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Tour de Japan

Zwei Hundebrüder, drei Schutzherren und jede Menge Zoff
von

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Mütter und andere Probleme

I see the bad moon rising, I see trouble on the way

Credance Cleerdance Revival

 
 

Sesshoumaru stand allein auf einem Felsvorsprung und blickte zum Vollmond auf. Sein langes Haar glitzerte in dessen Licht fast silbern und er schien vollkommen versunken – freilich nicht genug, um nicht die dämonische Energie wahrzunehmen, die sich ihm rasch näherte, durch die Luft zu kommen schien. Instinktiv legte er die Rechte an den Griff eines der Schwerter, die er an seiner linken Hüfte trug. Da kam jemand überaus Mächtiger. Und kaum jemand suchte ihn derart nah auf – außer ihn stellen zu wollen. Nun, er konnte dem Narren mit Vergnügen den Weg in das andere Leben zeigen.

Langsam wandte er sich um. Aus den Schatten des Waldes trat eine weibliche Gestalt mit fast ebenso langen, silbrigen Haaren wie er selbst sie besaß, um die Schultern eine schneeweiße Boa, ähnlich der, die sich um seine rechte Achsel schlang und fast den Boden erreichte. Er ließ den Griff los.

„Mutter.“ Sie kümmerte sich doch sonst nicht darum, wo er war und was er trieb?

Die fast zierlich zu nennende Dame blieb keine drei Meter vor ihm stehen und musterte ihn. „Du betrachtest dein Gebiet, Sesshoumaru?“

„Es ist nicht mein Gebiet.“ Fing sie schon wieder damit an?

„Nun, mein Vater war der letzte Schutzherr der westlichen Länder. Dein Vater übernahm das Amt. Es ist dein Erbe.“

„Mein Erbe.“ Vater hatte ihm nichts hinterlassen – außer Tenseiga, und auch nur, damit er den Pfad der Dunkelheit so vollenden konnte, damit Tessaiga und damit Inu Yasha stärker wurde. Nun gut, er hatte es auch nicht benötigt, er hatte Bakusaiga nun, aber dennoch … „Ich will nicht der Schutzherr der westlichen Länder sein.“ Mit gewissem Unterton fügte er hinzu: „Bislang macht Ihr die Verwaltung doch gut.“

„Ich kann nicht der Schutzherr sein. Ich bin eine Frau. Und das weißt du. - Nun, wenn du weiterhin dieser Meinung bist ….“ Sie lächelte in trügerischer Sanftmut.

Sesshoumaru war unverzüglich alarmiert. Wenn seine Mutter sich über etwas amüsierte, war irgendjemand anderem ein Patzer unterlaufen. Leider konnte er außer sich selbst niemanden hier entdecken. Was war los? Das erfuhr er prompt.

„So wirst du sicher erfreut sein, dass ich einen Brief aus dem Osten bekam. Du weißt gewiss, dass der Drachenkönig einer der vier Schutzherrn ist, die die uralten Verträge mit den Göttern erfüllen. Er schlug mir vor, dass ich als Verwalterin meine Zustimmung gebe, dass jemand anderer außer dir Schutzherr des Westens wird.“

„Soweit ich weiß, kann das nicht irgendwer. Es geht um die Magie des Landes und das Bluterbe.“ Warum interessierte ihn das eigentlich? Er wollte doch nie den Westen beschützen, behüten … Aber sie lächelte noch immer so.

„Ja, stimmt, das Bluterbe.“ Ihr Lächeln verschwand abrupt. „Es handelt sich um deinen Halbbruder Inu Yasha.“

Sesshoumaru starrte sie an und verspürte zum ersten Mal in seinem Leben den Wunsch in hysterisches Gelächter auszubrechen. Der törichte Bastard? Und der Drachenkönig schlug den als Schutzherrn des Westens vor? Ryujin war doch sonst kein solch ein Narr? Oder sah der nur das, zugegeben mächtige, Tessaiga? Allerdings stimmte das mit dem Blut. Das war nun einmal Vaters zweiter Sohn, was auch immer der sich dabei gedacht hatte. Und überhaupt, wieso merkte sich Mutter den Namen des Bastards?

Die Dame strich nur scheinbar nachdenklich über ihre Boa, während sie ihren Sprössling musterte. „Du bist als Erbe mit deiner Geburt dem Land geweiht worden, du hast das Bluterbe. Wenn du dich jedoch weiterhin weigerst diese Pflicht zu übernehmen, sehe ich keine andere Möglichkeit als Ryujin zuzustimmen. Dein Halbbruder ist zur Zeit auch dein einziger Erbe. Zumal der Drachenkönig vermutlich die gleiche Nachricht auch in den Norden und den Süden sandte. Und der Westen braucht wieder einen Schutzherrn, der mit dem Land verbunden ist, die uralten Pflichten gegenüber den anderen Schutzherrn und den Göttern erfüllt.“

Das mochte ja alles sein, alte Traditionen, geschweige denn Pakte, waren nervend … Aber – Inu Yasha? Unmöglich, lächerlich, geradezu. Mutter machte allerdings keine leeren Drohungen. Nun ja, das hier war auch keine Drohung, es war eine Ankündigung. „Soll ich Eurer Meinung nach Schutzherr werden?“

Nichts verriet ihre gewisse Erleichterung, dass sich ihr Sohn zum ersten Mal nach Jahrhunderten diesem Amt zuneigte. „Nein, das ist unmöglich. Du benötigst dazu die Zustimmung der anderen drei Schutzherrn.“

„Im Norden dieser Gott, im Osten Ryujin, der Drachenkönig, und im Süden dieses Insekt?“

„Ja. Eine Reise durch ganz Japan.“ Sie wandte sich schon ab, ehe sie den Kopf wandte und mit einem erneuten Lächeln hinwarf: „Oh, und nimm deinen Halbbruder mit. So ist Ryujin beruhigt.“

 

Sie war verschwunden, ehe sich Sesshoumaru von seiner Überraschung, um nicht zu sagen, seinem Entsetzen, erholt hatte.

Schutzherr des Westens? Er war der gefürchtete, respektierte Sesshoumaru! Er beschützte niemand! Schon gar nicht ein Viertel Japans. Das hatte einige Haken, abgesehen von vielleicht spannend zu nennenden Kämpfen, durfte er den Westen dann praktisch nicht mehr verlassen. Und damit auch nicht Rin mehr besuchen, die ja in diesem Dorf im Osten lebte, wo Inu Yasha und seine Freunde … Moment. Im Osten. Hatte Tessaiga darum das Interesse des Drachenkönigs geweckt? Möglich, denn auch der der konnte sein Territorium ja kaum mehr verlassen.

Umgekehrt, einem Kampf gegen Ryujin sollte man ausweichen. Der war nicht nur ein starker, uralter Drache, sondern eben auch der Schutzherr des Ostens, mit der Magie dieser Länder und zu allem Überfluss ein Wasserdrache, der auf die Kräfte des Ozeans zugreifen konnte. Da würde selbst er sich hart tun. Natürlich gewinnen, aber das wäre ein wahre Herausforderung.

Hm.

Nahm er Inu Yasha nicht mit, konnte sich der Drache auf den Schwanz getreten fühlen. Das wäre schlecht für dessen Zustimmung, die er selbst leider dringend benötigte. Ohne Zustimmung aller anderen Drei keine Anerkennung als Schutzherr im uralten Pakt mit den Göttern. Immerhin mussten sich alle Vier ergänzen, sollte es wirklich um einen Notfall für das gesamte Land der aufgehenden Sonne gehen.

Umgedreht, würde Inu Yasha Schutzherr des Westens und nicht er selbst – er könnte sich in keinem Wasser mehr ansehen. Er hätte sich selbst dem Spott preisgegeben.

Kurz und gut er musste diese Rundreise durch Japan machen und darum bitten …. nun ja, die Anerkennung verlangen. Und er musste Inu Yasha mitnehmen, um aufzupassen, dass der nicht weiterhin von dem Drachenkönig protegiert wurde.

Was leider als Gipfel aller neu aufgetauchter Probleme eine Frage beinhaltete: wie bekam er den sturen Bastard dazu mit ihm eine Tour rund um Japan zu machen, ohne dem zu erzählen um was es ging?

Er wandte sich um. Immerhin war es doch eine kluge Idee gewesen Jaken um Ah-Un zu schicken. So war die Reise nach Osten durchaus bequemer. Und der kleine Froschdämon hatte nicht mitbekommen, wie ihn Mutter gerade heimgesucht hatte. Zunächst jedoch einmal musste er nach einem neuen Kimono für Rin Ausschau halten. Lag da nicht so ein Fürstensitz auf dem Weg? Kinder wuchsen zwischen zehn und vierzehn anscheinend wahrlich viel.

 

Sesshoumaru bedachte nicht, dass das wohl das einzige Dorf in Japan war, in dem die Menschen nicht schreiend um ihr Leben rannten, wenn er auftauchte – noch dazu auf einem zweiköpfigen Drachen. Er überließ es Jaken den abseits auf eine Wiese zu bringen und ging zu Rin, die neben der alten Kaede auf einem Feld kniete und sich Kräuterlehren anhörte. Sobald sie ihn jedoch entdeckte – und er war jedes Mal, noch immer, überrascht wie prompt sie ihn bemerkte – lächelte sie.

„Sesshoumaru-sama.“

Das Wort, für das er alles getan hätte. „Rin.“ Sie sprang eilig auf und er drückte ihr den Kimono in die Hand, wartete ab, wie sie lächelte, ehe er meinte: „Inu Yasha?“

„Oh.“ Das Mädchen sah sich um. „Ist Inu Yasha-sama schon wieder da?“

Die alte Priesterin blickte auf, das zerstörte Auge wie stets hinter einer schwarzen Binde verborgen. „Er und Miroku kommen im Laufe des Nachmittags, Sesshoumaru-sama.“ Auch, wenn sie manchmal schlicht seinen Namen sagte – das nur, wenn er nicht gerade vor ihr stand. Trotz all ihrer Fähigkeiten war er gefährlich und eine Nummer zu groß für sie, zumal, wenn sein Halbbruder nicht bei der Hand war. Halbdämon hin oder her, noch nie hatte es jemand außer Inu Yasha, und Rin, natürlich, vermocht diesen Hundedämon von etwas abzubringen, was der gewollt hatte. „Kagome und Sango wollten heute Abend daher eine Party machen, eine Art Fest wohl, wie Kagome sagte. Wenn ich Euch dazu einladen darf?“

Sesshoumaru seufzte nur innerlich. Sein Interesse an einem Fest bei dem Menschen kochten belief sich gegen Null, zumal er nichts essen würde, aber Rin blickte ihn so erwartungsvoll an. So meinte er schlicht: „Ich werde da sein.“ Diese Tour durch Japan schien schon schwieriger anzufangen, als er sich vorgestellt hatte. Das konnte ein Alptraum werden.

 

Als Inu Yasha und Miroku in das Dorf zurückkehrten, beide trugen jede Menge Essen von dankbaren Kunden dabei, die sie von vermeintlichen oder eher echten Dämonen befreit hatten, entdeckte der Halbdämon mit der doch hundeähnlichen Nase den Neuankömmling sofort. Sein Halbruder lehnte unter einem alten Baum im Schatten und musterte das Dorf mit einem Ausdruck als wohne er einer langweiligen Theateraufführung bei. So ließ der nur scheinbar Jüngere den Sack fallen. „He, Miroku, bring das mal zu Kagome.“

Der Mönch Buddhas wollte schon widersprechen, als er bemerkte, wer da die Aufmerksamkeit seines Freundes erregt hatte. Schön, da war es wohl besser, auch noch das schwere Gepäck selbst zu tragen. Wenn ein Hundedämon praktisch vor einem Menschendorf parkte, in dem dessen Schützling lebte, war mutmaßlich etwas passiert. Und mit Sesshoumaru in Angriffslaune diskutierte nur dessen Halbbruder – oder Kagome, wenn sie früher einen ihrer Aussetzer gehabt hatte. Jedenfalls niemand mit einem gesunden Überlebenstrieb. So nahm er auch noch den zweiten Sack.

Inu Yasha baute sich derweil förmlich vor dem unerwarteten Besucher auf. „Was tust du denn hier?“

Er brauchte den Bengel, ermahnte sich der ältere Bruder und warf einen kurzen Blick empor. „Ich warte.“

„Auf wen?“

„Auf die Party deiner Lebensgefährtin.“

Was? Der Halbdämon versuchte den Mund wieder zuzubekommen, benötigte aber dennoch fast fünf Sekunden, ehe er hervorbrachte: „Was?“

Musste er sich wiederholen? Sesshoumaru hob erneut etwas den Kopf.

Inu Yasha hatte sich gefangen. Party? Seit wann kannte ein Hundedämon das Wort? Es schien also ernst zu sein. Aber, warum hatte den Kagome eingeladen? Wegen Rin? „Kagome hat dich eingeladen.“

„Nein. Die alte Priesterin.“

„Kaede?“

Das war wohl der Name, ja. Rin lebte bei ihr. Hm. Sollte er diesem törichten Halbblut jetzt etwas von der geplanten Reise erzählen? Aber wie, ohne zu viel zu verraten? Und zu dem Essen musste er sowieso noch bleiben, Rin hatte sich doch so gefreut.

„Schön, dann sehen wir uns heute Abend.“ Inu Yasha ging. Er hätte nicht gewusst, was er dazu noch hätte sagen sollen. Überdies: Party klang nach gutem Essen und vor allem auch nach viel zu essen. Mal hören, was Kagome da Leckeres plante – und ob die schon etwas von dem Überraschungsgast wusste. Nun ja, im Zweifel würde Sesshoumaru nichts essen.

 

Es war bereits dunkel geworden in dem kleinen Dorf nahe des östlichen Küste Japans. Die Menschen saßen um Feuerstellen, hatten gegessen. Um ein Feuer hatte sich eine gewisse Elite des Dorfes versammelt: Kaede und Rin, Inu Yasha und Kagome, Miroku und Sango, dazu ein sehr schweigsamer und äußerst essunlustiger Sesshoumaru, der zwischen seinem Halbbruder und seinem kleinen Mädchen saß. Leider hatte er noch keinen Ansatzpunkt gefunden, diesem Bastard mitzuteilen, dass der ihn auf einer Tour rund um Japan begleiten sollte. Und wie Inu Yasha auf Befehle reagierte, war ihm nur zu gut bekannt. Er musste ihn locken, ohne das Ergebnis zu verraten. Intrigen waren noch nie seine Sache gewesen. Was also sollte Dämon nur tun?

 

Inu Yasha war aufgefallen, dass sein Halbbruder ihn immer wieder so gut es möglich war seitlich anstarrte. Zuerst hatte er ja vermutet, dass der ihm jeden einzelnen Bissen im Hals nachzählen würde, aber da der Hundedämon jeder Speise energisch widerstand, war das wohl auszuschließen. Was war nur los? Erst schlug der unangekündigt hier auf, na schön, das machte der immer, dann parkte er sich vor dem Dorf und nahm auch noch an einer Feier teil? Da war doch etwas im Busch. Und im Zweifel, da war der Halbdämon überzeugt, durfte er das wieder ausbaden.

 

Rin hatte durchaus bemerkt, dass die Aufmerksamkeit ihres Hundedämons mehr seinem Halbbruder als ihr galt. In gewisser Neugier fragte sie, als ein Schweigen eingetreten war: „Sesshoumaru-sama, Ihr werdet einige Zeit nicht mehr kommen, oder?“

Sie wusste es, erkannte der Angesprochene. Dieses Menschenkind las in ihm wie in einem offenen Buch. Das hatte noch nicht einmal seine Mutter vermocht. Erstaunlich. „Ich werde die Schutzherren aufsuchen.“

„Die Schutzherren? Wer oder was ist das und warum?“ fragte Inu Yasha prompt.

„Die Schutzherren?“ wiederholte Miroku. „Ich dachte immer, das ist nur eine Legende. - Inu Yasha, es heißt, vor langer Zeit schützten die Götter des himmlischen Reiches Japan. Das wurde ihnen zu viel oder zu lästig und sie beriefen vier Männer dazu, Wesen stark im Krieg und mächtig in der Magie. Es soll magische Pakte gegeben haben. Jedenfalls schützen die vier Schutzherren Japan gegen Angriffe von außen. Und sie sind den Göttern verpflichtet.“

„Die Macht eines Schutzherrn ist außerordentlich,“ sagte Kaede. „Soweit ich hörte, können sie neben ihrer eigenen Macht auch auf die Magie ihres jeweiligen Landes zugreifen, auf die Magie und Lebenskraft aller Pflanzen und Lebewesen darin. Aber es gibt natürlich Bedingungen. Soweit ich weiß, dürfen sich die Schutzherren nie untereinander bekriegen.“ Sie sah neugierig auf den Hundedämon.

Rin tat dies ebenfalls, wenn auch jetzt deutlich besorgt. „Wird Japan angegriffen, Sesshoumaru-sama?“

„Nein.“ Was sollte Dämon dazu sagen. Wie Inu Yasha locken, wie die unsägliche Tatsache verschweigen, dass der Drachenkönig den als Schutzherrn des Westens in Betracht zog?

Miroku atmete tief ein. „Ein Schutzherr muss von den anderen drei anerkannt werden, hörte ich. Der neue Schutzherr des Westens …?“ Er musterte den Überraschungsgast verstehend, ebenso wie die weiblichen Teilnehmer der Runde.

Wieso auch immer diese durchaus intelligenten Menschen sich an den törichten Bastard gehängt hatten. „Ja.“

„Oh.“ Rin lächelte ihn erfreut an. „Ihr seid dann ein Fürst?“

„Nein, Kind.“ Kaede schüttelte den Kopf. „Ein Schutzherr ist kein Fürst. Er ist verantwortlich, kein Befehlshaber.“ Aber auch sie sah den Hundedämon interessiert an.

Kagome, die InuYasha und damit auch dessen Halbbruder gegenüber saß, nickte. „Du brauchst also die Zustimmung der anderen Drei, damit ihr im Zweifel Japan beschützen könnt. Natürlich wirst du sie bekommen.“

„Naja,“ warf der Halbdämon ein. „Aber mal im Ernst: wer sollte so blöd sein und sich mit Sesshoumaru und noch gleich drei anderen von dem Kaliber anlegen?“

„Denk doch an Menomaru, den du umgebracht hast. Und schon sein Vater musste von deinem, eurem, Vater besiegt werden ... Oh.“ Kagome starrte den Hundedämon jetzt ebenfalls an. „Du bist der Älteste und der Erbe. Geht es da auch darum?“

„Das Bluterbe?“ ergänzte Sango, durchaus auch fragend.

Der Hundedämon seufzte nur innerlich. Intelligente Menschen – und hatten nichts Besseres zu tun gehabt als zuerst mit dem törichten Bastard durch die Lande zu ziehen, jetzt in einem Dorf zu leben. „Ja,“ gab er allerdings zu.

Seine Zuhörer wurden merklich aufgeregter. „Stimmt es, dass die Zustimmung von Prüfungen abhängig ist?“ erkundigte sich Miroku.

Auch das noch, dachte Sesshoumaru, ehe er seine Chance sah. „Ja. Darum soll Inu Yasha mitkommen.“

„Ach ja?“ Der Halbdämon starrte ihn an. „Lass mich raten, Tessaiga soll mitkommen und weil du es nicht beherrschen kannst, eben auch der Dummkopf, der es führen kann? Danke, nein.“

„Inu Yasha,“ zischte Kagome prompt wie eine auf den Schwanz getretene Schlange.

Bevor sich ihr Lebensgefährte allerdings auch nur darüber wundern konnte, ergänzte Sango: „Eben, das Bluterbe. Solange Sesshoumaru, ich meine, Sesshoumaru-sama, keinen Sohn hat, bist du sein Erbe.“

Inu Yasha, der nie einen Gedanken an so etwas verschwendet hatte, drehte den Kopf. Da er eindeutig erkennen konnte, dass sein Halbbruder nicht unbedingt redewillig war, schloss er: „Oh, sie haben recht. Darum kamst du her und so. Natürlich, bevor du sagst: he, komm mit, das ist so, weil ….“ Blöder Hund. Aber das dachte er lieber nur.

„Was für Prüfungen sind das denn?“ lenkte Sango möglichst ab, ehe hier noch ein Duell zwischen den beiden hitzköpfigen Halbbrüdern losbrach. „Kaede-sama sagte doch, die Schutzherren dürfen sich untereinander nicht bekriegen, also, wohl umbringen?“

„Ja, die Prüfungen sind doch sicher nicht lebensgefährlich?“ Kagome legte etwas mehr Nachdruck in ihre Stimme, als sie zu ihrem Schwager blickte.

„Nein.“ Sesshoumaru war mehr als unwillig sich von Frauen ausfragen zu lassen, noch dazu Menschen, aber, er musste diesen Halbdämonen mitnehmen. Wer wusste schon, auf was für eine brillante Idee Ryujin als nächstes kam. Inu Yasha als Schutzherr des Westens! Vater und Großvater würden sich im Grab umdrehen! Und Mutter würde vermutlich ab diesem Zeitpunkt erfolgreich vergessen, dass sie je einen Sohn hatte. Ihre Ankündigung war nicht ohne Hintergrund gewesen. Zum Thema lebensgefährliche Prüfungen hatte er sich auch schon seine Gedanken gemacht. Ein Schutzherr durfte einem anderen Schutzherrn nichts tun – wie sah das allerdings mit Kandidaten aus? Aber er war stark, mächtig, der Beste von allen, und wenn er dann auch noch Tessaiga quasi an der Seite hatte, würde schon alles passen.

„Keh.“ Inu Yasha sah von Kagome zu seinem Halbbruder und zurück. „Ihr seid euch also einig, ja? Passiert selten. Na schön, wohin müssen wir morgen reisen?“

Der ältere Bruder war so erleichtert, dass er antwortete: „Nach Norden, zum Turm des Gottes.“

„Aha. Hat der Gott auch einen Namen?“

Das würde eine sehr mühsame Reise werden. Er sollte sich schon einmal überlegen, was man mit einem Drachenkönig anstellen konnte, wenn man sich je für diese wenig brüderliche Expedition „bedanken“ wollte. „Yuki.“

„Yuki, wie Schnee?“ erkundigte sich Rin, da der Gott ja immerhin im Norden wohnte.

Sesshoumaru drehte den Kopf zu ihr. „Nein, Yuki, wie Glück.“ Das unterschied sich nur im Schriftzeichen, woher sollte sie das wissen. Allerdings war besagter Yuki auch Herr der yuki onna, der Schneefrauen, und einiger anderer Wesen. Allein das konnte schon überaus lästig werden. Nun gut, da konnte sich Inu Yasha einmal nützlich machen. Er stand auf. Jaken passte dort draußen noch immer auf Ah.Un auf, das konnte der ab morgen auch hier mit Rin machen. Jaken plus Halbbruder wären zu viel für seine Selbstbeherrschung. „Bei Sonnenaufgang, Inu Yasha.“

 
 

Nach Norden


 

A

ls sie allein zuhause im Bett lagen, meinte Inu Yasha: „Glaubst du wirklich, Kagome, dass ich mit soll?“

„Ja. Ich meine, er ist dein Bruder… Halbbruder und du bist nun mal sein einziger Verwandter,“ erklärte das Mädchen aus der Zukunft prompt. „Ich weiß, dass ihr euch nie besonders verstanden habt ... naja, er hat oft genug versucht dich und uns umzubringen, aber ….Er hat niemanden anders, der ihn zu so einer wichtigen Prüfung begleiten kann. Aber das wird er kaum zugeben. Immerhin hat er doch auch Rin hier gelassen.“

„Bei Kaede, nicht bei mir,“ sagte der Halbdämon bitter.

„Inu Yasha!“ Kagome drehte sich auf die Seite zu ihm. „Bitte, denk doch mal nach. Welcher verantwortungsvolle Vater … Hör auf zu lachen, er sieht sich doch so!“

„Ich habe nur meine Zweifel, ja, schon gut.“ Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen. „Aber nennen wir es Wachhund. Verantwortungsvoll, Vater und das in Bezug auf Sesshoumaru … Kagome, wir wissen beide, dass der Kerl jeden umbringt, der ihm auch nur im Weg steht.“ Mit gewissem Stolz ergänzte er dann doch: „Anwesende natürlich ausgeschlossen.“

„Kann ich jetzt weiter reden? - Schön, also auch als Wachhund hätte er doch nie Rin allein mit dir in einem Haus leben lassen können. Denk doch mal an ihren Ruf. Übrigens auch an deinen. ICH bezweifle ja nicht, dass du sie behütet hättest, aber...“ Sie legte die Hand automatisch an die Kette aus heiligen Perlen und Fangzähnen, die auf seiner bloßen Brust lag. „Es war die richtige Entscheidung für Rin. Und nur darauf kam es ihm an. Jetzt ist es die richtige Entscheidung, dass du mitgehen sollst. Aber er kann dich ja kaum bitten.“

„Stimmt. Herr Ich-bin so-toll kann nicht. Und schon gar nicht bei mir.“ Wenn dieser Hundeidiot doch nur mal die Fangzähne auseinander bekommen würde.

„War er eigentlich schon immer so ...stolz?“

„Arrogant? Ja. Ich kenne ihn nicht anders als arrogant und mich umbringen wollend. Naja, in den letzten Jahren nicht mehr,“ gab er mit gewisser Ehrlichkeit zu. Seitdem er den Höllenpfad gemeistert hatte, hatte ihn Sesshoumaru als Träger Tessaigas anerkannt. Mehr nicht, aber das war doch schon mal was.

„Dann hat er den Stock im Rücken schon als Baby verschluckt?“

Er musste nachdenken, was sie meinte, ehe er grinste. „Ja, vermutlich. Wie gesagt, ich kenne ihn nicht anders.“

„Dann schlafen wir jetzt. Wenn er bei Sonnenaufgang aufbrechen will, solltest du vorher noch schön gefrühstückt haben. Es ist noch Essen von gestern da, das mache ich dir rasch warm.“

„Klingt nach einem Plan.“ Er legte den Arm um sie und genoss ihren Duft. „Das kann Wochen dauern, Kagome.“

„Schon klar. Ich werde warten. Und sei ehrlich, den Schutzherrn des Westens als Bruder, Halbbruder, zu haben, klingt doch gar nicht so schlecht.“

 

Jaken wäre fast in Tränen ausgebrochen, als er den Befehl erhielt in diesem Menschendorf zu bleiben und auf Rin aufzupassen. Wieso durfte er nicht mit, stattdessen dieser törichte Halbdämon, der doch nie seinem Herrn gegenüber die Loyalität aufbringen würde wie er selbst. Natürlich sagte er nichts, aber sein vorwurfsvoller Blick sollte wissen lassen, dass er in seinen Gefühlen zutiefst gekränkt war. Dass das Sesshoumaru gleich war, wusste er allerdings auch. „Ich werde auf Rin aufpassen,“ brachte er daher nur hervor. Und immerhin, erkannte er nach einem Moment der Überlegung, würde diese Aufgabe einfacher werden als manches Mal zuvor. In diesem Dorf waren mit Inu Yashas Bande und dieser alten Priesterin ganz fähige Leute unterwegs, die sicher auch ein Auge auf das Mädchen haben würden. Und er wäre nicht allein schuld, an was auch immer. Wenn der Kleinen etwas zustieß, würde Sesshoumaru nicht nur traurig sein, nein, dazu wohl auch mordlüstern in jeder Richtung. Dann wäre es für einen armen Kröterich wie ihn das Beste, sein Grab schon geschaufelt zu haben – in der Hoffnung, dass es noch irgendetwas geben würde, was man hineinlegen konnte. „Äh, und Ah-Un, Sesshoumaru-sama?“

Der Hundedämon wandte ihm einen langen Blick zu, der sich Jaken eilig schweißgebadet zu Boden werfen ließ, zumal, als er das leichte Lächeln bemerkte. Wenn Sesshoumaru lächelte, musste jemand sterben, das war doch allgemein bekannt. Nur, welchen fatalen Fehler hatte er denn jetzt schon wieder begangen? Und leider war außer ihm und dem zweiköpfigen Drachen niemand da.

„Der Drache kommt mit.“

Puh, es ging also nicht gegen ihn. Der kleine Krötendämon raffte sich hastig erleichtert auf. Nur, wieso sollte der Drache mit? Wenn der Herr auf ihm reiste, müsste der Halbdämon ziemlich unelegant auf dem Boden rennen. War es das etwa? Sehr subtiler Hinweis auf dessen minderes Wesen? Aber, warum sollte der dann überhaupt mit? Manchmal war Sesshoumaru-sama wirklich schwer zu verstehen.

 

Pünktlich bei Sonnenaufgang kam Inu Yasha aus dem Dorf. Er hatte alles gegessen, was Kagome ihm von gestern Abend noch aufgetischt hatte, da er schwer annahm, dass der Herr Halbbruder keine Pause machen würde damit seine Familienschande sich was zu essen besorgen konnte.

Sesshoumaru erwartet ihn schweigend, ließ jedoch einen Blick über die kleine Gruppe an Menschen schweifen, die sich am Rand des Dorfes versammelt hatten. Rin lächelte ihn an und er wusste, dass sie sich schon darauf freute, wenn er wiederkam. Noch immer war sie einfach glücklich, wenn sie ihn sah, und er war sicher, dass sie das einzige Lebewesen war.

„Na, dann,“ meinte Inu Yasha, um überhaupt etwas zu sagen. „Dann gehen wir mal zu diesem Yuki.“ Jaken war auch da, wie er jetzt erst bemerkte, wenn auch neben Rin, also offenkundig zum Abschied, aber wo war denn der Drache hin? Nun, das sollte ihm gleich sein.

 

Der ältere Halbbruder wandte sich um und ging los. Diese Redseligkeit des Bastards würde auf der Reise noch lästig werden. Bedauerlicherweise konnte er ihm kaum den Mund verbieten, wie er es bei Jaken machte, nicht, ohne ein nutzloses Duell schlagen zu müssen. Natürlich würde er selbst gewinnen, aber es war wichtiger diese Rundreise rasch hinter sich zu bringen und zu verhindern, dass der Drachenkönig den Halbdämon als Schutzherrn des Westens förderte. Aus eben diesem Grund war es auch misslich, aber sonst nichts, dass Inu Yasha an seine rechte Seite kam. Er würde froh sein, wenn diese Reise im Süden abgeschlossen war und dieser … wie hieß er doch nur? … ebenfalls ihn als Schutzherrn anerkannt hatte.

Schuld an dieser ganzen Situation war eigentlich Ryujin mit seinem Rundbrief, dass der Westen unbedingt einen Schutzherrn benötigte und wenn schon nicht er, Sesshoumaru, dann der Bastard. Irgendwie müsste er dem Drachenkönig die Meinung sagen. Was, zugegeben, nicht ganz einfach war. Schutzherren durften einander nicht umbringen. Abgesehen davon befand sich die Residenz des Drachen im Schloss unter dem Ozean – bei gut zwei Kilometern Wasser über sich und einem Schloss voller Drachenkrieger würde ihm auch Bakusaiga und seine eigene, berühmte, Stärke kaum weiterhelfen. Misslich, diese ganze Lage. Hm. Ihm kam da eine Idee. Wenn Inu Yasha neugierig war, und, das musste er zugeben, nicht ganz zu Unrecht, wäre es doch am Besten gar nichts zu sagen, um nicht doch noch etwas über Ryujins törichten Plan zu verraten. Genau. Wozu war er ein magisch hochtalentiertes, allen anderen überlegenes, Wesen? Er hob leicht eine Hand und konzentrierte sich, ohne im Schritt inne zu halten.

 

Inu Yasha bemerkte die Geste seines Nachbarn. Was war denn jetzt schon wieder los? Immerhin konnte er sicher sein, dass das nicht gegen ihn gehen würde. Er hatte die Giftklaue im Bauch zwar überlebt, aber das war dennoch keine besonders prickelnde Erfahrung gewesen. Zu seiner gewissen Verwunderung erkannte er einen nur zu bekannten, kleinen, Flohgeist, der sich plötzlich sichtlich verwirrt zwischen Sesshoumarus Fingern befand. Als Myouga bemerkte, wo er gelandet war, brach ihm der Schweiß aus.

Mit einer Sicherheit, die nur aus langjähriger Übung stammen konnte, schnippte der Hundedämon den Flohgeist seitwärts. Inu Yasha fing den Kleinen prompt auf und starrte den an. „Hallo, Onkelchen, was treibt dich denn her?“

„Ich weiß nicht so recht,“ murmelte Myouga und richtete sich in der Handfläche etwas auf. Immerhin war der jüngere der beiden Idiotenbrüder nicht ganz so mörderisch wie der ältere. „Sesshoumaru-sama hat mich hergeholt.“ Warum auch immer.

„Aha.“ Inu Yasha blickte seitwärts. Sesshoumaru machte manchmal idiotische Sachen, wie aus relativ nichtigem Anlass Leute zu killen, aber für diese Aktion gab es sicher einen Grund. Er wusste schon lange, dass sein Halbbruder Dämonen und Seelen aus dem Jenseits holen konnte, warum also nicht kleine Leuchten wie Myouga aus der jetzigen Umgebung. „Und, was soll ich mit ihm machen?“

Der zukünftige Schutzherr des Westens erkannte, dass er deutlicher werden musste. „Myouga, erkläre ihm, warum eine Reise zu allen anderen drei Schutzherrn notwendig ist und was da kommt.“

Der Flohgeist holte einmal tief Luft. „Das bedeutet, Ihr nehmt endlich Euer Geburtsrecht wahr? Oh, dass ist wunderschön für den Westen,“ entfuhr es ihm, ehe er bemerkte, dass sich der Kopf des Hundedämons sehr langsam und betont zu ihm drehte. „Äh, ja, natürlich. Inu Yasha-sama, was wisst Ihr denn über diese Schutzherren?“

„Äh ...“ Der Halbdämon suchte eilig, was Miroku und Kaede gestern gesagt hatten. „Es gibt vier von der Sorte, irgendwelche uralten Verträge mit den Göttern. Sie schützen Japan, im Notfall auch zusammen. Und Sesshoumaru hat den Westen irgendwie geerbt.“

„Man kann solch ein Amt nicht erben, in dem Sinn,“ korrigierte Myouga prompt. „Es ist das Recht, das im Blut liegt. Und sein Großvater mütterlicherseits war der letzte anerkannte Schutzherr.“

„Ja, und was war mit Vater?“ entfuhr es Inu Yasha augenblicklich.

„Der hatte nicht das Blutrecht, stimmt. Aber er war in Vertretung seines noch zu jungen Sohnes sozusagen der amtierende Schutzherr, zumal als Träger des Höllenschwertes. Warum habt Ihr denn gedacht, dass der Herr den Titel eines Taishou, eines Heerführers, trug.“

Inu Yasha hatte bislang, zugegeben, sich dabei gar nichts gedacht, wollte das aber auch nicht ein bekennen. „Schutzherr – ach, deswegen hat er auch gegen diesen dämlichen Schmetterling gekämpft, dessen Sohn MIR dann lästig fiel? Menomaru?“

„Hyouga hieß der Vater, ja. Und er war eine Gefahr für den Westen. Auch andere solche Gefahren beseitigte der Herr für seinen Sohn. Sesshoumaru-sama ist mit seiner Geburt praktisch eigentlich schon der Schutzherr gewesen.“ Myouga wusste, dass das an Tollkühnheit grenzte dem einen Fehler oder gar Faulheit zu unterstellen, aber er saß in der ausgestreckten Klaue des Halbdämons, und er hoffte, dass würde selbst den Hundedämon von allzu impulsiven Handlungen abhalten. Überdies vermutete er doch schwer, dass der lange Kampf, der gemeinsame Kampf, gegen Naraku irgendwas sogar bei den beiden Sturköpfen gebracht hatte. „Eben für solche Einfälle von außen wurde die Position des Schutzherrn erschaffen.“

Inu Yasha hatte kurz nachgedacht. „Sekunde, das heißt, als ich diesen Menomaru umbrachte, und das war eine Menge Arbeit, habe ich eigentlich nur den Job gemacht, den Sesshoumaru hätte machen sollen?“

Das stimmte irgendwie, dachte der so Angesprochene etwas verdrießlich, auch, wenn das natürlich die Ansicht Inu Yashas war und schon daher falsch sein musste. Hatte sich das etwa bis zu Ryujin herumgesprochen und den auf diese verrückte Idee mit dem Bastard als Schutzherrn gebracht, zumal sich der Drachenkönig ja jeden Tag praktisch vor seiner Haustür mit Tessaiga versichern konnte?

Myouga suchte hektisch nach einer diplomatischen Antwort, die keinen der beiden Hitzköpfe bewegen würden, auf ihn loszugehen - oder auf sich gegenseitig - und beschloss abzulenken. „Nun ja, Menomaru wollte Euch und Kagome umbringen, das war ja wohl Notwehr. - Also, wenn ich das hier so richtig sehe, wandert Ihr gen Norden. Das heißt zu Yuki. Er ist ein Gott und lebt in den Gebirgen im Norden, auf der Nordinsel. Die einzigen, größeren, menschlichen Ansiedlung da sind Sapporo oder Nagano, glaube ich. In einem weiten Hochtal steht sein Turm … naja, eigentlich ist es eine Felsnadel, die aus der Hochfläche ragt. Wenn man diesen Turm emporsteigt, kommt man zu ihm. Wenn man zu ihm kommt, erkennt er einen an. So, ungefähr.“

„Aber es gibt Hindernisse?“

„Äh, ja, das vermute ich, Inu Yasha-sama, schließlich soll das eine Prüfung sein. Aber ich glaube keine tödliche, denn Schutzherrn dürfen einander nichts tun.“

„Na schön, weiter.“

„Ich vermute, dass Sesshoumaru-sama dann den Schutzherrn des Ostens aufsuchen wird. Das ist der Drachenkönig Ryujin. Er lebt mit Kriegern in Ryuku, dem Schloss auf dem Boden des Ozeans. Da dürfte die Prüfung schon sein bis zu ihm zu gelangen.“

„Ein Drache, na, das kann ja lustig werden. Bislang wollten alle, die ich traf, mich umbringen. Immerhin, schön zu wissen, dass der das wohl nicht darf.“

„Nun ja, er darf keinen Schutzherrn umbringen,“ korrigierte Myouga mehr ehrlich als taktisch geschickt. „Aber so oder so: es handelt sich bei allen Schutzherrn um sehr mächtige Männer. Es wäre daher gut, wenn Ihr … nun, Eurer Mutter Ehre macht und Euch höfisch verhalten würdet.“

„Keh!“ Der Halbdämon hatte die Kritik an seinem manchmal doch etwas ungestümen Benehmen durchaus verstanden. „Ja, ich passe schon auf. Immerhin bin ich ja hier bloß der Begleiter – und weiß nicht einmal warum.“

Das wusste Myouga auch nicht, aber nach einem Blick auf den schweigsamen Hundedämon riet er: „Wahrscheinlich, weil Ihr der einzige Verwandte seid.“

„Vermutlich.“ Immerhin hatte er noch nie gerade viel von dieser Verwandtschaft gehabt. „Und dann bleibt noch der Kerl im Süden. Gott und Drache hatten wir schon, der Dämon läuft hier neben mir – wer ist das?“

„Äh, das weiß ich nicht. Außer den anderen Schutzherrn hat ihn noch niemand gesehen. Er lebt unter der Erde, in einer labyrinthartigen Höhle. Er scheint eine Art Dämon zu sein. Sein Name ist Amalo. Auch hier dürfte die Prüfung darin bestehen zu ihm vorzudringen.“

„Naja, das sollte zu packen sein.“ Inu Yasha dachte kurz nach, ehe er sich doch erkundigte: „Dieser Yuki wohnt also hoch im Norden? Ist das nicht eine andere Insel?“

„Ja, genau.“ Myouga war begeistert, dass sich sein Schützling doch etwas gemerkt hatte.

„Sehr schön. Dann erklärt mir einer, wie ich dahin kommen soll? Schwimmen?“ Er starrte zuerst vorwurfsvoll auf seine Handfläche. Als er bemerkte, wie dem so genannten Berater seines Vaters Schweißperlen auf die Stirn traten, sah er nach links, wo sein Halbbruder mit scheinbar ungerührtem Gesicht schritt, nun jedoch nach oben blickte.

„Ach, ja, natürlich, Sesshoumaru-sama.“ Myouga atmete tief durch, als er den Schatten des zweiköpfigen Drachen über ihnen erblickte.

„Hm?“ Der Halbdämon guckte erst nun ebenfalls in den Himmel. „Moment mal, du lässt deinen Drachen hier über uns fliegen? Wieso setzen wir uns nicht drauf und sparen uns Zeit und diese ganze Latscherei quer durch Japan?“ Er fand das eine sehr berechtigte Frage und sah ein wenig verwundert den Blick, mit dem sein Halbbruder zunächst ihn und dann Myouga musterte – ein einziger Vorwurf an den Flohgeist. „Was ist denn jetzt schon wieder?“

Das würde eine mühsame Reise werden, in der Tat, dachte Sesshoumaru nur. Von vornehmem Benehmen oder Benehmen im Allgemeinen hatte dieser Bastard wohl noch immer keine Ahnung?

Der kleine Flohgeist seufzte, als er erkannte, dass er schon wieder erklären musste. „Ich vermute, Inu Yasha-sama, Ihr stellt Euch das so vor, dass Ihr zu zweit hintereinander in dem Sattel sitzen würdet. Das wäre natürlich unmöglich. Kein vornehmer Herr sitzt so auf einem Drachen, immer nur seitwärts. Und da hat nur einer Platz.“

„Ich vermute mal mit vornehmer Herr meinst du, Onkelchen, den ach so tollen Hund hier neben mir und nicht mich.“ Inu Yasha war etwas gekränkt, schließlich war er so schon auf Kiara oder einem Tanuki oder sonst wem mit Kagome geflogen und Miroku samt Sango gleich dazu. Schön, vielleicht galt niemand von ihnen als vornehm, aber praktisch war das doch möglich. Vermutlich würde sich allerdings der hochwohlgeborene Herr Hund neben ihm dabei den Stock im Kreuz brechen.

„Äh, nein, natürlich Euch beide,“ beteuerte Myouga eilig, auch, wenn ihm das der potentielle Schutzherr des Westens übel nehmen könnte. Immerhin saß er gerade in der Klaue des Halbdämons. Wenn Inu Yasha nicht endlich lernte einigermaßen höfisches Benehmen an den Tag zu legen, würde es sein großer Bruder noch bedauern ihn mitgenommen zu haben. Wobei allein das ja schon eigenartig genug war. Sesshoumaru neigte nicht gerade zu innigen Freundschaften, nicht einmal innerhalb der Familie. Da lief doch irgendetwas, von dem ein armer, kleiner Flohgeist natürlich keine Ahnung haben sollte. Er war ja nur der Berater … Die Alarmklingel in seinem Hinterkopf schrillte und er war schon versucht weit weg zu springen, ehe sich die Finger des Halbdämons um ihn schlossen und davon keine Rede mehr sein konnte. Was war nur los? Die beiden Hundejungen waren stehen geblieben und der Flohgeist hörte das Brechen von Holz. Irgendwer kam auf die Beiden zugerast und nahm keinerlei Rücksicht auf die Vegetation. Ach du je. Nicht, dass Myouga gezweifelt hätte, wie ein Kampf ausgehen würde – aber leider saß er in der Schwerthand Inu Yashas. Was mussten sich denn alle lebensmüden Kreaturen Japans ausgerechnet diese Zwei als Gegner suchen? Nun ja, da steckte die Antwort schon in der Frage. Wie Lemminge folgten sie ihnen in den Tod. Jedenfalls da raste jemand wie eine besessenes Wildschwein auf sie zu und ….ach du je. Er hörte nur, wie der Halbdämon schlicht fragte:

„Du oder ich?“

Angenehm berührt, dass sich da doch jemand an die höfische Rangfolge halten konnte – und unerwartet irgendwo im Hinterkopf stolz darauf endlich als großer Bruder anerkannt zu werden, erwiderte Sesshoumaru: „Mach. Ich werde zusehen.“

„Keh!“ Aber Inu Yasha öffnete seine Rechte und ließ den alten Flohgeist damit entkommen, ehe er sie an sein Schwert legte. „Immer muss ich den Müll wegräumen.“ Der Gestank nach verwesendem Fleisch wurde deutlicher. Was auch immer da kam war nicht mehr am Leben, nur noch besessen, und es war besser, das von seinem Leid zu erlösen.

Nur kurz darauf raste etwas durch den Wald auf sie zu, das man kaum noch als ehemaligen Oni wiedererkennen konnte. Das Wesen sah, dass dort tatsächlich etwas wie Beute stand, und rannte weiter, bereit zu töten.

„Windnarbe!“ Inu Yasha schob Tessaiga bereits zurück in die Scheide. „Sag mal, sollte ein Schutzherr so was nicht verhindern?“ Da er keine Antwort bekam: „Myouga? Onkelchen?“

„Er ist weg.“ Sesshoumaru ging weiter.

„Du kannst ihn nicht wieder herbringen? Nein?“ Seufzend sprang der Halbdämon an die Seite des Älteren.

Nein, natürlich nicht. Es war eine Sache, jemanden herbeizuzwingen, der stand und nichts Böses ahnte, und eine andere jemanden, der wie von Furien verfolgt durch halb Japan hetzte. Vermutlich würde Myouga erst durchatmen, wenn er in dem Dorf Musashino angekommen war. Unter dem Bann, den diese wahrlich nicht unfähigen Menschen gelegt hatten – und unter dem Rin sicher war – war der Floh selbst für ihn nahezu unerreichbar. Was leider bedeutete, dass er auf alle noch so törichten Fragen des Bastards selbst antworten musste, um den ruhig zu stellen. Und damit eben auch den Drachenkönig.

 
 

Stimmungen


 

I

nu Yasha war sauer, das gab er sich auch zu. Und er wusste, dass er selbst schuld gewesen war. Warum nur fragte er den Herrn Halbbruder überhaupt, ob er was machen sollte? Klar würde der doch keine Klaue rühren. Immer musste er alles machen – vor allem, wenn es um besessene, verwesende, Dämonen ging. Oder selbstmörderisch veranlagte Drachen. Oder …

Und er hatte auch noch selbst gefragt!

Wieso hatte er sich überhaupt breit schlagen lassen, diese Wanderung rund um Japan mitzumachen? Kagome hatte ja gemeint, das sei doch gut, sich in der Familie zu helfen. Ja, sie würde das mit ihrem Bruder ja bestimmt machen, aber Souta war weit. Um genau zu sein, er war, wie ihre Mutter, ihr Opa, unerreichbar in der Zukunft.

Der Halbdämon atmete tief durch. Nun ja. Sie konnte ihren Bruder nie mehr sehen und sie vermisste ihre Familie, auch, wenn sie sich freiwillig dazu entschlossen hatte zu ihm, in die Vergangenheit, zu kommen. Kein Wunder, wenn sie dem nachtrauerte und versuchte ihn mit seinem Bruder, Halbbruder, zu versöhnen. Aber zwischen Souta und Sesshoumaru lagen eben Welten, nicht nur die Zeit. Souta hatte nie versucht Kagome umzubringen, und …. Schön, er sollte gerecht bleiben. Seit geraumer Zeit hatte sogar der Herr Halbbruder nichts dergleichen mehr versucht. Aber, dachte Inu Yasha ein wenig grimmig – wenn er nicht jedes Mal den arroganten Hund mit eingezogenem Schwanz nach Hause geschickt hätte, wäre er schon vor Jahren gestorben.

Oder?

Es gab da so einige Momente, bei denen er sich nicht sicher war. Das letzte Mal in diesem Bambuswald. Tessaigas Scheide hatte ihn gerettet, aber er hatte halb bewusstlos und unfähig sich zu bewegen, auf dem Boden gelegen. Und Sesshoumaru hatte nur gesagt: er wird auch diesmal überleben, und war gegangen, statt die Gelegenheit zu nutzen. War es das, was Kagome meinte? Dass diese Angriffe schon seit einiger Zeit nicht mehr ganz so todernst gemeint waren? Immerhin hatte der Riesenhundeidiot Rin in sein Dorf gebracht, hatte ihn schon länger nicht mehr angegriffen – und da gab es auch diesen eigenartigen Satz, als er selbst zum ersten Mal Tessaiga in der Hand gehabt hatte: du kämpfst ja immer noch wie ein Kleinkind.

War das Ganze etwa eine, zwar durch Vaters Tod und Mutter ins Wütende abgeglittene, aber doch dämonische, Art der: „Ich bin dein großer Bruder und will dich ausbilden“- Sache? Wollte Sesshoumaru ihn darum auch zu diesem Landesherren-, naja, Schutzherren-Ding mitnehmen, damit er lernen konnte, etwas wissen sollte, in der Zukunft? Wo steckte nur dieser Myouga immer, wenn man ihn mal wirklich was fragen wollte…

Nun ja, wie sagte Kagome so schön: immer positiv denken. Vielleicht brachte es irgendwem was, wenn er mit dem hochwohlgeborenen Schutzherrn einmal quer durch Japan tourte.

 

Sesshoumaru hatte aus den Augenwinkeln durchaus bemerkt, dass sein Halbbruder ärgerlich wurde. Nun ja, das war kein Kunststück. Der Bastard verstand es nicht seine Gefühle zu verbergen. Und dabei war doch Izayoi eine Prinzessin gewesen. Was hatte die nur ihrem Sohn zum Thema Leben in einem Schloss beigebracht? Wenn er selbst seine Gefühle dermaßen offen zur Schau getragen hätte, hätte ihn irgendeine Hofdame oder der nächstbeste Wächter an Mutter verraten – und die schätzte Gefühle nun eher überhaupt nicht. Geschweige denn, dass er zornig wurde. Das ziemte sich nicht. Da hatte sie es mit mehr Fassung getragen, dass er mit Rin und Kohaku bei ihr aufgetaucht war – wobei natürlich ihre erste Bemerkung zynisch und ein Tadel gewesen war. Nun ja. Er war in der Lage, die meisten ihrer Äußerungen inzwischen zu ignorieren. Das mit dem Schutzherrn war leider nicht gegangen, wollte er sich nicht selbst bloßstellen. Manchmal ….MANCHMAL, wusste sie ihm wirklich guten Rat. Nun ja, wies sie ihn auf mögliche Fehler hin. Dass das jetzt natürlich bedeutete, mit einem impulsiven, nie den Mund halten könnenden, Halbdämonen durch Japan zu spazieren, stand auf einem anderen Blatt. War das schon eine Prüfung seiner Selbstbeherrschung und bewies seine, natürlich gegebene, Fähigkeit als Herr des Westens?

Nun ja. Eines musste er seinem lästigen Halbbruder zugute halten: der konnte kämpfen und war der wahre Erbe Tessaigas. Überdies, auch das war Tatsache, wenn Hund es genau betrachtete, war der stets bereit gewesen ihm beizuspringen, wenn er sich so an dieses unsägliche Duell mit … nein, keine Namen. Auch, wenn er danach Bakusaiga bekommen hatte. Er war Sesshoumaru, er war gut, er war besser. Und das war nur der kleine, dämliche Halbblutbruder, um dessentwillen sein mächtiger Vater gestorben war. Und der, leider, aus irgendeinem unerfindlichen Grund ausgerechnet Ryujin ins Auge gestochen hatte. Drache, was konnte man dazu schon sagen.

So gesehen war es gleich doppelt praktisch, dass der Narr eingewilligt hatte mitzukommen. Einmal hatte er selbst Tessaiga bei sich, wenn schon nicht an der Hüfte – wobei sogar Sesshoumaru zugab, dass drei Schwerter so noch eigenartiger aussehen würden als bei Vater das Höllenschwert auf dem Rücken plus Tenseiga und Tessaiga an der Taille. Aber leider war sein verehrter Vater ein Waffennarr gewesen. Etwas, das er wohl irgendwie doch von ihm geerbt hatte. Immerhin trug er auch zwei Klingen. Gleich. Tessaiga war auf dieser Reise nützlich und zugleich würde Inu Yashas Anwesenheit den Drachenkönig im Zaum halten, noch ehe der auf die nächste verrückte Idee kam.

Vielleicht, dachte er resignierend, würde es wenigstens ihm etwas nutzen, dass er sich mit dem ungestümen Halbblut herumschlagen musste, auf einer Rundreise durch halb Japan. Immerhin nur verbal, kaum bei einem Schwertkampf. Da bewies dieser Narr ja ein geradezu legendäres Glück, und er selbst hatte langsam schon den Verdacht bekommen, da sei jemand zwar tapfer und stur, dennoch unfähig, aber irgendwie ein Liebling der Glücksgöttin. Was auch immer Kishijoten gegen ihn selbst hatte.

 

Am Abend eines Wandertages ohne weitere Störungen erreichten die schweigenden Hundebrüder die Anhöhe der bewaldeten Berge. Vor ihnen, umgeben von weiteren wipfelbesäumten Bergen, dehnte sich ein langer, schmaler See, der fast wie zwei aus zwei Rundungen aussah, denn in der Mitte verdeckte eine Halbinsel fast den zweiten Teil. Was aber Inu Yasha bewog stehen zu bleiben, war die Tatsache, dass der abendliche Wind die Wolken vertrieben hatte. Scheinbar am Ende des Sees, wenngleich noch Tage entfernt, ragte der Fujiyama auf, als sei er dort zwischen die Bäume gemalt worden.

„Wow, äh … toll. Ich habe den noch nie ohne Wolken gesehen.“ Er hatte gerade noch bemerkt, dass sein erstes Wort, das Kagome aus der Zukunft zu ihm gebracht hatte, bei dem Hundedämon fast eine Reaktion hervorgerufen hätte. Und bestimmt keine freundliche. Nein, eine Prügelei mit oder ohne Schwerter war nicht notwendig. Und „wow“ konnte natürlich auch als Anspielung aufgefasst werden, ja. Er musste Kagome warnen, wenn er wieder bei ihr war, das nicht in Hörweite dieses aggressiven Kerls zu sagen – oder gar das Rin beizubringen.

„Ich war dort.“ Sesshoumaru bog ohne weiteres Wort nach recht, um so um den See herumgehen zu können. Der Weg nach Norden führte nicht über den heiligen Berg, also war es auch gleich, ob der zu sehen war oder nicht. Bedauerlicherweise lag an ihrem Weg ein Schwefelvulkan, der weitaus lästiger wäre. Schon in wenigen Stunden würde man dessen Geruch mehr als deutlich wahrnehmen. Und, wenn er sich recht entsann, auch durch Totholz wandern, je nach dem, wohin die giftigen Schwaden getrieben worden waren. Natürlich machte ihm selbst das nichts aus, kein Gift, nun ja, so gut wie keines, aber das konnte für das Halbblut doch unangenehm bis tödlich werden. Und was Ryujin dazu sagen würde, käme der kleine Bruder auf dieser Reise mit ihm um – der würde kaum an Zufall glauben. Das wäre schlecht. Mehr als schlecht. Aus gleich mehreren Gründen. Erstens konnte er dann sein angeborenes Recht auf den Titel des Schutzherrn knicken, zweitens hatte er vermutlich dann die anderen Drei wegen Betruges im Kreuz. Und das würde wahrlich lästig. „Dort vorn liegt ein Schwefelvulkan.“

Inu Yasha war etwas überrascht eine Erklärung zu bekommen, sah aber keinen Grund keine Korrektur anzubringen. „Ich sag jetzt nicht, dass das Blödsinn ist, aber der Fujiyama ...“

„Ist nicht der einzige Vulkan dieser Welt!“ unterbrach ihn der Ältere schärfer als geplant. Hörte der Kerl nie zu? Vielleicht hatten Izayoi in ihrem kurzen Leben und Myouga, wenn er nicht gerade vor irgendetwas auf der Flucht war, versucht etwas in diesen Hohlkopf hineinzubekommen, aber der hatte schlicht nie zugehört? Der edle Hundedämon unterschlug dabei selbst vor sich sehr elegant, dass seine eigenen Lehrer nie, seltener Mutter und Vater das Glück erleben durften, dass er sie aufmerksam bis zum Ende angehört hatte. „Überlebst du Schwefel?“

Der jüngere Halbbruder schnupperte etwas und konnte tatsächlich den fauligen Geruch in gehöriger Entfernung wahrnehmen. „Solange du mich nicht gerade darin badest, ja. Immerhin habe ich deine Giftklaue ja auch überlebt. Und erzähle mir nicht, dass in der Mixtur nicht auch Schwefel drin steckt, Höllenhund.“

Sesshoumaru schloss für einen Moment die Augen, um zu überlegen, ob auf ihren Weg nicht ein netter, kleiner, Salzsäuresee läge, aber auch das würde Ryujin kaum glauben.

Schön, er war wohl zu weit gegangen, dachte Inu Yasha etwas zerknirscht. Kagome würde ihm schon wieder eine Predigt halten, dass er doch, wenn sein großer Bruder, aus welchem Grund auch immer, schon auf einen machen wollte, auch netter sein sollte. So ergänzte er deutlich friedlicher: „Dein Interesse an meinem Wohlergehen ist neu, und mir daher noch etwas, naja, ungewohnt. Ich halte viel aus.“

Aber das wussten alle beide. Jeder von ihnen hatte durchaus schon sein Bestes gegeben, den jeweils anderen um die Ecke zu bringen. Und jedem von ihnen wurde gerade klar, dass das auch für den neuen Partner ein sehr ungewohnter Umgang war.

 

Die Halbbrüder wanderten auf der Höhe des Berges, immer unten von dem See begleitet. Inu Yasha entdeckte in der beginnenden Nacht im Wasser ein Tor, das anzeigte, dass sich dort irgendwo ein Kloster verbarg. Warum sich Menschen in diese Waldeinsamkeit zurückzogen? Mönche wohl öfter, wenn er an so einige Klöster dachte, die er mit seinen Freunden im Laufe ihrer Suche nach dem Juwel der vier Seelen besucht hatten. Aber er sollte besser aufpassen, wohin er lief. Sicher, er konnte auch im Dunkel der Nacht ganz gut die Bäume ausmachen, jedenfalls besser als ein Mensch, aber ihm war klar, dass Sesshoumaru wohl ebenso wie am Tag sehen konnte. Es wäre denn doch zu peinlich aus Versehen gegen einen Baum zu rennen und damit dem Hundedämon zu beweisen, dass man eben nur ein halber war. Immerhin war die Richtung klar. Der Gestank des Schwefels war kaum zu über riechen. Bis morgen früh wären sie an dem vorbei …. „He, Sesshoumaru?“

„Brauchst du schon eine Pause?“

„Nein, danke der Nachfrage,“ erklärte der Jüngere sofort, wenngleich etwas zynisch. „Dieser blöde Schwefelvulkan – müssen wir so nahe an dem vorbei?“

„Es ist der kürzeste Weg.“ Als ob er freiwillig seine arme Hundenase solch einer Witterung aussetzen würde. Aber davon wusste der Halbmensch ja nichts.

„Ja, das habe ich ja nicht bezweifelt.“ Es war auch Inu Yasha klar, dass der Geruchssinn eben auch etwas war, das sein Halbbruder weitaus ausgeprägter besaß. Leider. „Aber, wenn wir einen kleinen Umweg machen und dafür, wenn es wieder hell ist, etwas schneller laufen? Ich halte das schon durch.“

Sesshoumaru ertappte sich bei dem, eines Dämonenfürsten wahrlich unziemlichen, Gedanken, jetzt schon schneller zu werden, nur, um zu erleben, wie Inu Yasha gegen einen Baum rannte. Aber solche Welpenstreiche waren sicher unangebracht, wenngleich eine amüsante Idee. Er blieb stehen. „Die Frage ist, wie lange du durchhältst.“

„Solange es nötig ist.“

Das wiederum war kaum zu bezweifeln. Das war nur ein halber Dämon, aber stur wie sonst etwas. Das konnte er bezeugen. Und vermutlich Kagome ebenso. Hm. Er hätte sich eigentlich erklären lassen können, wie diese Perlenkette um den Hals seines Halbruders funktionierte. „Mach Platz!“ sagte er abrupt.

Inu Yasha erstarrte, aber da nichts passierte, fauchte er nur, die Hand bereits am Schwert: „Was sollte denn der Blödsinn?“ Und woher zur Hölle kannte der Mistkerl diesen Befehl? Immerhin klappte die Kette bei dem nicht, sonst wäre das noch eine lustige Reise geworden.

Ach ja, keine Selbstbeherrschung. Das konnte noch schwierig werden, wenn sie auf die Schutzherren trafen. Bis dahin musste er das Halbblut irgendwie in den Griff bekommen haben. Also musste er das tun, was wohl nach Menschenart ein großer Bruder tat: erklären. „Ein Test.“

Inu Yasha hätte gern etwas dazu gesagt, aber ihm fiel nichts ein, was seiner Meinung auch nur einigermaßen Ausdruck verliehen hätte, jedenfalls, ohne ein Duell.

 

Mit der Morgendämmerung lag auch der Schwefelvulkan hinter den Hundebrüdern. Noch immer konnte jeder von ihnen die Geruchsbelästigung wahrnehmen, aber Sesshoumaru witterte inzwischen etwas anderes in den Bergen vor ihnen. Lästig. Und vermutlich würde das impulsive Halbblut schon wieder zu Tessaiga greifen. Der Gestank der Blutvögel drang ihm nur zu deutlich in die Nase und er war fast neugierig, wann der Bastard das auch mitbekommen würde.

„Da wird ein Menschendorf überfallen!“ Inu Yasha drehte bereits ab.

Na bitte, Dämon hatte recht. „Und was geht dich das an?“

„Hm? Man muss ihnen doch helfen!“

„Gegen wen?“

„Äh, was?“ Der Halbdämon starrte seinen Halbbruder an. Dass der nicht gerade viel von Menschen hielt, war klar, und er hatte auch nicht damit gerechnet, dass der ihm bei so einer Rettungsmission helfen wollte – aber, was sollte die Frage? „Kämpfen da Menschen gegen Menschen?“ war die einzige Schlussfolgerung, die er daraus ziehen konnte. Denn da, das wusste er, blickte eigentlich kaum mehr wer durch, wer warum gerade welches Dorf überfiel. Kagome nannte es nicht ohne Grund die Epoche der kriegerischen Staaten.

„Blutvögel.“

„Ja, aber ...“ Inu Yasha zögerte, irgendwie doch berührt von der Tatsache Erklärungen zu bekommen, wenngleich magere. „Da muss man doch den Menschen helfen!“

„Wieso nicht den Blutvögeln?“

„Äh, die können sich ja selbst helfen.“ Verflixt. Ja. Blutvögel brauchten Blut um zu überleben. Aber … nun ja, Er hatte es eben mehr mit Menschen als mit den Blutvögeln. „Ich dachte, du willst Schutzherr werden?“

„Man ist Schutzherr des Landes, Inu Yasha. Nicht einer einzelnen Art.“ Hatte er das gerade wirklich gesagt? Erklärte er soeben einem Bastard, wie die Welt funktionierte? Was … Myouga war so etwas von fällig, wenn er ihn je wieder in die Finger bekam. Was half es. Um sein Ziel zu erreichen musste er eben nicht nur Kröten, sondern ganze Halbdämonen schlucken. „Du kannst auch nicht einem Wolf verbieten ein Schaf zu reißen.“

Das stimmte auch wieder, irgendwie. Wieso war die Welt nie so einfach, wie man dachte?

Sesshoumaru ging weiter und sah geradeaus. „Inu Yasha. Nur der Starke überlebt.“

Der Jüngere folgte, allerdings nicht ohne einen Blick in Richtung auf das vermutete Dorf zu werfen. „Oh, ja, danke. Du wirst lachen, naja, du lachst nie … Das war eine der ersten Lektionen, die ich bekommen habe, als mich die Idioten damals aus dem Schloss geworfen hatten. Und, glaub mir, da gab es eine Menge Leute aller Arten, die so einen kleinen Halbdämonen umbringen wollten. Angefangen von der eigenen Familie,“ ergänzte er bitter.

„Du hast überlebt.“

„Was nicht gerade dein Verdienst war. - Ich muss den Menschen helfen. Ich habe es meiner Mutter versprochen, dass ich immer Menschen helfe.“

„Wir haben ein Ziel, du Narr.“ Waren Welpen immer so schwer zu betreuen? Kaum. Er hatte immer, naja, fast immer, so gut wie, seinen Eltern gehorcht. „Überdies werden die Blutvögel nur wenige töten. Sie verbrauchen nie ihre Nahrungsquellen.“

„Das war bei Abi damals anders. Schön, die hatte mit der Sorge um ihre Mutter ja auch einen guten Grund, würdest du sagen.“ Aber er prüfte noch einmal die Luft. Es stimmte, die Vögel waren wohl schon auf dem Heimflug. Wieso wurde alles komplizierter, wenn er mit diesem Hundedämonen durch die Gegend rannte? Oder kannte er eben nur die halbe Seite der Welt, nämlich die menschliche? Nein. Myouga und auch seine Lebenserfahrung hatten ihm doch so einiges auch über Dämonen beigebracht. Obwohl: wenn ihm jemand vor drei Wochen erzählt hätte, dass sein älterer Halbbruder ihn zu einer Tour um Japan bringen würde und dabei auch noch ihm einiges erklären würde, hätte er sich vor Lachen auf dem Boden gewälzt. Vielleicht, denn diese Schutzherren-Sache war ja wohl eindeutig was aus der dämonischen Welt, sollte er ihm auch mal zuhören.

Sesshoumaru ertappte sich dabei fast angetan zu sein, dass er nur mit Worten den Bastard stoppen konnte. Das war ja direkt mal eine neue Erfahrung. Nur, was stimmte jetzt hier schon wieder nicht? Die Blutvögel hatten sie entdeckt, kamen allerdings nicht näher. Waren die doch beeindruckt von ihm und seiner Macht? Gab es einen anderen Grund? Sie liefen gerade durch ein Hochtal, linker Hand fiel der Berg ab und irgendwo unterhalb des Waldes lag das Dorf, das wohl das Ziel der Biester gewesen war. Rechter Hand erhob sich ein großer, kahler Berg. Sehr groß. Und dort war irgendetwas ….Dämonisches. Er blieb stehen und drehte sich, die rechte Hand leicht vor sich, um rasch zu Bakusaiga greifen zu können.

Inu Yasha war nur für einen Moment überrascht, ehe ein Krachen, Dröhnen, verriet, dass da etwas war. Etwas oder jemand? Der Berg schien förmlich auseinander zu bersten, ehe man erkennen konnte, dass es sich nicht um einen Berg, sondern ein gigantisches Lebewesen handelte, das die Form eines, zugegeben, sehr hässlichen Vogels hatte. Er fasste nach Tessaiga, ließ sein Schwert allerdings wieder los, als die Figur des Vogels verschwamm und er die unglaubliche Energie des Dämons spüren konnte. Das war niemand vom letzten Haken. So starrte er lieber den scheinbar menschlichen Mann an, der sich vor ihnen aufbaute. Lange, schwarze Haare, elegante Kleidung aus feiner Seide ... Das war mit Sicherheit ein Dämonenfürst.

„Du kennst Abi, Halbdämon? Ich dachte, sie würde so etwas wie dich umbringen.“

„Das hat sie nicht mal versucht,“ knurrte Inu Yasha, alles andere als erbaut über diese Begrüßung. „Außerdem kann ich die Frage zurückgeben: du kanntest Abi?“

„Sie ist meine Tochter.“

Unwillkürlich tauschten die Halbbrüder einen kurzen Blick, ehe der Jüngere zugab: „Sie war deine Tochter? Sie ist tot.“

Kurz flammte die Energie des Vogeldämons vor ihnen auf. „Habt ihr sie umgebracht?“

„Nein. Sie und ihre Mutter starben durch einen Kerl namens Naraku.“ Hm. Natürlich würde er gewinnen gegen den Idioten, falls der angriff, auch Sesshoumaru, und schon gar zu zweit, aber das wäre ein Missverständnis und soviel hatte er durch Kagome gelernt: jemanden nur aufgrund eines Missverständnisses umzubringen war dämlich.

„Naraku, ja? Abi und ihre Mutter?“ Die Frage klang täuschend sanft. „Wo kann ich ihn finden?“

„Im Jenseits. Er ist tot.“

In den schwarzen Augen des Vogeldämons lag nun echtes Interesse, das fast den Zorn überlagerte. „Wer brachte ihn um?“

„Ich … ich meine, wir waren so frei.“

„Aus dem Weg.“ Sesshoumaru hatte genug von der Diskussion. Diese Reise war noch hinreichend lang.

Der Herr der Blutvögel musterte ihn nur kurz. „So habe ich nichts mit euch zu schaffen.“ Da spielte jemand mindestens in seiner Liga – und der Junge, Halbdämon hin oder her – da lauerte irgendeine ihm irgendwie vertraute Macht. Zu zweit würden sie selbst ihm und seinen Blutvögeln Schwierigkeiten bereiten können. Nicht notwendig, zumal er seine Tochter nicht wieder lebendig machen konnte und auch nicht an der Aussage zweifelte, dass dieser Naraku Schuld an ihrem Tod trug. Er wich zurück und war Sekundenbruchteile später verschwunden.

Der Jüngere sah beiseite. „Wow … ich meine, du hast geredet, nicht ihn gleich umgenietet.“

„Er hat sich mit dir angelegt.“ Und man mischte sich nicht in anderer Leute Kämpfe, das war elementarste Höflichkeit, so elementar, dass man die sogar einem Halbdämonen zubilligen sollte. „Und du redest zu viel.“

„Ja, schon klar, drauf und Problem gelöst. Verstehe ich ja. Aber ich dachte, wenn du schon Schutzherr werden willst, warum auch immer, solltest du dich auch wie einer benehmen. Und es war ja nur ein Missverständnis.“ Da er den Seitenblick bemerkte, und aus Erfahrung erkannte, dass gerade ER als Problem eingestuft wurde, fuhr er doch etwas vorsichtiger fort: „Naja, Frieden und Ruhe zu schaffen, notfalls auch das Land zu verteidigen. Oder habe ich da was falsch verstanden?“

Der Hundedämon starrte geradeaus. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Hielt dieser verflohte Bastard ihm gerade einen Vortrag über das Leben und Wirken eines Schutzherrn? Der wusste doch noch nicht einmal etwas von dämonischem Benehmen, Etikette und anderen Dingen. Oh, Mutter! Ryujin! Verflucht sollten sie sein, dass sie ihm solch eine Reise in der Begleitung aufgehalst hatten!

 
 

Erkenntnisse


 

K

einer der beiden Halbbrüder sagte etwas weiter zu dem Zwischenfall, wenngleich aus recht unterschiedlichen Gründen. Sesshoumaru war noch immer zornig darüber, dass er sich von dem Jüngeren etwas über die Aufgaben eines Schutzherrn anhören musste, obwohl der doch davon nun gar keine Ahnung hatte, Inu Yasha erkannte die deutliche Energie und verspürte keine Lust auf ein sinnloses Duell. Warum nur hatte er sich breit schlagen lassen mit diesem arroganten Hund durch die Lande zu ziehen? Kagome konnte sich schon mal was Nettes einfallen lassen, wenn er zurück kam. Diese Tage, um nicht zu sagen Wochen, schienen ja endlos zu werden. Und dabei hatten sie diese Felsnadel des Gottes samt den Prüfungen noch nicht mal erreicht. Und das Ganze mal Vier, äh, Drei, Nummer Vier trottete ja hier neben ihm. Was auch nicht stimmte. Der schritt immer dahin, oder so. Immer war dieser Mistkerl so unantastbar. Nun, nicht immer.

Zu allem Überfluss begann es auch noch zu regnen. Nasskalt, eisig und selbst im Wald hier windig.

Das hob die Stimmung beider Halbbrüder nicht.

 

Mit Einbruch der Dämmerung blieb Sesshoumaru stehen. „Schlaf!“

„He, ich bin noch nicht ….“ Der Halbdämon entdeckte vor sich eine kleine Grotte. Was war denn in diesen Mistkerl gefahren? War das, weil der wegen dieser Schutzherren-Sache tatsächlich den großen Bruder spielen wollte – oder hielt der ihn für so schwach, dass er unbedingt Pause brauchte? Beides war möglich. Aber, dachte Inu Yasha dann, man sollte einem geschenkten Hund nicht ins Maul gucken, und wer wusste schon, wofür er seine Kräfte noch brauchen würde. Etwas zu essen wäre ja auch ganz schön gewesen … So zog er sich Tessaiga ab und setzte sich in die Grotte, kaum verwundert, dass der Herr Hund draußen blieb, wenngleich unter dem Vordach des Felsens. Mit seiner kleinen Familienschande zu kuscheln um sich warmzuhalten wäre für den vermutlich Höchststrafe. Außerdem würde der garantiert keine Erholung oder auch nur Wärme benötigen. Und das mit dem Essen, nun ja, das musste er selbst eben sehen, wie er unauffällig dazu kam. Jetzt sollte er von Kagomes Essen und ihren Umarmungen träumen – und vergessen, dass es kalt war, regnete, und vor seiner Tür praktisch jemand stand, der oft genug versucht hatte ihn umzubringen. Aber jetzt würde es Sesshoumaru nicht mal versuchen, da war sich der Jüngere sicher. Nicht, nachdem der den ganzen Zirkus veranstaltet hatte ihn extra von zuhause abzuholen und ihn praktisch zu überreden mitzukommen. Warum auch immer. Irgendwo war doch da ein Haken, den der Herr Halbbruder ihm natürlich nicht gesagt hatte. Mann, der konnte echt nervend sein.

 

Sesshoumaru hörte trotz des Regens den gleichmäßigen Herzschlag, das rhythmische Atmen und wandte etwas den Kopf. Tatsächlich. Der war eingeschlafen, wenngleich Tessaiga im Schoss. Der Halbdämon schien sicher zu sein, dass er ihn bewachen würde. Wobei, das gab Sesshoumaru sich zu, Inu Yasha würde vermutlich mit allem fertig werden, was hier durch das Unterholz brechen sollte. Schwach oder feige war der nicht. Natürlich würde niemand sich nähern, der ihn selbst erkannte, so war das besser. Und etwas erholter mochte der Bastard auch ein passenderer Reisebegleiter sein. Sie erreichten bald das Meer und wer wusste schon, was für Prüfungen da bei Yuki auf sie warteten. Eines war jedenfalls klar – Inu Yasha wollte keine Konkurrenz für ihn darstellen. Nun, das hätte der auch nie geschafft … Er rieb sich unwillkürlich seinen linken Arm. Nun ja, nicht Schutzherr. Der Kleine war der Liebling der Glücksgöttin, das war alles, und wenn er Schutzherr des Westens war, sollte er Kishijoten mal von Rin eine ganze Blumenwiese pflücken und flechten lassen, damit das Glück auch ihm wieder hold war. War er erst der Schutzherr, würde er es brauchen können. Inu Yasha sollte dann ruhig mit seiner Menschenbande in Musashino sitzen. Wichtig war dann nur, dass Rin ihn sicher und oft besuchen konnte, denn er durfte sich dann nicht mehr all zulange aus dem mit ihm verbundenen Land entfernen. Hm. Vielleicht wäre Mutter bereit ….Nein. Das würde ja bedeuten, dass er sie weiterhin im Schwebenden Schloss hausen lassen musste und sie ihm dauernd über die Schulter sehen würde. Nein. Da gab es doch diesen einstigen Sommersitz … ach, nein. Da war Vater gestorben und überhaupt stand der nicht mehr. Das würde Mutter überdies als sehr unpassend empfinden – und er konnte nach Aufständen Ausschau halten. Die magische Kette mit dem Zugang zur Unterwelt besaß sie nicht nur, sie konnte mit ihr auch umgehen. Und hatte so einige treue Gefolgsleute, die es ihm durchaus übel nahmen, dass er sich nicht sofort freudestrahlend auf seine Pflichten geworfen hatte. Naraku war allerdings die Nummer Eins auf seiner Liste gewesen... oder Zwei, um ehrlich zu sein. Tessaiga hatte ihn noch mehr fasziniert.

Nein. Mutter sollte einen traditionellen Witwensitz bekommen, Rin als mehr oder weniger Hausmädchen in das Schwebende Schloss ziehen und alles war in Ordnung. Jaken hatte er ja mal einen Posten als Minister versprochen, nun, das ließ sich bestimmt arrangieren, wenn das sogar Myouga über Jahrhunderte hinbekommen hatte.

Sesshoumaru blickte auf. Hatte er sich getäuscht oder war da ein weißer Schemen in der Nacht? Irgendwie schien es ihm, als höre er die Stimme seines Vaters: „Verkaufe keine Felle, die du noch nicht erlegt hast.“

„Ich schaffe das, verehrter Vater, natürlich,“ wollte er protestieren, aber er war ja allein. Und, dass der Halbdämon hinter ihm das Zwischenspiel mitbekommen hatte, konnte er ausschließen, der träumte wohl noch immer von seiner Priesterin. Und er von seinem mahnenden Vater.

 

Dass am folgenden Tag die Sonne von einem blauen Himmel strahlte, hob die Laune der Halbbrüder doch deutlich, zumal Inu Yasha ausgeschlafen hatte und sich, bis auf das leichte Hungergefühl, fit fühlte. So sprang er auf. „Weißt du, wie weit es noch bis zum Meer ist?“ Unwillkürlich warf er einen Blick empor. Tatsächlich entdeckte er diesen zweiköpfigen Drachen, der Kurven über ihnen drehte. Irgendwann musste er doch noch einmal fragen, wie Sesshoumaru den so unter Kontrolle hatte. Der rief nicht, pfiff auch nicht, wie er es bei Menschen und ihren Hunden schon mal gesehen hatte – hm. Vielleicht nicht gerade das Beispiel, das er gegenüber einem Hundedämon erwähnen sollte. Der Kerl war ziemlich schnell beleidigt. Kagome hatte, in einem ihrer wenigen Streits, seit sie wieder da war, ja mal gemeint, er sei seinem Bruder ähnlich: schnell beleidigt und alle anderen nicht für voll nehmend. Das war gar nicht wahr, hatte er argumentiert. Er klang nie so, als sei der Andere … naja. Er hatte dann zugeben müssen, dass das, was bei Sesshoumaru herablassend klang – „was machst du Wurm zu meinen Füßen“ -, bei ihm eher ein: „wieso blockierst du Vollidiot meinen Weg?“ war – aber im Endeffekt hatte sie recht. Kagome hatte meistens recht und wenn sie ihm das leise erzählte und dazu seine Öhrchen kraulte, war er auch bereit darüber nachzudenken.

 

Am folgenden Tag erreichten die schweigenden Hundebrüder erneut einen Bergkamm. Im Hintergrund schimmerte die Meeresstraße, die diese zwei japanischen Inseln trennte, in der Ferne war bereits Hokkaido zu erkennen. Aber das Interessanteste vor ihnen war das Dorf, wo offenbar ein Markt stattfand.

„Ich geh dann mal,“ sagte Inu Yasha, nicht willens um Erlaubnis zu bitten, und ging hinüber.

Sesshoumaru blieb am Waldrand stehen. Er kannte solche Märkte. Rin lief meist los – und, wenn er hinterherging rannten die Meisten dieser minderen Lebewesen schreiend davon. Nun gut. Auf jeden Fall bekam sie, was sie brauchte. Er gab zu, er war neugierig, wie das ein Halbblut hinbekam. Oh. Die Menschen rotteten sich zusammen. Narren.

Inu Yasha kannte das Verhalten, aber er hatte in den letzten Jahren doch durchaus dazu gelernt. So blieb er stehen, guckte nur in die Reihe der verteidigungsbereiten Männer und zog aus seinem Ärmel eine Münze. „Ich will einkaufen. Was dagegen?“

Das schimmernde Gold ließ die Männer zögern, ehe sich einer aufraffte. „Du willst einkaufen, Monster?“

„Gute Güte. Ja. Ich will gebratene Fische und Brot. Gegen einen goldenen Ryu. Was dagegen?“ Wieso klang das nur wieder so wie betteln und etwas in ihm sträubte sich dagegen? Er hatte doch schon gesehen, wenn Miroku und Kagome in ein Dorf gingen, wurden sie höflich behandelt, wenn Sesshoumaru in ein Dorf ging …. naja, das war wohl schiere Panik. Wieso also immer er?? Aber die Antwort kannte er nur zu gut. Die Männer starrten für einen Moment auf die goldene Münze in seinen Fingern, ehe sich einer aus der Gruppe löste.

„Ich bin der Fischhändler. Wie viel willst du?“

Das klang nach mehreren, dachte der doch hungrige Halbdämon. „Gebratene Fische? Hast du die da?“

„Frische, über dem Feuer, sie sind fast alle fertig. Brot gibt es sicher auch….“ Der Mann warf einen auffordernden Blick zurück zu seinen Nachbarn. Goldene Ryu waren selten und auch nur einer davon würde die Steuer des gesamten Dorfes bedeuten. Was waren das denn für Narren? Vielleicht würden sie heute weniger essen – aber dafür die nächsten Monate mehr bekommen. „Äh, edler Herr? Wenn Ihr mir bitte folgen würdet?“ Oh du liebe Zeit. Erst jetzt erkannte er ein Schwert in einer offenbar sehr wertvollen, kunstfertig gearbeiteten, Scheide an der Hüfte dieses Monsters, äh, des seltsamen jungen Herrn. Lieber eine Goldmünze als eine Bezahlung in sicher gut geschliffenem Stahl. Er hatte sich richtig entschieden und musste das seinen Nachbarn auch später sagen, falls sie nicht selbst erkannten, dass das wahrscheinlich ihr Leben gerettet hatte. Mit Dämonen diskutierte man nicht, konnte man meist auch gar nicht, aber wenn dieser hier auch noch bezahlen wollte – umso besser.

 

Sesshoumaru betrachtete fast amüsiert, wie sein Halbruder nicht einen Blick zum Waldrand warf, an dem er ihn wusste, ehe er sich in das Dorf aufmachte, sich keine Rückversicherung suchte. Nein, feige war der nicht. Und vermutlich durchaus in der Lage mit solchen, nach Fisch stinkenden, Meeresanrainern zurande zu kommen. Allerdings, wenn der Bastard jetzt hier Fisch aß, würde der seine eigene Hundenase die nächsten Stunden mit eben diesem Geruch belästigen. Nun ja. Sie waren ja an der frischen Luft und der Flug hinüber nach Hokkaido sollte Inu Yasha gefälligst allein schaffen, wenn er ihm schon seinen Reitdrachen zur Verfügung stellte und selbst flog. Da waren sie dann im Wind und voneinander getrennt, das war zu schaffen. Aber diese Reise ... oh, wenn er Ryujin und seiner eigenen Mutter dafür nur den Hals umdrehen könnte!

Die Tatsache wurde noch schlimmer, was er kaum mehr geglaubt hatte, als nicht nur sein Halbbruder nach gebratenem Fisch und frischem Brot übelriechend auf ihn zugelaufen kam, sondern auch noch gebratene Fische in einem Leinensack bei sich trug, den er ihm so strahlend präsentierte, wie er es sonst nur von Rin kannte.

„Hier, ich dachte, du magst vielleicht auch etwas. Sie sind echt gut.“

Sesshoumaru ertappte sich bei einem Blinzeln. Das konnte und durfte doch einfach nicht wahr sein! Schon Rin hatte einen derart törichten Versuch gestartet. Für was hielten ihn diese Narren eigentlich? Fisch! Fast ein Wunder, dass sie ihm nicht geräucherten Hund vorsetzen wollten! So eisig wie noch möglich gab er zu Protokoll: „Ich nehme keine Menschennahrung zu mir.“

„Na, dann bleibt mir mehr.“ Inu Yasha war nicht beleidigt, aber er hatte doch es für nett gefunden nachzufragen. So würde er heute Abend noch etwas zu essen haben, denn er vermutete schwer, dass er auf der Nordinsel nichts mehr bekommen würde. Der dortige Schutzherr war Yuki und wollte oder sollte sie prüfen. Da war der kaum gastfreundlich, ehe sie die Prüfungen bestanden hatten. Und leider war das hier seine einzige Goldmünze gewesen, sie waren schwer zu verdienen. Aber, ab nun würde er sich wohl eher mit magischen Wesen herumschlagen dürfen – und die würden kaum gegrillten Fisch mögen oder nach Goldmünzen gieren. So warf er sich den Sack nachlässig über die Schulter – und musste prompt ein leises Grinsen unterdrücken. Irrte er sich oder hatte der Herr Halbbruder tatsächlich seine hochwohlgeborene Nase gerümpft? Wie lustig. Aber es wäre vermutlich ziemlich kleinlich jetzt dauernd den Sack im Wind zu wedeln. Er wusste schließlich nur zu gut, wie es war, wenn man viel besser als andere Witterungen aufnehmen konnte – und Sesshoumaru war nun einmal noch einmal deutlich mehr am Hund als er selbst. Das war Fakt. Den deswegen zu ärgern wäre zwar amüsant, aber irgendwie auch gemein, würde Kagome sagen. Das sollte er mal vermeiden – schließlich war er erwachsen geworden. Und es sich für den Zeitpunkt aufheben, an dem er in Erfahrung brachte, warum er so unbedingt auf diese Tour mit sollte. Wenn der Kerl ihn nur wieder ausnutzen wollte, konnte der was erleben. Aber momentan wirkte der sogar recht konziliant, also, für seine Verhältnisse. Und nicht sonderlich glücklich über die Reise an sich und noch dazu in seiner Begleitung. Auch mal nett, den so in der Verteidigung zu sehen.

 

Sesshoumaru wandte sich ab und ging voran. Der Wind wehte hier von der Küste und so wurde der Fischgeruch doch von ihm zumindest etwas abgehalten. Das würde er diesem Bastard zurückzahlen, irgendwie, wenn Ryujin keine schützende Klaue mehr über den hielt, wenn er selbst der Schutzherr des Westens war, wenn … Ja, Vater hatte wohl recht. Er verkaufte bereits wieder Felle, die er noch gar nicht erlegt hatte. Schlecht, aber wahr. Und, wenn er es sich so überlegte, hatte Vater im Nachhinein oft recht gehabt. Seine Ratschläge mochte er selbst zwar erst nach Jahrhunderten eingesehen haben, aber sie stimmten. Selbst die Sache mit Tenseiga war durchdacht gewesen. Nun ja, das war einer der brillantesten und mächtigsten Heerführer unter den Dämonen aller Zeiten gewesen. Und er selbst ein Halbwüchsiger, von sich überzeugt, bereits mächtiger als viele andere, um nicht zu sagen, fast alle Dämonen. Er wollte Macht, hatte sie schon immer gewollt, je mehr desto besser. Und da war noch immer Vaters Frage: gibt es etwas, das du beschützen willst? Nein, er hatte den Westen nie beschützen wollen, niemanden. ER war Sesshoumaru, er beschützte doch niemanden wie ein … Wachhund, diese jämmerlichen, entfernten Verwandten! Aber Schutzherr des Westens war sein Geburtsrecht und NIEMAND nahm ihm das weg. Das war auch Fakt. Zum Glück schien Inu Yasha noch immer keine Ahnung zu haben, was da in der Politik um ihn am Laufen war. Umso besser. Natürlich würde er einen Kampf gewinnen, aber da war der Drachenkönig – und unter Umständen auch noch die anderen Schutzherren. Er musste wenigstens zwei von denen auf seine Seite bekommen. Das war absolut notwendig. Und dazu musste er sich deren Prüfungen stellen – und der Bastard gleich dazu, um Ryujin ruhig zu halten.

 

Als der Hundedämon auf einem Felsen stehenblieb, sprang Inu Yasja prompt neben seinen Halbbruder, um zu sehen, was los war. Sie hatten den Rand des Landes erreicht. Unten auf einem sandigen Fleck wartete der zweiköpfige Drache und wandte ihnen jetzt den Kopf zu.

„Wie heißt der eigentlich?“ erkundigte sich der Halbdämon.

Als ob er Haustieren Namen geben würde! Nun ja, Rin hatte ihm einen gegeben. „Ah-Un.“

„Der Anfang und das Ende? Nett. Und was jetzt?“

„Steig in den Sattel.“ Was denn sonst? Sie mussten hinüber und dieses Halbblut konnte ja nicht einmal fliegen. Sesshoumaru ließ seine Energie ansteigen und schwang sein Fell um die Beine, ehe er sich auf einer kleinem, schwarzen, Wolke in die Luft erhob.

„Ja, schon gut. Mann, hast du es eilig.“ Inu Yasha musterte den Drachen unter sich. In dem einen Film, den er mal mit Souta in der Zukunft im Fernsehen angeguckt hatte, waren die Helden von hinten in die Sättel der Pferde gesprungen. Das hatte so toll ausgesehen, das würde er hier auch … halt. Er entsann sich Soutas Gelächter und dessen Hinweis, dass so ein Aufsteigen durchaus an sehr heiklen Stellen sehr lästig sei. Jetzt fiel ihm auch ein, vermutlich zu seinem Glück, dass Myouga und auch der Herr Halbbruder gemeint hatten, breitbeinig im Sattel eines Drachen zu sitzen sei unwürdig. Schön, da sollte er sich wohl dran halten. So machte er nur den Satz hinunter, um neben dem Drachen zu landen. „Hallo, Ah-Un, oder Ah und Un? Egal. Ich steige jetzt mal auf.“ Er nahm die Zügel und sprang rückwärts in den Sattel. Na, das war ja was. Hier gab es keine Steigbügel, oder wie man das nannte. Hoffentlich würde er nicht runterrutschen. Wenn er nicht – denn der Drachen startete unverzüglich – aus einigen hundert Metern Höhe ins Meer plumpsen wollte und sich das die nächsten Jahrhunderte von Sesshoumaru anhören wollte, sollte er zusehen, dass er einigermaßen Halt hatte. So nahm er die Rechte, in der er die Zügel hielt, und fasste fest in den Sattel, mit der Linken das andere Ende ergreifend. Vielleicht sah das auch nicht unbestreitbar elegant aus, aber er fühlte sich wenigstens vor der ultimativen Blamage sicher. Immerhin schien Ah-Un ruhig zu fliegen. Nun ja, sonst hätte Sesshoumaru auch kaum zugelassen, dass der Drache Rin trug.

Der Hundedämon wandte nicht den Kopf, aber er riskierte einen Blick. Elegant war wahrlich etwas anderes, aber immerhin schien sich Inu Yasha gemerkt zu haben, dass man als höherrangiger Dämon sich nicht breitbeinig auf einen Drachen hockte. Rin hatte das stets getan, wenn sie allein mit Ah-Un flog, aber nie, wenn er dabei war. Anders hätte sie wohl in ihrer Kindergröße auch keinen sicheren Halt im Flug gehabt. Ja, das Halbblut bemühte sich nicht zu rutschen. Er konnte eben nicht fliegen und hatte keine Übung. Wie amüsant, den in das Meer stürzen zu sehen. Hier unten existierten allerdings Drachen im Wasser und so einige andere interessante Lebewesen, das würde der kaum durchstehen. Oder auch schon. Er war vermutlich der beste Zeuge dafür, was der so alles überleben konnte, durch Vaters mächtiges Blut.

Dort war ja schon die Küste Hokkaidos und selbst Inu Yasha sollte es jetzt nicht mehr schaffen zu fallen. Die Dämmerung war auch nahe. Yuki würde bestimmt sehr bald spüren, wer da sein Land betreten hatte. Entweder der schickte ein Empfangskomitee oder sie mussten ihn selbst finden. Was nicht unbedingt schwer sein dürfte. Er konnte die magischen Linien des Nordens bereits förmlich spüren. Dort, wo sich die Mitte dieses Netzes befand, tat dies auch der Schutzherr. Das hatte er schon lange gelernt. Was die Sache mit Ryujin nicht einfacher machte – im Schloss am Boden des Ozeans war für niemanden, außer einem Wassergeschöpf, diese Magie noch zu spüren.

Er landete und sah sich um.

 

Ah-Un bohrte knirschend seine vier Tatzen in den Sand, als er den Boden berührte und stoppte. Inu Yasha sprang sofort ab, erleichtert, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Er war oft genug schon geflogen, auf Kirara, sogar einem Tanuki, aber da hatte er nie seitwärts gesessen. Immerhin hatte er sich nicht blamiert. Er sah sich ebenfalls um. Der Wald stieg hier wieder zu Bergen empor. Irgendwo war ein Menschendorf zu wittern, wohl auch Fischer. Aber, da benötigte er im Moment nichts. Er hatte im Laufe des Tages die restlichen Fische verspeist und nahm an, dass er einige Tage doch recht bei Kräften durchhalten würde. Da kam doch wer oder was? Er legte unwillkürlich die Rechte an sein Schwert, ehe er einen Blick seitwärts warf. Auch Sesshoumaru schien angespannt, fasste allerdings nicht zu einer Waffe.

Über dem Wald erschien eine sonderbare Figur. Der Halbdämon kannte die runde Gestalt aus Feuer – eine Feuerseele, ein Mensch, der in einem Feuer umgekommen war und auf dem Weg ins Jenseits war. Eigentlich. Denn auf diesem Geist saß eine kleine Gestalt die ihm kaum bis zur Hüfte reichen würde, weiblich, verrunzelt und offenkundig uralt.

 
 

Willkommen auf Hokkaido

This is the way, we want it to be

Walking the way, the honest will see

Walking the way of the warrior

 

Hammerfall: The Way of the Warrior
 

 

Die feurige Seele samt ihrer eigenartigen Reiterin hielt schwebend vor den Halbbrüdern am Strand und die kleine, runzelige Frau in einer dunkelgrünen Robe, mit langen, grauen Haaren, sprang in einer überraschenden Weise von ihrer Reitgelegenheit – sehr dynamisch.

„Sesshoumaru-sama.“

Der Hundedämon starrte sie für einen Moment an. „Bist du die Hexe des Westens?“

War Inu Yasha über diese Anrede schon überrascht, umso mehr von der förmlichen Welle aus Magie – und Zorn – die ihn einen Schritt zurückweichen ließ, ehe die Unbekannte kicherte und damit die Lage entspannte, denn auch der Ältere der Halbbrüder war im Begriff gewesen zur Klinge zu greifen.

„Ihr habt sie also noch nie gerufen. Oh, Sesshoumaru-sama, ich bin natürlich die Hexe des Nordens. Ich bin doch viel hübscher als meine Schwester.“

Das sei dahingestellt.„Ich bin noch nicht der Schutzherr.“

„Das mag sein. Also hat Yuki-sama recht und Ihr wollt seine Zustimmung. Und, wer ist das?“

„Mein Halbbruder Inu Yasha,“ erklärte der Hundedämon sichtlich widerwillig. „Und mein Erbe.“ Nicht auszudenken, wenn der Gott annahm, er sei zu feige sich der Prüfung allein zu stellen und brachte einen Leibwächter mit.

„Hm. Euer Erbe also. Ah, Inu Yasha – ein Halbdämon, wie interessant.“ Da sie offenkundig sah, dass der so Angesprochene wütend werden wollte, hob sie die Hand. „Jung, ja, impulsiv. Aber, werdet nicht zornig mit einer alten Frau, mein Junge, die von Euch kaum Sagen hörte.“

Sagen hörte? Noch ehe der doch etwas verwirrte Halbdämon eine Frage fand, griff der große Bruder ein. Hexen der vier Winde waren lästig, weil redselig, mächtig und mit ewiger Zeit ausgestattet. „Was will Yuki, Hexe des Nordens?“

„Oh, der Herr sagt, wenn Ihr ihn aufsuchen wollt – geht von hier aus nach Norden. In zwei oder drei Tagen gelangt Ihr, wenn Ihr lästige Zwischenfälle bereinigen könnt, auf ein Hochplateau, was momentan noch unter Schnee liegt. In der Mitte werdet Ihr unschwer die Nadel des Gottes erkennen. Um diese herum führt eine Treppe bis an die Spitze. Eine Treppe mit Toren. Gelangt Ihr diese empor, seid Ihr willkommener Gast. Oder eher, willkommene Gäste.“ Sie zuckte die Schultern. „Die Treppe, ja, das ist die Prüfung für Leute, die Schutzherr werden wollen, Sesshoumaru-sama. Yuki-sama lässt Euch allerdings bitten bei der Anreise gewisse … Nachsicht walten zu lassen. Nicht jeder, der Euch anspricht, meint es tödlich. Und selbst wenn….“

„Keine Toten,“ konstatierte Inu Yasha prompt und erhielt einen amüsierten, aber auch anerkennenden, Blick der Hexe.

„Ja, Inu Yasha-sama, sollte ich wohl sagen. Genau dieses.“ Dieser Junge schien nicht einmal in Betracht zu ziehen, dass es wirkliche Schwierigkeiten geben konnte. Verließ er sich so auf den großen Bruder? Oder, andersherum – er galt als Erbe des Westens? Dann konnte der wohl wirklich etwas, zumal der Herr ja auch seinen Namen schon erwähnt hatte, also wohl von dem gehört hatte. Der konnte interessant werden. Und, natürlich, für eine der vier Hexen der vier Winde, amüsant. Sie wandte sich jedoch lieber wieder dem zukünftigen Schutzherrn des Westens zu. Wenn der das wurde, wäre er immerhin der Herr ihrer Schwester. Und die uralten, magischen, Verträge zwischen den Schutzherren und den Göttern hatten leider auch den kleinen Passus beinhaltet, dass die Hexen stets Rufbereitschaft hatten und zur Hilfe verpflichtet waren. Die vier Schwestern waren ja überzeugt gewesen, dass das die Retourkutsche für den kleinen Spaß mit einem gewissen Schwert gewesen war, aber, was sollte es. Sie warf kaum einen Blick auf Tenseiga, das da so friedlich an der Hüfte des Hundedämons ruhte. Der Andere der Jungen hatte Tessaiga – und sie hatten beide dafür gesorgt, dass So´unga wieder in der Hölle landete. Wenn sie es so recht betrachtete, hatten diese Zwei eine deutlich bessere Protektion als sie und ihre Schwestern. Kein Grund, also, unhöflich zu werden. „Sesshoumaru-sama, Ihr werdet mich natürlich nicht rufen können. Aber Ihr werdet mich wiedersehen, wenn Ihr den Fuß der Treppe erreicht habt. Wenn der Herr mich dann nicht mehr benötigt, kehre ich nach Hause zurück.“ Sie schien mit der Feuerseele zu kommunizieren, denn diese tauchte neben ihr auf. Mit einem Sprung war die Hexe darauf. „Wir sehen uns,“ nahm sie als Abschiedsgruß und flog ab.

 

„Wer war das denn? Eine Hexe?“ erkundigte sich Inu Yasha, der durchaus schon Bekanntschaft mit welchen gemacht hatte – nicht zuletzt mit dieser Ura … die die Toten wiederbelebt hatte, darunter leider auch Kikyou. „Oh, nein, sag bloß nichts, lass mich raten. Da das die Hexe des Nordens war, die des Westens auch erwähnt wurde, gibt es garantiert vier, für alle Richtungen eine. Und sie unterstehen den jeweiligen Schutzherren.“

Na, bitte, es ging ja doch, dachte der große Bruder mit einer ihn selbst etwas überraschenden Befriedigung. Wenn der törichte Bastard mal sein Gehirn benutzte, jedenfalls.

Da der Halbdämon bemerkte, dass bei seinem Begleiter noch immer Schweigen angesagt war, der jedoch langsam loslief, sprang er an dessen Seite. „Soll ich weiter raten? Irgendwie haben diese Hexen, Schwestern, wohl Zugriff auf das Jenseits, wenn sie eine Feuerseele als Flugobjekt behandeln können.“

„Fast. Sie sind sind dort.“

„Eine Antwort! Ich bin ja geradezu entzückt. Sie sind tot. Wunderbar. Und dann taucht sie mal eben hier so im Diesseits auf? Schön, ich gebe zu, Kagome, ich und auch du sind schon öfter mal im Jenseits aufgeschlagen und du kannst auch Seelen beschwören – aber, diese Hexe kann das wohl nicht für dich? Nur die Hexe des Westens, wenn du der Schutzherr bist? Auch so ein Teil dieser alten Sache?“

„Ja.“

„Wenn ich zu viel rede, dann du wohl eindeutig zu wenig. Aber hinterher rummaulen, dass der Bastard schon wieder nichts weiß.“ Inu Yasha reichte es langsam. „Weißt du was, DU wolltest, dass ich hierher mitkommen, DU bist derjenige, der einem aber nichts sagt. Hast du geglaubt, ich sei Jaken, der glücklich ist, wenn du ihn trittst? Entweder du erklärst mir, was los ist, oder du kannst allein weitergehen.“

Oh, nur zu gerne, dachte Sesshoumaru prompt, ehe ihm etwas anderes dämmerte. Er hatte gerade der Hexe des Nordens gegenüber erwähnt, dass Inu Yasha sein Erbe sei. Ryujin protegierte den sowieso und es stand zu erwarten, dass der diese freudige Botschaft auch an Yuki geschickt hatte, der von der Hexe ebenso garantiert die Neuigkeit zu hören bekam. Kurz, wenn der Halbdämon ernst machte und einfach umdrehte – wie stünde er, der mächtige Sesshoumaru, dann da? Gegenüber zwei Schutzherren und allen vier Hexen der Winde? Als sei er nicht einmal in der Lage seinen kleinen Bruder zu domptieren, ja, hätte Lügen verbreitet. Damit würde er selbst nie der Schutzherr des Westens werden, er wäre das Gespött ganz Japans. Und was seine Mutter dazu sagen würde … nein, daran wollte er lieber nicht einmal denken. Noch eine weitere Erkenntnis kroch langsam eiskalt seine Wirbelsäule hoch: er war erpressbar geworden. Inu Yasha musste nur sagen, dass er umdrehen wollte – und er musste klein bei geben. Unmöglich! Aber die Konsequenzen wären zu erniedrigend. Na schön. Er musste dem Welpen wohl ein paar Knochen hinwerfen, das sollte genügen. Nut kein Wort über den irrwitzigen Vorschlag des Drachenkönigs. „Was hat dir Myouga eigentlich beigebracht?“

Oh. War Sesshoumaru etwa davon ausgegangen, dass er alles wusste – und war deswegen so schweigsam gewesen, nach dem Motto: erinnere dich gefälligst und gehe mir nicht auf die Nerven? „Na, gar nichts dazu.“

Der Flohgeist war fällig. „Die vier Hexen gehören je einem Schutzherrn und arbeiten für diesen. Nur der jeweilige Schutzherr, und nur dieser, kann sie aus dem Jenseits rufen. Sie sind ihm zu Gehorsam und Hilfe verpflichtet.“

„Aha. Und das war so der alte Pakt? Wieso haben diese Schwestern da eingewilligt?“

„Sie wurden nicht gefragt.“

„Hm. Da steckte wohl eine gewisse Drohung dahinter, wenn sie trotzdem parieren, nehme ich an. Also sind die Schutzherrn nicht nur gut.“

„Höre endlich auf Moral von Menschen auf andere Wesen zu übertragen!“ Das war mehr ein Knurren. „Überdies – sie waren schon im Jenseits und waren wohl zu allem bereit, damit die Herrin der Unterwelt vergisst, dass sie einst So ´unga aus der Hölle stahlen.“

„Ach, die haben das durchgeknallte Stück Altmetall auf die Welt losgelassen? Na, danke.“ Inu Yasha spürte sein Mitleid mit den alten Hexen deutlich schwinden. „Dann gehen wir jetzt nach Norden zu diesem Turm, die Treppe hoch und fertig. Dann erkennt dieser Yuki dich an, und wir gehen wieder, dann zu dem Drachenkönig im Osten?“

Der hoffentlich zu würdigen wusste, dass er mit diesem lästigen Anhängsel da ankam.

Der Halbdämon schloss aus doch längerer Kenntnis, dass die Sprechstunde beim Älteren schon wieder beendet war. Und, dass die Stille ein Ja bedeutete.

 

Die Halbbrüder wanderten stundenlang durch die Dämmerung und die Nacht. Erst am folgenden Morgen endete der scheinbar endlose Wald und eine Ebene tauchte vor ihnen im Morgenlicht auf, an deren Ende sich scharf gezackte Bergspitzen zeigten. Ein kleiner Bach, der offensichtlich von dort stammte, bewegte sich durch das Flachland und endete an einem See, der direkt vor ihnen lag.

Sesshoumaru ging darauf zu und blieb stehen. Ohne den Blick von den Bergen zu nehmen, meinte er: „Trink.“

„Willst du mich schon wieder rumkommandieren?“ fuhr der Jüngere prompt auf, nur, um zu realisieren, dass es wohl eine brüderliche Anwandlung war daran zu denken, dass er mehr als ein vollblütiger Dämon benötigte. So ließ er sich tatsächlich am Ufer nieder und schöpfte mit der Rechten das Wasser, sicher, dass der Herr Halbbruder ihm doch sagen würde, wenn jemand oder etwas kommen würde, schon, damit der sich nicht die hochwohlgeborene Klaue selbst schmutzig machen musste.

Als Inu Yasha aufsprang, ging der Ältere schweigend weiter – auch ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass er irgendeine Veränderung auf dieser Ebene vor ihnen wahrgenommen hatte. Er konnte es nicht genau benennen, auch nicht sagen, ob es im Wasser des kleinen Sees oder auf dem Land war. Wozu also seine Unwissenheit ausbreiten.

Lange Stunden geschah nichts, ehe Inu Yasha anhielt. „He, Sesshoumaru!“ Er flüsterte unwillkürlich.

Der Ältere blieb etwas überrascht stehen, jedoch sicher, dass sich der Halbdämon eher selbst die Zunge abgeschnitten hätte als ihn anzulügen. Überdies spürte auch er immer intensiver eine andere Magie. Oder etwas ähnliches. Es war nur erstaunlich, dass ein Halbmensch das bemerken konnte.

Es war eben diese menschliche Seite des Halbdämonen, die ihn die stille Beobachtung erfassen ließ. Sie wurden beobachtet, obwohl auf dieser baumlosen Ebene nichts und niemand zu entdecken war. Es war der uralte Instinkt eines Menschen fixiert zu werden, Jagdwild geworden zu sein, der ihn alarmiert hatte. „Jemand ist da.“

„Ja,“ gab Sesshoumaru zu. „Gehen wir.“

Immerhin schien der ihm zu glauben. Darüber erfreut, dachte Inu Yasha kurz nach. „Hm. Du meinst, wenn der nichts von uns will, ist er gleich, und wenn doch: Pech gehabt? Naja, wir sollen ja niemanden umbringen.“

Das bedurfte keiner Antwort, entschied der große Bruder.

Als sie weitergingen, schwand das intensive Gefühl auch. Dann jedoch begann es zu schneien.

 

Der Schnee wirbelte hoch im jäh aufpeitschenden Wind, blieb auch zu ihren Füssen liegen. In wenigen Minuten erreichte er schon fast die Fußknöchel. Gleichzeitig wurde der Flockenwirbel immer dichter. Sie waren in einen Schneesturm geraten. War das auf der Nordinsel so üblich oder verursachte das derjenige, den sie schon gespürt hatten? Gleich. Um auch nur zu atmen, die Augen freizuhalten, sahen sich die Halbbrüder gezwungen einen Arm schützend vor das Gesicht zu legen. Beide wählten instinktiv die freie Hand – um mit der Anderen zum Schwert greifen zu können.

Inu Yasha stellte gerade fest, dass er den Hundedämon weder sehen noch wittern konnte, in diesem, ja, das war wohl ein Schneesturm, von einer Heftigkeit, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Mühsam sah er sich um und erkannte links vor sich einen Schemen in dem wirbelnden Weiß. War das Sesshoumaru? Aber die Gestalt war kleiner, taumelte auch. Das war doch eine Frau? Er machte einen Satz hin, vorsorglich jedoch die Finger um Tessaigas Griff, ehe er sich entspannte. Es handelte sich um eine junge Menschenfrau, die ihr Kind, eindeutig ein Baby, mit der Linken an sich drückte, während sie mit der Rechten versuchte ihr eigenes Gesicht zu beschirmen. Sie erstarrte, als sie ihn entdeckte, zumal ihr Blick fast unverzüglich auf seine Hand am Schwert fiel.

„Oh, bitte nicht, edler Herr,“ keuchte sie, um lauter zu ergänzen: „Bitte. Mich hat der Schneesturm überrascht, ich finde nicht in das Dorf zurück ….“

Dorf? Hier war doch keines zu sehen gewesen? „Wo liegt denn dein Dorf?“

„Oh, an den Bergen, am Fuß der hohen Berge, edler Herr. Wenn Ihr mich dorthin begleitet, bin ich sicher, dass auch Ihr dort vor dem Unwetter Zuflucht finden könnt.“ Sie schrie es gegen den Wind.

Hm. Dorf und Wärme klang nett, zumal er weder wusste, wo der Herr Halbbruder steckte, andererseits ja wohl auch davon ausgehen konnte, dass der alles an Schneesturm überleben konnte, was hier wer aufbot. „Gut, gehen wir.“

Die junge Frau schloss sich ihm unverzüglich an. Keine fünf Minuten später jedoch bat sie: „Herr, ich bin erschöpft. Ich weiß nicht, wie lange ich hier herumirrte. Bitte, seid so gnädig und tragt mein Kind!“ Sie wollte es ihm reichen.

Inu Yasha erstarrte, als plötzlich ein Bild vor seinem inneren Auge auftauchte: Miroku, der mit einer ähnlichen Geschichte angeblich in ein Schloss, ein Waisenhaus, gelockt worden war, und da mit Kindern aus Schnee gekuschelt hatte, wo ihm langsam, aber sicher, die Wärme aus dem Leib gezogen worden war. So fuhr er herum. „Schneefrau!“ zischte er und griff nach der Kehle der Unbekannten. Im nächsten Moment verwandelte sich diese. Aus der vielleicht zwanzig Jahre zählenden Menschenfrau wurde ein Wesen mit glühenden, gelben Augen, langen, weißen Haaren und einer bläulichen Haut. Lange Finger mit Krallen versehen ließen das angebliche Baby fallen, das sich noch im Sturz in Schneeflocken auflöste. Der Halbdämon drückte zu. „Was ist mit meinem Bruder?“ Genaueres ging eine Schneehexe nichts an.

„Ich….edler Herr, Ihr erwürgt mich ….“ Da sie einsah, dass ihm das wohl weit weniger ausmachen würde als das Schicksal seines Bruders: „Er … er kämpft gegen meine Schwester.“

Inu Yasha gab sie frei. „Zwei lebensmüde yuki onna auf einmal? Du hast Glück, dass Yuki nicht will, dass wir seine Leute umbringen. Ich hoffe für deine Schwester, dass sich mein großer Bruder auch daran erinnert.“ Seltsam, wie warm das klang: mein großer Bruder. Und das, da war er sicher, hatte er noch nie jemandem gegenüber ausgesprochen.

 

Sesshoumaru ließ seinen linken Arm sinken, als der Schneesturm etwas nachließ. Allerdings sah er sofort, dass sich die Schneeflocken vor ihm nun verdichteten, einen wirbelnden Tanz aufführten – und er nun deutlich die Anwesenheit einer mit magischer Energie begabten Person spüren konnte. Er ließ die Augen nicht von den immer enger tanzenden Schneeflocken vor sich, als er versuchte nach dem Halbdämonen zu wittern. Vergeblich. Nun ja, die Frau, die sich hier aus dem Schnee bildete, war eher sein Hindernis. Wenn jemand auf sich selbst aufpassen konnte, dann Inu Yasha, das hätte er jederzeit bestätigt. Das Schwert, das die Unbekannte in der Hand hielt, schien aus blankem Eis zu sein. Und sie trug das sicher kaum zur Zierde. Während er selbst zog, musterte er sie. Lange, schneeweiße Haare, Fangzähne, bläuliche Haut, gelbe Augen, lange Klauenfinger – tatsächlich eine yuki onna in ihrer wahren Gestalt. Schön, wenn die wenigstens wusste, dass er jede Tarnung durchschaut hätte.

„Was für ein reizender Besuch,“ sagte sie. „Ein Hundedämon, so weit im Norden ist selten. Du wirst mir deine Energie geben.“

Da war wohl jemand sehr von sich eingenommen. „Ist das so?“ Ohne erkennbaren Ansatz sprang er vor und ließ seine Klinge in einem Bogen hinabflirren. Bakusaiga zerteilte die Unbekannte, aber er fuhr herum, sicher, dass das kaum alles gewesen war. Schneefrauen besaßen eine eigene Magie.

Prompt entstand sie auch wieder aus den Schneeflocken. „Schnell bist du, das gefällt mir.“ Sie machte nur eine Bewegung mit dem Handgelenk, aber aus der Klinge ihres Eisschwertes schossen unerwartet eine ganze Handvoll Eiszapfen, die auf den Hundedämon gezielt waren.

Sesshoumaru sprang in kühler Überlegung einfach in die Luft und blieb dort für einen Moment schweben, während sich die Zapfen harmlos in den Boden bohrten. Diese sollten ihn besser nicht treffen, beschloss er, denn das war keinesfalls nur Eis. Leider hatte Yuki ja gemeint, er sollte sich zurückhalten und niemanden umbringen. Das machte es natürlich schwerer zu gewinnen. War das bereits ein Test? Er landete, ohne seine Gegnerin aus den Augen zu lassen. Nun gut. Nicht die Klinge. Aber wozu war er ein mächtiger Dämon mit wahrlich genügend Kampferfahrung? Er hob sein Schwert, als er einen weiten Satz auf die Schneefrau zumachte, scheinbar erneut von oben zuschlagen wollend. Sie riss auch prompt zur Parade ihre Eisklinge empor, erkannte zu spät, dass er nur an ihr vorbeisprang. Noch ehe sie ganz begriff, schlug seine Rechte rückwärts, traf sie mit dem Knauf Bakusaigas an der Schläfe. Sie wurde für einen Moment ohnmächtig, lange genug, dass er der zu Boden Fallenden das Schwert entwinden konnte und seine eigene Klinge an ihre Kehle platzieren konnte. Erschreckt blinzelte die yuki onna zu ihm auf, wagte jedoch wohlweislich nicht sich zu bewegen.

„Du solltest dich bei Yuki bedanken,“ sagte er ebenso kühl wie der Schnee um sie herum. „Er meinte, ich solle niemanden töten.“ Er ließ den Blick nicht von ihr, selbst, als er merkte, dass sich zwei weitere Gestalten näherten, da er zumindest eine Witterung erkannte. Also war das Halbblut ebenfalls mit einer Schneefrau fertig geworden, denn die schlich hinter Inu Yasha förmlich her. So nahm er sein Schwert weg und schob es zurück an die Taille. „Verschwindet.“

Das ließen sich die beiden yuki onna kein zweites Mal sagen, zumal sie annahmen, dass es das nie geben würde. In Sekundenbruchteilen lösten sie sich in Schneekristalle auf und entschwanden den Sinnen selbst des Hundedämons.

 

Die Halbbrüder gingen weiter.

„Warum halten alle einen für so töricht?“ Sesshoumaru bemerkte erst, dass er seine Gedanken laut ausgesprochen hatte, als Inu Yasha etwas bitter antwortete:

„Na, willkommen in meinem Leben!“
 

Zum Turm des Gottes


 

D

ie Hundebrüder benötigen fast drei Tage um die zuvor so nahe scheinenden Berge zu erreichen. Nachdem der Schnee der yuki onna verschwunden war, bot sich ihnen eine feuchte Landschaft, eben, und von vielen Bächen und Teichen durchzogen. Der Bewuchs bestand hauptsächlich aus Moosen und Grasarten, selten kleinwüchsigen, verkrüppelten, Büschen, die der stetige Wind offenbar so niedrig hielt. Der Boden, auf dem sie liefen war weich, moosig und nicht zu Unrecht vermuteten sie darunter Morast. Es war angenehm endlich die Felsen zu erreichen, über Steine schnell hinaufspringen zu können, wobei nicht einmal Sesshoumaru erstaunt darüber war, dass sein Halbbruder mit ihm Schritt halten konnte.

Erst auf dem steilen Kamm blieb er stehen, Inu Yasha prompt neben sich. Vor, unter, ihnen lag eine weitere Hochebene, umrahmt von ähnlich schroffen Gebirge wie das, auf dem sie sich befanden. Menschen würden hier kaum je herkommen. In der Mitte der Fläche erhob sich ein schwarzer Turm, allerdings offenbar natürlichen Ursprungs, und keiner von ihnen bezweifelte, dass es sich um die „Nadel des Gottes“ handeln müsste, Yukis Zuhause und ihr Ziel. Vereinzelt schienen heiße Quellen zwischen ihnen und der schwarzen Felsnadel zu liegen, der Qualm deutete darauf hin.

„Das sind nochmal drei Tage,“ murmelte der Halbdämon. Es war schon ärgerlich, dass das Ziel so nahe schien und doch so weit weg war.

Niemand hatte je behauptet, es sei einfach ein Schutzherr zu werden oder es zu sein, dachte Sesshoumaru unverzüglich. Aber davon hatte der Halbmensch ja keine Ahnung. Irgendeine Äußerung sollte er jedoch wohl machen, ehe der Narr doch noch umdrehte. „Ja.“ Zumindest, wenn man nicht wie ein flüchtiges Reh durch das Gelände jagen wollte, sondern die Würde eines Dämonenfürsten bewahrte. Dass Yuki sie bereits bemerkt hatte, stand außer Zweifel.

 

Inu Yasha wusste nur zu gut, warum sein Halbbruder diesmal bei Einbruch der Dunkelheit an einer warmen Quelle stehenblieb und offenkundig Pause machen wollte. So meinte er fast friedlich. „Ja, ein heißes Bad wäre nicht schlecht. Morgen werden wir ja diese Felsnadel oder Turm oder was auch immer erreichen, und wer weiß schon, was da noch kommt. Willst du auch baden?“

Das war die Frage, dachte der Hundedämon. Ja, eigentlich wäre es schön und gut Körper und Geist vor einer Prüfung zu entspannen. Andererseits stammte diese Idee von Inu Yasha und gemeinsam mit dem in einer Quelle zu sitzen war doch etwas zu viel. Aber es wäre natürlich unmöglich zuzugeben, dass einen eine solche halbe Portion von einem Bad abhielt. „Bade nur. Ich bleibe stehen.“

Oh, Wachposten? Na, umso besser. Auch der Jüngere der Hundebrüder verspürte wenig Lust auf ein ein geschwisterliches Bad, hatte sich aber erkenntlich zeigen wollen, dass genau hier eine Pause eingelegt wurde. Natürlich hatte er in den letzten Tage sich immer wieder was zu essen oder trinken suchen können, und er war angenehm überrascht, dass dem so war. Anscheinend war Sesshoumaru diese Rundreise wirklich wichtig, sogar so wichtig, dass er sich mit einem jämmerlichen Halbblut als Gesellschaft einließ und was es sonst noch für hübsche Namen für ihn in den vergangenen Jahren so alles gegeben hatte. Er zog Tessaiga ab und legte es samt der Scheide auf den Boden. Kein beunruhigender Zweifel nagte an ihm, dass sein Halbbruder das Schwert wie einst begehren würde. Der hatte sein eigenes und das musste dem doch viel besser passen. Überdies hatte der ja auch schon zugegeben, dass er selbst der wahre Erbe Tessaigas sei. Und bei allem, was der sonst für ein Mistkerl war: der änderte seine eigene Meinung nie. So gut wie.

 

Sesshoumaru drehte sich etwas, um nicht einmal den flüchtigen, falschen, Eindruck zu erwecken er sei daran interessiert, wie sich der Bastard ausziehe. Dabei nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung auf der anderen Seite der Quelle wahr und guckte genauer hin. Oh, wie nett. Das konnte amüsant werden, wenn Inu Yasha feststellte, mit wem er das Bad teilte. Aber, wozu sollte er ihn darauf aufmerksam machen? Er war doch kein Kindermädchen, wie einst seines ihn warnte, als er beschlossen hatte auszuprobieren, wie lecker der Honig der Wildbienen war. Aber Ajisai hatte auch den Zorn seiner Eltern befürchtet, wenn er zerstochen nach Hause kam. So hatte sie den Honig geholt – und er hatte zusehen können, wie er sie zurück ins Schloss schaffte. Und wenn ein Halbdämon ohne sich zu sichern eben in das warme Wasser stieg, so war das dessen Problem. Vielleicht bemerkte der die fünf Affen, die alles andere als begeistert über diese Gesellschaft waren, auf der anderen Seite des Teiches nicht einmal. ER, Sesshoumaru, würde nie ein Bad teilen, schon gar nicht mit minderen Lebewesen. Die Anzahl der Personen, mit den er das getan hatte, belief sich auf zwei – ausgenommen seiner verehrten Eltern, natürlich, in Welpentagen, als diese ihm Schwimmen in beiden Formen beigebracht hatten.

Ah, der Halbdämon stieg in das Wasser und wurde erst auf die Affen aufmerksam, als die quietschten. „He, was macht ihr denn da?“ rief der laut.

Sesshoumaru erkannte innerlich seufzend, dass die Aufgaben eines großen Bruders wohl recht weit verteilt waren. Warum nur hatte er Kagome nicht mitgenommen? Die würde den Narren schon an die Kette legen – und sich überdies um den kümmern. Sie kochte ja wohl auch für den und wusch seine Wäsche. „Sie baden, Inu Yasha.“

„Ja, aber, Affen baden doch nicht …?“

„Auf Hokkaido schon.“

„Du hast das gewusst?!“ Das war ein einziger Vorwurf.

„Ich bin nicht für dich verantwortlich.“

Das stimmte, dachte der jüngere Bruder zerknirscht. Für den Hundedämon war jeder für sich selbst verantwortlich. Mit Rin als einziger Ausnahme. Selbst Jaken konnte angeblich oft zusehen, wo er blieb, aber, wie der Kröterich ja so stolz rumerzählte, war er mal König gewesen, da sollte der auch was können. Überdies mochte es sogar sein, dass Sesshoumaru auch erst zu spät die Affen gesehen hatte. Das würde der freilich nie zugeben. Und jetzt? Jetzt hockte er in zwar warmen Wasser – aber auf der anderen Seite duckten sich empörte Fellträger, die sich wenigstens gerade aus der Quelle zogen und irgendwie schimpfend davonliefen. Na, immerhin. Er entspannte sich etwas. Das Wasser mochte um die vierzig Grad haben, richtig angenehm. Und erstaunlich, also, eigentlich ein mittleres Weltwunder, dass Sesshoumaru hier Halt gemacht hatte, damit er baden konnte. Nun ja, der hatte wohl eher an Kampffähigkeiten gedacht, aber immerhin.

 

Die Ruhe dauerte keine zehn Minuten. Der Boden dröhnte unter den Schritten eines sehr großen Lebewesens. Während sich Sesshoumaru ein wenig drehte, um dem Neuankömmling entgegen zu sehen, überlegte sein jüngerer Halbbruder verzweifelt, wie er an seine Sachen kommen sollte, Kleidung und vor allem Tessaiga, ehe der Unbekannte eintrudelte, da er sich doch ein Stück davon entfernt hatte. Er wollte sich schließlich nicht vor jedem x-Beliebigen anziehen. Andererseits kam da etwas mit dämonischer Energie und, dem Schatten in der Nacht nach, etwas recht Großes. Lieber sich tummeln und nicht austesten, ob der Herr Hund sich bereit erklärte die Deckung zu übernehmen. So beeilte er sich durch das Wasser zu seinen Sachen zu gelangen.

Aus den Schatten der Dunkelheit löste sich ein langhaariges, weißes Wesen, den Affen, die hier gebadet hatten, nicht unähnlich, wenngleich mit der dreifachen Höhe Sesshoumarus riesig. Klauen an den geballten Händen und zusammengekniffene Augen verrieten den Zorn ebenso wie das geöffnete Gebiss, das prächtige Fangzähne zur Schau stellte. „Du hast dein Kind in meiner Quelle baden lassen!“ beschuldigte er den Hundedämon.

Dieser nahm die Bezichtigung zur Kenntnis. „Er ist ein Halbdämon. Bedauerlicherweise mein Halbruder, sicher nicht mein Kind. Und ich gestatte oder verbiete ihm nichts.“

Damit hieß das also wohl, dass er sich mit diesem übergroßen Naraku-Nachahmer herumschlagen sollte? Inu Yasha stopfte hastig sein helles Unterhemd in die Hose, ehe er den Suikan überwarf und sich Tessaiga schnappte.

Sesshoumaru war allerdings angetan, dass der Bastard sich um Einen angezogen hatte, zum Zweiten durchaus kampfbereit an seiner Seite auftauchte. Da der riesige Unbekannte sich auch prompt dem zuwandte und Inu Yasha die Hand an Tessaiga legte, war es allerdings in seinem ureigensten Interesse die Sache zu beenden, ehe Yuki noch wütend auf ihn wurde und er seine Anerkennung vergessen konnte. „Wir sind beide morgen bei Yuki. Der Gott des Nordens wünscht nicht, dass wir seine Leute töten.“

„Yuki. - Und du scheinst sicher, dass mir diese halbe Portion schaden könnte?“ Der riesige Affe lachte auf. „Aber, nun gut. Gäste des Herrn sind tabu. Solange ihr die Prüfung übersteht, denn zu der wollt ihr ja wohl. Danach, wenn nicht, – seid ihr Freiwild. Und ich denke, zumindest der Kleine wird die Prüfung nicht bestehen, y´ti.“ Das klang wie eine Bestätigung.

Inu Yasha holte tief Luft, aber da sich der Riese abwandte und wieder in der Nacht verschwand, fehlte ein wenig der Ansprechpartner für seine Empörung. So suchte er sich die Nummer Zwei: „War das etwa Absicht den Kerl zu ärgern?“

„Kaum,“ kam es kühl. „Und er deutete nur die Meinung an, die die Meisten haben dürfen: du bist als Schutzherr ... ungeeignet.“ Leider war der Narr, der einzige Narr, der Inu Yasha für geeignet hielt, ausgerechnet mit dem Drachenkönig einer der mächtigsten Schutzherrn. War der etwa senil geworden?

„Oh, dann sag mir doch, warum ausgerechnet ich mit dir hier spazieren gehen soll?“ Der Jüngere sprach es so zuckersüß wie seine Ehefrau, wenn er einen Patzer gemacht hatte.

Der Kleine lernte schnell, das musste Sesshoumaru notgedrungen zugeben. „Du bist der Erbe.“ Das war kaum zwischen den Fangzähnen hervor gepresst.

Da sich die Hand seines großen Bruder unwillkürlich an den Schwertgriff legte, beschloss Inu Yasha, dass er entweder gehen oder ablenken sollte. Und gehen, den im Stich lassen? Hm. Er hatte, seit er Begleiter besessen hatte, noch nie einen im Stich gelassen, jedenfalls nicht bewusst, und er würde nicht ausgerechnet bei seinem einzigen Verwandten damit anfangen, der anscheinend so dringend ihn dabei brauchte. „Wenn wir jetzt gehen, sind wir im Morgengrauen an Yukis Turm. Dann sehen wir mal, was der Typ, ich meine, der Gott, der Schutzherr, will.“

Das entsprach den Tatsachen. Und sich hier gegenseitig an die Kehle zu gehen, womöglich diesen Narren umzubringen, würde ihm leider bei seiner Mission in keinem Fall helfen. So drehte sich der Hundedämon um. „Gehen wir.“

 

Während die beiden Hundejungen durch die Nacht auf die Felsnadel des Gottes zuwanderten, und dabei mit nichts weniger als großer Freude dabei den immer intensiver werdenden Geruch nach flüssigem Gestein und Hitze wahrnahmen, saß Yuki in seinem Turm.

Er lehnte fast nachlässig auf einem steinernen Sessel, der an Rücken und Platz durch weiche Felle wärmend gepolstert war. Die Hexe des Nordens, die vor ihm kniete, nahm seltsame Kleinigkeiten wahr, ihr schon längst vertraut, und doch immer wieder neu. Die fast weiß schimmernde Krallenhand, der grüne, warm gewobene Stoff der Hose und des Wamses, an beiden Unterarmen von engen Manschetten aus braunem Leder umwunden, der grüne Umhang, dessen obere Partie um Schultern und Hals ebenso aus braunem Leder bestand, die hellen Haare, die grünen Augen … Und sie starrte ihren Herrn schon wieder gegen jede Höflichkeit an.

„Yuki-sama ...“ brachte sie hervor: „Vergebt mir!“

„Meine Liebe, ich denke. Amalo hätte das deiner Schwester nicht durchgehen lassen, oder?“

Oh, nein. Die Hexe des Südens schauderte schon bei der Beschreibung des seltsamen Lautes, wenn ihr Herr die sonderbaren Zähne aufeinander klappen ließ. Sie hatte ihren Schwestern geschworen, wenn sie je noch schlafen müsste, so als Tote, hätte das wunderbare Alpträume ergeben. „Ich … dürfte ich Euch dennoch meine Meinung über die Hundebrüder sagen?“

„Du bist heute ziemlich mutig. Also wird es wichtig sein. Rede. Oder, besser: Sesshoumaru kann ich spüren, bis hierher. Er ist nicht nur ein sehr mächtiger Dämon, sondern er beherrscht auch die Magielinien eines Landes. Er ist in der Tat der geborene Schutzherr. Es kann sich also nur um den Jüngeren handeln, bei dem ich mich sowieso schon fragte, warum er den mitnimmt. Ja, der Erbe. Aber …?“

„Ich kann es nicht genau benennen, Yuki-sama. Es handelt sich ja nur um einen Halbdämonen. Aber dennoch ist da etwas um ihn, das ich … ja, das ich als Aura eines Schutzherrn kennengelernt habe. Und doch wieder nicht. Es ist schwer zu beschreiben, da ich so etwas in all den Jahrtausenden noch nicht spürte.“ Die kleine Hexe sah vorsichtig auf. Yuki-sama war ein Gott und durchaus tolerant, aber er war eben ein Gott und jede Beschwerde seinerseits führte in der Unterwelt zu Weiterungen.

„Nur ein Halbdämon.“ Und Ryujin hatte, schließlich wohnte der Junge mehr oder weniger vor dessen Haustür, den als Schutzherrn empfohlen. Das konnte interessant sein, zumal, wenn Sesshoumaru entweder zu wenig ehrgeizig oder zu blind war, zu erkennen, dass da ein Konkurrent mit ihm wanderte. Oder aber, naheliegender, der große Bruder kannte den Kleinen. Nun gut. Seine Prüfungen prüften jeden einzelnen, mit Teamwork mochten sie weiterkommen, aber auch das half wenig, zumal in der letzten Ebene. „Dann geh, meine Liebe, und heiße unsere Gäste willkommen. Die Sonne geht auf. Oh, und ehe du sie in die Prüfungen entlässt, frage doch zumindest den Halbdämon, was er essen möchte.“ Da seine Hexe sich mit deutlichem Fragezeichen im Gesicht erhob, lächelte der Gott des Nordens. „Er ist ein halber Mensch. - Und schicke mir eine Schneefrau. Meine Massage soll nicht länger warten.“ Da war doch schon wieder ein Schiff auf dem Weg zu seiner Insel? Er sollte es im Hinterkopf behalten. Niemand landete hier bewaffnet, weder Mensch noch Gott noch Dämon oder Drache.

 

Während die Halbbrüder nebeneinander durch die Nacht gingen, Inu Yasha rechts, sahen sie sich immer wieder gezwungen heißen, dampfenden, Quellen und Bächen aus flüssigem, feurigem, Gestein auszuweichen. Im Morgengrauen entdeckten sie vor sich den schwarzen Turm, die Nadel des Gottes, ihr Ziel, umringt von einem ebensolchen Lavafluss. Hätte ihnen jemand gesagt, dass das schwarze Gestein einst Teil eines Schlotes eines riesigen Vulkans gewesen war, dessen letzter Ausbruch zu seinem Einsturz geführt und so die Hochebene geschaffen hatte, wäre es ihnen ebenso gleich gewesen, wie die Tatsache, dass der Feuerfluss anscheinend keinen Übergang hatte. Viel mehr betrachteten sie mit seltsam gleichgelagerten Interesse die scheinbar endlose Anzahl an Stufen, die sich um die Felsnadel aus Granit wand. Von ihrem Standpunkt aus konnten sie nur zwei Tore entdecken, durch die diese hindurchführte, sich immer eng an den Fels pressend, aber gewiss befanden sich auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls welche. Die Treppe schien oben irgendwo zu enden, aber der Beginn lag eindeutig auf einer Sandfläche von gewiss hundert auf hundert Schritten, die die ersten zwanzig oder dreißig Stufen von der Lava trennte.

„Na, guck mal, wir werden erwartet.“ Inu Yasha hatte die kleine Hexe des Nordens bemerkt, die auf der untersten Stufe saß, sich aber nun erhob.

„Sag mir einmal etwas, das ich nicht weiß,“ knurrte der große Bruder schlicht. Wann lernte dieser Halbdämon denn nur endlich den Mund zu halten? Mit einem Schweigebann brauchte er es leider nicht zu probieren. Vaters mächtiges Blut würde den missratenen Jüngeren auch dann schützen. Und überdies ein vollkommen unnützes, da Zeit verschwendendes, Duell bedeuten. Vielleicht konnte er das gewinnen, nun, würde er sicher, aber leider wäre eine solche Unterbrechung einer von allen anderen als dermaßen wichtig eingestuften Mission wie Schutzherr zu werden, nur peinlich und würde seinem Ruf schaden. Abgesehen von der schlichten Kleinigkeit wie Ryujin darauf reagieren würde. Dessen Genehmigung konnte er dann mit an ziemlicher Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit streichen. Mit allen dazu gehörigen Konsequenzen.

 

Die Hexe des Nordens erkannte die beiden weißhaarigen Gestalten, die sich in der Morgendämmerung der Nadel des Gottes näherten, und wedelte ihre Arme – nun, für ihre Zuschauer sah das so aus. In Wahrheit spann sie einen Bogen aus ebensolchem Granit wie der Turm bestand, der die Besucher sicher über den Lavafluss bringen würde, zu ihr auf den Sandplatz vor Beginn der „endlosen Treppe“.

Sie war zugegeben ein wenig neugierig, wie diese Zwei sich in den Prüfungen Yuki-samas, nun, auch denen anderen beiden Schutzherrn schlagen würden. Ihre westliche Schwester hatte ja behauptet, dass die Halbbrüder einander spinnefeind wären, sich sich auf Leben und Tod bekämpfen würden. Den Eindruck hatte sie selbst bei dem kurzen Treffen allerdings weniger erworben. Zudem tauchten sie hier gemeinsam auf, obwohl sie ja wissen mussten, dass Prüfungen warteten. Vielleicht hatte ihre liebe Schwester auch brüderliche Streitigkeiten als Todfeindschaft ausgelegt. Immerhin stritten sie und ihre Schwestern sich seit Jahrtausenden nie. Andererseits, das gab die Hexe des Nordens gern zu, hatte sie durchaus schon von einigen solcher Zwischenfällen bei Dämonen und Menschen gehört oder sie gar im Auftrag ihres Herrn überprüft. Es gab in aller Regel immer Streit, wenn es Brüder oder Halbbrüder waren – und nur einer Erbe und Fürst werden konnte und der andere der Jüngere oder gar ein Bastard war, sich aber als gleichrangig fühlte. Nur zu oft endete das mit dem Tod mindestens eines. Diese Hundejungen waren alle Zwei noch am Leben – und gemeinsam hier. Nun, sie war wirklich neugierig.

Und da kamen sie auch schon, nebeneinander, offenbar sich um keine höfische Rangordnung scherend. Sie beobachtete dennoch, wie der Jüngere unwillkürlich nach links blickte, als die Beiden vor der kaum vier Hand breiten Brücke über den glutflüssigen Graben stehen blieben – instinktive Anfrage an den großen Bruder oder doch Rangordnung? Hunde sollten da sehr strikt sein. Aber, dachte sie, Männer, wer konnte die schon verstehen. Weder sie noch ihre Schwestern hielten viel von dem anderen Geschlecht. Schon daher war es gewissermaßen, nein, tatsächlich, Höchststrafe gewesen, dass sie immer einem Schutzherrn dienen mussten. Und alles nur für den kleinen Spaß mit dem Höllenschwert … Nun ja. Sie hatten zugegeben dabei nicht an dessen Besitzerin gedacht.

Sie winkte. „Kommt schon,“ rief sie. Trauten die Hundejungen etwa ihrer Magie nicht? Das wäre beleidigend.

„Das ist ja eine endlose Treppe,“ murmelte Inu Yasha mehr zu sich selbst. „Tausend Stufen?“ Eher zehntausend. Und diese Tore hatten es bestimmt auch in sich.

„Geh.“ Wenn der Halbdämon als erster über den Bogen schritt, dachte Sesshoumaru, würde der doch hoffentlich auch das Gerede mit dieser Hexe übernehmen. Hund wollte doch wenigstens einen Vorteil davon haben, wenn man sich mit dem Halbblut herumschlagen musste. Zum Glück wenigstens nur in verbaler Form, bislang zumindest. Oh, der gehorchte. Der große Bruder war versucht sich diesen Tag rot im Kalender anzustreichen.

 
 

Die endlose Treppe Teil 1

Taking all and giving whatever my pride would let me

Not backing down, not giving in,

I wouldn´t loose, I couldn´t

 

Hammerfall: The Last Man Standing

 

 
 

Die kleine Hexe musterte aufmerksam den Jüngeren, der scheinbar unbeeindruckt über die schwarze Bogenbrücke schritt und sie ihrerseits nicht aus den Augen ließ. Hm. War das etwa bei Hunden so, dass der Ältere und damit Ranghöhere quasi die Rückendeckung übernahm? Männer, noch dazu Dämonen. Wie sollte eine arme, alte, Hexe die je verstehen.

Aber sie hatte einen Auftrag. „Willkommen im Namen von Yuki-sama,“ sagte sie, als auch Sesshoumaru vor ihr stand, und schwebte etwas empor um wenigstens auf Augenhöhe zu sein. „Ich soll Euch beiden die Aufgabe erklären. Oh, und ich soll fragen, ob einer der jungen Herren später vielleicht etwas zu essen möchte.“ Da sie das Aufleuchten im Gesicht des Halbdämons bemerkte: „Ah, Ihr also. Und was? Etwas rohes Fleisch oder … schön. Was dann?“

„Ramen oder so? Ich weiß nicht, gibt es hier Menschen?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt.

„Äh, irgendwo in der Entfernung, ja.“ Die Hexe des Nordens seufzte nur in Gedanken, sicher, wer das organisieren durfte. „Eure Aufgabe, natürlich zuallererst die Eure, Sesshoumaru-sama, lautet: geht diese Treppe empor und gelangt nach oben zu Yuki-sama. Wie Ihr mutmaßlich wisst, nun, sicher, ist es eine magische Prüfung. Ihr könnt diese Treppe nur empor steigen, wenn Ihr auch alle Tore passiert. Aber Ihr könnt selbstverständlich jederzeit ungehindert wieder hinabsteigen.“

Da das natürlich bedeuten würde bei der Prüfung versagt zu haben, war das keine Option, da waren sich die Halbbrüder ausnahmsweise stillschweigend einig.

Die Hexe schloss daraus, dass die Zwei sich tatsächlich voll akzeptiert hatten und wohl die absolute Ausnahme darstellten, was sie so gesehen oder auch von gehört hatte. Was natürlich bedeutete, dass das Halbblut extrem gelassen mit der Tatsache umging, dass er als Jüngerer und zusätzlich als Bastard nie der Erbe sein würde. Aber da lag etwas an dem … Hm. Er selbst oder sein Schwert oder beides? Irgendeine Art Magie war das. Nur, welche? „Äh, wie Euch ebenfalls bekannt ist, ist der Schutzherr des Nordens ein Gott. Diese Felsnadel und damit auch die Treppe und die Tore unterliegen damit seiner Magie. Keiner von Euch beiden wird dämonische Energie oder Zauber einsetzen können, also auch nicht fliegen oder ähnliches. Ihr geht einfach diese Stufen empor, durch die Tore hindurch, und steigt weiter. Wenn Ihr das jeweils nächste Tor erreicht habt, endet auch die jeweilige Prüfung dieses Abschnittes. Habt Ihr dazu Fragen?“

„Wie viele Tore sind es?“ fragte der Halbdämon unverzüglich.

Ebenso prompt fiel ein geknurrtes: „Inu Yasha!“ des Älteren. Wollte der Bastard etwa Furcht zeigen und sich und damit leider auch ihn blamieren?

Ach, dachte die kleine Hexe amüsiert. Erziehungsfragen wurden doch noch immer ausdiskutiert? Gut, das waren ja noch wahrlich Jungs, keine erwachsenen Männer. Na, das konnte erheiternd für sie werden. Aber jetzt sollte sie hier fertig werden, um einmal in aller Ruhe bei ihrem Herrn sitzen zu können. „Soweit ich weiß, fünf. Aber ich bin diesen Weg noch nie gegangen. Ich weiß auch nicht, wie viele Stufen es zwischen den Toren sind. Das ist wohl unterschiedlich.“

Inu Yasha warf einen Blick auf die … er zählte kurz: siebenundzwanzig Stufen, ehe das erste Tor kam. Es überbrückte die Treppe, die in seiner Dunkelheit verschwand. Zwei säulenartige Gebilde flankierten den Eingang zu dem Tor, das Ende war in der Schwärze so nicht zu erkennen. Nun ja, was auch immer da war, sie würden damit fertig werden. „Dann habe ich nur noch eine Frage. Diesen Schutzherr des Südens und auch der Drachenkönig haben die Prüfung ja wohl bestanden.“

„Ja.“ Was wollte er denn jetzt, fragte sich nicht nur die Hexe des Nordens.

„Also, den Typen aus dem Süden kenne ich ja nicht, aber ein ausgewachsener Drache, noch dazu der Drachenkönig, hat doch ein gewisses Format. Diese Treppe ist gerade so breit, dass wir schon kaum nebeneinander gehen können, von den Toren mal ganz zu schweigen. Oder sehe ich da etwas falsch?“

„Oh, natürlich nein, Inu Yasha-sama.“

Da das fast anerkennend klang, überlegte sich Sesshoumaru für einen Moment wirklich, wem der Zwei er als erstes das Genick brechen sollte: dem vorlauten Narren, der leider auch noch recht hatte, und damit sich als pragmatischer als er selbst erwiesen hatte – oder dieser unsäglichen Hexe, die anscheinend ein Halbblut für voll nahm.

Sie fuhr derweil fort: „Die Treppe und die Tore werden natürlich dem jeweiligen Prüfling angepasst, ebenso, wie es bei den anderen Schutzherren einst für Yuki-sama geschah, um ihn als Gott nicht mit dämonischen Zaubern versehentlich in Lebensgefahr zu bringen. Es wird keine Kampfstärke geprüft, wisst Ihr. Nun ja, meist.“

Ohne weiteres Wort drehte sie sich um und war mit einem leisen Knall, so es so etwas geben sollte, spurlos verschwunden.

Bevor sein törichter Halbbruder noch etwas von: „Gehen wir los,“ sagen würde, wandte sich der Hundedämon ab und ging zu der ersten Stufe. Siebenundzwanzig bis zu diesem ersten Tor, bis zu den ersten Säulen, der ersten Prüfung. Dahinter war nichts zu wittern oder zu sehen. Er wollte eigentlich mit einem Satz empor springen, musste jedoch feststellen, dass die Magie des Ortes bereits wirkte. Er konnte nicht. Und vermutlich ebenso wenig fliegen. Yuki hatte sich gegen Mogelei vorgesehen – wie wohl auch die anderen Schutzherren. Das bedeutete, man musste wirklich langsam hindurchgehen. Ärgerlich, lästig. Aber notwendig. Was sollte es. So stieg er langsam hinauf.

Inu Yasha war fast versucht zu protestieren, dass der Hundedämon voranging, stellte dann aber fest, dass das vermutlich ganz praktisch war. Falls er sich aus irgendeinem Grund dämlicher anstellte als sein Halbbruder, würde der das zumindest nicht gleich mitbekommen und er sich schräge Anreden sparen. Umgedreht würde er selbst jeden Patzer Sesshoumarus sehen. Auch ganz nett, denn es stand doch zu erwarten, dass der mal einen Fehler machen würde. Vielleicht nicht hier auf der Treppe, aber so eine Schutzherrenprüfung hatte es doch bestimmt in sich.

 

Sesshoumaru drang die seltsame Ausdünstung erst in die Nase, als er sich an den Säulen vorbei in die Dunkelheit des ersten Tores begeben hatte. Es roch feucht, dumpf, nach Metall und Erde. Er stoppte.

„Hu,“ machte Inu Yasha, der direkt hinter ihm stand. „Das riecht ja wie im Magen eines Berggeistes.“

Selbst wenn es ihn umbringen würde, beschloss der große Bruder, er würde NICHT fragen, wie man es anstellte im Magen eines Berggeistes zu landen. Das sollte selbst für ein Halbblut schwierig sein. Und noch ein wenig schwieriger das zu überleben. Lieber einen Schritt weiter in der Schwärze gehen. Es war nichts zu sehen, nichts zu hören, nur diese unsägliche Witterung nach – ja, Erde? „Es riecht nach Erde, du Narr.“

Also bestanden Berggeister aus Erde? Hm. Er hätte immer gedacht aus Fels. Der Halbdämon prüfte erneut die Luft. Ja, Erde. Da war Bodenkrume wie ein Acker, Metall, wie Eisen oder Gold aus den Tiefen der Erde, aber auch Fels und Feuchtigkeit. Ah, Sesshoumaru wurde etwas schneller, erkannte der etwa schon den Ausgang? Leider war dieses Tor so schmal, dass er nicht neben ihm bleiben konnte, sondern wie Jaken hinter dem hertrotten musste. Nun gut, auf der Treppe würde er ihn schon einholen. Vorausgesetzt, die nächsten Stufen wären ein bisschen breiter als die ersten siebenundzwanzig. Ja, doch, es kam etwas wie ein Hauch von frischer Luft zu ihm.

 

Der führende Hundedämon verharrte einen Sekundenbruchteil im Schritt als er den Ausgang des Tores passierte. Vor ihm stieg die Treppe erneut steil an, eine unbekannte Anzahl von Stufen, aber sicher mehrere Hundert. Gerade dort, wo sich der Aufstieg um die Felsnadel wandte, konnte man noch das nächste Tor entdecken. Also bestand in den hunderten Stufen vor ihm, vor ihnen, die erste Prüfung. Nur, worin? Es gab kein Hindernis zu erkennen, was natürlich im Zweifel nur bedeutete, dass ein oder mehrere Fallen lauerten.

„Was ist?“ Inu Yasha flüsterte es unwillkürlich nur.

„Die Treppe.“ Er wollte schon ergänzen, törichter Bastard, als er erkannte, dass sein Halbbruder doch kleiner als er war und so hinter ihm stehend nichts entdecken konnte. Nun, was half es. Er stieg langsam, bemüht elegant, auf die erste Stufe. Nichts geschah. So ging er weiter, jedoch immer wachsam ein Ohr habend, ob nicht ein Klicken verriet, dass er eine wie auch immer geartete Falle ausgelöst hatte. Speere aus der Wand? Verschwand die Treppe unter ihm?

Aber einige Dutzend Stufen geschah nichts. Er hütete sich jedoch in seiner Wachsamkeit nachzulassen, denn sein Instinkt verriet ihm, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Nur, was?

Inu Yasha spürte es ebenfalls. Sollte er etwas dazu sagen oder bekam er nur wieder eine dämliche Antwort? Aber immerhin hatte sich Sesshoumaru in den letzten Tagen, ja Wochen, bemüht einen auf großer Bruder zu machen. „Merkst du es auch?“ fragte er daher leise.

Der so Angesprochene blieb unwillkürlich stehen, ehe er sich besann und weiter stieg. „Was meinst du?“ erkundigte er sich doch. Diese Frage bestätigte nur seine eigenen Gefühle, eigentlich lächerlich geradezu, dass diese halbe Portion ...

Der Wind um den Felsturm war schon in dieser doch relativ geringen Höhe deutlich zu hören und zu spüren, das mochte weiter oben noch lästig werden, dachte der Halbdämon. „Irgendwie wird es immer schwerer hochzusteigen.“

Schwächling. Sekunde, das stimmte. Mit jedem Schritt weiter nach oben schien ein zusätzliches Gewicht an den Beinen zu hängen. Und, Sesshoumaru warf einen prüfenden Blick empor, sie hatten noch nicht einmal ein Drittel der Treppe bis zum nächsten Tor geschafft. Hatte er gerade wirklich „sie“ gedacht? Nun ja, man musste Inu Yasha zugute halten, dass er sich als stärker und auch intelligenter als Jaken erwies – und den duldete er nun doch schon Jahrhunderte um sich. „Ja.“

Er hatte recht! Der Jüngere war fast versucht sich dieses Eingeständnis rot im Kalender anzustreichen. Aber da der Halbbruder nur weiter stieg, konnte man anscheinend nichts dagegen unternehmen. Allerdings hatte diese Hexe ja gesagt, dass man hier keinerlei dämonische Energie einsetzen konnte. Oh, Moment mal. Fühlte sich der werte Herr Hundedämon gerade ebenso müde und so, wie er? So menschlich? Das wäre zu schön um wahr zu sein. Aber, Schadenfreude würde hier kaum helfen. Man konnte nichts gegen die Müdigkeit machen, die den Körper langsam aber stetig erfasste, nichts dagegen, dass die Beine immer schwerer wurden, es immer mühseliger wurde, einen Fuß vor den anderen zu setzen, der Atem immer heftiger ging. Er blieb kurz stehen. „Ich frage mich wirklich, wie hier ein Drache oder sonst wer hochrobbte.“

DAS war garantiert ein Anblick für Götter gewesen, dachte Sesshoumaru. Nun ja, für Yuki sicher und die ganz Oben bestimmt auch. Kein Grund, in diesem Fall Ryujin nachzueifern. ER würde aufrecht ankommen. Irgendwie. Es waren bestimmt nur noch hundert Stufen. Neunundneunzig, achtundneunzig … Das war zu schaffen, zumal er sich noch immer des Halbbruders, des dummen, schwachen, Bastards hinter sich bewusst war. Was Inu Yasha schaffte, konnte er doch erst recht!

Liebe Güte, dachte der Halbdämon gleichzeitig, endete diese dämliche Probe denn nie? Wie viele Stufen waren es denn noch bis zu dem Tor – und leider nur der nächsten Prüfung? Wenn sie hier schon bei der ersten schlapp machten … nein, das war keine Option. Das war durchzuhalten, wenn das sogar ein Drache gekonnt hatte. Und danach, nun, bei Test Nummer Zwei war man eben ein bisschen müder. Aber er musste nur an all die Kämpfe der letzten Jahre denken, die er bestanden hatte. Er hatte gewonnen, sonst wäre er gar nicht hier. Also, noch einen Fuß hoch, und noch einmal. Irgendwann wäre das hier garantiert vorbei. Und die Treppe wollte ihn immerhin nicht umbringen. Außerdem würde er sich nie, niemals, vor den Augen des hochwohlgeborenen Hundeidioten blamieren. Jawohl. Er war Inu Yasha und etwas wert!

 

Beide Halbbrüder bemerkten das Brennen in den Oberschenkeln, das nur zu ähnliche Gefühl in der Lunge, den keuchenden Atem – das war peinlich, unpassend und überhaupt. Der eigene Stolz zwang sie jedoch weiter zu machen, höher zu steigen, langsamen Schritt um Schritt auf das nächste Tor zu, das zumindest die Überwindung dieser Prüfung anzeigte. Und beide vergnügten sich ein wenig ingrimmig mit der Vorstellung, wie hier ein meterlanges Reptil ohne Beine, noch dazu der Drachenkönig, sich platt gemacht hatte. Dabeiwar ihnen allen Zweien bewusst, dass nur der Anfang der Prüfungen war.

Aber keiner von ihnen hätte je zugegeben, dass er diese Gedanken des Halbbruders geteilt hatte.

 

Endlich das Tor! Kaum, dass Sesshoumaru in die Dunkelheit trat, wich diese seltsame Ansaugkraft, er fühlte sich leicht, als ob er wieder schweben können. Das war allerdings sicher ein Irrtum, denn diese unsägliche Hexe hatte ja betont, dass man an der Nadel des Gottes keine dämonische Energie einsetzen konnte. So sah er sich kurz, fast widerwillig um, aber das Halbblut stand schon hinter ihm, in diesem dunklen Tor. Nein, nicht ganz dunkel.

Inu Yasha hatte sich umgesehen. „Komisches Leuchten, als ob hier Glühwürmchen wären.“

Glühwürmchen. Da hatte jemand eindeutig zu viel Phantasie. Obwohl, ja, es glühte – und war warm. Lag hinter den Seitenwänden etwa solch glühendes Gestein wie um diese gesamte, so genannte, Felsnadel? Dann sollte man sich hier nicht zu lange aufhalten. So ging Sesshoumaru wortlos weiter. Kein Zögern zeigen, keine Angst, das war er seinem Stolz schuldig.

Oh, dieser Hundeidiot! Nie bekam der seine Fangzähne auseinander, dachte der jüngere Halbbruder, folgte jedoch, durchaus von ähnlichen Gedanken bewegt. Das fehlte noch: sich vor der klapprigen Hexe und einem Gott lächerlich zu machen.

 

Es dauerte immerhin zwanzig der vielleicht zweihundert Stufen, ehe die hintereinander laufenden Halbbrüder die Falle erkannten. Stufe um Stufe wurde der Boden unter ihnen wärmer. Das Tor hatte

Feuer angezeigt - und da war es.

„Mist,“ fluchte Inu Yasha. „Das kann noch heiß werden.“

Der Rückschluss wurde unangenehm, aber war die einzige logische Konsequenz. Sesshoumaru wich an die Felswand zurück. „Geh voran.“

„Was?“

„Sitzt du auf den Ohren.“ Das sollte wirklich schwierig sein, wenn die dermaßen offensichtlich platziert waren.

Während der Halbdämon den Satz vorbei machte, erkannte er die Schlussfolgerung. Er war barfuß, der halbe Dämon und Magie hin oder her – er würde als erster die Lava deutlich zu spüren bekommen. So konnte er das Tempo vorgeben und auch rennen, notfalls. He, geradezu nett, so großer-Bruder-mässig. Lebenslange Erfahrung ließ ihn jedoch sicher sein, dass da ein bis zwei gewaltige Haken steckten, die er wohl schlucken musste. Sesshoumaru war nie liebenswürdig, schon gar nicht zu seiner kleinen Familienschande. Also, was sollte das hier? Entweder, der Herr Fast-Schutzherr war verdammt auf ihn angewiesen, und das bezweifelte Inu Yasha bei all seiner Phantasie doch sehr, oder aber, der wollte ihn in irgendeine Falle laufen lassen. Was ebenfalls unwahrscheinlich war, wenn man bedachte, welche Mühe sich der dämliche Hund gemacht hatte um ihn hierher mitzuschleifen. Nun ja. Er konnte vorangehen und der große Bruder konnte sich seine Haare und sein Hinterteil angucken. Das war bestimmt auch noch nicht sehr vielen Leuten passiert, Vater vielleicht ausgenommen. Nun ja, dem garantiert Ein Heerführer würde sich kaum von seinem Welpen überholen lassen. Irgendwie machte das Spaß, zumal er sich nur zu sicher war, dass sich der Halbbruder ihm nur mit zusammengepressten Fangzähnen anschloss.

 

Stufe um Stufe wurde es heißer. Selbst durch die Schuhe konnte Sesshoumaru die Glut spüren. Und er war sicher, dass das Halbblut bereits Schmerzen empfand. Inu Yashas Gang wurde fast unmerklich immer schneller, aber der hatte eindeutig seinen Stolz. Irgendwie gut. Immerhin, soweit er an dem Halbmenschen vorbei gucken konnte, waren es nicht mehr allzu viele Stufen. Hundert? Zweihundert? Jedenfalls wurde das im wahrsten Sinne des Wortes eine heiße Sache. Wie das wohl Ryujin als Wasserdrache vermocht hatte? Hatte der diese Treppe mit Wasser kühlen können? Oder gar der Schutzherr des Südens, dieser Amalo, von dem er selbst nicht mehr als seinen Namen wusste? Nur noch wenige Schritte, das war zu schaffen – Inu Yasha wurde schon wieder schneller, nicht, dass es ihm zu verdenken war. Jaken hätte bestimmt schon aufgegeben und nach ihm gerufen. Schneller als der rief niemand nach ihm. Nicht einmal Rin. Für einen Moment dachte er nachsichtig an das Menschenmädchen. Sie sagte seinen Namen nur um ihn unauffällig um etwas zu bitten oder wenn sie wirklich in Lebensgefahr schwebte. Hm. Nachdenklich machte der mächtige Hundedämon den nächsten Schritt. Wann genau hatte Inu Yasha je nach ihm gerufen? Ihn gar um Hilfe gebeten? Nicht einmal in dessen Kindertagen war das geschehen. Nun gut, er hätte auch nie darauf reagiert, aber der hatte das auf gar keinen Fall getan. Doch, als es um diese eine Priesterin gegangen war, die Naraku umgebracht hatte. Und er hatte nur geantwortet: Inu Yasha, der, der sie nicht beschützte – das war nicht ich. Wieso sollte er sich auch um Gefolgsleute eines Anderen kümmern? Aber ja, niemals hatte der Bastard für sich um Hilfe gebeten, nicht einmal mit seiner Klinge am Hals um sein erbärmliches Leben gefleht. Eigentlich erstaunlich. Irgendwo und irgendwie hatte Inu Yasha tatsächlich den Stolz eines Hundedämons geerbt. Abgesehen natürlich von dem mächtigen Tessaiga … Ach, Vater. Was hatte sich der nur dabei gedacht. Oh. Der kleine Halbhund vor ihm wurde schon wieder schneller, aber langsam glühten die Stufen hier fast so wie die Schwelle an Toutousais so genanntem Zuhause.

 

Inu Yasha bemühte sich wirklich, aber das war verdammt heiß. Die letzten drei Stufen flog er fast empor, so rasch es der doch recht weitreichende Entzug der dämonischen Energie erlaubte. Und er stellte erleichtert fest, dass er in der Dunkelheit des Tores mit beiden Füssen in eiskaltem Wasser gelandet war. Nun, nicht in eiskaltem Wasser, aber in Wasser, das ihm momentan so vorkam, nach der Hitze der letzten Minuten. Irrte er sich oder dampfte es um ihn? Er wich beiseite, um auch, möglichst unauffällig, seinem Halbbruder die Gelegenheit zu geben sich abzukühlen. „Erde und Feuer,“ murmelte er. „Das nächste Hindernis dürfte Wasser sein.“

Erneut stellte der große Bruder fest, dass etwas Vernünftiges dabei herauskam, wenn das Halbblut seine beiden Gehirnhälften benutzte. „Die fünf Elemente.“

„Vier.“

Jetzt versuchte der Hundedämon den Jüngeren in der Schwärze zu erkennen. „Vier?“ fragte er dennoch ungläubig. Bei Elementen und deren Magie sollte man doch sicher gehen.

„Erde, Feuer, Wasser und Luft.“

„Metall statt Luft - und Holz.“

„Holz?“ fragte Inu Yasha zurück. Was hatte Myouga da denn schon wieder vergessen?

Diesen Flohgeist würde er umbringen. Langsam. „Holz, Leben.“

„Äh, du wirst schon recht haben.“ Seltsam. Sesshoumaru klang nicht einmal ärgerlich, eher verständnislos. Sekunde. War etwa alles, was er nicht wusste, diesem unseligen so genannten Berater anzulasten und nicht seiner Dummheit? Hm. Kagome sagte ja auch immer, dass er nicht töricht sei und Kaede hatte ihn sogar einmal, wenn auch nur da, weise genannt. „Dann geht es auf den nächsten Stufen um Wasser,“ schloss er jedoch.

Ja, da hatte der Halbhund recht. Man musste dem ja nur etwas erklären … Oh, Myouga war so etwas von tot, wenn er ihn fand. Ihm selbst solche Arbeit aufzuhalsen! Allerdings, wenn Inu Yasha recht hatte, was in sich schon eine Unlogik war, hätte sich der Drachenkönig in der nächsten Prüfung nur lächelnd vorwärtsbewegt. Sesshoumaru griff dorthin, wo ihm seine Witterung den Halbdämon vermuten ließ und schob den beiseite. „Folge mir.“

 
 

Die endose Treppe Teil 2


 

D

ie Halbbrüder erwarteten Wasser, sei es in der Form von rutschigen Stufen oder auch Regen – und wurden buchstäblich kalt erwischt. Keiner von ihnen beiden hatte daran gedacht, dass es Wasser in sehr verschiedenen Varianten gab – Eisregen und Schnee war eine davon. Nach der Wärme, ja, Hitze, der letzten Prüfung wurde es umso unangenehmer. Zu allem Überfluss war es dunkel geworden. Wie lange liefen sie denn hier schon herum? Oder täuschte sie ihr Zeitgefühl nicht und Yuki konnte an seinem Turm die Zeit oder auch nur die Helligkeit beeinflussen? Immerhin war der Kerl ein Gott, wenn auch keiner aus der Topliga, aber doch sicher mit guten Verbindungen.

Der Wind pfiff stets von vorn und ließ die eisige Nässe Gesicht und bloße Hände umso mehr belästigen. Überdies fühlte es sich so noch viel kälter an als es in Wahrheit sein mochte, zumal die Halbbrüder mit der durch den Zauber des Felsturms niedrigeren dämonischen Energie sich nicht wie gewohnt aufwärmen konnten. Gerade der vorangehende Sesshoumaru fühlte sich mehr als unangenehm, auch weil sich in seiner pelzigen Boa bereits nach wenigen Höhenmetern Eiskristalle bildeten.

 

Oben drehte sich die Hexe des Nordens von dem Bild, das sie zu Füßen ihres Herrn sitzend, erkennen konnte, etwas zu dem. „Muss ich das soeben verstehen, Yuki-sama?“

Der Schutzherr zeigte ein kühles Lächeln, als er seine hellen Augen zu ihr wandte. „Du weißt doch, dass da alle durch mussten, Amelo, der Drachenkönig, auch der Großvater Sesshoumarus und andere. Die Prüfung der fünf Elemente ist eine Herausforderung an Stolz und Stärke. Eine Herausforderung des Willens. Freilich, mehr nicht, aber das genügt schon, um viele Unfähige auszuschalten.“

„Ja, natürlich. Aber noch immer verstehe ich nicht, was Ihr damit bezweckt.“

„Hexe: es macht weder Spaß noch ist es besonders erbaulich ein Schutzherr zu sein. Jemand, der bereits bei derart kleinen Unannehmlichkeiten aufgibt, ist absolut unfähig. Darum gibt es ja auch die Prüfungen durch die anderen drei Schutzherren. Für mich war auch die Erprobung bei dem Hundedämon, im Schloss auf dem Boden des Ozeans oder da unter der Erde nicht sehr heiter. Man kommt durch oder man ist unfähig. Es gibt nur das Entweder - Oder. Auf dem Weg des Kriegers gibt es kein Aufgeben.“

„Warum wollen die Leute dann überhaupt Schutzherr werden?“ Sie fragte aus ehrlicher Neugier – und auch zufrieden den Gott der eisigen Nordwinde einmal so aufgeschlossen zu erleben.

„Sie halten es für Macht. Lächerlich. Kein Fürst hat nur Macht, ebenso Pflichten, wie viel mehr ein in die alten Verträge gebundener Schutzherr. Umso interessanter, dass dieser junge Hund sich dermaßen hartnäckig gegen eine ererbte Pflicht wehrte, die sein Vater so widerspruchslos für ihn übernommen hatte.“

„Dann kennt er den Unterschied zwischen Macht und Schutzherr,“ mutmaßte die Hexe.

„Sieht so aus. Ja. Und auch die Tatsache, dass sich die Halbbrüder offenbar so gut verstehen … das kann noch amüsant werden.“ Yuki lächelte etwas. „Sie sind Krieger, erfahrene Krieger, trotz ihrer Jugend. Ich hörte, sie haben schon einiges auf den anderen Inseln angestellt. Aber ihr Vater hat ihnen offenbar trotz seines frühen Todes noch beigebracht, dass man erst ein Mann werden muss, ehe man Fürst oder auch Schutzherr sein kann. Er war ein sehr ehrenwerter Mann, dieser Heerführer der Hunde.“

„Der letzte Schutzherr, der Großvater dieses Sesshoumaru, nicht?“ Sie entsann sich kaum des großen weißen Hundes – oder war das der Vater gewesen? Eine Weile, die ersten Jahrhunderte, hatten eine Menge Dämonen und sonstige Wesen, sogar Menschen versucht die Prüfungen zu bestehen, manche waren nie bis hierher gelangt, andere waren hier gescheitert. Was hätte sie sich die auch alle merken sollen. Zu zweit war allerdings noch nie jemand hier gewesen und allein das hob diese Halbbrüder doch aus der Masse.

„Doch. Für einen Dämon. Er hielt sich an sein Wort, aber Drohungen oder so etwas sollte man besser überhören oder sie zumindest nicht persönlich nehmen. Die zwei Jungs da haben dich nicht bedroht. Sie kommen sehr nach ihrem Vater. Wir werden bei der letzten Prüfung ja sehen, warum.“

„Die Luft-Prüfung?“

„Ja. Noch Holz und Luft. Das Metall kann ich mir sparen. Sie haben So´unga in die Unterwelt zurück geschickt. Sie können sicher kämpfen. Und sind ehrenwert.“

Die Hexe des Nordens hörte den Namen des Höllenschwertes zugegeben ungern, aber ihr war klar, dass sie auf solche Empfindlichkeiten verzichten musste. Ein kleiner, spontaner, für witzig gehaltener Einfall – mit negativen Folgen, solange diese Welt existierte. „Sie dürften frieren,“ stellte sie daher nur sachlich fest.

„Ja. Die Haut im Gesicht und an den Händen wird kalt und rissig werden, weniger durchblutet. Aber der eigentliche Schmerz setzt erst ein, wenn die Wärme wieder kommt, im Tor. Sie sind keine Geschöpfe des Odems der Kälte wie ich. Oder auch du.“

„Ja, Yuki-sama.“ Was sollte sie dazu schon sagen.

 

Die Halbbrüder hätten auf diese Prüfung ebenso gern verzichtet wie auf alle anderen. Es war kalt und selbst der sich aus gutem Grund im Windschatten des Hundedämons haltende Inu Yasha spürte nur zu deutlich das Beißen der Luftströmung im Gesicht, an den Händen, die er, ebenso wie Sesshoumaru, inzwischen wohlweislich in den Ärmeln verbarg. Gegen jeden Instinkt, denn so würde es länger dauern zum Schwert zu greifen. Sie hatten inzwischen allerdings begriffen, dass selbst ihre magischen Klingen in solch einem Test nutzlos waren. Überdies, stellte der Halbdämon fest, dass sein Feuerrattengewand auch vor dem Schnee und dem Wind deutlich besser schützte als die vornehme Seidenkleidung des Älteren. Wenn Sesshoumaru nicht auch Schutzblätter aus Metall rund um die Hüfte getragen hätte, hätte er vermutlich einen mehr als intimen Anblick auf dessen Hinterteil erhalten. An den Beinen des Vorangehenden klebte die Seide förmlich und zeichnete die schlanken Beine nach. Inu Yasha gab zu er hätte eine solche Peinlichkeit gern gesehen, aber das war weder Ort noch Zeit für derartige Gedanken. Es war kalt, einfach nur lausig kalt, und er konnte bloß hoffen, dass diese Stufen irgendwann aufhörten. Zu fragen, wie viele es noch wären, war sinnlos. Das Schneetreiben und der entgegen blasende Wind verhinderten sicher, dass Sesshoumaru das nächste Tor sehen konnte. Außerdem war es vermutlich ebenso dämlich gegen den Wind anzubrüllen und zu hoffen verstanden zu werden, ehe einem die Stimmbänder einfroren.

Dies entsprach den Tatsachen. Auch dem Älteren war mehr als kalt. Das letzte Mal hatte er in den Armen dieser Schneefuchsdämonin so gefroren, ehe er sie sozusagen aufgetaut hatte … Nun ja. Die Erinnerung war amüsant, half aber nicht weiter. Noch wenige Stufen. Irgendwann musste das hier doch enden. Wie frustrierend, sich diese Treppe wie ein jämmerlicher Mensch oder das Drachengewürm empor mühen zu müssen. Letzteres bot immerhin einen gewissen Trost. Ryujin war nicht nur ein uralter, mächtiger, Wasserdrache, sondern auch der König dieser Reptilien. Wie der hier wohl hoch gelangt war? Tiefgefroren? War da oben, kaum zehn Stufen höher, nicht ein Schatten zwischen den Schneeflocken? Das Tor oder ein Gegner? Er zog unwillkürlich die Hände aus den Ärmeln. Das nächste Portal, dachte er dann erleichtert. Fragte sich, was nun käme. Holz, Metall und Luft standen noch aus.

 

Keine Minute später befanden sich die Hundebrüder nebeneinander in dem kreisrunden, dunklen Portal. Die relative Wärme ließ ihre Glieder langsam – und durchaus peinigend – auftauen.

„So ein Mist,“ murmelte der Jüngere, während er die steifen Finger an den nicht minder steifen Zehen rieb, ehe er sich eine Zielscheibe suchte. „Hast du das etwa gewusst und mich darum hierher mitgeschleppt?“ A la Wie-ärgere-ich-kleine-Brüder?

„Nein.“ Sicher nicht. Wenn er gewusst hätte, dass in diesen Prüfungen, zumindest bei Yuki, Tessaiga nutzlos wäre, hätte er auch dessen Träger bestimmt nicht mitgenommen. Allerdings war da Ryujin – was sollte es. Es war wichtiger die Finger wieder bewegungsfähig zu bekommen. Ohne dämonische Energie durchaus ein etwas langwieriges Verfahren. Und ungewohnt schmerzhaft.

Schön, das entsprach wohl den Tatsachen. Sesshoumaru war manches, aber kein Lügner. „Metall wartet noch, Luft und Holz, wenn du recht hast und sich dieser Yuki an fünf Elemente hält. Metall könnte Kampf bedeuten,“ dachte der Halbdämon laut nach.

„Warte ab.“ Es war völlig undämonisch etwas zu erraten zu versuchen, von dem man keinerlei Informationen besaß. Vater hatte hier bestanden, Großvater, selbst dieser Amelo und Ryujin. Also war das zu bestehen und er würde es schaffen. Punkt. Was Inu Yasha betraf, so würde man schon sehen. Vor allem, falls der Drachenkönig dann mal damit herausrückte, warum der Bastard so unbedingt mitsollte. Vielleicht würde Yuki schon ein Wort dazu fallen lassen? Die Schutzherren konnten miteinander kommunizieren, soweit er sich entsann.

„Du wirst noch froh um meine Vorschläge sein,“ prophezeite Inu Yasha prompt düster.

Also, ehe das passierte, würden die Bäume mit den Wurzeln in den Himmel wachsen, dachte der Ältere unverzüglich. Aber es half auch nichts hier herumzustehen, zumal offenkundig auch die Füße des Halbhundes aufgetaut waren. Zugegeben, der hatte nicht einmal ein Wort darüber verloren – und trug im Unterschied zu ihm keine Schuhe. Tapfer war der schon, eine Grundbedingung eines Kriegers, aber verschwiegen ….eher weniger. Sesshoumaru wandte sich um. „Gehen wir.“

„Ja, ich dich auch, “ murrte Inu Yasha, folgte aber resigniert. Diese dämliche Treppe war zu schmal für sie beide.

 

Immerhin war es wieder hell, dachten die Zwei, als sie aus dem Tor kamen. Die scheinbar endlose Treppe wand sich vor ihnen weiter empor, um den „Turm des Gottes“ – allerdings war das Hindernis diesmal eindeutig zu sehen. Lange Lianen breiteten sich auf den Stufen und an der Felswand aus, eindeutig mit langen Dornen versehen.

Inu Yasha, der hinter Sesshoumaru stand, konnte diese an dem Felsen und hinunter hängend entdecken. „Aua,“ meinte er. „Und nicht mal du kannst fliegen. Das soll Holz sein?“

„Holz steht für Leben,“ erklärte der ältere Halbbruder mit einer gewissen Resignation. Was wusste der Kerl denn noch alles nicht? Oder, genauer, was hatte dem seine Mutter, ein gewisser Floh und dieser unsägliche Schmied denn alles noch nicht beigebracht? Sekunde. „Wie lange warst du eigentlich bei Toutousai?“

„Hä? Wie kommst du denn genau jetzt darauf? Also, gar nicht. Ich kannte den alten Zausel ja nicht mal, als er zu mir kam, damit ich ihm helfen soll. Er sagte nur, das sei, weil ich Tessaiga habe und er es geschmiedet hatte. Myouga bestätigte mir das auch später. Dann kamst übrigens du vorbei und wolltest ihn umbringen.“

„Nicht ganz zu Unrecht.“

„Naja, er war anderer Meinung. Ich übrigens auch. Wieso sollte ich denn bei dem gewesen sein? Ja, doch, irgendwann mal waren wir in der Gegend, aber ...“

Also hatte sich nach Izayois Tod nur Myouga um die Ausbildung dieses Halbhundes gekümmert? Und eindeutig dabei gründlich versagt? Kein Wunder, dass der Fechten anscheinend immer nur in ernsten Duellen gelernt hatte. Er selbst hatte sich ja schon einige Male gefragt, wie man dieses Herumwedeln als Kämpfen mit dem mächtigen Tessaiga bezeichnen konnte, aber das erklärte doch einiges. Da waren wohl nur die ersten Übungen als Kleinkind hängen geblieben. Sesshoumaru bemühte sich in dem nächsten Schritt, der ihn auf die ersten Lianen führte, sein Unbehagen nicht zu erkennen zu geben. Diese Dornen waren lang und er würde sie spüren. Fairerweise musste er zugeben, dass Inu Yasha das wohl noch deutlicher merken würde. Der brummelte auch etwas, das man nur zu deutlich als Fluch interpretieren konnte. Auch, wenn es für einen Dämonenfürsten unschicklich war, derartiges zu äußern – er konnte sich in den folgenden Minuten dem Murmeln hinter ihm nur zu gut anschließen.

 

Als sie die Hälfte der Stufen passiert hatten, hätte Yuki, wären die Flüche erhört worden, mit Bestimmtheit keinen Knochen heil im Körper mehr gehabt. Den Gott amüsierte das allerdings eher. „Ach ja, so jung müsste man noch einmal sein. Nun gut, Hexe. Dann lassen wir den Spaß beginnen. Sie haben sich bislang recht gut gehalten. Und, ehe du wieder fragst, was der Zweck dieser Probe ist: zu wissen, dass der nächste Schritt schmerzt und ihn doch zu gehen. Ja, das war auch schon bei der Hitze so, aber es wird mit jedem Schritt schwerer den Schmerz zu erwarten, zumal es jede Runde ein anderer ist, so dass sich auch der gestählteste Krieger nicht daran gewöhnen kann. Und jetzt möchte ich doch hören, was sie zu sagen haben, wenn sie gleich … nun ja, am Spieß stecken.“ Er hob ein wenig die Rechte.

Die kleine Hexe seufzte etwas. „So hübsche Jungs. Ihr macht doch nichts kaputt?“

„Höre ich da Mitleid? Oder gewisse Eigensucht? Ich würde sie eher den Schneefrauen überlassen. Ich denke, da wären die Beiden auch mit einverstanden. Du, meine Liebe, bist doch schon in einem fortgeschrittenen Lebensalter.“

„Yuki-sama!“ Die Hexenschwestern hielten sich alle für jung und eine hübscher als die andere. Immerhin lebte ihre Mutter noch, die allerdings schon von daher ihre Töchter nie sehen konnte.

 

Die Falle schlug unvermutet zu. Die Halbbrüder hatten sich mit zusammengepressten Zähnen die halbe Treppe empor gezwungen, mit jedem Schritt, jeder Stufe, erneut in Stacheln steigend. Das Tor, das scheinbar endlos entfernt, aber doch über ihnen inzwischen zu sehen war, schien als Versprechen. Ohne jede Vorwarnung, zu schnell, als dass sie auch nur nach vorn oder hinten hätten springen können, die anderen beiden Richtungen waren ihnen durch Fels und den Steilabfall verwehrt, reckten sich die Lianen und fesselten sie schmerzhaft, hoben sie empor.

Inu Yasha sagte mehr als deutlich, was er davon hielt. „Rabiater Blödmann!“ war noch eine der schmeichelhaftesten Bemerkungen, die er für Yuki fand, als sich eine Liane von hinten um seinen Bauch schlang und sich zwischen seinen Beinen wieder zurückwand. Arme und Beine wurden auseinander gehalten und er vermutete zu Recht, dass er genauso hilflos und lächerlich aussah wie Sesshoumaru. Allerdings hatte der mit seiner Rüstung einen unfairen Vorteil, denn dort schienen die Dornen nicht hindurch zu dringen. Durchaus zutreffend musste der Halbdämon erkennen, dass ihn sein Feuerrattengewand doch auch einigermaßen schützte. Dennoch: „Mann, ich komme mir ja vor wie in der Speisekammer dieses Eremiten!“

Wo der Halbhund nur überall gesteckt hatte. Gab es überhaupt missliche Lagen, in die der noch nicht gekommen war? Sesshoumaru verdrängte erfolgreich, dass an den letzten misslichen Lagen sein Vorschlag den Halbbruder mit auf diese Reise zu nehmen schuld gewesen war. Das war ja nicht seine Idee gewesen. Wichtiger war etwas anderes. „Wie bist du da herausgekommen?“

„Ich war ein Mensch und irgendwie, also, mit Tessaiga ...“ Ach du je. Inu Yasha konnte schon an dem Gesichtsausdruck erkennen, dass es dem feinen Hund missfiel, dass er das kostbare Schwert ihres Vaters mehr oder weniger als Küchenmesser benutzt hatte. Aber, etwas anderes war ihm doch nicht übrig geblieben, als Mensch zum Ausbluten aufgehängt, Kagome im Kochtopf … „Naja, momentan komme ich ja auch nicht an das Schwert. Dieser dämliche… ich meine, Yuki scheint mitzudenken.“

Sonst wäre der auch kaum Schutzherr geworden, ja. Hm. Das tat weh und selbst als Dämon verlor man mit diesen Stacheln eine Menge Blut. Allzu lange sollte man sich nicht in dieser unwürdigen Lage befinden. An die Schwerter kam er auch nicht, nicht einmal an das gewöhnlich so nutzlose Tenseiga, das allerdings nichts desto trotz eine Klinge war und diese Pflanzen zerschneiden könnte. Ja, könnte, falls er da rankam.

„Aua!“ zischte Inu Yasha. Das reichte jetzt wirklich. Diese Lianen zogen sich immer enger zusammen, je mehr er zerrte. „Wie sieht es mit deiner Giftklaue aus?“

Statt einer Antwort sah Sesshoumaru zu seinem rechten Handgelenk. Dieses war genau so umwickelt, dass die aus seinen Fingern tretende Säure relativ harmlos auf dem Boden weit unter ihm tropfen würde – nicht einmal auf eine Pflanze. Auch so eine Sache, über einem Abgrund zu baumeln.

„Ganz schlau.“ Da wusste jemand anscheinend, was sie konnten. Fragte sich nur, ob Yuki auch damit rechnete. Blut. Mit den fliegenden Klingen aus seinem eigenen Blut hatte er sich mehrmals als Kleinkind in höchster Not gerettet und auch später war das noch ganz nützlich gewesen. Yuki mochte von der Giftklaue wissen und sich dagegen vorgesehen haben – offenkundig wusste er nichts von seinen eigenen Blutklingen, denn seine Hände waren einigermaßen frei. Nun, die Linke zumindest war nur ab dem Ellbogen gefesselt. Die Dornen dort würden ihn schmerzen, aber das musste eben sein, wenn sie hier nicht wie Fisch am Spieß enden wollten. Er tastete nach seiner Brust, als ob er die Lianen dort abreißen wollte. Tatsächlich gelang es ihm, wenngleich mit aller Kraft, seine Haut zu berühren, Blut aufzunehmen. „Ja.“ Es war nur eine kleine Bewegung, kaum zu vergleichen mit sonst, so mit wenig dämonischer Energie und gefesselt, aber es genügte einige der Blutklingen in Richtung auf den Hundedämonen zu werfen.

Sesshoumaru hatte das Manöver etwas ungläubig verfolgt, ehe ihm einfiel, dass sein Halbbruder schon einmal bewiesen hatte, dass er im Kampf quasi Masochist war. Als die Klingen aus Blut auf ihn zuflogen, hoffte er allerdings doch unwillkürlich, dass das gut genug gezielt war – auf seinen rechten Arm, sein rechtes Handgelenk. Kaum, dass die Lianen sich lockerten, riss er daran und ließ gleichzeitig die ätzende Säure austreten, ehe er sich soweit losriss und sich aus der Liane drehte, auf die Treppe sprang. Die Dornen dort machten sich prompt schmerzhaft bemerkbar, aber die Pflanzenarme blieben ruhig liegen, die Anderen gaben Inu Yasha frei.

„Puh,“ machte der. „Nette Überraschungen. Was passiert, wenn man sich hier nicht befreien kann?“

„Dann stirbt man.“

„Ahja, nett, das auch mal zu erfahren.“ Aber, hatte er sich nicht so etwas schon gedacht?

Sesshoumaru verschwendete auch keinen weiteren Atem, sondern machte sich auf den im wahrsten Sinn des Wortes dornenreichen Weg zum nächsten Tor.

 

Dort erwartete die Hundebrüder in der Dunkelheit des Durchgangs Wind, was nur einen Rückschluss zuließ.

„Jetzt also Luft. Na, immerhin ist ein Ende absehbar“, kommentierte der Halbdämon, als er sich an die Felswand lehnte und behutsam seine vielen kleinen Verletzungen überprüfte. Er erwartete keine Antwort und blickte auf, als er eine erhielt.

„In der Tat.“

Sesshoumaru betrachtete am Ausgang des Portals stehend den weiteren Weg, bemüht die Wunden rasch abheilen zu lassen. War bislang die Treppe breit genug für einen gewesen und eindeutig in gutem Zustand, so änderte sich das nun. Eine ganze Anzahl Stufen war abgebrochen und so klein, dass man sich an der Felswand mehr oder weniger entlang tasten musste, eine gute Anzahl fehlte ganz. Unter sich einige hundert Meter Luft bis zum Boden. Und weder er geschweige denn Inu Yasha konnten hier fliegen.
 

Familiengeschichten


 

E

s war eine doch recht ungewohnte Sache für die beiden Hundebrüder sich auf einer ziemlich ruinenhaft wirkenden Treppe empor zu tasten. Immer wieder waren die Stufen abgebrochen und zeigten – mit der Aussicht neben sich – den Prüflingen nur zu deutlich, dass sie sich bereits einige hundert Schritte über dem Boden befanden. Und dass dieser zu allem Überfluss von dem glühenden Lavafluss gebildet wurde. Dort hinein zu stürzen wäre ein ziemlich jähes, schmerzhaftes, und vor allem unwürdiges, Ende.

Überdies schien irgendetwas ihr Vorkommen zu erschweren, aber das bemerkten sie nicht. Jeder der Zwei wurde immer deutlicher auf sich selbst konzentriert, dachte an die eigenen Eltern, die eigene Kindheit, Bilder stiegen auf, unerwartet und ungewollt.

 

Sesshoumaru überlegte sich im Emporsteigen zum ersten Mal, welche Erinnerungen er eigentlich an den Großvater mütterlicherseits hatte, der der letzte offizielle Schutzherr des Westens gewesen war. Kaum welche, dazu war er zu klein gewesen, aber er hatte später gehört, dieser sei ein starker, grausamer, Dämon gewesen. Allerdings war ihm durchaus auch gesagt worden, wie glücklich dieser über seine eigene Geburt gewesen war. Der alte Herr hatte es nicht oder kaum verwunden, dass er nach seiner Tochter trotz aller Versuche mit vermutlich einer ganzen Menge an Frauen keine weiteren Welpen, keinen männlichen Erben, bekommen hatte. Ein Enkelsohn war dem vermutlich als Krönung seines Lebens erschienen, ehe er starb, ein neuer, geborener Schutzherr für die westlichen Länder. Die überaus wenigen Erinnerungen, über die er selbst verfügte, waren von einem Mann in Rüstung geprägt, vor dem sich alle verneigten, der ihn beobachtete und neue Lehrer sandte. Vater dagegen hatte sich mehr um ihn selbst gekümmert, mehr ihn selbst gelehrt … Wieder drang die Erinnerung an dieses letzte Treffen am Meeresstrand in sein Gedächnis: Sesshoumaru, so sehr begehrst du nach Macht? Gibt es irgendetwas, das du beschützen willst, hatte sein verehrter Vater gefragt.

Nein. Er hatte nie den Westen beschützen wollen, sich nie einem Land, Göttern und sonst wem verpflichten wollen – aber Macht, oh ja. Ihm war schon früh klar gewesen, dass er kein gewöhnlicher Dämon war. Er war der Stärkste, der Beste, der Mächtigste dieser Art. Und er war zum Herrschen geboren. Doch diese Frage … Inzwischen hatte er durchaus begriffen, dass Vater den Westen als Vertreter für ihn beschützt hatte, Izayoi und Inu Yasha aber um ihrer selbst willen. Und er – nein, er war Sesshoumaru, er beschützte niemanden. Diese Schutzherren- Erwähl-Sache musste er durchziehen, das war er seinem Stolz schuldig, aber danach … Er würde nie zulassen, dass irgendjemand über ihn bestimmen würde, Götterpakt hin oder her. Er war der Beste!

 

Inu Yasha fragte sich zum wiederholten Mal, wie wohl seine Kindheit, seine Jugend, ausgesehen hätte, wäre sein Vater am Leben geblieben, Mama bei ihm, mit ihm. Dann wären weder die Demütigungen für sie und ihren Sohn in diesem Fürstenschloss notwendig geworden, geschweige denn die Aussetzung des kleinen Halbdämons im Wald. Vater hätte doch bestimmt seine schützende Pfote über seine Familie gehalten, wenn er schon bereit war für sie sein Leben zu lassen. Und, da war sich Inu Yasha mittlerweile sicher, keiner, weder Dämon noch Mensch, hätte es gewagt, diesen Schutz zu ignorieren. Er musste ja nur mit ansehen, wie die meisten Leute schon in Panik verfielen, wenn sie Sesshoumaru nur anblickte – und Vater war doch bestimmt auch in dieser Liga gewesen. Schön, Toutousai hatte gesagt, dass der liebe, oder eher nicht so liebe, Halbbruder Vater übertroffen hätte und deswegen auch Bakusaiga erhalten hätte, ein Schwert aus sich selbst, nicht aus einem Fangzahn, aber trotzdem …

 

Unwillkürlich blickte er zu dem vor ihm Gehenden.

„He, Sesshoumaru!“ entfuhr es ihm, wirklich verdattert. Erst dann überprüfte er seinen Eindruck, blieb aber bei seiner Meinung, auch, als der so Angesprochene stehen blieb und langsam den Kopf wandte.

Der Hundedämon war sich, wie schon seit geraumer Zeit sicher, dass sich der Jüngere keinen Patzer ihm gegenüber leisten wollte. Was also war los?

„Äh – da stimmt was nicht. Guck mal, wo du stehst!“

Sesshoumaru blickte an sich hinunter. Ja, er stand auf einer der ausnahmsweise größeren Stufen. Was genau war da das Problem? Als er zu dem Halbblut sah, dachte er allerdings für einen Moment, dass ihn seine Augen trügen würden. Der schien im Nichts zu stehen, genauer, zu schweben. Und bei allen minderen Fähigkeiten, die der aufweisen konnte – fliegen gehörte sicher nicht dazu. „Nun?“ erkundigte er sich allerdings nur trocken.

„Ich meine, du schwebst? Ich dachte, das geht hier nicht?“

Schön, das wurde in der Tat merkwürdig. „Du?“

„Ich kann doch gar nicht fliegen. - He, Sekunde. Du denkst, ich schwebe, aber ich stehe auf einer Stufe und umgekehrt? Was soll denn der Blödsinn?“

„Folgerung?“ Oh, er handelte unwillkürlich schon wieder, wie es wohl nach närrischer Menschenart ein großer Bruder tat? Ausbilden und erklären? Er sollte aufpassen, dass er das schleunigst abstellte, sobald diese drei Prüfungen der Schutzherren vorbei waren. Soweit käme es noch, dass er sich um die Erziehung eines Kindes kümmerte, naja, eines Halbwüchsigen, immerhin war der Halbhund ja schon verheiratet. Und diese Kagome wusste, was sie wollte, eine der wenigen positiven Eigenschaften, die er der Möchte-gern.Priesterin zubilligen konnte.

Inu Yasha erkannte diese neue, hilfreiche, geschwisterliche, Tatsache ebenfalls - und ebenso instinktiv an. „Ein lästiger Trick des guten Yuki, würde ich sagen. Man glaubt, man muss aufpassen, dabei sind die Stufen vollkommen normal. Und er amüsiert sich wahrscheinlich göttlich, wie behutsam wir auf der Innenseite gegangen sind.“

Allein dafür, dass diese Aussage stimmte ….Nun, leider konnte er weder Inu Yasha, geschweige denn Yuki, dafür den Hals umdrehen. Tatsachen hörten nicht auf, weil sie existierten und einem nur nicht gefielen. Es blieb allerdings schlicht eine logische Konsequenz. „Die eigentliche Falle ist verborgen.“

„Ja.“ Der Halbdämon war fast begeistert, schaffte es jedoch gerade noch das nicht zu zeigen. Er wurde nicht als dämlich beschimpft, bekam Erklärungen – vielleicht wurde ihr brüderliches Verhältnis ja doch besser? Wobei, allein an der Tatsache, dass sie seit vielen Tagen gemeinsam unterwegs waren und es noch kein einziges Duell gegeben hatte, war doch eine drastische Verbesserung abzulesen. Zumindest, sah Inu Yasha dann ein, solange er den Anderen als Älteren, Ranghöheren, anerkannte. Allerdings war das gar nicht so schwer wie er immer geglaubt hatte. Eher so wie bei Kagome, bloß ohne deren Zärtlichkeit, die durchaus neu war, seit sie zurück kam. Sein Rücken schmerzte heute noch bei dem Gedanken an ihre früheren Befehle. Und der Bruder – Halbbruder – hatte ihn in der letzten Zeit auch besser behandelt, genauer, seit dieser anerkannt hatte, dass Tessaiga wirklich ihm gehörte und der dafür Bakusaiga bekommen hatte. War es das wirklich? Der ganze mörderische Zwist nur um eines Schwertes willen? Oder doch auch darum, dass Vater … Möglich wäre es ja. Sesshoumaru war damals jünger gewesen als er jetzt, umgerechnet, sozusagen. Denn er war zuerst wie ein Menschenkind gealtert, erst seit der Pubertät wie ein Dämon. „Siehst du eine Falle?“ Immerhin verstand der hochwohlgeborene Herr Hundedämon deutlich mehr von Magie als er.

Da eine Antwort bedeutet hätte ein Unvermögen zuzugeben, drehte sich Sesshoumaru wieder um und ging wortlos weiter.

 

Yuki atmete durch und blickte zu seiner kleinen Hexe, die zu seinen Füßen saß, aber eilig aufsah. „Nun ja. Hol schon mal diese Ramen, was auch immer das ist. Du wirst etwas unterwegs sein.“

„Ja. So glaubt Ihr, sie schaffen das?“ Sie erhob sich.

„Sie denken viel an ihre Vergangenheit, aber sie werden sich davon nicht von ihrem Weg abbringen lassen.“ Es hatte schon manch einen Prüfling gegeben, der über das Grübeln die Aufgabe vergessen hatte, und den er durch die Hexe mehr oder weniger wieder rauswerfen lassen musste, damit der nicht starb. „Warum bin ich auf dieser Welt, was ist mein Ziel und was tue ich überhaupt“ – solche Gedanken plagten diese Hundebrüder offensichtlich deutlich weniger, wenngleich sie nachdachten. Immerhin wirkte der Zauber doch. Aber Inu Yasha schien seinem großen Bruder blindlings zu vertrauen, dessen Vorrang nicht anzuzweifeln, und Sesshoumaru hatte es weniger als Ziel Schutzherr zu werden, sondern nur, sich und seine Familie nicht zu blamieren. Im Gegenteil, er neigte anscheinend dazu, seinen kleinen Bruder auszubilden. Gut. Schutzherr sollte niemand werden, der dieses als Lebensziel hatte, möglichst nur die Macht sah. Und man merkte keinem der beiden Halbbrüder an, dass sie sich der Macht, die sie besaßen, ja, für empfindsame Gemüter ausstrahlten, überhaupt bewusst waren. Wussten sie es nicht, oder war es ihnen gleich? Langsam verstand er, warum der gute alte Drachenkönig so sehr auf diese Zwei setzte. Es würde amüsant und auch interessant sein, was Amalo zu ihnen sagte. Immerhin war er der Älteste aller Schutzherren, Relikt einer schon lange vergessenen Zeit – und ein Meister der Magie.

 

Die Halbbrüder meditierten noch immer über ihren Vater, wenngleich schweigend und absolut darüber ahnungslos, dass dies der Andere auch tat, als sie erneut ein Tor erreichten, dessen Innenraum heller und überhaupt größer als alle anderen bisherigen war. Der Ausgang befand sich auch nicht direkt gegenüber, sondern nach links, in Richtung auf die Felsnadel. Da sie nicht zu hoffen wagten die Prüfung sei bereits vorbei, musterten sie die Schneefrau, die dort in der Tür lehnte, in ihrer jugendlich-schönen Menschenform, sich aber nun aufrichtete.

„Willkommen bei Yuki-sama,“ sagte sie mit einer höflichen Verneigung. „Bitte folgt mir.“

Das klang ja schon mal positiv, dachten die Hundebrüder selten einmütig, hüteten sich jedoch alle beide in ihrer Wachsamkeit nachzulassen. Die yuki onna führte sie in die Felsnadel, durch einen kurzen, dunklen Tunnel, ehe sie eine Höhle, eher eine Halle, erreichten, deren fast kreisrunde Decke offenbar von einem durchsichtigen Bannkreis gebildet wurde, denn man konnte den Himmel und die letzten Strahlen der Sonne ebenso erkennen wie Schnee, der auf diesem Deckel lag.

Das Interessanteste in dem großen Raum war allerdings wohl der Mann, der auf einem Felssessel lehnte und sie musterte. Er war undefinierbaren Alters, die Haare blond bis weiß und schulterlang, in grüne, warme Kleidung gehüllt. Nur die braunen Stiefeletten, die ebenso gefärbten Lederarmbänder und der Kragen um Hals und Schultern deuteten von seiner kriegerischen Seite. Auch ohne seine Ausstrahlung hätte jeder der zwei Besucher erkannt, dass es sich um den Hausherrn handeln musste. Ein zweiter, rascher, Blick herum verriet ihnen, dass vor ihm in einer großen, flachen, Metallschale Feuer brannte, das gewiss ebenso ihrem Willkommen diente, wie die beiden Hocker, die andere Schneefrauen Yuki gegenüber eben rasch platzierten. An der hinteren Wand befand sich ein kunstvoll gearbeiteter Schwertständer, aus dem ein golden schimmernder Griff ragte, daneben lag ein Helm, dessen Größe und Form verriet, dass er sicher für keinen Menschenkopf geschaffen worden war – und der Herr des Nordens hier nicht in seiner wahren Form saß.

Der Blick der hellblauen Augen war forschend, aber das Lächeln heiter. „Willkommen, Herr der westlichen Länder, und der liebe Inu Yasha. Ich bin wahrlich erfreut, Leute aus dem Hundeclan des Westens einmal wieder zu sehen. Euer Vater war wirklich interessant, dein Großvater, Sesshoumaru, ein echter Schutzherr, der Urgroßvater natürlich auch. Immerhin wurde er einst von den Göttern erwählt. Schade, dass der alte Knabe so bei der Schlacht mit den östlichen Wasserdrachen sterben musste. Nun gut. Bitte, nehmt Platz. - Inu Yasha, dein gewünschtes Essen kommt sicher gleich.“

Redselig, dachte Sesshoumaru nur, entnahm dem langen Satz jedoch auch das „Herr der westlichen Länder“. Er hatte die erste Anerkennung! Allerdings wäre es vermutlich schlicht zu unhöflich prompt zu gehen. Womöglich wären die anderen beiden Schutzherren dann gar nicht mehr in der Laune ihn zu empfangen oder ihren Prüfungen zu unterziehen. So sagte er, dem Protokoll zuliebe: „Ich grüße den Schutzherrn des Nordens, Yuki.“

Inu Yasha der nicht so recht wusste, was von ihm erwartet wurde, neigte diplomatisch ein wenig den Kopf, in vager Erinnerung an seine höfischen Zeiten. Bloß nicht Sesshoumaru und vor allem sich selbst durch einen unüberlegten Ausruf blamieren, zumal dieser Nordgott ja ganz freundlich schien.

„Bitte, nehmt doch Platz, meine Gäste.“ Als die Beiden saßen, warfen sie noch einmal einen Blick herum. Ach ja, Krieger, dachte Yuki verständnisvoll. So war er einst selbst vorgegangen, als er noch jung und unerfahrener war. Da die Hexe mit dem Ramen noch nicht da war, sollte er wohl ein wenig Konversation machen. „Das letzte Mal, als ich jemanden eurer Familie sah, war euer Vater bei mir zu Gast.“

„Aber, der war doch gar nicht Schutzherr,“ konstatierte Inu Yasha, ehe er sich seiner vor wenigen Sekunden gefassten Vorsätze erinnerte.

„Das ist wahr, junger Freund. Aber er war Regent und empfand es als höflich sich vorzustellen. Ein sehr ehrenwerter Mann. Nein, Schutzherr war natürlich euer, nein, dein Großvater, Sesshoumaru. Und davor euer Urgroßvater.“

Yuki erhielt einen Anblick, um den ihn viele beneidet hätten, da er als unmöglich galt: beide Hundejungen starrten mit sehr ähnlich überraschten Gesichtern erst sich, dann ihn an. Ihr Vater hätte beide nicht verleugnen können.

„Wie meinst du das?“ entkam es dem Jüngeren, Sesshoumaru dachte sich es nur.

Nun war es an Yuki erstaunt zu sein. „Euer gemeinsamer Urgroßvater war der erste Schutzherr des Westens. Sagt nur, ihr habt das nicht gewusst.“

Der Halbdämon wollte schon auf den großen Bruder schimpfen, ehe er bedachte, dass der so dumm nur dreinblickte wenn es ernst war. Nein, der hatte davon auch keine Ahnung gehabt. In dem unbewussten Gefühl den doch schützen zu sollen, übernahm er die Antwort. „Äh, nein. Mein Vater starb als ich geboren wurde, meine Mutter war ein Mensch, da hat mir keiner lange Reden über dämonische Familiengeschichten gehalten, weißt du.“

„Hm.“ Yukis Blick glitt zu dem Noch-nicht-ganz-Schutzherrn des Westens. „Erstaunlich, dass auch du das offenbar nicht wusstest. Nun gut. Ja, euer Urgroßvater war der erste Schutzherr des Westens. Er hatte zwei Söhne. Der Ältere sollte ihn als Schutzherr beerben, natürlich nur, wenn er alle Prüfungen bestand und die Anerkennungen erhielt. Das war dein Großvater, Sesshoumaru. Das Erbe trat ein, als der vermutlich mächtigste Hundedämon damals in der Schlacht gegen die Wasserdrachen aus dem fernen Osten jenseits des Ozeans fiel. Aber ohne dieses Opfer hätten wir alle als Schutzherrn versagt, gebe ich zu. - Nun, der Ältere bestand die Prüfungen und wurde Schutzherr. Der Jüngere war deswegen zornig. Er zog aus um sich ein eigenes Reich zu erobern ...“ Etwas an der Stimme des Herrn des Nordens verriet für wie unsinnig er diese Idee gehalten hatte. „Und er traf, das erzählte er später, einen toten Drachen und einen Menschen, der offenbar von seinem Schwert besessen worden war, und nun ebenfalls tot war. Das mächtige, verfluchte, Schwert wollte den Hundedämon übernehmen, aber er widerstand ihm und nahm es an sich.“

„Ach, So´unga,“ seufzte Inu Yasha. „Das versucht das idiotische Teil bei jedem. Äh, entschuldige, ich wollte dich nicht unterbrechen,“ korrigierte er sich hastig, bemüht doch als gut erzogen dazustehen.

„Du hattest es also schon in der Hand und hast bestanden?“ Yuki verstand erneut, was wohl Ryujin an dem Jungen fand. „Nun gut. Er zwang dem Höllenschwert seinen Willen auf und rettete so doch einige Wesen. Während der nunmehrige Schutzherr des Westens heiratete und eine Tochter geboren wurde, bekam der Jüngere einen Sohn, euren Vater.“

 

Seine Eltern waren Cousin und Cousine gewesen, dachte Sesshoumaru. Wieso hatte das Mutter nie …. Sie hatte es nie erwähnt, weil sie angenommen hatte, sein Geschichtslehrer habe ihm solche Kleinigkeiten erzählt, dachte er dann resignierend. Weder der noch er selbst hatten Mutter gegenüber wohlweislich erwähnt, dass der Sohn lieber aus dem Fenster gesehen und Bäume gezählt hatte als sich den Unterricht anzuhören. Jetzt begriff er auch die leider zu deutlich erkennbare Erheiterung seiner Mutter, als sie ihm von Ryujins Angebot, Inu Yasha zum Schutzherrn des Westens zu erklären, erzählt hatte. Ihr war nur zu bewusst gewesen, dass es sich eben nicht nur um den Bastard ihres Ehemanns und Cousins handelte, sondern um den Urenkel des ersten Herrn der westlichen Länder. Kurz, sein kleiner Halbbruder kam nicht nur in Frage weil er SEIN Erbe war, ehe er selbst einen Sohn zeugte, der war es aus eigenem Recht, aus der Blutlinie. Es gab im weiten Westen keine anderen, männlichen, Thronfolger. Daher auch der Rundbrief des Drachenkönigs. Und ebenfalls Yuki war mehr als verwundert über die Ahnungslosigkeit. Natürlich. Man war gewöhnlicherweise daran interessiert, wer einem das Erbe streitig machen konnte. Er selbst war bloß nie auf die Idee gekommen, dass ausgerechnet dieser Halbhund … Ja, das erklärte Mutters Vergnügen nur zu sehr. Hatte er nicht da schon angenommen, sie amüsiere sich über seinen Patzer? Zumal, wenn sie mit Fug und Recht annehmen durfte, er wisse das eigentlich? Peinlich, dieser, sein, Schnitzer - und es bot auch nur geringen Trost, dass der Bastard das ebenso wenig gewusst hatte. Der war wild im Wald aufgewachsen, mit einem törichten Floh als Lehrer. Izayoi hatte von den Erbregelungen sicher eben so wenig Ahnung gehabt wie von der Tatsache, dass es überhaupt Schutzherren gab. Hatte diese menschliche Prinzessin eigentlich je erfahren, dass Vater ein Höllenschwert mit sich spazieren trug? Dass dieser von seinem Vater gerbt hatte? Nun gut, dass wusste dogar er, Sesshoumaru. Wenn er allerdings seinen verehrten Vater richtig einschätzte, hatte der seine Menschenfrau nicht mit solchen Dingen belasten oder verwirren wollen.

 

Der Herr des Nordens sah auf. „Ah, die Hexe kommt. Du wirst gleich etwas zu essen bekommen, Inu Yasha.“

„Äh, danke.“ Der Halbdämon bemühte sich wirklich um Benehmen. Außerdem war es angenehm etwas zu essen zu erhalten, super, den eigenen Namen von einem Gott, noch dazu dem Schutzherrn des Nordens so oft gesagt zu bekommen, höflich und ohne jede Herablassung. Kurz, bis auf die Tatsache, dass er bis eben nicht gewusst hatte, dass er eigentlich auch ein Erbanwärter war, fühlte er sich rundum zufrieden. Allerdings führte das zu etwas anderem. Der liebe Halbbruder hatte ihn doch auf diese Rundreise mitschleifen wollen. Er hatte sich ja schon gedacht, dass es da einen Haken gab – und den hatte er wohl gerade erfahren. Sie waren Konkurrenten. Hm. Der hatte aber so überrascht drein geblickt. Hatte der das auch nicht gewusst? Aber, wieso sollten sie dann zu zweit unterwegs sein? Sollte er das den doch recht nett wirkenden Yuki fragen? Oder würde er damit sich, und möglichst noch zusätzlich Sesshoumaru, als komplett dämlich darstellen? Noch mehr, als sie es wohl durch ihre offene Überraschung sowieso schon getan hatten? „Es wird ohnedies dunkel.“ Zeit für´s Abendessen.

Weder der Gott noch der Hundedämon wussten, was der Halbdämon damit sagen wollte, aber sie schwiegen.

Die kleine Hexe kam mit einem Kessel, der fast so groß war, wie sie selbst, in den Raum. Sie schätzte den Appetit eines Menschen als groß ein, multipliziert mit dem eines Dämons. So hatte sie einfach in dem Dorf einen Topf vom Feuer genommen und war zurückgekehrt, nachdem ihr die panischen Menschen versichert hatten es handele sich um Ramen. Sie stellte ihn vor den Gast. „Hier, das soll Ramen sein….“ Sie hatte das doch noch nie gegessen.

„Äh, danke.“ Das würde Kagome doch sicher als richtig empfinden. So nahm der Halbdämon die Schöpfkelle und begann den Kessel zu leeren. Das schmeckte gut.

Yuki musterte kurz seinen offenkundig hungrigen Gast, ehe er meinte: „Bereitet Matten für ihn vor. Und eine Decke.“ Das war zwar an niemand Bestimmten gerichtet, aber die Hexe und die Schneefrauen eilten davon.

Schlafen? Sesshoumaru war für eine Sekunde empört, ehe er erkannte, dass dieses Angebot wohl nur für den verfressenen, müden Halbdämon galt. Ach du je. Hatte er sich schon wieder gerade als unfähig dargestellt? So meinte er nur, mit Blick auf die Feuerschale: „Mein jüngerer Bruder hält eine Menge aus.“

„Das habe ich nie bezweifelt. Keiner der Schutzherrn,“ erwiderte Yuki nur.

Was einen der Halbbrüder empörte, den Anderen mehr als zufrieden machte.

 
 

Bekannte Pfade


 

W

eder Yuki noch Sesshoumaru schenkten dem vor sich hin essenden Halbdämonen einen Blick. Sie sahen auf die Feuerschale vor sich und spürten beide den Magielinien der nördlichen Länder nach.

Der Eisgott sah endlich auf. „Ich stelle in der Tat fest, dass du das Bluterbe hast. Und eine Ausbildung erhalten. Der Westen kann sich froh schätzen wieder einen Schutzherrn zu bekommen. Wohin willst du als nächstes? Nach Ryuku?“

„Ja. Kennst du den Weg?“

„Der Weg, den ich ging, ist für euch versperrt. Ich bin ein Gott. Aber ich weiß, wie dein Großvater in das Drachenschloss gelangte. - Morgen früh geht von hier aus nach Südosten. Meine Hexe wird euch begleiten. In einem Tal am Meer, an einem Vulkan, werdet ihr Tora finden. Ein Katzendämon, stark und sehr ... unabhängig. Er kann euch den Weg zur grünen See weisen und ein Schiff besorgen.“

„Ein grüner See?“ erkundigte sich Inu Yasha und verriet damit, dass er durchaus aufmerksam war.

„Die grüne See, mein Junge,“ korrigierte Yuki jedoch. „Es handelt sich um ein Feld im Meer, das fast kreisrund ist und von Schwimmpflanzen bedeckt. Mehr weiß ich nicht darüber. Nur, dass es von Schiffswracks umgeben ist, die die Drachen dort sammelten, um die Pflanzen einzudämmen. Von dort aus gibt es einen Zugang zum Schloss auf dem Grund des Ozeans. Ryujin hat keinen Grund es Besuchern einfach zu machen. Diese Schiffe werden sicher Schwierigkeiten bringen.“ Er bemerkte allerdings, dass keiner der Hundebrüder auch nur einen Gedanken daran verschwendete. „Vorsicht ist durchaus ein Teil der Tapferkeit, meine Lieben. Oh, Sesshoumaru, bei Tora sollte es dir möglich sein, die Hexe des Westens zu rufen, falls du Fragen hast. Dann allerdings erst wieder, wenn du im Westen selbst bist. Und natürlich der anerkannte Schutzherr. Hast du nun noch Fragen?“

Was sollte er für Fragen haben, dachte Sesshoumaru als erstes, ehe ihm einfiel, dass er wohl auf den Eisgott nicht sonderlich firm gewirkt hatte. „Ich denke, man muss sich überraschen lassen.“

„Das ist wahr. Und, wie man die eigene Hexe ruft, weißt du.“

Natürlich, hätte der Hundedämon um ein Haar gesagt, Inu Yasha tat es. „Der kann Seelen aus der Unterwelt rufen,“ verteidigte er seinen Halbbruder prompt. „Wie viel mehr so eine schräge Hexe.“

Die besagte Hexe des Nordens sah sich und ihre Schwestern beleidigt und holte bereits tief Luft, ehe ihr die Handbewegung ihres Herrn auffiel und sie lieber den Mund hielt. Der Gott des Nordens schätzte es nicht, wenn man Gäste beleidigte.

„Nun,“ meinte Yuki mild. „Du hast wohl noch keine so fähigen Hexen kennengelernt.“

Ups, er sollte sich vermutlich korrigieren und erklären. „Bislang nur deine, die ist ja auch wirklich nett, und eine völlig bescheuerte, die Urasae hieß und die Welt erobern wollte, indem sie Tote wieder lebendig machte, aus Lehm.“ Leider auch Kikyou.

„Oh.“ Der Eisgott sah zu der kleinen Hexe. „Kennst du sie?“

„Bedauerlicherweise,“ beeilte sie sich zu beteuern. Der Kleine kannte ja wirklich doch einiges. Und, diese Hexe als erstes kennengelernt zu haben, war bestimmt keine Empfehlung für die gesamte Zunft gewesen. „So was ist verboten. Der Einzige, der so etwas darf, ist der Herr des Himmelsschwertes, des Sargbetrügers, ja. Das war eine Ausnahme.“ Hm. Wieso blickte der Ältere der Hundejungen so unwillkürlich auf seine Taille. Ja, da trug er seine zwei Schwerter, aber … Ach du je. Sie zog ihren Rückschluss. Die Zwei hatten das Höllenschwert wieder in die Unterwelt befördert, der Ältere trug offenkundig Tenseiga – dann musste das Schwert, das dieser Halbmensch besaß, Tessaiga sein. Und wer, der etwas von Magie verstand und Kontakte hatte, hatte davon noch nicht gehört. Kein Wunder, dass diese Jungen als Schutzherr in Betracht gezogen wurden, obwohl sie doch kaum dem Welpenalter entwachsen waren. DAFÜR waren sie wohl sehr stark und in ihrer Magie mächtig. Nun gut. Es würde amüsant sein, wann die Halbbrüder sich die Zusammenarbeit aufkündigten, mit diesem Ziel vor Augen. Es konnte ja schließlich nur einen Gebieter des Westens geben.

Der Herr des Nordens streifte unwillkürlich ein Eiskristall aus seinen Haaren. „Töricht war sie dann. Und anscheinend noch törichter, dir in den Weg zu laufen, Inu Yasha.

„Äh, ja.“ Etwas geschmeichelt machte sich der Halbdämon an den Rest des Eintopfes.

Sesshoumaru wollte etwas sachlicher werden. „Tora ist ein Katzendämon und unabhängig, erwähntest du. Sollte man dem entnehmen, dass du diesen Vulkan, geschweige denn den Bewohner, nicht kontrollierst?“

„Natürlich tue ich das.“ Yuki legte die Hände auf die Sessellehnen. „Aber dort gibt es nun einmal eine Ausnahme, Verbindung zu der Hauptinsel, den westlichen und östlichen Ländern. Tora ist nur zu zähmen, wenn sich alle diese drei Schutzherrn einig sind. Nun, ich habe dich anerkannt, Ryujin schreibt Briefe – es sollte machbar sein.“

„Und die Hexe zeigt nur den Weg.“

„In der Tat. Oh, nicht, dass ich daran zweifeln würde, dass du, ihr, den Weg allein findet, aber so wird es schneller gehen.“

Schon wieder, dachte der Hundedämon, in wenigen Minuten, war er bei dem Gedanken, diesem Schutzherrn des Nordens den Hals umzudrehen. Nur, dass das vermutlich nicht nur unmöglich, sondern auch töricht gewesen wäre, in mehr als einer Beziehung.

Yuki nickte langsam, als käme ihm eine Idee. „Während Inu Yasha sich erholt, kannst du auf meinen Aussichtsturm gehen, Sesshoumaru, und dir die nördlichen Länder und ihre Magie ansehen. Ich bin sicher, das ist eine einmalige Angelegenheit.“

Das war es in der Tat, dachte der so Eingeladene. Als „echter“ Schutzherr benötigte er die Kenntnis, um mit Yuki Kontakt aufnehmen oder gar zusammenarbeiten zu können. Aber eben als Herr des Westens würde er nie wieder herkommen. „Ich danke dir.“ Das war hoffentlich höflich genug und bedeutete für ihn eine Nacht in der Meditation der Macht – sollte der Halbhund doch schlafen. Das konnte nur besser für ihn selbst sein, wenn sie zu Ryujin gelangten. Der Drachenkönig würde doch dann sehen, wer was konnte – und wer nicht.

 

Nach einer ruhig verbrachten Nacht trafen sich die Hundebrüder mit ihrem Gastgeber wieder in dessen Haupthalle, wo die kleine Hexe bereits neben einer Feuerseele stand.

„Guten Morgen,“ murmelte Inu Yasha, eingedenk der Manieren, auf denen Kagome bestand.

Yuki lächelte fein. Ihm war nicht entgangen, dass der Halbdämon zwar tief und fest geschlafen hatte, dabei jedoch sein Schwert in den Armen hielt – und dass das seine eigenen Mittel hatte seinen Besitzer auch so unaufmerksam zu schützen. „Die Hexe des Nordens wird euch über eine Abkürzung nach Süden bringen, denn ich vermute doch, dass ihr eure Rundreise ein wenig beschleunigen wollt.“ Er wartete die Bestätigung gar nicht ab. „Darum wird sie euch einen etwas ungewöhnlichen Pfad führen, durch das Jenseits. Ich glaube jedoch, dass euch das nichts ausmacht, zumal dir, Sesshoumaru, als Tenseigas Träger.“

Außer, dass diese toten Seelen mehr als zudringlich wurden, wenn sie sein Schwert bemerkten, nein, dachte der Hundedämon prompt.

„Keh,“ machte sein Halbbruder unverzüglich. „Wir waren schon oft genug da, ja.“

„In Ordnung.“ Der Schutzherr des Nordens gab durch nichts zu erkennen, dass er gerade ein wenig irritiert wart. Es war immerhin ein Privileg der Schutzherrn ihre jeweiligen Hexen im Jenseits kennen zu lernen. Dass Sesshoumaru schon einmal in der Anderswelt gewesen war, als Bluterbe und zumal Träger Tenseigas war kaum verwunderlich. Aber wieso hatte das der Halbdämon vermocht? Und anscheinend das auch noch öfters? Aber es wäre vermutlich sehr unhöflich die Bezwinger So´ungas danach zu fragen. Das hing vermutlich eben damit zusammen. „Wenn ihr mich nun verlasst, folgt der Hexe bis in den Zwischentunnel. Dort wird sie abbiegen. Danach folgt ihr einfach immer weiter. Auf diese Art gelangt ihr in kaum einem Tag bis zu dem Vulkan am Meer, der Toras Zuhause ist. Danach liegt es an euch.“

 

Da die Hexe des Nordens sich nur höflich vor ihrem Herrn verneigte, ehe sie sich abwandte und zu dem Tunnel ging, durch den sie gestern hereingeführt worden waren, wandten sich auch die Halbbrüder nur schweigend ab und folgten ihr. Was nur hatte Yuki mit abbiegen gemeint? Sie waren doch von außen, von dieser endlosen Treppe aus, hereingeführt worden. Es hatte keinen anderen Weg gegeben ….

In diesem Moment schien die Feuerseele zu verschwinden, ebenso die Hexe vor ihnen in der Dunkelheit. Im nächsten Sekundenbruchteil spürten die mehr als überraschten Gäste, dass der Boden unter ihren Füßen verschwunden war und sie in die Tiefe stürzten. Es war die beidseitige Erfahrung mit solchen Situationen, die sie zwar geräuschlos Yuki und seiner Hexe jede Menge Flüche anwünschen aber sie dennoch unten weich landen ließ.

Wo auch immer unten war.

Sie blickten sich gefühlsmäßig um, aber außerhalb des Lichtscheins der Feuerseele war nichts zu erkennen. Sofern sie jedoch ihren Nasen und anderen Instinkten vertrauen durften, befanden sie sich nicht mehr in ihrer Welt.

„Tolle Überraschung, Hexe,“ murrte der Halbdämon. „Hast du noch so etwas auf Lager? Dann solltest du es in deinem eigenen Interesse vorher ankündigen.“

„Aber der Herr sagte Euch doch, dass wir ins Jenseits reisen. Das ist doch nie sehr angenehm, oder?“ Sie hatte durchaus mitbekommen, dass Beide angegeben hatten bereits in der Unterwelt gewesen zu sein. Und das war nicht gerade ein gewöhnlicher Aufenthaltsort, wenn sie das als selbst Tote so richtig betrachtete. Nicht für Lebendige.

„Stimmt auch wieder,“ gab Inu Yasha zu. „Dann geh mal los. Aus dem Jenseits sollte man bald wieder draußen sein.“

„Ja, Herr,“ sagte die bereits seit geraumer Zeit tote Hexe, der dieses nur in Zusammenarbeit mit Yuki vergönnt war. Immerhin.

 

So begann eine seltsame Prozession durch das Dunkel der Unterwelt. Voran die Feuerseele, deren warmes Licht hier nur zu willkommen war, gefolgt von der Hexe des Nordens, die auf der gleichen Höhe wie die leuchtende Kugel schwebte und nun einen Stab in der Hand hielt, dessen Spitze glomm, dahinter die Halbbrüder nebeneinander, beide sehr aufmerksam in die Schwärze lauschend und witternd. Etwas war dort, bewegte sich. Sie hatten alle beide die Seelen gesehen, die das Höllenschwert rufen wollte, Sesshoumaru kannte von seinem kleinen Abenteuer wegen Tenseiga und dem Pfad der Dunkelheit die Zudringlichkeit der Toten in Bezug auf das Schwert des Lebens. Leben, ja. Dieser Ausflug hatte ihn Rins Leben gekostet. Seine Mutter hatte sie gerettet, aber das würde nicht noch einmal gehen.

 

Die Hexe des Nordens wurde unruhig. Immer wieder sah sie sich um, ehe sie ihren Zauberstab schwang und einen Lichtstrahl aussendete. „Seid doch nicht so aufdringlich!“ rief sie, um hastig erklärend zu ergänzen: „Das machen sie sonst nicht, edle Herren.“ Nur keinen Tadel oder Ärgeres von ihrem Herrn heraufbeschwören. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das waren seine Gäste.

„Sie kommen immer näher,“ erklärte Inu Yasha das auf der Hand Liegende, ehe er zu seinem schweigsamen Nebenmann guckte. „Sie spüren Tenseiga, oder?“ Um ein Haar hätte er „großer Bruder“ ergänzt, aber das wäre dem wohl zu viel geworden, Annäherung der letzten Tage hin oder her. Und auf ein weiteres Duell in der Unterwelt konnte er verzichten, auch, wenn Vaters etwas demoliertes Skelett hier nicht zu sehen war. Eigentlich war gar nichts zu sehen.

Der Hundedämon starrte geradeaus. Wieso erzählte das Halbblut stets das Offensichtliche? Ja, das taten die Toten. Und die Sehnsucht nach Licht mochte ihr Übriges tun. Aber da gab es keine andere Lösung als hier durchzugehen. So schnell wie möglich. „Beeile dich, Hexe.“

„Ja, gewiss, Sesshoumaru-sama. Und zur Sicherheit ...“ Sie schwang erneut ihren Zauberstab. Zwar war sie selbst schon lange verstorben, aber da sie regelmäßig den Schutzherrn des Nordens aufsuchen musste, war sie durchaus an das Tageslicht und die Welt noch so gewohnt, dass sie die Anziehung des Lebensschwertes nicht spürte. Eine Halbkugel entstand um die kleine Gruppe, ein Bannkreis. Sie hoffte, dass der so lange halten würde, bis sie an dem Ausgang waren. Aber, um es mit Menschen zu sagen: die Strecke durch die Unterwelt war eben deutlich kürzer für eine magiekundige Person als der Fußweg zurück von Daisetzusan nach Urokawa, in dieser Gegend lebte Tora. „Kusch! Aus! Ihr habt hier nichts verloren!“

Das würde kaum etwas bringen, dachten die Hundebrüder prompt. Die Toten wollten leben, das war klar.

„Apropos, müsste hier nicht auch irgendwo dieses So´unga rumlungern?“ fragte Inu Yasha plötzlich.

„Das fehlte noch!“ entkam es der kleinen Hexe ohne weiter Nachzudenken. Nie wieder diese Klinge, nie wieder diesen Namen!

„Na, ich kann nicht behaupten, dass mir dieses verrückte Schwert je gefehlt hätte.“ Aber er war doch froh um den Bannkreis. Das Gefühl aus tausend Augen beobachtet zu werden, das leise Flüstern und Rascheln um sie, das immer näher kam – am liebsten hätte er Tessaiga gezogen, aber er wusste, dass das nicht das Schwert der Wahl gegen Tote war. Überdies wollte er sich auch nicht vor Halbbruder und Nordhexe als feige darstellen, denn zumindest der Herr Hundedämon schritt gemächlich dahin, so, als wäre überhaupt nichts los. Dabei hörte der das Wispern in der Nacht um sie doch sicher und, da Tenseiga an dessen Hüfte aufstrahlte, fühlte der doch bestimmt auch das Pochen der magischen Klinge in der Scheide, so, wie er selbst bei Tessaiga. Es waren eben Zwillingsschwerter – und, da konnte man sagen, was man wollte über den alten Kauz: schmieden konnte Toutousai wirklich. Aber diese schemenhaften Gestalten um sie schienen dermaßen vom Licht und Tenseiga angelockt zu werden, sie drängten sich um sie, schon fast im Licht, drückten sich gegen den Bankreis. Gruselig. Er sah wieder seitwärts. „Wir sollten uns wirklich beeilen. Nimmst du die Feuerseele, ich die Hexe?“

Sesshoumaru war um ein Haar erleichtert, dass er sich nicht allein um alles kümmern musste. So erwiderte er nur: „Weg!“ Immerhin konnte ER diesen Befehl geben, hatte der Halbhund doch erkannt, dass er der Ranghöhere war. Hoffentlich würde das Inu Yasha auch diesem senil gewordenen Drachenkönig erzählen, dachte er noch, ehe er mit der Linken die Feuerseele fasste, der so etwas in ihrem gesamten Untod noch nie widerfahren war. Dann sprang er weiter, sicher, was gleich passieren würde.

Die Hexe, die noch immer den Bannkreis aufrecht halten musste, sah fast entsetzt, wie ihr lichtwerfender Begleiter gepackt wurde, als auch sie einen festen Griff im Nacken spürte und mitgerissen wurde.

„Komm schon,“ befahl Inu Yasha hastig. „Wir müssen hier weg, alte Hexe. Du kannst die kaum lange aufhalten. Und dann können wir Zwei nur noch kämpfen, was aus dir wird, kann ich dir nicht sagen, aber du scheinst ja auch Angst vor denen zu haben. Also, halte deinen Zauber aufrecht.“ Er beeilte sich, den weiten Sprüngen seines Halbbruders zu folgen, die schon fast ein Fliegen waren. Der Bannkreis der Hexe des Nordens und das Licht der Feuerseele schützten, aber beides mussten beisammen sein, ebenso wie bei Tenseiga, das offenbar den Käse in der Falle darstellte. Sozusagen. Jedenfalls waren die Toten hinter ihnen her, unter ihnen, vor ihnen. Nur der Bannkreis schützte sie noch. Und die Tatsache, dass Sesshoumaru anscheinend ohne weiter nachzudenken die Feuerseele nach rechts und links schwingen ließ um so Licht in das Dunkel zu bringen. Ob man das bei der Hexe auch versuchen sollte? Lieber nicht. Er wusste, wie es war seekrank zu werden, und wenn er sie zu heftig schüttelte, würde das auch auf ihn unerwünschte Nebenwirkungen haben. Lieber ein Duell mit Untoten. Wobei, die Hexe war ja eigentlich auch tot? Was für ein Wirrwarr. Warum gleich noch einmal hatte er sich breit schlagen lassen, mit dem ach so tollen Hunde-fast-Schutzherr durch die Gegend zu touren? Jetzt rannte er hier durch die Unterwelt und schwenkte eine Hexe, verfolgt von Leuten, die gern wieder am Leben wären, in der Hoffnung, seinen Halbbruder und das Licht, das der in der Pfote hatte nicht zu verlieren ….Wie sollte er das nur Kagome erklären, die sich doch bestimmt schon Sorgen um ihn machte? Wie schön wäre es jetzt auf einer Frühlingswiese zu sitzen und die Kräuter pflückende Kagome zu bewachen.

 

Sesshoumaru bemerkte plötzlich, dass sich die Feuerseele in seiner Klaue widerstrebte, nach oben wollte. Was war jetzt los? Da er nicht annahm, das sei ohne Grund, warf er im nächsten Sprung einen raschen Blick hinauf. Da war eine Art Schacht, ein Kamin, oder wie man das nannte. So änderte er die Richtung. Wusste diese Seele etwa, dass da der Ausgang war? Dann wäre es nur beschämend dem guten Rat nicht zu folgen, zumal der kleine Feuerball sich sofort wieder ruhig in seine Hand fügte.

„Ah, der Ausgang,“ hörte er auch prompt die kleine Hexe hinter sich seufzen und die etwas knurrende Antwort seines Halbbruders:

„Wird auch Zeit, die kommen echt lästig nahe!“

Immerhin zog der Narr nicht Tessaiga. Das hätte noch gefehlt, den schützenden Bann zu zerbrechen.

 

Keine zwei Sekunden später fand sich das ungewöhnliche Quartett wieder unter dem heiteren Frühlingshimmel. Sie standen auf einem Sporn eines hohen Berges, um sich Frühlingsblumen, unter sich, vor sich den weiten Ozean.

„Geschafft,“ seufzte die Hexe des Nordens, nur um gleich zwei Augenpaaren in Gold zu begegnen. „Äh… nicht?“

„Dass du daran gezweifelt hast,“ übernahm Inu Yasha die Antwort. „Wir sind da schon öfter rausgekommen. Nur zum Mitschreiben: wir sind tapfer, genial und unbesiegbar.“

„Niemand ist unbesiegbar, Inu Yasha,“ tadelte in einer ihn selbst überraschenden Erinnerung an den gemeinsamen Vater Sesshoumaru.

Der Jüngere sah ihn auch nur an, als könne er diese Aussage nicht fassen.

„Ja, edler Schutzherr,“ beteuerte die Hexe prompt, froh, wenigstens einen vernünftigen Mann dabei zu haben. „Da unten ist Tora, in der Bucht.“ Sie deutete hinunter.

Die Hundebrüder folgten der Angabe und waren überrascht. Hatte es nicht geheißen Tora sei ein Katzendämon, männlich und ziemlich unabhängig? Dort, in der halbrunden Bucht, deren Ränder aus abgekühlter Lava gebildet wurden, lehnte eindeutig eine riesige Frau in Menschengestalt, deren lange blonde Haare sich über die schwarze Lava ergossen, und die offensichtlich sehr entspannt wirkte. Ihr Unterleib war vom Wasser verborgen, aber sie mochte mehr als vier Meter haben. Das war doch nie im Leben eine Katzendämonin?

„Äh, ja,“ ergänzte die Hexe verlegen. „Ihr solltet da hinunter gehen. Wenn ihr Tora überzeugen könnt, wird er euch sicher helfen zu diesem Schiffsfriedhof zu kommen.“

„Ich dachte, das heißt die grüne See?“ erkundigte sich der Halbdämon, den Schiffsfriedhof schon wieder unangenehm an Untote erinnerte.

„Beides, Herr, beides.“ Und die Hexe des Nordens samt Feuerseele löste sich in Luft auf.

„Na toll. Und jetzt, großer Bruder?“

Das klang ja schon mal nett. Allerdings: der Spott in den letzten beiden Worten verriet, dass Demut und Unterordnung noch immer nicht zu den Tugenden des Halbblutes gehörten. Leider war die Lage auch nicht so, dass er ihm das heimzahlen konnte. Erst mal mussten sie gemeinsam beim Drachenkönig ankommen. So erwiderte Sesshoumaru nur mit zusammengepressten Zähnen: „Gehen wir.“

 

 
 

Zur Grünen See


 

D

ie Halbbrüder stiegen langsam den Berg hinunter. Manche Gerüche hier waren ihnen fremd, manche Blüten, aber sie ließen die Augen nicht von der großen Frau, die dort in einer ganzen Bucht wie in einem Bad lehnte. Sie hatte sie entdeckt, daran gab es kaum Zweifel, denn sie beobachtete sie. Aber erst, als die wohl unerwarteten Gäste auf der Höhe des Meeres angekommen waren, hob sie eine Hand.

Von ihrem Leib, bislang verborgen zwischen ihren Brüsten, sprang ein deutlich kleinerer Mann, durchtrainiert und muskulös, wie sein gebräunter Oberkörper verriet. Weiter unten trug er eine grüne Hose mit schützenden Lederblättern um seinen Unterleib. Auch Leder um Unterarme und Hals verrieten, dass er kämpfen konnte. Er trug sein helles, fast weißes, Haar zu einem Zopf zusammengebunden und war eindeutig ein Katzendämon in seiner Menschenform. Mit einer nur scheinbar lockeren Handbewegung seitwärts war er mit einem Schwert bewaffnet. Er starrte die stehengebliebenen Halbbrüder an, als er sich langsam auf sie zubewegte.

„Verflohte Köter? Hier, bei mir? Lebensmüde oder so etwas?“

 

Inu Yasha nahm an, dass sein großer Bruder ebenso wenig über diese Anrede erfreut war wie er selbst. „Keh! Das ist eine Frage, die du gern ausprobieren kannst.“ Er legte die Hand bedeutungsschwer an Tessaiga.

Sesshoumaru beschloss einzugreifen, ehe er nie zu Ryujin fand, geschweige denn samt dem Halbhund. Undenkbar, sich derart im gesamten Land bloßzustellen. „Yuki sagte, du kennst den Weg zur Grünen See und damit dem Schloss auf dem Boden des Ozeans.“

Der Katzendämon entspannte sich etwas, musterte die Neuankömmlinge aber noch immer, als könne er es nicht fassen, ehe er begriff. „Schön. Ihr Narren wollt zu Ryujin.“ Er lachte auf. „Als ob nicht jeder weiß, dass die Drachen auch den harmlosesten Leuten die Kehle raus reißen, weil die ein falsches Wort sagen. Ich wusste gar nicht, dass der Herr des Nordens über so subtilen Humor verfügt.“

„Wenn du keine Ahnung hast, solltest du die Klappe halten,“ zischte der Halbdämon prompt. Schutzherren und uralte Pakte hin und her – er ließ sich doch nicht von einem dahergelaufenen Kater beleidigen!

Schön, hier musste er wohl wahrlich selbst reden, ehe dieser Narr von Halbdämon noch alles vermieste, erkannte Sesshoumaru innerlich seufzend. „Yuki hat mich anerkannt, Ryujin eingeladen. Noch Fragen?“

Tora realisierte zum ersten Mal nicht nur die dämonische Energie, die sich da vor ihm aufgebaut hatte. Sein Revier lag hier auf den Schnittstellen dreier Schutzherren, da vor Zeiten das noch ein einziges Land gewesen war. Ja, da kannte jemand diese unsichtbaren Verbindungen. Und das war kein Dämon vom letzten Haken. Yuki sollte den anerkannt haben? Es gab eigentlich nur einen entsprechenden freien Posten, dort im Westen. Und ja, da hatten schon seit Jahrhunderten, um nicht zu sagen, Jahrtausenden, die Köter ihre Pfoten drauf. Sollte er als Probe verlangen, dass der mutmaßliche Schutzherr die Hexe des Westens beschwor? Lieber nicht. Der konnte das vermutlich – solch einen Titel maßte sich niemand an, der nicht komplett verblödet war, Hund hin oder her. Selbst diese besaßen normalerweise einen gesunden Überlebensinstinkt. „Keine Fragen,“ bestätigte er daher. „Ich vermute, du willst dich dann als neuer Schutzherr des Westens auch von dem Drachenkönig anerkennen lassen. Du weißt sicher, was er von euch Hunden hält.“ Und das war deutlich weniger als nicht viel.

„Kennst du jetzt den Weg zu dieser grünen See samt Schiffsfriedhof? Oder verschwendest du nur unsere Zeit?“ Inu Yasha wurde zusehends ärgerlicher komplett missachtet zu werden. Allerdings entging ihm nicht, dass sich die riesige Frau in der Bucht dort hinten etwas zu aufmerksam aufrichtete. Unterhalb ihrer Taille glitzerten in der Frühlingssonne Fischschuppen. Eine gigantische Meerjungfrau. Naja. Dieser Kater schien ja durchaus interessante Bekannte zu haben. Und eine ziemlich originelle Schlafgelegenheit. Oder so.

„Inu Yasha.“ Der Fast-Schutzherr-des-Westens wusste gerade, zum Glück für alle, nicht, wem der beiden Narren er als erstes erzieherische Maßnahmen zubilligen sollte.

Tora zuckte etwas die Schultern, ließ sein Schwert jedoch verschwinden, sicheres Zeichen, dass er es vermocht hatte, es aus ihm selbst zu erschaffen. Und damit, dass er ein Dämonenfürst der oberen Ränge war. Schutzherr war natürlich noch einmal eine andere Sache – und er würde sich mit keinem der lieben Nachbarn anlegen, geschweige denn mit allen Dreien. Yuki allein wäre hier, auf dessen Territorium, schon ein heikles Thema. Und ein erfahrener Kater wusste, trotz seines ausgeprägten Selbstbewusstseins, wann er zurückzustecken hatte. „Nun ja, ich habe keine Ahnung wo genau sich die Grüne See befindet, aber die liebe Namiko weiß es.“ Er wandte den Kopf zu der Meerjungfrau. „Namiko, mein Schatz, siehst du ein Problem darin zwei suizidgefährdete Hunde auf den Schiffsfriedhof in der Grünen See zu bringen?“ Da die so Angesprochene beide Hände hob, sah er erneut zu seinen Besuchern. „Nun, sie wird euch sicher auch sagen können, wie ihr den Zugang nach Ryuku findet. Ich persönlich war da noch nie.“ Gelegentliche Besuche von Drachen oder gar deren König reichten ihm völlig. Vor allem nach dem Tod seiner Söhne war der alte Knabe mehr als verknöchert, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber, bitte. Es gab da ja wohl die uralte Regel, nach der sich ein Schutzherr von allen anderen anerkennen lassen musste. Viel Spaß. Zu schade, dass er dem Tod dieser Hundejungen nicht beiwohnen konnte. Ryujin würde sich Mühe mit seiner Phantasie geben, zumal ja ein Hund seinen Ältesten auf dem Gewissen haben sollte. „Dann kommt. Und noch ein paar Verhaltensmaßregeln. Namiko-Schatz wird euch hinschwimmen. Ihr werdet euch brav zwischen ihre Schulterblätter setzen und euch meinetwegen an ihren Haaren festhalten. Fragen sind erlaubt, je nachdem, ob sie euch antworten will. Betatschen nicht. Berührt ihr sie an Flosse oder sonst wo, wird sie euch mindestens in das Meer werfen. Besser noch, euch fressen lassen. Falls ihr es nicht wissen solltet: außer Drachen befehlen auch Meerjungfrauen hier allerlei Tieren und sonstigen Leuten. Kommt. Und ich bedaure wirklich zutiefst, dass ich eure Ankunft in Ryuku nicht beobachten kann. Wenn ihr je dahin kommt. Diese Schiffswracks sind laut den Meerjungfrauen nicht gerade unbewohnt.“

„Klingt wirklich verheißungsvoll. Aber du hast natürlich keine Ahnung, mit wem du es zu tun hast,“ erwiderte Inu Yasha sofort.

„Nun, der da ist wohl der potentielle Schutzherr des Westens,“ gab Tora umgerührt zu. „Aber wer oder was du sein sollst ist mit schleierhaft, Halbmensch.“

„Kein Leibwächter,“, gab Sesshoumaru prompt zu Protokoll, in Anbetracht der Tatsache, dass das ein Idiot schon vermutet hatte. „Mein Erbe.“ Hoffentlich merkte der Katzdendämon nicht, dass er das mit zusammengepressten Zähnen sagte.

„Oh.“ Zum ersten Mal wirklich interessiert musterte Tora den Jüngeren der Halbbrüder und dessen Schwert. „Der Erbe. Ja. Und einfacher, alle Anerkennungen auf einmal zu holen, natürlich. Interessante Klingen, die ihr da habt, alle zwei. Schutzherr und Krieger, wie amüsant. - Ah.“ Die Meerjungfrau hatte sich umgedreht und lag nun mit dem Bauch nach unten im Wasser, jetzt deutlich auch den geschuppten Unterleib zeigend. „Steigt auf. Aber, wie gesagt – Namiko-Schatz ist recht impulsiv.“

Zwischen die Schulterblätter, hatte dieser missratene Kater gesagt? So machte Sesshoumaru den Sprung und blieb dort stehen. Hm. Hoffentlich tauchte die Meerjungfrau nicht. Er kannte deren Schwimmstil nicht.

Inu Yasha folgte dem Beispiel. Eigenartige Unterlage, fand er.

Namiko seufzte theatralisch auf. „Der Kleine hat kalte Füße, Tora.“

„Du bist eine Meerjungfrau,“ erwiderte Inu Yasha gekränkt. „Ich dachte, du lebst im kalten Ozean.“

„So kalt ist er nicht.“ Aber sie wandte den Kopf zu dem Katzendämon. „Bis später, Liebling. Und, du bist mir etwas schuldig.“

Beide Halbbrüder hatten den Eindruck als ob Tora nicht unbedingt begeistert war, aber er lächelte breit, ehe er sich buchstäblich in Luft auflöste.

 

Während sich die Meerjungfrau bäuchlings auf das Wasser legte und mit dem Kopf nach oben, angetrieben von ihrem auf und ab schlagenden Schwanz, mit den Händen wie beiläufig steuernd, hinaus auf den momentan im wahrsten Sinne des Wortes stillen Ozean bewegte, bedachten beide Hundebrüder, was sie da gerade gesagt hatte. Ein Kater und eine Meerjungfrau? Bei beiden reichte die Vorstellung, um diesen Gedankengang rasch abzubrechen. Aber dann war es sowieso wichtiger, nach einer der langen Haarsträhnen zu greifen, die um sie wehten, um nicht hinunterzufallen oder auch nur Namiko zu belästigen, als sie ihr Tempo beschleunigte.

 

Es dauerte, bis Inu Yasha einen Blick zurückwarf. Da er das Land nicht mehr erkennen konnte, fragte er doch: „Wie weit ist es denn zu dieser Grünen See, Namiko?“

„Es wird wohl dunkel werden,“ erwiderte die Meerjungfrau, doch etwas geschmeichelt, dass sie sich ihren Namen gemerkt hatten. Einer war also der nächste Schutzherr des Westens? Es schadete nie, mächtige Männer zu kennen, sagte Mama doch immer.

„Und was ist das eigentlich?“

„Geht ihr immer in Sachen, die ihr nicht kennt? - Dort wachsen riesige Pflanzen. Ihre Wurzeln sind auf dem Meeresgrund, ihre Blätter an der Oberfläche. Und das sind sicher mehr als tausendmal die Höhe von dem Größeren von euch. Sie wucherten, sagte mir meine Mutter, und so kamen die Meerjungfrauen und die Drachen überein sie zu stoppen. Unter ihnen ist es dunkel, es gibt kein Leben. Die Drachen brachten alle Schiffe, die sie oder der Wind zerschlugen, und formten einen Kreis. Die Pflanzen wachsen nur noch in diesem.“

„Das ist dann der Schiffsfriedhof?“ Inu Yasha schrie es fast, denn bei dem Tempo gab es Gegenwind und auch die Gischt, die die Meerjungfrau auslöste, spritzte immer heftiger um sie.

„Ja, dort setze ich euch ab.“

„Und wie kommen wir dann nach Ryuku?“

„Ein Schiff im inneren Kreis. Dort geht eine Treppe hinunter.“

„Nicht schon wieder eine Treppe!“

„Nun, ihr könnt ja kaum tauchen.“

„Äh, ja, klar. Aber das geht doch unter Wasser.“

„Ein Bannkreis. Ich weiß es nicht.“ Namiko zuckte ihre riesigen Schultern, woraufhin ihre Passagiere fast den Halt verloren und Inu Yasha einen mehr als vorwurfsvollen Blick seines großen Bruders erntete.

Daher ergänzte er eilig: „Ja, natürlich. Du tauchst sicher.“

„Nein, Kleiner. Ich tauche sicher nicht zum Schloss der Drachen, außer, Mama würde es mir befehlen. Aber sie hängt an ihren Töchtern.“

Damit schien für die Meerjungfrau die Unterhaltung beendet und so schwiegen auch ihre Passagiere – nicht, ohne sich zu fragen, was sie bei dem Drachenkönig erwarten würde.

 

Namiko bewies ihre Kenntnis des Ozeans, als sie ihr Schwimmen stoppte und die Sonne fast den Horizont berührte. „Dort vorn,“ erklärte sie.

Die Hundebrüder bewegten sich unwillkürlich auf ihr einen Schritt vorwärts, sinnlos, aber instinktiv. Vor ihnen erkannten sie die Schatten diverser Schiffe unterschiedlichster Arten. Von hier aus wirkte es wie eine Front, aber es sollte wohl ein Kreis sein.

„Wo fangen wir an?“ erkundigte sich Sesshoumaru.

„Ich bringe euch zu einem der äußeren Schiffe.“ Namiko ignorierte, dass ihre Passagiere keine Ahnung hatten, was das bedeuten sollte. „Von dort aus müsst ihr suchen.“

Im langsameren Näherkommen erkannten die Halbbrüder, dass sich die Schiffswracks in einem Kreis befanden. An einer Stelle jedoch ragten sie wie ein Schwanz in das Meer. Das musste es sein, wovon die Meerjungfrau gesprochen hatte. Und dann? Daran verschwendete keiner einen Gedanken. Sie würden den Tunnel durch das Wasser in das Drachenschloss sicher finden. Das war einfach Fakt und so sprangen sie vom Rücken Namikos auf das nächste Schiff, als die Meerjungfrau anhielt.

„Danke, Namiko,“ sagte Inu Yasha doch noch höflich. Immer nett zu Frauen, das predigte ihm Kagome und hatte früher auch schon Kikyou. Naja. Wenn die einen nicht gerade überfielen oder mit einem Schwert aufkreuzten, schränkte er in Gedanken sofort ein.

Die Meerjungfrau lächelte ihn auch an, ehe sie bewies, warum sie eben das war und abtauchte. So wandte sich der Halbdämon um. Sein Halbbruder betrachtete nicht nur das Schiffswrack auf dem sie gelandet waren, sondern alle, die man von hier aus erkennen konnte. Und vor allem das tiefgrüne Blattwerk zwischen den Schiffen, die einen Kreis von sicher fast hundert Kilometern bildeten. „Was ist das denn für Gewächs?“ erkundigte er sich, ehe er sich am liebsten die Zunge abgebissen hätte. Musste er denn schon wieder seine Unwissenheit demonstrieren?

Myouga war fällig, so was von …. Sesshoumaru ertappte sich bei dem Wunsch dem unseligen Flohgeist nicht nur alle Haare, sondern auch alle Gliedmaßen einzeln auszurupfen. Leider musste er bis zu der Ankunft in Ryuku noch auf großer Bruder machen. Nur bis dahin noch, tröstete er sich. „Das nennt man Tang.“

Der überaus erfreute, weil sehr positiv überraschte, kleine Bruder fragte nur: „Den kann man essen?“

Da sich der Hundedämon bei einem Würgereflex ertappte: „Nein.“ Dieses Halbblut zog eindeutig zu viel mit Menschen herum. „Gehen wir.“

 

Das Wrack, auf dem sie sich befanden, war eindeutig eines – es bestand nur aus einem Hinterschiff, dessen vorderes Teil samt Kajüte von offenbar gewaltigen Kräften in andere Schiffstrümmer gerammt worden war, die immerhin kompletter erschien. Allerdings zeigte auch dort der zerstörte Mast und das wörtliche Bei-Seite-Liegen, dass auch der Untergang bereits erfolgt war.

 

Staub drang in die feinen Hundenasen, ehe sie über das Deck liefen, behutsam, um keine möglichen, schlafenden, Monster zu wecken. Es würde viel zu viel Zeit kosten alle Hindernisse mit dem Schwert zu beseitigen. Sie wollten in das Drachenschloss und das so rasch wie möglich, da waren sich alle beide stillschweigend einig. Mit einem Satz waren sie auf dem nächsten Schiff und sprangen dort auf die Seite der Kajüte, die nun nach oben zeigte. Es wurde langsam dunkel – das konnte noch Ärger bedeuten. Sie sahen zwar beide im Dunkeln, aber in der Nacht waren zumindest an Land andere Geschöpfe unterwegs als bei Tage – und kaum erfreulichere. Von hier aus konnte man deutlich erkennen, dass die Schiffe rund um die riesigen Pflanzen geschoben worden waren, deren Wedel eine dichte, geschlossene Oberfläche auf dem Wasser bildeten.

„Das sieht fast so aus, als ob man darauf laufen kann,“ meinte Inu Yasha nachdenklich.

„Nein.“ Auf was für Ideen kam denn das Halbblut noch alles?

Das „Nein“ hatte verdächtig nach „Idiot“ geklungen und so fuhr der Jüngere aufgebracht fort: . „He, ich habe so etwas noch nie gesehen, also!“

Ein Duell direkt vor Ryujins Haustür wäre nur töricht und würde garantiert dessen Wachen anlocken. Solange er selbst nicht wusste, warum der Drachenkönig auf diese sinnlose Idee mit dem Bastard als Schutzherr des Westens gekommen war, musste er sich bedauerlicherweise zurückhalten. Nun gut. Danach stand ihm ja wohl der Weg frei. Und bis zu Amelo würde er diesen Narren garantiert nicht mitnehmen. Schön, eine letzte Erklärung. „Die Blätter schwimmen nur auf dem Wasser.“

„Ah, so wie in einem Sumpf.“ Inu Yasha war zufrieden etwas erklärt zu bekommen, ja, eingedenk der Tatsache, dass es so seit Tagen ging, wurde ihm etwas warm ums Herz. Das klang wirklich so nach „großer Bruder“. Er sollte sich nicht immer gleich so ärgern, sondern auch mal nachdenken, was er gerade schon wieder gesagt hatte – und, wie das rüberkommen musste. Er war doch kein Idiot. Nur wusste er eben manches nicht. Was natürlich dazu führen müsste, dass er mal ein oder zwei Wörtchen mit Myouga redete. Onkelchen hatte da wohl einiges vergessen. Nun gut, er musste auch bedenken, dass der ja eigentlich zwei Aufträge erhalten hatte: auf Vaters Grab aufzupassen und ein Auge auf ihn selbst zu haben. Vermutlich hatte sich Vater nicht gedacht, dass die letztere Aufgabe durch seinen eigenen, frühen, Tod und Mutters zu einer Mammutaufgabe werden würde. Hm. Hatte oder hatte Sesshoumaru den Befehl erhalten sich um ihn zu kümmern? Eher nicht, aus gleich zwei Gründen. Der und dessen Mutter waren ja wohl kaum über die zweite Ehe erfreut gewesen und zweitens: bei der bekannten Meinung des hochwohlgeborenen Bruders über Menschen und Halbblüter wäre das ziemlich kontraproduktiv gewesen. Naja. Jetzt ging er mit eben dem über einen Schiffsfriedhof auf dem Weg zum Drachenschloss. Und es wurde dunkel. Oh, er sollte machen, dass er hinterherkam. Wie das früher nur immer Rin und Jaken geschafft hatten? Der Idiot sagte ja nie etwas. So machte er einen Satz hinterher. „Woran sollen wir eigentlich erkennen, dass auf genau diesem Schiff der Tunnel nach Ryuku liegt?“ erkundigte er sich dann. „Magie? Damit habe ich es nicht so. Aber Tessaiga erkennt einen Bannkreis.“

Sollte er dazu etwas sagen? „Ich werde den Zugang finden.“

„Fein.“

 

Sie machten den Sprung auf das nächste Schiff, das wie von einer Riesenfaust in der Mitte eingeknickt hier lag. In der Mitte hatte sich Wasser gesammelt, ob von Regen oder Meer war nicht zu sagen. Der Geruch nach Staub, der bereits auf den ersten beiden Schiffen geherrscht hatte, verdeutlichte sich nochmals. Staub und noch etwas anderes, Lebendiges.

„Spinnen!“ flüsterte Inu Yasha und fasste unwillkürlich nach Tessaiga. Schon Tora hatte ja angedeutet, dass man auf diesen Wracks nicht unbedingt allein war – und der Witterung nach waren es entweder viele oder große Spinnen – am Besten natürlich beides.

„Kein Schwert, du Narr.“ Dieser törichte Halbmensch würde es noch fertig bringen auf einem hölzernen Schiff über einem nassen Abgrund mit Drachen und Meerjungfrauen die Windnarbe einzusetzen.

„Schön.“ Dem Halbdämon war das ebenso klar, aber er entdeckte die Masse an kleinen, wuseligen Dingern in der Dämmerung, die soeben aus der Luke hinter ihnen kamen und eindeutig ein Ziel besaßen. Zu allem Überfluss kam da etwas Größeres hinterher. „Dann meinst du, dass wir abhauen sollten.“

Glaubte der etwa, er würde fliehen wollen? „Auch Rückzug ist eine Strategie, Inu Yasha,“ gab der potentielle Schutzherr des Westens daher zu Protokoll, eingedenk der Lektionen, die ihm Lehrer und sein verehrter Vater erteilt hatten. „Und nach vorne gehen.“ Sesshoumaru machte einen weiten, durchaus eleganten Sprung, der ihn über das Wasser in der Mitte des Schiffsrumpfes brachte. Unwillkürlich wandte er den Kopf, aber sein Halbbruder folgte ihm, wenngleich etwas mühseliger. Auch hier waren winzige Spinnen zu entdecken. Es wurde Zeit das nächste Wrack zu erreichen. So sprang er weiter.

Das Deck hier war morsch und gab unter der Landung fast nach. In der beginnenden Nacht entdeckte er geflügelte Wesen, die offenbar von einem Schiff auf der anderen Seite der Grünen See aufstiegen, auf der Suche – hoffentlich – nach Fisch. Vor ihm allerdings kamen soeben menschliche Schemen aus der Luke, eindeutig die Seelen der ehemaligen Mannschaft.

„Toll,“ sagte Inu Yasha, der sich ebenso umgesehen hatte. „Unter uns bricht der Boden gleich weg, hinter uns ein paar Babyspinnen, deren Mama auch gerade aufkreuzt, oben hungrige Flugechsen, die gerade auf uns Kurs nehmen, … „ Denn Fledermäuse waren es gewiss nicht, nicht mit dieser Größe, den Krallen an den Füßen und starren Schnabel. „Und vor uns ein paar Untote mit Schwertern. Und wir können die unseren nicht einsetzen.“ Er konnte sich den Seitenhieb nicht verkneifen, als er fortfuhr: „Ich denke mal, wenn du je eine gute Strategie gelernt hast, Sesshoumaru, wäre es an der Zeit die jetzt auszupacken.“

 
 

Am Stillen Ozean


 

D

er Hundedämon hätte dem vorlauten Halbblut am liebsten einen Fausthieb verpasst, verspürte dann jedoch unerwartet einen gewissen Hauch Zufriedenheit. Der fragte, wenngleich unverschämt, nach, erkannte an, dass er schon Militärtechniken gelernt hatte, als der noch nicht mal geboren war. „Halt den Mund.“ Er musste schließlich nachdenken.

Das tat auch Inu Yasha, der allerdings auch mit Unbehagen feststellte, dass die geisterhafte Besatzung vor ihnen recht metallisch glitzernde Schwerter trug – das würde sie als Lebende verletzen oder auch töten können. Gegen Seelen halfen auch keine Klauenangriffe oder Tessaiga, zumal, wenn man auch noch aufpassen musste nicht nach unten durchzubrechen. Und ja, gegen die Untoten konnte Tenseiga behilflich sein, aber da waren auch noch die Spinnenkinder samt Mama, die offenbar beschlossen hatten die Nachbarn zu besuchen und eine lebendige Straße auf dieses Wrack zu bilden begannen, über die beiden noch vorhandenen hölzernen Relings hinweg. Wieso nur hatten diese dämlichen Drachen die Schiffe dermaßen eng aneinander gekeilt? Von diesen eigenwilligen Flatterviechern über ihnen zu schweigen, die sie eindeutig entdeckt hatten, wenn er kreisende Vögel richtig einschätzte. „Ich versenke jetzt mal das Schiff hinter uns mit den Spinnen.“

Der große Bruder versagte sich eine weitere Reaktion als: „Nein.“

„Du meinst, wenn man diesen Kreis um diese komische Grüne See zerstört ist Ryujin nicht mehr besucherfreundlich? Wäre er das je? Ja, schön, aber … Hast du eine Idee?“ erkundigte sich der Halbdämon doch hoffnungsvoll.

Man antwortete auf Fragen der Untergebenen vor einer Schlacht, hatte Vater immer gesagt, nur dann kämpften sie gut. „Ja.“

Und weiter? Wenn der Kerl doch bloß mal mehr reden würde! „Und? Ich meine, wie erfolgversprechend?“ Keine Antwort, aber Sesshoumaru ließ die Geistern mit den realistischen Schwertern nicht aus den Augen. Also dachte der Herr Halbbruder noch nach, schloss daraus Inu Yasha. Er selbst wäre ja für draufhauen und durch, aber wenn hier schon Taktik erforderlich war – das hatte der hochwohlgeborene Hundeprinz doch wohl eher gelernt.

„Gehen wir,“ sagte Sesshoumaru. War nicht Angriff schon immer die beste Verteidigung gewesen? Und der Zugang zum Drachenschloss lag irgendwo vor ihnen. Zurück war unmöglich, diese Meerjungfrau würde sie kaum wieder abholen. Es ging nur voran. Er zog Tenseiga. So unnütz diese Klinge in aller Regel auch war – sie hatte gerade gegen Untote schon etwas Positives. Oh, ehe dieser Narr noch auf irgendwelche unproduktiven Ideen kam: „Bleib hinter mir.“

Der Halbdämon wollte dazu schon etwas erwidern, was sicher kaum freundlich geworden wäre, aber die Spinnenkinder hatten dieses Wrack gerade zu Hunderten erreicht, sein Halbbruder besaß Tenseiga … Er sollte wirklich manchmal erst denken und dann reden. So beeilte er sich hinterher zu kommen, in dem Schutz, den das Schwert des Lebens nun ihren beiden bot, denn die Seelen der Menschen wichen prompt zurück. Das war das zweite Mal in wenigen Stunden. Langsam sollte sogar Sesshoumaru verstehen was das Teil so alles drauf hatte. Gerade in solchen Lagen. „Die Flatterviecher!“ wies er doch noch darauf hin, dass die sich in recht schwerfälligem Flug näherten.

Hm, ja, die hatte er vergessen, gab sich Sesshoumaru nur selbst zu. War es immer so schwierig eine Schlacht zu planen? Was hatte Vater nur immer alles gesagt? Gleich. Er musste sich jetzt und sofort entscheiden, wollte er sich nicht vor Inu Yasha und vor allem dem Drachenkönig bloßstellen, der das Ganze hier sicher mitbekam. „Hole sie mit der Windnarbe aus der Luft. Aber triff nicht das Schiff.“ Das war nur ein halber Hundedämon und noch dazu ziemlich spontan, um kein härteres Wort zu verwenden.

„Klar doch.“ Der kleine Bruder war begeistert auch etwas tun zu können und zog. So, wie diese komischen Dinger flatterten, würde es reichen die Windnarbe knapp an denen vorbei zu jagen. Man musste ja niemanden umbringen, wenn das wohl eher ein Tier war. Jedenfalls bemerkte er keine dämonische Energie. Da Sesshoumaru gerade nur langsam zwischen den Untoten durchging, die fasziniert das leuchtende Tenseiga in dessen Hand anstarrten, hatte er Zeit. Einen Moment, zumindest, denn er musste in diesem Leuchten bleiben, das war ihm klar. So fuhr er herum und schwang das breit gewordene Schwert auf der unsichtbaren Linie. „Windnarbe!“

Die Energie schoss hell aufleuchtend von Tessaiga in die Dunkelheit. Er war für einen Moment geblendet, erkannte dann jedoch, dass diese Flatterer zurücktaumelten, ja, einige förmlich abstürzten und sich knapp über dem Wasser noch irgendwie fingen. Besorgt, ob die nicht, da sie nun näher an ihnen waren, eine direkte Landung auf dem Wrack versuchen wollten, behielt er diese Vier im Auge. Und er sah, was kaum jemand zuvor beobachtete. Aus dem Dunkel der Grünen See hoben sich Zweige, fast wie Arme. Die blättrigen Arme umschlangen die zu tief geratenen Flederviecher und zogen sie in die Tiefe. Keine Sekunde später lag der Tang – oder was auch immer das war – vollkommen ruhig in der Nacht. Schön, jetzt wusste er wohl, warum die Drachen, deren König hier ja immerhin der Schutzherr war, diesen dichten Wall um die Grüne See gebaut hatte. Das war eine tödliche Sache. Wenn diese Tang-Art das ganze Meer überwucherte – nein, danke. Er beeilte sich lieber wieder in den Rücken des Hundedämons zu gelangen, denn die ersten Seelen näherten sich ihm etwas zu sehr. Er warf jedoch noch einmal einen Blick zurück, aber diese seltsamen Flieger hatten wohl erkannt, dass es hier nur Ärger geben würde. Oder sie beschränkten sich, wie er dann sah, auf die Spinnenkinder, die eilig in Deckung schlüpften. Die Mutter war selbst für diese – endlich fiel ihm der Name ein, den er mal in einem Buch bei Kagome in der Zukunft gesehen hatte: Flugsaurier – zu groß. Und an ihnen hatten sie wohl, vielleicht auch wegen der geisterhaften Umgebung oder Tenseigas Bannkreis, kein Interesse mehr. „Erledigt,“ flüsterte er.

Es war doch angenehm, wenn man sich auf seinen Begleiter verlassen konnte, dass der einem den Rücken frei hielt, dachte Sesshoumaru unwillkürlich. Jaken war zu so etwas einfach nicht in der Lage. Und er selbst musste diese Untoten hier im Auge behalten. Sollten sie näher kommen, in den Bannkreis, würden sie in das Jenseits gelangen. Das schienen sie ebenso wenig zu wollen wie die Toten dort bleiben. „Los.“

Er machte einen großen Satz nach vorne, wartete kurz, ob die tote Besatzung ihm auswich, ehe er auch schon das leise Tapp der Landung seines Halbbruders hinter ihm hörte. Der reagierte schnell. Im Kampf sowieso, das musste er ihm zubilligen. Sonst wäre der auch kaum mehr am Leben. Gut. Noch wenige Sprünge, schön vorsichtig, nicht zu weit, damit die Erschütterung nicht die Planken brechen ließ. Er konnte ja fliegen, aber es war die Frage, wie das mit den Seelen wäre, und vor allem mit Inu Yasha. Nachdem er den Halbhund jetzt tagelang ertragen hatte, wäre es zu peinlich, den direkt vor der Tür zu Ryujin zu verlieren.

 

Sie atmeten erst ein wenig auf, als sie das nächste Schiff erreicht hatten. Nur ein wenig, denn hier war der Staub kaum erträglich für feine Nasen. Sesshoumaru schob sein Schwert zurück in die Scheide und blickte sich um. Hier schien nichts und niemand zu sein, allerdings war dies das erste Schiff, das wirklich in die Kreisform gehörte. Hier war doch sicher irgendetwas? Unter ihnen? Immerhin schien das Holz dieses Wracks deutlich besser erhalten.

Inu Yasha hatte sich unterdessen erneut umgeblickt, Tessaiga noch immer in der Hand. „He, Sesshoumaru – hier ist ein Bannkreis,“ flüsterte er, als er die Klinge plötzlich rötlich aufleuchten sah.

Der hatte mal recht! Sollte er ihn jetzt dafür loben? Nein, das wäre zu viel. „Natürlich.“ Und dieser Zauber würde doch hoffentlich den Zugang zu Ryuku anzeigen und verschließen. Leider folgte daraus, dass sie unter Deck mussten – in dieses staubige, unerfreulich stinkende Loch. Was auch immer sich da unten befand. So warf er einen Blick in der Nacht um sich. Nur ihre beiden, schimmernden, Schwerter - und natürlich die guten Augen - verhalfen ihnen zu einer gewissen Ortskenntnis. Und ebenso natürlich sah er besser als das Halbblut. Da war die Luke. Immerhin schien es hier keine Geister zu geben Und die bisherigen, wie er natürlich erwartet hatte, waren an ihr eigenes Schiff gebunden.

Da war die Luke und er trat hin. Der Geruch war für eine feine Nase fast unerträglich: Staub, zerfressenes Holz und noch etwas Metallisches. Was half es. Er schob Tenseiga weg und ließ sich in das Dunkel fallen, wobei er noch während des Sprungs mehr spürte als hörte, dass Inu Yasha ihm prompt folgte. Nun ja, feige war der nicht. Und, der hatte Tessaiga noch in der Hand, dessen breite Klinge nun das einzige matte Licht bot. Hm. Es war wohl ein Fehler gewesen, das eigene Schwert in die Scheide zu schieben, aber das würde er sicher nicht verbessern und somit diesen Fehler vor einem Halbmenschen zugeben. Hier unten war ein Gang, vereinzelt hingen Türen aus den Angeln. Und es stank jämmerlich. Menschen, was konnte man da auch erwarten.

 

Sesshoumaru fuhr herum, als hinter ihm eine Bewegung und ein lautes Scheppern zu hören war. Mit gewisser Ungläubigkeit starrte er auf die Helme und Rüstungsteile, die aus einer zuvor noch geschlossenen Tür in diesen Gang stürzten, die nun offene Tür zum Lagerraum des Wracks - und den etwas schuldbewusst aussehenden Bastard. Unwillkürlich, also, ohne nachzudenken, zischte er: „Inu Yasha!“

„Ich wollte nur gucken, ob da jemand ist,“ entschuldigte sich der Halbdämon gegen seinen eigentlichen Willen, da ihm auch die Lautstärke aufgefallen war. Immerhin kam noch niemand, nicht einmal Spinnen.

Immer sachlich bleiben, beschwor sich der Hundedämon. Nicht jetzt noch, so kurz vor dem Ziel, alles zerstören. Ryujin war in greifbarer Nähe, damit seine zweite Anerkennung als Schutzherr. „Kennst du eigentlich, außer dir selbst, noch jemanden, der durch Feindesgebiet geht und hinter jeder Tür nachguckt, ob da jemand ist?“

Er und Kagome und womöglich Miroku, ja. Aber Inu Yasha erkannte, dass das kaum helfen würde, würde er sich auf Menschen herausreden. So meinte er nur leise: „Ist ja nichts passiert … Mist!“

Denn rechts und links von ihnen tauchte in bläulichem Schimmer etwas sich Bewegendes auf, kreisrund. Wasser ähnlich, jedenfalls mit wellenartiger Oberfläche.

Zwei Bannkreise.

Und jetzt?

Die Halbbrüder sahen sich für einen Augenblick an, ehe der Jüngere meinte: „Ich würde sagen, eines ist eine Falle und eines der Weg zu diesem Drachenschloss, oder?“

Ja. Und da gab es nur eine Entscheidung, denn das linke Portal führte sie direkt in die Grüne See – und den dortigen Tang. So trat Sesshoumaru wortlos zu dem rechten Bannkreis und hob etwas die Hand. Wie er erwartet hatte versank diese sofort in der Oberfläche. Ja, er wurde erwartet und dies war der richtige Weg. So ging er hindurch, ehe ihm einfiel, dass Inu Yasha wohl kaum als Schutzherr anerkannt wurde. Nun gut, der besaß ja mit Tessaiga auch eine Möglichkeit den Zauber zu brechen. So machte er zwei Schritte, ehe er sich umblickte. Wasser. Er stand hier eindeutig unter Wasser. Vor ihm führte eine scheinbar unendliche Treppe aus leuchtendem Wasser in die Tiefe. Um ihn und anscheinend auch in die Tiefe lag allerdings ein solider Zauber der Wasserdrachen. Hier würden auch Oberflächenbewohner atmen können. Moment. Wenn jetzt dieser Narr von Halbdämon den Bannkreis zerstörte, wäre das Wasser direkt um ihn?

„Hübsch,“ sagte der kleine Bruder hinter ihm. „Man kann Luft bekommen.“

Der Ältere wandte den Kopf. Wie war der denn da durch gekommen ohne das Portal mit Tessaiga zu zerstören? Erkannte den Ryujin etwa doch bereits als Schutzherrn an? Das sollte er dem Narren von Drachenkönig schleunigst ausreden. Jedenfalls schob der Halbhund Tessaiga weg. So machte er selbst vorsichtig einen Schritt auf die eigentliche, erste Stufe, die wie leuchtendes Wasser aussah. Es hielt seinem Gewicht stand, wie auch immer die Drachen das gemacht hatten. Nun gut, dann auf in das Dunkel des nächtlichen Meeres – die nächste Treppe. Hatten das etwa alle Schutzherren? Dann war hier wohl auch mit Prüfungen zu rechnen.

 

Die Halbbrüder warfen unwillkürlich einen etwas unbehaglichen Blick um sich, wenngleich das keiner je dem Anderen erzählt hätte. Aber der Bannkreis um die steil hinabführende Treppe hielt offenkundig, wenngleich er ebenfalls aus Wasser zu bestehen schien. Das Meer um sie war voller Leben, soweit sie das in der Nacht sehen konnten. Inu Yasha dachte unwillkürlich an diesen seltsamen Tang. Ja, doch, es war nur zu verständlich, dass ein Schutzherr das auch wirklich schützen wollte. Und diese Wracks hinderten die verfressenen Pflanzen an der weiteren Ausbreitung. Vier von diesen Flugsauriern, in weniger als einer Sekunde spurlos verschwunden!

„Sag mal,“ fragte er den vor ihm Gehenden, den er so zum ersten Mal fast überragte: „Wie groß ist eigentlich Ryujin? Ich meine, Ryuukossusei war auch schon ...“ Er brach ab, denn sein Halbbruder war herumgefahren, nicht ohne einen Blick um sie geworfen zu haben.

„Inu Yasha!“ zischte er förmlich. „Nicht diesen Namen, nicht hier und nicht gegenüber einem Drachen!“

Das klang schon fast bedrohlich und so sah sich der Halbdämon vorsorglich ebenfalls um, aber in dem dunklen Wasser um sie war nichts zu erkennen was nach Wasserdrache aussah. „Äh – ist der bekannt?“

„Er war der Kronprinz, du Narr.“ Brachte der immer Andere um, ohne deren Namen zu kennen? Nun ja, auch er fragte Leute, die ihm im Weg standen, nicht unbedingt nach deren Namen, ehe er ihnen den Weg in das Jenseits zeigte. Immerhin eine gewisse Ähnlichkeit war zu erkennen.

Also der Sohn des Königs? Oh. Immerhin schien ihn Sesshoumaru vorwarnen zu wollen. Ein Kampf mit dem Drachenkönig plus Gefolge in einem Schloss auf dem Grunde des Ozeans war nicht erstrebenswert. „Schon klar, dann erwähne ich das lieber nicht.“

„Du sagst gar nichts!“

Schön, schien ja wichtig zu sein. Allerdings gab es einen Haken. „Äh, naja, und wenn er mich darauf anspricht?“

„Gar nichts,“ betonte der große Bruder, ehe er sich umwandte und die flüssig scheinenden Stufen weiter hinunter stieg. Unten blieb es noch immer schwarz, aber er war sicher, dass ihn bald das Licht von Ryuku leiten würde. Das Schloss sollte wirkliche Ausmaße haben. Immerhin passten da doch eine gewisse Anzahl von Drachen hinein – und Ryujin selbst sollte der Größte von allen sein.

„Sag mal, dann willst allein du reden?“ erkundigte sich Inu Yasha.

„Ja.“ Bevor der vorlaute, unhöfisch ausgebildete, ahnungslose Halbhund ihnen noch eine ganze Drachenmeute auf den Hals hetzte. So ergänzte Sesshoumaru: „Du hast wenig Ahnung von Schutzherren.“

„Schon, mag ja sein, aber dass du mal freiwillig mehr als ein Wort reden willst? Und überhaupt ...“

Freiwillig war übertrieben, aber sie befanden sich hier jetzt schon fast fünfzehnhundert Schritte unter der Meeresoberfläche – es wäre taktisch mehr als unklug den Hausherrn zu verärgern. „Was?“ Das war mehr geknurrt. Aber noch musste er den Halbdämonen bei der Stange halten. Nur noch Minuten oder Stunden, wenig Zeit, im Verhältnis zu der, die er schon hinter sich gebracht hatte.

„Naja, weißt du, du hast so gar kein rhetorisches Talent,“ meinte Inu Yasha mehr ehrlich als diplomatisch.

Sesshoumaru hielt im Schritt inne. „Ich habe was?“

„Gar kein Talent. Ich meine ... ups!“ erkannte der Halbdämon, da sein großer Bruder sehr langsam das Gesicht zu ihm drehte. „Äh, nichts für ungut. Ich halte schon den Mund.“ Das wäre so ziemlich eine der dämlichsten Stellen, die sie sich für ein Duell aussuchen könnten.

Daran dachte auch der besagte große Bruder. Mit ihren Schwertern und seiner Macht wären sie mutmaßlich in der Lage diesen Gang zu zerstören – eine reichlich unelegante Selbstmordvariante. So wandte er sich nur schweigend ab und stieg weiter in die unbekannte Tiefe. Noch immer schienen die Stufen aus Wasser zu sein, noch immer leuchteten sie matt und zeigten damit den Weg. Immerhin etwas, wenn er schon mit diesem vorlauten Halbblut geschlagen war.

 

Hunderte Stufen später war das Meer um sie noch immer nachtschwarz, selbst Fische waren keine mehr zu entdecken, nur manchmal dämmerte etwas im Dunkel auf, als ob es hier leuchtende Wesen geben würde. Dafür schimmerte unter den Halbbrüdern etwas immer heller – eindeutig die Lichter eines Gebäudes, oder eher, eines Schlosses, der Größe nach zu urteilen. Je weiter sie kamen, umso deutlicher war zu erkennen, dass sich die Drachen bei dem Bau von Ryuku an Menschenschlössern orientiert hatten. Oder war es etwa anders herum? Sinnlos, darüber nachzudenken, beschlossen beide selten einig. Dort unten waren mehrere riesige Gebäude erkennbar, eines davon anscheinend der Thronsaal, die Festhalle, oder wie auch immer man das nennen wollte. Groß genug für Tausende Menschen – oder auch so einige Drachen. Umgeben wurde Ryuku von einer massiven Mauer, an der auch diese Treppe endete, und von einem Bannkreis, der anscheinend das Wasser von dem Schloss abhielt.

„Ach du je.“ Inu Yasha hatte erkannt, wo die Stufen hinführten. Das mochte ja ein Eingang sein, aber der sah nicht sonderlich einladend aus. Das Tor zum Drachenschloss bestand aus lodernden Flammen. Keine Wächter waren zu sehen, aber mit denen hätte man ja noch verhandeln können. Da sein Halbbruder stehenblieb, sich allerdings nicht umwandte, fuhr er fort: „Ich meine, ich habe ja den Stoff aus Feuerrattenhaar, aber wie geht es dir mit der Seide?“

Für eine schreckliche, volle, Sekunde hatte Sesshoumaru das Bild im Kopf, wie er nur mit seiner Boa bekleidet an einer ganzen Horde von Drachendamen vorbei schritt. Und sein Lehrer hatte ihm damals schon zugeflüstert, das Wort „Lustmolch“ käme eben von diesen. Dann fasste er sich doch. „ICH bin schnell genug.“ Nun ja, immerhin hatte der Halbhund das Gewand aus Feuerratten. Nicht auszudenken, was passieren würde, käme der so aufreizend bekleidet – oder eben nicht bekleidet – zu den Drachen.

„Oh,“ sagte der Jüngere erleichtert. „Man muss da nur rasch durch springen? Haben die keine Wachen? Warst du schon mal hier?“

So viele Fragen wie Rin und Jaken zusammen konnte nur eine einzige Person stellen? „Nein.“

Das war wohl die Antwort auf die letzte Frage. „Schön. Sollte ich noch was wissen, ehe wir da reingehen? Ich meine, außer den Mund halten?“

Allein das wäre schon einmal schön. Der Hundedämon stellte fest, mit was er sich in den letzten Tagen schon zufrieden geben musste. Er ging einfach weiter, sicher, dass seine Ankunft, nun ja, ihre Ankunft, bereits seit längerem bemerkt worden war. Einige Drachenkrieger schlängelten sich im Vorhof.

„Kein Hofprotokoll?“ insistierte Inu Yasha. „Ich meine, der Typ ist König.“

„Folge mir.“ Und damit machte der Fast-Schutzherr-des-Westens einen weiten Sprung durch die lodernden Flammen vor sich, wie er doch sehr hoffte in den Hof von Ryuku, sicher, dass ihm sein Halbbruder folgen würde.

 
 

Ryuku


 

I

nu Yasha folgte seinem Halbbruder unverzüglich durch das lodernde Feuer und sah sich dann rasch, neben diesem landend, um. Sie standen in einer Art Vorhof, umgeben von der äußeren Mauer und einer zweiten, deren Tor prunkvoll war. Es handelte sich um ein Portal aus massivem Holz, beschlagen mit diversen Edelmetallen. Selbst das Dach des Tores war dergestalt verziert, zusätzlich zu seinen Schnitzwerken. Nett. Drachen verstanden anscheinend zu leben. Das Interessanteste waren allerdings die fünf Drachen, die sich hier auf dem Sand des Vorhofes ringelten und sie betrachteten. Genauer, zwei standen ihnen bereits im Rücken. Eiwei. Er hatte genug Schwierigkeiten schon mit Ryuukossusei allein gehabt … nein, unterbrach er sich. Den Namen sollte er hier wohl wirklich besser vergessen. Die meisten Väter hatten es nicht sonderlich gern, wenn man ihre Kinder umbrachte, noch dazu den Erben. Und das hier war wohl das Hauptquartier der Drachen. Vorsorglich warf er auch einen Blick nach oben. Der Bannkreis dort hielt die Wassermassen ab. Ja, er könnte ihn vermutlich zerstören – aber dann? Sie standen hier auf dem sandigen Boden des Pazifik, buchstäblich Kilometer Wasser über sich. Entkommen wäre trotz Sesshoumarus ohne Zweifel vorhandener magischer Fähigkeiten schlicht unmöglich. Immerhin schienen die schuppigen Wachposten unbewaffnet. Nun ja. Auch diese konnten wohl die Feuerkugeln aus dem Maul schießen. Wie einst … äh… naja, der Idiot, dessen Namen er gerade vergessen sollte. Es war wohl wirklich besser, wenn er den Mund hielt. Nicht nur Sesshoumaru, sondern auch und vor allem Kagome, aber auch Miroku und Sango hatten in der Vergangenheit schon des Öfteren sein etwas loses Mundwerk kritisiert.

Schön, dachte der Halbdämon. Sie hatten ja alle auch keine Ahnung wie es war, als Kind sich allein durchschlagen zu müssen, mit nichts außer dem, was man bei sich hatte. Und, wenn man sich mit Drohgebärden und einer großen Klappe das Leben sichern konnte, war das eben so. Seit Beginn dieser Reise hatte er sowieso immer mehr den schon zuvor bestehenden Eindruck verstärkt bekommen, dass sein lieber Halbbruder ein echter Prinz sei. Nun ja. Er wusste, dass seine eigene Mutter ja auch eine Prinzessin gewesen war, nicht, dass es ihm nach ihrem Tod viel genutzt hatte. Aber Sesshoumarus Mutter war eben wohl auch sogar die Erbtochter, wenn er die Sache mit dem Schutzherrn des Westens jetzt richtig mitbekommen hatte. Übrigens war auch sein eigener Urgroßvater das gewesen – dass Yuki das erwähnt hatte, hatte ihn schon irgendwie stolz gemacht.

Sekunde. Tessaiga?

Er fasste unwillkürlich an den Schwertgriff. Weshalb vibrierte denn die Klinge so? Auf was wollte sie ihn aufmerksam machen?

 

Der große Bruder hatte die fünf Wachen um sie ebenso bemerkt wie jetzt den Griff zum Schwert. „Finger weg!“ Das fehlte noch, dass dieser Raufbold von Halbmensch sich ausgerechnet hier mit Drachen anlegte. Gewöhnlich sollte es ihm ja gleich sein, aber … Anscheinend jedoch bemerkte Tessaiga im Gegensatz zu seinem Besitzer ebenso wie er selbst, natürlich, die Drachenmagie, die hier in Ryuku beileibe am Stärksten war. Er konnte auch die Magielinien der östlichen Länder spüren, die sich vor ihm im Schloss kulminierten. Mit Sicherheit in der Person des Drachenkönigs. Er richtete sich unwillkürlich etwas auf, als ein Drache näherkam. „Ich will zu Ryujin.“

„Der König erwartet dich, vermutlich?“ Das klang fast herablassend.

Das war doch … Ruhig bleiben, ermahnte er sich. „Er lud mich ein.“ Ehrlich ergänzte der Hundedämon: „Uns.“

Inu Yasha wäre fast die Kinnlade heruntergefallen. Er hatte eine Einladung beim Drachenkönig? Ach, daher das Bemühen des hohen Herrn Halbbruders, dass er auf diese Tour de Japan mitkam. Wäre ja wohl zu peinlich gewesen nicht auf heile Familie machen zu können. Nur: wieso um alles auf der Welt wusste Ryujin überhaupt, dass er existierte und welches Interesse hatte der an ihm? Naja. Wenn er so darüber nachdachte wohnte er ja in dessen Territorium – und er hatte nie daran gedacht, dass es Schutzherren gab. Oder auch nur, dass er mit Ryuukossusei anscheinend irgendwen Wichtigen umgelegt hatte. Der Kerl hatte ihn und seine Freunde umbringen wollen, das war reine Notwehr gewesen. Fragte sich nur, wie das dessen Vater sehen würde. Na, das konnte noch ein netter Besuch werden.

 

Ähnlich dachte allerdings auch Sesshoumaru, der mit ihn selbst überraschender Verwunderung bemerkte, dass sein jüngerer Bruder irgendwie ihm gehorsam die Hand vom Schwert nahm. Was wollte Ryujin nur von dem? Rache für den Tod des Sohnes? Das hätte der doch einfacher haben können. Inu Yasha wohnte samt seinen Menschen in Musashino – eindeutig im Einflussbereich des Schutzherrn des Ostens. Aber, das fragte er sich schon seit zwei Wochen. Sesshoumaru dachte daran, dachte aber ebenso daran sich in seine wahre Gestalt zu verwandeln, da der Ärger in ihm hoch kroch. Wer war er denn, dass ihn irgendein lebensmüdes Reptil von seinem Besuch abhalten wollte?

 

Der Anführer der Wachen nickte etwas, durchaus die steigende Energie bemerkend - und nicht in die Versuchung geratend herauszufinden, was ein Schutzherr von seinen Manieren hielt. Dabei dachte er durchaus auch an seinen König, der sehr selten jemanden einlud. „ich verstehe. Der Schutzherr des Westens und das Schwert der Winde. Nun gut. Geht durch das Tor. Solltet ihr wieder herauskommen, werdet ihr den Weg frei finden.“

Das klang ja verheißungsvoll, dachten die Hundebrüder, folgten jedoch dem Nicken des Drachen und gingen zu dem massiven Holztor. Erst im Näherkommen erkannten sie, dass die kunstvollen, metallenen, Einlegearbeiten Drachen und andere Wesen darstellten. Die Flügel des Portals schwangen vor ihnen auf und zeigten die wahrhaft riesige Halle dahinter – und jede Menge Drachen.

 

Die Hundebrüder gingen langsam hinein. Mehr in Erinnerung an alte Zeiten als instinktiv blieb Inu Yasha einen Schritt hinter seinem Halbbruder, der die ungewohnte Höflichkeit ein wenig erstaunt zur Kenntnis nahm. Anscheinend hatte Myouga nicht überall versagt. Obwohl, das war wohl eher Izayoi gewesen, denn er hatte nie vermutet, dass die hochgeborene, wenn auch menschliche, Prinzessin, keine Ahnung von Höflichkeit hatte. Kurz, was immer ihn an Inu Yasha störte, war wohl diesem unseligen Flohgeist zuzurechnen. Der würde noch etwas zu hören bekommen. Und zu fühlen.

 

Unangenehm war es.

Das empfanden die Halbbrüder beide gleich, als sie durch den Saal schritten. Er war hoch, von riesigen Ausmaßen – und dennoch gefüllt. Rechts und links an den Wänden lehnten Drachen, deren Drachengesichter sie ebenso nicht aus den Augen ließen, wie das zweite, menschenähnliche, auf der Stirn. Und das Format dieser Reptilien waren beachtlich. Höflinge und Ryujins Leibwache, war anzunehmen. Vor diesen und einen breiten Weg für die Besucher freilassend, saßen eindeutig Drachendamen in menschenähnlicher Form, bedeckt von bläulichen oder grünen Schuppen, die meisten das zweite Gesicht auf der Stirn von Haaren verborgen, aber die Besucher mehr als neugierig betrachtend.

Die Hundejungen konnten Dinge vernehmen, die kaum für ihre Ohren bestimmt waren. „Der ist der Herr des Westens? Der Herr der Winde des Westens? Oh, der sieht aber niedlich aus – gut, würde ich sogar sagen….Alle beide. Was für nette Besucher einmal.“

Sie bemühten sich das Getuschel zu ignorieren, in der sicheren Annahme sie sollten zu einer Provokation animiert werden. Es wäre eine Sache einen Drachen zu töten - eine andere hundert und das in Gegenwart des Schutzherrn des Ostens und unter Wasser.

So missachteten sie auch die prunkvollen Wände hinter den Drachen, aus schwarzem, glänzenden Granit, mit aufwendigen Dekoren aus weißen Muscheln und Perlen verziert. Sie interessierten sich mehr für die große Statue am Ende der Halle, auf einer Empore, die wohl den Hausherrn darstellen sollte und fast bis zur Decke des hohen Saales reichte.

Angeber, dachte Inu Yasha. Wer stellte sich denn ein Abbild seiner selbst in sein Wohnzimmer? Irgendetwas war allerdings an der Figur eigenartig. Ah. Das war so ein ähnlicher Stuhl aus Stein wie der, auf dem Yuki gesessen hatte, allerdings natürlich viel größer – und die Sitzfläche befand sich direkt auf dem Boden der Empore, ohne Beine oder Unterbau. Der steinerne Schwanz hatte die gleiche Farbe wie der Felsthron, grau mit seltsamen Reflexen darin, grün, blau und irgendetwas dazwischen. Dann wanderte sein Blick etwas höher – und der Halbdämon spürte ein Prickeln. Ab der Höhe dessen, was wohl die Knie bei einem Menschen gewesen wären, verwandelte sich der Stein in lebendiges Fleisch. Der Drachenkönig begann vom Schwaz her zu versteinern. Du liebe Güte. Wie alt musste man werden, damit einem das passierte? Aber so war es natürlich kein Wunder, dass er Besucher lieber einlud als selbst durch den Osten zu wandern. Der war hier buchstäblich festgenagelt. Schön, er sollte ja den Mund halten und es war, nach allem, was er wusste auch schrecklich unhöflich einen König anzustarren, so achtete er lieber darauf, was sein Halbbruder tat, in der Hoffnung, der kenne das Hofzeremoniell doch besser als er.

 

Sesshoumaru hatte ebenfalls erkannt, dass der uralte Drache vor ihm zu versteinern begann. Noch tausend Jahre und der würde daran sterben. Kein Wunder, dass der Briefe durch die Gegend schickte und anderes, als sich mal selbst auf den Weg zu machen. Allerdings war das auch ein guter Grund behutsam zu sein. Je älter ein Drache wurde, desto mächtiger wurde er auch. Es würde Ryujin vermutlich keinerlei Mühe bereiten Inu Yasha zu grillen. Mit ihm selbst würde der sich natürlich härter tun, abgesehen davon, dass man als Schutzherr keinen anderen Schutzherrn umbringen durfte. Nur, leider fehlte ihm dazu noch eben die Anerkennung zweier. So legte er nur grüßend den Kopf ein wenig schräg. Sich zu verneigen wäre ihm nicht in den Sinn gekommen.

„Sesshoumaru.“ Die tiefe Stimme des Drachenkönigs ließ die Halle verstummen. „Du hast es also doch noch für notwendig befunden auf die Reise der Anerkennung zu gehen.“

Was sollte man dazu sagen? Du hast mich dazu erpresst? Mit diesem jämmerlichen Bastard neben mir, der leider auch noch mein Erbe ist? So schwieg der Hundedämon.

„Du hast Yukis Prüfungen bestanden, er hat dich anerkannt. Und du stehst hier vor mir. Natürlich weißt du, dass ich seit geraumer Zeit deine Familie nicht unbedingt schätze. Immerhin brachte dein Vater meinen ältesten Sohn um.“

Sesshoumaru warf unwillkürlich einen Blick beiseite. Hoffentlich hielt Inu Yasha sein vorlautes Mundwerk und protestierte nicht gegen diese Aussage.

Der Halbdämon war etwas überrascht, aber ja, es hatte ja geheißen Vater habe Ryuukossusei versiegelt. Das musste das letzte Mal gewesen sein, dass der Drachenkönig von seinem Sprössling gehört hatte. Und, so sehr es ihm missfiel, dass hier nicht seine Tat anerkannt, sondern seinem Vater zugeschrieben wurde – in dem Fall wäre es vermutlich nur gut.

„Ah, dein Bruder hat es nicht gewusst?“ Ryujin hatte die Blicke gesehen. „Ja, Inu Yasha, euer Vater brachte meinen Jungen um. Nicht, dass ich ihn nicht verstehen konnte. Ryuukossusei war im Westen, wo er nichts zu suchen hatte, und benahm sich, nennen wir es, daneben. Der Schutzherr musste reagieren, aber Sesshoumaru war noch ein Welpe.“ Und die Verpflichtung als Schutzherr wog schwer, das wusste er nur zu gut. Dass der verstorbene Inu no Taishou sich dazu, Stellvertreter des Schutzherrn für seinen minderjährigen Sohn, bereit erklärt hatte, hatte ihm den Respekt der anderen Schutzherren eingetragen, zumal er sich auf die Anerkennungsreise begeben hatte und sie alle drei aufgesucht hatte – und die Aufgabe wirklich ausgefüllt hatte. „Ich, umgedreht, hätte auch dich oder Sesshoumaru getötet, wenn ihr meine Gebiete derart missachtet hättet.“

Wieso erklärte der das dem Bastard und nicht ihm? Sesshoumaru presste die Fangzähne zusammen. Welpenschutz? So jung war Inu Yasha doch nun auch nicht mehr. Außerdem war es mehr als ärgerlich dermaßen buchstäblich von oben herab angesehen zu werden. Dieser Drache überragte ihn selbst so zusammen geringelt in seinem Thron um mehr als das Dreifache. Von der Magie wollte er gar nicht reden.

Der Schutzherr des Ostens winkte ein wenig und eine kleine, alte Frau eilte heran, die die Halbbrüder nur zu sehr an Yukis Helferin erinnerte. Das musste also deren Schwester sein, die Hexe des Ostens. Ihr folgte ein Drache, eindeutig männlich, allerdings in einer ungewöhnlichen Form: als einziger der hier Anwesenden seines Geschlechtes war er in Menschenform. Eine schwere Goldkette um den Hals und ein Stab aus Sardonyx in der Hand verriet seine ebenso ungewöhnliche Stellung. Die beiden Neuankömmlinge verneigten sich vor Ryujin, ehe sie sich neben ihn stellten. Die Hexe des Ostens reichte dem Drachen knapp bis zur Hüfte.

„Ich darf euch Sesshoumaru, den designierten Schutzherrn des Westens vorstellen und seinen Halbbruder Inu Yasha. Seinen mutmaßlichen Erben, momentan. - Sesshoumaru, Inu Yasha, die Hexe des Ostens werdet ihr erkannt haben. Kasuke ist nach dem Verschwinden meines zweiten Sohnes der oberste der Drachenschamanen.“

Erkannte er ihn jetzt an oder nicht? Sesshoumaru wollte schon ungeduldig werden, ehe er sich besann. Selbstbeherrschung ziemte einem vornehmen Dämon, da sollte er sich nicht bloß stellen. Ja, noch hatte ihn Ryujin nicht anerkannt, aber immerhin hatte ihn der Drachenkönig bislang auch nicht abgelehnt. Das wäre nicht nur peinlich, demütigend ...Wo konnte er sich dann noch sehen lassen.

„Schutzherr des Westens,“ sagte der Schamane mit einer höflichen Verneigung. „Ich stelle fest, dass die Familie noch immer über fähige Nachkommen verfügt. Gut zu wissen in solchen Zeiten.“

Das war doch die Anerkennung? Sesshoumaru stellte fest, dass er am liebsten mit dem Schwanz gewedelt hätte, aber in seiner Menschenform ging das natürlich nicht. Überdies hätte das nur wieder Drachendamen auf ihn aufmerksam gemacht – nichts, was er brauchte. Er hatte gehört, dass schon von der Begegnung mit nur einer Einzigen ein starker Dämon erschöpft worden war, Haarrisse im Becken inklusive. Schön, vielleicht war das übertrieben, aber er neigte doch dazu sich Partnerinnen selbst auszusuchen. Vielleicht hätte er Kagura doch … Das gehörte jetzt nicht hier hin. So blickte er lieber wieder zu dem Drachenkönig auf. Der hatte doch die Hexe und den Schamanen nicht grundlos hierher zitiert? Sekunde. Was hieß das? Das Verschwinden seines zweiten Sohnes? War da auch Vater am Werk gewesen oder Inu Yasha? Er selbst konnte sich an kein Zusammentreffen mit einem lebensmüden, aber wohl ranghohen,Drachen, noch dazu einem Schamanen, erinnern. Gut. Das konnte er mit Fug und Recht von sich weisen. Hoffentlich würden die Taten seiner Familie nicht auf ihn zurückfallen.

Ryujin nickte etwas. „Sage mir doch – spürst du auch diese Magie bei ihnen?“

„Ja, mein König.“ Der Schamane musterte die Hundebrüder, die ihn wiederum anstarrten, fast zu offensichtlich nicht verstehend. „Bei Sesshoumaru kann ich, wie Ihr sicher auch, die Magie eines Landes spüren. Das Bluterbe der westlichen Länder. Und bei Inu Yasha – er trägt das Windschwert.“

„Auch dieses,“ warf die kleine Hexe des Ostens ein. „Aber natürlich spüren wir beide, mein Herr und König, bei ihm auch das, was Ihr erwähntet.“

„Hä?“ Inu Yasha zügelte sich eilig. Windschwert mochte sich ja auf Tessaiga und seine Windnarbe beziehen, aber was sollte er sonst noch können? Mit Magie hatte er es nun einmal nicht so.

Sesshoumaru dachte ähnlich, warf ihm aber dennoch einen eisigen Blick zu. Kannte dieser Bastard einfach kein Benehmen? Sie waren hier immerhin bei dem Drachenkönig. Und Drachen waren nun einmal ziemlich reizbar.

„Sehr schön,“ sagte Ryujin langsam. „Dann erkenne ich dich hiermit als Schutzherr des Westens an, Sesshoumaru. Das mit deinem Halbbruder als deinem Erben – sagen wir, das verdient einige Rückfragen.“

Na bitte, dachten beide Hundebrüder gleichzeitig. Halbdämon gleich Halbmensch. Aber das hätte diesem Drachen doch schon längst klar sein müssen, wenn er sogar Tessaiga kannte? Was lief hier? Immerhin hatte er die Anerkennung schon zweier Schutzherren erhalten, dachte Sesshoumaru gleichzeitig erleichtert, seltsam zweigeteilt in Gedanken.

„Ziehe dein Schwert, Inu Yasha,“ befahl Ryujin.

Der warf seinem großen Bruder doch einen fragenden Blick zu. Es war unhöflich einen Befehl eines Königs zu missachten, aber es war auch unhöflich, schrecklich sogar, vor dem mit dem Schwert herumzuwedeln. War das jetzt der Auslöser, damit die ganzen Drachen im Raum einen Vorwand hatten auf ihn loszugehen?

Sesshoumaru zog die Augen etwas zusammen, sah aber erneut empor.

Der Drachenkönig lächelte mit beiden Gesichtern. „Mach schon. Kasuke möchte es sich ansehen.“

Inu Yasha zuckte die Schultern und zog. Ein Raunen lief durch die Halle, als sich seine Klinge deutlich vergrößerte.

„Oh.“ Der Drachenschamane kam näher. „Ja, ich kann es spüren. Sag mir, kann dein Schwert sich verwandeln?“

„Ja.“ Jetzt war der Halbdämon langsam mehr als verwirrt, vor allem, weil selbst der riesige König vor ihm neugierig, um nicht zu sagen, angespannt wirkte.

„Lass es das tun.“ Kasuke berührte fast Tessaiga, als der verständnislose Inu Yasha versuchte das rote Tessaiga zu beschwören.

Immerhin wusste er ja nicht, was hier passieren würde, würde er den Pfad der Dunkelheit auch nur versehentlich öffnen. Das schwarze Tessaiga wäre vermutlich ziemlich leichtsinnig. Drachen! Daran hatte er gar nicht gedacht, als sich die Klinge mit Schuppen überzog. Das war doch der Schamane gewesen? „Äh, ja, das ist das geschuppte Tessaiga.“

Kasuke drehte sich um und verneigte sich gegen seinen König. „Das geschuppte Tessaiga, mein Gebieter. Und die reinste Drachenmagie, wie ich sie nur von Isamu kannte. Es ist ganz sicher seine persönliche Energie.“

Was zur …. dachte Sesshoumaru. Schaffte es dieser Narr von Halbhund sogar, wenn er nichts sagte, Ärger heraufzubeschwören? Er selbst war vor Ryujin und seinen Drachen mit der Anerkennung sicher, aber er ertappte sich dabei, sich Sorgen um den Halbbruder zu machen. Warum das denn?

Inu Yasha starrte das Schwert in seiner Hand an, sah dann aber ebenso empor zu dem Drachenkönig. „Äh, ja, das ist das geschuppte Tessaiga ...“ wiederholte er nur etwas hilflos.

„Gut.“ Ryujin klang trügerisch sanft. „Dann erzähle mir doch einmal, warum dein geschupptes Tessaiga die Lebensenergie und die Magie meines jüngeren Sohnes besitzt? Wann hast du ihn umgebracht?“

 
 

Das Geheimnis des geschuppten Tessaiga


 

S

esshoumaru ertappte sich zum ersten Mal seit Welpentagen in der Laune aufzujaulen, beließ es jedoch bei einem Knirschen der Fangzähne. DAS DURFTE EINFACH NICHT WAHR SEIN! Hatte er sich nicht schon auf der Reise gewundert, in welche unmögliche Lagen der Bastard gekommen war? Und jetzt das? Eigentlich war er selbst ja aus der Sache draußen, aber eben nur eigentlich. Noch hatte er nur die Anerkennung zweier Schutzherren, Amelo stand noch aus, und wenn Ryujin dem Nachricht schickte, dass er unwürdig wäre, käme es auch nie dazu – mit den entsprechenden Folgen. Er musste auf das Festland gehen, ganz Japan wüsste von seiner Schande … Denn eines war klar. Es ging hier um den jüngeren Sohn, Isamu, der verschwunden war. Hatte Inu Yasha den getötet und antwortete wahrheitsgemäß, würde der Drachenkönig nicht die mindesten Skrupel haben den Halbdämon hinrichten zu lassen. Antwortete der wahrheitsgemäß: nein, aber deinen älteren Sohn, Ryuukossusei, war das auch nicht besser. Was war das nur mit diesem geschuppten Tessaiga? Ja, dieser Halbhund sammelte Fähigkeiten in seiner Klinge wie andere Leute Blumen, siehe Rin, aber … Gleich. Er konnte nur dastehen und zu seinem Halbbruder blicken. Was sollte er zu solch einem Unglückshund auch sagen?

 

Inu Yasha starrte zu dem Drachenkönig auf. Er begriff sehr wohl, dass er anscheinend in der Klemme saß – aber, meinte Ryujin jetzt doch Ryuukossusei? Man korrigierte doch eigentlich keinen König. Sesshoumaru stand auch nur da, als ob ihn gerade ein Blitz getroffen hätte. Schön, immerhin hatte dieser Riesenhundeidiot ihn nicht freiwillig in eine Falle gelockt. Aber, was sollte er jetzt sagen? Isamu, den Namen hatte er noch nie gehört und – au. Tja, da half wohl nichts als die Wahrheit, und die war ja auch nicht so ganz positiv für ihn. Er sah da ja kaum besonders heldenhaft aus. Aber das war vermutlich besser als hier von hundert Drachen in Einzelteile zerlegt zu werden.

„Also, ich habe keinen Drachen getötet. Nicht für das geschuppte Tessaiga. Das ist etwas kompliziert,“ gestand er daher und ergänzte ungewohnt höflich: „Herr der Drachen. Vielleicht darf ich die Geschichte erzählen?“

„Oh, ich bitte darum.“ Der riesige Drachenkönig lehnte sich etwas zurück und winkte mit den deutlich kleineren Armen.

„Ich mache es auch möglichst kurz.“ Inu Yasha sah sehr wohl, dass ihn alle Drachen in der großen Halle anstarrten – ebenso sein Halbbruder. „Aber es ist eben kompliziert. Ich war vor einiger Zeit mit einigen Freunden unterwegs und wir trafen einen Mann, Toshu, der vor einem Drachen namens Ryujin floh. He, der gleiche Name?“ War das etwa ein dritter Sohn? Dann hatte er endgültig Pech.

„Er hieß sicher nicht so, er nannte sich selbst so,“ erklärte Kasuke eilig. „Ryujin ist der Titel unseres Königs.“

„Wir kamen ihm jedenfalls zu Hilfe und vertrieben den Drachen. Dann erzählte uns Toshu, wir waren ja neugierig, dass er auf einem Schlachtfeld Ryujin das erste Mal traf und der ihm den Auftrag für ein mächtiges Schwert gab, das aus seinen eigenen Drachenschuppen hergestellt werden sollte. Damit Toshu das nicht vergaß, brandmarkte der Idi … ich meine, der Drache, den Schmied mit seinen Schuppen um sein rechtes Auge herum. Das sah wirklich wie Schuppen aus. Toshu sagte uns, er habe Angst gehabt und das Schmieden begonnen, aber es waren alles Fehlschläge. Es ist sicher nicht so einfach ein Drachenschwert zu machen? Jedenfalls bekam er eines fertig und nannte es Dakki. Toshu lud uns ein und dann kreuzte wieder Ryujin aus und wollte Dakki haben. Wir beschützten den Schmied. Während der Drache mit mir kämpfte, wollte er immer wieder dieses neue Schwert haben, um mich zu besiegen, aber Toshu sagte mir, dass Ryujin eine Schwäche habe. Er hatte sich immer wieder Waffen aus seinen Drachenschuppen herstellen lassen ….“ Der Halbdämon erkannte, dass Kasuke, der Schamane, um ein Haar genickt hätte. „Ach, du hast den Idioten gekannt? Jedenfalls war der Körper an manchen Stellen nicht mehr von den Schuppen bedeckt. Naja. Ich habe ihn dann auch besiegt, aber wirklich nicht getötet. Jedenfalls schnappte sich dieser dämliche Schmied plötzlich Dakki und rammte es in Ryujin. Der war tot und das Schwert übernahm dessen Energie. Dann haben wir erst kapiert, dass Toshu uns belogen hatte. Es war anders herum gewesen. Toshu wollte ein schrecklich mächtiges Schwert haben und überredete diesen Ryujin ihm Schuppen zu geben, damit er das schaffen konnte – natürlich hatte er ihn angelogen und wollte Dakki für sich. Naja, er griff mich an. Und ich gebe zu, das war ein mieser Kampf. Er wollte auch Tessaigas Kräfte und meine. Das Dakki übernahm auch was von uns. Es war richtig hart, aber härter war es für Toshu. Sein Schwert übernahm ihn und kontrollierte ihn vollständig. Toutousai hat mal gesagt, nur ein schlechter Schmied lässt sich von seinem eigenen Klinge übernehmen.“ Er schielte unwillkürlich zu seinem Halbbruder, immerhin war das ja mit dessen Toukejin passiert. „Ich kämpfte also gegen eine durchgeknallte Klinge … Naja, nur noch kurz. Dakki verriet seinen Schmied und vereinigte sich mit meinem Schwert. Seither hat Tessaiga diese Drachenschuppenklinge und ich denke mal, dass das eigentlich die Macht dieses Ryujin sein müsste. Der Kerl hatte was drauf.“

 

Sesshoumaru hatte gleich mehrere Aha-Erlebnisse. Kämpfe gegen ein verrückt gewordenes Schwert, das einen übernehmen oder umbringen wollte, waren für Inu Yasha bereits bekannt gewesen, bevor es gegen So´unga ging. Das erklärte dessen Zuversicht, über die er sich damals schon gewundert hatte. Zweitens: der hatte nicht gelogen, in keiner Silbe. Sein Halbbruder wusste bestimmt, dass das nicht nur er, sondern vor allem auch der Schutzherr des Ostens spüren konnte. Und drittens: mit dem letzten Satz auch noch einen Drachen zu loben, ehrlich und offen gemeint – dieser Halbhund war wirklich ein Fall für sich.

 

Ryujin wandte seine Gesichter seinem Schamanen zu. „Es gibt dann nur eine logische Erklärung, warum ich von Isamu nichts mehr hörte.“

„Ich kenne nur einen Drachen, der die Fähigkeit besaß, die Energie und Künste eines anderen zu übernehmen, mein König,“ antwortete Kasuke prompt, wurde jedoch von der erhobenen Hand Ryujins unterbrochen.

„Sprich seinen Namen nicht aus, nie wieder.“

„Ja, mein König. - Ich denke, es kann nur so gewesen sein, dass der Namenlose Euren jüngeren Sohn, unseren Obersten Schamanen, überfiel und tötete.“ Mit einem Blick auf die Gäste fuhr er fort.: „Ein unerhörter Frevel. - Er hatte in der Tat bereits Schwert und Schild aus seinen Schuppen herstellen lassen und hoffte wohl, mit der Übernahme der Fähigkeiten Isamus noch mächtiger zu werden, gar dessen Platz, wenn schon nicht als Schamane, so doch als Euer Erbe einzunehmen. Es kam offenbar nicht dazu, da er zu gierig wurde, und sich bei seinem Wunsch nach Stärke von diesem Schmied betrügen ließ. Dakki wäre anscheinend das Schwert gewesen, mit dem er rechnete. Aber der Ablauf ist nun klar. Der Namenlose übernahm Isamus Energie und Fähigkeiten, durch dieses Dakki der Schmied, der den Namenlosen tötete, und durch dessen Tod wiederum Inu Yasha. Die Magie und Macht des Drachen ist in seinem Schwert. Und, mit Verlaub, mein König, dieser Halbhund, Halbmensch, oder wie auch immer, ist mit dieser Klinge verbunden.“

„Dessen bin ich mir schon länger bewusst,“ erwiderte Ryujin fast freundlich, ehe er zu dem sichtlich irritierten Halbdämonen blickte. „Nun, du trägst Tessaiga direkt vor meiner Nase spazieren. Hast du geglaubt, ich würde das nicht überprüfen? Damit, allerdings, stehen einige Punkte fest. Sesshoumaru ist der Bluterbe des Westens, der neue Schutzherr. Aber durch die Drachenmagie in ihm ist Inu Yasha mein Krieger.“ Das letzte Wort war betont und der so Angesprochene bemerkte sowohl dass die Drachen in der Halle aufatmeten als auch sein Halbbruder förmlich zur Salzsäule erstarrte. Der Schutzherr des Ostens fuhr fort: „Da du von dem Herrn des Westens als Erbe anerkannt wurdest, solltest du wissen, dass „Krieger“ der Titel des jeweiligen Erben ist.“

Inu Yasha rang nach Atem, ebenso wie sein großer Bruder. Das war ja quasi ein Adoptionsantrag? Sesshoumaru hoffte jedenfalls nur, dass er nicht so dämlich aussah, wie er sich fühlte und der ausgerenkte Unterkiefer rasch abheilte, ehe er den Mund zwanghaft zusammenpresste. War der Drachenkönig wirklich so senil geworden?

„Äh, danke, König, aber das wusste ich nicht,“ gestand Inu Yasha. Wer hatte das nur gesagt: Schutzherr und Krieger? Tora? Yuki? Gleich. Damit war das jedenfalls erklärt, er hatte sich zu diesem Zeitpunkt sich geärgert, ignoriert gefühlt und gedacht, dass beide Begriffe auf seinen Halbbruder gemünzt wären. Aber – Sekunde, da stimmte doch etwas nicht? „Ich dachte allerdings nur, dass es immer vier Schutzherren geben muss. Ich kann doch unmöglich bei gleich zwei Gebieten der Erbe sein.“

Beide Gesichter Ryujins lächelten, Sesshoumaru atmete unwillkürlich etwas auf, ehe der Drachenkönig meinte: „Da hast du vollkommen recht, mein Junge. Aber dein Bruder ist jung genug einen Erben zeugen zu können, oder auch nur eine Erbtochter, etwas, das mir nun versagt ist.“

Inu Yasha suchte hektisch nach anderen Ausreden. „Und, wie du sicher weißt, ich bin verheiratet. Eine Menschenfrau, sei sie auch eine Priesterin, würde sich hier kaum wohl fühlen.“ Kagome würde ihm erst die Ohren abreißen und dann den Kopf, wenn er ihr den Vorschlag machte hierher umzuziehen.

„Weißt du eigentlich, dass du gerade Hochverrat aussprichst? Es ist sehr unhöflich mir zu unterstellen, ich würde nicht mehr als ein Menschenalter noch lebe.“

„Oh, das … naja … das wusste ich nicht.“ Am liebsten hätte er sich mit einem verlegenen Grinsen hinter einem Ohr gekratzt, aber das würde ihn und wohl auch Sesshoumaru ziemlich blamieren.

„Nach dem Tod dieser Menschenfrau kannst du ja hierher kommen.“

„Ja, klar.“ Schön, das war also auch keine Lösung. Es wurde allerdings noch schlimmer, als er die geflüsterten Angebote in seinem Rücken hörte:

„Nimm mich, Herr der Winde, ich werde wie die Wolke sein, die unter deinen Händen zerfließt….“

„Wie das aufgepeitschte Meer, das allein unter dir sich beruhigt...“

Wasser – Drachen. Ach du je. Panisch blickte der Halbdämon zu dem großen Bruder. Hatte der einen Plan? Nein. Im Gegenteil. Sesshoumaru starrte ihn finster an. Als ob das seine Schuld wäre! Er wollte nur noch hier weg! Erbe? Schutzherr und verantwortlich für, ach, wie viele Drachenfrauen denn? Hilfe!

„Gut,“ sagte Ryujin, der nicht sah, oder vielmehr nicht sehen wollte, wie wenig begeistert sein neuer Nachfolger war. Er richtete sich ein wenig auf. „Dann, Kasuke, bringe unseren Besuch hinunter zu dem Drachenstein, damit sich der Schutzherr des Westens mit den Magielinien der östlichen Länder vertraut machen kann. Inu Yasha, du gehst natürlich mit, denn du musst dein Erbe kennen lernen.“

„Oh nein, mein König,“ sagte jemand hinter ihnen und die Halbbrüder wandten sich ein wenig um. Ein großer, eindeutig männlicher Drache schlängelte sich voran. „Ich schwieg, aber da dieser Halbmensch nun dein Erbe ist, habe ich das Recht ihn zu fordern.“

„Och nee….“ murmelte Inu Yasha und blickte etwas unentschlossen zu dem Schutzherrn des Ostens. Er war noch nie einer Herausforderung ausgewichen, aber was bedeutete das jetzt und hier?

„Da hast du recht, Hiro,“ erwiderte der Drachenkönig. „Ich bin mir jedoch sicher, dass mein Krieger dieser Forderung Folge leisten wird. - Folgt der Hexe nach draußen, wir wollen doch nicht das Schloss einreißen.“

Der Halbdämon musste gar nicht zu Sesshoumaru gucken um zu wissen, dass der auch keine Ahnung hatte, was er jetzt tun sollte – außer sich einem Duell mit einem Drachen zu stellen. Na, wunderbar. Warum gleich noch einmal hatte er sich breitschlagen lassen, diesen Hundedämon zu einer Rundreise um Japan zu begleiten? Jetzt hatte er einen Kampf mit einem Drachen an der Backe und irgendwann später die Aufgaben eines Schutzherrn und einige interessierte Drachenfrauen. Nein! Das war sicher alles nur ein Alptraum. Er würde bestimmt bald aufwachen und Kagome würde kochen ...

„Ich komme nach, Kasuke,“ sagte Ryujin.

Da das eindeutig die Verabschiedung war, folgte Sesshoumaru wortlos dem Schamanen aus der Halle, vorbei an Wachen, einen gewendelten Gang immer tiefer unter das Schloss.

Kasuke wandte etwas den Kopf. „Ihr scheint nicht besorgt um Euren Bruder, Sesshoumaru-sama. Hiro ist ein starker Drache.“

„Wenn dieser Narr ernst macht, wird ihn Inu Yasha töten.“ Dem Hundedämon war durchaus bewusst, dass der Jüngere sonst etwas geben würde, um solch ein zumindest indirektes Lob einmal zu hören. Aber da konnte der lange warten. Schutzherr des Ostens, also? Und er hatte geglaubt es wäre schon lästig, den als einstweiligen Erben ansehen zu müssen. Schutzherr! Ryujin musste vollständig den Verstand verloren haben. Vor allem, das kam ja auch noch erschwerend hinzu, als „Krieger“ des Westens wäre Inu Yasha ihm untergeordnet – als Schutzherr des Ostens ihm gleichrangig. Und noch dazu unantastbar, denn kein Schutzherr durfte doch einen Anderen angreifen. Schön, der Halbhund hatte sich schon länger nicht mehr so daneben benommen, dass er ihn umbringen musste, aber … ärgerlich war das schon. „Wie viele dürfen noch eine Herausforderung aussprechen?“

„Im Prinzip jeder männliche Drache. Aber falls Hiro verliert, wird es keiner mehr wagen. - Wir kommen gleich zu der Kammer, in der der Drachenstein ruht, die Magielinien des Ostens zusammenlaufen. Ihr werdet es spüren. Bitte bleibt hinter mir, ich muss die Sicherungen beseitigen.“

Vier Drachen waren hier unten postiert, dazu magische Sicherungen, ja. Dieser Drachenstein war sicher das Wertvollste, was der Schutzherr des Ostens besaß. Hier, tief unter dem Meeresboden ruhte der Schatz der Drachen. Als Kasuke die mit Muscheln verzierte Tür aufschwingen ließ, zeigte sich eine hohe Kammer, gehüllt in ein bläuliches Licht, das von einem eiförmigen, großen Juwel ausstrahlte. Der Drachenstein war eindeutig ein mächtiges Artefakt. Da der Schamane darauf zusteuerte, folgte ihm der potentielle Schutzherr des Westens. Wie auch schon bei Yuki musste er die Magien der anderen Drei kennen lernen, damit sie im Notfall zusammen arbeiten konnten, um das Land eben zu verteidigen. Das würde allerdings bedeuten, wenn Amelo ihn als letzter der Schutzherren anerkannt hatte – und diesen Halbhund gleich dazu – musste er Inu Yasha in Mutters Schloss mitnehmen, damit der diese Linien im Westen ebenso lernen konnte. Ach du liebe Güte. Er konnte sich schon bildlich ausmalen, was seine Mutter von dem zweiten Sohn ihres Ehemannes halten musste, einmal grundsätzlich und einmal, weil er eben Sohn einer Frau der minderen Rasse war. Das würde ihr kaum gefallen, den ihrem Sohn als gleichrangig ansehen zu sollen.

Leider stammte Inu Yasha aber eben nicht nur von Vater ab sondern von dem gemeinsamen Urgroßvater – dieses Halbblut war aus eigenem Recht in der Lage Schutzherr zu werden. Wie sollte er das nur seiner so familienstolzen Mutter beibringen?

 

Inu Yasha sah sich um als die Hexe des Ostens stehen blieb. Auch hier befanden sie sich unter einem Bannkreis, der das Wasser des Ozeans abhielt, aber es war ein anderer, zweiter Zauber, der getrennt von dem um das Schloss war. Hier befand sich offenbar ein Übungsplatz. Nun ja, wenn Drachen aufeinander losgingen – sie waren nicht gerade klein und wenn die alle solche Feuerkugeln aus Energie spucken konnte, würde es heftig zu Sache gehen. Hm. Was sollte er jetzt nur machen? Sollte er Hiro sagen: hier, werde du nur gerne Schutzherr, ich will das nicht? Das könnte immerhin den Drachenkönig verärgern und es gab bestimmt kaum dämlichere Selbstmordmethoden. Selbst Sesshoumaru blieb für seine Verhältnisse sehr höflich. Aber einen mächtigen Drachen umbringen – bislang schienen hier ja alle zu glauben, das mit Ryuukossusei sei Vater gewesen. Wenn es nach ihm ging, sollten sie nur in dem Irrtum bleiben. Und immerhin HATTE Vater den ja an die Wand gepinnt. Ohne Naraku würde der da noch immer schlafen. So wandte er sich um, bemerkte sehr wohl, dass die kleine Hexe fluchtartig Abstand suchte.

Ihm gegenüber ringelte sich der große Drache. „Hiro, ich erkläre dir jetzt mal, wie das hier läuft,“ sagte der Halbdämon eindeutig nicht ängstlich. „Du wirst mich angreifen, meinetwegen auch mit diesen hübschen Energiekugeln. Ich werde sie dir um die Ohren hauen. Wenn das nicht reicht, werde ich das geschuppte Tessaiga wählen und die Quelle deiner Energie zumindest beschädigen oder vernichten. Starke Dämonen und Drachen werden nur geschwächt, schwache sterben. Aber, ich denke mal, du bist einer der besten Krieger hier.“

„Du scheinst sehr selbstbewusst, kleiner Hund. Aber Hunde bellen am lautesten, wenn man ihnen die Zähne nimmt, nicht wahr?“ Beide Gesichter des Drachen schienen fast amüsiert.

„Keh. Wenn dir das immer noch nicht reicht, werde ich mit dem schwarzen Tessaiga den Pfad der Dunkelheit öffnen und dich noch lebendig in das Jenseits schicken. Soweit ich weiß, nicht sehr lustig. Und ich war schon ein paar Mal in der Unterwelt.“ So, das sollte doch reichen, um zumindest bei Ryujin und seinen Leuten den Eindruck zu erwecken, dass er versucht hatte, diesen Hiro vom Selbstmord abzuhalten.

„Ja, klar. Du warst schon im Jenseits, was nur Schutzherren und die Hexen vermögen, du kannst einen Weg öffnen ….einfach so? Du bist nur ein Halbdämon.“

Langsam reichte es. „Blödsinn. Niemand hat gesagt, dass das einfach ist. Und ohne die Hilfe meines großen Bruders hätte ich das auch nie so hinbekommen. Ja, Schutzherren haben da was drauf, was sich übrigens auch vererbt. In der Blutlinie. Und mein Urgroßvater war der Schutzherr des Westens. - Also, gibst du gleich auf oder muss ich dich umlegen?“

„Ah, das meinte unser König also.“ Hiro richtete sich etwas auf. „Der Pfad der Dunkelheit, ja? Zeige ihn mir.“

Inu Yasha zog und wartete, bis seine Klinge sich nicht nur verbreitert hatte, sondern auch schwarz glänzte. Noch ehe er den Kreis schlagen konnte, um den Pfad neben seinem Gegner zu öffnen, da er immer noch hoffte, der Idiot würde schlau sein, griff der Drache an.

Der Halbdämon schaffte es gerade noch, ein kleines, dunkles Loch zu öffnen, durch das die beiden Energiekugeln verschwanden. „Keh,“ murmelte er. „Du willst wirklich Ärger.“

„Du hast gar keine Ahnung, wie viel Ärger dir gerade ins Haus steht.“ Hiro holte bereits wieder Atem. „Ich bin der beste Krieger unseres Königs.“

„Und ich bin der Ärger höchstpersönlich, du überdimensionierte Eidechse!“
 

Drachen


 

H

iro, seines Zeichens einer der stärksten Drachenkämpfer, starrte den Halbdämonen vor sich mit seinen beiden Gesichtern etwas überrascht an, ehe er – ebenfalls zwei Mal – ein unmenschliches Grinsen zeigte. „Gut gebellt, kleiner Halbhund. Dann lass uns mal sehen, was du drauf hast. Denn über eines solltest du dir im Klaren sein: bei Drachen zählt nur die Stärke. Verneige dich vor mir oder stirb.“

„Ach du je.“ Inu Yasha hob Tessaiga ein wenig. „Wenn ich jedes Mal, wenn ich diese Ansage gehört habe, einen goldenen Ryu verdient hätte, wäre ich inzwischen vermutlich der reichste Mann Japans. Dummerweise betrachten sich eine Menge Leute, die dieser Meinung waren, inzwischen die Radieschen von unten.“ Etwas wie ein Schatten ließ instinktiv seine Augen für einen Augenblick von seinem Gegner abgleiten, ehe er beschloss, sich von dem riesigen Schemen des Drachenkönigs auf der Seite nicht ablenken zu lassen und eilig wieder zu Hiro blickte. Naja, für den armen Hund, äh, Drachen, war es wohl wirklich unmöglich sich noch leibhaftig fortzubewegen, da nutzte der eben Magie. Genug davon sollte er als Schutzherr ja wohl drauf haben. Auch so eine Sache. Er selbst hatte es nun absolut nicht mit Zauberkraft und so. Wieso beharrte Ryujin bloß derart darauf, dass ausgerechnet er dessen Nachfolger werden sollte? Der Halbdämon aus dem Westen? Wollte er damit den Osten und seine Drachen vor so einem Typen wie diesem Hiro schützen? Nun gut, so oder so musste er hier gewinnen, denn dieser Drachenkerl schien weder vom letzten Haken zu sein noch gewillt aufzugeben. Na schön. „Dann testen wir doch mal an, was DU so drauf hast, Hiro. - Windnarbe.“ Natürlich bewegte sich der Drache nicht einmal. Seit seinem Kampf gegen Ryuukossusei wusste er, wie dick deren Schuppen so sein konnten.

„Ach du je, sagtest du? Das sollte wohl ich sagen. Das ist alles? Und dann willst du Krieger des Ostens, ja, Schutzherr werden?“

„Also, von wollen war ja kaum die Rede, oder habe ich was verpasst?“ gab der Halbdämon prompt zurück. Wenn Hiro wie alle Drachen war, würde der als nächstes mit einer dieser Energiekugeln angreifen, die er ja schon gezeigt hatte. Zeit für einen Rückschlag. Na, wer sagte es denn. „Rückschlagwelle.“ Wie nannte Kagome das? Tennis? Ganz großes Tennis, stellte er dann fest, denn Hiro nahm die zurückgeschlagenen Energiekugeln an ohne mit der Wimper zu zucken. Hoppla. Der Kerl hatte mehr drauf als damals Ryuukossusei? Hatte Hiro nicht eben gesagt, dass bei Drachen nur die Stärke zähle? Naja, und für den Schutzherrn die Blutlinie, deswegen war der als der Kronprinz geworden und Hiro nicht. Und, leider, aus eben diesem Grund sollte er dieses Amt bekommen und nicht Hiro. Klar, sein Urgroßvater war schon Schutzherr gewesen, er sollte ja angeblich über das geschuppte Tessaiga die Macht eines Drachenschamanen besitzen … Hm. Was hatte der Idiot jetzt vor? Wieder eine Kugel oder gleich mehrere?

 

Im Nächsten Moment stürzte der Halbdämon krachend zu Boden. Er hatte nicht auf den Schwanz des Reptils vor sich geachtet und war von diesem wie mit einer Peitsche seitlich in den Rippen getroffen worden. Trotz des schützenden Gewandes aus Feuerrattenhaar konnte er förmlich hören, dass eine oder gar mehrere Rippen unter dem Hieb brachen. In Gedanken fluchend, aber zu kampferfahren um liegen zu bleiben, rollte er sich ab und stand wieder.

„Netter Trick,“ gab er zu, während er Tessaiga sich verwandeln ließ. Gegen diesen Hiro half wohl nur das geschuppte Tessaiga. Oder das diamantene? Nein, das Drachen-Tessaiga gegen den Drachen, das klang doch vernünftig, denn noch immer wollte er den Typen eigentlich nicht umbringen. Schließlich müsste er dem Drachenkönig auch noch die Sache mit Ryuukossusei beichten – und das es Ryujin sehr freuen würde, wusste er, dass sein ach so wichtiger, potentieller Nachfolger gleich reihenweise Drachen umbrachte, war kaum anzunehmen. Das wäre wohl nicht sonderlich gut für seine eigene Lebenserwartung. Nun, gleich, beschloss Inu Yasha. Er hatte gar keine, wenn Hiro noch einmal durchkäme. Die Rippen taten ihm schon genug weh. So, wo war nur diese Energiequelle des Drachenkriegers?

 

In der Kammer unter dem Meeresboden konzentrierte sich Sesshoumaru auf die Magielinien, wenngleich er den gewissen Lärm von oben spürte. Inu Yasha kämpfte, wie erwartet. Nur, warum brauchte der so lange? Tändelte der herum oder war dieser Hiro so stark? Beides? Gleich. Das ging ihn nichts an.

Kasuke, der Schamane, warf einen etwas besorgten Blick zur Kammerdecke. Hoffentlich stürzte hier nichts ein. Sie befanden sich zwar in der bestabgesicherten Kammer des gesamten Schlosses, und über ihnen lag immerhin der Übungsplatz, aber er wusste nicht, wie stark dieser neue Thronfolger war. Hiro konnte er nach doch jahrhundertelanger Kenntnis einschätzen. Dennoch schien der Schutzherr des Westens nicht beunruhigt. Er vertraute da anscheinend seinem Bruder. Und der König schätzte diesen ja auch als stark und fähig ein. Vielleicht, vermutete Kasuke in gewisser Selbsterkenntnis, hatte er selber einfach von Kämpfen zu wenig Ahnung und sollte schlicht abwarten, ob und wann der neue „Krieger“ des Ostens hier auftauchen würde.

 

Der Halbdämon hatte beschlossen, dass er Hiro zumindest solange beschäftigen musste, bis er dessen Energiequelle gesehen hatte. Das war gar nicht so einfach, dessen Schwanz und Energiekugeln gleichzeitig im Auge zu behalten, nach der Quelle zu suchen, die sich ja irgendwo um den Drachen befinden musste, und zeitgleich auf der Linie der Windnarbe zuzuschlagen. Sein Gegner hatte zwar bereits bewiesen, dass dieser Angriff nicht durch die dicke Haut kommen würde, aber das war das Beste, was Inu Yasha gerade einfiel, zumal das Atmen doch schwerer fiel mit den gebrochenen Rippen. Bis das verheilt war, würde es eine gewisse Zeit dauern.

 

Hiro steckte die Windnarbe erneut ein, vertraute auf seine dicken Schuppen. Er hatte durchaus erkannt, dass sein Gegner angeschlagen war. Gegen die Energiekugeln mochte sich der Halbmensch noch eine Weile zur Wehr setzen können, diese Rückschlagwelle war nicht von schlechten Eltern, aber einem direkten Angriff war der ausgeliefert. So passte er einen winzigen Moment der Unaufmerksamkeit ab und schlug zu, erneut mit seinem riesigen Schwanz gegen den Brustkorb zielend.

 

Inu Yasha flog beiseite und richtete sich mühsam wieder auf. Verflixt. Er konnte spüren, dass das die nächsten Rippen gewesen waren. Blut rann aus seinem Mund. Nur sein Gewand hatte ihn vor weiteren Brüchen geschützt, das waren wohl mehr Prellungen – auch nicht gerade schmerzfrei. Die nächste Energiekugel! Er schlug noch im Knien zu und schickte die Macht des Drachen zusammen mit seiner eigenen, dämonischen, Energie zurück, ehe er aufsprang. Das wurde eng. Dieser Hiro war wirklich ein guter Kämpfer, stark und erfahren. Ihm war klar, dass er das hier jetzt beenden musste, wollte er nicht sich und seinen Halbbruder vor dem Drachenkönig blamieren. Außerdem tat es weh. Es war keine Zeit mehr nett oder schonungsvoll mit dem Kerl umzugehen. Hoffentlich würde Ryujin das auch so sehen. Auf das Abenteuer von Drachen hingerichtet oder auch nur aus dem Schloss in den Ozean befördert zu werden konnte er verzichten.

 

„Schon müde?“ erkundigte sich Hiro. „Man sollte von einem Krieger des Schutzherrn mehr erwarten.“

„Du komische Eidechse, ich mache mich gerade warm,“ gab Inu Yasha verärgert zurück, zumal über die Tatsache, dass sein Widersacher noch immer keinen Kratzer zeigte, und auch noch sonst putzmunter schien. Der riesige Schwanz raste schon wieder seitlich auf ihn zu. Als er beiseite springen wollte, um dem auszuweichen, landete er genau in einer Energiekugel aus dem Maul des Drachen. Jetzt reichte es wirklich! Sein Haar war angeschmort und nur seine Kleidung hatte ihn wiederum geschützt. Irgendwo musste doch diese Energiequelle stecken. Wenn er sie nicht rasch fand und nicht gegrillt werden wollte, müsste er sonst auf das diamantene Tessaiga zurückgreifen – oder doch den Pfad der Dunkelheit beschwören. Naja, schön, wenn man noch Alternativen hatte. Da! Er erkannte die Kugel, die die Energie eines Dämonen oder Drachen produzierte, damit seinen Körper und seine Magie versorgte. Ohne weiter nachzudenken schlug er zu. Damit würde er einen so starken Drachen wie Hiro schon nicht umbringen, nur schwächen.

Die Kugel wurde zweigeteilt, ein Teil verschwand. Hiro stürzte fast unverzüglich zu Boden.

„Das genügt, Inu Yasha,“ sagte Ryujin. „Ich denke, niemand wird dich mehr fordern.“

Der Halbdämon blickte zu dem durchsichtigen Schemen des Drachenkönigs. „Ich will´s hoffen.“ Er schob Tessaiga weg, ehe er ergänzte: „Jedenfalls ist Hiro wohl dein stärkster Krieger. Und besser als Ryuukossusei.“

„Hat dir das dein Vater gesagt, oder, nein, deine Mutter? Dein Vater starb ja am Tag deiner Geburt.“

„Ja, und dein Sohn hat ihn so gut wie umgebracht. Jedenfalls genug geschwächt, damit er ein zweites Duell verlor.“ Das war die Wahrheit, aber er musste sich bremsen, um nicht zu sagen, dass er selbst Ryuukossusei fast hundert Jahre später getötet hatte. „Aber ich bin schon erstaunt, wie gut du dich mit meinem Leben auskennst, ich meine, Ihr auskennt.“ Das war ein König.

„Ich wollte schon wissen, wer mein Nachfolger werden kann. - Hexe, bringe ihn in die Kammer, wo Kasuke und Sesshoumaru sicher sich noch befinden.“ Der Schemen des Schutzherrn des Ostens blickte seiner Hexe und seinem „Krieger“ nach, ehe er sich an Hiro wandte, der sich stöhnend etwas aufrichtete. „Wie geht es dir?“

„Er hat meine Energiequelle ziemlich angegriffen, ich hoffe, Kasuke bekommt das rasch wieder hin. Aber er hat irgendwie nicht ernsthaft gekämpft. Ich hatte dauernd das Gefühl diesem Halbhund wäre es lieber, ich würde mich ergeben. Er redete zu viel für einen, der einen umbringen will.“

„Ja, so sehe ich das auch. Darum wollte ich ja dieses Duell. Ein guter Kämpfer ist nicht blindwütig oder blutdürstig, ein guter Herrscher kann auch Gnade walten lassen. Und ich denke, Inu Yasha hat es eben bewiesen. Er kämpft nicht um des Kampfes willen, aber er meidet ihn nicht. Er kennt Mitleid. Und er will nicht Schutzherr werden.“ In der Stimme des uralten Drachenkönigs lag ein Lächeln. „Er ist also, wie übrigens auch sein Bruder, ein idealer Schutzherr, vielleicht sogar mehr als der Hundedämon. Aber der ist noch jung und kommt doch nach seinem Vater. Sie werden zwei Gebiete sicher in die Zukunft führen, auch Yukis Sohn. Das macht Hoffnung. - Kannst du aufstehen, Hiro?“

„Ja, mein König. Ich denke schon. Ich fühle mich nur sehr schwach.“

„Dann geh und ruhe dich aus. Danke für diese Probe.“

„Euer Befehl, mein König.“

 

Ryujin blickte seinem Krieger nicht nach, da er sich wieder in sich selbst zurückzog und die volle Halle betrachtete. So viele Drachen, so viele Unwägbarkeiten der Zukunft. Stimmten die Gerüchte, dass Inu Yasha Ryuukossusei getötet hatte? Er hatte das schon immer bezweifelt. Sein Ältester war mordend durch den Westen gezogen und der Inu no Taishou hatte ihn gestellt. Das war sicher und danach hatte er nie wieder etwas von seinem Sohn gehört. Wenn er etwas über dieses, sein launischstes Kind, wusste, dann dass sich Ryuukossusei, wäre er am Leben gewesen, sicher nicht zurückgehalten hätte. Nein. Der Taishou hatte ihn aus dem Verkehr gezogen, hatte als Schutzherr agiert, seinen Sohn vertreten. Überdies – selbst, wenn der Taishou Ryuukossusei nur versiegelt hätte, mit gewisser Rücksicht auf ihn selbst als Schutzherr des Ostens: wer hätte so närrisch sein sollen diesen Bann zu lösen und sich Ärger mit dem aktuellen Schutzherrn des Westens, sprich, Sesshoumaru aufzuhalsen? Oder eben auch dem aktuellen „Krieger“ des Westens, Inu Yasha? So oder so war der Junge in Ordnung. Und, dass Ryuukossusei den Schutzherrn des Westens oder dessen Krieger auf den Plan gerufen hätte, stand fest. Faul, dumm und hochgradig aggressiv war der gewesen. Aber eben sein Ältester, was hätte er selbst als König und Vater tun sollen. Isamu, in dem er sich einen wirklichen Nachfolger erhofft hatte, war ein begnadeter Schamane gewesen. König und Schamane wiederum ging nicht. Aber jetzt lag Magie und Macht der Drachen ausgerechnet in einem Halbdämonen. Aber, da war sich Ryujin sicher, es gäbe schlechtere. Diese zwei Hundejungs mochten verrückt wirken – diese ganzen Gerüchte, sie würden sich auf Leben und Tod bekämpfen, hatte er, seit der Jüngere in seinem Gebiet wohnte, nie bestätigen können und schon Yuki hatte in der magischen Sitzung der Schutzherren vor drei Tagen gesagt, dass sie ihm gefallen würden und zusammen arbeiteten. Das konnte für zwei Gebiete und deren Einwohner nur nützlich sein, zumal Yukis Krieger und einziger Sohn durchaus Nachsicht kannte.

 

Inu Yasha folgte derweil der Hexe des Ostens den gewendelten Gang hinunter, erkannte dort unten die Drachen. Nicht noch ein Kampf, dachte er, ehe ihm einfiel, dass der Drachenkönig ihn ja hierher geschickt hatte, mit dem Zusatz, niemand würde ihn mehr herausfordern wollen.

Die kleine Hexe blieb stehen. „Weiter darf niemand, nur ein Schutzherr oder der Krieger. Geht dort hinein, Inu Yasha-sama, Kasuke wird Euch sicher sagen, was Ihr tun sollt.“

Na schön. Zumal die Drachenkrieger nicht mal neugierig guckten, sondern eher die Köpfe neigten. So trat er in die Kammer und musterte fasziniert das leuchtende, eiförmige Gebilde. Sesshoumaru starrte es ja auch an. Erst auf den zweiten Blick bemerkte der Halbdämon, dass sich sein Bruder sehr konzentrierte. Da war etwas wichtig. Genauer, so hatte er den Hundedämon das letzte Mal vor Vaters Grab gesehen – andächtig, fast. So guckte er zu Kasuke, ohne etwas zu sagen. Konzentration bei Magie zu unterbrechen war unter Umständen fatal, das wusste er von Kagome oder Kaede und Miroku. Er hatte doch dazu gelernt in den letzten Jahren. Aber, woher hätte er das vorher auch wissen sollen? Myouga? Onkelchen war nicht gerade der Zauberer der Welt.

 

Der Schamane nahm die schweigende Höflichkeit zur Kenntnis und verneigte sich etwas, ehe er leise meinte: „Nehmt Tessaiga und haltet es an den Drachenstein.“

Na schön, machte man eben, was der Typ sagte, dachte Inu Yasha und zog. Zu seiner Überraschung erschien sofort das geschuppte Tessaiga. Anscheinend hatten die Drachen recht, dass das irgendwie mit ihrer Magie verbunden war. Fast vorsichtig pikste er den leuchtenden Kristall.

Im nächsten Moment spürte er etwas, das er schon bei Leuten wie So´unga gespürt hatte – einen fremden Willen, eine Macht, die sich seines Schwertes und seiner bemächtigen wollte. Fast hätte er seine Klinge weggerissen, aber irgendwie war das doch in Ordnung, erkannte er dann. Zumindest das geschuppte Tessaiga schien sich hier wohl zu fühlen. Naja, kaum verwunderlich, wenn es sich ursprünglich um die Energie eines Drachenschamanen und noch dazu eines Königssohnes gehandelt hatte. Vielleicht sollte er diesem unbekannten Isamu vertrauen. Der war ja schon Teil Tessaigas gewesen und hatte ihn nie gestört. Womöglich gab es eine Lösung aus diesem Problem mit dem Schutzherrn? So schloss der Halbdämon die Augen und überließ sich dem Fühlen dessen, was sein langjähriger Kampfpartner spürte. Tessaiga hatte ihn nie belogen, es war seine, eigene, Klinge.

Im nächsten Moment brach er mit einem Aufstöhnen in die Knie.

 

Sesshoumaru bemerkte es trotz seiner Konzentration. Was sollte das denn? Ein Sohn des Inu no Taishou, ein potentieller Schutzherr, kniete vor niemandem! Er wollte schon eine Bemerkung dazu machen, die kaum brüderlich geworden wäre, als Kasuke nickte, der eine gewisse Besorgnis zu erkennen glaubte.

„Der Drachenstein erkennt die Magie des Schamanen und das Bluterbe des Schutzherrn. Euer Bruder erhält nun die Magielinien des Ostens. Ihr, der Ihr mit Eurer Geburt bereits zum Schutzherrn wurdet, ohne es zu wissen, habt es nie so angesammelt erhalten. Wenn Inu Yasha-sama das übersteht, ist er der wahre Krieger des Ostens und der zukünftige Herr und König aller Drachen.“

Auch das noch, dachte Sesshoumaru unwillkürlich. Inu Yasha plus der Magie des Ostens und hunderte von Drachen im Kreuz? Wie sollte er dem Kerl je wieder die Ohren langziehen? Diese Rundreise wurde immer mieser für ihn. Schön, er wurde als Schutzherr des Westens anerkannt – aber gleichzeitig daran gehindert, diesen Idioten, diesen Bastard, diesen ….seinen Halbbruder umzubringen. Nun ja. Um ehrlich zu sein, das war ihm noch nie gelungen, sonst würde der Halbhund nicht hier vor dem Drachenstein knien, Tessaiga in der Hand, und offenbar zum ersten Mal in seinem Leben Magielinien eines Landes erkennen können. Und der Hundedämon ertappte sich bei dem Wunsch, dass der das überleben würde.

 

Inu Yasha fühlte sich überrumpelt. Alles, was er noch wahrnahm, war der vertraute Griff Tessaigas in seiner Hand – und ein ungeheurer Schmerz, der so ganz anders als jeder andere war, denn er je in einem Kampf erlebt hatte. Er wollte dagegen ankämpfen, wollte ….Aber etwas in ihm sagte, dass es gut so war, er es zulassen sollte. So versuchte er sich lockerer zu machen. Vielleicht war es anders. Manchmal wurde ein Schmerz erträglicher, wenn man sich nicht dagegen wehrte, sondern bei Kagome ankuschelte. Hier war sie zwar nicht, aber doch immerhin Tessaiga. SEIN Schwert, die Klinge, die ihn anerkannt hatte und erst mit seinem Tod sich einen neuen Herrn suchen würde.

Und tatsächlich, als er auch nur versuchte sich zu entspannen, nahm er anderes wahr. Wasser, Wellen, die über ihn brandeten, Luftströme, die Nachrichten zu ihm brachten, die er zunächst nicht deuten konnte, ihn förmlich überschütteten. Drachen, überall Drachen! Nein, nicht überall. Aber er wusste nun, wo jeder einzelne dieses Volkes sich befand – zumindest im Osten. Ja, das mussten die östlichen Länder sein, das Gebiet des Schutzherrn. Das Gebiet, das Ryujin schüttze – und das zukünftig auch er beschützen sollte. Das da war Yukis Bereich, der Norden. Wieso erkannte er auch dort Magie, wenngleich deutlich unsicherer? Weil er dort gewesen war und die Anerkennung erhalten hatte, genau. Der Westen, ja, den kannte er wie seine Westentasche, sozusagen. Wieso fiel ihm denn gerade jetzt ein Wort aus Kagomes Zeit ein?

Da war ein starker Dämon. Ungefährlich für ihn, aber auch wohl für alle anderen. Im Notfall würde man mal ein paar Drachenkrieger vorbeischicken - naja, einfach mal selbst hingehen.

Er sah die Länder des Ostens unter sich, als ob er über sie fliegen würde, er hörte sie, spürte sie.

Das war zu viel!

Das Letzte, was er bewusst mitbekam, war ein nur zu vertrautes Grollen, das aus seiner Kehle drang, ehe sein menschliches Denken nur noch in Schwarz-Weiß kippte, er nichts mehr weiteres sah.

 

Sesshoumaru bemerkte, dass der Schamane zu der zusammen gesunkenen Gestalt wollte. „Beweg dich nicht.“

„Ja, aber, wir müssen ihm doch helfen, Sesshoumaru-sama. Er war wohl von der Magie überfordert ...“ stammelte der so Angesprochene, der seinem König nicht unbedingt erklären wollte, dass sein designierter Nachfolger tot war.

„Er hat sich in einen Volldämon verwandelt.“ Die Augen rot, die Fänge und Krallen lang und vollkommen durchgedreht, ja. „Er wird jetzt alles töten, was sich in seinem Umfeld bewegt.“
 

Drachenzauber


 

I

nu Yasha bemerkte durchaus, dass er in die Knie gebrochen war, ja, sich in einen Volldämon verwandelt hatte, aber er begriff es nicht. Er war doch noch bei Verstand? Die Magie der östlichen Länder überschwemmte ihn, ja, aber er hatte doch Tessaiga? Was war nur los? Was geschah hier mit ihm? Warum machte Sesshoumaru nichts? Der konnte ihn doch bewusstlos schlagen, wenn er aggressiv wurde?

Weil der gar nicht konnte oder durfte. Hier musste er selbst durch. Naja, es wäre doch gelacht, wenn er sich ausgerechnet durch irgendeinen Zauber hier besiegen lassen würde. Tessaiga! Er umklammerte den Griff seines Schwertes mit beiden Händen, ohne zu wagen die bestimmt rot gewordenen Augen zu öffnen. Schon so spürte er, dass seine Klauen längere Nägel hatten, seine Fangzähne gewachsen waren.

 

„Es ist viel für dich.“

Super, dachte der Halbdämon nur. Jetzt höre ich auch noch Stimmen. Eine neue Errungenschaft in diesem Zustand.

„Ich bin Isamu. Drachenschamane. Und du hast mich getötet.“

„Äh, nein. Sicher nicht. Ich habe in meinem Leben nicht so viele Leute umgebracht, dass ich den Überblick verloren hätte. Ich habe es deinem Vater ja schon gesagt ...“ Ach du je. Jetzt war ein toter Drache, noch dazu ein Schamane, in seinem Kopf? Oder zumindest in Tessaiga? Was war denn hier nur los?

„Nein, du warst es nicht. Es war ein Drache.“

„Ja. Und den hat ein Schmied getötet und der kämpfte dann mit mir.“

„Du bist kein Dämon.“

„Halbdämon,“ knurrte Inu Yasha in Gedanken. Ging das jetzt auch noch im eigenen Kopf los?

„Halb Dämon, halb Mensch. Verzeih, wenn ich dir lästig falle, aber ich will dich kennen lernen.“

„Ach, und warum? Verflixt, du bist tot, ich bin in Schwierigkeiten!“

„Welche Schwierigkeiten?“ Das klang ehrlich interessiert.

„Fangen wir mal damit an, das mich dein Vater unbedingt zu seinem Erben machen will und ich daran null Interesse habe?“

„Herr der Drachen und Schutzherr des Ostens zu werden reizt dich nicht?“

„Nein Zumal ich nicht mal weiß, wie ich das Kagome erzählen soll.“

„Oh, deine Frau? Ein Mensch?“

„Ja. Und wenn du eine Chance siehst, dass dich Sesshoumaru mit Tenseiga wieder zum Leben erwecken kann, nur heraus mit dem Plan.“

„Oh, Inu Yasha, ich bin ein Teil deines Schwertes. Und nur, weil Tessaiga so eng mit dir verbunden ist, kann ich so mit dir diskutieren. Hast du nicht einmal das gewusst? Magie ist schwierig, vermutlich für dich noch mehr. Soll ich dir helfen sie für den Osten zu meistern?“

„Wäre nett, ja.“ Allein würde er überschwemmt werden, das hatte er ja schon gemerkt. Misstrauisch erkundigte er sich dann doch: „Und warum?“

„Ich bin Teil deines Schwertes geworden. Nichts, was mir gefällt, gebe ich zu, aber es ist so. So´unga wäre schlimmer. Wobei, was ist mit dem Höllenschwert?“

„Das Blechteil ist in der Hölle. Wir, also mein Halbbruder und ich, haben es dahin befördert.“

Isamu schien begeistert. „Tessaiga und Tenseiga, oder? Wie schön, dass ich das erfahren durfte. Um so lieber werde ich dir helfen. Überlasse dich der Magie des Ostens, nimm die Herausforderung an. Du hörst jeden Hasen, siehst jede Quelle – ich werde das übernehmen. Und dich abschirmen. Gemeinsam werden wir es schaffen. - Du hast nichts gegen Zusammenarbeit?“

Das klang fast schüchtern, kein Adjektiv, das Inu Yasha bislang für Drachen verwendet hätte. „Äh, nein.“ Das hatte er doch gelernt. Er war so lange allein gewesen und es war oft schief gegangen. Kikyou, zuerst, dann Kagome vor allem, aber auch Miroku und Sango hatten ihm gezeigt, wie schön es war zusammen zu sein, zu kämpfen, zu leben. Und, naja, nicht zuletzt Sesshoumaru. Den an der Seite zu haben hatte was für sich. Und war um Welten besser als den VOR sich zu haben.

Isamu schien fast zu kichern, was ebenso wie sein folgender Kommentar bewies, dass er die Gedanken seines Trägers lesen konnte. „Brüderliche Streitigkeiten? Nicht, dass ich mich mit Ryuukossusei besonders gut verstanden habe. Es wurde erst besser, als er sah, dass ich Schamane bin und kein Rivale. Oh, der Inu no Taishou, der ihn tötete, war dein Vater?“

„Äh, ja und nein.“

„DU hast ihn getötet? Das solltest du besser meinem Vater und König sagen.“

Ja, wenn er mal absolute Lust verspürte sein Leben zu beenden. Obwohl … „Ich denke, er weiß es sowieso, er meidet das Thema. Wer ist eigentlich dieser Hiro, der mich herausforderte?“

„Einer der stärksten und besten Kämpfer der Drachen und Vater treu ergeben. Er hat dich sicher nicht ohne Grund herausgefordert.“

„Weil ich ein Halbdämon und kein Drache bin?“ schlug Inu Yasha prompt vor.

„Nein, weil Vater es als Prüfung wollte. Ohne Vaters Befehl würde Hiro keine Tatze heben.“

„Aha. Na schön, dann machen wir uns mal an diese Magie des Ostens. Wobei, Isamu – kannst du nur hier so mit mir reden oder immer?“ Das fehlte irgendwie noch zu seinem Glück des heutigen Tages, dass er zukünftig einen redseligen Drachen im Kopf hatte.

„Nur hier, wo der Drachenstein seine Zaubermacht entfaltet. Danach bin ich wieder nur ein Teil deines Schwertes. Das Drachen-Tessaiga.“

„Immerhin. Ich meine ...“ Naja, der arme Kerl konnte seit Jahren mit niemandem reden, der fühlte sich sicher einsam. Und außerdem – wenn er so bedachte, was mit den Seelen geschah, die das Pech hatten, von So´unga getötet zu werden ...

„Ich kann es mir vorstellen. Ja. So. Konzentriere dich auf die Linien der Magie. Es ist wie ein Spinnennetz und hier ist der Mittelpunkt.“

Der Halbdämon versuchte es. Es dauerte eine Weile, ehe er erkannte, dass die ganzen Sinneseindrücke, die ihn zuvor überschwemmt hatten, tatsächlich eine Art Netz bildeten. Und der Drachenstein war der Mittelpunkt. Nicht ganz, es gab einen zweiten, oder? Das war Ryujin, genau. Und dieser lange, dicke Faden, der von Ryujin aus sich in drei Richtungen teilte, das mussten diese Verbindungen der Schutzherrn sein. Also hing Sesshoumaru auch an solch einem Faden?

„Ja,“ bestätigte Isamu prompt. „Du lernst schnell, gut. Man merkt, dass du das Bluterbe hast.“

„Ich habe es eigentlich nicht so mit Zauber.“

„Und du trägst eines der drei Schwerter der Weltherrschaft? Mach dich nicht schlechter als du bist, Inu Yasha. Weiter. Folge dem Netz des Ostens. Suche die Fäden, die es verbinden.“

Das war ja schlimmer als wenn er zuhören sollte, was Kaede wieder für Tränke braute. Na schön, da musste er jetzt wohl durch, wenn er wieder sein normales Aussehen haben wollte. Und, nicht zu vergessen, bei Verstand bleiben wollte. Ryujin würde ein Massaker hier in seinem Keller kaum witzig finden. Wobei sein nicht ganz so lieber Halbbruder ja auch schon bewiesen hatte, dass er ihn in diesem Zustand zumindest bewusstlos bekam. Fragte sich wiederum dann nur, was der Schutzherr des Ostens davon hielt, wenn der Noch-nicht-ganz-Schutzherr des Westens seinen designierten Erben, seinen Krieger, in seinem eigenen Haus angriff, aus welchem Grund auch immer. Wann genau war sein Leben so kompliziert geworden? Und wieso noch einmal hatte er sich breitschlagen lassen diesen Riesenhundeidioten auf so einer Tour rund um Japan zu begleiten? Er hätte sich ja denken können, wenn der nicht Jaken mitnahm, konnte es nur Probleme geben. Na schön, wenn ihm schon ein leibhaftiger Schamane helfen wollte, sollte er das wohl annehmen. Willkommen in meinem Leben.

 

Kasuke blickte vorsichtig zu dem möglichen Schutzherrn des Westens, der gerade diese überaus beunruhigende Aussage getroffen hatte, was sich bewegt, würde sterben, und jetzt auch seinen Halbbruder nicht aus den Augen ließ. So flüsterte der Schamane nur: „Ich spüre die Magie des Drachensteines, Zauber aus uralter Zeit, aber auch etwas anderes. Was geschieht hier? Ich dachte, Inu Yasha soll der Krieger und Erbe des Ostens werden ...“

Gute Frage, dachte Sesshoumaru nur. Er hatte nicht die mindeste Ahnung was hier geschah. Nur – das Halbblut war noch nicht in den Mordmodus umgeschwenkt, schien sich noch unter Kontrolle zu haben. Tessaiga sei Dank, vermutlich. Und doch konnte er, durch seine soeben erworbene Verbindung mit der Magie des Ostens spüren, dass sich auch Inu Yasha dort einklinkte. Konnte der Halbhund damit tatsächlich umgehen? Hatte etwa dieser senile Drachenkönig recht und der Jüngere war, ebenso wie er selbst, geboren als Schutzherr? Nein, bitte, das durfte doch nicht wahr sein. Er war der vollblütige, reinrassige Erbe aus bestem Dämonenhaus – Inu Yasha so etwas wie eine Stiegengeländermischung. Halb Mensch! Und wieso ausgerechnet Drachenfreund? Das konnte doch einfach nicht stimmen. Aber das, was er in der Magie der östlichen Länder fühlte und auch Kasuke gerade anscheinend mitbekam, war eindeutig eine Verbundenheit. Verwünscht sollte Ryujin sein, der da anscheinend recht hatte! Und verwünscht dieser Halbmensch, dem offenbar Macht einfach nur so zuflog. Tessaiga, Herr der Drachen, was denn noch alles? Oh nein, das wollte er lieber gar nicht wissen. Der einzige Vorteil, den er für sich selbst erblicken konnte, war, dass Inu Yasha anscheinend versuchte, ihn als älteren Bruder zu behandeln. Neu, ungewohnt, aber vermutlich ganz praktisch. So gesehen hatte diese gemeinsame Reise doch etwas für sich. Abgesehen natürlich davon, dass er am Ende Schutzherr des Westens wäre, mit Pflichten, zugegeben, aber auch Renommee. Der Krieger und spätere Schutzherr des Ostens und ihm sich verpflichtet fühlend, das klang doch nach mehr Einfluss. Nur leider war dieser Halbhund stur wie sonst noch etwas, seine eigene Mutter inbegriffen, wobei er natürlich sie nie mit Inu Yasha vergleichen würde.

 

Der Halbdämon hatte das Gefühl an die Hand genommen worden zu sein. Das Spinnennetz, ja, das war der Schlüssel, so konnte man diese ganzen, verwirrenden Eindrücke ordnen. Da waren Drachen, da auch, das schien die Verbindung zu Sesshoumaru zu sein und die das zu Yuki. Ein Faden schien mehr oder weniger herabzuhängen, das war bestimmt der zu Amelo. Den mussten sie ja auch noch besuchen.

„Isamu,“ sagte er plötzlich besorgt. „Diese Drachenmädchen waren so auf mich fixiert, ich meine, ich bin verheiratet ...“

„Ja, aber es doch nur zu natürlich, dass sie sich an den Stärksten hängen wollen. Bei Drachen. Dein Bruder wird sich doch auch kaum vor Dämoninnen retten können.“

Das war ihm noch nie aufgefallen, aber vielleicht der Grund, warum der Herr Hundedämon so gern durch die Lande streifte. Jaken hatte ja gesagt, da gäbe es ein Schloss, aber das schien der Gute ja weiträumig zu meiden.

„Mach dir keine Sorgen, Inu Yasha. Es ist ja wohl kaum möglich, dass du, halb Mensch und halb Dämon mit einer Drachin Kinder bekommst. Aber natürlich wäre jede gern Königin, das muss ich zugeben. Wenn auch nur formell. Drachen sind sehr rangbewusst.“

Das war ja immerhin ein Trost, auch, wenn er lieber mit Kagome weiter zusammen leben würde. Aber sie war eben ein Mensch und ihm war schon länger bewusst, dass die unterschiedliche Lebenserwartung ein Problem darstellen würde.

„Mach weiter,“ drängte Isamu. „Du musste noch eine Menge erkennen und ich weiß nicht, wie lange ich selbst hier mit dir sprechen kann.“

Unterricht, wie er den doch hasste. Aber Inu Yasha folgte dem doch wohl recht weisen Ratschlag des toten Drachenschamanen und versuchte weitere Fäden zu erkennen, Sinneseindrücke zu ordnen. Je ruhiger er dabei wurde, wurde auch sein Verstand klarer, er konnte spüren, dass er sich zurück in einen Halbdämon verwandelte.

 

Sesshoumaru bemerkte es mit gewisser Beruhigung und sah zu Kasuke. „Er schafft es.“

„Wirklich? Ich meine, ja, Sesshoumaru-sama,“ erklärte der Drache eilig. Es ziemte sich nicht einem Schutzherrn zu widersprechen. Und er musste zugeben, dass die doch recht unheimliche Verwandlung zurück gegangen war. Überdies hatte er geglaubt etwas wie die Energie seines Isamu gespürt zu haben. Vermutlich, nein, ganz sicher, hatte der König und Schutzherr recht und durch eine Verkettung seltsamer Umstände befand sich ein Teil oder gar die Seele seines Meisters nun in diesem Schwert Tessaiga. Und musste damit Inu Yasha dienen. Nun, es gab sicher schlimmere Herren für Tote als den Jungen aus dem Westen, auch, wenn es für einen so mächtigen Drachenschamanen sicher unangenehm war.

 

Inu Yasha stand langsam auf. Wie lange hatte er hier vor dem Drachenstein gekniet? In seinem Kopf wirbelten noch immer die ganzen neuen Eindrücke, und er war ziemlich müde. Noch während er seine Klinge zurück in die Scheide schob, hörte er noch einmal Isamus letzte Worte.

„Ich muss jetzt gehen, Inu Yasha, aber denk daran: du bist jetzt der Krieger des Ostens und Kronprinz der Drachen. Benimm dich entsprechend!“

Benimm dich! Also wirklich, als ob er … 5naja, das hatten schon andere zu ihm gesagt. Oh, der Herr Halbbruder stand ja auch noch da. War der etwa wegen der Verwandlung besorgt gewesen oder hatte es bei dem auch so lange gedauert? Gleich. „Ich bin in Ordnung,“ sagte er – eindeutig an Sesshoumaru nicht an Kasuke gerichtet, der die gewisse Unhöflichkeit allerdings fast selbstverständlich fand. Wenn ein Krieger mit einem Schutzherrn sprach hatte niemand anderer sich einzumischen. Außer, höchstens, ein anderer Krieger oder Schutzherr.

Der potentielle Herr der westlichen Länder wiederum nahm die ungewohnte Höflichkeit zur Kenntnis. Hatte der Halbhund durch den Drachenstein etwa Benimm gelernt? Das wäre eine ziemlich ungewöhnliche Folge, soweit er wusste, aber schön, wenn dem so war. So wandte er sich um. „Gehen wir.“

Kasuke eilte wortlos voran, wartete allerdings an der Pforte, um diese wieder ordnungsgemäß zu versiegeln, ehe die vier Drachenwächter sich wieder schweigsam davor ringelten.

 

Der in jeder Hinsicht mächtige Drachenkönig erwartete seine Gäste schweigsam, die kleine Hexe des Ostens neben sich, die neben dieser riesigen Gestalt noch winziger wirkte. Er wusste, hatte es spüren können, wie die Machtlinien seines Landes gelesen worden waren. „Wir sind nun alle verwandt,“ verkündete er nur.

Diese Aussage ließ beide Hundebrüder nach ihrer Selbstbeherrschung ringen, aber in solch einer Halle den Hausherrn zu beleidigen, noch dazu in einem Schloss unter dem Ozean wäre töricht, Anerkennungen hin oder her.

Ryujins beide Gesichter schienen zu grinsen. „Da ich vermute, dass ihr beide unverzüglich die noch fehlende Anerkennung Amelos wollt, wird euch meine Hexe zu einem Ausgang bringen, der auch für Luftatmer geeignet ist. Dort werdet ihr auf die schwarze Riesenschildkröte treffen, die euch sicher nach Kyushu bringen wird. Von dort aus werdet ihr ohne Zweifel den Magielinien zu Amelos ...Wohnsitz folgen können.“

Sesshoumaru stutzte. Hatte vor dem Wort Wohnsitz nicht eine Pause gelegen? War das etwa wieder so ein Turm wie bei Yuki? Direkte Prüfungen? Nun ja, auch der Aufenthalt in Ryuku hatte für ihn eine einzige Prüfung dargestellt. Nein, es war nicht leicht auf dieser Rundreise Schutzherr des Westens zu werden. Aber, was Vater, Großvater und Urgroßvater hinbekommen hatten, würde doch erst recht er selbst schaffen.

„Wir sehen und in der Konferenz der Schutzherren, Sesshoumaru. Und wir zwei, sobald ich nach dir schicke, da ich den Krieger benötige, Inu Yasha.“

„Äh, was soll ich denn da dann machen? Erkundigte sich der Halbdämon möglichst leise.

„Das Gleiche, was du bislang im Westen getan hast. Oder auch schon hier. Narren, die das Land überfallen wollen, zurecht weisen. Der Schutzherr sieht die Magielinien, der Krieger zeigt ihnen den Rückweg, nennen wir es so. Gute Reise.“

„Danke, Ryujin,“ geruhte der Hundedämon zur Überraschung seines Bruders tatsächlich zu sagen.

So murmelte auch Inu Yasha einen gewissen Dank.

 

Die Halbbrüder folgten der kleinen Hexe durch die imposante Halle. Zu seinem Schrecken bemerkte der Halbdämon, dass einige der Drachendamen möglichst unauffällig versuchten seine Kleidung zu berühren. Irrte er sich, oder hörte er Isamus Kichern mit dem Vermerk: ah, der Krieg um dich hat begonnen. Na, toll. Wunderbar. Hilfe! Ob er Sesshoumaru überreden könnte, eine der Drachinnen abzuschleppen? Aber, wenn Isamu recht hatte, hatte der genug selbst um die Ohren, diesbezüglich. Oder Kagome? Ja, wenn er Kagome irgendwie überzeugen könnte nur zu einem kurzen Besuch nach Ryuku zu kommen? Die würde zwar vermutlich im ersten Zorn einige der Drachinnen läutern, aber … naja, aber.

 

Die Hexe des Ostens flog auf, sobald sie aus der Halle waren, um einigermaßen in Augenhöhe zu bleiben und flog so voran, durch Türen, die sich scheinbar von selbst öffneten, wieder einen gewendelten Gang hinunter.

Dieses Schloss am Boden des Ozeans schien ja förmlich unterhöhlt zu sein, dachten die Hundebrüder einmütig. War darunter sogar noch tiefer Boden? Sie hatten immer gedacht, darunter wäre nichts, die Erde eine Scheibe.

„So, sagte sie endlich, als der Gang kaum mehr von ominösen Lichtern erhellt war, die an den Wänden ab und an hingen: „Dort vor uns ist die Schwarze Schildkröte. Der Herr hat sie gerufen.“

Beide Hundejungen starrten verdutzt auf das Schwarze vor sich. Eine Schildkröte?

Die Hexe seufzte. „Ja, so gucken immer alle. Natürlich ist das nicht sie als Gesamtheit. Das ist der Eingang für Luftatmer und Lebende in ihren Panzer. Sie wird Euch unter ihrem Panzer, auf ihrem eigenen Körper transportieren. Ihr Kopf liegt hier weiter unten, den könnt Ihr unter dem Gang nicht sehen.“ Nur schön höflich bleiben, trotz der Jugend waren das offenbar wichtige Männer – auch für die Zukunft. Und sie wusste nur zu gut, dass sie und ihre Schwestern verdammt ….nein, das sollte sie nicht einmal denken … sehr auf die Schutzherren und deren Gnade angewiesen waren. Ihre Schwester aus dem Norden hatte gesagt, dass die recht freundlich gewesen waren, nun, bislang konnte sie sich auch nicht beschweren. Und dabei sollte es auch bleiben. Der Drachenkönig allein vermochte schon recht handgreiflich zu werden, verzichtete aber meist auf eine Beschwerde ganz oben. Aber, wenn der Schutzherr des Westens und der Krieger des Ostens sich da beschwerten, die So´unga, was zugegeben sie und ihre Schwestern ein wenig verbummelt hatten, wieder zurück in die Unterwelt gebracht hatten ...nein, danke. „Habt Ihr weitere Fragen?“

„Äh, wie heißt diese Schuldkröte?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt.

Die Hexe starrte ihn an. Wollte der das wissen, weil er sie selbst mal rufen wollte?

„Komm,“ entschied der große Bruder, ehe hier die nächste Peinlichkeit erfolgte, und schritt in die Dunkelheit, auf zunächst noch sichtbarer grauer, runzeliger Haut, dann in die vollkommene Schwärze.

Inu Yasha folgte. Unter seinen bloßen Füssen spürte er kühle, und doch warme Haut. Reptil, eben. Etwas wurde hinter ihnen geschlossen, die Luft deutlich stickiger. „Äh, Schildkröte, wenn ich dich so nennen darf, wie lange dauert denn das bis Kyushu? Und hast du was dagegen, wenn ich schlafe?“

Der Körper unter ihnen ruckelte etwas, dann spürten sie, wie sich ihre Trägerin umdrehte und anscheinend los schwamm. Etwas, das einem Kichern verdächtig nahe kam, war zu hören, ehe eine weibliche Stimme, hörbar alt, erwiderte: „Keine Angst, Krieger des Ostens? Der mächtige Ryujin hatte wie stets recht. Schlaf nur, halber Hund. Es dauert Stunden.“

Erleichtert gehorchte der Halbdämon und legte sich auf die Haut, Tessaiga in den Armen. Die Sache mit dem Drachenstein und Isamu vor allem war doch heftig gewesen. Nicht zu vergessen die kleinen Sachen mit Hiro oder auf dem Geisterschiff und überhaupt.

 

„Er schläft, Schutzherr des Westens,“ meldete die Schildkröte.

Und, dachte Sesshoumaru prompt, wenngleich doch ein wenig geschmeichelt über diese Anrede.

Sie fuhr fort: „Wenn es Euch nicht zu sehr stört, macht drei oder vier Schritte wieder nach vorne und lasst Euch nieder. Da ist eine Stelle, die mich fürchterlich juckt ...“

Das war doch…?! Aber er befand sich leider unter Wasser, zwischen dem Panzer dieser impertinenten Riesenschildkröte und ihrer Haut. Es gab wohl keine andere Möglichkeit. Immerhin schlief der Halbhund und sonst würde es niemand mitbekommen. Notwendigkeit kannte kein Gebot. So ließ sich der Hundedämon nieder und begann die runzelige Haut mit zusammengebissenen Fangzähnen zu kraulen.
 

Nach Kyushu


 

I

n einem zeit-und ortlosen Raum schwebte ein runder Tisch. Zumindest mochte dies einem arglosen menschlichen Zuschauer so scheinen, denn ein Mann, oder eher seine durchscheinende Körperlosigkeit, stand davor, dessen Bauch die Höhe des Tisches kaum erreichte, vor einem Symbol auf der Platte, das Norden bezeichnete. Vor dem Ostteil ringelte sich der Schemen eines Drache, dessen langer Körper irgendwo im Nichts des Raumes verschwand. Auf der Südseite versammelte sich soeben ein dunkler Nebel, was den Gott des Nordens eine Braue heben ließ.

„Werter Amalo, wir kennen dich. Wozu diese Mühe?“

„Ich bin bereits Prüfer, meine Freunde.“ Die tiefe Stimme klang fast erheitert. „Diese Hundebengel sind auf dem Weg und ihr beide habt sie anerkannt. Nun, warum?“

„Sesshoumaru hat das Bluterbe, und, mit Verlaub, er ist einer der mächtigsten Dämonen, die je meinen Weg kreuzten,“ erwiderte der Schutzherr des Eises höflich. „Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich dir Rechenschaft schuldig bin.“

„Reine Neugier, mein alter Freund, reine Neugier. Und der Jüngere?“

„Macht, verbunden mit Nachsicht und Fürsorge.“

„Ich verstehe,“ meinte Amalo milde. „Und bei dir, werter Ryujin? Immerhin hat der Vater der Beiden einen deiner Söhne getötet.“

„Ich fürchte es war Inu Yasha. Er redet sehr darum herum.“ Der Drachenkönig zuckte ein wenig die Schultern. „Du weißt selbst, Amalo, dass persönliche Beweggründe für uns nicht zählen dürfen. Und in seinem Schwert ruht der Geist meines zweiten Sohnes. Sesshoumaru ist, da gebe ich Yuki recht, stark, selbst für einen Dämonenfürsten, und erstaunlich nachsichtig dafür. Beide Jungen wollen übrigens das Amt nicht haben.“

„Ihr Vater hat sie so erzogen? Ich dachte, er starb jung. Nun, ich werde es ja sehen. Aber, wie ich fast schon vermutet habe, meine alten Kampfgefährten – ihr habt es nicht bemerkt?“

Yuki und Ryujin blickten sich kurz an. Amalo war der älteste und magisch vermutlich mächtigste Schutzherr. Was hatten sie verpasst?

In dem dunklen Nebel, der den Schutzherrn des Südens verhüllte, kicherte es. „Also wirklich. Fangen wir einmal damit an: ihr seht den Vernichter und den Herrn der Winde vor euch – und erkennt sie nicht als herannahende Zerstörung? Suchen und in Schutt und Asche legen ist ihr Plan, wenn sie jemand behelligt. Und mögen die Götter demjenigen gnädig sein, der ihre Schützlinge attackiert. SIE werden es nicht sein. Habt ihr das nicht gesehen? Ja, sie wirken so nett. Beide zusammen würde allerdings nicht einmal ich gern als Gegner auf meiner Türmatte haben. Aber sie sind ja Prüflinge. Ich darf sie also ärgern.“

„Sie haben So´unga in die Unterwelt zurückgesandt,“ warf Yuki eilig ein. Amalo auf Konfrontationskurs war etwas, das man vermeiden sollte.

„Ja. Ich weiß, mein lieber Freund.“ Der Geheimnisvolle schien sich in dem Unwillen seiner Kollegen förmlich zu sonnen. „Ihr habt es also nicht verstanden. Ja. Wir haben hier zwei junge Dämonen, oder, korrekter, einen Dämonenfürsten und einen Halbdämonen. Beide tragen Zwillingsschwerter, die ihr Vater ihnen von Toutousai schmieden ließ. Beide Schwerter samt Besitzer schafften es auch das Höllenschwert zurück zu seiner Eigentümerin zu bringen, und dürften daher ganz oben auch nicht gerade schlecht angesehen sein. Sagt nur, ihr habt noch immer nicht begriffen. Toutousai. Denkt mal darüber nach. Ich werde mich amüsieren gehen. Und ja, das Labyrinth der Spiegel wartet ebenso auf sie wie der Wald der Wunder.“ Der Nebel löste sich auf.

Der Drachenkönig seufzte fast. „Wenn ich nicht um ein Haar im Spiegellabyrinth verloren hätte...“

„Amalo ist eigen. Aber er lügt nicht.“ Yuki dachte nach. „Er wollte uns etwas klar machen, aber es nicht verraten, damit wir die Jungs nicht warnen. Er denkt also, weil wir sie anerkannt haben, haben wir nur einen Teil gesehen?“

„Ich fürchte, mein lieber Yuki. Aber sicher nichts von Übel für Japan, sonst hätte er nie mitgespielt. Gehen wir. Und warten ab.“

Die beiden Schutzherren verschwanden.

 

Inu Yasha erwachte in vollkommener Dunkelheit, überwand aber seinen ersten Schreck rasch, da er Tessaiga in seinen Armen spürte. Dazu kam die wackelnde Bewegung unter sich, der selbst in der stickigen Luft hier bemerkbare Geruch seines Halbbruders. Er sprang auf. Sie waren in der Schildkröte. „He, Sesshoumaru?“

Der hatte sich eilig erhoben. Das fehlte noch, dass dieser Halbhund mit dem lockeren Mundwerk vor Menschen ausplauderte, er, der gefürchtete Dämonenfürst, habe eine Schildkröte über Stunden hin gekrault! Immerhin hatte er die Gute bei Laune gehalten, denn er konnte spüren, dass sie so rasch schwamm, wie es die Meeresströmungen erlaubten. „Ausgeschlafen?“ Er konnte sich die spitze Bemerkung nicht verkneifen. Potentieller Schutzherr des Ostens und Krieger des Drachenherrn, ja?

„Ja,“ gab der Halbdämon ungerührt zu. „Und, falls das heißen sollte, ob ich kampffähig bin, ja. - He, Schildkröte, wie weit ist es denn noch? Und hast du keinen Namen?“

„Ich heiße Kamehameha, werter Krieger.“ Es war wirklich sehr ungewöhnlich, dass solch wichtige Männer sich nach dem Namen erkundigten oder sie gar kraulten. Sowohl der Schutzherr des Westens als auch der künftige des Ostens schienen recht umgänglich zu sein. Höflich und aufrichtig.

„Das ist kein japanischer Name,“ konstatierte Inu Yasha prompt.

„Nein, ich stamme aus einem Inselreich weiter im Nordosten. So hieß auch einst unser König.“ Und alle seine Nachkommen, aber wozu das jemandem erklären, der keine Schildkröte war.

„Klingt ja abenteuerlich, wie es dich hierher verschlagen hat. - Oh, weißt du zufällig auch die Namen der vier Hexen? Mich nervt es, wenn ich Leute immer so drumherum anreden muss.“ Er sagte die Wahrheit und war etwas überrascht, als sein eigener Name prompt von seinem Halbbruder mit jeder Menge Vorwurf geknurrt wurde. Was war denn jetzt schon wieder los?

Die Schwarze Schildkröte beschloss, dem in diesem Punkt wohl doch noch unkundigen, jedoch freundlichen, Thronfolger zu helfen. „Die Hexen der vier Winde haben das Schwert aus der Unterwelt gestohlen und auf das Diesseits losgelassen. Eine ihrer Strafen bestand darin, dass sie nun den jeweiligen Schutzherren dienen müssen, solange diese Welt besteht. Die andere, dass sie ihre Namen vergessen haben, sie selbst nicht mehr wissen, und auch niemand anderer mehr. Ohne Namen, werter Krieger, gibt es auch keine Erinnerung.“

„Uh, das ist hart.“ Andererseits, wenn er bedachte, was So´unga so alles geplant gehabt hatte … „Naja. Jetzt ist das blöde Teil ja wieder in der Unterwelt.“

Ja, dachte Kamehameha prompt. Und das war der Verdienst der beiden Jungen, die sie gerade nach Kyushu brachte. Wobei, da war noch eine Frage nicht beantwortet: „Wir werden ungefähr zur Morgendämmerung angekommen. Dort lasse ich euch an Land gehen und ich vermute die Hexe des Südens wird euch erwarten. Die Schutzherren sind stets gut untereinander informiert. - Ehe Ihr fragt: soweit ich weiß, geht der Weg zu Amalo-sama an den Eingängen der Hölle vorbei, hinauf in die Berge. Da war ich natürlich noch nie.“

„Kennst du diesen Amalo?“ fragte Inu Yasha.

„Nein. Er ist der Älteste der Schutzherren, selbst für eine doch recht alte Schildkröte wie mich. Er ist viel älter als selbst der mächtige Ryujin. Und er lässt sich ungern sehen. Ich weiß nur, dass ihn allein die Schutzherren selbst und die Hexe sehen dürfen.“

„Und wohnt der auch in einem Turm? So einer Felsnadel, wie Yuki?“

„Das kann ich nicht beantworten, werter Krieger.“

„Ja, schon klar.“

Sesshoumaru war in diesem Moment tatsächlich froh, dass das redselige Halbblut nicht nur Informationen beschaffte, sondern auch noch diese Schildkröte beschäftigte. Liebe Güte, wenn je jemand herausbekam, dass er über Stunden den Nacken einer …. Es war nützlich gewesen, ja, aber seinem guten, schlechten, Ruf doch sicher abträglich.

 

Tatsächlich dauerte es nicht mehr lange, ehe die Schildkröte stoppte und deutlich langsam und mühsam nur mehr robbte.

„Wir sind da,“ verkündete sie, ehe sie den Verschluss ihres Panzers löste und Licht und Luft zu den Hundebrüdern drang.

Beide sprangen sofort auf den Sandstrand hinaus, sahen sich seltsam gleichartig, nach Kriegerart, wachsam um, ehe sie sich zu der Schwarzen Schildkröte wandten, deren riesiger Kopf jetzt noch aus dem Wasser ragte.

„Äh, danke, Kamehameha,“ erklärte Inu Yasha, sicher, dass Kagome das von ihm fordern würde – und Sesshoumaru diesen Satz höchstens in einem Alptraum dachte. „Komm gut zurück nach Ryuku.“

Die dunklen Augen des Reptils wandten sich ihm nachdenklich zu. „Ich werde nie vergessen, Herr der westlichen Länder und Krieger des Ostens, dass Ihr sehr höflich seid.“ Damit drehte sich Kamehameha um und verschwand nur zu bald in den Tiefen des Pazifik.

 

Die Halbbrüder drehten sich erneut um. Sandstrand, dahinter Dschungel, irgendwo Menschendörfer mit Feldern. Vor ihnen steigen dagegen Hügel, eher Berge auf, dicht mit Wald überzogen. Die Luft war feucht und heiß. Das konnte noch richtig lustig werden, wenn hier auch noch Hindernisse eingebaut wurden.

Der Hundedämon entdeckte eine kleine Hexe, nur zu ähnlich ihren Schwestern, die über den Sandstrand geflogen kam, und drehte sich zu ihr, ohne jedoch nach dem Schwert zu greifen. Das war sicher nur die Botin.

Inu Yasha folgte seinem Beispiel und wartete wortlos an der rechten Seite, bis die kleine Hexe, die anscheinend die jüngste der Schwestern war, jedenfalls die mit den wenigsten Falten, vor ihnen landete und etwas wie eine Verneigung hinbrachte.

„Hexe.“ Sesshoumaru klang wie der eisige Nordwind.

„Äh ja, danke, Sesshoumaru-sama, Inu Yasha-sama,“ erklärte die Hexe des Südens nervös. „Mein Herr heißt Euch auf Kyushu willkommen. Ich soll Euch den Weg zum Eingang des Labyrinths zeigen.“

„Labyrinth?“

„Äh, ja, vergebt, Sesshoumaru-sama.“ Sie war Kummer gewohnt und rechnete mit Strafen. „Auf der anderen Seite lebt Amalo-sama.“

„Klingt ja immer besser,“ kommentierte der jüngere Halbbruder. „Und ab da beginnt die Prüfung?“

„Äh, ja, Krieger des Ostens.“

„Fein. Wie soll das ablaufen?“

Hatte sie das nicht eben gesagt? Oder sich missverständlich ausgedrückt? „Äh, ich soll Euch zum Labyrinth bringen und dann zu Amalo-sama gehen. Und natürlich Euch den Eingang zeigen.“

„Und dieses Labyrinth?“

„Genau weiß ich das nicht, ich war ja nie dort ….“

Die Hundebrüder wechselten wortlos einen Blick. Die beiden Hexen mit denen sie es bislang zu tun gehabt hatten, waren durchaus diensteifrig gewesen, aber bei weitem nicht so verschreckt wie die hier. Amalo schien ein Typ für sich zu sein - und zumindest Inu Yasha dachte daran, dem mal die Leviten zu lesen, wenn der so eine kleine Person dermaßen verschreckte. Unter Schutzherr verstand er was anderes. „Na schön,“ sagte er dann in der sicheren Annahme, dass der Herr Hundedämon nicht antworten würde. „Was weißt du dann überhaupt über diese Prüfung? Es ist doch eine richtige?“ Also, nicht nur lästig, wie bei Yuki, sondern womöglich tödlich.

Die Hexe des Südens verstand das auch ganz und gar. „Ja. Wie gesagt, bringe ich Euch zum Eingang. Dann müsst ihr der Spirale des Labyrinths folgen und gelangt so schließlich zu Amalo-sama. Wenn Ihr dort ankommt, wird er Euch anerkennen. Ja, so ist das. Ich weiß sonst nichts, außer, dass vor dem eigentlichen Eingang des Labyrinths der Wald der Wunder liegt, ein sehr magischer Ort, den ich nicht betreten darf.“

„Aber wir sollen da durch?“

„Äh, ja, Krieger des Ostens.“

Zauber, Magie, magische Schwerter! Was gäbe er für einen einfachen, guten, ehrlichen Kampf. „Schön. Und im Labyrinth selbst wartet dann etwas Unterhaltung, oder wie? Moment, das ist unter der Erde?“

Sie starrte ihn sichtlich verwirrt an. „Äh, ja, Krieger des Ostens. Amalo-sama lebt tief unter der Erde. Ich weiß nicht, wie tief, ich gelange ja auf magischem Weg hin.“

Toll, dachte der Halbdämon. Da konnte er dann nur hoffen, dass der große Bruder noch eine Idee auspackte. Mal abgesehen davon, dass er sich unter der Erde nicht sonderlich wohl fühlte – da Tessaiga oder auch Bakusaiga einzusetzen wäre geradezu Selbstmord. Na schön, zumindest Yuki und Ryujin und natürlich auch Vater hatten das hier ja geschafft. Er sah daher ein wenig fragend beiseite.

Besagter große Bruder nahm die stumme Anfrage zufrieden zur Kenntnis. Da lernte doch nicht etwa jemand wirklich mal Manieren? Was hatte denn der Drachenstein sonst noch bei Inu Yasha bewirkt? „Voran, Hexe.“

Sie gehorchte eilig.

 

Amalo, wie jeder Schutzherr mit seiner Hexe verbunden, zeigte etwas, das bei einem anderen Wesen wohl ein Lächeln gewesen wäre. Er setzte fünf Dinge bei einem Schutzherrn voraus und prüfte sie: Mut, Höflichkeit, Kraft, Klugheit und Ehrbarkeit. Höflichkeit hatten sie gegenüber der Schildkröte und seiner Hexe gezeigt, das hatten Yuki und der Drachenkönig auch bestätigt, Mut und Kraft bislang wohl auch. Nun gut. Es war aber immer eine andere Sache im Labyrinth und zuvor in dem Wald der Wunder, in dem er allein alles kontrollierte. Mal sehen, wie es mit Klugheit und Ehrbarkeit aussah. Im Labyrinth selbst warteten auch noch einige kleine oder größere Überraschungen auf die Zwei. Hunde waren ungern unter der Erde, das wusste er noch von ihrem Vater. Hinzu kam, dass er solcherart auch stets die magischen Schwerter ausschalten konnte. Selbst So´unga war hier nutzlos gewesen, denn der verstorbene Inu no Taishou hatte verständlicherweise gezögert einen ganzen Berg über sich einzureißen. Seine Söhne sollten das auch bedenken.

Es war sowieso eigenartig, dass seine Amtskollegen noch immer die Sache mit den Zwillingsschwertern Tenseiga und Tessaiga nicht gesehen hatten, obwohl sie doch wussten, dass die beiden Jungs damit das Höllenschwert besiegen konnten. Und sie sollten auch wissen, bei wem Toutousai sein Handwerk gelernt hatte. Nun gut. Er würde sich überraschen lassen. Er hatte Zeit. Er war nicht unsterblich, aber seine Lebensspanne währte nun schon so lange, dass das dem ziemlich nahe kam.

 

Die Halbbrüder folgten der Hexe die dicht bewaldeten Hügel hinauf und hinunter, immer weiter weg vom Meer. Die Schwüle ließ allerlei Insekten lästig um sie flirren, derer sich Sesshoumaru durch Anstieg seiner Energie entledigte, Inu Yasha durch, wie er vergeblich hoffte, unauffälliges Wedeln. Der toten Hexe kam niemand zu nahe. Heiße Dämpfe in Lichtungen zeigten an, dass hier vulkanische Tätigkeiten waren, vereinzelt konnten sie Schwefelquellen wittern.

Die Hexe flog vor ihnen allerdings immer weiter nach Süden. Es dauerte Stunden, ehe sie anhielt. Die unwilligen Gäste blickten sich um. Sie standen am Rande eines tiefen Tales, das sich wie ein Trichter zwischen den Bergen hier befand. Am Fuße des Abhanges direkt vor ihnen begann ein anderer Wald, dicht, dunkel, fast wie eine schwarze Wand. Auch keine Witterung war zu erkennen. Davor brodelte allerdings auch eine große Quelle aus kochendem Schlamm, die alles andere dahinter wohl verdeckte.

„Äh, edle Herren, dort unten, rechts neben der Quelle befindet sich der Eingang zum Wald der Wunder. Der eigentliche Eingang zum Labyrinth liegt am tiefsten Punkt dieses Tales. Habt Ihr noch Fragen?“

Inu Yasha hätte fast geseufzt. „Hm, das da ist eine heiße Quelle und so ging das den gesamten Tag. Du hast gesagt, dass dein Schutzherr unter der Erde ist. Nicht zufällig in einem Lavafluss?“

„Nein, sicher nicht., Krieger des Ostens. Ich kann dazu nur sagen, dass er einmal erzählte, als er hierher kam war diese Insel kleiner und er lebte auf ihr, auch, während sie sich aus dem Meer hob. Aber mehr weiß ich nicht.“

Sesshoumaru legte die Rechte an Tenseiga. Was wollte das Schwert? Wenn es sich so bewegte war etwas nicht in Ordnung. „Was ist dort rechts, Hexe?“

„Äh, das ist einer der Eingänge in die Unterwelt.“ Die kleine Hexe war nicht verwundert, dass ein Schutzherr das spürte. „Natürlich sehr gut gesichert.“

„Ich habe noch keinen Eingang in das Jenseits getroffen, der wirklich gut gesichert war,“ gab der jüngere der Halbbrüder prompt an. „Und ich war da schon zwei oder drei Mal.“

Was sollte man dazu sagen? Noch dazu als Tote? „Äh, ja, werter Krieger, ich dachte nur, dass man jeden Eingang nur einmal benutzen kann?“

„Stimmt auffallend.“

Die Hexe des Südens schluckte unwillkürlich, froh, dass solche Männer, die offenbar nach Belieben im Jenseits ein- und ausgingen, sie doch freundlich behandelten. Nun ja, eindeutig hatten sie jemand überaus Mächtigen, der die Hand über sie hielt – und sie musste nicht lange nachdenken, warum. Dieser kleine Spaß ihrer selbst und ihrer Schwestern mit dem Höllenschwert hatte der Besitzerin gar nicht gefallen … „Äh, ja, dann darf ich mich verabschieden?“

„Ja.“ Sesshoumaru musterte bereits die Schlammquelle im Tal unter ihnen und den möglichen Eingang zu diesem eigenartigen Wald. Magie, ja. Er konnte etwas sehr deutlich wahrnehmen, vermutlich die Magielinien des Südens, die in Amalo kulminierten.

Inu Yasha wartete, bis die Hexe sich in Luft aufgelöst hatte, ehe er seitlich blickte. „Also ein Zauberwald? Wie hübsch. Und, lass mich raten, dieser Amalo versteht was von der Sache? Mehr noch als Yuki?“

Leider schien genau das der Fall zu sein. Aber noch etwas war wichtig, und er hatte in den vergangenen Tagen durchaus gesehen, dass sich der impulsive Halbhund zurückhalten konnte, wenn man ihm zuvor etwas erklärte, siehe das Thema Ryuukossusei. Was so ganz nebenbei zu dem Thema Myouga führte. Dieser unselige Flohgeist konnte sich auf etwas gefasst machen! IHM die eigene Arbeit aufzuhalsen! Warum Vater den als Berater geduldet hatte … nun, gleich. Jetzt war etwas anderes wichtiger. „Weder in diesem Wald noch unter der Erde kannst du Tessaiga benutzen.“

„Unter der Erde, nicht, natürlich, hältst du mich für bescheuert?“ fuhr der Halbdämon prompt auf.

Das war eine der Fragen die keiner Antwort bedurften. Nur schön sachlich bleiben und den großen Bruder spielen. „Der Wald?“

„Ja, schön, das hätte ich nicht gewusst,“ gab Inu Yasha doch etwas kleinlauter zu. „Sehr magisch, diese Baumansammlung, ja?“

„Gehen wir.“ Warum nur war er nicht überrascht, dass diese Anweisung, die Jaken und Rin sich ihm anschließen ließen, bei seinem Halbbruder nur bewirkte, dass der neben ihn sprang? Er lernte eben aus den Erfahrungen der vergangenen Tage, Wochen. Etwas, dass man Inu Yasha wohl auch mal beibringen sollte … Hm. Wenn er der Schutzherr des Westens war und seine Mutter in ihr Witwenschloss umzog, wäre es doch eine nette Retourkutsche für diese Rundreise ihr zu befehlen sich einige Zeit um die höfische Ausbildung Inu Yashas zu kümmern? Schön, der würde kaum ohne Kagome gehen wollen, aber das machte ja nichts. Ihm nicht. Etwas wie ein flüchtiges Lächeln zuckte um den Mund des Hundedämons.

 
 

Der Wald der Wunder


 

A

ls sich die Hundebrüder in der nahenden Abenddämmerung dem Wald der Wunder näherten, bemerkten sie sehr wohl alle beide, dass das kein gewöhnlicher Ort war. Ihre Nasen wurden durch die kochende Lehmquelle abgelenkt, aber das war mit Sicherheit kein angestammter Wald. Etwas war da, beobachtete sie, und sie waren beide gewohnt solchen Regungen ihres Unterbewusstseins Raum zu geben , ohne dass es sie freilich besonders gestört hätte. Da war was, und wenn es sich an sie machen würde, wäre es tot. Allerdings war es kaum zu leugnen, dass bereits die dritte Baumreihe in völliger Dunkelheit verschwand – und das bei gerade einsetzender Dämmerung. Das konnte ja ein amüsanter Nachtspaziergang werden. Wobei natürlich sie immer noch mehr sehen würden als zum Beispiel Menschen.

Sesshoumaru betrat den Wald der Wunder als erster, ein wenig positiv überrascht, dass er den Vortritt erhielt, sein Vorrecht als Erstgeborener doch anerkannt wurde. Leider half das nur die Stimmung für wenige Schritte zu heben. Das wurde merkwürdig. Es war nicht nur dunkel, so dunkel, dass selbst er die Bäume nicht mehr sehen konnte, es wurde auch absonderlich still. Kein Laut war zu hören. Und zu wittern war auch nichts, außer eindeutigem Pflanzenbewuchs. Er blieb stehen.

„Äh, ist was?“ erkundigte sich Inu Yasha doch leise, der zwar auch nichts mehr sah, aber immerhin noch die Witterung seines Halbbruders vor sich hatte.

Sollte er oder sollte er nicht? „Die Tiere.“

„Ich kann keine bemerken. Oh.“ Das war ja richtig nett von dem Idioten so auf großen Bruder zu machen. Da konnte man sich als Jüngerer schon dran gewöhnen. Ob das nach dieser Reise auch so bleiben würde? Eher nicht. Auf jeden Fall sollte er selber zeigen, dass er nicht dumm war. „Ein Zauberwald. Also gibt es hier keine normalen Wesen.“

„Geh du voran.“

Warum? Inu Yasha wollte es bereits fragen, ehe er bedachte, dass er dann vermutlich wieder als töricht bezeichnen werden würde. Er hatte Tessaiga, er konnte sich wehren, wenn er schon nicht die Windnarbe und mehr in diesem Wald einsetzen sollte – und seinen Rücken würde der Herr Halbbruder decken, der nun einmal über bessere Sinne verfügte und mehr von Magie verstand. Abgesehen davon hatte es etwas seltsam Angenehmes, den im Rücken zu wissen – wohlgemerkt, als Schutz.

 

Leider hatte die Sache natürlich einen Haken. Es wurde bald dermaßen dunkel, dass absolut nichts mehr zu sehen war, nicht einmal für die Augen eines Halbdämonen. Dazu kam dieser vollkommen stille Wald. Es war direkt unheimlich, dachte Inu Yasha, der nicht einmal seine eigenen Schritte oder die seines Halbbruders hinter sich hören konnte. Nun ja, sie beide gingen gewöhnlich lautlos. Alles, was ihm blieb war der Hauch des Geruchs nach Sesshoumaru. Leider, denn er musste sich nunmehr voran tasten, die Hände statt der Augen nehmen. „Dieser Witz von Amalo ….“ zischte er, als er gegen einen Baumstamm stieß. „Deswegen sollte ich voran?“

„Ich dachte an Rückensicherung.“ Aber Sesshoumaru gab zu, dass es recht amüsant war die leisen Flüche von vorn zu hören statt sich selbst so zu bloß zu stellen. Immerhin existierte ein Anhaltspunkt – der Eingang zu diesem Labyrinth sollte sich am tiefsten Punkt des Tales befinden. Also musste es stetig bergab gehen. Und bislang schien der Halbhund immerhin dazu in der Lage.

Das klang wirklich so wie Kagome gegenüber Souta. Und, da konnte Sesshoumaru sonst sein, wie der wollte – der log nicht. Wollte er dich umbringen, so sagte er das.

 

So tapsten die Hundebrüder eine ihnen unglaublich lang erscheinende Zeit durch den schwarzen, schweigenden, Wald. Nichts zu sehen, nichts zu hören, gerade noch den Geruch des Anderen in der Nase, der jedoch auch immer schwächer zu werden schien … es hatte schon hübschere Waldspaziergänge gegeben. Und doch blieben alle Zwei vorsichtig. Niemand hatte gesagt, dass es einfach wäre die Prüfung zum Schutzherrn zu bestehen – Yuki war wohl nur ein Musterbeispiel gewesen. Und bei beiden zappeln die Fußsohlen noch in der Erinnerung an dessen Dornenprüfung. Was also kam hier in diesem scheinbaren Nichts? Zumal ihre Schwerter wohl eben nur das waren – Metall, ohne Magie. Wie lange sollte das hier noch dauern?

 

Inu Yasha zuckte zusammen, als er unerwartet etwas vor sich roch, ehe er schon mit Gesicht und Oberkörper gegen etwas Festes, Metallenes prallte, das an einer Seite sehr weich war und nach Frühlingswind roch. Noch während sein Verstand begriff, gegen was – oder eher, gegen wen – er da gelaufen war, entkam ihm die Frage: „Ja, was machst du denn hier?“

„Und warum bist du plötzlich hinter mir?“ Der ältere Halbbruder klang betont gelangweilt, aber das war tatsächlich ein Problem.

Zum Leidwesen des potentiellen Schutzherrn der westlichen Länder bewies Inu Yasha doch etwas wie logisches Denkvermögen. „Ich bin um diesen Baum rum gelaufen, wir sind um diesen großen Stamm einfach herumgelaufen. Wir sind im Kreis gelaufen.“ Mit nur ihm selbst logisch erscheinender Konsequenz fügte er hinzu: „Naja, immerhin haben wir uns nicht verlaufen.“

So optimistisch konnte auch nur Inu Yasha das sehen. Sie standen hier wie die Narren und Amalo würde sich köstlich amüsieren. Ein anderer Plan musste her, egal wie. Die Vorstellung, dass sie hier herumirrten zum Amüsement irgendeines Ungeziefers wäre unerträglich. Noch unerträglicher als sein anderer Einfall. „Gehe zurück.“

Inu Yasha wollte schon empört fragen, ob der Riesenhundeidiot ihn etwa hier allein lassen wollte, ehe er am Aufwallen der Energie und jäh rot leuchtenden Augen erkannte, dass sich Sesshoumaru in seine wahre Gestalt verwandelte. Ja, das war mal eine gute Idee. So war der Hundedämon, soweit er wusste, magisch deutlich fähiger und auch dessen Sinne arbeiteten noch besser – allerdings konnte der dann nicht mehr reden. Nun ja. Der Schwanz! Der wedelte vor ihm und er packte eilig zu. „Ja, schön, dass du dich freust“, meinte er dann. „Aber du bist dabei mich gegen die Bäume zu knallen. Pass bitte auf.“

Das war doch ….! Nein, so etwas dachte ein Dämonenfürst nicht einmal. Der Kerl glaubte doch nicht etwa, er halte ihm hilfsbereit die Rute hin, um ihn damit durch diesen Wald zu ziehen? Er verspürte nur mehr Lust den Waldboden mit dem Bastard zu fegen, der sich unverfrorenerweise so an seinen sonst doch stolz erhoben Schwanz hängte und … und überhaupt! Leider konnte er so nicht reden. Und zu allem Überfluss würden die anderen drei Schutzherren ein waches Auge darauf haben, wie sich nicht nur er selbst als Schutzherr, sondern auch Inu Yasha als Krieger und Erbe des Ostens schlug.

Der riesige weiße Hund öffnete etwas das Maul und ließ die grünlich leuchtende Säure heraustropfen. Immerhin war jetzt etwas zu sehen. Nicht viel, aber es genügte. Und natürlich würde es ab und an ein paar Bäume geben, die so standen, dass Inu Yasha dagegen prallte. Zugegeben, solch ein minderes Vergnügen war unziemlich eines Dämonenfürsten, aber für einen geplagten großen Bruder ... nachsehbar.

 

In der Tiefe der Erde lag der Schutzherr des Südens, wie meist verborgen in seinem dunklen Nebel.

Nur oben ragten die beiden Stielaugen heraus, die noch vielfach unterteilt waren und die Hexe, die nervös vor ihm kniete, immer an Insektenaugen erinnerte. Aber was auch immer Amalo war – kein Insekt, wie sie es je gesehen hatte. Jedenfalls war sie froh seinen Mund nicht sehen zu müssen.

„Sie sind im Wald der Wunder, wie amüsant.“ Amalo schien zu lächeln. „Und, sie haben rasch mitbekommen, dass sie in der Irre sind. Ein sehr interessantes Licht, was Sesshoumaru da erfindet. Das Maul mit Säure beleuchten. Originell. - Hm. Du hast doch erwähnt deine Schwester aus dem Westen hätte erzählt, dass sich die beiden Söhne des verstorbenen Taishou bekriegen?“

„Ja, mein Herr, so sagte sie es.“

„Hole sie.“

Die Hexe erstarrte. „Was? Amalo-sama ….“

„Natürlich kann ich ihr keine Befehle erteilen, aber es geht um den Westen. Denk doch einmal mit.“ Warum nur hatte er von allen Hexen die dümmste zugeteilt bekommen? Hatten die Götter gehofft, er brauche weniger Unterstützung, ja, könne sie ausbilden? „Auf was wartest du? Ab mit dir in das Jenseits.“

 

So kniete nur wenige Minuten später auch die Hexe des Westens vor dem Nebel, den sie freilich nicht anblickte , sondern sich lieber verstohlen umsah. Hier war sie noch nie gewesen, aber ihre kleine Schwester war so panisch gewesen, dass sie der Aufforderung um ihretwillen nachgekommen war. Diese Stielaugen im Nebel waren aber auch furchterregend …

„Hexe des Westens,“ begann Amalo. „Vor langer Zeit wurde ein Hundedämon aus dem Westen zum Schutzherrn erklärt. Du hast ihm gedient, bis er im Kampf fiel. Was geschah dann?“

„Äh, ja ...“ Sie hätte eigentlich gedacht, das sei allen Schutzherren bekannt. „Danach wurde sein ältester Sohn der neue Schutzherr, er war der Ältere, hatte das Bluterbe … Aber es kam zum Krieg. Bis dahin hatten sich die Brüder immer gut verstanden, aber als der Jüngere erfuhr, dass er solcherart nie Schutzherr werden konnte, kämpften sie.“

„Bruder gegen Bruder.“

„Ja, leibliche Brüder, Amalo-sama.“

„Sie kämpften?“

„Äh, ja, und der Jüngere verlor und ging fort. Der Ältere war der Schutzherr des Westens. Und bekam eine Tochter, später. Der Jüngere kehrte zurück mit ….“ Oh, wozu das Unsägliche aussprechen.

„Mit So´unga, ja.“ Amalo war deutlich weniger empfindlich. „Aber er kämpfte damit nicht gegen seinen Bruder.“

„Nein. Er mied seinen Bruder. Er meisterte es jedoch, so dass es ihm gehorchte. Und er bekam einen Sohn, der das Schwert erbte.“

„Und dieser Sohn ist der Vater unserer momentanen Hundebrüder.“

„Ja, Amalo-sama.“ Was nur wollte der Geheimnisvolle?

„Du hast gesagt, dass diese Zwei gegeneinander kämpfen, sich umbringen wollen. Genau den Eindruck machen sie auch.“ Das klang zynisch. „Sie gehen gemeinsam auf die Anerkennungsreise, besiegen gemeinsam das Höllenschwert. Und ja, sie streiten sich, aber das ist kein Hass, ich würde es eher brüderliche Neckerei nennen. Hast du das womöglich in Erinnerung an den Bruderzwist der Vergangenheit missverstanden?“ Der auch nicht so ernst gemeint sein konnte, wenn der Jüngere sich nicht mit dem Höllenschwert dem Kampf um den Titel des Schutzherrn stellte. Oder hatte der da auch begriffen, dass es nicht um Macht, sondern um Verpflichtung ging – und die des Höllenschwertes war schwer genug? Es war sowieso interessant, dass die Halbbrüder gemeinsam So´unga besiegt hatten, keiner dessen Macht wollte, niemand von ihnen Schutzherr werden wollte. Ohne Ryujins kleine Nachhilfe wären sie nicht einmal auf dieser Reise.

„Ich hörte es, Amalo-sama,“ beteuerte die Hexe des Westens eilig. „Da es keinen Schutzherrn mehr gab seit dem Tode des Taishou, konnte ich auch nicht gerufen werden. So war ich auf Hörensagen angewiesen, unter Anderem von einem Naraku, der die Zwei gut zu kennen schien und sich wohl jahrelang mit ihnen stritt. Er versuchte sie auch gegeneinander auszuspielen.“

„Scheint ja viel Erfolg gehabt zu haben, der Gute, wenn er jetzt in der Unterwelt ist und die Jungs recht munter durch meine Prüfung wandern.“

Die Hexe des Westens verstand ihre Schwester nur zu gut. Sarkasmus aus einer schwarzen Wolke mit Stielaugen, garniert mit etwas, das einem Zähneklappern nur zu nahe kam … Hoffentlich wäre Sesshoumaru ein angenehmerer Arbeitspartner, nun ja, Herr. „Ich gebe zu, Amalo-sama, er hat sie wohl ein wenig unterschätzt.“

„Will mir auch so scheinen. Gut, ihr dürft beide gehen.“ Während die Hexen eilig gehorchten, hob der Schutzherr des Südens die dunkle Wolke um sich auf. Allein in seiner Höhle beließ er es meist bei seinem wahren Aussehen. Magie war selbst für ihn durchaus anstrengend. So hätte ein interessierter Beobachter einen Blick auf einen langen, flachen, gepanzerten Körper mit acht Beinen werfen können, auf zwei sehr genau fixierende Facettenaugen mit Stiel auf dem Kopf und zwei seltsamen, wurmartigen Greiforganen vorne am Gesicht. Der eigentliche Mund befand sich unter dem Kopf, rund, umringt von Zähnen, deren Geräusch beim Schließen den Hexen Schauer über den Rücken jagte. Dass er nun orange in der Dämmerung leuchtete, hätte den Damen wohl auch nicht gefallen, dachte er zynisch. Nun ja, mal sehen, was seine beiden Gäste dazu sagten, wenn sie ihn erblickten.

Momentan gingen sie noch immer durch den Wald der Wunder, Sesshoumaru in Hundeform. Dadurch fand dieser sicher den Weg hinunter zum See und ließ sich auch nicht von anderen Gerüchen wie den Spinnen ablenken, die schon manchen Narren in die Falle gelockt hatten. Ryujin hatte sich als Wasserdrache relativ einfach getan, er hatte Wasser den Berg hinunter laufen lassen und war diesem gefolgt. Yuki hatte Schnee erschaffen, eine kleine Lawine, und war eben dieser nachgegangen.

Diese, erste, Prüfung sollte darlegen, wie gut die Probanden zugehört hatten. Folgten sie dem Hinweis, dass der eigentliche Eingang zum Labyrinth an der tiefsten Stelle des Tales lag oder verloren sie in der Dunkelheit, ja, bei dem Verlust nahezu aller Sinne, auch den Verstand? Im letzteren Fall waren sie als Schutzherr vollständig ungeeignet. Die folgende Prüfung wäre unangenehm für die Hundejungen, vermutlich jedoch amüsant für ihn. Amüsanter jedenfalls, als es bei seinen Kollegen gewesen war. Ryujin war ein Wasserdrache, dessen Schuppen nahezu nichts durchdringen konnte, Yuki hatte aus Wasser Eis erschaffen und war schlichtweg über die Falle spaziert. Nun ja, jeder Schutzherr besaß seine eigenen Fähigkeiten. Mal sehen, wie ein Hundedämon oder gar ein Halbdämon sich schlugen.

 

Inu Yasha atmete doch etwas auf, als sein Halbbruder stehen blieb und den Schwanz deutlich senkte. Einige Male hatte er Bekanntschaft mit Baumstämmen gemacht, aber es wäre ziemlich dämlich sich darüber zu beschweren. Allein wäre er zugegeben nie so rasch hergekommen. Wo auch immer hier war. So ließ er nur los und sprang neben den sich rasch verkleinernden Hundedämon, um festzustellen was los war.

Sie hatten den Waldrand erreicht. Jetzt befanden sie sich eindeutig wieder außerhalb der ominösen Dunkelheit, denn vor ihnen lag ein kleiner See über dem sich eine Art Glühwürmchen tummelte, oberhalb schienen die vertrauten Sterne. In einiger Distanz war eine Insel zu erkennen mit einem felsigen Hügel. Etwas glitzerte dort.

„Da müssen wir wohl hin,“ meinte der Halbdämon.

Warum nur erzählte der immer das Offensichtliche? „Kannst du schwimmen?“ Das war viel wichtiger.

„Ja. Du auch?“

Zumindest in Hundeform. In Menschenform, nun, das hatte er noch nie versucht und würde nicht ausgerechnet heute und hier damit anfangen.

„Das also war der Wald der Wunder? Ich habe keines gesehen. Ich habe mich nur GEWUNDERT, warum da keine Falle war.“

Mit einem inneren Seufzer erkannte Sesshoumaru, dass er schon wieder erklären musste, wenn er jetzt nicht eine Litanei von: „ich habe mich darüber gewundert, und darüber“, anhören wollte. „Genügend.“

„Du hast sie umgangen. Dann ist auch dieser See eine? Der Eingang zum Labyrinth scheint jedenfalls auf der Insel zu liegen.“

Gleich drei richtige Sätze in einer Bemerkung. Das war eine erhebliche Neuerung und bestätigte die Ansicht des Älteren, dass an allem, was ihn an Inu Yasha störte, nur Myouga Schuld war. Mangelnde Selbstbeherrschung, Ahnungslosigkeit, mangelnder Respekt und Höflichkeit, um einmal die gröbsten Punkte zu nennen. Um auf diese Insel zu kommen half leider fliegen nichts, das konnte er spüren. Irgendetwas bremste gewisse Fähigkeiten. Amalo galt als der älteste und zauberkundigste aller Schutzherren und der bewies das gerade. Nun gut, so würde er eben sich heute schon zum zweiten Mal verwandeln und hinüber schwimmen. Und falls dieser Halbhund glaubte, er würde ihn tragen, konnte der das vergessen. Was machte der da?

Während der Hundedämon erneut seine Aura aufflammen ließ und seine fellige Gestalt annahm, warf er aus den Augenwinkeln einen Blick seitwärts. Tatsächlich. Inu Yasha zog sich aus. Warum wollte der ihn denn mit diesem Anblick beleidigen? Immerhin beeilte der sich. Was sollte es. Er setzte eine Pfote in das Wasser. Nur wenige Minuten, dann wäre er wieder in seiner Menschenform. Nicht, dass er dann viel redete, aber gar nicht reden zu können war schon lästig.

 

Inu Yasha hatte sich rasend schnell ausgezogen, da er vermutete, dass ihm nur die Zeit blieb, die sein Halbbruder für die Verwandlung benötigte, ehe der sich vom Acker machte. Rücksichtnahme war bei dem nicht sonderlich angeschrieben, wenn man nicht gerade Rin hieß. So packte er die Kleidung in sein Oberteil und band die Ärmel fest zu, ehe er das Bündel und Tessaiga samt der Scheide aufnahm und sich auf den Kopf legte. Früher war er manchmal so geschwommen, nur mit einer Hand, seine Sachen auf dem Kopf, als er noch ein Kind gewesen war und so mancher Dämon ihn gejagt hatte. Zumindest, bis er Klauenangriffe erlernt hatte. Hoffentlich konnte er das noch richtig. Man wollte sich ja nicht gerade vor dem potentiellen Schutzherrn des Westens blamieren – genauer, vor seinem eigenen Bruder. So rannte er in das Wasser, blieb kurz stehen, um sich auf den Bauch zu legen. Ja, so war das damals gegangen, gut. Immerhin.

 

Keine fünf Minuten später erkannten die schwimmenden Halbbrüder den Hinterhalt dieses Sees. Etwas biss in sie, an vielen Stellen, saugte sich fest, auf der Suche nach Blut.

„Blutegel,“ murrte Inu Yasha. Er hatte keine Hand frei. Das war lästig, zumal diese Biester sich die am besten durchbluteten Stellen aussuchten, wie unter der Achsel seines linken Armes, mit dem er sein Päckchen auf dem Kopf trug. Und Tessaiga half hier so auch nichts. Immerhin waren seine Ohren außerhalb des Wassers. Sekunde. Ohren? Er warf einen wie beiläufigen Blick auf den riesigen Hund neben sich, dessen lange Ohren im See tauchten. Täuschte er sich, oder wurde der liebe Sesshoumaru schneller? Na, der merkte das vermutlich auch, vor allem an den Stellen, an denen das Fell dünner war. Dieser Amalo schien ein echter Scherzkeks zu sein. Ein Fuchsdämon? Jedenfalls ein Schutzherr und denen sollte man kaum krumm kommen. Er musste sich jedenfalls beeilen, das Zwicken wurde wirklich lästig. Überdies bedeutete die Vielzahl der Egel einen gewissen Blutverlust, wenn die sich alle voll saugten, das musste wirklich nicht sein. Also, schwimm schneller, mahnte er sich.

Sesshoumaru dachte ganz ähnlich. Auch bei ihm saugten sich die dämonischen Winzlinge an Stellen fest, die er als empfindlich einstufen würde. Soweit er bemerkte, sogar unterhalb seines Schwanzes, in seinen Ohren. Lästig. Überaus. Soweit er diese Egel richtig kannte, würde er sie an Land mit einem leichten Anstieg seiner Energie loswerden können, hier im Wasser würden sie sich nur fester hinein beißen. Nun ja. Gewöhnlich schwamm er auch nicht, sondern sprang oder flog über solch einen See. Aber war dieser so genannte Krieger des Ostens, dieser Halbmensch aushielt, würde doch wohl auch er schaffen, das stand außer jeder Diskussion.

 

Auf der Insel angekommen schüttelte sich der riesige, weiße Hund etwas, ehe er sich in seine Menschenform zurück verwandelte und wie nebenbei mit der dabei gesteigerten, dämonischen, Energie auch die Parasiten los wurde.

Inu Yasha warf seinen Packen und sein Schwert auf den Boden, ehe er sich hastig absuchte und diese lästigen Egel abriss. Das tat wehr, dachte er, aber da musste er jetzt durch. Du liebe Zeit! An was für Stellen die sich hingehängt hatten! Natürlich war der Herr Hundedämon schon fertig. Leider reichte seine Energie für so etwas nicht aus. Und überhaupt … Er drehte sich um. „Sesshoumaru, kannst mal gucken, ob ich auf dem Rücken auch noch welche habe?“ Oh, das hätte er wohl lieber nicht gesagt. Er sollte nicht vergessen, dass er hier nicht mit Miroku unterwegs war.

Der ältere Bruder antwortete nicht. Er war schlicht sprachlos, die blanke Kehrseite des Halbdämonen gezeigt zu bekommen und dazu noch mit dieser Aufforderung. Und er hatte nur einen Gedanken: ich bringe ihn doch noch um, Schutzherr und Krieger hin oder her.

 
 

Im Labyrinth der Spiegel


 

I

nu Yasha erstarrte förmlich zur Salzsäule, als er die emporschießende dämonische Energie in seinem Kreuz bemerkte. Er und sein vorlautes Mundwerk! Aber er hatte tatsächlich für einen kleinen Moment geglaubt mit einem Freund unterwegs zu sein, wie Miroku. Natürlich nicht. Das war sein Halbbruder, der ihn maximal tolerierte und nicht mehr umbringen wollte. Tja. Wenn er nicht spüren würde, dass sich da so ein Mistvieh irgendwo unten an seinem Hinterteil zu schaffen machte … „Naja,“ meinte er korrigierend. „Dann muss ich wohl warten, bis sich das Biest vollgetrunken hat und von allein abfällt.“

Ja, das war eindeutig die bessere Lösung, dachte Sesshoumaru, bemüht seinen Blick nicht auf die Rückseite des Halbblutes schweifen zu lassen, sondern eher den Weg zu dem so genannten Spiegellabyrinth zu suchen. Jedenfalls hielt er das genau so lange für die bessere Lösung, ehe der Halbdämon fortfuhr:

„Inzwischen kann ich mir dann eben nur das Oberteil anziehen.“ Und er machte sich an die Arbeit.

Der Hundedämon war nur noch konsternierter. Wie bitte? Wie sah das denn aus? Hatte der nie in seinem Leben höfisches Benehmen gelernt? Was würde denn Amalo denken, wenn dieser mitbekam, dass da ein Halbnackter durch seine Prüfung spazierte? Das würde doch wieder auf ihn als großen Bruder zurückfallen. Niemals würde er das zulassen. Die Alternative war leider nur diesen schwarzen Egel, den er sofort sah, als er hinguckte, tatsächlich von der Sitzfläche des Bastards abzusammeln. Dass der da nicht allein hinkam war offensichtlich. Sollte er oder nicht? Das war eine Sekunde Gesichtsverlust – das andere womöglich Stunden. Es gab nur eine Lösung. „Halt still.“

Inu Yasha gehorchte perplex, führte dann Krallen, einen scharfen Riss.

 

Und genau diesen Moment wählte Amalo nachzusehen, wie es seinen Prüflingen ging. Nun gut, dachte der Älteste der Schutzherren. Diese Hexe des Westens war offensichtlich falschen Informationen aufgesessen, da sie nur in der Unterwelt existierte, solange es keinen anerkannten Schutzherren für sie gab. Diese zwei Halbbrüder wollten sich doch nie im Leben umbringen, wenn einer dem Anderen die Egel an den unmöglichsten Stellen absammelte. Natürlich hatte sich Sesshoumaru allein von den Parasiten befreien können, die dämonische Energie dieser Klasse gar nicht schätzten. Ein Halbdämon tat sich da härter – aber wozu hatte man einen großen Bruder. Dieser Naraku hatte die Hexe anscheinend angelogen um selbst besser dazu stehen. Die Zwei gegeneinander aufzubringen war doch offenkundig unmöglich.

Hm.

Jetzt würden sie bald den Pfad weiter gehen, der in die Grotte führte, in der das Labyrinth seinen Anfang nahm. Er sollte zusehen. Das konnte nur amüsant werden, denn zumindest der designierte Krieger des Ostens besaß noch nicht sehr viel Selbstbeherrschung. Ja, Inu Yasha zog sich eilig an und steckte sein Schwert wieder in den Gürtel und folgte dem Hundedämon den schmalen, steinigen Pfad empor zu der Grotte.

 

Oben angekommen blieb Sesshoumaru stehen und musterte die Höhlung vor sich, nicht überrascht, dass der Halbhund an seine Seite kam.

„Oh, das sieht ja heiter aus,“ kommentierte Inu Yasha die Tatsache, dass die Grotte an sich gut sechzehn Schritte im Durchmesser maß, mit glattem Boden und festen Wänden auch schön überschaubar war – wenn man von den beiden rechteckigen Spiegeln absah, die sich nebeneinander befanden. Welchen sollte man nehmen? Denn, dass sie dort hindurch mussten, war ihm klar. „Je ein Spiegel für einen von uns?“

Wenn er nicht überzeugt wäre, dass die anderen drei Schutzherren zusahen … „Nein.“ Strategie hatte dieser unsägliche Floh dem Halbblut anscheinend nie beigebracht. Myouga war fällig. „Ein Labyrinth.“ Das sollte doch zuerst einmal reichen.

Inu Yasha stutzte, ehe er begriff. „Das heißt, es ist vollkommen egal durch welchen Spiegel wir gehen _ es endet immer wieder mit einer Auswahl. Und wenn man den falschen Weg einschlägt gewinnt man nie. Genauer, das ist tödlich. Super. Und woher soll man wissen, was los ist?“

Ja, woher sollte er das denn wissen? Sesshoumaru betrachtete die beiden Spiegel, ehe er sich entschied. „Suche dir einen aus.“

Der Halbdämon war ein wenig verwirrt, aber durchaus in der Lage eine Entscheidung zu treffen.„Hm? Nehmen wir den rechten.“

Rein instinktiv wollte der große Bruder schon den linken nehmen, da die Aussage des Halbblutes nur falsch sein konnte, ehe er bedachte, dass der ja wohl ein Liebling der Glücksgöttin war. Genauer, dessen Talent den Nagel auf den Kopf zu treffen, hatte fast etwas besorgniserregendes an sich, wenn man bedachte wie ziellos diese Schläge im Allgemeinen waren. Sein linker Arm juckte noch immer bei der Erinnerung. So trat der Hundedämon wortlos an den rechten Spiegel und sprang los. Falls es sich wider Erwarten um einen echten Spiegel handelte, hätte er sich gründlich bloß gestellt. Aber, wie erwartet, handelte es sich um ein Portal, ähnlich denen auf dem Geisterschiff vor Ryuku. Und, wie ebenso erwartet, spürte er Sekundenbruchteile später Inu Yasha hinter sich. Ein seltsam angenehmes Gefühl, wie er sich unwillig zugestand. Den Halbhund im Kreuz zu haben war angenehm. Nicht notwendig, aber angenehm. Nützlich.

 

Die Halbbrüder fanden sich in einem kleinen, kaum sie zwei fassenden, Raum wieder, der nach hinten verschlossen war. Vor ihnen lag ein Gang, sicher fast hundert Schritte lang und dreißig breit. Wände, Boden und Decke waren kahl, übersichtlich. Am anderen Ende befand sich ein ebenso kleiner Raum, wie der, in dem sie standen, dahinter erneut zwei Spiegel. Das Spiegellabyrinth, eben. Die Wände, Decke und Boden leuchteten in einem unbekannten Licht. Sesshoumaru wollte schon auf die Spiegel zugehen, fühlte sich jedoch am Arm gepackt. Fast ungläubig wandte er den Kopf. Dieser Bastard war wohl nur dazu geboren worden ihm sein sowieso schon leidiges Leben noch ärgerlicher zu machen? Was sollte das? Im ersten Moment ballte er die Hand zur Faust, hielt jedoch inne, als er sah, wie der Jüngere den Gang anstarrte und ihn missachtete. War da etwas? Eine Falle? Nun gut, die war zu erwarten, aber er konnte nichts und niemanden entdecken und er war doch der wahre Hundedämon, ja, ein Dämonenfürst und designierter Schutzherr.

„Die Wände,“ murmelte Inu Yasha, gab aber eilig seinen Halbbruder frei.

So wandte der Hundedämon erneut den Kopf. Die Wände? Sie waren glatt, übersichtlich und hell. Kaum ein Wesen würde sich dort verbergen können, zumal er nichts wittern konnte. Dann erst erkannte er, was der Jüngere meinte. Die Wände befanden sich nicht auf dem Boden. Dazwischen lagen rund um den Raum Spalten. Und das konnte nur eines bedeuten. „Sie sind beweglich.“

Der Halbdämon nickte prompt. „Sehe ich auch so. Wenn man nicht schnell genug ist, wird man ziemlich flach.“

Sollte er? Nun ja, er hatte die Falle immerhin übersehen und sollte wohl auch etwas dazu beitragen, um dem Halbblut keinen Vorteil zu verschaffen. „Der Boden könnte sich bewegen.“

„Wird ja immer besser. Ryujin war hier im Vorteil. Der hat sich bestimmt einfach ausgestreckt und den Kopf da drüben hingelegt und sich so rübergezogen. Oh. Kannst du dahin springen?“

Theoretisch ja, praktisch konnte er Widerstand in der Magie spüren. Amalo hatte sich gut vorbereitet.

„Also nein,“ kommentierte Inu Yasha. „Dann müssen wir wohl schnell sein.“ Wie schnell konnte man sein, wenn man nicht wusste, ob der Boden unter einem weg sackte oder die Wände zusammen klatschten? Er machte dennoch einen kleinen Schritt vorwärts, um neben seinen Halbbruder zu kommen und musterte den so harmlos scheinenden Raum. „Na schön.“ Er fixierte nur mehr das gegenüber liegende Ziel, sicher, dass er auf den Hundedämon nicht aufpassen musste. Der war verflixt schnell, das wusste er aus diversen Zweikämpfen.

„Los!“

Auf den kaum halblaut geäußerten Befehl Sesshoumarus, der nie im Leben zugelassen hätte, dass sein kleiner Bruder das Kommando übernahm, Krieger des Ostens hin oder her, spurteten die Hundebrüder los, beide ein Auge auf die jeweils am nächsten liegende Wand habend, unter sich nach Bewegungen im Boden suchend.

 

Sie hatten die Hälfte des Raumes durchquert, als sie durch ihr Gewicht die Falle auslösten. Der Boden begann zu kippen und sie drohten auszurutschen. Inu Yasha beschleunigte so gut er es noch vermochte, nicht sonderlich überrascht, dass er überholt wurde. Wenn ihn etwas überraschte dann der feste Griff um sein linkes Handgelenk, der ihn förmlich mit riss, auf den festen Grund der nächsten Kammer. Kaum dort angekommen wurde er losgelassen. Sein Arm schmerzte etwas, aber das war sicher nicht der Ort und die Zeit darüber zu jammern. Eher sollte er sich fragen was da gerade den ach so kühlen Hundedämon geritten hatte. Obwohl, das musste er zugeben, seit sie auf diesem Trip waren benahm der sich wirklich wie ein großer Bruder. Zumindest, solange er selbst versuchte den Mund zu halten und zuzuhören. „Äh, danke ...“ Das hätte Kagome sicher von ihm verlangt.

Sesshoumaru tat als habe er nichts gehört, zu verwundert über die eigene Reaktion. Warum hatte er das Halbblut förmlich mitgeschleift? Nun ja, weil es doch peinlich gewesen wäre, den schon bei der ersten Prüfung draufgehen zu sehen. Genau, das war es. Und außerdem – wer verzichtete schon freiwillig auf den einzigen Gegner, der mit einem mithalten konnte, der einen wirklich herausfordern konnte. Yuki, Ryujin und Amalo konnten das sicher, aber Schutzherren durften einander ja nicht gefährden, geschweige denn umbringen. Hier waren die nächsten zwei Spiegel, das war jetzt deutlich wichtiger. Welchen musste man nehmen um auf den richtigen Pfad zu Amalo zu gelangen und welcher führte einen nur immer tiefer in das Labyrinth? Nun ja, er hatte sich dazu entschieden, dass der Halbhund ein Liebling der Glücksgöttin war und offensichtlich auch einer von Ryujin. Er neigte nicht dazu seine Entscheidung zu ändern. Hoffentlich sah das Amalo auch so. „Welcher?“

„Äh ….“ Der nun doch etwas verblüffte Inu Yasha starrte die beiden identischen Spiegel an als ob er dort die Antwort finden könnte. Was war denn in den Herrn Halbbruder gefahren? War der das überhaupt noch? Rechts nach rechts, hatte das nicht einmal Miroku in einem Labyrinth gesagt? Aber der hatte damit kaum Erfolg gehabt. Außerdem waren das hier die Irrgänge eines Schutzherrn. Egal. „Links.“

Warum auch immer, dachte der Hundedämon, ehe er durch den linken Spiegel sprang, prompt gefolgt von seinem Halbbruder.

 

Amalo hätte gern gelächelt, aber das war einem Wesen seiner Art versagt. Rechts - links also? Und wieso überließ der potentielle Schutzherr das dem doch nur Krieger? Was lief da zwischen den Halbbrüdern? Offenkundig war das blindes Vertrauen – nur worauf basierend? Was sahen Sesshoumaru und Ryujin in dem Halbdämonen? Und, vor allem in Bezug auf den Älteren: was hatte der Junge schon bewiesen? Ja, er trug Tessaiga, das ihn als Herrn anerkannt hatte, aber … ja, aber. Da gab es wohl einige Eigenschaften, die erst erweckt hatten werden müssen. Ein Gespräch mit Toutousai wäre interessant, aber der alte Dämonenschmied redete nicht mit jedem. Und der verließ den Westen seit Jahren nicht mehr. Er wusste, warum. Immerhin trug Inu Yasha jetzt die Seele eines Drachenschamanen mit sich, Toutousais Meisterstück, alles in einem … hm. Sesshoumaru trug das dazu gehörige Zwillingsschwert und dazu Bakusaiga, das er wie nur je ein Dämonenfürst aus sich selbst erschaffen konnte. Stark, selbstbeherrscht und magisch, ja, ein potentieller Schutzherr. Dazu besaßen beide das Bluterbe, das man nicht einfach mal eben so bekommen konnte. Das wurde schon allein dadurch bewiesen, dass diese Zwei trotz ihres jungen Alters Tessaiga und Tenseiga führen konnten – Schwerter, die zum Schutz der Menschheit gedacht worden waren, zur Sicherung vor der Hölle. Das mochte noch interessant werden. Irgendwann würden die Zwei mitbekommen, wie man dem Spiegellabyrinth entkam. Doch selbst der Drachenkönig hatte dazu eine gehörige Zeit benötigt. Hundert Jahre? Yuki war schneller gewesen, aber in ihm ruhte auch Götterwissen und, wie allerdings in jedem Schutzherrn, der unbedingte Wille zur Freiheit. Er selbst hatte allerdings darauf verzichtet die Falle mit dem Kampf der Toten einzubauen - mit Tenseiga besaß Sesshoumaru das absolut sichere Mittel dagegen.

 

Der Hundedämon erkannte im Sprung unbewusst die nächste Falle und machte noch in der Luft einen Überschlag, ehe er schweben blieb. Inu Yasha besaß nicht seine Fähigkeiten und landete mit gewissem Fluch auf glühenden Kohlen, ehe er mit einem riskanten Satz auf einigen schwarze Felsen stand, die aus dem glühenden Gestein ragten. Immer noch heiß genug, aber erträglich.

„Danke!“ brüllte der Halbdämon zu niemand Bestimmten nach oben auf, aber er vermutete, dass der nicht so liebe Amalo schon wusste, wen er meinte.

Der Hundedämon landete neben ihm. Die Magie des Labyrinths machte es ihm schwer zu fliegen. Kraft sparen war wohl angesagt.

Jetzt erst sahen sich die Hundebrüder um, instinktiv Rücken an Rücken drehend, sich so gegenseitig deckend. Um sie herum war eine Feuerlandschaft. Glühendes Erdreich unter dunklem Himmel, oder was auch immer das hier im Spiegellabyrinth war.

„Toll. Amalo hält sich an Yuki. Erde und Feuer,“ erklärte Inu Yasha, der wirklich nicht die mindeste Ahnung hatte, wie man hier wegkommen sollte. „Oder siehst du hier irgendwo Spiegel?“

Leider, dachte der potentielle Schutzherr des Westens.

Der Jüngere kannte das wortlose Spiel inzwischen gut und blickte in die gleiche Richtung. Ja, da hinten blitzte etwas, das sicher zwei Spiegel waren. Nur leider auf der Spitze eines Berges und mit Sicherheit knapp am Ende ihrer Sichtweite. Wie sollte man denn dahin kommen? Selbst Sesshoumaru konnte hier nicht fliegen. So wiederholte er die Frage laut.

Wieso sollte man als großer Bruder eigentlich immer Ideen haben und Erklärungen ansagen? Der Hundedämon bedankte sich stumm bei seiner Mutter ihm wenigstens einen vollblütigen Bruder erspart zu haben, den er permanent um sich haben musste. „Die Schwerter sind hier ebenso nutzlos wie du gewöhnlich.“

„Oh ja, klar. Aber nützlich genug, um mitgeschleift zu werden, hm? Warte mal. Wenn ich mit Tessaiga eine Schneise schlage, oder eher doch du mit Bakusaiga ….“

„Stürzt der Berg über uns zusammen.“

„Äh, ja, wir sind ja unter der Erde. Aber es muss doch eine Lösung geben? Ich meine, Yuki und Ryujin sind ja hier auch weitergekommen.“

Ja, das schon, aber erklärte nicht, wie.

 

Amalo war amüsiert. Sie dachten tatsächlich nach. Das war ja immerhin ein Zeichen für Vernunft in doch so jungem Alter. Mal sehen, wann ihnen die Lösung aufging. Er betrachtete in Gedanken noch einmal seine Illusion. Perfekt. Selbst ihre langen, weißen Haare wehten in der Hitze.

Der uralte Schutzherr stutzte, als er über die Verbindung, die er mit den anderen beiden Schutzherren hatte, einen Ruf von Yuki bekam. Sie wussten, dass er die beiden Hundebrüder prüfte. So war der Ruf sicher nicht nutzlos.

Nur Sekunden später befand sich sein Geist in dem geheimnisvollen Ort, an dem sich ihre Seelen treffen konnten. „Nun?“

„Es gibt Ärger,“ erwiderte der Drachenkönig prompt. „Wirklich Ärger.“

„Nun, ich vermute, dass ihr mich kaum umsonst aus solch einer wichtigen Prüfung her zitiert. Yuki, mein werter Freund?“

Der Schutzherr des Nordens zuckte ein wenig resigniert die Schultern. „Fünf Schiffe mit jeder Menge Motten-Kriegern an Bord sind unter Führung eines gewissen Masamaru auf dem Weg vom Festland hierher. Wenn ich dir sage, dass Masamaru seit dem Verschwinden seines Vaters, des letzten Herrn des Hyouga-Clans, und seines älteren Bruder Menomaru den Clan anführt ...“

„Hyouga.“ Amalo nickte etwas. Das erklärte auch, warum Yuki als Herr des Schnees so gut informiert war. Zum einen kontrollierte er die Nordwinde, zum anderen hatte der eisige Clan gewisse Magien mit ihm gemeinsam. So sah er zu Ryujin. „Was kannst du machen, Herr der Wasser?“

„Wir haben bis zu deiner Ankunft bereits gesprochen,“ erwiderte der Drachenkönig. „Nordwind und Wasser können sie eine Weile aufhalten, aber nicht lange. Der Hyouga-Clan und vor allem dessen Anführer verfügen auch über ihre Fähigkeiten. Der Westen ist ohne Schutzherrn und die Regentin kann nicht auf die Magie des Landes zugreifen. Kannst du die Prüfung für Sesshoumaru nicht beenden?“

Der Herr des Südens bewegte seine Stielaugen ebenso wie seine Greiforgane zum Himmel. „Unmöglich, liebe Freunde. Es ist eine magische Prüfung. Beende ich sie, beende ich auch das Band zwischen mir und dem Spiegellabyrinth, das würde mich das Leben kosten, und nebenbei die Hundebrüder auch. Sie müssen allein durch finden. - Sie haben Kurs auf den Westen, wie einst Hyouga selbst.“

„Ja,“ antwortete Yuki. „Damals traf der Inu no Taishou die Entscheidung sich Hyouga zu stellen, noch vor der Küste. Es muss ein heftiger Kampf gewesen sein, aber er endete, dank Menomarus Hilfe, unentschieden, und zumindest die beiden Anführer gingen an Land. Erst in Kyushu wurde klar, was sie wollten. Der Inu no Taishou war ihnen ja in dein Gebiet gefolgt, da er dich nicht erreichen konnte … „ Das war für ihn als nur Vertreter des Schutzherrn ziemlich schwer gewesen. „Und er stellte fest, dass die Hyougas nur deshalb gekommen waren,d a sie einer großen Flotte Menschen folgten. Seelen der Menschen aus diesem Land und ihrem eigenen, die bei der Schlacht starben, sollten sie stärken.“

„Ich erinnere mich nur zu gut,“ gab Amalo zu. „Als ich endlich merkte, dass es nicht nur Menschen waren, und kam, war es ihm gelungen Hyouga samt Menomaru zu versiegeln. Eine geniale Idee, denn damit kann niemand auf die Macht des Clans zugreifen. Konnte, denn Maramaru kann dies sicher. Er übernimmt die Macht seines Vaters und damit die aller verstorbenen Clanführer und die seines Bruders. Dazu hat er ein Heer dabei.“

„Ja.“ Ryujin nickte. „Und wir sind nur zu dritt, die Magie des Westens … Ich kann Drachenkrieger schicken, Yuki Schneekrieger und – frauen, du deine Leute, aber das wird nicht ausreichen. Nicht gegen einen Hyouga in voller Stärke seiner Ahnen. Wir müssen als Schutzherren dorthin, denn ich teile deine Meinung, werter Amalo, dass das Ziel dieser Expedition das Grab Hyougas ist. Aber wir sind eben nur zu dritt.“

„In diesem Fall müssen wir hoffen, dass die Hundejungen bald den Weg aus dem Labyrinth finden, wir als vier Schutzherren agieren können, und nicht zuletzt Inu Yasha als dein Krieger, mein lieber Ryujin. Gut. Ich kehre zu der Prüfung zurück und sehe, was ich tun kann. Und ich werde darauf hinweisen, dass eure Krieger in den Süden kommen. Missverständnisse solcher Art unter uns sollten wahrlich nicht vorkommen.“

 
 

Warten auf die Zukunft


 

N

achdem Amalo verschwunden war, blickten sich die beiden verbliebenen Schutzherren an.

„Du hast vollkommen recht gehabt, Yuki, mein Freund,“ sagte der Drachenkönig langsam.

Der Gott des Nordens zuckte ein wenig die Schultern. „Ich wünschte, ich hätte es nicht.“

„Ohne dein Misstrauen gegenüber dem eisigen Clan drüben auf dem Festland wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass wir Sesshoumaru ein wenig, nun, nennen wir es herausfordern müssen. Und ohne den vierten Schutzherren können wir drei unsere Macht zwar addieren, aber erst zu viert auch multiplizieren. Das ist dir klar. Es ist nur bedauerlich, dass ich nicht schon ein Jahr früher auf diese Idee kam. Und auch, was den Jungen betrifft … aber, wie hätte ich auch ahnen sollen, dass er die Seele meines jüngeren Sohnes in seinem Schwert trägt.“

„Masamaru war schneller als unsere Prüfung. Nun gut, Ryujin, mein Teurer, alarmieren wir unsere Krieger. In fünf Schiffen können eine Menge Mottenkrieger existieren. Und hoffen wir, dass die Hundebrüder die Prüfung rasch bestehen. Wir benötigen Sesshoumaru als Herr des Westens um die Magie aller vier Länder aufrufen zu können. Gegen einen Hyouga sicher nicht unnütz.“

Leider, dachte der Drachenkönig, aber er verschwand wortlos. Es gab noch ein Problem. Weder Amalo noch Yuki hatten einen Nachfolger, einen Krieger. Yuki hatte zwar einen Sohn, aber der war noch viel zu klein um nützlich zu sein, und wurde nur von seiner Mutter, einer Schneefrau als Zeichen der Herrschaft und der Zukunft eingesetzt. Der Osten und der Westen waren allerdings darauf angewiesen. Und genau jetzt gab es nur einen Nachfolger für beide Länder – unmöglich. Das schwächte doch. Überdies steckte Inu Yasha in ebender magischen Prüfung fest, die auch sein Halbbruder durchstehen musste. Kurz, es ging darum, wer schneller war: Masamaru mit der Mottenarmee oder die Hundebrüder. Geradezu albern, dass einmal das Schicksal des gesamten Landes von zwei halbwüchsigen Hundedämonen, oder, korrekter, von einem Hundedämon und einem Halbdämon abhängen würde.

 

Amalo blickte, sobald sich sein Geist wieder mit seinem Körper vereinigt hatte, zu seinen Sorgenhunden. Beide hatten die Hand am Schwert. Oh nein, sie wollten doch nicht wirklich ….? Das würde bedeuten, dass sie nicht nur seine Illusion, sein Labyrinth der Spiegel, zerstören würden, sondern sich gleich selbst umbringen würden. Und, im Hinblick auf die äußere Gefahr, ganz Japan in wahrliche Probleme schicken würden. Hatte ihnen denn nie jemand gesagt, dass man nicht zu hart kämpfen sollte, sondern auch immer den Verstand dabei haben sollte – und auch das Herz? Es war so leicht jemanden zu töten. Aber man sollte immer auch überlegen, was man dafür geben würde. Der uralte Schutzherr seufzte. Der Taishou war damals eben viel zu früh verstorben. Und nun? Er konnte nur mehr abwarten.

 

Beide Halbbrüder hatten in einer fast gleichartigen Bewegung zu ihren Waffen gegriffen, da diese zu vibrieren schienen – Sesshoumaru allerdings zu Tenseiga, das sich bewegte. Was wollte das Schwert? Ah, Inu Yasha hatte ebenfalls die Hand an Tessaiga. Was war los? So blickte er direkt zu seinem Halbbruder.

Der verstand die stumme Frage durchaus, hatte aber ebenfalls keine Ahnung, auf was ihn seine Klinge, sein Kampfpartner seit Jahren, aufmerksam machen wollte. Er wusste nur,die Klinge irrte sich nicht. So zog er sie behutsam nur ein Stück heraus – und schob sie gleich wieder weg. Sie leuchtete rot – hier war ein Bannkreis. Na schön. Das gesamte Labyrinth war ja wohl ein Zauber. „Tessaiga meint, dass hier ein Bankreis ist. Ist ja aber wohl klar.“

Ja, das schon. Aber warum vibrierten denn ausgerechnet jetzt dann beide Klingen? Das hatten sie doch bei Yuki auch nicht getan? Was stimmte hier nicht? Sesshoumaru sah sich noch einmal um. Glühende Lava, soweit das Auge reichte. Die Hitze ließ Haare und Boa wehen und war nur zu deutlich zu spüren. Leider verhinderte diese eben auch genaueres wittern. Dort hinten, wo die beiden Spiegel so verlockend blitzten, musste es kühler sein. Er sah aus den Augenwinkeln, dass dieser törichteste der Söhne seines verehrten Vaters erneut Tessaiga zog und diesmal aktivierte. „Narr.“

„Warte doch mal ab,“ kommentierte Inu Yasha prompt. „Tessaiga und Tenseiga zittern und du weißt nur zu gut, was das heißt. Also ist hier irgendetwas anders als bei Yuki oder in Ryuku. Richtig? Ja, schon gut. Ich habe recht. Wenn hier aber was anders ist, müssen wir auch anders handeln.“

Das war zwar logisch, aber es widerstrebte doch dem Hundedämon sich das von jemandem sagen lassen zu müssen, den er stets als seine kleine Familienschande betrachtet und behandelt hatte. Allerdings war Sesshoumaru zu nüchtern um nicht darüber nachzudenken. Immerhin schwenkte dieser Narr nicht noch Tessaiga. Das könnte fatal werden. In jeder und aller Beziehung. So spürte er lieber den Magielinien des Südens nach. Zauber, Macht in unerhörtem Ausmaß um sie, ja. Tessaiga, nun gut, Inu Yasha, hatte recht. Hier lag ein Bannkreis. Und das war nicht nur der des Labyrinths. Das wiederum bedeutete nur eins. „Eine Illusion.“

„Ja, aber was? Siehst du etwa einen Weg?“ fragte der Jüngere prompt mit unbestimmter Hoffnung. Er hatte es nicht so mit Magie. Trotz aller seiner Vorbehalte gegen seinen Halbbruder war er nicht blind für dessen Fähigkeiten. Der hätte wahrscheinlich ein Buch mit 1001 Möglichkeiten jemanden in die Hölle zu schicken schreiben können.

„Es gibt keinen.“

„Äh, was?“

Gewöhnlich hätte es der potentielle Schutzherr des Westens genossen den Halbhund mit offenem Mund dastehen zu sehen. Aber leider mussten sie hier wohl gemeinsam durch. „Steck dein Schwert weg.“

Während Inu Yasha ungewohnt fügsam gehorchte, dämmerte es ihm. „Das Labyrinth ist echt, aber dieser Lavasee hier um uns ist falsch? Es gibt gar keinen?“

„Gehen wir.“

Nun ja, dachte der Halbdämon, während er wie mittlerweile gewohnt an die Seite seines Halbbruders sprang, der wollte sich die hochwohlgeborenen Pfoten ja wohl kaum versengen. Also würde der auch recht haben.

 

Amalo nickte ein wenig beifällig, als die Halbbrüder zunächst noch etwas behutsam, dann immer rascher in den nur scheinbaren Lavasee stiegen. Sie hatten seine doch perfekte Illusion durchschaut. Mal sehen, was sie in der nächsten Spiegelwelt finden würden. Sie waren nicht leichtsinnig und konnten anscheinend denken. Seines Erachtens wichtige Voraussetzungen für einen Schutzherrn und einen Krieger. Und sie hatten die Lösung rasch gefunden. Das war wichtig, wenn als nächstes diese lästigen Motten schon wieder vor seiner Haustür standen. Nur mit vier Schutzherren wurde die komplette Magie befreit und ihre Macht nicht nur addiert, sondern potenziert. In einem Kampf gegen einen Hyouga mit der Kraft und Fähigkeit all seiner Vorfahren wäre das nur gut. Dennoch würde auch Masamaru kaum zum Schwert greifen, diese Motten nutzten immer lieber Magie in jeder Hinsicht. Umso wichtiger war dies.

Amalo wusste, dass Yuki und Ryuku ihre Krieger nach Kyushu schickten, er hatte seine auch alarmiert, aber es waren zu wenige. Schutzherren besaßen weniger tatsächliche Macht als eben Zauber. Die Krieger gegen die Krieger, die Schutzherrn gegen Masamaru, in der Hoffnung, dass der noch nicht zum neuen Hyouga geworden war. Noch schien das nicht geschehen zu sein, denn solch eine Störung in den Linien des Südens hätte er gespürt. So wie vor einigen Jahren, allerdings war diese Unterbrechung nur kurz gewesen und alles hatte sich wieder beruhigt, so dass er nicht einmal nachsehen gegangen war. Er war ungern außerhalb seiner Höhle. Hier war die Luft doch deutlich feuchter als in der heutigen Außenwelt und seine Tracheen wurden nicht so belastet. Leider schien dieser unsägliche Masamaru darauf keine Rücksicht zu nehmen. Nein, noch schienen sowohl der Hyouga als auch sein Sohn Menomaru ordnungsgemäß unter dem Bann zu ruhen, den der verstorbene Inu no Taishou vor langen Jahren legte. Was leider auch für Masamaru nun die Möglichkeit bot, sich über Vater- und Brudermord an deren Fähigkeiten und Macht zu bringen. Kurz, auf diese Art nach Hyouga-Art sich die Macht all seiner männlichen Vorfahren einzuverleiben. Jeder Hyouga wurde schwerer zu besiegen, das war bekannt.

Mal sehen, zu was sich die beiden Hundebengel nun entschlossen. Nun, das sollte er nicht einmal mehr denken. Trotz ihres jugendlichen Alters waren sie Krieger und vor allem Schutzherr, wenn sie hier herauskamen und hatten damit seinen Respekt verdient. Überdies sollte er nicht vergessen, was da so alles in ihren Schwertern ruhte. Ganz bestimmt hatten sie noch nicht alle Fähigkeiten ihrer beiden Klingen der Weltherrschaft ausprobiert. Obwohl: sie waren eindeutig nicht an Macht interessiert, das hätte zumindest Sesshoumaru bereits vor Jahrzehnten haben können. Ah, sie hatten den Berg und gleich auch die Spiegel erreicht.

 

Während die Halbbrüder mit leichten, jedoch weiten, Sätzen über das schwarzen Gestein in Richtung auf die beiden rechteckigen Spiegel sprangen, blickte sich Inu Yasha noch einmal um. Die Ebene, über die sie gerade gegangen waren, schien wieder feurig und unbegehbar. Aber, sobald sie das Feld betreten hatten, war deutlich sandiger Boden unter den Füßen zu spüren gewesen, kühl und durchaus feucht, die Lava war zurück gewichen, natürlich nur scheinbar. Aber es war eine wirklich gute Illusion, so perfekt wie einst in diesem Mottenwald, wo er und Kagome, Miroku und Sango in die Falle getappt waren ohne es mitzubekommen. Dieser Alamo, nein, Amalo, schien wirklich was drauf zu haben. Und Motten waren sowieso lästig, er hatte noch keine nette getroffen. Der Gipfel war ja dieser Menomaru gewesen. Ohne Kagome hatte er da wirklich alt ausgesehen. Nun gut, mittlerweile verfügte er ja noch über ganz andere Techniken mit Tessaiga, nicht nur die Windnarbe und die Rückschlagwelle, da würde sich doch selbst dieser Kerl wundern. Na, egal. Sie standen jetzt nebeneinander vor den beiden Spiegeln. Sollte wieder er sagen, wohin? Aber wer wusste nur zu gut, wie dieser arrogante Hund darauf reagierte, wenn man dem vorgriff. Und so eine magische Welt wäre ziemlich ungeeignet, dass der ihn hier sitzen ließ. So blickte er fragend beiseite.

 

Sesshoumaru nahm diese stumme Anfrage durchaus wohlwollend zu Kenntnis. Tja, wohin jetzt? „Rechts,“ beschloss er, da das irgendwie eine logische Fortsetzung wäre. Es gab jedoch keinerlei Hinweis darauf, wie sie aus diesem Labyrinth wieder herauskommen konnten. Oder übersah er diesen Tipp nur? Und Inu Yasha auch? Immerhin hatte der ja, wenngleich mit Tessaigas Hilfe, bemerkt, dass die Lava nur eine Illusion war. Es war schon interessant, was dabei herauskam, wenn der Narr einmal sein Gehirn benutzte und sich nicht auf seine Begleitung verließ. Oder, Moment. Lernte der etwa so rasch dazu? Er selbst versuchte ja seit Beginn dieser unsäglichen Reise dem gegenüber das zu spielen, was man wohl als „großen Bruder“ bezeichnete. Natürlich nicht ganz ernst gemeint. Und doch schien das Halbblut sich zu verbessern. Das wiederum führte zu genau der Frage, die er sich ebenso seit Reiseanfang stellte: was hatte Myouga denn da gemacht? Nichts? Hatte es dieser Flohgeist gewagt gegen Vaters Willen zu verstoßen? Gleich. ER sollte vorangehen, wie es Vater einst stets getan hatte. Der Stärkste voran in eine Gefahr. So machte er den Satz in den rechten Spiegel, nicht überrascht, dass Inu Yasha hinter ihm war.

 

„Keh!“ war der Kommentar des Halbdämonen, als er erkannte, wo sie diesmal gelandet waren. Es handelte sich um einen runden Raum, dem nicht unähnlich, in dem sie anfangs gewesen waren, ebenso wie der kippende Gang: kahle Wände, alles rundherum Stein. Aber keine Höhle, eben. Zumindest keine natürliche. Auch hier war wieder alles in diesem ungewissen, seltsamen Licht gebadet, das von allen Seiten aus dem Stein zu dringen schien. Eigentlich war alles übersichtlich. Bis auf die Tatsache, dass sich hinten eine Art Spalt befand. Offenbar handelte es sich um den weiteren Weg, den sie gehen sollten. Er wollte bereits drauf zu, als ihm auffiel, wie still es an seiner Seite war. Sesshoumaru schien zu Stein erstarrt. So blickte er seitwärts. „Ist was los?“

Mit gewissem inneren Seufzen erkannte der Angesprochene, dass er wohl wieder als großer Bruder agieren musste. „Eine Falle?“ gab er zurück.

Oh. Alarmiert suchte jetzt auch Inu Yasha den Raum ab, sicher, dass er selbst magische Fallen nicht erkennen würde, aber doch sozusagen normale. Die Platten und der Boden schienen fest miteinander verbunden, soweit so gut. Aber Sesshoumaru hatte bestimmt recht und hier war etwas. Auch, wenn es ihm widerstrebte zuzugeben, dass der arrogante Fast-Schutzherr mal recht haben sollte. „Magie? - Mensch, ich meine, Hundedämon, guck mal – da hinten in dem Spalt sind ja schon wieder zwei Spiegel.“ Er sollte wirklich aufpassen, was er zu wem sagte, erkannte er schuldbewusst, da er durchaus gesehen hatte, wie die Klaue seines Halbbruders zum Schwert gezuckt hatte, leider zu Bakusaiga.

Ja, dachte dieser: da waren zwei Spiegel, praktisch in Sichtweite. Es war kaum anzunehmen, dass der Weg dorthin ohne eine Falle war. Nur, wo steckte die? Und handelte es sich um die wahren Spiegel? Gleich. Er, sie, mussten hier durch. So machte Sesshoumaru einen behutsamen Schritt voran, nicht darüber überrascht, dass der Halbhund sofort an seiner Seite war, eher darüber, dass der nicht blindwütig zu den Spiegeln rannte.

Inu Yasha war doch lebenserfahren genug um mit einem weiteren Hindernis zu rechnen. Zur Vorsorge hatte er auch die Hand an Tessaiga. Gleich ob Bannkreis oder Monster, das Schwert würde ihm immer helfen. So machte er auch nur einen Schritt in die Grotte, wenn sein Halbbruder dies tat, beide deutlich behutsam vorangehend.

 

Als sie eine Bewegung hinter sich spürten, fuhren beide herum, instinktiv abwehrbereit.

„Mist,“ murmelte der Halbdämon, als er erkannte, dass die Öffnung, durch die sie eben noch herein gekommen waren, nun von Gitterstäben verbarrikadiert wurde. „Naja, ein Zurück gibt es hier ja wohl auch nicht,“ erkannte er dann.

Oh, da fing jemand das Denken an. Das war wirklich bemerkenswert und bewies wiederum Myougas Unfähigkeit. Sesshoumaru wandte sich wieder seinem Ziel zu, nur, um zu erkennen, dass nicht nur ein Gitter hinter ihnen erschienen war, sondern auch um sie herum langsam aber sicher sehr spitze Dornen aus Metall aus dem Boden wuchsen. Sie sollten sich wohl beeilen. Er machte erneut einen Schritt. Prompt wuchsen die Dornen wiederum eine Handbreit empor. Na schön. Schnelligkeit half vermutlich kaum, wenn jeder Schritt zählte. Also musste man wohl über die Dornen in den Spalt springen, wo sich die Spiegel befanden? Leider gab es ein Problem – es war eben ein Spalt, schmal und kaum für zwei Personen gleichzeitig geeignet.

Inu Yasha war eben zu dem gleichen Ergebnis gekommen und befahl, ohne nachzudenken: „Na los, spring!“

Der große Bruder war so verdutzt, dass er gehorchte, ehe er noch in der Luft realisierte, dass ihm gerade ein Kommando erteilt worden war. Ihm! Das hatte außer seinen Eltern noch NIE jemand gewagt. Außerdem war der Narr doch schwächer als er, würde kürzer springen …. Ohne weiter nachzudenken landete der Fast-Schutzherr vor den beiden Spiegeln und fuhr herum, die Rechte bereits ausgestreckt.. Wie er es erwartet hatte, war Inu Yasha praktisch nur Sekundenbruchteile nach ihm abgesprungen, hatte ihm aber, nutzlos, wie der eben war, einen Vorsprung lassen wollen und war kurz gesprungen. Kürzer als er selbst, jedenfalls. Die Dornen schossen aus dem Boden förmlich zur Decke empor.

Der Halbdämon spürte es förmlich unter sich. Da konnte er als Schaschlik enden und so griff er instinktiv nach vorn, um sich irgendwie noch in dem Spalt einhalten zu könne, sich weg ziehen zu können. Zu seiner Verwirrung nahm er einen festen Griff um sein Handgelenk wahr, den scharfen Ruck, als er nach vorn in den Spalt gezogen wurde, auf sicheren Grund, ehe die helfende Hand abrupt zurückgezogen wurde. „Äh, danke, großer Bruder,“ war sicher die Antwort, die Kagome verlangt hätte. Und sie wusste ihm wirklich oft guten Rat, seit sie zurück gekommen war.

Was hatte dieser Narr von Halbdämon gerade verlauten lassen? Aber Sesshoumaru beschloss nichts dazu zu sagen oder zu tun. Das hätte ja nur bewiesen, dass er absolut hirnlos reagiert hatte und den Jüngeren zu sich gezogen hatte. Warum nur? Wirkten in diesem Labyrinth noch andere Kräfte? Bedrängte Amalos Magie etwa seinen Verstand? Nein, er hatte doch mitbekommen, dass die Dornen nur im Sprung zu überwinden waren, ganz so arg konnte es nicht sein. Aber er sollte darauf aufpassen. ER war schließlich ein Dämon der überragenden Art, Zuchtergebnis aus Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden. Da würde er doch nicht gegenüber so einem Mischling klein beigeben. Inu Yasha war ein Hybrid aus dem, zugegeben, edelsten Blut der Hundedämonen und einem Wesen der niederen Art. Das schwächere Blut zog das stärkere herunter, so war es doch. Auch, wenn zugegeben der Halbhund ab und an richtig lag und, wie schon einige Male festgestellt, der Liebling der Glücksgöttin war. Natürlich stand dieser … hm, nun ja, Inu Yasha, schon wieder neben ihm und musterte die Spiegel. Eigentlich wäre jetzt links an der Reihe. Sollte er ihn fragen oder …. nein, das wäre zu, zu, zu …

„Schön, nach links, oder?“ erkundigte sich der Halbdämon nur, dem auffiel, dass der Ältere irgendwie angespannt war.

Nach links, ja, so hatte er es vorgeschlagen. Noch während Sesshoumaru in den linken Spiegel sprang, wurde er sich bewusst, wie ähnlich sich ihre Entscheidungen im Laufe dieser Reise oder überhaupt geworden waren.

 

Als sich die Halbbrüder umblickten, befanden sie sich erneut in einer dieser seltsam erleuchteten Höhlen. Diesmal war es wieder ein Gang, an dessen Ende in einer Kammer zwei Spiegel standen.

„Es wird langweilig, Amalo,“ sagte der Halbdämon ein wenig zu laut.

Der fast sichere Schutzherr des Westens murmelte tatsächlich etwas, das einem Keh verdächtig ähnlich klang, ehe er feststellte: „Die Falle.“

„Oh, welche diesmal?“ Inu Yasha gab zu, dass er danach gar nicht gesucht hatte.

Tja, wenn er das wüsste. Warum eigentlich musste man als der ältere Bruder auch immer gleich Lösungen präsentieren? Noch viel schlimmer, wie wäre es so als Heerführer? Hatte Vater da auch immer Ideen und Entscheidungen parat haben müssen? Was für ein … Nein, das dachte man nicht einmal als Dämonenfürst und Schutzherr. „Gehen wir.“ Ein Versuch musste her.

 

Amalo war immer noch amüsiert. Diese beiden Jungs waren so unerwartet. Ja, sie waren nicht immer einer Meinung, aber es war offenkundig, dass sie sich gegenseitig schätzten. Allerdings würde ihnen das nicht viel helfen. Im Labyrinth der Spiegel hatte sich auch schon Ryujin für immerhin fast hundert Jahre und ganz andere verirrt. Man entkam ihm nur, wenn man die geistige Lösung fand. Und davon schienen die Zwei noch weit entfernt. Obwohl, dachte der alte Schutzherr, er widersprach sich selbst. Unerwartet und keinen Plan haben waren zwei unterschiedliche Dinge. Nun, er würde es sehen. Denn in diesem Rätsel waren die Hundejungen so nahe an der Lösung wie sonst kaum in einer Aufgabe.

 
 

Spieglein an der Wand


 

D

ie neue Falle entdeckten die zwei Halbbrüder prompt, als sie wenige Schritte in den Gang gemacht hatten, das verlockende Ziel der zwei Spiegel so nahe vor sich. Ohne, dass selbst Sesshoumaru etwas bemerkt hätte, schwand die Illusion des nur scheinbar festen Bodens und sie steckten bis zur Hüfte in einem Morast, dessen Geruch für ihre Nasen mehr als beleidigend war. Überdies war er zähflüssig und es entpuppte sich als sehr mühsam auch nur zwei Schritte darin zu machen. Geschweige denn davon, dass ihre Schwerter ebenfalls in dem Sumpf steckten.

„Kannst du wenigstens heraus springen? Fliegen?“ erkundigte sich Inu Yasha, bemüht nach Tessaigas Griff zu suchen, damit die Klinge ihm nicht noch verloren ging. Wer wusste schon, was dieser komische Schutzherr des Südens ausgeheckt hatte.

Sesshoumaru warf ihm einen Blick zu, der einen langsamen Tod versprach. Wenn er das könnte, hätte er das doch schon längst getan. Was glaubte dieser Narr eigentlich? Dass es ihm Spaß machte, dass sich Kleidung und Boa vollsogen, an ihn klatschten? Seine Schwerter so verschmutzt wurden?

Der Jüngere erkannte, dass die Anfrage nicht sonderlich gut aufgenommen worden war. „Schon gut,“ murmelte er und machte den nächsten Schritt. Das stank und fühlte sich auch kaum besser an. Dieser Amalo war wirklich ein, äh, naja, ein Scherzkeks, zumindest. Die zwei Spiegel …. am liebsten hätte er sie einfach zertrümmert, aber das würde vermutlich bloß bedeuten, dass sie beide hier in alle Ewigkeit in diesem magischen Irrgarten herum tapsen mussten. Auch keine Option. Aber es musste doch einen Ausgang geben, immerhin hatten es Yuki und Ryujin auch geschafft.

Denke nach, Inu Yasha, beschwor er sich. Es musste eine Lösung geben, allerdings eine, die gut versteckt war, sonst hätte das der liebe, große Bruder doch schon längst bemerkt. Also, denke nicht wie ein Schutzherr, nicht wie ein Dämon, denke wie ein Mensch. Yuki war ein Gott, Ryujin ein Drache. Vielleicht war eben das die Sache?

Der nächste Schritt wurde noch zäher und denken war noch nie seine Stärke gewesen. Womöglich war es eben die Lösung die Spiegel zu zerschlagen?

 

Sesshoumaru starrte mit gewissem Ingrimm nach vorn und musterte mit zusammen gezogenen Augen die beiden Spiegel, in denen sich eindeutig erneut magische Portale drehten. Sollte das hier denn ewig so weitergehen? Am liebsten hätte er ja dreinschlagen, aber das wäre unter der Erde und in einem magischen Irrgarten reiner Selbstmord. Überdies würde er sich blamieren. Yuki und Ryujin hatten es doch auch vermocht hier wieder heraus zu kommen. Und Amalo spielte bestimmt fair. Also, wo lag der Haken, die Strategie, die Logik, die er einfach nicht finden konnte? Es gab immer nur zwei Spiegel, zwei Alternativen. Eine musste man wählen. War die bisherige Taktik immer rechts und links abzuwechseln falsch? Musste man stets nur rechts oder nur links gehen? Aber, woher sollte man das wissen? Reines Raten? Oder war eben genau das die Prüfung, auch für einen Schutzherrn, der ja doch über Krieger verfügte: Militärstrategie? Aber was hatten zwei Spiegel mit Kämpfen zu tun? Der nächste Schritt. Der Morast schmatzte förmlich um ihn, seine schöne Boa sog sich langsam immer voller, das spürte er am Gewicht, wenn schon nicht durch die Rüstung. Inu Yasha, das verriet ihm ein Seitenblick, hielt Tessaiga in dem Sumpf fest, zog jedoch nicht. Immerhin was. Nun ja, es war wohl vernünftig sich der Waffe zu vergewissern, wenn man als Halbblut darauf angewiesen war. Nicht nur, dachte er und senkte die Klaue. Womöglich wurden hier soeben die Klingen für die nächste Prüfung unbrauchbar gemacht? Bakusaiga stammte aus ihm selbst und er würde spüren, wenn sich etwas an diesem Schwert veränderte – und den Vorlaut Tenseigas kannte er ebenso. Irgendetwas lief hier falsch. Nur, was?

 

Inu Yasha spürte an seinen bloßen Füßen unter sich noch immer den weichen Boden wie zuvor, aber auch ein seltsames Prickeln. Er erstarrte in der Bewegung und blickte nach links. Hatte das etwa der vornehme Herr Hundedämon nicht mitbekommen? Oder gar nur ihm verschwiegen? Nein, der starrte auf die Spiegel so nahe vor ihnen und wirkte nicht sonderlich glücklich, um das mal so zu formulieren. Überdies besaß der vermutlich keinerlei Erfahrung mit so etwas. „He, Sesshoumaru?“ Unwillkürlich flüsterte er, obwohl das sinnlos war.

Der Fast-Schutzherr des Westens blieb tatsächlich stehen, wie stets der Meinung, dass der Halbhund alles tun würde – aber sich nicht willentlich vor ihm blamieren. So wandte er den Kopf.

Erfreut darüber so berücksichtigt zu werden erklärte der Halbdämon: „Dieser Sumpf … er fängt an uns zu verdauen. Das fühlte sich so im Magen dieses Eremiten an.“

Nein, beschloss der hochrangige Hundedämon aus gutem Haus. Er würde definitiv auch jetzt nicht nachfragen, wie man in solche Lagen geraten konnte. Es gab allerdings keinen Grund an dieser Aussage zu zweifeln. „Weiter.“

Ja, was anderes blieb ihnen nicht übrig, dachte Inu Yasha. Aber sie sollten sich beeilen, gleich, wie viel Kraft dieser Morast ihnen abverlangen würde. Allerdings sollten sie sich wirklich tummeln. Irgendwie schienen seine Füßen zu brennen, als ob sie auf dieser dämlichen Treppe, die ihnen Yuki so glühend serviert hatte, empor mussten.

 

In dem geheimnisvollen Raum in dem sich die Seelen der Schutzherren treffen konnten, kamen Yuki und Ryujin zusammen.

„Meine Männer sind auf dem Weg,“ erklärte der Drachenkönig. „Allerdings muss ich sagen, dass die Wellenmagie gegen die Flotte kaum mehr reichen wird.“

„So der Wind. Auch meine Männer sind unterwegs. - Oh, Amalo. Ist Sesshoumaru durch die Prüfung?“

„Dann wäre er hier,“ erwiderte Ryujin prompt und sah zu dem ältesten der Schutzherren. „Wie sieht es aus?“

Der Gliederfüßler aus längst vergangen Zeiten reckte Stielaugen und Greifarme. „Sie merken, dass etwas nicht stimmt. Aber sie haben die Lösung noch nicht gefunden. Allerdings, lieber Ryujin, verstehe ich nun nur zu gut, was du an diesem Halbmenschen findest. Er ist wahrlich nicht dumm, zäh und sehr hilfsbereit. Nun, wir müssen diesbezüglich abwarten. Ich habe auch meine Krieger entsandt. Und, auch ohne die Hundebrüder werden wir dorthin müssen. Der erste Invasionsversuch der Menschen in meinem Territorium endete nach nur eintägigen Kämpfen in der Bucht von Hakata, nahe Dazaifu.“

„Die Schlacht von Bu´nei,“ bestätigte Yuki. „So wird sie heute noch genannt. Und ich möchte nicht wissen, wie viel Unheil ein Hyouga hier hätte anrichten können. Wir sind dem Inu no Taishou damals sehr zu Dank verpflichtetet gewesen. Und es ist wohl gut, wenn seine Söhne eingreifen könnten. Wie lange dauert deine Prüfung noch?“ Mit einem raschen Seitenblick auf seinen Nachbarn, der ja immerhin hundert Jahre benötigt hatte: „Ich meine, sie sind zu zweit. Ändert das etwas?“

„Nicht viel,“ gab Amalo zu, den giftigen Blick des Drachenkönigs ignorierend. „Sie sind nahe am Erfolg, aber nahe heißt eben nicht, dass es schon gewonnen ist. Unsere Krieger erwarten die Motten. Geht beide hin, meine alten Freunde. Zwei Schutzherren sind schon einmal gut. Ich werde erscheinen, sobald die Hundejungen meine Prüfung bestanden haben, dann mit Sesshoumaru, oder allein, wenn es nötig ist.“

„Bringe, wenn sie die Prüfung bestanden haben, auch meinen Krieger mit,“ forderte Ryujin. „Ich habe ihn nicht ohne Grund ausersehen.“

„Gut. Wir treffen uns hier. Oder in Hakata.“ Amalo verschwamm und verschwand.

Die Schutzherren des Nordens und des Ostens wechselten einen Blick.

„Jahrhunderte, Jahrtausende. Und er ist immer so ...“ seufzte Yuki.

Dem Drachenkönig entkam ein Grinsen in seinen beiden Gesichtern. „Haben wir uns je verändert, Yuki? Jeder ist, was er ist. Gehen wir und beobachten die Sache.“

Die Seelen verschwanden.

 

Irgendetwas stimmte nicht, da waren sich die Halbbrüder unausgesprochen einig. Und zwar mit diesen Spiegeln. Irgendwo dort steckte die Lösung. Gefühlsmäßig hätte jeder am Liebsten einfach sein Schwert gezogen und diese vernichtet, aber das waren immerhin die Ausgänge. Es musste eine andere Lösung geben. So machten sie zäh und beharrlich Schritt um Schritt durch den sich immer beißender anfühlenden Morast auf die Kammer und die beiden Spiegel zu, beide bemüht nicht zu erkennen zu geben, dass es anstrengend war, geschweige denn, welche Gedanken sie hegten. Amalo würde sich so oder so schon über sie amüsieren. Unnötig, die Peinlichkeit lauter werden zu lassen.

 

Dennoch waren sie froh, als der letzte Schritt sie wieder auf den festen Boden der Kammer führte – und jeder unwillkürlich doch erfreut, dass der Halbbruder, der Partner, einen raschen Blick zu dem jeweils anderen warf. Als sie sich umwandten war der Sumpf verschwunden und nur die scheinbar so harmlosen Fliesen waren zu erkennen.

„Keh!“ machte Inu Yasha leise, ehe er zu den Spiegeln blickte.

Sesshoumaru tat das Gleiche. Irgendwo dort war die Lösung verborgen, da war er sich sicher. Nur, wo. Hm. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass sich die Flüssigkeit, oder was auch immer das war, in den Bildern nicht nur drehte, sondern im rechten Spiegel rechts herum, im linken linksherum. „Sie sind gegengleich.“ Er hatte zwar keine Ahnung, wie das ihnen hier weiter helfen sollte, aber dieser, nun gut, wozu es beschönigen, sein Halbbruder, hatte schon des Öfteren ein glückliches Händchen bewiesen.

 

Sind sie was? Inu Yasha hätte es fast gefragt, ehe ein weiterer Blick ihm die Erleuchtung brachte. Ja, diese Dinger drehten sich jeweils andersherum. Und das schien etwas zu bedeuten, nun ja, Sesshoumaru meinte das wohl. Nur, was?

Denke wie ein Mensch, dachte er. Das war anders, als Amalo es von Dämon, Drache Gott erwartete. Das war rechts und das war links. Moment. Kagomes Mathebuch, was er einst gelesen hatte. Minus und Minus ergibt plus. Schön, aber das war hier wohl nichts. Oder doch? Irgendwie musste das die Lösung sein. Nur, welche? Einen Spiegel kaputt zu machen um durch den anderen zu gelangen? Und, wenn das falsch wäre? Oder auch nur der falsche Spiegel? Gemeinsam mit einem nicht zu Unrecht dann wütenden Hundedämon ewig durch dieses Labyrinth zu irren wäre auch nicht so toll. Warum noch einmal genau hatte er sich breit schlagen lassen ….? Egal. Eine Idee musste her. Erst einmal sollte er Zeit gewinnen, um nicht schon wieder wie der Trottel vom Dienst dazustehen. „Keine strategische Lektion, die einem da weiter helfen kann?“

 

Der schaffte es noch, dass er ihn hier und jetzt umbrachte! Sesshoumaru presste seine Kiefer zusammen, dass die Zähne knirschten. Es würde absolut nichts helfen, aber ihn für einige Sekunden befriedigen.

 

Oh, oh, dachte der Jüngere. Ja, klar, dämmerte es ihm dann. Wenn der Herr Schutzherr eine Idee gehabt hätte, hätte er auch schon einen Befehl erteilt. Der Typ würde sich nie ändern. Oder, vielleicht schon, wenn der mal heiraten würde. Dann würde dem seine Arroganz sicher schnell vergehen. Kagomes Mathebuch, ja. Was hatte da nur gestanden? Minus plus minus ergibt plus? Minus mal minus ergibt plus? Warum bekam er diesen Satz nicht aus dem Kopf. Es ging hier doch um zwei Spiegel und einen Ausweg und … Gegengleich. Ohne weiter nachzudenken fasste er den Rahmen des rechten Spiegels und drehte den etwas.

Der große Bruder erstarrte. Wenn sich dieser Narr hier an der Einrichtung vergriff mochte alles mögliche geschehen, inklusive der Tatsache, dass der Schutzherr des Südens aufgebracht wäre, dass sie seine Prüfung missachteten. Andererseits: hatte er sich nicht schon so einige Male gedacht, dass dieser Halbhund der Liebling der Glücksgöttin wäre? Er sollte jetzt nicht eingreifen, nicht einmal, wenn der Narr jetzt den zweiten Spiegel packte und drehte, so dass die zwei Portale sich gegenüberstanden.

 

Die Wirkung dieses neuen Arrangements überraschte alle zwei Hundebrüder. Sowohl aus dem rechten als auch aus dem linken Spiegel wuchs die nur scheinbare Flüssigkeit und bildete eine blaue, sich noch immer drehende Verbindung, ehe sie hell aufleuchtete – und wieder verschwand.

„Äh,“ mache Inu Yasha unwillkürlich, ehe er sah, dass sich zwischen den zwei Spiegeln ein neues Portal zu bilden begann, wie alle anderen rund, scheinbar aus Wasser. Aber es drehte sich nicht. „Das ist der Ausgang?“

Ja, dachte Sesshoumaru. Das musste der Ausgang und damit die Lösung sein. Es war vollkommen überflüssig in die Spiegel zu springen, sich zu entscheiden. Wichtig war, dass man eine andere Lösung fand, als die, die vorgegeben schien. Er hatte also recht gehabt. Inu Yasha war definitiv mit einem glücklichen Händchen begabt. Man sollte es kaum glauben, aber immerhin lebte der Kerl noch. „Gehen wir.“ Er sprang in das neu entstandene Portal, sicher, dass sein Halbbruder ihm folgen würde.

 

Die Halbbrüder landeten in Dunkelheit und Feuchte. Instinktiv griffen sie zu ihren Schwertern, während sie sich umsahen und die Helligkeit rechts von sich erkannten. Sie befanden sich eindeutig in einer Höhle, die sich dort vorne zu einer deutlich größeren weitete. Dort war mehr Wasser – und etwas, das sie nicht identifizieren konnten, jedoch wohl ein Lebewesen war. Es gehörte nicht viel dazu zu erkennen, dass es sich wohl um Amalo handeln musste. So gingen sie ohne ein Wort dorthin.

 

Der Schutzherr des Südens erwartete ein wenig neugierig bereits seine Prüflinge. Sie waren deutlich schneller als einst der Drachenkönig darauf gekommen, dass es auch immer einen dritten Weg geben musste. Ob das das Erbe des verstorbenen Vaters war? Sie waren Krieger, das hatte ihm der erste Griff zu den Waffen verraten, aber sie zeigten auch Rücksicht, schätzten sich offenkundig – ja, doch, sie würden gute Schutzherren abgeben. Er bemerkte durchaus, dass sie wussten, dass er hier lag, nicht weiter verwunderlich bei Hundedämonen, auch, wenn der Jüngere ja halb ein Mensch war. Aber, das schien den nicht zu stören. Viel interessanter war, dass keiner der Zwei auch nur zuckte oder in der Bewegung erstarrte, als er ihn entdeckte. Sie wirkten ganz so, als hätten sie Wesen seiner Art schon gesehen – was natürlich unmöglich war. Er war der einzige noch Lebende seit undenklich langen Zeiten. So blieb eher anzunehmen, dass es ihnen vollkommen gleichgültig war, wie jemand aussah. Was natürlich auch Rückschlüsse auf eine gewisse Lebenserfahrung zuließ. Faszinierend, auch die Tatsache dass keiner von ihnen in die Versuchung kam in seinem Angesicht zum Schwert zu greifen. Sie wussten, dass es nutzlos wäre.

Kein unnützer Kampf, Vorsicht und Lust auf neue Wege. Ja. Schutzherren.

„Ich grüße dich, Sesshoumaru, Schutzherr des Westens, und ich grüße dich, Inu Yasha, Krieger des Ostens.“

 

Beide Hundebrüder betrachteten die seltsame Gestalt mehr neugierig als erschreckt. Diese Stielaugen mit Facettenaugen, diese Greiforgane, die Tatsache, dass der Hinterleib im Wasser hing, das Ganze gehüllt in orangefarbenen, warmen, Leuchten – er war seltsam, ja, aber er war Schutzherr und, viel wichtiger, er hatte sie höflich begrüßt, wollte ihnen nichts.

Inu Yasha hätte gern etwas gesagt, aber, naja, da gab es wohl diese Richtlinie von Schutzherr zu Schutzherr. So sah er nur fragend beiseite.

Der lernte wirklich und tatsächlich Höflichkeit? Aber Sesshoumaru äußerte nur: „Ich grüße dich, Schutzherr des Südens.“

Amalo reckte sich ein wenig. „Leider haben wir wenig Zeit. Es gibt wirklich Ärger. Motten vom Festland sind hierher unterwegs. Yuki und Ryujin werden sie aufhalten, so lange es geht. Gebt mir eure Geister und Seelen, dann bringe ich euch in den Raum, in dem sich nur die Schutzherren treffen dürfen.“

„Ach ja, und ich?“ entkam es dem Halbdämon prompt, ehe er anhand der kaum misszuverstehenden Blicke der anderen beiden in der Höhle den Patzer bemerkte. „Ja, in Ordnung, ich mache schon mit.“

Ach, Kind, dachte Amalo nachsichtig, ehe er seine magischen Fähigkeiten einsetzte.

 

So fanden sich alle vier Schutzherren samt Inu Yasha in dem seltsamen Raum wieder. Da es keinen des Quartetts zu berühren schien, im Nichts in der Schwärze zu schweben, bemühte sich auch der Halbdämon um Fassung und hielt sich neben seinem Halbbruder, wobei er keine Ahnung hatte wie er das schaffte.

Yuki übernahm die Einführung. „Ich freue mich euch zu sehen.- Motten vom Festland sind unter Führung Masamarus auf dem Weg hierher. Er will seinen Vater genauer, die Seelen, die dieser in sich trug, wiederbeleben um selbst der neue Hyouga zu werden. Euer Vater hatte Hyouga einst samt seinem Sohn Menomaru versiegelt.“

„Sekunde,“ unterbrach Inu Yasha. „Menomaru? Den kenne ich doch.“ Da ihn gleich vier Schutzherren irritiert anguckten: „Äh, ja, also, ich habe mal gegen den gekämpft.“

„Da du lebst, mein Junge,“ sagte Ryujin langsam: „Hast du ihn getötet? Und sein Vater?“

Immerhin war das ja wohl ein Lob, oder? Dazu mein Junge von einem der Schutzherren? „Das war eine irre Geschichte. Er hatte Kagome, also, meine Frau, entführt, um mich herauszufordern. Ich kämpfte gegen ihn, aber ich gebe zu, der war eine harte Nuss. Und dann irgendwie verwandelte er sich. Er sagte da, ja, genau, er habe jetzt die Macht seines Vaters.“

Schweigen.

Dann meinte Amalo: „Du hast gegen Menomaru gekämpft und der nahm sich die Macht eines Hyouga von seinem Vater?“

„Ja, sag ich doch. Der wurde riesengroß und pflanzte so einen Baum mit dem er Seelen sammeln wollte … äh, war das nicht richtig?“ Sie sahen ihn also so komisch an.

Inu Yasha, seufzte der große Bruder in Gedanken, der mittlerweile über die Magielinien die anderen drei verstehen konnte. Interessant, aber hoffentlich nur hier in diesem Raum möglich.

„Nun, nicht falsch, würde ich sagen.“ Der Gott des Nordens bewies Nachsicht. „Noch einmal. Du hast gegen Menomaru gekämpft. Wieso war der wach?“

„Ja, keine Ahnung. Irgendwie hatte er wohl einen Splitter des Juwels der vier Seelen abbekommen.“ Aber der Halbdämon bemerkte nur zu gut, das etwas nicht stimmte. „Und er wollte unbedingt Seelen einsammeln.“

„Er konnte die Macht seines Vaters wecken? - Als du ihn besiegt hast, was hast du mit ihm gemacht?“

„Äh, das war so gut wie nichts mehr ….also, wir haben die Reste begraben, und Miroku, das ist ein buddhistischer Mönch, hat ein Siegel darüber gelegt.“

Die Schutzherren blickten sich an, ehe Ryujin meinte: „Das erklärt natürlich, warum Masamaru nun glaubt er könne den Bann über seinem Vater lösen. Es gibt nur eine Strategie, wie wir Japan schützen können.“

„Wir lassen so viele Motten wie möglich sterben?“ erkundigte sich Yuki etwas zynisch aus jahrhundertelanger Erfahrung.

„Ja,“ gab der Drachenkönig ungerührt zu Protokoll.

„Im Angriff nie die Defensive vergessen, meine Freunde,“ meinte Amalo. „Mein Vorschlag wäre: unsere Krieger halten die Motten auf, wenn sie das Land betreten. Inzwischen gehen wir vier auf einen Hügel und bilden gemeinsam das Netz aus Licht, das es ihnen verbietet weiter in das Land zu dringen. Allerdings benötigen wir selbst zu viert dazu Zeit. Inu Yasha, als Krieger des Ostens werden dir die Drachen folgen, ich werde meine Leute anweisen dir ebenso zu gehorchen. Verschaffe uns diese Zeit.“

Der Halbdämon blickte seitwärts. Was sollte das? Er als Heerführer? Brillante Idee, nun ja, die blödsinnigste, die er je hörte.

Sesshoumaru meinte nur: „Tu es.“ Er konnte spüren, dass die anderen Drei mehr als beunruhigt waren. Nun ja, sie kannten diesen kleinen, sturen, Bruder nicht. Der würde ihnen alle Zeit verschaffen, die sie für diesen mächtigen Bannkreis benötigen würden, von dem selbst er nur Sagen gehört hatte.

 
 

Willkommen in Japan, Masamaru


 

I

nu Yasha kam es wie ein wirbelnder Flug im Nichts vor, ehe er realisierte, dass er wieder in seinem eigenen Körper stand, der sich auf einer Anhöhe befand. Im Hintergrund glitzerte das Meer. Fünf Schiffe lagen dort – und deren Inhalt, lauter Mottenkrieger, kämpfte auf der kaum bewaldeten Fläche vor, unter, ihm gegen Drachen und Schneefrauen, dazu anscheinend Schneefüchse und allerlei Wesen, die er spinnenartig empfand. Da er spürte, dass er nicht allein war, drehte er den Kopf. Sesshoumaru und die anderen drei Schutzherren waren neben ihn getreten und musterten die Ebene.

„Das Netz aus Licht,“ wiederholte Yuki. „Wir werden es von hier erschaffen. - Der große Krieger, den unseren Leute fürchten, Inu Yasha, ist gewiss Masamaru.“

„Er sieht seinem Bruder recht ähnlich,“ murmelte der Halbdämon. „Das gleiche miese Betragen hatte der auch. Na schön, ich soll mich ja um den kümmern. Muss ich noch etwas beachten?“ Er sah zu seinem Halbbruder.

Sesshoumaru erlaubte es sich eine Augenbraue hochzuziehen. „Ansprachen an das Heer waren in unserer Familie nie üblich.“

„Äh, das meinte ich nicht. Was ist, wenn ich die Kontrolle verliere? Du weißt schon?“

Hunderte von Mottenkriegern, ein Typ, der sich jeden Moment in den gewaltigen Hyouga verwandeln konnte, wenn der das Grab seines Vaters fand – und dieser, dieser ... nun ja, sein Bruder, machte sich Sorgen, was geschehen würde, würde er sich seinerseits verwandeln? Er hatte ihn schon so gesehen, aber die Chance war inzwischen doch recht gering. „Ich hole dich zurück.“ Es war wichtig, dass der Halbdämon beruhigt wurde, zumal die Anderen schon angedeutet hatten, dass sie für die Schutzmagie doch einige Zeit brauchen würden. Dieses Netz aus der Zauberkunst der vier Länder würde verhindern, dass die Motten weiter als bis zu dieser Halbinsel vordringen würden, alle Wesen in Japan schützen. Es war die stärkste Waffe, die den Schutzherren zur Verfügung stand. „Überdies: sobald das Netz fertig ist, werde ich zu dir kommen.“

Bevor einer der Schutzherren etwas einwenden konnte oder auch nur ihre konsternierten Blicke beherrschten, erwiderte Inu Yasha unbesorgt:

„Du bringst es einfach nicht über dich mir einmal den ganzen Spaß allein zu lassen. - Also, die Krieger hören auf mich?“ Da die so angesprochenen Drei nickten: „Gut. Bis später.“

„Bilden wir den Kreis,“ sagte Amalo schlicht.

Während sich das Quartett nach den vier Himmelsrichtungen orientierte, meinte der Drachenkönig: „Was wollte Inu Yasha mit seiner Verwandlung andeuten?“

„Wenn er in zu große Lebensgefahr kommt, hat er sich früher in ein Wesen verwandelt, dass alles und jeden töten wollte.“ Sesshoumaru konnte von seinem westlichen Standpunkt aus zusehen, wie der Halbdämon auf die kämpfenden Krieger zu spurtete und Tessaiga zog. „Inzwischen hat er sich unter Kontrolle. Meist.“ Er suchte in sich die Linien seines Landes, konnte spüren, wie es auch die anderen drei Schutzherren taten. Die Magie aller vier Himmelsrichtungen musste vereint werden und daraus ein Netz aus Zauberei gewoben werden, das sich wie ein unsichtbarer Käfig über die gesamten japanischen Inseln ausbreiten würde. Hyouga hin oder her, gegen die vereinte Magie eines so mächtigen Dämons, des Drachenkönigs, eines Gottes und dem, was auch immer Amalo war, kam niemand an. Sie würden nur Zeit benötigen. Und Inu Yasha würde sie ihnen verschaffen.

 

Der heranrasende Halbdämon hatte in dem Gewirr der Schlacht jemanden gesehen, den er kannte: „He, Hiro!“ Er blieb stehen, nicht sicher, ob der Drachenkrieger ihn in dem Geschrei und Getöse aus Waffen, Verletzten und Sterbenden gehört hatte. Es war eine Schlacht unter Dämonen und anderen magischen Wesen, da wurde weder Pardon gegeben noch erwartet.

Aber Hiro wehrte den Mottenkrieger nur noch ab, ehe er sich aus dem Getümmel rückwärts wandte. Er hatte die Information seines Königs bereits erhalten, dass der Krieger des Ostens sich ihnen anschließen würde. Natürlich benötigte dieser Informationen. „Inu Yasha-sama.“

„Äh, ja, was ist hier los? Ich meine, außer dem Offensichtlichen?“ Nicht, dass er sich noch blamierte, wenn er hier schon den Feldherrn spielen sollte. Davon hatte er schließlich herzlich wenig Ahnung – davon wiederum recht viel. Er musste sich wie Sango benehmen, war ihm eingefallen, die einzige seiner Bekannten, wenn man mal von Sesshoumaru absah, die militärische Ausbildung erhalten hatte.

„In den Schiffen waren hunderte der Motten. Sie kämpfen mit Schwertern und ihre Flügel verbreiten giftigen Staub, der sowohl Drachen als auch den Kriegern aus dem Norden schwer zusetzt. Die Leute aus dem Süden kommen damit besser klar. - Das dort ist Masamaru, niemand von uns kann ihm standhalten.“

„Hat er auch diesen Feuerstrahl aus dem Mund?“ erkundigte sich der Halbdämon hastig, denn der deutlich größere Mottenprinz hatte bemerkt, dass etwas im Gange war und prüfte seinerseits die Lage. „Und so eine Art festen Bannkreis um sich?“

„Ja, Inu Yasha-sama.“ Hiro war nicht überrascht. Ein guter Feldherr, oder in diesem Fall Krieger des Ostens, kannte eben seinen Gegner.

„Gut. Yuki und Amalo haben mir gesagt, dass ich auch ihre Krieger führen soll. Mist. Der Kerl ist nicht doof. Er sucht mich schon. - Schnell, Hiro, sag den Anderen, ihr haltet mir diese Motten vom Leib. Um Masamaru kümmere ich mich. Der bekommt gleich einen persönlichen Tritt von mir in seinen Allerwertesten, dass er zurück aufs Festland fliegt.“ Den doch etwas ungläubigen Blick des besten Kriegers der Drachen ignorierend, rannte der Halbdämon etwas abseits, wo er den Mottenprinzen aus der Menge ragen sah.

„He, Masamaru, liegt Dummheit eigentlich bei euch in der Familie? Gibt´s noch ein paar mehr von euch Lebensmüden?“ brüllte er förmlich, sich Tessaiga über die Schulter legend.

Mit dem unverzüglichen Erfolg, dass sich der Mottenprinz vor ihm aufbaute. „Und wer will das wissen, Kleiner?“

Unbewaffnet, also Feuerstrahl und anscheinend auch diesen dämlichen, privaten Bannkreis. Na, das konnte lustig werden. „Ich bin Inu Yasha. Du siehst dem idiotischen Menomaru ziemlich ähnlich. Brüder, ja? Waren eure Eltern Geschwister?“

„Du hast ihn gesehen und lebst noch?“ Masamaru hob die Augenbrauen, die einzige Reaktion.

„Korrektur. Ich habe ihn gesehen und er ist tot. Passiert.“

„Darum also hörte ich nichts mehr von ihm? Und mein Vater?“ Ein Hauch Interesse lag in der kühlen Stimme.

„Den hat schon mein Vater umgelegt. Ehrlich, ihr seit eine komplett lästige Familie. Man sollte annehmen das Festland wäre groß genug, aber nein, ständig pöbelt ihr uns hier an.“ Er nahm Tessaiga von der Schulter, da er mitbekam, dass seine Anordnung tatsächlich weitergegeben und befolgt wurde. Die Krieger kämpften zwar weiterhin gegen die Motten, hielten aber nun die Reihen so geschlossen, dass sie niemanden zu ihm durchließen. Mal auch nett, den Rücken so frei zu haben.

„Kleiner, du bist ja nicht einmal ein richtiger Dämon. Da ist etwas zutiefst menschliches um dich. Ein halber Dämon, da ist jemand wohl tief gesunken. Ich dagegen bin ein Dämonenfürst aus ältestem und edelstem Haus.“

„Ja, ich habe schon mal davon gehört. Allerdings auch davon, dass Inzucht verblödet.“

 

„Warum redet Inu Yasha soviel mit ihm?“ murmelte Yuki, ohne sich aus der immer tiefer werdenden Versenkung, die die vier Schutzherren in Gedanken und Macht verband, zu lösen.

„Amalo sagte, er solle uns Zeit verschaffen,“ gab Ryujin prompt an. „Und ich denke, er weiß, dass er einen direkten Kampf mit Masamaru nicht lange durchhalten kann.“

Sesshoumaru hätte fast die Schultern gezuckt. „Wenn Inu Yasha in einem Kampf schweigt, ist er tot.“

Die übrigen Drei glaubten dem großen Bruder.

 

Inu Yasha hielt die Hände fest um den Griff seines Schwertes. All zulange würde dieser überdimensionierte Schmetterling nicht mehr mit dem Angriff warten. Da gab es dann Gift, Feuerattacken und zu allem Überfluss diesen Schutzschild, der bei genauem Hinsehen leicht rosa leuchtete, um diesen gesamten Idioten rum. Ganz der große Bruder, dieser Typ. Aber das war egal. Menomaru hatte er geschafft, zwar mit Kagomes Hilfe – und die war gegen diesen Splitter des Juwels echt viel wert gewesen - aber die brauchte er hier auch nicht. Zum Einen hatte Masamaru ja wohl kein Juwel mehr, nicht einmal einen Splitter, zum Anderen besaß er inzwischen diverse andere Attacken mit Tessaiga, über die er damals noch nicht verfügt hatte. Dieser Motterich würde sich noch wundern. Er würde, musste, gewinnen, für die Schutzherren, die dort hinten ihre Magie aufbauten und Zeit benötigten, um ganz Japan zu schützen, für Kagome und seine Freunde, für alle Menschen. Er hatte ja gesehen, was passierte, als sie von Menomaru in Gedanken kontrolliert wurde. Die Vorstellung, dass sich alle im Land gegenseitig umbrachten, nur, damit der Typ vor ihm ihre Seelen bekam und sich verstärkte, widerte ihn an. Nun gut, mal antesten, was der so drauf hatte. „Windnarbe!“

Der fast unsichtbare Schutzschirm um Masamaru leuchtete auf, als die Energie des Angriffs daran verpuffte.

„Oh, komm schon, war das alles?“ Der Mottenprinz lächelte spöttisch und schien nur die Schultern zu zucken, aber feiner Staub rieselte plötzlich auf den Halbdämon.

Giftpuder! Noch ehe sich Inu Yasha bewusst daran erinnerte, dass er es mit so etwas schon zu tun gehabt hatte, hatte er den Atem angehalten und war in die Luft gesprungen, so hoch er es eben vermochte. Erst oberhalb des sich rasch senkenden Staubs wagte er zu atmen.

Er landete in etwas größerer Distanz, nur, um zu erkennen, dass Masamaru bereits seinen Mund geöffnet hatte. Ein scharfer Feuerstoß raste auf ihn zu, noch ehe er Tessaiga in Abwehrposition bringen konnte. Nur sein Feuerrattenhaar- Anzug schützte ihn davor, dass der Kampf hier und jetzt ein rasches Ende fand. Dennoch wurde er rücklings alles andere als sanft auf den Grasboden geschleudert. Er konnte ein Aufstöhnen nicht unterdrücken, als er jedoch abrollte und wieder stand.

 

Masamaru lächelte. „Und du hast meinen Bruder getötet, sagtest du? Hat der geschlafen?“

„Er war aufgewacht. Ach ja, und er erklärte mir, dass er jetzt Hyouga sei. Schon mal was davon gehört?“ Nein, er würde Sesshoumaru nicht enttäuschen, er würden diesem Quartett da oben jede Zeit geben, die sie benötigten. Und er würde beweisen, dass der Drachenkönig zu Recht auf ihn als Krieger setzte. Dass er auch als halber Dämon etwas wert war. Allen würde er es beweisen. Er musste jetzt nur rasch nachdenken.

Die Windnarbe prallte nur auf diesen Schutzschirm, wie schon bei Menomaru, und Kagome konnte den jetzt und hier nicht öffnen. Die Diamantklingen würden vermutlich ebenso scheitern. Die Rückschlagwelle würde zwar gegen einen Angriff mit dämonischer Energie helfen, aber erstens half sie nichts gegen den Feuerangriff, den diese Motten anscheinend ebenso gut wie Drachen beherrschten, andererseits – da war eben dieser Schutzschirm, der vielleicht sogar das abhalten konnte? Egal. Sollte ihn dieser Komiker doch für geistig beschränkt halten. „Windnarbe!“ Er musste nur Zeit gewinnen und …

Er prallte erneut hart auf, als er den nächsten Feuerstoß abbekam, diesmal direkt garniert mit Mottengift. Das würde ihn langsamer machen. Durch die noch harmlosen Verletzungen konnte er spüren, wie das einschläfernde Gift in seinen Körper drang.

„Oh, schon müde, Halbdämon?“

Er sprang wieder auf. „Keh! Ich mache mich gerade ein bisschen warm.“ Er bemerkte, dass sich seine Klinge ohne sein Zutun verwandelte. Das geschuppte Tessaiga? Aber, wo steckte nur die Energiequelle dieses Typen? Sicher, der war stark, aber die beschädigen und damit den schwächen, das war doch sicher drin? Nur, wo steckte die, verflixt nochmal? Wie konnte der die so gut verbergen? Bei Menomaru hatte er sie nicht finden können, klar, da hatte er das geschuppte Tessaiga ja nicht besessen. „Mensch, ich meine, Drache, Isamu. Wo hat der seine Energie?“ flüsterte er, um lauter fortzufahren: „Du hast nicht einmal ein Schwert. Wie wäre es mal mit einem guten, echten Kampf, statt immer so halb herum zu machen?“

„Oh, das genügt.“ Masamaru schien noch immer mehr erheitert als alarmiert.

„Etwas stimmt nicht,“ gab eine Stimme in Inu Yasha zu. „Mehr kann ich nicht tun.“

„Ja, schon klar.“ Der Schamane hatte ihm ja gesagt, dass er mit ihm nur nahe am Drachenstein reden konnte. Hier waren sie im Vergleich zum Schloss auf dem Boden des Meeres buchstäblich am anderen Ende Japans. Nur, was stimmte hier nicht? Hatte der Mottentyp etwa keine dämonische Energie? Unwahrscheinlich, Das war ein Dämon. Der musste welche haben und diese Quelle. Nur, wo steckte die? Unter dem Schutz? Vorsicht! Er sah sich zu einem gewaltigen Satz zurück gezwungen, da erneut ein Feuerstoß mit giftigen Zutaten auf ihn zuraste.

Verdammt. Wo verbarg diese Riesenmotte ihre Energiequelle? Oder, genauer, erkannte er dann, warum war der angeblich so mächtige Kerl so bestrebt die zu verbergen?

 

„Etwas geschieht,“ murmelte Ryujin, bemüht, seine Magie und die des Ostens in die immer höher wachsende und leuchtende Säule zu lenken, die sich im Mittelpunkt der vier Schutzherren entwickelte.

„Ja,“ gab Amalo zu, dessen Gebiet das hier war und der hier jeden Fußbreit seit Ewigkeiten kannte. „Wir sollten uns beeilen. Die Energie Masamarus wächst, aber ich weiß nicht warum. Inu Yasha kämpft noch.“

„Ja,“ erwiderte Sesshoumaru, dem diese angedeutete Frage galt, sicher, dass er es gespürt hätte, würde Tessaiga seinen Herrn verlieren. Aber es war ein ungleiches Duell, ein Hyouga und ein Halbdämon. Gleich. Er musste Inu Yasha vertrauen und sich hier auf etwas konzentrieren, das er nur einmal in seinem Leben von einem alten Lehrer erzählt bekommen hatte – und wahrlich alle seine Gedanken und Magie beanspruchte. Eines war ihm allerdings klar – passierte seinem Bruder etwas, würde sich Masamaru wünschen, dass er nie geboren wäre. Schön, es handelte sich um seinen kleinen, törichten, schwachen Halbblutbruder – aber eben um SEINEN, und niemand hatte das Recht den zu töten als er allein.

 

Inu Yasha hatte begriffen, noch ehe er in die Versuchung kam mit dem Pfad der Dunkelheit den ultimativen Angriff seines Schwertes auszuprobieren. Wenn es keine Energiequelle gab, die er mit dem geschuppten Tessaiga angreifen konnte, so war sie nur verborgen. Und das hieß, sie war da, da kein Dämon ohne sie existieren konnte, aber Masamaru versteckte sie. Nur, warum? Der konnte doch unmöglich etwas von der Drachenklinge wissen und dass sie in seiner Hand war?

Er wehrte den nächsten Angriff mit der Rückschlagwelle ab, ohne sich davon zu viel zu versprechen, während er gleichzeitig versuchte nachzudenken. Es war schon dumm, wenn ihm hier keiner Tipps zurufen konnte, wie er es früher doch von Kagome oder Sango oder Miroku gehört hatte, oder sie eingriffen, wie bei dem Kampf gegen diesen Menomaru alias Hyouga. Ja, das war hier gewesen und …

Verdammt!

Er begriff.

Während dieser Mottendämon eher halbherzig gegen ihn kämpfte, hatte der seine eigentliche Macht, seine Energie losgeschickt, um die Überreste seiner Verwandtschaft und damit die Macht aller Hyougas vor ihm zu suchen. Der wusste anscheinend genau, wo die waren. Genauer, deren Überreste, aber davon, also, wie wenig da übrig war, hatte der Gute allerdings wohl keine Ahnung.

Diesmal bewusst sprang er zurück und aktivierte das geschuppte Tessaiga, ehe er die Spitze auf den Boden stellte. „Netter Trick, Masamaru,“ gab er zu. „Aber sehen wir mal, was du dagegen machen willst.“

Der Mottenprinz lächelte ein wenig, zeigte aber durchaus eine gewisse Unruhe, die sich in einem aufleuchtenden Bannkreis ausdrückte – er verstärkte ihn.

„Idiot,“ kommentierte Inu Yasha, ehe er die Magie des Drachenschamanen in die Erde schickte, auf der Suche nach der dort verborgenen und ihrerseits suchenden Lebensenergie des Dämons vor ihm.

Zum Bedauern des Halbdämonen war sein Gegner kein Narr und begriff, dass es um die Quelle seines Lebens ging. Hastig zog Masamaru diese zu sich zurück, in den Bannkreis. „Nun gut, also muss ich erst dich Flohträger loswerden, ehe ich meinen Vater suche.“

Der hatte ihn als Flohträger bezeichnet, ein Schimpfwort für Hundedämonen. Inu Yasha wäre fast gerührt gewesen, kommentierte jedoch nur: „Viel Spaß. Ich habe deinen Bruder nämlich ziemlich zerlegt. Keine Ahnung, ob davon noch was übrig ist.“ Mist. An diese Energiequelle war im Bannkreis kaum heranzukommen. Also half wohl wirklich nur der Pfad der Dunkelheit. Oder hatte diese Riesenmotte auch dafür eine Antwort? Eher nicht, das hatte noch niemand gefunden. Und dieser Festlanddämon plante doch schon wieder etwas? Die Fühler richteten sich auf, die Hände bewegten sich … Was kam jetzt?

„Deine Krieger werden gleich sterben,“ verkündete Masamaru sachlich. „Denn jetzt verbinde ich mich mit den meinen. Und ich bezweifle, dass ein Halbmensch über diese Fähigkeit verfügt.“

Die Krieger der drei Schutzherren! Allerdings hatte Inu Yasha in vergangenen Zeiten zu viele Kämpfe erlebt, bei denen Gegner Kagome oder andere Leute bedroht hatten. So hütete er sich den Kopf zu wenden. Leider musste er das auch nicht, denn er konnte die Seelen und deren Kräfte förmlich spüren, die der Mottendämon zu seinen Leuten schickte. Das wurde eng. Aber, wenn er den Pfad der Dunkelheit nicht einsetzte, würden Hiro und all die anderen nicht nur einen schweren Stand haben, das wäre …

Was war das denn?

Trotz aller guten Vorsätze sprang der Halbdämon zumindest beiseite und versuchte aus den Augenwinkeln zu erkennen, was dort auf dem Hügel geschah. Eine leuchtende Säule schien vom Boden bis zum Himmel zu ragen, ehe sie zu zerfallen schien. Ein strahlendes Netz aus Licht bildete sich und fiel herunter, breitete sich rasch aus, lief die Küste entlang, nur die Halbinsel, auf der sie kämpften aussparend. Das musste das Netz aus Magie sein, das Japan beschützte und durch das keiner durchkam. Oh. Da bedeutete natürlich auch, dass Sesshoumaru nicht wie versprochen herkommen konnte. Nun gut. Seit wann hatte er denn seinen großen Bruder um Hilfe gerufen? So weit käme es noch gegen so einen Flattermann. Er musste sich beeilen, denn, wenn er sich so an Menomaru erinnerte, waren auch all dessen Gefolgsleute mit dem verschwunden. Nun ja, das warne nicht gerade viele gewesen und hier handelte es sich um Hunderte. Ein rascher Blick zeigte, dass sein Rücken nicht mehr freigehalten werden konnte. Zumindest die Leute aus dem Norden kamen mit dem Mottengift absolut nicht zu Rande. Wenn diese Schmetterlinge durchbrachen war abzusehen, auf wen sie sich stürzen würden. Und …

Was machte Masamaru denn jetzt schon wieder?

 
 

Des Krieges HUnde entfesseln


 

W

as der Mottenprinz vorhatte sollte Inu Yasha ziemlich schnell klar werden. Keine fünfzig Schritte von ihm entfernt schien ein Baum aus der Erde zu wachsen – und dessen Energie war auch für den Halbdämon spürbar auf die Schlacht hinter ihm ausgerichtet. Verflixt noch mal. Dieser dämliche Schmetterling holte sich die Energie jeder einzelnen Person, die dort hinter ihm starb! Das konnte er nicht zulassen.

Andererseits: wenn er den Kerl jetzt mit dem Pfad der Dunkelheit in die Unterwelt schickte – was geschah dann mit all den Leuten, die der schon absorbiert hatte? Lief das dann so wie mit So´unga, dass sie auf ewig drin bleiben mussten? Das war auch nicht gerade so witzig. Was also sollte er jetzt machen? Den Leuten der Schutzherren helfen? Sich um diesen verrückten Schmetterling kümmern und den ins Jenseits schicken? Irgendwie wohl alles, aber … Ja. Was jetzt?

 

„Ein Seelenbaum,“ kommentierte Amalo sachlich.

Sesshoumaru sah ihn an, sich durchaus bewusst, was das bedeutete. „Ruft diese Amateure zurück. Ich kümmere mich darum.“

„Ich fürchte das geht nicht, lieber Freund,“ erwiderte Yuki höflich, trotz der Tatsache, dass seine Leute eben als Amateure bezeichnet worden waren. „Das Netz aus Licht hindert auch uns daran hindurch zu gehen. Es wurde von den Magien aller vier Länder geschaffen und kann auch nur von diesen vieren gemeinsam kurzfristig aufgehoben werden. Du kannst nicht hindurch. Ich denke, das muss Inu Yasha allein regeln. Auch, wenn ich durchaus deine Haltung als älterer Bruder verstehen kann.“

Ja, dachten drei der Schutzherren mehr als einig. Warum auch immer diese Hexe des Westens der Meinung war, dass die beiden Halbbrüder sich umbringen wollten – nichts deutete darauf hin. Entweder hatte da dieser Naraku das Blaue vom Himmel geschwindelt - oder der und auch die Hexe hatten sich von gewöhnlichen Geschwisterkabbeleien zu der Annahme verführen lassen die Hundebrüder seien verfeindet.

Das gesamte Quartett aus Dämon, Drache, Gott und Amalo fuhr allerdings förmlich herum als sich hinter ihnen ein Portal öffnete. Zu ihrer gewissen Erleichterung, die keiner jedoch zeigte, tauchten die vier Hexen der Himmelsrichtungen auf – ungerufen.

„Welche Überraschung.“ Amalo ließ seine Zähne hörbar zusammenfallen. „Was treibt euch her?“

Die Hexenschwestern verneigten sich lieber, ehe die Hexe des Westens sich als eben diese vorstellte. „Sesshoumaru-sama ...“

Der so Angesprochene musterte sie nur.

Ach du je. Der neue Herr war sicher nicht so umgänglich wie der Gott des Nordens, dachte sie, erklärte aber lieber eilig ihr Herkommen. „Wir erhielten Anweisung von der Herrin der Unterwelt.“

„Ah,“ machte Ryujin verstehend. „Natürlich. Die Hexen der vier Winde – sie können für Sesshoumaru das Portal durch das Netz öffnen.“

„Allerdings recht kurz,“ gab Yuki zu. „Aber ich denke, werter Freund, dass du schnell bist.“

Als Schutzherr wurde man also permanent überwacht? Das war jedenfalls die einzige, für Sesshoumaru logische, Schlussfolgerung wenn sich die Herrin der Unterwelt persönlich bemühte. Nun gut. Es war wichtiger diesen Mottenprinzen umzubringen und dessen Gefolge gleich dazu. Inu Yasha schien mal wieder zu zaudern. Was hatte der denn im Kopf?

 

Die vier Schutzherren wichen etwas zurück und die vier Hexen der Winde traten vor, ohne auf das fast demonstrative Lächeln Amalos zu achten. Das war nichts, was man sehen musste. So konzentrierten sie sich nur auf das Netz aus Licht vor sich und versuchten die Lücke zu finden, aus eben dem Zauber, der es geschaffen hatte. Man widersprach der Herrin der Unterwelt nicht, zumal, wenn man tot war und sie jeden Grund hatte auf einen wütend zu sein. Was auch immer das hier werden sollte. Keine der Schwestern wusste es, aber … nun ja. Ein kleiner Fehler in der Vergangenheit bot nur zu gut Ursache für gewisse Strafen.

Das Netz schien an einer Stelle zu verschwimmen, aber noch ehe die Hexen oder Schutzherren das wirklich wahrnehmen konnten, war der Hundedämon bereits hindurch gesprungen.

„Er ist schnell,“ kommentierte Yuki. „Aber, werter Amalo, was erheitert dich dermaßen? Mich persönlich wundert, dass die mächtige Herrin der Unterwelt die Hexen schickt, ja, uns überwacht. Hyougas sind eine Bedrohung für Japan, ja. Aber?“

Da der Gliederfüßler aus uralten Zeiten bemerkte, dass nicht nur seine zwei ebenbürtigen Partner, sondern auch die Hexen ihn neugierig ansahen, ließ er seine Greifarme etwas sinken. „Oh, bitte, meine Freunde, ich dachte ihr wüsstet es inzwischen. Diese Hexenschwestern haben So´unga aus der Unterwelt entführt, nicht unbedingt zum Amüsement dessen Besitzerin.“ Die Schwestern zuckten zusammen. Ungerührt fuhr er fort. „Dann gab es einen Hundedämon, der das Schwert an sich nehmen und es beherrschen konnte. Ebenso sein Sohn. Dieser, der verstorbene Inu no Taishou, ging allerdings einen Schritt weiter. Er wollte So´unga dorthin zurück senden wohin es gehörte. Und er wollte seinen Nachwuchs schützen. So ging er zu einem Schmied, der mit ihm befreundet war. Ich bin mir nicht sicher, ob der Taishou wusste, was Toutousai für Kontakte hatte, aber er wusste jedenfalls, dass der ein genialer Schmied war. Und er wollte ein Schwert, das So´unga im Zaum halten kann. Es wurden zwei, denn das erste der Schwerter, die Toutousai schmiedete, bot schon den Pfad der Dunkelheit. Den direkten Weg in das Jenseits. Da der Taishou zwei Söhne hatte, wollte er jedoch auch, dass sie nie gegeneinander kämpfen konnten. So entstand auch noch Tessaiga. - Ich sehe, ihr versteht noch immer nicht. Toutousai ein Dämonenschmied, genial wie nur selten einer. Wisst ihr nicht mehr bei wem er lernte? Es gibt da Amatsumara, den Gott der Schmiede. Ja, Yuki, genau. Der Sohn unserer hochverehrten Omikami Amaterasu. Und ich bin überzeugt, dass der bei dieser Anfrage seines Schülers nicht nur seine Mutter, sondern auch seine Großmutter um Rat fragte. Die Herrin der Unterwelt wusste sicher, wie man ihr Schwert zurück schicken kann. Diese beiden Hundejungen tragen – außer dem Höllenschwert, natürlich – die beiden Schwerter der Weltherrschaft. Sie wissen es nicht oder wollen es nicht einmal wissen. Und das ist nur gut so. Ebenso wie niemand Schutzherr werden soll, der an Macht interessiert ist, nicht wahr? Keiner von uns wollte diese Ehre. - Hexe, was sagte die Herrin noch?“

Die so angesprochene Hexe des Südens zuckte zusammen und verneigte sich eilig. „Sie, äh sie erwähnte noch, als wir schon gingen, dass Ihr das unzweifelhafte Vergnügen hättet die Hundebrüder kämpfen zu sehen.“

„Das könnte in der Tat ein Vergnügen werden,“ meinte der Drachenkönig, der nach alter Kriegermanier durchaus die Außenwelt im Auge behalten hatte. Und der momentan froh war, dass sowohl seine eigenen Krieger als auch die der anderen zwei Gebiete dem Befehl sich zurück zu ziehen unverzüglich gehorcht hatten, sobald das in einer Schlacht möglich war. Denn der neue Herr der westlichen Gebiete zog bereits im Vorspringen seine Klinge und schlug zu, mit allem Ärger der vergangenen Wochen.

 

Bläulich aufleuchtend raste helle Energie auf die Mottenkrieger zu, die einen Moment brauchten um sich neu zu orientieren – für viele eine Sekunde zu lange.

„Nicht von schlechten Eltern würde ich sagen,“ kommentierte Yuki, ohne zu erkennen zu geben, dass auch er froh um den prompten Gehorsam seiner Leute war. Allerdings, was sollte das jetzt werden?

 

Inu Yasha hatte den Angriff aus seinem Rücken erkannt und war froh darum, dass sich Sesshoumaru nun um die Rettung der Krieger der Schutzherren kümmerte. Allerdings – da war dieser Seelenbaum und überdies hatte dieser dämliche Masamaru doch auch schon Seelen zu seinen Kriegern geschickt. Das sollte der ach so tolle Hundedämon wissen, ehe er hier wahllos alles umbrachte was sich bewegte. Gekonnt hätte der das, da war sich der jüngere Bruder sicher. Nun ja, alles, bis auf ihn. So ignorierte er den Mottenprinzen und machte drei, vier, gewaltige Sätze hinüber. „Auch schon da? - Das ist ein Seelenbaum.“

„Ich weiß.“

Instinktiv drehten sich die Halbbrüder Rücken an Rücken, da die überlebenden Gegner sie umzingelten.

„Fein. Hast du auch mitbekommen, dass dieser komische Masamaru Seelen, die er schon hatte, in sich oder in dem Baum, hier in die Krieger schickte?“

Das war tatsächlich einmal eine neue Information. Aber kein Grund, den ach so tollen Krieger des Ostens dafür zu loben. In einem Kampf gehorchte man Befehlen. „Du sollst dich um Masamaru kümmern.“ Mit gewissem Nachdruck jagte der Hundedämon eine Angriffswelle los.

„Ach ja? Danke, dir auch.“ Inu Yasha ließ eine Windnarbe frei, ehe er sich tatsächlich davon machte. Das hier konnte kritisch werden, denn die anderen drei Schutzherren verharrten ja noch hinter dem schützenden Netz, warum auch immer sie das nicht durchdringen konnten. Konnten das etwa nur Dämonen? Dann war das natürlich ein fataler Webfehler. Schließlich waren diese Motten das ja auch. Kein Wunder, dass er sich um diesen Komiker kümmern sollte. Na, egal. Vielleicht sollte er doch mal antesten, was Masamaru mit seinem Panzer so drauf hatte. Die Diamantsplitter des alten Hosenki wären doch gut geeignet. Noch im Sprung ließ er Tessaiga seine Fähigkeit erneut wechseln, zumal der Mottenprinz anscheinend sich an dem Seelenbaum zu schaffen machte.

 

Oha. Der Halbdämon war fast begeistert, als er mit seinen feinen Ohren doch etwas wie ein Knacken zu hören glaubte. Hatte das etwa doch den Panzer beschädigt? So war nichts zu sehen, der rosa Schimmer lag auch noch immer um diesen Schmetterling, aber da war ein Knacken gewesen und eine Reaktion. Jetzt wandte sich ihm Masamaru auch direkt zu. Er HATTE irgendeine Wirkung hervor gebracht. Also, noch einmal die Diamantsplitter. Noch einmal mit Gefühl ...

 

Gut, dachte Sesshoumaru. Immerhin hatte es dieser Narr von Inu Yasha geschafft, dass sich der Schmetterlingsprinz mit ihm beschäftigen musste. Er selbst hatte hier nur noch ein paar lebensmüde Mottenkrieger und ….Tenseiga? Warum schlug das fast hektisch an seine Hüfte? Natürlich. Seelen.

Er sprang zurück.

Es brachte nichts die Krieger umzubringen – sie würden mit den durch Masamaru gestohlenen und ihnen übergebenen Seelen immer weiter leben. Also war tatsächlich Tenseiga das Schwert der Wahl. Er entsann sich nur zu gut dieses Pantherkönigs … Es war bloß ein Handgriff seine beiden Schwerter zu wechseln.

Seelen, also? Es war nur ein kurzes, amüsiertes Zucken um seinen Mundwinkel, ehe er seine Klinge hob.

 

„Was machen die da?“ Yuki hatte durchaus erfreut die Wiedervereinigung der Halbbrüder gesehen, war jedoch nicht ganz damit einverstanden, dass sie sich nach kurzem Wortwechseln wieder getrennt hatten. Schön, anscheinend hatten sie die Arbeitsteilung besprochen. „Und wieso wechselt Sesshoumaru sein Schwert? Ich dachte, das sei sein eigenes. Oh, Tenseiga.“

„Tenseiga und Tessaiga sind jetzt auf dem Plan, ja.“ Amalo verriet tatsächlich gewisse Neugier. „Das könnte amüsant werden. Für uns, da hatte die Herrin recht.“

 

Inu Yasha hatte sich unterdessen gezwungen gesehen einem neuen Feuerstrahl aus dem Mund des Mottenprinzen nur zum Teil ausweichen zu können. Mit einem gewissen Stöhnen sprang er auf. „Du hast echt keine Ahnung, wann du verloren hast, hm? Ganz Papa und großer Bruder. Was mich übrigens zu dem Thema bringt: weißt du eigentlich was MEIN großer Bruder eben macht?“

Masamaru konnte es nur zu gut spüren. Die Seelen, die er aus Verstorbenen über den Seelenbaum gesammelt hatte, zugegeben, nicht viele, denn es ging nur um die in dieser Schlacht Gestorbenen, aber auch diejenigen, die er seinen Leuten aus sich selbst zur Verfügung gestellt hatte, verschwammen. Genauer, sie gingen ins Jenseits. Das schwächte seine Männer ungemein – und letztendlich auch ihn. Dennoch beging er nicht den Fehler den Kopf zu wenden. Es wäre doch geradezu lächerlich würde sein Traum zu Hyouga zu werden an zwei hergelaufenen Kötern scheitern! Woher dieser andere auch immer die Fähigkeit besaß Seelen zu befreien.

„Keh,“ machte Inu Yasha. „Nicht mehr ganz so mit dem Mund vorneweg, will mir scheinen. Na, dann guck mal.“ Erneut schlug er mit dem diamantenen Tessaiga zu, allerdings nicht auf den Mottenprinzen und dessen Panzerung, sondern auf den Seelenbaum. Er hatte einfach gerechnet. Der hatte wohl kaum mehr Seelen gefangen, sollte also zu knacken sein. Und war der weg, so konnte dieser Schmetterling auch nicht so leicht welche einsammeln. Tatsächlich knirschte und knarzte der magische Baum, als ihn die Diamantsplitter trafen, und schien fast zu schwanken.

Masamaru spürte einen gewissen Schmerz, da er mit diesem, seinem, Seelenbaum verbunden war. „Das reicht jetzt.“

„Oh, der Herr bequemt sich mal zu einem anständigen Schwertkampf?“ Der Halbdämon sprang zurück. „Natürlich nicht.“ Er klang fast enttäuscht, beobachtete jedoch aus den Augenwinkeln, was der gute Sesshoumaru so trieb. Nun ja. Was an Mottenkriegern noch lebte hatte sich etwas zurückgezogen. Vermutlich flüchteten die bloß deswegen nicht, weil Masamaru hier noch herumstand und sie von dem Unterstützung erhofften. Er sollte mit dem Kerl jetzt wirklich fertig werden. Aber es hatte ja geheißen, dass er Zeit schinden sollte. Oder war das schon genug gewesen? Waren jetzt alle Seelen frei? Dann war Masamaru ja wohl deutlich schwächer geworden als am Anfang, wobei ihm persönlich Menomaru als der schwierigere Part vorgekommen war. Schön, der hatte auch einen Splitter des Juwels der vier Seelen besessen und war auch älter gewesen. Überdies hatte er selbst damals noch nicht Tessaiga mit so vielen Fähigkeiten, darunter die des Drachenschamanen, zur Verfügung gehabt. Hoppla!

Er war etwas zu sehr in Gedanken gewesen und entkam gerade noch einem Feuerstoß mit einem gewaltigen Satz nach links. Er sollte wirklich jetzt hier Schluss machen, wenn alle Seelen weg waren.

Eine Bewegung neben ihm ließ ihn beiseite blicken. Sesshoumaru war da.

„Was tändelst du herum.“ Darin lag keine Frage, eher Vorwurf.

„Ich sollte doch Zeit gewinnen, oder? - Hast du alle Seelen befreit? Dann machen wir Schluss. Ich muss bloß diesen Panzer noch knacken, dann schicke ich den Idioten auf den Pfad der Dunkelheit.“

Der Hundedämon rang mit sich, ob er das schon wieder als älterer Bruder sagen sollte, entschied sich jedoch für die Abkürzung dieses lästigen Zwischenspiels und gegen seinen privaten Stolz. „Der Panzer besteht aus Seelen.“

Also deswegen hatte er damit Probleme gehabt, erkannte Inu Yasha. Und dann gab es nur eine Lösung. „Wie bei So´unga?“ erkundigte er sich. „Naja, so ähnlich. - He, Masamaru, hiergeblieben!“

 

Der Mottenprinz hatte sich gerade zu seinen Leuten bewegt, um denen die Möglichkeit zu einem Angriff auf diese Flohträger zu geben, sah sich nun jedoch erneut von diesem lästigen Halbmenschen gestoppt, der mit einem Satz vor ihm auftauchte, das große Schwert einmal mehr in einer anderen Farbe in der Hand. Zeigte das damit jedes Mal einen anderen Angriff an? Davon hatte er noch nie etwas gehört, aber zugegeben, er hatte es nicht so mit Waffen aus Stahl. Jedenfalls war dieser Halbmensch äußerst lästig. Merkte der denn nicht, dass der niemals, gleich mit welcher Attacke, durch seinen Schutzpanzer käme? War dem das etwa irgendwie bei Menomaru gelungen und war der deswegen so selbstsicher? Aber Menomaru hatte nichts weiter gewusst über den. Er selbst dagegen hatte in den letzten Angriffen durchaus ein Schema erkannt. Dieser Bastard wollte auf etwas hinaus und probierte alle seine Möglichkeiten aus. Langsam fiel dem allerdings offenbar nichts mehr ein und so hatte der sich auf seinen großen Bruder verlassen. Dieser wiederum war ein echter Dämon, eher ein Dämonenfürst, so, wie dessen erster Angriff seine Männer getroffen hatte. Aber, das war das andere Schwert gewesen. Das, was der nun schwenkte, war das, mit dem er Seelen befreien konnte. Das würde jedoch niemals reichen. Ja, es mochte seinen Panzer zerstören, aber er wäre immer noch in der Lage diesen durchaus interessanten Angriff mit den Diamantsplittern abzuwehren. Wozu war er ein hochrangiger Dämon. Aber das sollte den beiden Hunden doch klar sein. Was also sollte der Unsinn? Er wiederholte diese Frage laut.

Inu Yasha warf einen Blick seitwärts, ehe er seine schwarz gewordene Klinge hob. „Ich vermute mal, darüber kannst du gleich und in alle Ewigkeit in der Unterwelt meditieren, Blödmann.“ Er erkannte Tenseigas Energie auf sich zulaufen und passte den Sekundenbruchteil ab um diese mit seiner eigenen Klinge einzufangen und schwarz weiter auf den Mottenprinzen zuzuschicken.

Masamaru begriff plötzlich, das da etwas vollkommen Unerwartetes auf ihn zuraste. Er versuchte seine Magie zusammenzurufen, seine Macht in sich zusammenzuziehen, als ihn der kombinierte Angriff traf. Die Macht Tenseigas löste die Seelen, die er noch bei sich gefangen hielt – und Tessaiga öffnete den Pfad der Dunkelheit. Seelen und Schmetterlingsprinz wurden unbarmherzig in das schwarze Loch gesogen, das entstand – in das Jenseits. Der schrille, hohe Schrei Masamarus schien bereits aus der anderen Welt zu kommen. Die noch lebenden Mottebkrieger zerfielen zu Staub, noch ehe die Halbbrüder sich zu ihnen ungewandt hatten.

 

Amalo presste die Luft zischend durch seine Tracheen. „Nun gut, ich erwähnte bereits, dass ich diese Zwei nicht als Gegner auf meiner Matte stehen haben möchte. Überaus interessant.“

„Überaus,“ bestätigte Yuki. „Gerade auch das Zusammenspiel der beiden Schwerter. Und natürlich der Hundebrüder. Ich wunderte mich schon, warum sie so viel miteinander im Kampf reden, aber so etwas muss natürlich minutiös abgesprochen sein.“

„In der Tat. Wenn sich auch nur einer von ihnen irrt ...“ Ryujins menschliches Gesicht an seiner Stirn lächelte, während sein Drachenmaul grinste. „Der Pfad der Dunkelheit. Mein Krieger hat eine noch stärkere Waffe als ich schon vermutete. Beide. Und weder unser neuer Partner noch sein Halbbruder scheinen auch nur für eine Minute daran zu denken, was sie mit diesen Waffen so alles anstellen könnten. Nun gut, ich glaube, wir können den Bann um Japan aufheben.“

„Dazu benötigen wir den Schutzherrn des Westens,“ erwiderte Amalo, bereits den gedanklichen Ruf aussendend. „Er wird wohl in den Westen gehen müssen. Und Inu Yasha zurück in dein Gebiet, werter Ryujin. Schon Pläne?“

„Natürlich.“ Der Drachenkönig ringelte sich etwas mühsam zusammen. Der versteinernde Schwanz machte ihm zu schaffen. „Er ist jung und hat noch viel zu lernen. Ich werde ihm Lehrer schicken.“

Inu Yasha hatte das gehört, waren die Hundebrüder doch näher gekommen und verzog etwas das Geischt. Ein mehr als giftiger Blick Sesshoumarus ermahnte ihn daran sie nicht noch im letzten oment zu blamieren. So sagte er nur: „Äh, ich meine, ich lebe in einem Menschendorf, Herr der Drachen. Da könnte ein solcher Lehrer doch Panik auslösen.“

„Dann musst du eben zum Meeresstrand kommen,“ erklärte der Schutzherr des Ostens schlicht.

„Ja, äh, ja ...“ Der Halbdämon sah seine friedlichen Stunden mit Kagome in weiter Ferne entschwinden. Hektisch suchte er eine Lösung, während er spüren konnte, dass sich die Magie der vier Schutzherren erneut verband um den Bann des Netzes zu lösen. „Und, was ist mit meinem bisherigen Lehrer? Myouga ist zwar nur ein Flohgeist, aber er war Vaters Berater ...“

Das wiederum erinnerte den Schutzherrn des Westens daran, dass er mit diesem unseligen Floh noch mehrere Hühnchen zu rupfen hatte. „Myouga kommt mit mir in den Westen,“ erklärte Sesshoumaru kühl. Er hatte Jaken zugesagt sein Berater zu werden, aber Mutter brauchte doch gewiss auch jemanden. Nachdem er mit Myouga fertig war.

 
 

Der Kreis wird geschlossen


 

I

nu Yasha starrte seinen Halbbruder doch etwas überrascht an. „Onkelchen soll mit dir in den Westen? Aber ich dachte, der gehört sozusagen zu mir.“ Seit wann hatte Sesshoumaru denn eine Vorliebe für Flohgeister? Nun ja, wenn man die Wahl zwischen Myouga und Jaken hatte … Selbst schuld. Was musste sich der Kerl auch eine Kröte aufhalsen. Hoffentlich sollte nicht er sich jetzt um Jaken kümmern, das würde doch seine Nerven etwas strapazieren, noch mehr als das selbst Shippou je vermocht hatte.

Der frisch gebackene Schutzherr des Westens erkannte durchaus die fragenden Blicke seiner neuen Amtskollegen und erklärte etwas knapp: „Ich schicke ihn zu dir, wenn du Schutzherr des Ostens geworden bist, was natürlich, werter Ryujin, in weiter Ferne liegt.“ Hoffentlich war das höflich genug. Natürlich durften sich Schutzherren nicht gegenseitig umbringen – aber er wusste nur zu gut, dass zwischen „nicht töten“ und „das Leben zur Hölle machen“ ein weiter Spielraum bestand. Und, dass Ryujin offenbar einen Narren an dem Halbdämonen gefressen hatte.

„Natürlich,“ erwiderte der Drachenkönig. „Gut. Ich kehre in mein Schloss zurück. - Inu Yasha, in wenigen Tagen werde ich dir einen Lehrer zum Thema Drachensitten schicken. Du hast viel zu lernen, mein Junge.“

Auch das noch, dachte der Halbdämon. Was war nur aus seinem schönen, ruhigen Leben mit Kagome geworden? Und schuld daran war ja nur dieser …. nun ja. Um ehrlich zu sein, wirkte auch der hochwohlgeborene Hundedämon nicht sonderlich glücklich über seine Zukunft. Irgendwie hatten sie es sich wohl friedlicher und ruhiger vorgestellt. „Äh ja, Herr der Drachen.“ Nur schön höflich bleiben, wenn man vier Schutzherren bei sich stehen hatte. „Ich muss nur im Dorf Bescheid geben, damit niemand den Drachen angreift, das wäre ja doch peinlich. Und ja, meine Freunde könnten ihn umbringen, Menschen hin oder her.“

Ryujin erlaubte sich mit beiden Gesichtern ein Grinsen. „Ich habe nie bezweifelt, dass du eine sehr interessante Truppe um dich geschart hast. Mit ein Grund, neben Tessaiga und deinem Bluterbe, dass ich dich als Krieger in Erwägung zog. Feldherr zu sein gehört eben auch dazu. Im Übrigen, werter Sesshoumaru, gehe ich davon aus, dass auch du zunächst noch einmal in das Dorf zurückkehren willst. Nehmen wir beide, und natürlich der werte Yuki, wenn er Lust hat, Inu Yasha doch mit bis auf die Höhe von Ryuku. Das verkürzt die Reisedauer doch erheblich.“

„Natürlich,“ sagte der Gott der eisigen Nordwinde, die Gelegenheit nutzend, sich bei dem neuen Herrn der westlichen Länder und dem zukünftigen des Ostens auch angenehm vorzustellen. „Ich denke auch, werter Amalo, unsere Anwesenheit in deinem Bereich ist nicht mehr von Nöten.“

Der uralte Schutzherr zuckte ein wenig mit den Greiforganen. „Nein, das denke ich auch. Übrigens liegt der Westen natürlich näher als dieses Dorf oben im Nordosten, aber die Jungen, ich meine, werter Sesshoumaru und lieber Inu Yasha, wissen natürlich wohin sie wollen.“ Das konnte und würde noch erheiternd werden in den nächsten Jahrhunderten, Jahrtausenden, mit diesen Zweien. Amüsanter als mit dem doch etwas sturen Drachenkönig oder dem immer auf seine Schneefrauen bedachten Yuki. Ja, sie waren fähige Schutzherren, aber eben nicht amüsant. Und, wenn er etwas in der langen, fast ewigen Zeit, seines Daseins gelernt hatte so, dass nichts es wert war auf etwas Spaß zu verzichten. Der Ernst kam immer und früh genug. „Ich denke auch, es ist nicht unpassend zu sagen, ich hoffe, dass wir alle uns erst in Jahrhunderten wieder sehen. Dann wäre Japan sicher.“ Oh, er würde die Hundejungen schon früher wieder sehen, da war ER sicher. Zum Einen natürlich, weil Sesshoumaru ein direkter Nachbar war und es doch zu engeren Gesprächen, wie ja auch mit Ryujin, kommen musste als mit Yuki aus dem Norden, zum Anderen, weil Inu Yasha nicht den Eindruck hinterließ sich selbst von einem Drachenkönig bedingungslos herumkommandieren zu lassen. Der Junge würde nicht nur in dem Dorf sitzen und von Drachenlehrern Unterricht bekommen, bestimmt nicht, spätestens, wenn seine Menschenfreunde gestorben waren. Menschen waren zerbrechlich und schwach, kaum, dass sie sechzig Winter sahen. Selbst als Halbdämon würde Inu Yasha dann kaum gealtert sein, noch immer ein rebellischer Jugendlicher. Vielleicht wäre es amüsant den dann ein wenig unter die Tracheen zu nehmen, von einer Zeit zu berichten, als es mehr Wasser als Land gab und Wesen wie er, Arthropoden, die Erde beherrschten. Natürlich auch Magie beizubringen. Der talentierte Drachenschamane, Isamu, lebte nun anscheinend in Tessaiga, und damit war Inu Yasha geradezu prädestiniert der magischste der Schutzherren zu werden, den die Welt je gesehen hatte: Dämon, Mensch, Drachenmagie. Und noch irgendetwas anderes, das selbst er nicht deuten konnte. Nun ja. Jedenfalls hatten der Halbdämon und auch Sesshoumaru sich „ganz oben“ beliebt gemacht, was auch nicht jedem gelang. Er hob seine Stielaugen ein wenig. „Nein. Ich werde mich verabschieden.“

Was wörtlich gemeint war, denn keine Sekunde später war er nicht nur den Blicken, sondern auch dem Gespür seiner Kollegen entzogen.

„Schön,“ meinte Yuki, durchaus nicht überrascht. „Dann gehen wir.“

 

Die nächsten Sekunden – oder war es länger oder kürzer – empfand Inu Yasha als mehr oder weniger lästig. In einer wirbelnden Schwärze mitgerissen zu werden, ungeheure Mengen an Energie um sich zu spüren, Blitze zu sehen – na, wenn das die dämonische, göttliche und drachische Art des Reisens war, nein, danke, das brauchte er nicht noch einmal. Da wurde man ja seekrank! Als sich sein Schwindelgefühl senkte stand er mit einem gewissen Hundedämon allein in einem Wald. „Wo sind wir?“

Augenrollen ziemte keinem Dämonenfürsten, wie viel weniger einem Schutzherrn. „Erspare mir deine Unfähigkeit. Komm.“

Was hieß das jetzt? Und außerdem – das war doch schon wieder eine Beleidigung gewesen? Oder war das eben so, dass die Leute, die in dieser Liga spielten, das für normal hielten? Nur, wie sollte er dann je Schutzherr des Ostens werden? Einen miesen Witz seitens Ryujins konnte er ja wohl ausschließen. Nun ja, sie waren ja vermutlich alle der Meinung er müsse noch viel lernen – und dazu hatte er ja noch Isamu. Sekunde! Während er sich Sesshoumaru anschloss, meinte er: „Sag mal, als Schutzherr oder meinetwegen auch Krieger, ich meine, wenn Kagome …..“ Das schien irgendwie nicht richtig und so begann er erneut: „Ich soll doch dann nach Ryuku ziehen?“

Ja, und? Sesshoumaru wandte nicht einmal den Kopf. Für Macht musste man sich eben auch mit den Drachendamen anlegen.

„Oh, das weißt du ja nicht.“ Inu Yasha erkannte, dass er für mögliche Auskunft auspacken musste. „Im geschuppten Tessaiga ist doch dieser Isamu. Also, ich meine, nicht seine Energie, nicht nur, sondern der selbst. Und bei dem Drachenstein kann er mit mir reden. Ich hätte dann ständig ein quasselndes Schwert um mich.“

Oh, interessant. Nun ja, außer dem Vergnügen einen genervten Halbbruder zu haben: „Du bist mit So´unga auch klar gekommen.“

Ja, das stimmte. War es gar nicht so schwierig, wie er glaubte, hatten die Schutzherren und Isamu recht und er konnte das, war etwas Besonderes? Irgendwie konnte er sich das nicht vorstellen. Er war doch nichts Halbes und nichts Ganzes. Er war nur Inu Yasha. Oder war es genau das? Plötzlich wusste er ja auch, wo sie waren und wandte den Kopf nach Westen. „Dort irgendwo liegt der Kaiserpalast.“

Und? Neu erworbene Große-Bruder-Manier ließ den Hundedämonen allerdings erwidern: „ich war nur einmal dort.“

„Ich habe da eine Weile gewohnt. Und keiner hat mit mir Ball gespielt!“ Die Verbitterung des kleinen Jungen kam wieder an den Tag.

Sesshoumaru, dessen einzige Beschäftigung mit runden Objekten in seiner Jugend aus der mit Köpfen von Gegnern bestanden hatte, verstand nicht. „Menschen?“

„Ja, klar.“ Etwas erstaunt wandte der Jüngere den Kopf. „Weißt du, naja, du solltest es wissen, der Kaiser ist der Nachkomme der Sonnengöttin und in dessen Residenz hängen nicht gerade Dämonen oder Drachen ab. Sekunde. Du warst mal da?“

„Vaters Befehl.“ Das klang unwillig.

Inu Yasha hätte ja leidenschaftlich interessiert, warum der einstige Inu no Taishou und Schutzherr des Westens auf diese Idee gekommen war. Notwendigkeit oder Disziplinierung des Sohnes? Dass dem das nicht gefallen hatte merkte man ihm noch Jahrhunderte später an. „Naja, ich habe dich nicht am Ballspielplatz oder am See gesehen.“

Also kannte der den Palast tatsächlich. „Das ist im privaten Bereich des Kaisers.“

„Ja.“ Oh, dann war der da auch gewesen?

 

Jetzt musste Sesshoumaru doch nachdenken. Izayoi, lautete die einzig mögliche Antwort. Nur jemand aus der kaiserlichen Familie durfte sich dort aufhalten – und das erklärte natürlich auch manches andere, inklusive, warum Vater sich zu diesem minderen Wesen hinabgebeugt hatte. Mit der Ahnin ...nun ja, er sollte das lieber anders formulieren, selbst in Gedanken. Aber das erklärte natürlich auch, warum offenkundig alle, außer ihm, wie er zugeben musste, etwas Besonderes an diesem Halbmenschen fanden, Ryujin, Amalo und auch Yuki. Sie wussten es vielleicht nicht, aber sie konnten es spüren. Wunderbar. Menschenmagie, Göttererbe, das Blut eines dämonischen Schutzherren und in Tessaiga hockte die Seele eines Drachenschamanen. Das gab es doch nicht wirklich! Wann genau zu Beginn dieser Reise hatte er sich noch gefragt, ob dem Kerl Macht einfach hinterher lief? Ja, tat sie. Und leider nicht ganz ohne Grund. Immerhin hatte die Sache etwas Positives: Inu Yasha ahnte in seiner üblichen Naivität nichts davon. Freilich blieb das nur eine vage Hoffnung, denn die Lehrer, die der Drachenkönig sicher schicken würde, angefangen von seinem Hof-Schamanen bis hin zu seiner Hexe der Winde würden nur zu gern aus dem Nähkästchen plaudern. Womit hatte er selbst das verdient! Immerhin musste er sich jetzt nicht mehr wundern, warum der Narr ein Liebling der Glücksgöttin war. Kishijoten war spontan, aber sicher nicht willens, einen entfernten Cousin umbringen zu lassen. Das würde sicher Ärger mit ihrer Mutter geben. Omikami Amaterasu war nicht unbedingt das, was man mütterlich nannte, aber das erklärte auch die Sache mit Toutousai und dessen Lehrer Amatsumara.

Wozu immer diese Reise außer seinem Schutzherrn-Titel und leider den damit verbundenen Verpflichtungen gut gewesen war – sie hatte auch der Erkenntnis gedient, dass sein kleiner Bruder nicht nur knapp über Jaken rangierte, sondern deutlich darüber. Schutzherr des Ostens, ja?

 

Inu Yasha bemerkte durchaus, dass der Herr Schutzherr in Gedanken war, kam allerdings nicht auf die wahre Ursache. „Nimmst du Rin dann auch mit in den Westen? Ich meine, du kannst sie ja sonst kaum so häufig besuchen.“

Das stimmte, dachte der Hundedämon ein wenig verdrießlich. Aber, was sollte sie im Westen? Für Jaken den Haushalt führen? In einem Schloss mit seiner Mutter und erschwerend dazu Myouga? Nein, das wäre nichts für sie. Er wusste nur zu gut, dass sie sich nur und ausschließlich in seiner Gegenwart wohl fühlte. Immerhin gab es herzlich wenig Leute, die lächelten, wenn sie aufwachten und er stand über ihnen. Nun ja, Inu Yasha würde das fertig bringen.

Der jüngere Halbbruder hatte gelernt praktisch zu denken. „Naja, stell doch einfach Kohaku als Dämonenjäger ein, das kannst du doch bestimmt.“

Kohaku? Ja, schön, dass sich der Narr um einen Bruder seiner Untergebenen Gedanken machte, aber ...Und der Junge war ihm blindlings selbst bis in die Hölle gefolgt. Gut. Aber, wieso sollte das etwas mit Rin zu tun haben? Der Blick des großen Bruder war deutlich eine Aufforderung weiter zu reden.

„Oh man.“ Inu Yasha dämmerte es. „Sag bloß, du hast nicht mitbekommen, dass sich Kohaku und Rin gut verstehen.“ Oder – war das etwa sogar für die Zwei besser, wenn er jetzt auch nichts gesagt hätte? Sesshoumaru konnte sehr eigen, mörderisch eigen, sein, wenn er etwas haben wollte und jemand anderer besaß es.

Kohaku und Rin verstanden sich, ja, zugegeben. Aber doch nicht so, wie das wohl dieser halbdämonische Narr meinte. Das waren noch Kinder! Hm. Kinder? Sein kleines Mädchen war deutlich gewachsen, sie brauchte immer wieder neue Bekleidung. Wurden Menschen so rasch groß? Erwachsen? „Wie alt war Kagome?“

Über dem Kopf des Jüngeren schwebte ein einziges Fragezeichen. „Äh, wann?“

„Als du sie getroffen hast.“

„Sechzehn. Oder fünfzehn.“

Fünfzehn. Menschen waren wirklich schnell im Altern. Aber doch Rin doch nicht. - Oder doch? Er sollte da mal ein Auge drauf werfen.

Inu Yasha war bemüht einen möglichen Fehler auszubügeln – Sangos Bruder durch die Hand seines eigenen umbringen zu lassen hatte er nie vor gehabt. „Wie sieht es denn eigentlich bei dir aus? Ich meine, ich habe bemerkt, dass ich erst wie ein Mensch gealtert bin und dass das sich jetzt deutlich verlangsamt hat. Wie viel Jahre hast du – im Vergleich zu einem Menschen? Und ich ja wohl nur die Hälfte.“

War er hier jetzt etwa die Auskunft? Na gut. „Falls das eine Frage sein, wann du der Schutzherr des Ostens wird - fünfhundert Jahre gebe ich Ryujin.“

Die Ohren des Halbdämons zuckten. „Ach du …. das ist bald. Und bis dahin bin ich dein Krieger und der des Ostens? Yuki hat ja immerhin einen Sohn, wenn ich das richtig mitbekommen habe.“

Ja, der war aber noch ein Baby, und was noch ärger war – Amalo hatte nie über einen Nachfolger geredet oder gar in dem Kampf gegen die Motten aufgeboten. Hatte der etwa keinen und war auch schon dabei Inu Yasha zu adoptieren? Würde der Narr irgendwann ganz Japan beherrschen? Das durfte doch eigentlich überhaupt nicht wahr sein. Wenn er selbst seine Mutter losgeworden war, musste er sich dringend nach einer schweigsamen, unterwürfigen und mächtigen Hundedämonin umsehen, die seinen Welpen …. Unsinn. Eine mächtige Hundedämonin würde sich kaum dominieren lassen. Das wurde ja immer verrückter. Wie wurde er nur seinen dermaßen beglückten kleinen Bruder wieder los? Danke Vater. Der Kerl war jetzt der Erbe des Drachenkönigs, genauer, Befehlshaber der Drachenarmee, trug mit Tessaiga und dem Pfad der Dunkelheit eine der mächtigsten Waffen der Welt spazieren – und Amalo schien den auch noch zu schätzen. Er selber musste aufpassen. Leider.

Der nächste Satz des Halbdämons traf seinen großen Bruder unvorbereitet. „Dann lerne ich mal deine Mutter kennen?“ Oder war das schon wieder unhöflich? Anscheinend, denn wenn Sesshoumaru dermaßen die Gesichtszüge entgleisten … „Ja, okay, ich dachte, sie kannte meinen Mutter. Ich meine, ich dachte, mehrere Ehefrauen sind in Ordnung ….“

Ja, wenn es sich nicht zugegeben um die Nummer eins der Hundedämoninnen und irgendeinen Menschen handelte. Wobei, das musste er nach dem Nachgrübeln der letzten Minuten zugeben – VATER hatte sich nicht vertan und eine ranghohe Prinzessin gewählt. Mutter und ihm war das nur so nie ganz klar gewesen. Oder, Mutter wohl schon, hatte sie doch drauf bestanden, dass er gegen Inu Yasha erst vorgehen dürfte, wenn er und der erwachsen geworden seien. Nun gut, das war Auslegungssache. Aber, wenn er so bedachte, dass er womöglich noch im Bann des Kaiserpalastes eine Attacke auf den Kleinen gefahren hätte – au weia. Jetzt sollte er wohl mal die Wogen glätten, das machte doch man als großer Bruder ja anscheinend dauernd. Bei Menschen. „Ich denke, sie haben sich einmal gesehen. Genau weiß ich es nicht. Ich war damals viel unterwegs.“ Schon um Izayoi auszuweichen und dennoch Vater nicht zu beleidigen hatte er sich stundenlang Bouksenos Geschichten aus der Antike angehört oder diesem unsäglichen Toutousai …. Er warf lieber einen Blick empor zur Sonne: Dem Meisterschüler des Schmiedegottes zugehört, was der über Zauberschwerter sagte. Ach du je. Musste er jetzt immer aufpassen was er sagte, so als Schutzherr? Wozu hatte man Berater? Und damit fiel ihm wieder Myouga ein. Der würde noch sein Flohwunder erleben!

Glücklich darüber eine schlichte Auskunft erhalten zu haben, erwiderte der Halbdämon nur: „Ich wollte ja nur mal fragen. Wobei, so als Krieger des Ostens und Westens darf ich ja wohl auch in den Westen, wann ich will, bist du selbst einen Sohn hast.“

Der nächste Halbdämonhaken, den er da schlucken musste. Wann genau hatte er erkannt, dass diese Reise ihm mehrere davon aufdrücken würde? Krieger und Erbe von Ost und West und möglichst noch Amalos. Das hieß, der Kerl spazierte munter quer durch Japan – und er selbst saß im Westen wie gefangen. Das war schlicht unfair! Nun gut, immerhin hätte Rin dann einen recht fähigen Begleiter, der sie in den Westen und zurück bringen konnte. Auf Jaken würde er da nicht setzen. Der schaffte es ja nicht einmal, die Kleine über eine Brücke zu schleusen ohne dass beide runter fielen. Bloß, weil da zwei der sieben Krieger herumstanden. Er brauchte einen Sohn, dringend, unbedingt! Jaken sollte mal herausfinden, wer da so alles in Betracht kam. Und Myouga sollte das ruhig bei seiner Mutter tun. Ein winziges Lächeln glitt um seinen Mund. Da würden sich beide freuen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Ein leises „Plopp“ ließ die Halbbrüder vor sich gucken.

„Hexe des Westens.“ Sesshoumarus Begrüßung klang wie Stahl im Mondlicht in der Arktis.

Die kleine Hexe verneigte sich eilig, so gut es in der Luft schwebend ging. Ach du je, der neue Herr war ja eher wirklich wie Amalo. Und sie hatte auch noch schlechte Neuigkeiten. „Ich habe den Auftrag Euch mitzuteilen, das die flüchtenden Motten vor einer Stunde ein Menschendorf im Westen überfallen haben. Es gab wohl keine bis überaus wenige Überlebende.“

Inu Yasha sah zu seinem Halbbruder. Er hatte noch im Gedächnis, wie ein Mottentyp Frauen getötet hatte. Dazu waren ja wohl auch die Hyougas samt Familie alles andere als menschenfreundlich gewesen.

Der zu ihm. „Lektion eins nicht verstanden. - Gehen wir.“ Und er fühlte ein seltsam warmes Gefühl, sich auf den Bruder an der Seite verlassen zu können.

„Schön. Und diesmal werde ich mich nicht zurückhalten. Ist dann ja hoffentlich das letzte Mal.“

Die Hexe des Westens dachte an das, was die Zwei bei der Schlacht gestern hinterlassen hatten. DAS war Zurückhaltung gewesen? Ihre Schwester aus dem Süden hatte ja gemeint, dass Amalo sie als Chaoten bezeichnete, ihre aus dem Osten, dass Ryujin diese Meinung teilte. Und doch zählten sie auf die Hundebrüder?

Nun ja, dachten die zwei Söhne des einstigen Herrn der Hunde, als sie nach Westen abdrehten. Das konnte noch eine Weile so weitergehen. Immerhin würden sie sich nicht langweilen. Allerdings auch nicht weiter herumkommandieren lassen.

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das kann nur eine anstrengende Reise für die Zwei werden...

hotep Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Inu Yasha isz (zurecht) genervt, weil ihm keiner etwas sagt und er das Gefühl ekommt, er sollte mehr wissen, der Ältere ist genervt, weil eben der Halbbruder doch ncihts mitbekommen soll - ein richtiges dreamteam. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Stimmung im Team Hund scheint zu steigen...

Der See ist der Lake Ashi bei Tokio. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel heisst denn auch: Willkommen auf Hokkaido

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Aua .- Das nächste Kapitel plaudert ein wneig über die Vergangeheit: Familiengeschichten. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Da wissen Zwei wohl wenig aus ihrer Familiengeschichte und auch sonst - die Schutzherren könnten isch noch amüsieren. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Stimmung im Team HUnd scheint - angespannt? Und wer oder was ist nun Tora? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Oh. Das kann noch interessant werden. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Äh,... gut gemacht, Inu Yasha? Designierter Schutzherr des Ostens, ein paar Drachengroupies am Hals, dazu einen kampferprobten Neider und einen etwas angesäuerten großen Bruder - kann es noch ärger kommen? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das könnte spannend werden... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
An jeden Zeugen: du bist sowas von tot.... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Gut gemacht, Inu Yasha? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das kann ja noch heiter werden ... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hm. Der Lösung so nahe ....
Das waren sie im Kampf gegen So´unga auch. Und wie dauerte das.


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Myouga sollte besser schon mal das Weite suchen. Aber auch Inu Yasha klingt nicht glücklich über seine ZUkunftspläne. Mal sehen, was noch draus wird. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
With summer comes fighting, with summer, our foes
And how we must thwart them the Guardian knows
The Warrior will give them no path but retreat,
The Warrior and Guardian will bring them defeat

Shin'a'in Song of the Seasons - (Lackey/Fish)



Als ich dieses Lied hörte, fiel mir die Geschcihte ein..... Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (46)
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Von:  Sanguisdeci
2023-04-30T13:26:41+00:00 30.04.2023 15:26
Eine sehr schöne Geschichte! Vielen Dank, dass du uns hieran hast teilhaben lassen! :-)
Von:  MissVegeta
2019-07-23T07:32:03+00:00 23.07.2019 09:32
Gut, dass es deinen Fingern nun wieder besser geht.
Arbeit geht natürlich immer vor :)
Mir fällt immer wieder auf, wie gut Sesshoumarus Gedanken die Handlungen anderer analysieren. Dann eine Erkenntnis nach der anderen, die ihm nicht gefallen. Aber nötig sind.
Da muss ich immer grinsen.
Auch fand ichs einfach spitze, wie du das geschuppte Tessaiga sowie Isamus Seele eingebracht hast. Allgemein Ausflüge in mögliche Vergangenheiten der beiden, sprechen mich an und passen gut in die Geschichte.
Und noch ein Lob an deine eigenen Charaktere. Amalo war lange Zeit sehr geheimnisvoll. Auch seine Gedankengänge waren interessant und gut nachvollziehbar.
Wieder mal eine tolle Story. Freue mich auf die nächste!

Hast du eigentlich noch einen Vampirkrimi in Arbeit?
Mir gefällt deine dort erschaffene Welt auch sehr.
Von:  nicoleherbster
2019-07-21T06:46:08+00:00 21.07.2019 08:46
Hi du schön das du die Geschichte doch noch beendet hast habe immer wieder geschaut ob es weitergeht und gezittert ob du vielleicht doch abgebrochen hast und nun die Erleichterung es geht weiter und auch diese Geschichte wurde abgeschlossen. Ich fand sie wie jede deiner Geschichten zu Inuyasha sehr mitreißend und einfach toll zu lesen. A. Liebsten habe ich die Brüdergeschichten und die die in der Neuzeit spielen. Bin immer ganz gespannt auf das was da noch kommt und hoffe man kann noch viele andere Geschichten von dir in der Zukunft lesen lesen. Bitte schreib weiter so schöne Geschichten und lass dich nicht vertreiben.
Antwort von:  Hotepneith
21.07.2019 10:13
Danke.
Ich hatte schlicht und ergreifend keine Finger - naja. Sie waren entzündet, taub und so. Ich habe mich mit einigen Prozessionsspinerraupen angelegt und glorreich verloren. Der Spass dauerte fast vier Wochen - und, ich habe natürlich, wenn es ging, zuerst gearbeitet, dann Hobby gemacht.
Sie war ja fertig, aber ich überarbeite ja das Fertige immer noch, auhc anhand der Kommentare, und bis ich wieder drüber schreiben konnte und das Beta machen zu lassen, dauerte leider. Aber, es sollte ja auch ordentlich werden.
Die nächste Geschcihte wird wieder ein Krimi sein, aus Altägypten, udn dann sehen wir mal, was mir noch einfällt. Ich muss da immer eine Idee haben, die auch trägt.

hotep
Von:  Dragon1
2019-07-20T16:32:58+00:00 20.07.2019 18:32
Liebe Hotep,

bei keinen anderen Fanfictions ist es mir so aufgefallen wie bei dir..... das Kommentarverhalten ist in den letzten Jahren wirklich extrem zurück gegangen. Hatte damals eine deiner Geschickten locker um die 400-500 Kommentare sind es jetzt nur noch schlappe 41.
Das ist traurig und nicht nachvollziehbar.

Ich habe mir selbst vorgenommen nun wieder mehr Kommentare zu hinterlassen.
Zum Inuyasha-Fanbereich bin ich eigentlich erst im letzten Jahr geworden. Ich bin gerade dabei deine Storys zu lesen (sowohl auf Fanfiktion.de, als auch auf Animexx). Mein absoluter und ungeschlagener Favourit bisher ist "Es kann nur einen geben".
Aber ich habe auch noch nicht alle Geschichten geschafft.

Als ich jetzt sah, dass Tour de Japan abgeschlossen ist (diese Geschichte habe ich leider noch nicht gelesen. Ich bin gerade bei "Die Rückkrehr des schwarzen Todes" --> nicht wundern. Ich lese eher nach Kurzbeschreibung, denn nach Uploaddatum^^)

Bisher bist du für mich die unangefochtene Meisterin in diesem Fandom. Der Grund, warum ich mich so lange scheute Inuyasha FFs zu lesen, war die zumeist schon grotesk wirkende Verzerrung der Charaktere.
Wenn Sesshoumaru auf einmal Kagome liebt oder zu Inuyasha plötzlich "Oh mein Schatz" sagt.... da kann einem einiges vergehen.
Mehr durch Zufall bin ich dann auf deine Fanfictions gestossen und bin einfach baff gewesen... GENAU DAS!!!!! habe ich immer gesucht in diesem Fandom.
Also DANKE dafür und bitte lasse dich nicht von den wenigen Kommentaren abschrecken. Ich will dir auch noch einen Kommtar zu jeder deiner Story schreiben, welche ich gelesen habe.

Darf man denn in Zukunft noch weitere Brüdersttorys von dir erwarten?
Ich muss sagen, dass mir die Dämonenkrimis nicht ganz so liegen. Die Brüdergeschichten da schon eher und die sind bisher ALLE Genial.
Ich freue mich schon auf die nächste, welche ich lesen werde (Gladiator^^).

Danke für die schönen, spannenden, witzigen und authentischen Momente, welche du mir mit deinen Geschichten bisher und zukünftig beschweren wirst!!

Einfach Danke!

Mit den besten Wünschen und Grüßen
Dragon1

PS: Ich hoffe du hast nichts dagegen. Auf Fanfiktion.de habe ich meine Lieblingsgeschichte von dir in meinem Bücherregal verlinkt
Antwort von:  Hotepneith
20.07.2019 19:15
Vielen Dank für den langen und sehr ausführlichen Kommentar.
Wo fangen wir an?
Nun, es ist nicht zu leugnen, dass die Zahl der Kommentatoren deutlich sinkt. Ich persönlich gebe schlicht der Tatsache, dass viel mehr über Smartphones gelesen wird, die Schuld. Man liest im Zug - aber, sich dann die Mühe zu machen auf der kleinen Tastatur einen möglichst lange Antwort zu schreiben...? Man muss derweil umsteigen etc. Früher lasen die Leute eben abends am PC oder Laptop.
Ist eben so.
Wenn auch manchmal etwas frustrierend, als Autor.
Es kann nur einen geben wird von vielen als die beste Brüdergeschichte angesehen, es gibt auch Leser, die sehnsüchtig auf jeden Mitratekrimi warten - ich nehme an, im Laufe der Jahre habe ich doch so verschiedene Leser bedient. (Die Vampirkrimigeschichten oder auch die aus dem alten Ägypten sind ja wieder ganz was anderes) Jeder kann sich ja aussuchen,w as er mag, eben - oh, sind es schon über 50 Geschichten?
Gladiator ist, wie auch so die eine oder andere Geschichte allerdings eine AU - die Charaktere sind in einer anderen Umgebung und Zeit, aber ich hoffe sie doch stets zu treffen, so dass man schon an den Dialogen
erkennt, wer redet. Das ist doch auch eine gewisse Herausforderung.


Meine persönliche Lieblingsgeschichte ist Cave Hanyou - sie überfiel mich aus dem Hintergrund und ich schrieb sie in 14 Tagen fertig. Sonst wäre der sarkastische Unterton kaum durchzuhalten gewesen. Andererseits ist es auch wiederum schwarzer Humor, der auch nicht jedem gefällt. Eben, immer, wie es mir die muse eingibt.

Daher kann ich auch nur sagen, dass die nächste Geschichte wieder ein Krimi aus dem Alten Ägypten ist, wie immer gründlich recherchiert, was eine Menge Arbeit ist udn auch viel Zeit kostet.
Die Tour de Japan -Geschcihte kam mir aufgrund eines Lies und meiner eigenen Japanreise.

#Wer weiß schon, wohin der Wind mich trägt...:)



Vielen Dank.
Und, ich schreibe seit meinem zehnten Lebensjahr, auch, wenn das natürlich nie im web erschien, und ich werde damit auch kaum aufhören....


hotep



Antwort von:  Dragon1
20.07.2019 20:04
Vielen Dank für deine Antwort^^
Ja das mag wirklich ein Grund sein. Vielleicht liegt es auch ein wenig an der Verrohung der Gesellschaft allegemein ("ich lese die Geschichte und gut. Was muss ich da auch noch einen Kommentar hinterlassen?"), oder an dem Zeitdruc-Zeitalter... man hat Zeit zu lesen, aber nicht zu antworten.... gibt da wahrscheinlich so viele verschiedene Gründe, wie es Geschichten an sich gibt.

Das "es kann nur einen geben" von vielen gemocht wird, kann ich mir gut vorstellen. Es ist eine rundrum spannende und mitreißende Geschichte in welcher du auch von Inuyashas Kindheit erzählst und das ist einfach toll.

Cave Hanyou? Hm... dann werde ich diese vielleicht doch eher lesen, als geplant. Wenn das deine Lieblingsgeschichte ist, kann sie nur gut sein^^

AU bin ich nicht abgeneigt. Bei Gladiator habe ich schonmal reingeschnuppert und es klang sehr gut^^

Eine kurze Frage: Könntest du mir eine kurze Zusammenfassung geben von deinen beiden Trilogien "Hundeyoukai" und "Verworrene Pfade"?
Ich schnuppere immer kurz in Storys rein, bevor ich sie lese und es klang so als ob Sesshoumaru dort mit einer Amazone bzw. anderen Yokai ... ich nenne es mal... "anbandelt?" Sowas stehe ich da immer sehr zurückhaltend gegenüber, da ich Eigene Charaktere nicht so gerne mit Hauptcharas zusammen sehe^^"
Ist wirklich nur eine Frage und nicht böse gemeint, aber vielleicht kannst du mir da kurz einen Hinweis geben?
Bzw. kann man die FFs mit deinen Brüder-FFs vergleichen?

Und es ist toll, dass du weiter schreibst. Vielleicht packt dich auch wieder das Schreibfieber bei unseren Hundejungen ;-)

Beste Grüße
Von:  MissVegeta
2019-07-09T07:12:44+00:00 09.07.2019 09:12
Mir gefällt es sehr, wie du die Kampfszenen beschreibst.
Man weiß immer genau, wer, wie, wann und wo ist. Auch Inuyasha, wie überlegt er an den Kampf ran geht, fand ich gut.

Und immer das Vertrauen in den großen Bruder! Klasse.
Bin gespannt, was noch als Ende kommt, falls du sie nicht zu noch einem Abenteuer schickst :)
Von:  nicoleherbster
2019-06-27T06:00:41+00:00 27.06.2019 08:00
Hi du wieder mal ein sehr schönes Kapitel. Freu mich immer wenn es von dir was neues gibt und kann es meist nicht abwarten bis ein neues Kapitel deiner Geschichte kommt. Hoffe du schreibst bald weiter. Bin schon ganz gespannt auf das was da noch kommt und hoffe man kann noch viele andere Geschichten von dir in der Zukunft lesen.
Von:  MissVegeta
2019-05-26T09:08:35+00:00 26.05.2019 11:08
Ohhh sie waren sehr schnell. Mathe hat geholfen haha! Da musste ich lachen.
Wie Inuyasha die anderen staunen lässt. Jaaa der hat schon viel erlebt und einige böse Kerle erlegt. Wie jeder ihn unterschätzt und dann zeigt er, was in ihm steckt. Ohja er wird ihnen genug Zeit verschaffen, komme was wolle!

Von:  Lizard
2019-05-19T11:54:49+00:00 19.05.2019 13:54
Also habe ich das schon richtig verstanden, dass bei dieser Schutzherrnprüfung eher die Charakterstärke geprüft wird. Nun ja, an nötiger Hartnäckigkeit dürfte es weder Sesshoumaru noch Inu Yasha fehlen. Und letzterer hat mit allen hier gestellten Anforderungen passenderweise zudem schon in ähnlicher Weise Erfahrungen gesammelt. Inu Yasha hat eben immer gleich praktisch vom (Über)Leben gelernt wie auch Sesshoumaru mittlerweile mehr und mehr zu erkennen beginnt. Ich frage mich, wann ihm die Erkenntnis kommt, dass er, wenn er schon eine klassische und theoretische Ausbildung bei Inu Yasha vermisst, als älterer Bruder eine Lehr-und Vorbildfunktion hätte einnehmen können/müssen.
Ich mag das hier dargestellte Fünf-(oder sechs?)-Elemente-Prüfungssetting mit nun Wasser und Holz nach Erde und Feuer im vorigen Kapitel. Alles sehr schön dargestellt. Vor allem gut dargestellt, dass bei den fünf Elementen das Element Wasser eher in der Form von Eis gesehen und interpretiert wird, passt sehr schön auf die asiatische Sicht der Elementelehre. Ist aber auch irgendwie ganz nett, dass auch die Vier-Elemente-Idee mit der Luft hier eingebaut ist. Das passt irgendwie zu Japan, das so viele verschiedene Kulturkreis- und Glaubensrichtungseinflüsse in sich vereint und dazu noch seine ganz eigene Welt (ansicht) hat.
Was habe ich noch zu diesem Kapitel zu sagen? Hm ja, ich freue mich, dass hier und in den vorigen Kapitel die Inubrüder immer mehr über einander nachzudenken beginnen. Und dazu dann immer wieder kleine Storydetails aus beider Vergangenheit zutage treten (äh, was war das eigentlich für ein Hinweis mit der Schneefuchsdämonin, die Sesshoumaru in seinen Armen aufgetaut hatte...:)). Im nächsten Kapitel sollen die Leser wohl noch mehr Vergangenes erfahren. Interessant, interessant...
Von:  Lizard
2019-05-19T11:05:40+00:00 19.05.2019 13:05
Schon witzig, wie das Brüderverhältnis von anderen immer ganz anders eingeschätzt wird als es wirklich ist bzw. wie diese selbst ihr Verhältnis einschätzen. Ist aber auch schwer zu verstehen, warum die lieben Inubrüder immer so mies aufeinander zu sprechen sind, aber dann doch unbewusst immer auf den anderen achten. Wer soll sich bei so einer seltsamen Hassliebe der beiden schon auskennen?
Die Schutzherrnprüfung scheint vor allem den Charakter des Anwärters zu testen, z.B. seine Entschlossenheit. Eine interessante Sache, denn auf diese Weise werden auch die beiden Brüder sich wahrscheinlich besser kennen lernen und vielleicht die Charakterstärken des anderen schätzen lernen. Ob der Drachenherr auch deshalb vielleicht wollte, dass Sesshoumaru seinen Bruder mitschleppt? Apropos Drachenherr, der scheint jetzt als gutes Motivationsmittel herhalten zu dürfen. Inu Yashas spontane Einfälle sind genial, das wird wohl auch Sesshoumaru noch merken, auch wenn er bisher Inu Yasha und gute Ideen bisher nicht auf den gleichen Nenner bringt. Jede Schwierigkeit lässt sich eben leichter bewältigen, wenn man diese möglichst vergnüglich gestaltet.
Von:  Lizard
2019-05-19T09:18:05+00:00 19.05.2019 11:18
Oh, noch kein Kommentar zu diesem Kapitel? Das gehört geändert und nun bin ich ja wieder fröhlich weiterlesend da...
Wieder einmal schöne Beschreibungen der Umgebung, die du uns da bietest. Und ich fand es schön, dass du mit der Rast der beiden Brüder auf die berühmten badenen Affen hingewiesen hast, die in keinem Naturfilm über Japan fehlen dürfen. Allerdings nicht gerade schmeichelhaft für Inu Yasha, dass weder sein Bruder noch die Affen es für erträglich halten ein Bad mit ihm zu teilen bzw. ihm ein Bad zu erlauben. Da tut mir der von allen immer als minderwertig (und zudem dann auch noch einmal als äußerst jung (Sesshoumarus Kind...*lach*)) eingestufte Halbdämon schon leid. Daneben war die Badeszene natürlich sehr witzig. Und mit welchen zwei Personen außer seinen Eltern hat Sesshoumaru übrigens schon gemeinsam gebadet? Etwa mit Rin und Jaken? Und ist Jaken mit in der Wanne dann tatsächlich soviel besser als Inu Yasha???
Interessant, was die Hexe des Nordens in diesem Zusammenhang über Inu Yasha und das Brüderverhältnis der beiden Hundegeschwister denkt. Und was das wohl ist, was sie da an Qualitäten, die denen eines Schutzherrns ähneln, an Inu Yasha gespürt hat? Man darf wirklich gespannt sein, wie sich die beiden Hundebrüder bei der nun anstehenden ersten Prüfung schlagen werden und was der Drachenherr ursprünglich weiß bzw. bezweckt, indem er diese ganze Japantour angestiftet hat.


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