfüllung dieser Verpflichtung ist proklamiert die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung dieser Rechte und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende Maßnahmen im nationalen und internationalen Bereichen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Verwirklichung bei der Bevölkerung sowohl der Mitgliedsstaaten wie der Oberhoheit unterstehender Gebiete zu gewährleisten.“

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, Abdruck aus, Norberto Bobbio, Das Zeitalter der Menschenrechte. Ist Toleranz durchsetzbar?

Artikel 1

Autor: Salix
 

Frei und gleich geboren?
 

Bremen
 

Kinderlachen und Rufen erfüllt den Raum. Zwanzig kleine Wirbelwinde sind dabei Fangen zu spielen. Sie liegen mit dem Bauch auf Rollbrettern, bewegen sich mit den Armen vorwärts und sind völlig in ihr Spiel vertieft. Ein Junge mit dunklen Haaren zischt atemberaubend schnell auf seinem Rollbrett durch den Raum. Er ist der Fänger. Nach und nach erwischt er alle seinen Gruppenkameraden. Unter viel Gelächter endet das Spiel. Die Kinder erheben sich von ihren Rollbrettern, bis auf einen. Der dunkelhaarige Fänger wird von der Betreuerin aufgehoben und in einen Rollstuhl gesetzt. Er ist seit seiner Geburt querschnittsgelähmt.
 

Rio de Janeiro
 

Eine junge Mutter stillt ihr drei Wochen altes Baby. Der Raum ist karg gerade das Nötigste zum Leben befindet sich darin. Sie summt ihrer Tochter etwas zu. Von draußen dringen Geräusche und frische Luft durch das vergittere Fenster.
 

London
 

Der Raum ist steril und warm. Überall ist technisches Gerät. Eine junge Frau steht vor einem Wärmebettchen, in dem ein kleines Mädchen liegt. Von dem winzigen Körper laufen Kabel zu Maschinen rund um das Bettchen. Ein Tropf steht daneben. Das Baby umklammerten den Finger der Frau, welcher in einem Plastikhandschuh steckt.

Wieder und wieder streicht se sacht mit den freien Fingern über die kleine Faust. Sie steht gebückt da, als drücke eine schwere Last auf ihre Schultern. Eine Träne rinnt aus ihrem Auge an der Nase vorbei und tropft zu Boden. Weitere Tränen folgen, ohne dass sie es verhindern kann. In der anderen Hand zerknüllt sie einen ärztlichen Bescheid, auf dem ihr mitgeteilt wird, dass ihr Kind niemals in der Lage sein wird für sich selbst zu sorgen.
 

Dies sind nur drei erfundene Beispiele dafür, dass in der Realität nicht alle Menschen frei und gleich geboren sind. Kinder werden in Slums, in Gefängnissen, in Krankenhäusern, Zuhause und an diversen anderen Orten geboren. Sie kommen als Jungen, Mädchen, zweigeschlechtlich, blind, taub, stumm, gelähmt oder sonst wie beeinträchtig zur Welt.

Gleichheit der Menschen existiert in der Realität nicht. Alle Menschen sind unterschiedlich.

Menschen werden immer in eine Lebenswelt um sie herum hineingeboren, dies kann in eine Familie im Slum, eine reiche, privilegierte Familie oder eben in einem Gefängnis geschehen. Insofern sind Menschen von Geburt an immer mit anderen Menschen verbunden und durch ihre unmittelbare Umgebung in ihrer Freiheit eingeschränkt.
 

Wieso nun dieses frei und gleich geboren, wenn die Realität ganz anders aussieht?

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.(Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948)

Dieser Satz ist ein Ideal. Er bedeutet, dass jedem Menschen, egal wo er geboren wurde, egal in welche Situation er hineingeboren wurde, egal ob männlich, weiblich oder zweigeschlechtlich geboren, egal welche körperlichen und geistigen Fähigkeiten er in der Realität nun hat oder nicht hat, die gleichen Rechte nämlich die Menschenrechte zukommen sollen, weil er als Mensch geboren wurde. Ein Mensch kann seine Rechte selbst verletzten, sich töten oder seine Rechte werden durch andere verletzt, dennoch sollen ihm diese Rechte zukommen. Auch in diesen Fällen hat er immer noch das Recht auf die Menschenrechte, es beginnt mit der Geburt (Wobei hier Philosophen darüber diskutieren ab wann es eigentlich beginnen soll. Mit der Zeugung? Oder ab einer bestimmten Schwangerschaftswoche? Oder erst mit der Geburt?) und endet mit seinem Tod. (Auch hier gibt es Diskussionen. Zum Beispiel die Sterbehilfedebatte. Hat ein Mensch ein Recht auf einen würdevollen Tod? Darf er dann von jemand anderem getötet werden, wenn es sein Wille ist und er nicht selbst dazu fähig ist sich zu töten, weil er etwa gelähmt ist oder im Koma liegt?)

Da es auch möglich ist die Würde einer toten Person zu verletzen, (Straftatbestand Totenschändung, Grabschändung), besitzen Menschen, auch wenn sie gestorben sind noch ihre Würde.

Das Ideal der Menschenwürde geht von einer Würde aus, die jedem Menschen zukommt, weil er ein Mensch ist und, die er nie verliert oder veräußern kann. Er hat sie solange er lebt, egal, was ihm angetan wird. Jedes Opfer einer Menschenrechtsverletzung besitzt immer noch seine Menschenwürde, er wurde verletzt, erniedrigt, gedemütigt, gefoltert, dennoch ist er im Besitz des Rechts auf die Annerkennung der Menschenrechte und seiner Würde als Mensch.

Das Recht auf die Annerkennung der Menschenrechte und der Menschenwürde kann einem Menschen theoretisch nicht genommen werden, genauso wenig wie er sie selbst theoretisch nicht veräußern oder abgeben kann.

Ich spreche von theoretisch, weil es praktisch zu Menschrechts- und Menschenwürdeverletzungen kommen kann.
 

Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.(Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948)

Und wenn ein Mensch geistig dazu nicht in der Lage ist?

Dann ist er dennoch ein Mensch, weswegen er Menschenrechte und Menschenwürde besitzt.

Es bedeutet allerdings, dass er anders behandelt werden muss als andere Menschen damit seine Würde gewahrt bleibt. Es kann bedeuten, dass dieser Mensch Betreuung und liebevolle Fürsorge braucht um ein menschenwürdiges Leben zu führen und er hat Recht genau darauf, weil er ein Mensch ist.

Straftäter verlieren ihre Freiheit, weil sie eine Gefahr für andere Menschen waren und immer noch darstellen können, sie verlieren ihre Würde damit nicht. (Egal, welches Verbrechen sie begangen haben.) Aber sie können zum Schutz anderer Menschen eingesperrt werden. Damit wird ihr Recht auf Freiheit eingeschränkt, ihr Recht im Sinne der Menschenrechte und menschenwürdig behandelt zu werden behalten sie.

Ein Problem der Menschenrechte ist, dass es zu einem Konflikt verschiedener, gleichrangiger Rechte kommen kann, dass es also zu einer Abwägung zwischen diesen eigentlich gleichrangiger Rechte kommt. Dies kann bei mehreren Rechten eines Menschen oder bei verschiedener Rechte mehrerer Menschen oder Menschengruppen geschehen. Und dennoch bleibt bestehen, dass jeder Menschen im Besitz von Menschenrechte und Menschenwürde ist, die ihm anerkannt werden sollen von seiner Regierung und von anderen Menschen.
 

Autor: Salix
 

Begriffsdefinitionsprobleme
 

In Artikel 1 der Menschenrechte werden mehrere Werte genannt, welche die Menschenrechte begründen. Der zentrale Wert der Menschenrechte ist die Menschenwürde, doch daneben werden noch Freiheit, Gleichheit, Vernunft, Gewissen und Brüderlichkeit erwähnt.

Zunächst erscheinen diese Begriffe leichtverständlich und es kommt einem einfach vor, nachzuvollziehen, was der Artikel 1 ausdrücken soll. Nur wenn man eine Weile über die scheinbar einfachen Begriffe nachdenkt, stellt sich heraus, dass es schwer ist diese zu bestimmen.

All diese Werte sind wichtig, nur ihre Definition ist problematisch und durch diese Werte kommen weitere Schwierigkeiten in der Menschenrechtsdebatte hinzu. Gerade die in Artikel 1 genannten Werte werden zum Teil seit der Antike unter Philosophen und anderen Denkern heiß diskutiert und immer wieder unterschiedlich ausgelegt. Mir stellen sich folgende Fragen:

Welche Freiheit ist es, in die Menschen hineingeboren werden? Welche Freiheit des Menschen ist zu schützen? Was ist eigentlich Freiheit?

Was bedeutet „die Menschen sind gleich an Rechten geboren“? Welche Art von Gleichheit ist gemeint? Welche Art von Gleichheit ist erstrebenswert? Braucht es vielleicht für ein gleichwertiges Leben von Menschen nicht manchmal eine ungleiche Behandlung?

Was ist Würde? Von welcher Würde wird gesprochen, wenn auf die Würde des Menschen verwiesen wird?

Was heißt „Menschen sind mit Vernunft begabt“? Was ist Vernunft?

Was ist Gewissen?

Was bedeutet „sich im Geiste der Brüderlichkeit begegnen“? Was ist Brüderlichkeit?

Aus diesem Grund habe ich im Folgenden versucht die Begriffe zu definieren, wobei ich Definitionen in einem philosophischen Lexikon nachgeschlagen habe, wenn ich nur eine vage Ahnung von der Bedeutung der Werte hatte. Herausgekommen sind Definitionen, die wiedergeben, was ich unter dem Begriff verstehe und welche Probleme ich mit diesen Begriffen verbinde. Ich hoffe euch mit diesen Definitionen ein bisschen beim Verständnis der Menschenrechte weiterzuhelfen.
 

Freiheit
 

Absolute Freiheit bedeutet keinerlei Verantwortung, keinerlei Sicherheit, keinerlei Bande zu irgendjemandem und irgendetwas. Als Bild dafür kann man sich eine Person in einer leeren Einöde vorstellen, die völlig auf sich allein gestellt ist. Dies ist ein Beispiel, wie man Freiheit negativ verstehen kann, wobei absolute Freiheit ein theoretisches Konstrukt ist, welches in der Realität nicht möglich ist, weil Menschen immer in eine Gesellschaft mit Verantwortungen, Regeln, Sicherheiten und menschlichen sowie emotionalen Banden hineingeboren werden und damit umgehen müssen.

Freiheit kann als eine Freiheit von etwas, z.B von Gefangenschaft oder Folter, begriffen werden oder als Freiheit für etwas, also die Freiheit etwas tun zu können, tun zu dürfen, die Möglichkeit zu erhalten es tun zu können. Beispiele dafür sind die Meinungsfreiheit, aber auch die Freiheit politischen Parteien, Gewerkschaften oder auch nur einer Theatergruppe beitreten zu können, wenn man das will.

„Der Mensch ist frei geboren“ heißt, er soll frei in seinen Handlungen und Entscheidungen sein. Er soll möglichst nicht in der Freiheit seines Willens und seiner Handlungen eingeschränkt sein.

Die Menschenrechte sind Freiheitsrechte, die Freiheiten gegenüber dem Staat gewähren. Sie sollen einen Schutz gegen das Eingreifen des Staates in die Rechte des Menschen sein. Gleichzeitig sollen sie die Freiheit gewähren, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, sich weiterzuentwickeln oder politisch aktiv zu sein.

Bei den Menschenrechten aus der Erklärung der Menschenrechte, handelt es sich zumeist um sogenannte Schutzrechte. Schutzrechte sind Rechte, die einen Schutz vor Eingriffen des Staates in die Rechte und das Leben des Menschen garantieren sollen. Ein Beispiel für ein Schutzrecht ist das Recht auf Schutz vor Folter.

Die andere Art von Rechten, welche in der Menschenrechtserklärung aufgenommen wurden sind Teilhaberechte. Teilhaberechte sollen Menschen die Teilhabe (also das Mitmachenkönnen bei etwas) an kulturellen, politischen oder sozialen Unternehmungen sichern. Ein Beispiel für ein Teilhaberecht ist das Recht auf Bildung.
 

Kurzer Miniexkurs zum Begriff Vogelfrei: Vogelfreiheit war historisch gesehen und ist auch heute noch eine nicht erstrebenswerte Freiheit. Vogelfrei zu sein, bedeutete außerhalb der menschlichen Gesellschaft mit ihren Regeln und Gesetzen und somit auch außerhalb ihres Schutzes zu stehen. Einem Vogelfreien kam keinerlei Schutz zu. Wer vogelfrei war, dem durfte von jedem, der gerade Lust dazu hatte, angetan werden, was dieser dem Vogelfreien antun wollte, ohne dass der Täter dafür eine Strafe fürchten musste. Eine Person, die für vogelfrei erklärt wurde, durfte von jedem getötet werden, ohne dass der Mörder für den Mord bestraft wurde. Vogelfreie hatten kein Dorf, keine Stadt, nichts wozu sie gehörten, sie konnten keinen Besitz haben und kein Land erwerben. Sie wurden ausgestoßen in dem Wissen, dass sie, wenn sie nicht zu Räubern wurden, verhungerten oder erfroren oder von jemandem getötet wurden. (Ich hielt den Einschub für notwendig, will es heute viele Romane, Bücher, Filme, Lieder und Spiele gibt in denen das Leben von Vogelfreien und das Vogelfreisein verherrlicht und beschönigt wird. Man denke nur an Robin Hood oder das Lied Vogelfrei von Schandmaul.)
 

Gleichheit
 

In einem Blumenkasten wachsen vier Primeln, sie sehen gleich aus, solange sie nicht blühen, denn es sind eine weiße, eine violette, eine rote und sogar ein Himmelsschlüsselchen. In diesem Blumenkasten, haben diese vier Pflanzen die gleichen Lebensbedingungen, da sie sich die Nahrung in der Erde teilen müssen, den fast gleichen Standort haben und zur gleichen Zeit gegossen werden. Dennoch, diese vier Primeln sind nicht gleich.

Einerseits ist Gleichheit ein schönes Ideal, alle sollen die gleichen Bedingungen, Möglichkeiten und Rechte haben. Andererseits ist Gleichheit selbst im Blumenkasten ungerecht, weil Menschen oder im Blumenkastenbeispiel Pflanzen, eben von Natur aus nicht gleich sind und nicht unter den gleichen Bedingungen leben.

Die Gleichheit vor dem Gesetz ist wichtig und notwendig, auch wenn sie nicht immer praktisch vorhanden ist. Die Möglichkeit gleicher Chancen für Menschen aus unterschiedlichen sozialen Umfeldern, Familien und mit unterschiedlichen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, erzwingt eine Ungleichbehandlung dieser Menschen, damit sie gleiche Chancen haben.

So ist in der Medizin eine Ungleichbehandlung der Patienten notwendig. Alle Menschen sollten ausreichend medizinisch versorgt werden, (Etwas, dass in der Realität nicht so ist.) aber wenn Kinder, Frauen und Männer mit der gleichen Krankheit von einem Arzt gleich behandelt würden, könnte es beispielsweise Kinder umbringen. In der Medizin muss also ein Unterschied in der Behandlung von Kindern, Frauen und Männern gemacht werden, weil sie alle unterschiedlich auf Medikamente, Wirkstoffe und insbesondere die Dosis reagieren. Es gibt genug Allergiker, welche die Behandlung mit einem bestimmten Medikament umbringen könnte.

Die Menschenrechte fordern Gleichheit, aber es ist eine Gleichheit der Chancen und Rechte. Jeder Mensch soll die gleichen Rechte haben und die gleiche Chance, nämlich die, sein Leben in menschenwürdigem Rahmen nach seinen Wünschen frei zu gestalten und leben zu können.
 

Würde
 

Die Würde des Menschen, welche ihm, weil er ein Mensch ist, zukommt, ist der zentrale Wert auf den sich alle Menschenrechte berufen und gründen.

Ein Grund, weswegen die Würde der zentrale Wert ist, ist der, dass die Würde eines Menschen von so ziemlich allen Menschen als Wert anerkannt werden kann, egal welchen kulturellen Hintergrund sie haben, aus welchem Land sie kommen, welcher Religion sie angehören und welche politische Richtung sie vertreten. In dieser Hinsicht ist der Wert der Menschenwürde zentral.

Ein Problem des Würdebegriffes ist es, dass er sehr unterschiedlich verstanden werden kann, je nach dem, ob er christlich, muslimisch, jüdisch, politisch, kulturell oder philosophisch definiert wird. Würde kann sehr viele sich auch widersprechende Bedeutungen haben, gleichzeitig bietet der Würdebegriff aber auch die Möglichkeit eines Minimalkonsenses, weil man sich auf die Würde berufen kann, egal wie man sie nun definiert.

Würde kann beispielsweise als ein Wert angesehen werden, der jedem Menschen innewohnt und den dieser nie verliert, aber was ist dann eine Würdeverletzung?* Sie wäre ja gar nicht möglich, weil der Mensch immer noch seine Würde besitzt, obwohl er z.B. gefoltert wurde.

Eine weitere Definition, die ich auch schon immer wieder in den Texten hier vertreten habe ist Folgende. Sie besagt, dass die Würde des Menschen unter anderem bedeutet, die Möglichkeiten der Selbstbestimmung als Mensch zu haben, dafür müssen die Bedingungen seines Menschseins (die Möglichkeiten der Selbstbestimmung) geschützt werden.*

Es gibt noch einen dritten philosophischen Ansatz der Würdebestimmung, der mir ebenfalls notwendig erscheint, zu der auch die Menschenwürde der Menschenrechte zählt. Die Menschenrechte sind Rechte die Grundsätze sein sollen, die ein bestimmtes Verhalten gegenüber sich selbst und anderen Menschen aber auch das Verhalten des Staates regeln sollen. Menschenrechte sind Grundsätze, die helfen sollen zu zeigen, welche Bedingungen gegeben werden müssen, damit Menschen ein menschenwürdiges Leben führen können.* Für ein menschenwürdiges Leben zählen Meinungsfreiheit, Teilhabe am sozialen, politischen und kulturellen Leben, die Möglichkeit von Bildung und Arbeit, Schutz vor Folter, Verletzung der Person, ungerechtfertigter Gefangenschaft, Sklaverei und noch vieles mehr, zählen zu den erklärten Bedingungen für ein menschenwürdiges Leben, deswegen sind sie in der Erklärung der Menschenrechten als Menschenrecht festgelegt. Es sollen Grundsätze sein, die helfen sollen in konkreten Fällen Entscheidungen, wie Menschen behandelt werden sollen, fällen zu können.

Würde ist ein ziemlich schwieriges und komplexes Thema, welches im Laufe der Menschenrechtsdebatten von vielen Philosophen untersucht und bearbeitet wurde.
 

Vernunft
 

Was bedeutet mit Vernunft begabt? Was ist Vernunft?

Folgt man der Frage, so begibt man sich auf das Feld der größten, wichtigsten und schwierigsten Problemen der Erkenntnisphilosophie.

1. Vernunft ist ein Zusammenspiel geistiger Vermögen, die das Erkennen von etwas ermöglichen. (In der Philosophie die theoretische Vernunft)*

2. Vernunft ist aber auch das begründet-Handeln-können. (Die praktische Vernunft)*

3. Oder auch Vernunft ist das, womit man etwas richtig auffasst und gleichzeitig das Vermögen, welches einem ermöglicht das Aufgefasste geistig zu verarbeiten und für sein Handeln zu nutzen. Alle drei Definitionen von Vernunft finden sich im Metzler Lexikon der Philosophie von 1999.* Diese Definitionen aus einem philosophischen Lexikon zeigen, wie unterschiedlich Vernunft definiert werden kann. Es sind drei Minimaldefinitionsversionen des Vernunftbegriffes. Auch zu der Frage, was Vernunft sei, gibt es einige Bücher, in den verschiedene Philosophen dieser Frage nachgehen und zu unterschiedlichen Antworten gelangen.

Für das Verständnis von Vernunft bei den Menschenrechten reicht meist aus zu wissen, dass Menschen mit Vernunft begabt sind, etwas dass sie von Tieren unterscheiden soll.

Allerdings passen für die Menschenrechte alle drei Definitionen aber am sinnvollsten ist hier wohl die dritte Definition, welche die ersten beiden miteinander vereint. Die Werte, welche in den Menschenrechten gefordert werden, sind nicht so leicht verständlich, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Sie haben jede Menge philosophisches Diskussionspotential.
 

Gewissen
 

Ein weiterer Begriff, der in der Ethik und in der Moralphilosophie stark umstritten ist. Das Menschen mit Gewissen begabt, davon sind diejenigen, welche 1948 die Erklärung der Menschenrechte erarbeiteten ausgegangen. Darüber, inwieweit die einzelnen Menschen mit einem Gewissen begabt sind, ist immer wieder fraglich.

Das Gewissen ist ein moralisches (Mit-)Wissen, welches das eigene Urteilen und Handeln bewertet, nach moralischen Regeln. Es ist die Fähigkeit seine Handlungen distanziert zu betrachten und zu überprüfen, wie moralisch bedeutende Entscheidungen und Handlungen eigentlich zustande gekommen sind.* Als Gewissen wird unsere Fähigkeit genannt, Handlungen im Nach- oder Vorhinein gedanklich auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Es heißt nicht, dass wir so handeln müssen, wie unser Gewissen uns eine Handlung als moralisch oder unmoralisch erkennen lässt. Die Tatsache, dass wir diese Fähigkeit besitzen, bedeutet, dass wir in der Lage sind, moralische Urteile zu fällen, etwas, das gerade im Bezug auf die Menschenrechte wichtig ist, weil es beispielsweise eines der Abgrenzungskriterien von Menschen und Tieren ist. Menschen haben ein Gewissen. Bei Tieren gehen wir davon aus, dass sie kein Gewissen haben.
 

Begegnung im Geiste der Brüderlichkeit
 

Warum keine Begegnung im Geiste der Schwesterlichkeit? Oder der Geschwisterlichkeit? Oder der Menschlichkeit?

Weil Brüderlichkeit nun einmal das Wort ist, welches gewählt wurde und welches auch aus einem historischen Kontext heraus für einen bestimmten Wert steht.

Brüderlichkeit soll auf ein Beziehungsverhältnis unter Gleichen verweisen. Der Begriff wird für außerfamiliäre, ideelle und soziale Gemeinschaften verwendet. Sie dient als Basis für die Legitimation von gemeinsamen Interessen, Zielen und einem gemeinsamen Wertehorizont bei religiösen, sozialen und politischen Gemeinschaften.*

Bei den Menschenrechten soll es verdeutlichen, dass alle Menschen sich gegenseitig achten sollen, weil sie Menschen sind.
 

Ich hoffe diese Versuche, die Werte, welche im ersten Artikel der Menschenrechte genannt werden, zu definieren, helfen beim Verständnis der Menschenrechte und zeigen auf, warum es auch innerhalb der Menschenrechtsdebatten Probleme und Widersprüche gibt. Denn die in Artikel 1 genannten Werte sind einzeln schon problematisch genug. Die weiteren Texte werden wahrscheinlich keine philosophischen Essays und Definitionsversuche werden (Hoffe ich. Versprechen kann ich das nicht.) Aber gerade im Bezug auf Artikel 1 finde ich es wichtig, diese Werteproblematiken angedeutet zu haben. Ich hoffe, ich konnte mich verständlich ausdrücken.
 

*Der Textteil, an den das * direkt anschließt und kursiv ist, entstand unter Zuhilfenahme des Metzler Philosophie Lexikons, 2. Auflage Stuttgart 1999. Es sind indirekte Zitate. Ich habe den Lexikontext so formuliert, wie ich ihn verstanden habe.
 


 

Artikel 1.

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, Abdruck aus, Norberto Bobbio, Das Zeitalter der Menschenrechte. Ist Toleranz durchsetzbar?

Artikel 2

Autor: Futuhiro
 

Ein Mensch – Ein Leben
 

Wenn man jung ist, denkt man noch, daß sich das eigene Leben nie ändern wird. Ich jedenfalls dachte das, als ich jung war. Ich war bis Ende 20 Single, das wollte ich so und konnte es mir gar nicht anders vorstellen. Ich habe meine Freiheit zu sehr geliebt, um mich zu binden. Ich hatte einen Kater, den ich über alles liebte, und hatte Eltern, mit denen ich mich blendend verstand, ich hatte gute Freunde, war mit Gesundheit gesegnet und hatte einen Job der mich erfüllte und genug Geld für ein bequemes Leben einbrachte. Und es hätte ewig so weitergehen können, wenn es nach mir gegangen wäre. Man hätte mich nie nach dem Sinn des Lebens fragen dürfen, denn mir ging es so gut, daß ich zu dieser Frage gar keine Veranlassung hatte. Ich war rundum glücklich.
 

Aber wie das so ist, gingen die Jahre ins Land, und ich wurde älter. Und das Leben scheute nicht davor, sich doch zu ändern. Es nahm rücksichtslos seinen Lauf. Langsam, aber unbeirrt. Alle meine Freunde gründeten Familien, bekamen mit der Zeit Kinder oder gingen eigene Wege. Die Kontakte schliefen einer nach dem anderen ein. Als mein Kater 16 Jahre alt war, was für eine Katze schon ganz zufriedenstellend ist, starb er. Im Jahr darauf ging mein Vater von uns, und sehr bald dann auch meine Mutter, weil sie es nicht ertrug. Und irgendwann stand ich alleine da. Die Zeit der Einsamkeit stellte sich ein.
 

Ich frage mich oft, wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn ich irgendjemand anderes gewesen wäre, oder irgendwo anders auf der Welt. Ich stelle mir dann gern vor, ich wäre in Afrika geboren, in einem Eingeborenenstamm. Ich hätte in Strohhütten gelebt und im Alter von 20 Jahren vermutlich schon mehrere Kinder zur Welt gebracht, müsste täglich mehrere Kilometer laufen um an Wasser zu kommen, und würde vielleicht eines frühen Todes wegen Malaria sterben.
 

Ich stelle mir gern vor, ich wäre in Amerika geboren, als obdachloses Kind in einem Slum im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ich wäre vielleicht einer dieser Glücklichen gewesen, der vom Tellerwäscher zum Millionär wird, weil er mit außergewöhnlichem Talent beschenkt ist. Wahrscheinlich wäre ich ein Anhänger der kriegslastigen Bush-Regierung geworden, denn aus meiner Kinderstube würde ich ja nichts anders kennen als den Existenzkampf.
 

Ich stelle mir gern vor, ich wäre in China geboren, in eines jener reichen Häuser, wo die Frauen nicht vor die Tür gehen, um sich nur ja keine Sonnenbräune einzufangen. Und weil es mir an nichts mangelte und ich so viel Zeit für das Studium hätte, würde ich ein Meister der traditionellen, chinesischen Medizin werden, einzig und allein weil ich so gern anderen helfen will.
 

Ich stelle mir gern vor, ich wäre in Deutschland geboren, einem der Länder mit der besten medizinischen Versorgung und sozialen Absicherung überhaupt. Vielleicht wäre ich sogar ein Mann geworden. Ich würde im Sommer auf dem Bau arbeiten und wochenlang nicht nach Hause kommen, um meine Frau versorgen zu können, die mein Kind in ihrem Schoß trägt. Bei einem schweren Arbeitsunfall würde ich für den Rest meines Lebens erwerbsunfähig werden. Und es ginge trotzdem irgendwie weiter, denn das Sozialversicherungssystem kommt zum Glück für Krankenhauskosten und Renten auf.
 

Oder ich stelle mir gern vor, ich wäre ein Mann in der Türkei geworden. Draußen, in der ländlichen Gegend. Und wie der Zufall es will, gäbe es da einen anderen Mann, der mir gut gefallen würde. Ich würde ständig den Anfeindungen aller Dorfbewohner ausgesetzt sein, weil Homosexualität dort ein totales Tabu ist, und würde häufig auf offener Straße verprügelt werden, bis meine Familie mich im Haus einsperren und nicht mehr rauslassen würde, weil sie mich vor den anderen zu verstecken versuchen. Und weil sie sich auch irgendwie ein bisschen für mich schämen.
 

Aber eines steht fest. Egal wer ich gewesen wäre oder wo ich geboren worden wäre, ich wäre doch immer ein Mensch geblieben. Mit völlig menschlichen Zügen. Mit menschlichen Bedürfnissen und menschlichen Ängsten. Dieser Gedanke tröstet mich. Das am Ende doch alle Menschen Menschen sind. So ist das Leben.
 


 

Artikel 2 Absatz 1

„Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.“

Zitiert aus: Erklärung der Menschenrechte, 10. Dezember 1948.
 


 

Autor: KaethchenvHeilbronn
 

Grenzen
 

Baden-Württemberg
 

„Mama?“

Sie sind heute mit dem Rad unterwegs; die kleine Efi hat im letzten Jahr beachtliche Fortschritte gemacht, genauer gesagt ist sie ganz vernarrt ins Radfahren. Deshalb die Tour durchs Kinzigtal, die plötzlich unterbrochen wird, als das Mädchen vor einem eisernen Pfahl Halt macht, der senkrecht links des Weges in der Erde steckt und zwei Wappen trägt.

„Mama? Was ist denn das da?“

Die Mutter hat angehalten, als sie von ihrer Tochter ausgebremst worden ist, der Vater kommt nun einige Meter weiter vorne auch zum Stehen.

„Das markiert eine Grenze, mein Schatz.“

„Eine Grenze? Zwischen was?“

„Zwischen zwei Ländern. Ganz früher war das, wo wir wohnen, nämlich mal Württemberg, und wohin wir fahren, Baden.“

„Oh“, gibt da die Kleine von sich, „Und müssen wir jetzt auch, wie die Prinzen im Märchen, wenn sie in ein fremdes Land kommen, fragen, ob man rein darf?“

Die Mutter lacht. „Nein, Efi, heute ist das nicht mehr so, wir dürfen einfach weiterfahren.“
 

„Fahren Sie weiter. Sie dürfen passieren.“

Noch immer hielt er die Luft an, die Worte waren noch nicht in sein Bewusstsein gedrungen. Erst als die Kutsche sich wieder in Bewegung gesetzt hatte und die Pferde einige Meter weiter getrabt waren, begriff er so langsam, was geschehen war: Er hatte das Gefängnis verlassen und war nun frei.

„Halt!“, rief er; sein Begleiter zuckte erschrocken zusammen, doch der Kutscher hielt die Pferde an.

Er öffnete die Kutschtür und sprang hinaus. Atmete das erste Mal badische Luft.

„Streicher, wir sind frei!“ Lachend packte er seinen Freund an den Schultern, tanzte mit ihm über die Wiese, warf seinen Hut in die Luft…
 

„Hihi, Mama, da hat einer seinen Hut verloren.“
 

Berlin
 

„Papa?“

Das Wetter ist heute nicht besonders gut, aber sie haben sich trotzdem dazu entschlossen, mit der U-Bahn von Marzahn, wo sie ihre Ferienwohnung gemietet haben, in die Innenstadt Berlins zu fahren. Mit Regenschirmen und Regencapes im Rucksack ausgerüstet schlendert die Familie durch die Straßen, bis die Tochter plötzlich stehen bleibt, ihren Blick auf den Boden gerichtet, wo in den Asphalt Steine in regelmäßigem Abstand eingelassen sind.

„Papa, was ist das?“

„Hier war die Grenze.“, antwortet ihr ihr Vater, während ihre Mutter dem kleinen Bruder die Wasserflasche reicht, nach der dieser gequengelt hat.

„Die Grenze zwischen DDR und der Bundesrepublik?“, fragt Efi.

„Genau.“

„Ah, das hatten wir in Geschichte. Hier stand also die Mauer?“

„Ja, hier verlief bis 1989 die Mauer.“

Efi bleibt einen Moment vor der Steinreihe stehen und versucht sich vorzustellen, vor ihr ragte eine Betonwand auf und trennte sie von ihrer Familie.
 

„Deine Familie?“

Er nickte, ließ aber seinen trüben Blick auf der trostlosen Betonwand ruhen. „Onkel und Tante, meine Cousinen.“

Sein Freund gab einen mitfühlenden Laut von sich.

Er wollte ihm sagen, wie gerne er nachts herkommen, eine Leiter anstellen und über diese verfluchte Mauer klettern wollte, um von hier zu entkommen, egal wie viel Stacheldraht er passieren müsste, wie viele Männer auf ihn schießen würden. Aber er schwieg, weil er sich nicht sicher sein konnte, ob sein Freund wirklich sein Freund war.
 

„Gib Efi auch was vom Wasser.“, meint die Mutter, woraufhin der kleine Junge ein wenig widerwillig zu seiner Schwester hinüberläuft.

Unvorstellbar, denkt Efi und nimmt die Wasserflasche entgegen.

„Wir zwei können heute Nachmittag ja ins DDR-Museum gehen.“, schlägt ihr Vater vor, nachdem sie einen Schluck genommen hat, „Damit du siehst, wie das früher so war, mit der Grenze.“

„Auja!“, stimmt ihm Efi zu.

Ihr Vater fährt ihr lächelnd über die Haare. „Ein Glück gibt’s so was heute nicht mehr.“
 

Mexico-USA
 

„Mamá?“

Sie sind auf dem Weg vom Einkaufen nachhause; das erste Mal läuft die kleine Pita die ganze Strecke alleine, nur an der Hand ihrer Mutter. Heute haben sie deshalb auch den kürzeren Weg genommen, weshalb das Mädchen nun plötzlich stehen bleibt, als sie das ihr völlig unbekannte Ungetüm entdeckt: Ein endlosscheinender Zaun, der für die Kleine bis in den Himmel ragt und den heißen Sand durchteilt.

„Mamá? Was ist das denn?“

Übers Gesicht der Mutter huscht ein kummervoller Ausdruck, als sie ihre Tochter hastig weiter mit sich zieht. Sie will nicht, dass sie erfährt, wo ihr Vater umgekommen ist, weil er seiner Kleinen ein besseres Leben ermöglichen wollte.
 

Artikel 2 Absatz 2

„Des weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist“

Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948.

Artikel 3

Anmerkung: Der folgende Text wurde geschrieben um ein Beispiel zu bieten, wovor Artikel 3 der Menschenrechte unter vielem anderen schützen soll und aus keinem anderen Grund!
 

Autor: Kurookami
 

Noahs Welt
 

Noah röchelte.

Er hielt Zeige- und Mittelfinger hoch, das war das Zeichen.

Aber Melchor hörte nicht auf.

Er hielt seine Finger weiterhin fest um den Hals des Jungen geschlossen und drückte zu.

Noah kannte das.

Er würde noch mindestens vier Mal kapitulieren müssen, bevor er aufhörte, es sei denn er wurde vorher bewusstlos.

Aber wenn er das Zeichen absichtlich zu oft direkt nacheinander gab, dann wurde er später natürlich für seine Schwäche bestraft.

Sein Kehlkopf drohte eingedrückt zu werden, aber Melchor wusste gut, wie weit er wirklich gehen konnte, bevor sein Spielzeug kaputtging.

Ab und zu rasselte ein leichter Luftzug durch Noahs Hals, wenn sein Peiniger mit der Hand ein bisschen abrutschte und den Griff erneut festigte.

Die flimmernden Punkte vor seinen Augen wurden stärker, er gab das Zeichen zum zweiten Mal.

Lange würde er nicht mehr still liegen können.

An manchen Tagen konnte der Junge es ertragen bis sein Bewusstsein schwand, an solchen Tagen, an denen er sich wünschte zu sterben, aber an anderen war sein Instinkt stärker.

Seine Augen tränten, er spürte, wie das Blut durch seine Adern pochte und sein langsamer werdender Herzschlag durch seinen Kopf dröhnte.

Der Druck auf seine Augäpfel wurde auch immer stärker.

Melchor hatte mal erzählt, dass seinem zweiten Opfer die Augäpfel aus dem Kopf gesprungen waren, als er es getötet hatte, weil er noch nicht genug Erfahrung besessen hatte.

Er gab das Zeichen zum dritten Mal.

Der Druck wurde stärker.

Er spürte nun, wie der Überlebensinstinkt und blanke Panik sein Gehirn überfluteten, und auch wenn er die Konsequenzen eigentlich kannte, begann er um sich zu schlagen und sich zu wehren.

Der Druck wurde fester, er konnte nicht einmal schreien, obwohl ihm absolut danach war.

Er spürte, wie seine Fingernägel etwas trafen und wie der Druck sich endlich löste.

Sauerstoff strömte in seine Lungen, er atmete rasselnd ein und fand nicht einmal die Kraft seinen Hals zu überprüfen, dass er voller blaue Flecken war, wusste er eh.

Dann traf ihn ein Schlag ins Gesicht.

Er spürte den Schmerz nur dumpf, weil alles noch ganz betäubt war, aber sein leicht erhobener Kopf wurde von der Wucht zu Boden geschmettert, und als er ihn wieder ein Stück hob, floss warmes Blut über sein rechtes Auge.

"WAS FÄLLT DIR EIN? HUH?"

Noah konnte darauf nicht antworten, sein Kopf schmerzte unaussprechlich, alles war total taub und er hörte das Gebrüll auch nur als eine Art Hintergrundrauschen in seinen Ohren.

"DU KLEINES DRECKSSTÜCK! WIE KOMMST DU DAZU MICH ZU KRATZEN?!?!?"

Melchor packte ihn an den langen schwarzen Haaren und zog ihn hoch, mit der anderen Hand packte er seinen Kiefer, um ihn zu zwingen ihm in die grausamen kleinen Augen zu sehen.

"Hast du mich nicht gehört, du armseliges Häufchen Mist?"

Nun klang seine Stimme schneidend und bedrohlich, auch wenn er nicht mehr schrie.

Noah bekam es langsam wieder mit und richtete das eine Auge, das nicht von roten Schlieren verschmiert war, auf den Mann, sagte aber nichts.

"Du weißt es ganz genau. Du gehörst mir und du tust nichts, was ich dir nicht erlaube! Dein Körper, dein Leben gehört mir, du lebst nur, weil ich es dir erlaube, und du stirbst nur, wenn ich es dir erlaube.

Das verstehst du, das weiß ich, deshalb lebst du ja auch noch, weil du verstehst, dass du kein Recht hast über dich zu entscheiden."

Immer noch reagierte Noah nicht, er verstand, was Melchor sagte, und natürlich verstand er auch, dass er damit Recht hatte.

Er musste tun, was Melchor sagte, das musste er, weil die Welt nun mal so funktionierte, aber manchmal schaffte er es einfach nicht sich unter Kontrolle zu halten.

"Es tut mir leid, Melchor. Ich...bin schlecht. Ich habe mich nicht genug bemüht, bestraf mich, bitte."

Melchor nickte einsichtig.

"Ich vergebe dir, und weil du erkennst, was du falsch gemacht hast, musst du dich nur fünf Mal zur Bestrafung schneiden und keine zehn."

Noah wagte es zu lächeln "Danke, ich bitte nochmals um Verzeihung."

"Ist ja gut, komm, nimm das Messer und bring es hinter dich, aber schön tief."

Der Junge nahm das ihm hingehaltene Messer und legte es auf seinen linken Unterarm.

Er fand eine Stell die nicht allzu wund war und setzte den ersten Schnitt.

Das Blut rann zu seinem Handgelenk herab und tropfte in die bereits gerinnende Pfütze die seine Kopfwunde verursacht hatte.

Er setzte das zweite Mal an.

Dass ein paar Tränen seine Wangen hinabrannen, konnte er nicht verhindern, aber das war gut, weil sie sein rechtes Auge freiwuschen.

Der zweite Schnitt war länger und tiefer als der erste.

Er ignorierte das Schwindelgefühl und setzte das dritte Mal an.

Beim dritten Schnitt schmerzte es stärker als sonst, weil die Hand, die die Klinge führte, vor Schwäche ein wenig zitterte.

Das vierte Mal setzte er an, aber er spürte, dass seine Arme schwerer wurden und der Schnitt verlief ungenau.

Das war bei vier Schnitten normalerweise noch nicht so schlimm.

Ob er etwas sagen sollte...

Wenn er ohnmächtig wurde, dann wär Melchor außer sich, aber wenn er nicht einmal die gnädigen fünf Schnitte schaffte, dann auch.

Er spürte kaum die Klingen in seiner Hand, weil diese total gefühllos war, aber er schaffte es auch den fünften Schnitt zu machen, auch wenn er ungewollt tief war, weil er es nicht richtig hatte kalkulieren können.

Er zog die Beine an, legte das Messer neben sich und lehnte sich an die Wand seiner kleinen Kammer, in der er bei Melchor zuhause lebte.

Das Blut floss weiter aus seinem Arm und er spürte Müdigkeit, schwere unwiderstehliche Müdigkeit.

"Melchor..."

"Ich habe dir nicht erlaubt mich anzusprechen."

"Verzeih."

Noah schloss die Augen und öffnete sie wieder, das war nicht gut.

"Na gut, was ist?"

Der Junge spürte, wie schwer seine Zunge in seinem Mund wog.

"Ich glaube, es war zu tief, ich will nicht jammern, aber es könnte sein, dass ich nicht überlebe, wenn ich weiter Blut verliere."

"Ob du stirbst, entscheide ich."

Er musste versuchen wach zu bleiben und Melchor seine Aussage zu erklären!

"Ich weiß, ich bitte dich auch nicht mich zu retten, ich dachte nur du solltest wissen, dass es sein kann."

"Ich kann schon selbst einschätzen, wann du in Lebensgefahr bist, fünf Schnitte bringen dich nicht um."

Melchor machte keine Fehler, das wusste er, aber...

"Und die Kopfwunde?"

Eine Sekunde beinah schwieg Melchor, dann gab er Noah eine Ohrfeige.

"Ich weiß selbst, dass du auch durch die Kopfwunde Blut verlierst, Idiot."

Natürlich wusste Melchor das, und trotzdem...

"Kopfwunden bluten stark, Melchor, das hast du mir erzählt."

Noch eine Ohrfeige.

"Halt jetzt den Mund."

Klar, kein Problem, es fiel ihm eh schon ziemlich schwer bei Bewusstsein zu bleiben.

Er sah schon nichts mehr und hörte ein lautes Rauschen, sein Hals war ganz trocken...

Den Mund halten war eine gute Idee.

Vielleicht würde er jetzt endlich sterben.

Mit diesem Gedanken ließ er sich fallen.
 


 

Als Noah erwachte, sah er ein grelles Licht.

Seine Augen gewöhnten sich daran und er erkannte, dass es eine ihm gut bekannte Zimmerlampe war.

Er versuchte sich aufzurichten.

Sein linker Arm zitterte, als er sich abstützte und sowohl sein Kopf als auch sein Hals schmerzten ziemlich stark.

Er lag in einem Bett vom Candydoc.

Der Candydoc war ein Arzt, der ohne Lizenz arbeitete und zu dem jeder für alles Mögliche gehen konnte, wenn er genug Geld hatte oder auf andere Weise die Behandlung bezahlen konnte, in Naturalien etwa.

Als Arbeitsort benutzte der Candydoc einen stillgelegten Komplex von Abwasserkanälen und Zisternen.

In jeder Zisterne standen zumeist vier provisorische Betten.

Hier waren nur zwei, es war wohl ein kleinerer Raum als sonst, aber die Lampen waren die gleichen.

Im anderen Bett saß eine junge Frau.

Sie hatte einen kahlgeschorenen Schädel und wirkte, auch weil ihr Körper sehr trainiert und sehnig war, eher burschikos.

Vom Gesicht her hätte man sie vielleicht hübsch nennen können, wenn da nicht diese Narbe gewesen wär, der Schnitt verlief schräg über ihre Stirn zum linken Ohr, wo eine Kerbe in der Ohrmusche zurückgeblieben war. Außerdem waren ihre Augen von gnadenloser Kälte erfüllt, aber das schreckte ihn nicht.

Er starrte sie an und sie starrte zurück.

Sie ließ ihren Blick über die Strangulationsmale an seinem Hals, seine genähte Kopfverletzung, den verbundenen Arm, die alten Narben auf dem anderen, die kleinen runden Brandwunden auf seinem Handrücken und an seinem Schlüsselbein wandern.

"Hallo, mein Name ist Lian, und deiner?"

Er wusste nicht, was er sagen sollte, noch nie hatte jemand der anderen Patienten ihn angesprochen,

"Noah.", murmelte er schließlich.

Sie zeigte keine Gemütsregung.

"Warum bist du hier?"

Er legte den Kopf schief.

"Ich habe es übertrieben."

"Du hast dir das selbst zugefügt?"

"Nur die Schnitte."

"Warum tust du es?"

"Warum fragst du das?"

Sie zuckte mit den Schultern.

"Ich denke, ich kann das einfach nicht nachvollziehen, warum jemand sich selbst so verletzt, dass er sterben könnte."

"Der Grund ist ganz einfach. Ich tue es, weil Melchor es mir gesagt hat. Würde ich es nicht tun, dann wäre er wütend auf mich und müsste mich für mein Verhalten bestrafen."

"Wie würde er dich bestrafen?"

"Das ist unterschiedlich. Manchmal gibt er mir nichts zu essen und manchmal zieht er mir Haut vom Rücken ab oder sonst etwas."

Die junge Frau, sie war wohl etwas älter als er, zwanzig vielleicht, verengte die Augen.

"Warum muss Melchor so etwas denn tun? Zwingt ihn jemand dazu?"

"Nein, er muss es einfach, das ist doch logisch. Wenn ich etwas falsch mache, dann muss er mich bestrafen, damit ich mir beim nächsten Mal mehr Mühe gebe."

Sie verzog den Mund.

"Er bestraft dich also, wenn du dich nicht selber schneidest?"

"Ja, hab ich doch gesagt."

"Und warum möchte er, dass du dich selbst schneidest?"

"Als Bestrafung."

Sie zog die Augenbraun hoch "Noch mehr Bestrafung? Wofür bestraft er dich?"

"Ich habe mich gewehrt, als er mich gewürgt hat, das soll ich nicht tun, und eigentlich weiß ich das auch, aber manchmal...manchmal da überkommt es mich und ich kann nicht verhindern, dass ich mich wehre, obwohl ich eigentlich weiß, dass es falsch ist. Dass Melchor mich bestraft, ist gut, ich lerne immer noch dazu."

Ihre Augen waren mittlerweile schmale Schlitze.

"Du findest es unangenehm, wenn er dich würgt, oder nicht?"

"Ja, aber ich weiß, dass er das machen muss."

"Warum muss er das?"

Noah runzelte kurz die Stirn.

"Er sagt, es ist das einzige, was ihn glücklich macht."

"Und du willst ihn glücklich machen..."

"Das habe ich nicht zu entscheiden, ich gehöre ihm."

"Wie kommst du darauf? Niemand gehört jemand anderem."

"Doch, ich schon. Melchor hat mich gekauft, also gehöre ich ihm."

"Sperrt er dich ein?"

"Natürlich."

"Und warum?"

"Damit ich nicht weglaufe."

"Wenn du ihm gehörst, warum solltest du weglaufen?"

"Ich...weiß nicht, Vielleicht sperrt er mich auch ein, um mich zu beschützen."

"Wovor? Davor, dass dir jemand weh tut oder dich tötet? Tut er selber das nicht auch?"

"Ja, aber es ist eigentlich auch nicht wichtig, er kann machen was immer er möchte, so ist das eben."

Sie schüttelte den Kopf.

"Warum sollte er mehr Rechte haben als du, findest du das logisch?"

"Ja, er ist älter und stärker und schlauer als ich und er sagt mir, was ich darf und was nicht, und er gibt mir zu essen...wie könnte ich genau so viel dürfen wie er?"

"Weil jeder Mensch die gleichen Rechte hat. Es ist total egal, ob du klüger oder stärker bist als jemand anderes, er hat genau die gleichen Rechte wie du.

Und es gibt ein paar Dinge, wie zum Beispiel dein Leben und deine Freiheit, die ganz alleine dir gehören, das darf dir keiner einfach so wegnehmen, dieses Recht hat jeder Mensch."

Noah schüttelte den Kopf "Nein! Das stimmt nicht, das kann gar nicht stimmen! Es ist doch ganz normal, dass man dem gehorcht, dem man gehört, ich habe noch nie gehört, dass es anders wäre!"

"Hast du etwa von klein auf bei diesem Melchor gelebt?"

"Nein, ich habe doch gesagt, er hat mich gekauft."

"Und was war davor?"

Noah schien diese Fragerei langsam suspekt zu werden, aber er sprach weiter.

"Davor war ich in Besitz eines Mannes, den ich immer mit >mein Herr< angesprochen habe. Anders als Melchor hat er von mir in erster Linie verlangt, dass ich sein Bett teile. Als ich dann vierzehn wurde, hat er mich verkauft und sich einen neuen Jungen geholt, der jünger war als ich."

Ihre Nasenflügel blähten sich, aber sie presste kurz die Lippen zusammen und atmete durch.

"Hast du keine Eltern?"

"Nein."

"Wieso kannst du normal sprechen, bist du in irgendeiner Weise erzogen worden?"

"Erzogen wurde ich von meinem ersten Besitzer. Ihn hat es glücklich gemacht mir Dinge beizubringen, wenn ich gut war, hat er mich zur Belohnung gestreichelt und geküsst, wenn nicht, dann hat er mich natürlich bestraft, er hat mich in einen dunklen Raum gesperrt, geschlagen und ein paar andere Sachen, ich erinnere mich nicht an viel, es ist lange her. Als ich vier war, hat er mich an meinen zweiten Besitzer verkauft, der es gerne mochte, wenn ich nackt bei ihm zu Hause war und ihn bedient habe. Dieser verkaufte mich mit zehn an meinen Herrn, und der mich, wie ich schon sagte, an Melchor. Melchor allerdings will mich wahrscheinlich niemals verkaufen, denn was ihn glücklich macht, ist mich zu würgen, und das wird nur dann enden, wenn er mich tötet oder wenn ihn das aus irgendeinem Grund nicht mehr glücklich macht."

Sie wirkte nachdenklich.

"Du hast keine Ahnung, wie die Welt wirklich aussieht oder?"

"ich weiß, wie meine Welt aussieht."

Sie atmete noch einmal durch.

"Darf ich dir erzählen, wie eine andere Welt aussieht?"

"Natürlich."

"In dieser anderen Welt haben die meisten Kinder eine Mutter und einen Vater, die sie lieben, ihnen von klein auf vieles beibringen und die ihnen nicht wehtun dürfen. Niemand darf einem anderen wehtun. Keiner darf von einem anderen einfach so gewürgt werden oder dazu gezwungen sich zu schneiden.

Man kann selbst entscheiden, ob und wie man leben will und auch wo man will.

Du bist frei zu lernen, was du willst, frei zu lieben, wen du willst, frei zu...du bist frei alles zu tun, was immer du willst, solange du niemandem wehtust."

"Darf man essen, was man will?"

Sie sah ihn verdutzt an.

"Was ist das für eine Frage?"

"Melchor macht immer das gleiche und auch meine Besitzer davor gaben mir nicht viel Unterschiedliches...ich wollte nur wissen..."

"Ja, du darfst natürlich essen, was du willst. Du darfst nein sagen, wenn dir jemand etwas befiehlt. Wenn jemand dir wehtun will, weil du seinen Befehl nicht befolgst, dann darf er dich nicht bestrafen, und die meisten Menschen würden hinter dir stehen und diesem Menschen sagen, dass er das nicht machen darf, weil er damit dein Recht verletzt.

Du bist derjenige, der darüber entscheidet, was du tust. Du bist derjenige, der darüber entscheidet, wie du lebst! DU, nicht dein Herr, nicht Melchor und auch sonst niemand, ganz alleine du!"

Er sah sie skeptisch an.

"Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie kann denn der Besitzer und sein Besitz das gleiche Recht haben?"

"Es gibt niemanden, der von einem anderen besessen wird, das ist es ja, dich darf keiner besitzen! Bestraft werden nicht die, die sich an diese Regel halten, sondern die, die es nicht tun, so wie Melchor."

"Melchor kann man bestrafen?"

"Natürlich! Er tut dir weh, das ist falsch, das ist Unrecht! Melchor ist derjenige, der bestraft werden sollte."

"Aber wie soll das gehen?"

"Wie soll was gehen?"

"Wie soll Melchor bestraft werden? Gehen wir einfach mal davon aus, dass das, was du sagst, stimmt. Wenn es Leute gibt, die ihn dafür bestrafen, dass er mich besitzt, wieso wird er dann nicht bestraft?"

Sie seufzte.

"Offensichtlich macht er es heimlich. Die Leute, die ihn dafür bestrafen würden, wissen nicht, was er tut."

"Dann gilt diese andere Welt nicht für mich."

Sie schüttelte den Kopf.

"Doch sie kann es, du musst nur weglaufen."

"Das geht nicht. In meiner Welt würde ich dafür bestraft werden, das riskiere ich nicht für eine nette Geschichte."

Sie sah einen Moment ein bisschen verzweifelt aus.

Offenbar war dieser Noah eigentlich ein sehr intelligenter, willensstarker Mensch mit unglaublichem Durchhaltevermögen, man hatte ihm nur nie gezeigt, wie das Leben eigentlich sein sollte.

Er war beinah so etwas wie ein unfreiwilliger Gefangener, bloß dadurch, dass er es nicht besser wusste!

Sie rieb sich das Nasenbein.

"Na gut. Folgendes: Wenn du von deiner Welt in die andere gehen könntest, würdest du es tun?"

Er neigte den Kopf wieder nachdenklich zur Seite.

"Ich kann es aber doch nicht."

"Beantworte bitte die Frage."

"Naja. Ich weiß ja nur von deiner Erzählung, wie es da sein soll, aber es klingt schön, eigentlich klingt es richtig unrealistisch, ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine Welt funktionieren kann."

"Nicht immer, aber es klappt eigentlich ganz gut. Also was ist?"

"Ich weiß nicht...ich...du kannst mir doch alles Mögliche erzählen."
 

Die Tür ging auf und Melchor trat ein.

"Noah! Was tust du da?"

Er sah Melchor gelassen an.

"Wir haben uns unterhalten."

"Das habe ich nicht erlaubt!"

"Es tut mir leid, Melchor."

Lian war erschrocken, wie ehrlich betroffen der Junge wirkte.

Dieser grobschlächtige Kerl war also Melchor...

Spontan spürte sie einen berauschenden Hass auf diesen Mann.

Es gab viele wie ihn, aber sie hatte selten mit solchen zu tun, und das war das erste Mal, dass sie mit einem Opfer gesprochen hatte.

"Darf ich Noah eine Frage stellen?"

Sie musste diesen Kerl so lange wie es ging im Ungewissen lassen.

"Du hast ihr deinen Namen gesagt?"

"Sie hat gefragt. Verzeih mir."

"Du sollst nur mir gehorchen, bist du etwa bescheuert?"

"Es tut mir wirklich leid."

Immer noch war Noahs Stimme ruhig und gefühlsleer.

"Darf ich ihn nun noch etwas fragen, oder nicht?"

Melchor begutachtete sie.

"Wenn du dann aufhörst zu nerven."

Sie nickte.

"Also, Noah, bitte gib mir eine Antwort auf meine letzte Frage."

Er sah sie forschend an, sah ihren drängenden Blick.

Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, dann nickte er langsam und sie lächelte.

"In Ordnung."
 

Ohne Vorwarnung stand sie auf, sprintete auf Melchor zu und mit einer blitzschnellen Bewegung brach sie ihm das Genick.

Sie sah zu Noah, der immer noch im Bett saß.

"Jetzt hast du die Möglichkeit, komm mit mir und ich bringe dich in jene Welt."

Er saß da und betrachtete sie mit einem ganz sonderbaren Blick der Unfassbarkeit.

"Hast du denn nicht grade selber die Regeln jener Welt verletzt?"

"Aber noch befinden wir uns ja in deiner Welt, oder nicht? Und hier darf der Stärkere alles. Ich bin halt stärker als Melchor gewesen."

Noah sah sie zögernd an.

"Dann bist du auch stärker als ich...wirst du mich nicht behalten?"

"Nein, ich bringe dich in diese andere Welt."

"Ist diese andere Welt nicht auch deine Welt?"

"Nein, ich gehöre in keine Welt, weil ich mich entschieden habe, mich weder an die Regeln der einen noch an die der anderen zu halten."

"Aber du willst, dass ich in der anderen Welt lebe?"

"Lieber dort als hier, aber ich hätte dich nicht gegen deinen Willen mitgenommen."

"Wen interessiert denn, was ich will?"

"Das sollte jeden interessieren! Denn wenn du etwas nicht willst, dann musst du es auch nicht."

"Unglaublich."

"Du wirst ja sehen...

Ich verstehe nicht, wie man jemanden so erziehen kann, dass er Freiheit nicht vermisst, weil er sie gar nicht kennt, dass es so etwas gibt ist echt heftig."
 

Autor: Salix
 

Notwendige Abwägungen
 

Der dritte Artikel der Menschenrechte ist einer, der am leichten verständlichsten und nachvollziehbarsten Artikel. Er gehört zu den Artikeln, welchen schon nach dem ersten Lesen fast jeder zustimmen kann und zwar vorbehaltlos. Aber er ist einer der Artikel, die am schwersten praktisch umzusetzen sind. Das liegt daran, dass in diesem Artikel gleich drei bedeutende Werte als schützenswert hervorgehoben werden. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit. Jeder Mensch hat das Recht auf die Sicherheit der Person.

Aber was ist mit Menschen, welche die Sicherheit der Person oder gar das Leben anderer Menschen gefährden?

In diesem Fall ist es laut unserer nationalen Gesetzgebung so, dass einem solchen Menschen das Recht auf Freiheit verwehrt werden kann. Gewalttäter und Mörder werden für ihre Verbrechen bestraft und das heißt in Deutschland, sie erhalten eine Gefängnisstrafe. Ihnen wird also ihre Freiheit genommen. Wird ihnen dadurch das Recht auf Freiheit genommen?

Nein, aber ihnen wird das Recht verwehrt um andere Menschen vor ihnen zu schützen. Eine Gefängnisstrafe oder eine Sicherheitsverwahrung kann lebenslang sein. In solchen Fälle wird die Sicherheit und das Leben anderer Personen höher bewertet als das Recht auf Freiheit eines Täters.

Ein anderer Grund, aus dem das Recht auf Freiheit eines Menschen beschnitten werden kann und praktisch auch wird, ist der, diese Person zu schützen.

Um ein Beispiel zu nennen. Ein Mensch, dem es nicht mehr möglich ist sich zu orientieren, weil er etwa dement ist, dem wird in den seltensten Fällen erlaubt alleine frei durch die Gegend zu laufen, weil er dadurch seine Sicherheit oder auch sein Leben gefährdet werden könnte. Demenzkranke Menschen laufen durchaus immer mal wieder weg, auch mitten im Winter im Nachthemd, da dies zu einer Gefährdung ihres Lebens führt, wird versucht sie am Weglaufen zu hindern. Das bedeutet nicht, dass diese Menschen irgendwo weggesperrt werden (etwas, was leider durchaus geschieht), häufiger bedeutet es, dass sie nur in Begleitung ihre Wohnung oder ein Heim verlassen dürfen oder das Tricks angewendet werden um sie zu überreden nicht rauszugehen.

Dies sind noch recht leicht zu fällende Abwägungen der in Artikel 3 als Menschenrechte deklarierten Werte. Einem Menschen die Freiheit zu verwehren um andere Menschen vor ihm zu schützen oder den Menschen selbst zu schützen. Aber Artikel 3 kann auch zu weit schwierigeren Abwägungen führen. Was, wenn es nicht mehr um die Freiheit eines Menschen als zu verwehrendes Gut geht?

Was ist mehr wert, das Leben eines Menschen oder die Sicherheit mehrerer anderer Menschen?

Solange sich diese Frage auf einen Fall bezieht, wo der Mensch, dessen Leben in die Wagschale geworfen wird, die Sicherheit und womöglich das Leben eines oder mehreren anderen Menschen gefährdet, hat unsere Gesetzgebung eine Lösung. Nehmen wir an es handelt sich um eine bewaffnete Geiselnahme, dann darf die Polizei, wenn der Geiselnehmer absolut nicht mit sich handeln lässt und zum Einlenken bereit ist, diesen töten um die Geiseln zu retten.

Es ist eine der Situationen, in denen der sogenannte finale Rettungsschuss erlaubt ist. Die Bezeichnung finaler Rettungsschuss hört sich recht harmlos an, sie bedeute aber immer, dass ein Mensch getötet wurde um andere Menschen zu schützen. Schwieriger wird die Frage, wenn dieser finale Rettungsschuss nicht in einer Situation geschieht, in der klar ist, dass der Täter das Leben anderer gefährdet. Etwa, weil er bewaffnet auf der Flucht ist. Hier muss dann immer im Nachhinein geklärt werden, was geschehen ist und, ob dieser Schuss so wie er geschah auch notwendig war.

Aber, was ist mit einer Situation, in der es um das Leben eines völlig harmlosen, unschuldigen und unbescholtenen gegenüber der Sicherheit mehrerer anderen Menschen geht?

Das sind Situationen, in die ich niemanden hineinwünsche, weder diejenigen, um die es geht, noch denjenigen, der diese Entscheidung fällen muss. Aber auch solche Situationen gibt es.

Um genau zu sein, es gab sie, beispielsweise am 11. September 2001.

Ich möchte hier keine was-wäre-wenn-Spekulationen führen, denn ich spreche hier nur über das dritte Flugzeug, welches ins Weiße Haus stürzen sollte.

In diesem Fall sind mehrere Sachen besonders. Einmal hatten einige der Menschen, um deren Leben es ging, eine Wahl, welche sie fällten. Die Passagiere des Flugzeuges wusste, was mit den ersten beiden Maschinen geschehen war. Sie ahnten, das mit ihrer Maschine etwas ähnliches geschehen sollte. Sie wussten also, dass sie sterben würden und zwar um dabei viele tausende andere Menschen mit zu töten. In diesem Fall hat nicht irgendjemand, der für die Luftsicherung zuständig war, entschieden, wir schießen diese Flugzeug ab um andere zu retten, sondern es haben die Passagiere selbst entschieden.

Sie haben sich entschieden, dass wenn sie schon sterben müssen, sie zumindest versuchen würden zu verhindern, dass noch mehr Menschen mit ihnen zusammen sterben würden. Diese Entscheidung war sehr ehrenhaft und hat, dazugeführt, dass das Flugzeug nicht, wie von den Terroristen vorgesehen, ins Weiße Haus stürzte, sondern auf ein Feld.

Entscheidungen Leben gegen Leben werden nicht immer von dritten gefällt, die selbst nicht gefährdet sind. Denn Menschen sind selbst zu Entscheidungen fähig und wie dieser Fall zeigt auch zu sehr selbstlosen.

Artikel 3 kann aber auch gerade dieser Leben gegen Leben Problematik verstärken.

Wann darf ein Leben gegen ein anderes abgewogen werden? Darf das überhaupt getan werden? Ist es zulässig ein Leben zu nehmen um mehrere andere zu retten?

Gerade durch die Ereignisse des 11. Septembers 2001 wurden solche Fragen stärker diskutiert. Im Rahmen dieser Diskussionen kam die Überlegung auf, es müsse ein Recht auf Sicherheit in den Menschrechtskatalog aufgenommen werden. Ein umfassenderes Recht auf Sicherheit innerhalb der Menschenrechte ist jedoch sehr problematisch, da damit sämtliche andere Menschenrechte ausgehebelt werden könnten um dieses Recht auf Sicherheit zu garantieren. Außerdem ist im Artikel 3 schon das Recht auf Sicherheit der Person garantiert und das sollte ausreichen. Auch dieses Sicherheit der Person kann nicht immer gewährleistet werden, würde versucht werden eine weitergefasste Sicherheit zu gewährleisten, würden alle Artikel dem Versuch diese Sicherheit zu gewährleisten unterworfen, somit untergraben und nutzlos, denn eine umfassende Sicherheit ist niemals möglich!

Zurück zur Leben gegen Leben Problematik. Eine weitere Frage, die nach dem 11. September aufgeworfen wurde, war ein neues Luftsicherungsgesetz für Deutschland.

Zunächst hört es sich auch sinnvoll an, dass Flugzeuge, die dort auftauchen, wo sie nicht sein sollen und keinen Funkkontakt mit dem Tower haben, abgeschossen werden dürften, wenn Anlass zur Befürchtung besteht, sie könnten von Terroristen gelenkt werden.

Es gibt da nur ein paar Probleme. Die Flugsicherung in Deutschland erfasst täglich an die hundert Beispiele in denen Flugzeuge sich verflogen haben oder der Funkkontakt aus, welchen Gründen auch immer, abgebrochen ist und jetzt kommt es, ohne, dass auch nur ein einziges dieser Flugzeuge von einem Terroristen gesteuert wurde!

Das sogenannte Flugsicherheitsgesetz, wäre es durchgekommen, hätte erlaubt diese Flugzeuge abzuschießen, auf den Verdacht hin, dass es sich dabei um Terroristen handeln könnte. Zum Glück ist es beim alten Gesetz geblieben und in Fällen, in denen Flugzeuge ohne Funkkontakt in Gebiete fliegen, in die sie nicht fliegen dürfen, steigen Militärflugzeuge auf, die versuchen mit den Piloten in Kontakt zu treten und die verirrten Flugzeuge zum nächsten Flughafen lotsen.

Die Frage danach, wie die Sicherheit von Menschen garantiert und geschützt werden kann, kann also auch dazu führen, dass das Leben und die Sicherheit anderer Menschen gefährdet werden. Im Falle des Luftsicherheitsgesetzes, wäre erlaubt worden das Leben unschuldiger Menschen zu beenden und zwar nur auf den Verdacht der Gefährdung anderer Menschenleben! Das Gefährliche ethisch bedenkliche an diesem angedachten Gesetz ist nicht nur die Abwägung verschiedener Menschenleben gegeneinander, wobei unklar bleibt, wo mehr Menschenleben gefährdet sind, im Flugzeug, das abgeschossen werden soll oder an der möglichen Absturzstelle?

Das ethisch richtig Bedenkliche an diesem Gesetz war, dass auf den bloßen, möglicherweise völlig unbegründeten Verdacht hin, das Leben von unschuldigen Menschen nicht nur aufs Spiel gesetzt wurde, sondern erlaubt werden sollte diese zu töten.

Sicherheit von Menschen kann und darf nicht als oberste Priorität der Menschenrechte angesehen werden, weil der Versuch den Sicherheitsgedanken umzusetzen, durchaus noch mehr Menschenleben gefährden kann, als der Versuch die Menschenrechte den Situationen in der Realität angepasst umzusetzen, wobei Letzteres bedeutet, dass es immer zu Abwägungen von verschiedenen Menschenrechten kommen wird.

Artikel 3 ist durch seine Formulierung und die darin als schützenswert bezeichneten Werte, einer der Artikel, welche geradezu in besonderem Maße dazuführen, dass Abwägungen getroffen werden müssen.
 


 

Artikel 3

Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948.

Artikel 4

Anmerkung: In diesem Kapitel finden sich wieder zwei sehr unterschiedliche Texte. Der Text von Futuhiro ist eine Erzählung, die einen zum Nachdenken bringt. Bei meinem Text handelt es sich um einen sehr kurzen historischen Abriss, der einen Überblick liefern soll. Ich wünsche trotzdem viel Freude beim Lesen.

Salix
 


 


 


 

Autor: Futuhiro
 

Akihito
 

„Master! Lasst mich euer Sklave sein!“, bat der junge Japaner, der mit flehend gefalteten Händen vor ihrer Haustür kniete, als Naoko diese öffnete. Es hatte geklingelt. Eigentlich hatte sie mit dem Briefträger gerechnet, der Nachricht von ihrer entfernt lebenden, alten Mutter brachte. Aber doch nicht hiermit!

Sprachlos und unfähig zu irgendeiner Reaktion starrte Naoko ihn an. Drei Sekunden vergingen. Vier. Dann erst blinzelte sie und ihr Gesicht wurde ungläubig. „Wie?“, brachte sie endlich hervor.

„Ich möchte euer Sklave sein! Bitte!“, beharrte er.

Sie kratzte sich ratlos am Kopf und musterte ihn genauer. Er war sowas zwischen 18 und 20 Jahren alt, hatte lange Haare, abgetragene Kleidung und war ziemlich süß, abgesehen davon daß er sich offenbar tagelang nicht mehr gewaschen hatte. Fakt war, sie kannte den Kleinen gar nicht.

Er kniete unbeirrt weiter vor ihrer Haustür, wartete nur geduldig auf ihre Entscheidung und lächelte sie hoffnungsvoll an.

Naoko überlegte. „Äh ... ich schlage vor, daß du erstmal reinkommen solltest, bevor wir weiterreden.“, meinte sie überfordert.
 

„So, ich bin Naoko.“

„Akihito.“, gab er zurück.

„Akihito, schön. Das musst du mir erklären, daß du mein Sklave werden willst. Du meinst so richtig Sklave? Mit viel zu viel Arbeit und gänzlich ohne Rechte? Sowas willst du werden?“, begann Naoko das Gespräch von vorn, nachdem sie den jungen Mann am Tisch platziert und ihm Tee und Gebäck vorgesetzt hatte, welches er mit erzwungener Zurückhaltung aß. Sicher war er geradezu ausgehungert und unterdrückte nun krampfhaft den Drang, zu schlingen.

„Ja, bitte!“, gab er zurück und schob sich noch einen Keks in den Mund.

„Warum!?“, begehrte sie verständnislos zu wissen. „Warum geht man freiwillig in die Sklaverei? Auf sowas würde doch kein normal denkender Mensch kommen. Außerdem sind wir hier in Amerika, und wir schreiben das 20. Jahrhundert. Sklavenhalterei ist gar nicht mehr legal.“

„Ich ...“, er suchte kurz selbst nach einer plausiblen Erklärung. „Ich kann nirgendwo anders hin.“, stellte er dann kleinlaut fest.

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtete sie ihn nochmal neu, seine schmutzige Haut, seine einfache, heruntergekommene Kleidung, die Tatsache, daß er kein Gepäck bei sich hatte. „Du warst wohl auch bisher schon ein Sklave?“, vermutete sie.

Akihito nickte und senkte den Blick.

Naoko wurde langsam einiges klar. Er war abgehauen, um dann ernüchtert festzustellen, daß er ziellos und ohne Geld in einer Welt herumirrte, in der er einfach verhungern oder erfrieren würde. Er war einem obdachlosen Penner auf der Straße gleich geworden. Ob das nun besser oder schlechter war, als ein Sklave zu sein, war strittig. Sicher war er nicht grundlos geflohen. Aber ohne Personalausweis würde er nichtmal eine bezahlte Arbeit finden, oder eine Wohnung, ganz zu schweigen davon, daß sein alter Master nun zweifellos hinter ihm her war. „Verrätst du mir, woher du kommst?“

„Werdet ihr mich wieder rauswerfen, wenn ich euch das nicht sagen möchte?“, gab er zaghaft zurück.
 

Ein paar Tage zuvor:

Akihito gähnte hinter vorgehaltener Hand, als er das Gähnen doch nicht mehr gänzlich unterdrücken konnte. Er musste immer so verdammt früh aufstehen, um sich um die Hoftiere zu kümmern, bevor er seinem Master das Frühstück pünktlich zu servieren hatte. Und sein Master war ein aufbrausender, cholerischer Mann, der schnell zu reizen und nur sehr schwer wieder zu besänftigen war. Dieser englische, adlige Aussiedler, der sich hier in Amerika ein komfortables Leben versprach und gern noch Sklaven hielt, obwohl das längst schon nicht mehr der Norm entsprach.

Da er sich gerade unbeobachtet fühlte, schlurkste Akihito mit hängenden Schultern lustlos durch die Küche, um einen Blick in den Ofen zu werfen. Die Brötchen durften nicht zu knusprig werden. In diesem Moment ließ ihn ein Geräusch in der Tür erschrocken herumfahren. Und so wie er sich umdrehte, klirrte es laut und deutlich. Wie erstarrt stand er da und schaute ins Gesicht seines Masters, das langsam eine signalrote Farbe annahm. Akihito musste gar nicht nachsehen, was da geklirrt hatte. Er hatte mit dem Ellenbogen ein Glas heruntergestoßen. Sein erster ... nein ... sein EINZIGER Gedanke in diesem Moment war: Was zur Hölle wollte der Master hier in der Küche? Noch dazu um diese Uhrzeit?

„Du!“ Der Master schnappte kurz hyperventilierend nach Luft, betitelte den langhaarigen Sklaven dann mit einem sehr unschönen Fluchwort und hob die lange, schlanke Reitgerte, die er ständig mit sich herumtrug. Und begann, ungehalten auf Akihito einzupeitschen.

„Sir Worthguild!“, keuchte Akihito, schlang die Arme um den Kopf und krümmte sich schutzsuchend zusammen. „Nicht!“. Als er sich panisch unter den Küchentisch verkriechen wollte, zerrte der Master ihn an den Haaren wieder hervor und führte sein Strafwerk dann fort. Sir Worthguild hatte vier Sklaven, und sie alle mussten lange Haare tragen, einzig und allein zu dem Zweck, sie daran ergreifen und durch die Gegend zerren zu können.
 

Mürrisch stand Akihito an diesem Abend mit freiem Oberkörper vor dem Fenster und betrachtete im Spiegelbild der Glasscheibe die groben Striemen auf seinem Rücken. Da die Sklaven keine Spiegel hatten, konnten sie nur die Fensterscheiben verwenden, wenn es draußen dunkel war und im Zimmer Licht brannte. Bei diesen Lichtbedingungen erkannte man sich noch am besten. Grummelnd rieb er sich über die immer noch schmerzenden Gertenstreiche, soweit seine Gelenkigkeit es zuließ, und zog sich dann das Nachthemd über. Er war heute der Erste, die anderen drei, die ebenfalls hier in diesem Zimmer untergebracht waren, hatten wohl noch zu tun.

Mit einer angenehmen Müdigkeit legte er sich auf seine Schlafmatte. Heute würde er wieder selig schlafen. Aber bevor er es sich den Umständen entsprechend gemütlich machen konnte, ging die Tür auf und der nächste kam herein.

„Meine Güte, Ko, was ist denn mit dir passiert?“, wollte Akihito verstört wissen, als er die Tränenränder in den Augen des anderen Sklaven sah. Er und Ko hatten ein freundschaftliches Verhältnis, sie waren einander nicht völlig egal.

„Ich bin des Todes.“, gab der nur mit brüchiger Stimme zurück und ließ sich haltlos auf seine Schlafmatte fallen, um sich zusammenzurollen. Er schwieg eine Weile, als suche er nach angemessenen Worten, bevor er weiterreden könne. „Lady Worthguild hat Gefallen an mir gefunden.“

Ein deutliches <Oh.> stand in Akihitos Gesicht, aber über die Lippen bekam er diesen Laut nicht. Die Frau des Masters, Gott habe sie selig, war letztes Jahr einem schweren Fieber erlegen. Die einzige <Lady>, die es hier auf dem Hof noch gab, war die knapp 20 Jahre alte Tochter des Masters. Ko konnte also nur diese meinen.

„Hat sie dich ... etwa ... angemacht?“, hakte Akihito hilflos nach. Er fühlte sich etwas überfordert, er wusste nicht was er seinem Kollegen sagen oder raten sollte.

„Mehr als das. ... Verdammt, wenn der Master das rausbekommt, wird er mich köpfen. Die einzige Tochter des Masters und ein Sklave! Aber ich kann doch gar nichts dafür! Ich hab das ja nicht freiwillig mitgemacht oder gar selbst begonnen.“

Akihito fuhr sich verzweifelt mit der Hand über den Unterkiefer. „Du musst fliehen!“, beschloss er leise.
 

In dieser Nacht waren sie gemeinsam ausgebrochen. Akihito hatte zwangsläufig mitgehen müssen, sonst hätte er für Ko´s Flucht geradestehen müssen. Der Master wusste, daß die beiden Sklaven sich gut verstanden und zusammenhielten, deswegen musste ständig einer für den anderen den Kopf hinhalten. Wenn der Master sauer auf Ko war, und Ko sich gerade nicht in greifbarer Nähe befand, kassierte stets Akihito die Prügel, und andersherum. Wäre Ko in dieser Nacht allein geflohen, wäre Akihito definitiv an seiner Stelle totgeschlagen worden.

Die Aktion war so simpel wie wahnwitzig. Das Zimmer verlassen, ohne die beiden anderen zu wecken. Den Schlüssel für den Hinterausgang vom Nachttisch des Herrn klauen, denn am Vordereingang war der Hundezwinger, wo die Hunde sicher Alarm geschlagen hätten. Das Haus verlassen und ums nackte Überleben rennen. Und beten, daß ihr Verschwinden erst spät am nächsten Morgen bemerkt wurde und sie bis dahin weit genug gekommen waren, um nicht sofort wiedergefunden zu werden. - Soweit die Theorie. ... Wäre da nicht die junge Lady Worthguild gewesen, die des Nachts auf Toilette musste und dabei zufällig einen Blick aus dem Fenster riskiert hatte, wo Akihito und Ko gerade per Räuberleiter über die Grundstücksmauer hatten klettern wollen. Binnen weniger Augenblicke hatte sie ihren Vater wachgeschrien, der mit seiner Flinte und den drei Hunden die Verfolgung aufgenommen hatte.
 

Akihito und Ko hatten sich in der Dunkelheit verloren. Akihito hatte nur anhand der Geräuschkulisse mitbekommen, daß die Hunde Ko erwischt hatten. Und ein Schuss war gefallen, den er gar nicht zu interpretieren wagte. Er selbst war gerannt, bestimmt stundenlang gerannt, bis er einfach vor Erschöpfung zusammengebrochen war. Aber er war nicht gefunden worden. Die folgenden drei Tage war er ziellos immer weiter gelaufen, immer in die gleiche Richtung, immer nur weg vom Anwesen seines Masters. Er hatte sich auf die Suche nach einer Bleibe gemacht, oder nach Arbeit, war aber überall mehr oder weniger gewaltsam davongejagt worden. Mit der Zeit hatte er sich nur noch auf der Suche nach etwas zu Essen durchgebettelt, hatte unter Brücken und Bäumen geschlafen und war letztlich sogar noch überfallen worden. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, offensichtlich zu stehlen, damit man ihn in ein Gefängnis sperrte, wo er wenigstens ein Dach über dem Kopf und etwas Wasser und Brot hatte. Aber die Gefahr, einfach zu seinem Master zurückgebracht zu werden, war ihm zu groß. Und so hatte er dann resignierend eingesehen, daß er als freier Mensch schlicht und ergreifend draufgehen würde.

Am Ende seiner Kräfte hatte er sich vor das nächstbeste Anwesen gekniet und darum gefleht, doch wieder ein Sklave sein zu dürfen.


 

„Werdet ihr mich wieder rauswerfen, wenn ich euch nicht sagen möchte, woher ich komme?“, wollte er zaghaft wissen.

„Nein, keine Sorge.“, lächelte Naoko. „Also ... ich habe keine Sklaven. Ich hatte nie welche, und will eigentlich auch keine. Ich finde Sklavenhalterei menschenverachtend. Und sie ist sowieso gerade dabei, per Gesetz verboten zu werden.“

„Wirklich?“, gab Akihito kleinlaut zurück.

„Ja. ... Also, als Sklave bei mir unterzukommen, kannst du vergessen. Aber wenn du willst, kannst du gern einen Arbeitsvertrag als Butler bei mir unterschreiben. Wenn es dir bei mir irgendwann nicht mehr gefällt, darfst du jederzeit kündigen. Ich sorge für deine Verpflegung und Unterkunft. Und ich werde dich bezahlen.“, fügte sie betont an.

Er hielt den Keks, den er sich gerade hatte reinschieben wollen, wenige Zentimeter vor seinem offenstehenden Mund in der Luft und gaffte die blonde Frau wie erstarrt an. „Das ... das könnt ihr nicht ernst meinen.“ Das war der Lottogewinn des Jahrhunderts. Geld! Geld! Wenn er vielleicht nur ein paar wenige Monate hier gearbeitet hatte, hatte er möglicherweise genug zusammen, um sich einen neuen Pass ausstellen zu lassen und ein Flugticket zurück nach Japan zu bekommen. Zurück nach Hause, wo er vor einer gefühlten Ewigkeit von Menschenhändlern eingefangen und in die Sklaverei verkauft worden war.

„Wenn das Gesetz wirklich durchkommt, sollten wir zur Polizei gehen und deinen alten Master anzeigen.“, entschied Naoko lächelnd. Akihito war Japaner, wie sie selbst. Nicht nur deswegen wollte sie ihm unbedingt helfen, aber es war ein nennenswerter Faktor in ihrem Motivationsgefüge.
 


 


 


 

Autor: Salix
 

Sklaverei
 

Was ist eigentlich Sklaverei? Was heißt es ein Sklave zu sein? Seit wann gibt es Sklaverei? Und warum gehört sie verboten?

Zunächst einmal bedeutet Sklaverei, dass ein Mensch einem anderen Menschen gehört, d.h. dieser Mensch ist unfrei. Ein Sklave darf nicht über sein eigenes Leben entscheiden, diese Entscheidungen liegen bei seinem Herrn. Ein Sklave hat seinem Herrn zu gehorchen. Wie weit die Befehlsgewalt eines Sklavenbesitzers reichte, war in der Geschichte und in der Welt unterschiedlich. Heute ist Sklaverei offiziell von allen Nationen der Welt geächtet. Leider bedeutet dies nicht, dass es keine Sklaverei mehr gibt. Auch heute noch werden Menschen an andere Menschen verkauft, welchen sie dienen müssen.

Seit wann gibt es Sklaverei?

Tja, die Frage lässt sich wohl in etwa mit: „Seit es Menschen gibt.“ beantworten, wenn damit nicht der Begriff Sklaverei gemeint ist. Ich gehe davon aus, dass es selbst unter den Steinzeitmenschen eine Form der Sklaverei gegeben hat, insofern, dass Gefangene aus anderen Stämmen zu Unfreien innerhalb des Stammes wurden, der sie gefangen hatte.

Doch darüber wissen Geschichtswissenschaftler einfach kaum etwas, da es nun einmal nicht viele Überreste aus der Steinzeit gibt und ganz bestimmt keine schriftlichen Quellen.

Es lässt sich jedoch eindeutig sagen, dass es erstens schon seit den frühen Hochkulturen Sklaven gab und das Formen der Sklaverei in allen Ländern der Welt praktiziert wurden. Ich habe das nicht nachgeprüft, gehe aber davon aus, dass man in allen Ländern schriftliche Quellen finden kann, in denen Sklaven erwähnt werden, wenn auch vielleicht nicht unter dem Begriff Sklaverei.

Unter Sklaverei verstehe ich, dass ein Mensch unfrei ist, also einem anderen Menschen gehört. Nicht immer wird dafür der Begriff Sklaverei verwendet. Es gibt auch die Bezeichnungen Unfreie oder Leibeigene, (wobei Leibeigenschaft sich auf eine im Mittelalter übliche gesellschaftliche Lebensform und Praxis bezieht, die deutliche Unterschiede zur Sklaverei in der Frühen Neuzeit oder gar zur Sklaverei in Amerika oder auch zum Sklaventum in der Antike aufweist. Alle gemeinsam haben sie jedoch, dass ein Mensch dabei unfrei ist und einem anderen gehört, in gewissen Regeln, die sehr unterschiedlich waren.)

Sklaven werden in den Schriften der Alten Ägypter, der Babylonier, Perser etc. genannt. Wie genau die Sklavenhaltung bei diesen Völkern aussah ist mir nicht bekannt. Auch zu Asien weiß ich wenig, aber von den Eunuchen am chinesischen Kaiserhof, dürften auch in Europa viele Menschen zumindest einmal gehört haben.

Ich möchte darauf hinweisen, dass es auch in Stammesgesellschaften, die häufig verklärt betrachtet werden, Sklaverei oder zumindest Formen davon gegeben hat. Sei das nun bei Indianern oder Aborigines oder afrikanischen Stammesgesellschaften.

Eine häufige Sklavereiform war das Verschleppen von Frauen aus anderen Stämmen, die dann zwangsverheiratet wurden. Allerdings ist auch hinzuzufügen, dass einige Araberstämme und auch Afrikanische Stämme Profit dadurch machten, dass sie Menschen aus verfeindeten Stämmen gefangen nahmen und diese an die Europäer verkauften, welche sie nach Amerika verfrachteten, wobei viele dieser Menschen auf der Seereise unter entsetzlichen Bedingungen starben!

Das es im antiken Griechenland und Rom Sklaven gegeben hat, ist hinlänglich bekannt. Hier tauchten verschiedene Formen der Sklaverei auf. So waren die antiken Griechen und Römer für ihre Sklaven verantwortlich. Das bedeutete unter anderem, dass sie diese sogar recht gut zu behandeln hatten. In vielen Familien waren Sklaven fast schon Familienmitglieder und hatten z.T. hohe, bedeutende Ämter inne. Es bedeutete im Übrigen auch, dass ein Sklavenbesitzer für Handlungen und Fehlverhalten seines Sklaven haftbar gemacht und vor Gericht gestellt werden konnte und wurde.

Außerdem war es möglich, dass sich ein Mann selbst verkaufen konnte und zwar für eine bestimmte Zeit. Das heißt er wurde freiwillig zum Sklaven und konnte auch wieder nach Ablauf der ausgehandelten Zeit ein freier Mann werden. Hinzu kam in allen mir bekannten antiken Gesellschaften, dass Sklaven ihre Freiheit erlangen konnten, etwa indem sie einem Mitglied der Familie ihres Herren das Leben retteten oder andere Handlungen begingen, welche dazu führten, dass sie zur Belohnung freigelassen wurden.

Übrigens möchte ich hier kurz mit dem Mythos des Galeerensklaven aufräumen. In der Antike, ganz besonders auf den griechischen Galeeren, gab es keine Sklaven! Die griechischen Galeeren wurden von freien Männern gerudert, weswegen sie auch so effektiv waren, da diese gut ausgebildete Ruderer waren!

Galeerensklaven, welche einfach irgendwo gefangen und versklavt wurden, waren eher ein Phänomen des Mittelalters, einer Hochzeit der Kaufmannsgaleeren im Mittelmeerraum.

Soweit zur Antike.

Nun zur Sklaverei im Mittelalter es gab das Leibeigentum, welches allerdings beide, den freien Herrn und den Leibeigenen, sehr festen Regeln unterwarf. Ein Herr durfte im Mittelalter beileibe nicht alles mit seinen Leibeigenen anstellen, häufig war es sogar so, dass diese gar nicht in seinem Haus lebten, sondern in einem kleinen Bauernhof auf seinem Land, und ihm bestimmte, fest geregelte Dienste und Abgaben schuldeten. Allerdings durften Leibeigene beispielsweise nicht wegziehen und nur mit Erlaubnis ihres Herrn heiraten, wobei es auch möglich war, dass Unfreie und Freie heirateten.

Andere Formen der Sklaverei im Mittelalter ergaben sich beispielsweise beim Reisen. Es geschah durchaus, dass insbesondere Jerusalempilger auf See gefangen wurden und, wenn kein Lösegeld bezahlt wurde, sie zu Galeerensklaven wurden.

In den meisten antiken Gesellschaften und auch im Mittelalter, konnten Sklavenbesitzer zur Rechenschaft gezogen werden, wenn etwas ungewöhnliches mit ihren Sklaven geschah und diese aufgrund dessen starben. Dies bedeutete nun nicht, dass Sklaven in der Antike und im Mittelalter nicht in Gefahr waren sehr schlecht behandelt zu werden und weibliche Sklaven frei über ihren Körper verfügen konnten, es bedeutete aber schon, dass ein gewisser Rahmen gewahrt bleiben musste. Seinen Sklaven grundlos zu töten, konnte Folgen haben. Den Sklaven eines anderen grundlos zu töten, führte im antiken Griechenland und Rom zu einem Gerichtsprozess. Zwar war es ein Prozess wegen „Sachbeschädigung“, aber es lässt sich sagen, dass es gesellschaftlich nicht akzeptiert war, Sklaven ohne Grund zu töten oder so zu bestrafen, dass sie zu Krüppeln wurden. (Etwas, was einem Besitzer in der Antike nur selbst schadete, da er den Sklaven behalten musste bis dieser starb oder ihn unter Verlust weiter verkaufen konnte). Griechische und römische Sklavenbesitzer waren bis zum Tod des Sklaven, also auch im Alter, für ihre Sklaven verantwortlich und mussten für ihre Ernährung und gesundheitliche Versorgung sorgen.

Auch im Mittelalter bestanden bei der Leibeigenschaft feste Regeln, an die sich beide Seiten zu halten hatten, häufig zum Vorteil des Herrn, aber auch ihm war nicht alles erlaubt.

In der Neuzeit war die Sklaverei in Amerika die, wo die wenigsten Regeln für den Herrn galten, wie er seinen Sklaven zu behandeln hatte.

Die Zeit mit den meisten Sklaven, welche den Begriff Sklaverei prägte, war die Neuzeit und insbesondere die Kolonialzeit. In diese Epoche fällt die Verschiffung tausender Menschen als Sklaven nach Amerika, genauso wie die Versklavung der Völker in Kolonialgebieten, ob nun in Indien, Afrika, China oder Amerika. Dies war die Zeit der massenhaften Versklavung von Afrikanern und auch die Zeit, in der Sklavenhalter fast oder oft sogar völlig freie Hand im Umgang mit ihren Sklaven hatten. Die Zeit, in der die insbesondere aus der Antike bekannten, recht strengen Regelungen zu Sklavenhaltung ihre Bedeutung verloren hatten. Dies war die Zeit, in der Sklaverei bedeutete, dass sehr viele Menschen sich auf Plantagen zu Tode schufteten. Dies war die Zeit, in der es besonders leicht, und ohne Bestrafung, möglich war mit seinem Sklaven alles zu tun, was man wollte, Vergewaltigung und grundlose Folterungen eingeschlossen. Wenn von der Zeit der Sklaverei gesprochen wird, ist die Neuzeit und die Plantagen in Amerika mit ihrer Sklavenhaltung gemeint.

Nach den Befreiungskriegen, in denen für ein Ende der Sklaverei gekämpft wurde (welches nur teilweise erreicht wurde) und irgendwann nach dem offiziellen Ende der Sklaverei, gab es im letzten Jahrhundert eine weitere schreckliche und massenweise auftretende Form der Sklaverei: die Zwangsarbeiter im Krieg und in den Konzentrationslagern. Obwohl es in diesem Fall fast harmlos ist, dies „Sklaverei“ zu nennen, ging es doch dabei darum Menschen systematisch, unter anderem durch Arbeit, zu vernichten.

Die heute auftretenden illegalen Formen von Sklaverei (es gibt keine legale Sklaverei mehr), sind häufig die Verwendung von Kindern, meist Mädchen, im Haushalt, die Verwendung von Kindern als Kindersoldaten und die Zwangsprostitution.

Sklaverei ist verboten, trotzdem gibt es sie noch. Ich wünsche mir eine Welt ohne Sklaverei und, wenn ich mir die Geschichte der Menschheit ansehe, in Bezug auf Sklaverei, schaudert es mich. Leider besteht wenig Hoffnung, dass die Versklavung von Menschen durch Menschen jemals wirklich aufhört.
 

Artikel 4:

„Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.“

Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948.

Artikel 5

Anmerkung:

Entschuldigt, diesmal gibt es eine etwas längere Vorrede, da sich das Thema dieses Artikels als eines erwies, über das zu Schreiben gar nicht leicht ist.

Kurz habe ich überlegt andere Texte zu schreiben als die hier Vertretenen. Etwa über ein Folteropfer, welches auch Jahre später noch mit dem Erlebten zu kämpfen hat oder über ein Opfer der Hexenverfolgung kurz vorm Gang zum Scheiterhaufen, aber ich ließ es. All die Szenen, die mir einfielen waren, brutal, grausam, entsetzlich, erschreckend, bedrückend und ich mochte sie deswegen nicht schreiben. Außerdem stellte ich fest, dass es mir schwer fiel über das Thema zu schreiben, einmal wegen der Fülle, der möglichen Szenen, aber auch wegen dem Problem den angemessenen Ton zu finden, um darüber zu schreiben und, weil es einen emotional stark berührt.

Herausgekommen sind bei mir die Texte „In Memoriam“, „Foltererlaubnis?“ und „Ein absolutes Verbot“. Drei völlig unterschiedliche Texte.

Als ich den Text „In Memoriam“ schrieb, waren mir die entsetzlichen Berichte über die Folterungen von Kindern in Syrien noch nicht bekannt. Das Thema Folter ist eines, zu dem man leider viel zu viele grässliche Szenen und Szenarien beschreiben und aufschreiben könnte. Der Text „In Memoriam“ behandelt nur ein Beispiel, welches mir am Herzen liegt, deshalb habe ich diesen Text gewählt.

Der Text „Foltererlaubnis?“ ist aus einem Gefühl heraus entstanden. Als ich den Text schrieb, war ich wütend und genervt. Diese Gefühle hege ich bezüglich der Arroganz mancher Leute, die für etwas argumentiere, von dem sie ausgehen, dass es sie nicht direkt betreffen wird, weil sie nicht in solch eine Situation kommen werden. Und diese Arroganz führt dazu, dass diese Leute für etwas argumentieren, was sie garantiert nicht selbst erfahren wollen. Meine Wut über solche Leute bedeutet jedoch nicht, dass ich möchte, dass sie solche Erfahrungen wirklich am eigenen Leib erleben. Es ist ein reines Gedankenspiel mit Fragen, welches als Aufforderung zu verstehen ist mal wirklich gründlich nachzudenken!

„Ein absolutes Verbot“ ist ein philosophischer Essay, der meine Meinung zum Folterverbot vernünftig, begründet darlegt, d.h der zeigt, dass und warum ich gegen jegliche Form der Folter bin.

Insgesamt werdet ihr es in diesem Kapitel mit vier sehr unterschiedlichen Texten zu tun bekommen. Futuhiros Text „Katzenwedel“ geht wieder in einer anderen, jedoch angemessenen Art mit dem Thema um als meine Texte. Genug des Vorgeplänkels.
 

Salix
 


 


 

Autor: Salix
 

In Memoriam
 

Dir wurde die Freiheit geraubt. Sie haben dich verhört, wieder und wieder. Weil du verstockt warst und geschwiegen hast, haben sie versucht ein Geständnis aus dir herauszuprügeln. Um dich zum Einlenken zu bewegen, wurde dir die Nahrung entzogen. Du wurdest gezwungen stundenlang stillzustehen, obwohl du längst nicht mehr konntest. Manchmal nahmen sie dir die Kleider um dich besser demütigen zu können. Schlafentzug war auch eine Methode, um dich zum Reden zu bringen. Du wurdest von den anderen Häftlingen isoliert und in Dunkelhaft gesteckt.

Woran hast du in den Stunden völliger Dunkelheit gedacht? An deinen Ehemann? Deine Eltern? Oder an deinen Sohn, der draußen auf deine Rückkehr wartete?

Die tägliche halbe Stunde Hofgang brachte dir kaum Erleichterung von deiner Pein. Sie versuchten deinen Willen zu brechen, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln!

Dennoch brachtest du genug Kraft auf, dich um Eltern, Sohn und Ehemann zu sorgen. In deinem einzigen, zensierten Brief, versichertest du, dass es dir gut ginge. Du schriebst von deiner Sorge um deinen Sohn oder von den Socken, die du deinem ebenfalls inhaftierten Mann stricktest. Deine Briefe zeigen, dass du leben wolltest, überleben, um wieder bei deiner Familie sein zu können.

Eines Tages wurdest du tot in deiner Zelle aufgefunden, erhängt.

Hast du Selbstmord begangen? Oder haben sich die Wärter mit dir vergnügt bis du starbst und vertuschten es so?

Deine Akten, soweit sie noch existieren, schildern nur die offizielle Version. Sie lautet: Selbstmord.

Deine Familie hat nie an diese Version geglaubt, doch die Umstände deines Todes lassen sich nicht mehr aufklären.

Was hattest du getan, um solche Behandlung zu verdienen?

Du hast dich gegen das Regime aufgelehnt. Du warst in einer Widerstandsgruppe, die Flugblätter veröffentlichte, ausländische Radiosender hörte, Essen verschenkte, Ratschläge erteilte, verbotene Bücher las, Politik diskutierte, Untergetauchten half zu überleben und Unterschlupf bot, Maschinen sabotierte und keinerlei Chance hatte das Regime wirklich zu stürzen. Dein Verbrechen waren deine politische Überzeugung und deine Menschlichkeit.

Deine Leiche wurde verbrannt, wie es damals üblich war. Du hast kein Grab.

Dein Mann musste dich identifizieren. In seinen Briefen an deine Eltern drückte er sein Mitgefühl über den Verlust ihrer Tochter aus, obwohl die Grausamkeiten für ihn weitergingen. Er musste Zwangsarbeit leisten, erhielt kaum Nahrung und lebte mit tausend anderen in einem Lager zusammengepfercht, wo die Menschen an Seuchen starben, zum Teil auf dem bloßen Boden. Er überlebte dich... um ein dreiviertel Jahr, bevor ihn eine Seuche dahinraffte.

Dein achtjähriger Sohn überlebte die Diktatur und den Krieg. Dein Vater und dein Schwager erkämpften sich von den Behörden die Erlaubnis, dass er in der Familie deiner Schwester aufwachsen durfte. Er wurde erwachsen, heiratete, bekam Kinder und Enkelkinder, doch euer Verlust hinterließ eine Lücke in der Familie. Euer Schicksal warf Fragen auf, die nie beantwortet wurden und sich nicht mehr beantworten lassen. Es prägte die Familie.

Im Gegensatz zu anderen Opfern von Folter und Unmenschlichkeit erinnern eine Gedenktafel und ein Stolperstein an dich, deinen Mann und euer Leben.

In Memoriam meinen Urgroßeltern Käthe Tennigkeit †20.4.1944 KZ Fuhlsbüttel, Richard Tennigkeit †12.12.1944 KZ Neuengamme.

In Gedenken an alle Folteropfer aller Zeiten und aus der gesamten Welt!

Zum Gedenken an die Folteropfer, welche von ihren Peinigern getötet oder in den Tod getrieben wurden!

In Gedenken an die Überlebenden von Folter, welche ihr Leben mit den Folgen der Folter fortgeführt haben oder jetzt fortführen!

In der Hoffnung darauf, dass das Folterverbot irgendwann nicht mehr nur auf dem Papier besteht!
 


 


 

Autor: Futuhiro
 

Katzenwedel
 

„Ich bin Finley, die Neue, hallo.“, erklärte die Jüngere freundlich lächelnd und hielt ihrem Gegenüber die Hand hin.

Anstatt die Hand anzunehmen, musterte die ältere, streng aussehende Dame in der Uniform sie nur von oben bis unten und brummte dann. „Hallo.“, erwiderte sie und klang dabei viel mehr abwertend als grüßend. „Mach dir nicht die Mühe, hier Freundschaften zu schließen. Du wirst sowieso nicht lange bleiben.“

„Äh ... warum das denn?“, gab Finley verwirrt zurück.

„Dein Posten war über zwei Jahre lang unbesetzt. Das hat Gründe, Schätzchen.“, murrte die ältere Frau nur und wandte sich dann zum Gehen.
 

Finley sah ihr etwas missmutig nach. So hatte sie sich ihren ersten Arbeitstag hier ja nicht vorgestellt. Sie hatte eine abgeschlossene Vollzugsbeamtenausbildung, hatte dann zwei Jahre in ihrem Heimatort gearbeitet, sich dann aber aus Langeweile entschlossen, wegzugehen. Daher hatte sie hier, im idyllischen, 5 Stunden entfernten Katzenwedel eine Stelle als Schließerin in der örtlichen Justizvollzugsanstalt angenommen. Sie wusste nichts über Katzenwedel oder die Gepflogenheiten in den hiesigen Gefängnissen, aber sie hatte schon irgendwie erwartet, daß ihr der Job Spaß machen und die Kollegen nett sein würden. Finley beschloss, sich darüber nicht die Laune verderben zu lassen, richtete ihre neue Uniform und spazierte weiter. Sollte die alte, unfreundliche Krähe doch reden, was sie wollte. Wahrscheinlich war sie der Muffel vom Dienst, und die anderen waren eigentlich alle ganz in Ordnung. Sie entschied, ihr Zuständigkeitsgebiet in Augenschein zu nehmen.
 


 

Stunden später spazierte sie mit gemischten Gefühlen durch die Gänge, und schaute, ob überall alles mit rechten Dingen zuging. Einerseits war das hier ein angenehmes, ruhiges Gefängnis. Klein, und ein bisschen heruntergekommen, aber ansonsten recht nett. Sie hatte mit den meisten Insassen auf ihrer Etage schon ein paar Worte gewechselt. Es war keiner dabei, der irgendwie Ärger machte oder sich aufsässig gab. Auf der anderen Seite herrschte hier eine ziemlich frostige Atmosphäre. Die Kollegen aus ihrer Schicht, die sie bereits kennen gelernt hatte, waren durch die Bank weg kühl oder gar kaltherzig, und sie hatten teilweise eine unbarmherzige Haltung gegenüber den Häftlingen. Finley war sich noch nicht ganz schlüssig, ob sie wirklich wusste, worauf sie sich hier eingelassen hatte. Allerdings wollte sie keine vorschnellen Schlüsse ziehen und sich hier erstmal einleben, bevor sie urteilte.

Am Ende des Gangs hörte sie leise Wasser rauschen und stutzte. Sie konnte sich nicht erinnern, einen der Häftlinge herausgelassen zu haben. Und es war ja auch keine Waschzeit. Duschen konnten die Insassen nur morgens oder abends. Sie warf einen Blick auf die Uhr – 16:17 Uhr, eine dreiviertel Stunde vor Dienstschluss – und spazierte los. Wie schon vermutet, führte das Geräusch sie zu den Duschen. Wohlbemerkt zu den Männerduschen. Die Frauen waren in einem anderen Trakt untergebracht. Sollte sie wirklich in eine Männerdusche hineinplatzen?
 

Als sie die nur angelehnte Tür einen Spalt breit aufschob, um hineinzuschauen, klappte ihr unvermittelt die Kinnlade herunter, und die Türklinke glitt ihr aus der Hand, so daß die Tür komplett aufschwang. Das Bild, das sich ihr bot, war einfach zu unbegreiflich, als daß sie es sofort hätte erfassen können.

Ein junger Mann war mit Handschellen unter der Dusche festgekettet und das münzbetriebene Wasser prasselte auf ihn hernieder. Er war schlaff in die Knie gesunken, soweit die Handschellen ihm das erlaubten, und er hatte dunkelblaue Lippen und zitterte deutlich sichtbar. Das Wasser lief ihm in kleinen Strömen durch das Gesicht und hatte seine Insassenkleidung komplett getränkt. Und er machte nicht den Eindruck, noch etwas von seiner Umgebung mitzubekommen. Jemand hatte genug Geld in den Münzkasten gesteckt, daß das Wasser sicher noch eine halbe Stunde weiterprasseln würde.

Endlich hatte Finley sich wieder weit genug gefasst, um ihren Schlüsselbund hervorzuzerren und den Generalschlüssel für die Handschellen zu suchen. Da die Dusche nicht abzustellen war, solange das Guthaben im Münzkasten nicht aufgebraucht war, warf sie ihr Diensttelefon und den Piepser neben die Tür und sprang kurzentschlossen mit unter den künstlichen Regen. Sofort zog sich ihr ganzer Körper krampfartig zusammen. Das Wasser war eiskalt und nahm ihr schockartig die Luft. Ein kurzer Blick genügte: Ja, der Münzkasten war auf <kalt> eingestellt. Wie mies. Durch die Kältekrämpfe und das ihr in die Augen laufende Wasser hatte sie echte Probleme, den kleinen Schlüssel in die Handschellenschlösser zu fädeln, um den jungen Mann zu befreien. Am Rande registrierte sie noch, daß er Asiate war, dann zerrte sie ihn unter der kalten Dusche hervor und riss seine Strafgefangenenjacke auf, um ihn aus den nassen Klamotten herauszuholen. Er hatte die Augen halb geschlossen und reagierte in keinster Weise auf das, was sie mit ihm anstellte.
 


 

„Naja, Sie sind neu, Sie kennen die Sitten hier bei uns noch nicht.“, meinte der Gefängnisvorsteher sorglos, als Finley eine halbe Stunde später in seinem Büro saß. Sie hatte den Asiaten mit dem Krankenwagen abholen lassen, wovon ihre Kollegen und insbesondere ihr Chef gar nicht begeistert gewesen waren. Eigentlich hätte sie allein das schon skeptisch machen müssen. Jetzt sah sie ihn sprachlos an. Als ihr Vorgesetzter hatte sie von ihm erwartet, mit Empörung auf ihren Bericht zu reagieren.

„Die Sitten hier?“, wiederholte sie und zog sich ihre Jacke fester um den Körper, die sie sich zwischenzeitlich übergeworfen hatte, denn mit ihrer pitschnassen Bluse hätte sie sicher ein öffentliches Ärgernis erregt. „Ist es hier üblich, Insassen stundenlang unter der eiskalten Dusche festzuketten?“, wollte die fassungslos wissen.

„Stundenlang? Nun übertreiben Sie nicht gleich. Wir stecken Sie, wenn sie nicht folgsam sind, schonmal für ein paar Sekunden unters kalte Wasser, aber ...“

„Von 14 Uhr 30 bis 16 Uhr 15 sind bei Ihnen ein paar Sekunden?“

Der Vorgesetzte sah sie fragend an. „Wie?“

„Ich habe den Häftling aus der Nebenzelle gefragt. Nummer 15.7 wurde gegen halb 3 von einem Wärter aus seiner Zelle geholt. Ich glaube wohl kaum, daß die noch ein Stündchen spazieren gegangen sind, bevor der Wärter ihn unter die Dusche gekettet hat. Sein Zustand hat jedenfalls nicht darauf hingedeutet. Er hatte schon eine massive Unterkühlung, die kriegt man nicht in 5 Minuten.“, zeterte Finley ungehalten. Es war ihr völlig egal, daß das hier ihr erster Arbeitstag war und daß das hier ihr Vorgesetzter war. Sowas ließ sie einfach nicht zu.
 


 

Finley klopfte und schob dann vorsichtig die Tür auf, um den Kopf hineinzustecken. Die Ärzte hatten ihr gesagt, daß er wieder bei Bewusstsein war, aber noch ein paar Tage hier bleiben würde. Und der gelangweilte Polizist vor dem Krankenzimmer, der wohl dafür zuständig war, daß der Häftling auch wirklich hier blieb, versuchte auch nicht, sie aufzuhalten. Es war nach Dienstschluss, und Finley hatte beschlossen, den Asiaten noch schnell im Krankenhaus zu besuchen. Sie war ja neu hier in der Stadt und kannte keinen und hatte eh nichts besseren zu tun.

„Hey, darf ich reinkommen?“

Der junge Mann mit den schwarzen Haaren musterte sie eine Weile ratlos, bevor er die Schließerin ohne ihre Uniform überhaupt wiedererkannte. Dann stahl sich so etwas wie ein Lächeln auf seine Züge. „Sie kommen mich besuchen?“, wollte er in schwer verständlichem Akzent wissen. „Wie war ihr erster Arbeitstag? Gefällt es Ihnen?“

„Naja ... eine Kollegin sagte mir, mein Posten sei 2 Jahre lang unbesetzt gewesen, und das hätte Gründe. Ich glaube, ich weiß jetzt, was sie meinte.“ Finley ließ sich am Krankenbett auf einem Stuhl nieder. „Ist das üblich?“

„Das ist noch harmlos.“, stellte der Asiate mit Trauermiene klar, was die junge Schließerin nur zu einem ungläubigen Kopfschütteln veranlasste. „Es ist nicht leicht, den Wärtern zu gefallen. Und wen sie nicht mögen, schikanieren sie. Die Wärter lassen uns tagelang nicht auf Toilette gehen, sperren uns in Einzel- oder Dunkelhaft, schlagen uns ...“ Er wedelte mit der Hand um anzudeuten, daß die Liste beliebig fortgesetzt werden könnte.

„Das ist ja schrecklich.“

„Das ist Alltag. In Katzenwedel ist das ... naja ... nicht ungewöhnlich.“

Finley seufzte. Sie hatte WIRKLICH keine Ahnung gehabt, worauf sie sich hier eingelassen hatte. Unbeschreibliche Zustände waren das hier. Eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen zwischen den beiden.
 

„Sie werden kündigen, nicht wahr?“, wollte der Asiate mit der Häftlingsnummer 15.7 wissen und klang dabei etwas traurig.

„Ich habe es in Betracht gezogen.“

„Was bedeutet <Betracht>?“, hakte er nach. „Tut mir leid ... mein Deutsch ist nicht so gut, ich kenne nicht alle Redewendungen.“

„Hm? .... Du sprichst doch besser Deutsch als mancher Deutschte.“, lachte Finley und erklärte es ihm dann.

Er nickte verstehend. Dann zuckte er mit den Schultern. „Jeder, der neu hier anfängt, kündigt nach ein paar Tagen wieder. ... Obwohl die meisten schon sehr böse ... böswillig und ... ähm ... garstig hier ankommen.“, erzählte er, wobei er teilweise länger nach den passenden Wörtern suchen musste. „Nur wenige haben freiwillig den Job im Gefängnis Katzenwedel, die wurden alle hierher – wie sagt man? - strafversetzt? Das sind Wärter, die schon anderswo negativ aufgefallen sind. Niemand kommt grundlos nach Katzenwedel, auch nicht die Wärter.“

„Super. Ich wünschte, das hätte ich vorher gewusst.“, lachte sie in einem Anflug von Galgenhumor und seufzte dann.

„Ich kenne Sie zwar kaum, aber ich werde Sie vermissen. Sie sind der erste freundliche Gefängniswärter, dem ich begegnet bin. Der erste, der sich überhaupt Gedanken um uns Gefangene macht.“

Finley schmunzelte. „Noch bin ich nicht weg. ... Nein, ich glaube, ich werde hier bleiben. Und werde den Laden richtig gründlich aufmischen! Die werden sich umgucken!“

„Was bedeutet <Laden aufmischen>?“, wollte der Asiate ratlos wissen.
 


 


 


 


 

Autor: Salix
 

Foltererlaubnis?
 

Wie hätten Sie ihr Folterpaket denn gern?

Waterbording und psychische Foltermethoden?

Hinterlässt garantiert kaum offensichtliche Spuren am Opfer!

Oder doch lieber das traditionelle Modell körperlicher Folter?

Natürlich inklusive passender Werkzeuge wie:

Neunschwänzige Katze,

Kohlepfannen,

Daumschrauben,

Spanische Stiefel,

Streckbank und Eiserne Jungfrau!

Ach, und ab wann soll Ihr Folterpaket denn gerechtfertigt sein?

Zur möglichen Rettung von Menschenleben?

Oder schon bei der Kritikäußerung gegenüber Ihrer Regierung?

Oh, Sie können sich nicht entscheiden...

Kein Problem.

Sie können Ihr Folterpaket natürlich gerne ausprobieren.

Wir sind dazu befugt es an Ihnen selbst auszutesten, wenn sie mögen?

Wie, das wollen Sie nicht?

Tja, dann hätten wir da noch ein Folterverbot im Angebot.

Supergünstig, wiederverwertbar und topaktuell!

Was sagen Sie dazu?
 


 

Autor: Salix
 

Ein absolutes Verbot
 

Die vorrangegangenen Texte zeigen deutlich, um was es in Artikel 5 der Menschenrechte geht, nämlich um Folter. Hier gebe ich nun wieder einen Einblick auf eine leider noch aktuelle philosophisch-ethische Debatte, die sich um diesen Artikel dreht.

Ich beginne mit ein paar grundsätzlichen und notwendigen Informationen, bevor ich auf die Debatte zu sprechen komme.

Das Folterverbot in der Erklärung der Menschenrechte ist ein absolutes Verbot. Ein absolutes Verbot bedeutet, dass dieses Verbot für jede denkbare Situation gilt. Für Folter heißt das, jegliche Foltermethoden sind verboten und es gibt keine Umstände, welche die Anwendung von Folter erlauben, ganz besonders nicht durch Staatsbeamte. Würde ein Staat Folter offiziell erlauben, verlöre er in der heutigen Zeit seinen Status als Rechtsstaat.

Hierzu sei noch gesagt, dass Folter und auch Folterandrohung in Deutschland strafbar sind. Der Grund aus dem ich dies betone, ist Folgender:

Vor einigen Jahren (2002/2003 und auch noch in den folgenden Jahren) ist eine Debatte darüber aufgekommen, ob man das Folterverbot, so wie es derzeit besteht, unter bestimmten Bedingungen lockern dürfte. Oder anders ausgedrückt, ob man die Androhung und auch „sanfte“ Foltermethoden für bestimmte Situationen als straffrei erklären sollte. Foltermethoden, welche man bei diesen bestimmten angedachten Situationen möglicherweise von einer Strafe befreien wollte, waren das Waterbording oder auch das Entkleiden und stundenlange Stillstehen des Opfers. Eine Sache über die einige Befürworter einer Lockerung des Folterverbotes sogar schon anfingen nachzudenken, war, unter welchen Bedingungen dies geschehen und welche Methoden man zulassen sollte.

Aber wie kam es überhaupt dazu, dass in einem Rechtsstaat plötzlich über das Zulassen von Folter unter bestimmten Bedingungen diskutiert wurde?

Der Auslöser war eine Kindesentführung. Diese Kindesentführung und was in ihrem Zusammenhang geschehen ist, wurde in der Öffentlichkeit als der Fall Daschner bekannt.

Die harten Fakten des Ganzen sind, dass dem Entführer eines kleinen Jungen von dem zuständigen Polizeivizepräsidenten Folter angedroht wurde, um den Aufenthaltsort des Jungen herauszubekommen. Es wurde auch ernsthaft die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dem Entführer wirklich Schmerzen zuzufügen, um an die Informationen zu gelangen. Die Polizei ging zum Zeitpunkt der Folterandrohungen noch davon aus, dass der Junge noch am Leben sei. Im späteren Prozess gegen den Polizeivizepräsidenten kam heraus, dass es auch noch andere alternative Pläne gegeben hatte an eine Aussage des Entführers zu bekommen. Pläne, die keine Folterandrohung beinhalteten. Außerdem ergab der Prozess, dass sich einige der am Fall beteiligten Beamten weigerten der Anordnung der Folterandrohung Folge zu leisten und der Polizeivizepräsident diesen Plan dennoch ausführte.*

Oft wurde in der auf den Fall Daschner folgenden Debatte darauf hingewiesen, dass die Folterandrohung ja geschehen seien um das Leben des Jungen zu retten und das Leben eines Menschen habe mehr Wert als die Unversehrtheit einer Person. Aber das trifft auf diesen Fall nicht zu, obwohl noch davon ausgegangen wurde, dass der Junge lebte, denn es gab Alternativen.

Alle Menschenrechte sind gleichrangig, auch wenn es Situationen gibt, in denen sie gegeneinander abgewägt werden müssen.

Das Folterverbot darf nicht gelockert werden, auch in solch einem Fall. Es darf keine Straffreiheit für Folter geben, weil sie verwendet wurde um Menschen zu retten. Auch in solchen Entführungsfällen nicht, selbst dann, wenn es keine anderen Alternativen gibt. Wer foltert oder Folter androht muss bestraft werden, und wenn das heißt, dass er in einem solchen Fall im Wissen um seine Strafe handelt.

Das Problem bei einer Lockerung des Folterverbots ist nämlich, dass eine Einschränkung erlaubter anwendbarer Folter schwer durchsetzbar ist. Wer soll entscheiden, für welche Fälle, welche Art von Folter erlaubt sein darf? Darf man das überhaupt entscheiden zu erlauben, dass Menschen Folter zugefügt wird, damit sie Aussagen machen? Und was, wenn es dann einen Unschuldigen trifft? Wo setzt man die Grenze?

Und wenn einmal eine Lockerung eingetreten ist, kann es dazu kommen, dass so allmählich immer härtere Foltermethoden für immer harmlosere Vergehen erlaubt würden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der für mich eindeutig gegen eine Lockerung des Folterverbotes spricht, obwohl er völlig egoistisch ist, lautet: Wenn Foltermethoden erlaubt würden, würde es für jeden möglich, dass er oder sie in die Gefahr gerät gefoltert zu werden, wenn ein entsprechendes Vergehen begangen würde oder gegen einen eben nur der Verdacht dieses Verbrechens bestünde!

Die Erlaubnis bestimmte Foltermethoden an Verdächtigen bei bestimmten Vergehen durchzuführen, bedeutet immer auch, dass Unschuldige gefoltert würden. Unschuldige, die eines solchen Vergehens verdächtigt würde, würden auch gefoltert werden. Wodurch im Übrigen gegen den Grundsatz unserer Rechtsprechung „Unschuldig bis zum Beweis der Schuld vor einem ordentlichen rechtsstaatlichen Gericht“ verstoßen würde, da der Gefolterte dadurch, dass er in solchen Fällen gefoltert würde, schon unausgesprochen als der wahre Täter angesehen wird.

Hinzu kommt, daß Aussagen, die unter Folter erzwungen wurden, nicht als rechtskräftig angesehen werden können. Der Grund dafür ist, dass die meisten Menschen unter Folter bereit sind so ziemlich alles zuzugeben, nur um von den Schmerzen befreit zu werden. Das Menschen sogar bereit sind kompletten Unsinn und Unmögliches zuzugeben, ist eine historische Tatsache. Sämtliche Geständnisse der Spanischen Inquisition und der Hexenverfolgung wurden mit Folter erpresst. Dabei wurden von den Angeklagten Dinge zugegeben, die sie nicht getan haben konnten, weil sie, wie wir heute wissen, komplett unmöglich sind und den Naturgesetzen widersprechen, beispielsweise das Fliegen auf einem Besen.

Die Diskussion, ob Aussagen unter Folter oder unter „peinlicher Befragung“ überhaupt für einen gerechten Prozess sinnvoll und rechtmäßig sind, gab es seit dem frühen 19. Jahrhundert. Diese Debatte führte unter anderem zu einem Folterverbot für gerichtliche Aussagen lange vor der Erklärung der Menschenrechte von 1948, weil erwiesen wurde, dass der Wahrheitsgehalt von Aussagen unter Folter, gelinde gesagt problematisch ist.

Es ist nachvollziehbar, dass jemand einem Kindesentführer droht ihn zu foltern, um das Leben des entführten Kindes zu retten. Doch so nachvollziehbar es auch sein mag, es darf nicht gesetzlich erlaubt sein, einen Verdächtigen mit Folter zu einem Geständnis zu zwingen. Eine solche gesetzliche Erlaubnis würde dem Kern, dessen was einen Rechtsstaat ausmacht, widersprechen und die gesetzliche Grundlage, auf der unser Rechtsstaat aufgebaut ist, gegen sich selbst kehren.

Ein Rechtsstaat kann sich nicht erlauben die Absolutheit des Folterverbots zu verletzten, da es den Kern eines Rechtsstaates zerstören würde, nämlich die Anerkennung der Rechte seiner Bürger. Und zu diesen Rechten, die ein Rechtsstaat schützen muss, um ein Rechtsstaat zu bleiben, gehört auch das Recht auf Schutz vor Folter, das Recht seine Aussage zu verweigern (auch wenn dadurch ein Menschenleben gefährdet wird) und das Recht als unschuldig angesehen zu werden, bis vor einem Gericht die Schuld des Verdächtigen bewiesen wurde.

Das Folterverbot ist ein absolutes Verbot, welches ein absolutes Verbot bleiben muss, wenn ein Rechtsstaat ein Rechtsstaat bleiben will.
 

* Informationen zum Fall Daschner aus: http://www.zeit.de/2004/49/Daschner
 


 

Artikel 5

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948.

Artikel 6

Vorrede:

Es war schwierig zu diesem Artikel Texte zu schreiben.

Mit „Outlaw“ habe ich versucht zu beschreiben, was es im Mittelalter und der Frühen Neuzeit bedeutet hat, wenn jemand rechtlos wurde. Dies habe ich getan um zu zeigen, was es heißt keine Rechte zu haben und nicht rechtsfähig zu sein. Der Grund dafür war, dass ich mit dem Begriff rechtsfähig nicht gut zurecht gekommen bin, weswegen ich probiert habe über das Gegenteil, den Begriff rechtlos, ein besseres Verständnis dieses Artikels zu bekommen.

Ansonsten gibt es in diesem Kapitel meinen Versuch zu erklären, was es heute heißt rechtsfähig zu sein.

Für dieses Kapitel gilt mein Dank Kurookami für die hilfreiche Diskussion zu Artikel 6, ohne sie gäbe es den Text „Outlaw“ nicht. Des weiteren danke ich Futuhiro ganz herzlich fürs Betalesen meiner Texte. Sie macht das seit den Texten zu Artikel 1 wunderbar und hilft mir damit sehr.
 

Salix
 


 

Autor: Salix
 

Outlaw
 

Zitternd bückte Jim sich zu ein paar Schirmpilzen herab. Wenn es ihm gelang ein Feuer zu machen, könnte er sie braten und er müsste zumindest heute nicht hungern. Es war gar nicht so einfach die Pilzstile mit seinem stumpfen Messer durchzuschneiden. Aber ein anderes Messer hatte er nicht. Achtsam schob er es an seinen üblichen Platz an seinem Gürtel zurück. Dann hob er behutsam seinen Fund auf und legte die Pilze auf seine verschlissene Tunika, um sie transportieren zu können. Mit seinem Mahl für diesen Tag, machte er sich auf den Weg zu der kleinen Höhle am Fuße eines Felsens, den die meisten Bewohner der nächsten Orte mieden.

Jim hoffte auf dem Weg keinem Wolf, Bären oder Eber zu begegnen. Er besaß zwar noch seinen Bogen, der ihm beim Gehen gegen den Rücken schlug, aber diesen Wildtieren stellte man sich besser nicht alleine. Leise fluchte er als Nieselregen einsetzte, der nach und nach seine Kleidung durchnässte. Endlich erreichte er die Höhle. Eine wirklich große Höhle war es nicht, eher ein Loch im Felsen. Gerade groß genug, dass Jim darin Schutz vor Regen fand, wenn der Wind nicht ungünstig wehte.

Nachdem Jim die Pilze auf den Boden gelegt und seinen Bogen sicher verstaut hatte, begann er die mühsame Prozedur ein Feuer zu entfachen, was ihm nach einer gefühlten Ewigkeit auch gelang. Es war nur ein winziges Feuerchen, welches ihn kaum wärmte und gerade reichte, um die Pilze auf einem Ast zu rösten. Während er zusah wie die Pilze über dem Feuer brutzelten, fragte Jim sich, warum er noch nicht aufgegeben hatte. Es war fraglich, ob er den Winter hier überleben würde.

Es gab schließlich keinen Ort mehr, wo er hingehen konnte.

Die Kate seiner Familie war von den Bütteln niedergebrannt worden, weil sie die Steuern nicht mehr hatten zahlen können. Die Büttel hatte es nicht im mindesten gerührt, dass Jims jüngste Schwester noch in der Krippe im Haus gelegen hatte, als sie es anzündeten und abbrennen ließen. Sein Vater war gestorben, als er sich gegen die Verhaftung zur Wehr setzte um seine Tochter aus dem brennenden Haus retten zu können. Was genau aus seiner Mutter geworden war, wusste Jim nicht, er hatte all dies nur aus der Ferne beobachtet. Mary und er waren gerade vom Beerensuchen im Wald zurückgekehrt und hatten sich im Waldrand versteckt als sie die Büttel bei ihrer Kate entdeckten. Seine Mutter war von ihrem Standpunkt aus einfach nicht zu sehen gewesen. Die Kinder hatten es nicht gewagt zur Ruine ihres Heims zu laufen nachdem die Büttel abgezogen waren. Jim hatte es laut und deutlich gehört, dass seine Familie, was davon noch übrig war, zu Rechtlosen erklärt worden war.

Dies bedeutete, dass die Leiche seines Vaters in ungeweihter Erde verscharrt wurde. Es bedeutete, dass niemand den beiden überlebenden Kindern Obdach gewähren durfte. Es bedeutete, dass niemand ihnen helfen durfte und sie nicht ins Dorf zurückkehren konnten. Dort würde ihnen niemand etwas verkaufen oder abkaufen, denn sie waren rechtlos. Es bedeutete auch, dass sie nicht einmal zur Kirche gehen konnten um bei Pater Ryan um Hilfe zu bitten. Selbst dieser Ort der Nächstenliebe stand ihnen nun nicht mehr offen.

Jim schauderte als er an Mary dachte. Er hatte sie nur kurz allein gelassen, nur um eben einen Fasan zu schießen, der ihm leider entkommen war. Dann hatte er ihre Schreie gehört, aber er war zu spät gekommen. Er hatte seine schwer verletzte Schwester zwar gefunden, aber helfen hatte er ihr nicht mehr können. Die Schrammen an ihrem Körper und die gebrochen Knochen hatten nur zu deutlich Zeugnis davon abgelegt, wie gefährlich ein wilder Eber sein konnte, wenn man unbewaffnet war und es nicht schaffte vor ihm zu fliehen. Jim hatte die wimmernde Mary bitterlich weinend in seinen Armen gewiegt, ihr Schlaflieder vorgesungen bis seine Kehle ganz rau war und darauf gewartet, dass sie ihren letzten röchelnden Atemzug tat.

Er hatte ihre Leiche hochgehoben und war mit ihr bis zum Waldrand gelaufen. Dort hatte er sie an der Straße zum Dorf niedergelegt und ein paar Tannenäste über sie gebreitet. Er hatte gehofft, dass jemand Marys Körper finden würde, damit sie zumindest in nicht geweihter Erde begraben würde. Er hätte es nicht ertragen zu wissen, dass die wilden Tiere sich an ihr gütlich tun würden.

Jim wischte mit dem Handrücken über die feuchten Spuren auf seinen Wangen, wobei er dunkle Streifen zurückließ. Es brachte nichts, an das Vergangene zu denken, er brauchte all seine Kraft um zu Überleben.

Ein Hustenkrampf schüttelte ihn, dennoch nahm er die heißen Pilze vom Feuer. Er pustete darauf um sie zu kühlen. Mit dem ersten Bissen verbrannte er sich den Mund. Der Hunger hatte ihn zu gierig gemacht. Nun vorsichtig geworden verzehrte er die fünf Schirmpilze. Sein Magen knurrte noch immer. Mit dem Ärmel seiner Tunika wischte Jim sich die laufende Nase. Wie lange würde er hier in den Wäldern noch überleben? Waren seinen Anstrengungen es überhaupt wert? Es gab schließlich niemanden mehr, den es kümmerte, ob er lebte oder starb. Er war ein Rechtloser. Er hatte kein Heim mehr, keine Familie und keine Zukunft.

Bibbernd legte er sich neben dem schwachen Feuer nieder und starrte in den Wald, wo sich Nebelschlieren zu bilden begannen und die Dunkelheit langsam zunahm. Jim kauerte sich enger zusammen und schloss die Augen.
 

Autor: Futuhiro
 

Gutes Geschäft
 

Götz gähnte hinter vorgehaltener Hand in sich hinein. Wie immer war in diesem Autohaus nichts los. Er hatte sich immer einen ruhigen Arbeitsplatz gewünscht, aber das hier war schon etwas zu viel der Ruhe. Denn wenn er gar nie etwas verkaufte, bekam er ja auch keine Provisionen. Gerade wie gerufen erschallte da die Türklingel, die den hereinkommenden Besucher ankündigte.

Götz schaute interessiert auf. Ein gewinnträchtiger Kunde? Ihm schlief das Gesicht ein und er spielte einen Moment mit dem Gedanken, den Sicherheitsdienst zu rufen. Zwischen den Autos schlich ein heruntergekommenes, bärtiges Männchen herum, mit herausgewachsenem Haarschnitt und Flicken auf dem zerlumpten Jackett. Sah aus wie ein Penner. Der wollte sich wohl hier im Autohaus nur mal aufwärmen. Skeptisch verfolgte Götz eine Weile, wie der Kerl seelenruhig von einem Model zum nächsten spazierte und aufmerksam die Preise und die technischen Angaben musterte. Irgendwann begann der Typ ihm auf die Nerven zu gehen.
 

„Guten Tag, kann ich helfen?“, wollte Götz in deutlich ablehnendem Tonfall wissen. Eigentlich eher ein <Verzieh dich!> als ein <Wie kann ich helfen?>.

Der Kunde drehte sich mit gerümpfter Nase zu dem Verkäufer um und musterte ihn missbilligend. Der Tonfall gefiel ihm gar nicht. Dennoch deutete er auf einen Wagen und sagte: „Den möchte ich gern Probe fahren.“

Götzes Blick folgte dem Fingerzeig des Mannes. Da stand ein Dodge Ram IV. Aber als ob das noch nicht schlimm genug gewesen wäre, war das auch noch ein Sondermodell. Der megaprotzige, siebeneinhalb Meter lange und über zwei Meter breite Geländewagen mit 4-türiger Doppelkabine und Ladefläche war höhergelegt, so daß die bullige Motorhaube genau so hoch war wie sein potenzieller Fahrer. Er hatte Monstertruck-Reifen aufgezogen, eine halbe Flutlichtanlage auf dem Dach, verchromte Spiegel, Wildledersitze, einen Motorschnorchel an der Seite, der Auspuffsound war getuned und die Karosse hatte schwarze Metallic-Sonderlackierung mit roten Flammen an den Türen. Er war mit dem modernsten Schnickschnack ausgestattet, Navi, Sitzheizung, Klimaanlage, Fenster- und Spiegelheizdrähte, alles was das Herz begehrte. Zu diesem Benzinfresser konnte man sich eigentlich gleich noch eine eigene Tankstelle dazukaufen, denn der schluckte hemmungslose 20 Liter auf 100 km. Auf der Tafel neben dem Wagen stand in dekorativen Ziffern der Preis für diese Schönheit : 247.300,- Euro.
 

Götz hörte auf, zu träumen und richtete seinen Blick wieder auf den zerlumpten Kunden mit der schmutzigen, geflickten Jacke. „Öhm ... der steht nicht zum Verkauf.“, meinte er kurzentschlossen.

„Nicht? Aber da steht doch ein Preis dran.“

„Ja, aber ... der ist schon weg.“

„Ich sehe kein <Verkauft>-Schild.“

„Das haben wir nur noch nicht reingehängt.“, blöffte Götz.

Der Kunde verengte skeptisch die Augen. „So ein Auto kauft doch in diesem gottverlassenen Dorf keiner.“, meinte er ernsthaft.

„Naja, so wie SIE aussehen, kaufen SIE hier sicher auch kein Auto.“ Und das meinte Götz ernst. Er fragte sich, wieso so ein Penner überhaupt Zutritt in Autohäuser haben durfte. Oder in irgendwelche anderen Läden, wo teure Sachen rumstanden.

Das Gesicht des Kunden wurde übergangslos sauer. „Ich will ihren Chef sprechen!“, verlangte er in wütender Ruhe.
 

„Ja, wie kann ich denn helfen?“, meldete sich auch schon der Inhaber des Autohauses zu Wort, der den Wortwechsel zwischen seinem Angestellten und dem Kunden bereits aus dem Hintergrund mitverfolgt hatte.

„Guten Tag. Ich bin Trancy Geflinch. Ich hatte vor, heute diesen Dodge Ram zu kaufen und wollte ihn bar bezahlen. Aber so patzig wie ihre Mitarbeiter sind, hole ich mir doch lieber den großen Wrangler, den das Autohaus drei Straßen weiter rumstehen hat. Einen schönen Tag wünsche ich den Herren noch.“

Götz und sein Chef glotzten dem Typen perplex hinterher, als er fröhlich summend das Autohaus verließ und die Tür hinter ihm zufiel.

„Trancy Geflinch?“, wiederholte Götz.

„Das ist dieser Bauriese, der hat ein Imperium von Baufirmen. Der schwimmt nur so im Geld.“, stellte sein Chef sauer klar.

„Schon klar. Aber warum ...“

„Der kommt gerade von einer Baustelle, du Idiot, darum hat er solche Klamotten an! Auf dem dreckigen Bau läuft man nicht mit Schlips und Anzug rum! ... Du bist gefeuert!“, jaulte der Chef zwischen Wut und Verzweiflung. 247.000 Euro in bar, heute noch. Und sein Trottel von Verkäufer hatte es ihm versaut. Er hätte am liebsten geheult.
 


 

Autor: Salix
 

Was heißt rechtsfähig?
 

Ich dachte, ich hätte die Menschenrechtsartikel verstanden. Nun, dieser Artikel hat mir gezeigt, dass ich mich darin irrte. Nach dem Durchlesen des kurzen Artikels, konnte ich nur auf den Text starren. Was bedeutet rechtsfähig? Und was heißt es, als rechtsfähig anerkannt zu werden?

Auch eine andere Übersetzung dieses Menschenrechtsartikels half mir nicht weiter. Denn „Jeder Mensch hat überall Anspruch auf Anerkennung als Rechtsperson.“* ist auch nicht leichter zu verstehen.

Als Nichtjurist stand ich vor dem Problem, dass ich mit den juristischen Begriffen rechtsfähig und Rechtsperson nur wenig anfangen konnte. Da half nur noch der Blick ins Lexikon.

Aus dem Brockhaus und dem Internet lernte ich, dass rechtsfähig bedeutet, dass einem Menschen damit anerkannt wird, dass er Rechte und auch gesetzliche Pflichten hat, überall, und zwar von Geburt an bis zum Tod. Rechtsfähigkeit heißt nicht, dass ein Mensch in der Lage sein muss seine Rechte in Anspruch zu nehmen und seinen Pflichten nachzukommen. Babys können beispielsweise keine Verträge unterschreiben, erben oder Steuern zahlen. Rechtsfähigkeit ist nicht mit Handlungsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit im juristischen Sinne gleichzusetzen.

Rechtsfähig sein oder eine Rechtsperson sein bedeutet, dass ein Mensch den Anspruch darauf hat, dass seine Rechte, z.B. die Menschenrechte aber auch Bürgerrechte, überall anerkannt werden. Wobei die Menschenrechte universal sind und überall gelten sollen, während Bürgerrechte nur dem Bürger eines bestimmten Staates zukommen. Aber wie auch immer, jeder Mensch hat das Recht, dass seine Rechte überall anerkannt werden sollen.

Was heißt Anspruch darauf haben, als rechtsfähig anerkannt zu werden?

Die Anerkennung rechtsfähig zu sein bedeutet auch, dass ein Mensch Verträge abschließen darf und kann. Das ein Mensch erben darf und kann. Das ein Mensch vor einem Gericht klagen oder verklagt werden darf. Rechtsfähig sein heißt aber auch, dass er oder sie seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen soll, also beispielsweise Steuern zahlen soll und sich an die Gesetze des Landes, in welchem er lebt oder das er gerade besucht, halten soll.

Und der Anspruch auf Rechtsfähigkeit? Juristisch gesehen bedeutet einen Anspruch auf etwas zu haben, dass man erwarten kann dieses Etwas zu bekommen. Der Anspruch auf etwas, ist theoretisch immer da, auch wenn er von demjenigen, der diesen Anspruch hat, nicht eingelöst wird. Das ein Anspruch auf etwas, beispielsweise Rechtsfähigkeit, anerkannt wird, bedeutet, das jemand anderes anerkennt, dass dieser Anspruch besteht. Bei der Rechtsfähigkeit heißt es, dass die Staaten, welche die Menschenrechtserklärung unterschrieben haben, anerkennen, dass alle Menschen (auch Nichtbürger dieser Staaten), das Recht haben als rechtsfähig anerkannt zu werden.

Rechtsfähigkeit gilt ab der Geburt bis zum Tod, weswegen es den Unterschied zwischen rechtsfähig, handlungsfähig und geschäftsfähig gibt.

Rechtsfähig ist also jeder Mensch von der Geburt bis zum Tod. Aber es ist etwas, dass von anderen, von Staaten und Personen, anerkannt wird, man ist nicht einfach so rechtsfähig. Rechtsfähigkeit wird einem zuerkannt von anderen.

Handlungsfähig und geschäftsfähig im juristischen Sinne ist nicht jeder Mensch, zumindest nicht sein Leben lang. Babys und Kinder beispielsweise sind nur bedingt juristisch handlungs- und geschäftsfähig und im Allgemeinen fungieren ihre Eltern als juristische Vormunde, zumindest in Deutschland. Denn die juristische volle Handlungs- und Geschäftsfähigkeit ist in Deutschland an das Alter gebunden, sie wird erst mit der Volljährigkeit erreicht. (Zumindest meines Wissens nach. Ich bin keine Juristin!) Wie genau das auszudifferenzieren ist, weiß ich nicht, allerdings werden einige der Aspekte von juristischer Handlungs- und Geschäftsfähigkeit schon mit 15, 16 und so weiter erreicht.

Hinzu kommt, dass einem Menschen die juristische Handlungs- und / oder Geschäftsfähigkeit von einem Gericht abgesprochen werden kann, nicht aber die Rechtsfähigkeit.

Und, was bedeutet Artikel 6 nun?

Artikel 6 bedeutet, dass ein Menschen überall den Anspruch darauf hat, dass seine Rechte (Menschenrechte und andere Rechte) anerkannt werden und er selbst als rechtsfähig anerkannt wird.

Ich hoffe Artikel 6 hiermit ein wenig verständlicher gemacht zu haben.
 

Artikel 6

Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.

Zitiert aus der deutschen Fassung der UNO der Erklärung der Menschenrechte von 1948.
 

*Übersetzung des Artikel 6 der Erklärung der Menschenrechte aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, Abdruck aus, Norberto Bobbio, Das Zeitalter der Menschenrechte. Ist Toleranz durchsetzbar?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (18)
[1] [2]
/ 2

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2012-11-29T23:29:58+00:00 30.11.2012 00:29
Zu Salix Geschichte kann ich nicht viel mehr sagen als Futuhiro, denn ich stimme absolut zu, eine ehrliche und aufklärende Erzählung. Ich bin gerührt von der Danksagung ;)
Mit dir zu diskutieren macht immer wieder Spaß :3

Die Geschichte von Futuhiro fand ich super, schon deshalb weil ich nach der ersten Geschichte dachte: "Irgendwie sind die Geschichten oft ein bisschen deprimierend."
Aber Futuhiros Geschichte bringt einen nicht nur zum Nachdenken sondern auch zum schmunzeln, wobei sie dennoch einen ernsthaften Grundeindruck hinterlässt.

Den dritten Text kannte ich ja schon, aber ich finde ihn nach wie vor gut.
Von: Futuhiro
2012-11-29T22:07:04+00:00 29.11.2012 23:07
Wouw, Jims Situation ist durch den Einschub der Geschichte seiner Schwester gleich noch eine gute Ecke deutlicher geworden. Gefällt mir super. Dieser sogenannte <vogelfreie> Zustand wird ja gern mal als heroisch dargestellt (siehe Robin Hood usw.), aber diese Story hatte irgendwie was "erdendes". Da hat man mal so richtig vor Augen gehalten bekommen, wie die Realität eigentlich aussah.
Von: abgemeldet
2012-09-26T15:14:45+00:00 26.09.2012 17:14
Ich hab bei den ersten drei Texten Gänsehaut gehabt.

Das Essay fand ich auch gut, wobei es für mich insofern nichts neues war, da ich ja zu Artikel 8 ebenfalls einen Text über den Daschner-Fall geschrieben habe.
:3
Von: Futuhiro
2012-09-20T16:26:27+00:00 20.09.2012 18:26
Wouw, das Essay ist gut geworden, super. Ich kenn ja noch die alte Version und ich muss sagen, die hier ist ungleich flüssiger zu lesen. Ich find das Essay (vor allem auch inhaltlich) echt grandios.

Den Text <Folterverbot?> hast du aber nachbereinigt, oder? ^^

Also insgesamt sind alle deine Texte wirklich super bearbeitet und tiefgründig durchdacht und recherchiert.
Von: abgemeldet
2012-08-29T17:36:43+00:00 29.08.2012 19:36
Ich stimme Futuhiro zu, der Text ist gut, klärt auf und deckt zumindest nach meiner Auffassung auch nahezu alles in Grundzügen ab was sich zur Sklaverei sagen lässt.

Futuhiros Kurzgeschichte fand ich unglaublich gelungen, sie hat mich definitiv angesprochen und regt sehr dazu an über so manches nachzudenken, zum Beispiel die Langzeitschäden die ein ehemals Versklavter womöglich in Verhalten und Weltauffassung zurückbehält.
Von: Futuhiro
2012-08-29T17:00:05+00:00 29.08.2012 19:00
Yoah, die historische Abhandlung lässt sich schon viel flüssiger und zusammenhängender lesen als in der Rohfassung. Guter Text, gefällt mir. :)
Von: abgemeldet
2012-06-29T15:38:54+00:00 29.06.2012 17:38
Also, ich finde deinen Text sehr interessant und inhaltlich super, es sachlich zu diskutieren ist eine gute zweite Sichtweise als Pendant zum ersten Text :3
Allerdings muss ich anmerken, dass sogar ich (die Rechtschreibkatastrophe auf zwei Beinen) einige Fehler gefunden habe...wär vllt nicht schlecht nochmal drüber zu lesen oder das jemand anderen machen zu lassen ;)
Von: Futuhiro
2012-06-05T19:10:26+00:00 05.06.2012 21:10
Wouw. Ich bin baff.
Gute Story und extrem tiefgründige Dialoge. Das Kapitel ist richtig klasse.
Von: abgemeldet
2012-05-11T19:57:26+00:00 11.05.2012 21:57
Ich fand auch beide Texte sehr gut.
Auch wenn ich zu Futuhiros erstem Satz sagen muss, dass es mir da ganz anders ging. Denn schon kurz bevor ich 1 war hat sich mein Leben stark verändert und dann nochmal als ich 2 1/2 war und dann mit drei, mit fünf, mit sechs usw. Mein Leben ist von Anfang an und bis heute (17) von unzähligen einschneidenden Veränderungen geprägt, was bei mir eher dazu geführt hat, dass schon in ganz jung die Auffassung hatte, dass nichts in meinem Leben Beständigkeit hat und jede Bindung, egal wie stark und intensiv kapitt gehen kann. Es hat mir zwar sicherlich eine Menge Naivität aber auch so gut wie jegliches Vertrauen genommen. Also offensichtlich sind wir beide da ebenfalls recht unterschiedlich aufgewachsen, wie eben auch die Leute im Text, der mir übrigens grundsätzlich wirklich sehr gut gefallen hat^^

Was Kaethchens Text angeht, den fand ich auch sehr schön.
Ich fand den Namen "Efi" zwar komisch, aber das ist Geschmackssache ;)
Besonders die Szene mit dem Hut hat mir sehr gefallen^^
Von: abgemeldet
2012-05-11T19:40:16+00:00 11.05.2012 21:40
Ohje...wie soll ich zusammenfassen was ich über deine zwei Texte denke...
Also erstmal fällt mir dazu "erschlagend" ein.
Weil die Informations- und Interpretationsflut mich umgeworfen hat, was ich nicht wirklich negativ meine ;)
Als zweites "erleuchtend", da ich zwar nicht das Gefühl hatte den 1.Artikel nicht verstanden zu haben aber du mir doch noch einige Aspekte aufgezeigt hast.
Und drittens, "entwaffnend", denn ähnlich wie der Agnotizismus haben deine Definitionen für mich eine unbestreitbare Richtigkeit, ich werde nicht wagen dir zu wiedersprechen^^


Zurück