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Menschenrechte

Eine Textsammlung zu den Menschenrechtsartikeln
von

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Artikel 5

Anmerkung:

Entschuldigt, diesmal gibt es eine etwas längere Vorrede, da sich das Thema dieses Artikels als eines erwies, über das zu Schreiben gar nicht leicht ist.

Kurz habe ich überlegt andere Texte zu schreiben als die hier Vertretenen. Etwa über ein Folteropfer, welches auch Jahre später noch mit dem Erlebten zu kämpfen hat oder über ein Opfer der Hexenverfolgung kurz vorm Gang zum Scheiterhaufen, aber ich ließ es. All die Szenen, die mir einfielen waren, brutal, grausam, entsetzlich, erschreckend, bedrückend und ich mochte sie deswegen nicht schreiben. Außerdem stellte ich fest, dass es mir schwer fiel über das Thema zu schreiben, einmal wegen der Fülle, der möglichen Szenen, aber auch wegen dem Problem den angemessenen Ton zu finden, um darüber zu schreiben und, weil es einen emotional stark berührt.

Herausgekommen sind bei mir die Texte „In Memoriam“, „Foltererlaubnis?“ und „Ein absolutes Verbot“. Drei völlig unterschiedliche Texte.

Als ich den Text „In Memoriam“ schrieb, waren mir die entsetzlichen Berichte über die Folterungen von Kindern in Syrien noch nicht bekannt. Das Thema Folter ist eines, zu dem man leider viel zu viele grässliche Szenen und Szenarien beschreiben und aufschreiben könnte. Der Text „In Memoriam“ behandelt nur ein Beispiel, welches mir am Herzen liegt, deshalb habe ich diesen Text gewählt.

Der Text „Foltererlaubnis?“ ist aus einem Gefühl heraus entstanden. Als ich den Text schrieb, war ich wütend und genervt. Diese Gefühle hege ich bezüglich der Arroganz mancher Leute, die für etwas argumentiere, von dem sie ausgehen, dass es sie nicht direkt betreffen wird, weil sie nicht in solch eine Situation kommen werden. Und diese Arroganz führt dazu, dass diese Leute für etwas argumentieren, was sie garantiert nicht selbst erfahren wollen. Meine Wut über solche Leute bedeutet jedoch nicht, dass ich möchte, dass sie solche Erfahrungen wirklich am eigenen Leib erleben. Es ist ein reines Gedankenspiel mit Fragen, welches als Aufforderung zu verstehen ist mal wirklich gründlich nachzudenken!

„Ein absolutes Verbot“ ist ein philosophischer Essay, der meine Meinung zum Folterverbot vernünftig, begründet darlegt, d.h der zeigt, dass und warum ich gegen jegliche Form der Folter bin.

Insgesamt werdet ihr es in diesem Kapitel mit vier sehr unterschiedlichen Texten zu tun bekommen. Futuhiros Text „Katzenwedel“ geht wieder in einer anderen, jedoch angemessenen Art mit dem Thema um als meine Texte. Genug des Vorgeplänkels.
 

Salix
 


 


 

Autor: Salix
 

In Memoriam
 

Dir wurde die Freiheit geraubt. Sie haben dich verhört, wieder und wieder. Weil du verstockt warst und geschwiegen hast, haben sie versucht ein Geständnis aus dir herauszuprügeln. Um dich zum Einlenken zu bewegen, wurde dir die Nahrung entzogen. Du wurdest gezwungen stundenlang stillzustehen, obwohl du längst nicht mehr konntest. Manchmal nahmen sie dir die Kleider um dich besser demütigen zu können. Schlafentzug war auch eine Methode, um dich zum Reden zu bringen. Du wurdest von den anderen Häftlingen isoliert und in Dunkelhaft gesteckt.

Woran hast du in den Stunden völliger Dunkelheit gedacht? An deinen Ehemann? Deine Eltern? Oder an deinen Sohn, der draußen auf deine Rückkehr wartete?

Die tägliche halbe Stunde Hofgang brachte dir kaum Erleichterung von deiner Pein. Sie versuchten deinen Willen zu brechen, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln!

Dennoch brachtest du genug Kraft auf, dich um Eltern, Sohn und Ehemann zu sorgen. In deinem einzigen, zensierten Brief, versichertest du, dass es dir gut ginge. Du schriebst von deiner Sorge um deinen Sohn oder von den Socken, die du deinem ebenfalls inhaftierten Mann stricktest. Deine Briefe zeigen, dass du leben wolltest, überleben, um wieder bei deiner Familie sein zu können.

Eines Tages wurdest du tot in deiner Zelle aufgefunden, erhängt.

Hast du Selbstmord begangen? Oder haben sich die Wärter mit dir vergnügt bis du starbst und vertuschten es so?

Deine Akten, soweit sie noch existieren, schildern nur die offizielle Version. Sie lautet: Selbstmord.

Deine Familie hat nie an diese Version geglaubt, doch die Umstände deines Todes lassen sich nicht mehr aufklären.

Was hattest du getan, um solche Behandlung zu verdienen?

Du hast dich gegen das Regime aufgelehnt. Du warst in einer Widerstandsgruppe, die Flugblätter veröffentlichte, ausländische Radiosender hörte, Essen verschenkte, Ratschläge erteilte, verbotene Bücher las, Politik diskutierte, Untergetauchten half zu überleben und Unterschlupf bot, Maschinen sabotierte und keinerlei Chance hatte das Regime wirklich zu stürzen. Dein Verbrechen waren deine politische Überzeugung und deine Menschlichkeit.

Deine Leiche wurde verbrannt, wie es damals üblich war. Du hast kein Grab.

Dein Mann musste dich identifizieren. In seinen Briefen an deine Eltern drückte er sein Mitgefühl über den Verlust ihrer Tochter aus, obwohl die Grausamkeiten für ihn weitergingen. Er musste Zwangsarbeit leisten, erhielt kaum Nahrung und lebte mit tausend anderen in einem Lager zusammengepfercht, wo die Menschen an Seuchen starben, zum Teil auf dem bloßen Boden. Er überlebte dich... um ein dreiviertel Jahr, bevor ihn eine Seuche dahinraffte.

Dein achtjähriger Sohn überlebte die Diktatur und den Krieg. Dein Vater und dein Schwager erkämpften sich von den Behörden die Erlaubnis, dass er in der Familie deiner Schwester aufwachsen durfte. Er wurde erwachsen, heiratete, bekam Kinder und Enkelkinder, doch euer Verlust hinterließ eine Lücke in der Familie. Euer Schicksal warf Fragen auf, die nie beantwortet wurden und sich nicht mehr beantworten lassen. Es prägte die Familie.

Im Gegensatz zu anderen Opfern von Folter und Unmenschlichkeit erinnern eine Gedenktafel und ein Stolperstein an dich, deinen Mann und euer Leben.

In Memoriam meinen Urgroßeltern Käthe Tennigkeit †20.4.1944 KZ Fuhlsbüttel, Richard Tennigkeit †12.12.1944 KZ Neuengamme.

In Gedenken an alle Folteropfer aller Zeiten und aus der gesamten Welt!

Zum Gedenken an die Folteropfer, welche von ihren Peinigern getötet oder in den Tod getrieben wurden!

In Gedenken an die Überlebenden von Folter, welche ihr Leben mit den Folgen der Folter fortgeführt haben oder jetzt fortführen!

In der Hoffnung darauf, dass das Folterverbot irgendwann nicht mehr nur auf dem Papier besteht!
 


 


 

Autor: Futuhiro
 

Katzenwedel
 

„Ich bin Finley, die Neue, hallo.“, erklärte die Jüngere freundlich lächelnd und hielt ihrem Gegenüber die Hand hin.

Anstatt die Hand anzunehmen, musterte die ältere, streng aussehende Dame in der Uniform sie nur von oben bis unten und brummte dann. „Hallo.“, erwiderte sie und klang dabei viel mehr abwertend als grüßend. „Mach dir nicht die Mühe, hier Freundschaften zu schließen. Du wirst sowieso nicht lange bleiben.“

„Äh ... warum das denn?“, gab Finley verwirrt zurück.

„Dein Posten war über zwei Jahre lang unbesetzt. Das hat Gründe, Schätzchen.“, murrte die ältere Frau nur und wandte sich dann zum Gehen.
 

Finley sah ihr etwas missmutig nach. So hatte sie sich ihren ersten Arbeitstag hier ja nicht vorgestellt. Sie hatte eine abgeschlossene Vollzugsbeamtenausbildung, hatte dann zwei Jahre in ihrem Heimatort gearbeitet, sich dann aber aus Langeweile entschlossen, wegzugehen. Daher hatte sie hier, im idyllischen, 5 Stunden entfernten Katzenwedel eine Stelle als Schließerin in der örtlichen Justizvollzugsanstalt angenommen. Sie wusste nichts über Katzenwedel oder die Gepflogenheiten in den hiesigen Gefängnissen, aber sie hatte schon irgendwie erwartet, daß ihr der Job Spaß machen und die Kollegen nett sein würden. Finley beschloss, sich darüber nicht die Laune verderben zu lassen, richtete ihre neue Uniform und spazierte weiter. Sollte die alte, unfreundliche Krähe doch reden, was sie wollte. Wahrscheinlich war sie der Muffel vom Dienst, und die anderen waren eigentlich alle ganz in Ordnung. Sie entschied, ihr Zuständigkeitsgebiet in Augenschein zu nehmen.
 


 

Stunden später spazierte sie mit gemischten Gefühlen durch die Gänge, und schaute, ob überall alles mit rechten Dingen zuging. Einerseits war das hier ein angenehmes, ruhiges Gefängnis. Klein, und ein bisschen heruntergekommen, aber ansonsten recht nett. Sie hatte mit den meisten Insassen auf ihrer Etage schon ein paar Worte gewechselt. Es war keiner dabei, der irgendwie Ärger machte oder sich aufsässig gab. Auf der anderen Seite herrschte hier eine ziemlich frostige Atmosphäre. Die Kollegen aus ihrer Schicht, die sie bereits kennen gelernt hatte, waren durch die Bank weg kühl oder gar kaltherzig, und sie hatten teilweise eine unbarmherzige Haltung gegenüber den Häftlingen. Finley war sich noch nicht ganz schlüssig, ob sie wirklich wusste, worauf sie sich hier eingelassen hatte. Allerdings wollte sie keine vorschnellen Schlüsse ziehen und sich hier erstmal einleben, bevor sie urteilte.

Am Ende des Gangs hörte sie leise Wasser rauschen und stutzte. Sie konnte sich nicht erinnern, einen der Häftlinge herausgelassen zu haben. Und es war ja auch keine Waschzeit. Duschen konnten die Insassen nur morgens oder abends. Sie warf einen Blick auf die Uhr – 16:17 Uhr, eine dreiviertel Stunde vor Dienstschluss – und spazierte los. Wie schon vermutet, führte das Geräusch sie zu den Duschen. Wohlbemerkt zu den Männerduschen. Die Frauen waren in einem anderen Trakt untergebracht. Sollte sie wirklich in eine Männerdusche hineinplatzen?
 

Als sie die nur angelehnte Tür einen Spalt breit aufschob, um hineinzuschauen, klappte ihr unvermittelt die Kinnlade herunter, und die Türklinke glitt ihr aus der Hand, so daß die Tür komplett aufschwang. Das Bild, das sich ihr bot, war einfach zu unbegreiflich, als daß sie es sofort hätte erfassen können.

Ein junger Mann war mit Handschellen unter der Dusche festgekettet und das münzbetriebene Wasser prasselte auf ihn hernieder. Er war schlaff in die Knie gesunken, soweit die Handschellen ihm das erlaubten, und er hatte dunkelblaue Lippen und zitterte deutlich sichtbar. Das Wasser lief ihm in kleinen Strömen durch das Gesicht und hatte seine Insassenkleidung komplett getränkt. Und er machte nicht den Eindruck, noch etwas von seiner Umgebung mitzubekommen. Jemand hatte genug Geld in den Münzkasten gesteckt, daß das Wasser sicher noch eine halbe Stunde weiterprasseln würde.

Endlich hatte Finley sich wieder weit genug gefasst, um ihren Schlüsselbund hervorzuzerren und den Generalschlüssel für die Handschellen zu suchen. Da die Dusche nicht abzustellen war, solange das Guthaben im Münzkasten nicht aufgebraucht war, warf sie ihr Diensttelefon und den Piepser neben die Tür und sprang kurzentschlossen mit unter den künstlichen Regen. Sofort zog sich ihr ganzer Körper krampfartig zusammen. Das Wasser war eiskalt und nahm ihr schockartig die Luft. Ein kurzer Blick genügte: Ja, der Münzkasten war auf <kalt> eingestellt. Wie mies. Durch die Kältekrämpfe und das ihr in die Augen laufende Wasser hatte sie echte Probleme, den kleinen Schlüssel in die Handschellenschlösser zu fädeln, um den jungen Mann zu befreien. Am Rande registrierte sie noch, daß er Asiate war, dann zerrte sie ihn unter der kalten Dusche hervor und riss seine Strafgefangenenjacke auf, um ihn aus den nassen Klamotten herauszuholen. Er hatte die Augen halb geschlossen und reagierte in keinster Weise auf das, was sie mit ihm anstellte.
 


 

„Naja, Sie sind neu, Sie kennen die Sitten hier bei uns noch nicht.“, meinte der Gefängnisvorsteher sorglos, als Finley eine halbe Stunde später in seinem Büro saß. Sie hatte den Asiaten mit dem Krankenwagen abholen lassen, wovon ihre Kollegen und insbesondere ihr Chef gar nicht begeistert gewesen waren. Eigentlich hätte sie allein das schon skeptisch machen müssen. Jetzt sah sie ihn sprachlos an. Als ihr Vorgesetzter hatte sie von ihm erwartet, mit Empörung auf ihren Bericht zu reagieren.

„Die Sitten hier?“, wiederholte sie und zog sich ihre Jacke fester um den Körper, die sie sich zwischenzeitlich übergeworfen hatte, denn mit ihrer pitschnassen Bluse hätte sie sicher ein öffentliches Ärgernis erregt. „Ist es hier üblich, Insassen stundenlang unter der eiskalten Dusche festzuketten?“, wollte die fassungslos wissen.

„Stundenlang? Nun übertreiben Sie nicht gleich. Wir stecken Sie, wenn sie nicht folgsam sind, schonmal für ein paar Sekunden unters kalte Wasser, aber ...“

„Von 14 Uhr 30 bis 16 Uhr 15 sind bei Ihnen ein paar Sekunden?“

Der Vorgesetzte sah sie fragend an. „Wie?“

„Ich habe den Häftling aus der Nebenzelle gefragt. Nummer 15.7 wurde gegen halb 3 von einem Wärter aus seiner Zelle geholt. Ich glaube wohl kaum, daß die noch ein Stündchen spazieren gegangen sind, bevor der Wärter ihn unter die Dusche gekettet hat. Sein Zustand hat jedenfalls nicht darauf hingedeutet. Er hatte schon eine massive Unterkühlung, die kriegt man nicht in 5 Minuten.“, zeterte Finley ungehalten. Es war ihr völlig egal, daß das hier ihr erster Arbeitstag war und daß das hier ihr Vorgesetzter war. Sowas ließ sie einfach nicht zu.
 


 

Finley klopfte und schob dann vorsichtig die Tür auf, um den Kopf hineinzustecken. Die Ärzte hatten ihr gesagt, daß er wieder bei Bewusstsein war, aber noch ein paar Tage hier bleiben würde. Und der gelangweilte Polizist vor dem Krankenzimmer, der wohl dafür zuständig war, daß der Häftling auch wirklich hier blieb, versuchte auch nicht, sie aufzuhalten. Es war nach Dienstschluss, und Finley hatte beschlossen, den Asiaten noch schnell im Krankenhaus zu besuchen. Sie war ja neu hier in der Stadt und kannte keinen und hatte eh nichts besseren zu tun.

„Hey, darf ich reinkommen?“

Der junge Mann mit den schwarzen Haaren musterte sie eine Weile ratlos, bevor er die Schließerin ohne ihre Uniform überhaupt wiedererkannte. Dann stahl sich so etwas wie ein Lächeln auf seine Züge. „Sie kommen mich besuchen?“, wollte er in schwer verständlichem Akzent wissen. „Wie war ihr erster Arbeitstag? Gefällt es Ihnen?“

„Naja ... eine Kollegin sagte mir, mein Posten sei 2 Jahre lang unbesetzt gewesen, und das hätte Gründe. Ich glaube, ich weiß jetzt, was sie meinte.“ Finley ließ sich am Krankenbett auf einem Stuhl nieder. „Ist das üblich?“

„Das ist noch harmlos.“, stellte der Asiate mit Trauermiene klar, was die junge Schließerin nur zu einem ungläubigen Kopfschütteln veranlasste. „Es ist nicht leicht, den Wärtern zu gefallen. Und wen sie nicht mögen, schikanieren sie. Die Wärter lassen uns tagelang nicht auf Toilette gehen, sperren uns in Einzel- oder Dunkelhaft, schlagen uns ...“ Er wedelte mit der Hand um anzudeuten, daß die Liste beliebig fortgesetzt werden könnte.

„Das ist ja schrecklich.“

„Das ist Alltag. In Katzenwedel ist das ... naja ... nicht ungewöhnlich.“

Finley seufzte. Sie hatte WIRKLICH keine Ahnung gehabt, worauf sie sich hier eingelassen hatte. Unbeschreibliche Zustände waren das hier. Eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen zwischen den beiden.
 

„Sie werden kündigen, nicht wahr?“, wollte der Asiate mit der Häftlingsnummer 15.7 wissen und klang dabei etwas traurig.

„Ich habe es in Betracht gezogen.“

„Was bedeutet <Betracht>?“, hakte er nach. „Tut mir leid ... mein Deutsch ist nicht so gut, ich kenne nicht alle Redewendungen.“

„Hm? .... Du sprichst doch besser Deutsch als mancher Deutschte.“, lachte Finley und erklärte es ihm dann.

Er nickte verstehend. Dann zuckte er mit den Schultern. „Jeder, der neu hier anfängt, kündigt nach ein paar Tagen wieder. ... Obwohl die meisten schon sehr böse ... böswillig und ... ähm ... garstig hier ankommen.“, erzählte er, wobei er teilweise länger nach den passenden Wörtern suchen musste. „Nur wenige haben freiwillig den Job im Gefängnis Katzenwedel, die wurden alle hierher – wie sagt man? - strafversetzt? Das sind Wärter, die schon anderswo negativ aufgefallen sind. Niemand kommt grundlos nach Katzenwedel, auch nicht die Wärter.“

„Super. Ich wünschte, das hätte ich vorher gewusst.“, lachte sie in einem Anflug von Galgenhumor und seufzte dann.

„Ich kenne Sie zwar kaum, aber ich werde Sie vermissen. Sie sind der erste freundliche Gefängniswärter, dem ich begegnet bin. Der erste, der sich überhaupt Gedanken um uns Gefangene macht.“

Finley schmunzelte. „Noch bin ich nicht weg. ... Nein, ich glaube, ich werde hier bleiben. Und werde den Laden richtig gründlich aufmischen! Die werden sich umgucken!“

„Was bedeutet <Laden aufmischen>?“, wollte der Asiate ratlos wissen.
 


 


 


 


 

Autor: Salix
 

Foltererlaubnis?
 

Wie hätten Sie ihr Folterpaket denn gern?

Waterbording und psychische Foltermethoden?

Hinterlässt garantiert kaum offensichtliche Spuren am Opfer!

Oder doch lieber das traditionelle Modell körperlicher Folter?

Natürlich inklusive passender Werkzeuge wie:

Neunschwänzige Katze,

Kohlepfannen,

Daumschrauben,

Spanische Stiefel,

Streckbank und Eiserne Jungfrau!

Ach, und ab wann soll Ihr Folterpaket denn gerechtfertigt sein?

Zur möglichen Rettung von Menschenleben?

Oder schon bei der Kritikäußerung gegenüber Ihrer Regierung?

Oh, Sie können sich nicht entscheiden...

Kein Problem.

Sie können Ihr Folterpaket natürlich gerne ausprobieren.

Wir sind dazu befugt es an Ihnen selbst auszutesten, wenn sie mögen?

Wie, das wollen Sie nicht?

Tja, dann hätten wir da noch ein Folterverbot im Angebot.

Supergünstig, wiederverwertbar und topaktuell!

Was sagen Sie dazu?
 


 

Autor: Salix
 

Ein absolutes Verbot
 

Die vorrangegangenen Texte zeigen deutlich, um was es in Artikel 5 der Menschenrechte geht, nämlich um Folter. Hier gebe ich nun wieder einen Einblick auf eine leider noch aktuelle philosophisch-ethische Debatte, die sich um diesen Artikel dreht.

Ich beginne mit ein paar grundsätzlichen und notwendigen Informationen, bevor ich auf die Debatte zu sprechen komme.

Das Folterverbot in der Erklärung der Menschenrechte ist ein absolutes Verbot. Ein absolutes Verbot bedeutet, dass dieses Verbot für jede denkbare Situation gilt. Für Folter heißt das, jegliche Foltermethoden sind verboten und es gibt keine Umstände, welche die Anwendung von Folter erlauben, ganz besonders nicht durch Staatsbeamte. Würde ein Staat Folter offiziell erlauben, verlöre er in der heutigen Zeit seinen Status als Rechtsstaat.

Hierzu sei noch gesagt, dass Folter und auch Folterandrohung in Deutschland strafbar sind. Der Grund aus dem ich dies betone, ist Folgender:

Vor einigen Jahren (2002/2003 und auch noch in den folgenden Jahren) ist eine Debatte darüber aufgekommen, ob man das Folterverbot, so wie es derzeit besteht, unter bestimmten Bedingungen lockern dürfte. Oder anders ausgedrückt, ob man die Androhung und auch „sanfte“ Foltermethoden für bestimmte Situationen als straffrei erklären sollte. Foltermethoden, welche man bei diesen bestimmten angedachten Situationen möglicherweise von einer Strafe befreien wollte, waren das Waterbording oder auch das Entkleiden und stundenlange Stillstehen des Opfers. Eine Sache über die einige Befürworter einer Lockerung des Folterverbotes sogar schon anfingen nachzudenken, war, unter welchen Bedingungen dies geschehen und welche Methoden man zulassen sollte.

Aber wie kam es überhaupt dazu, dass in einem Rechtsstaat plötzlich über das Zulassen von Folter unter bestimmten Bedingungen diskutiert wurde?

Der Auslöser war eine Kindesentführung. Diese Kindesentführung und was in ihrem Zusammenhang geschehen ist, wurde in der Öffentlichkeit als der Fall Daschner bekannt.

Die harten Fakten des Ganzen sind, dass dem Entführer eines kleinen Jungen von dem zuständigen Polizeivizepräsidenten Folter angedroht wurde, um den Aufenthaltsort des Jungen herauszubekommen. Es wurde auch ernsthaft die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dem Entführer wirklich Schmerzen zuzufügen, um an die Informationen zu gelangen. Die Polizei ging zum Zeitpunkt der Folterandrohungen noch davon aus, dass der Junge noch am Leben sei. Im späteren Prozess gegen den Polizeivizepräsidenten kam heraus, dass es auch noch andere alternative Pläne gegeben hatte an eine Aussage des Entführers zu bekommen. Pläne, die keine Folterandrohung beinhalteten. Außerdem ergab der Prozess, dass sich einige der am Fall beteiligten Beamten weigerten der Anordnung der Folterandrohung Folge zu leisten und der Polizeivizepräsident diesen Plan dennoch ausführte.*

Oft wurde in der auf den Fall Daschner folgenden Debatte darauf hingewiesen, dass die Folterandrohung ja geschehen seien um das Leben des Jungen zu retten und das Leben eines Menschen habe mehr Wert als die Unversehrtheit einer Person. Aber das trifft auf diesen Fall nicht zu, obwohl noch davon ausgegangen wurde, dass der Junge lebte, denn es gab Alternativen.

Alle Menschenrechte sind gleichrangig, auch wenn es Situationen gibt, in denen sie gegeneinander abgewägt werden müssen.

Das Folterverbot darf nicht gelockert werden, auch in solch einem Fall. Es darf keine Straffreiheit für Folter geben, weil sie verwendet wurde um Menschen zu retten. Auch in solchen Entführungsfällen nicht, selbst dann, wenn es keine anderen Alternativen gibt. Wer foltert oder Folter androht muss bestraft werden, und wenn das heißt, dass er in einem solchen Fall im Wissen um seine Strafe handelt.

Das Problem bei einer Lockerung des Folterverbots ist nämlich, dass eine Einschränkung erlaubter anwendbarer Folter schwer durchsetzbar ist. Wer soll entscheiden, für welche Fälle, welche Art von Folter erlaubt sein darf? Darf man das überhaupt entscheiden zu erlauben, dass Menschen Folter zugefügt wird, damit sie Aussagen machen? Und was, wenn es dann einen Unschuldigen trifft? Wo setzt man die Grenze?

Und wenn einmal eine Lockerung eingetreten ist, kann es dazu kommen, dass so allmählich immer härtere Foltermethoden für immer harmlosere Vergehen erlaubt würden.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der für mich eindeutig gegen eine Lockerung des Folterverbotes spricht, obwohl er völlig egoistisch ist, lautet: Wenn Foltermethoden erlaubt würden, würde es für jeden möglich, dass er oder sie in die Gefahr gerät gefoltert zu werden, wenn ein entsprechendes Vergehen begangen würde oder gegen einen eben nur der Verdacht dieses Verbrechens bestünde!

Die Erlaubnis bestimmte Foltermethoden an Verdächtigen bei bestimmten Vergehen durchzuführen, bedeutet immer auch, dass Unschuldige gefoltert würden. Unschuldige, die eines solchen Vergehens verdächtigt würde, würden auch gefoltert werden. Wodurch im Übrigen gegen den Grundsatz unserer Rechtsprechung „Unschuldig bis zum Beweis der Schuld vor einem ordentlichen rechtsstaatlichen Gericht“ verstoßen würde, da der Gefolterte dadurch, dass er in solchen Fällen gefoltert würde, schon unausgesprochen als der wahre Täter angesehen wird.

Hinzu kommt, daß Aussagen, die unter Folter erzwungen wurden, nicht als rechtskräftig angesehen werden können. Der Grund dafür ist, dass die meisten Menschen unter Folter bereit sind so ziemlich alles zuzugeben, nur um von den Schmerzen befreit zu werden. Das Menschen sogar bereit sind kompletten Unsinn und Unmögliches zuzugeben, ist eine historische Tatsache. Sämtliche Geständnisse der Spanischen Inquisition und der Hexenverfolgung wurden mit Folter erpresst. Dabei wurden von den Angeklagten Dinge zugegeben, die sie nicht getan haben konnten, weil sie, wie wir heute wissen, komplett unmöglich sind und den Naturgesetzen widersprechen, beispielsweise das Fliegen auf einem Besen.

Die Diskussion, ob Aussagen unter Folter oder unter „peinlicher Befragung“ überhaupt für einen gerechten Prozess sinnvoll und rechtmäßig sind, gab es seit dem frühen 19. Jahrhundert. Diese Debatte führte unter anderem zu einem Folterverbot für gerichtliche Aussagen lange vor der Erklärung der Menschenrechte von 1948, weil erwiesen wurde, dass der Wahrheitsgehalt von Aussagen unter Folter, gelinde gesagt problematisch ist.

Es ist nachvollziehbar, dass jemand einem Kindesentführer droht ihn zu foltern, um das Leben des entführten Kindes zu retten. Doch so nachvollziehbar es auch sein mag, es darf nicht gesetzlich erlaubt sein, einen Verdächtigen mit Folter zu einem Geständnis zu zwingen. Eine solche gesetzliche Erlaubnis würde dem Kern, dessen was einen Rechtsstaat ausmacht, widersprechen und die gesetzliche Grundlage, auf der unser Rechtsstaat aufgebaut ist, gegen sich selbst kehren.

Ein Rechtsstaat kann sich nicht erlauben die Absolutheit des Folterverbots zu verletzten, da es den Kern eines Rechtsstaates zerstören würde, nämlich die Anerkennung der Rechte seiner Bürger. Und zu diesen Rechten, die ein Rechtsstaat schützen muss, um ein Rechtsstaat zu bleiben, gehört auch das Recht auf Schutz vor Folter, das Recht seine Aussage zu verweigern (auch wenn dadurch ein Menschenleben gefährdet wird) und das Recht als unschuldig angesehen zu werden, bis vor einem Gericht die Schuld des Verdächtigen bewiesen wurde.

Das Folterverbot ist ein absolutes Verbot, welches ein absolutes Verbot bleiben muss, wenn ein Rechtsstaat ein Rechtsstaat bleiben will.
 

* Informationen zum Fall Daschner aus: http://www.zeit.de/2004/49/Daschner
 


 

Artikel 5

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

Zitiert aus: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2012-09-26T15:14:45+00:00 26.09.2012 17:14
Ich hab bei den ersten drei Texten Gänsehaut gehabt.

Das Essay fand ich auch gut, wobei es für mich insofern nichts neues war, da ich ja zu Artikel 8 ebenfalls einen Text über den Daschner-Fall geschrieben habe.
:3
Von: Futuhiro
2012-09-20T16:26:27+00:00 20.09.2012 18:26
Wouw, das Essay ist gut geworden, super. Ich kenn ja noch die alte Version und ich muss sagen, die hier ist ungleich flüssiger zu lesen. Ich find das Essay (vor allem auch inhaltlich) echt grandios.

Den Text <Folterverbot?> hast du aber nachbereinigt, oder? ^^

Also insgesamt sind alle deine Texte wirklich super bearbeitet und tiefgründig durchdacht und recherchiert.


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