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Detective Di

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Heute mal ein kurzes Vorwort, für den Fall dass manche Leser es nicht mitgeschnitten haben: Es ist beabsichtigt, dass Ren-jie in den wörtlichen Reden fast immer Renjie geschrieben wird, da es mir auf die Akustik ankommt. Die Leute in ihrer Umgebung schnallen einfach nicht, dass ihr Name kein Japanischer, sondern ein Chinesischer ist. Ich hoffe, ihr versteht das und akzeptiert das auch, womit ich meine dass ihr das hoffentlich auch nachvollziehen könnt. Und jetzt, viel Spaß beim Lesen. Komplett anzeigen

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Die Detektivin, die niemals vergisst Teil 2

Das letzte Mal bei Detektiv Di: Di Ren-jie ist neu in der Stadt und direkt an ihrem ersten Tag an ihrer neuen Schule wurde sie in eine Schlägerei verwickelt. Nach der Schlägerei lernte sie Maya Reid kennen, welche ihr und dem Direktor erklärt, dass der Karate-Klub sie ständig drangsaliert weil sie einen anderen Glauben hat als der Karateklub, und dass da noch mehr wäre. Auf dem Heimweg schlussfolgerte Ren-jie, dass Maya homosexuell ist, was diese auch bestätigte. Kurze Zeit später kommen sie am Haus der Familie Nakamura vorbei, vor welchem Ren-jie eine lebhafte Erinnerung an den Morgen durchlebte. Anschließend lud sie Maya zu sich nachhause ein, um mit ihr bei einer Tasse Tee genauer über die Familie Nakamura zu reden.
 


 

„RENJIE!“ brüllte Maya nur noch, doch bei diesem Anblick schoss ihr nicht nur die Schamesröte ins Gesicht, wie Ren-jie da stand mit einem Tablett mit 2 großen Gläsern mit heißem Wasser drauf und den 2 merkwürdigen Kugeln aus Blättern auf einem kleinen Teller, nur in ihrem schwarzen Spitzen-BH und ihrem Spitzen-String. „Stimmt etwas nicht? Ich dachte du stehst auf Mädchen mit weiblichen Rundungen?“ „J-ja aber… warum bist du jetzt halb nackt!?“ „Wieso nicht? Meinen Eltern ist es egal, solange ich nicht so rumlaufe wenn sie geschäftlichen Besuch haben. Meistens bin ich eh in meinem Zimmer und lese oder spiele an meinem Computer oder meiner Spielekonsole. Wenn du möchtest kannst du dich auch ausziehen. Ich habe nichts dagegen.“ schlug Ren-jie vor, stellte das Tablett auf den Tisch und verteilte die beiden Gläser auf dem Tisch, setzte sich schließlich direkt neben Maya. Diese wich jedoch stark errötend zurück. „W-was soll das Ren-jie? V-versuchst du etwa… mich zu ver… verführen!?“ stammelte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen nervös, sah immer wieder auf Ren-jies nur spärlich verdeckte Oberweite. „Für eine Asiatin hast du ziemlich… naja…“ „Ich weiß, meine Brüste sind ziemlich groß für eine Chinesin oder Japanerin. Ich garantiere dir jedoch, alles ist echt. Kein Arzt der Welt, zumindest kein Seriöser, hätte mich in meinem zarten Alter operiert.“ erklärte Ren-jie, nahm eine der beiden Blätterkugeln und ließ sie vorsichtig in ihr Glas gleiten. Es war ein großes, doppelwandiges Glas und langsam ging die Kugel unter, öffnete sich und eine Blume begann zu erblühen. Erstaunt sah Maya dieses Schauspiel mit an. „Und… warum dieser… Aufzug?“ „Ich dachte, da du ja auf Mädchen stehst, dass dieser Aufzug dich vielleicht dazu verleitet es mit mir machen zu wollen. In all meinen erotischen Mangas wird ein ebensolches Verhalten beschrieben: Ein junger Mann wird von einem attraktiven Mädchen in Unterwäsche oder nur mit einer Schürze bekleidet dazu verführt es mit ihr zu tun. Sag nur, das funktioniert unter Mädchen nicht so?“ „Ren-jie… ich glaube wir müssen uns mal dringend über die Gefühle von Mädchen unterhalten.“ meinte Maya schlussendlich und legte ihrer neuen Bekanntschaft die Hand auf die Schulter. „Das scheint doch komplizierter zu sein als ich dachte…“
 

Es dauerte eine Weile, bis Maya ihr erklärt hatte, wie ein Mädchen verführt und umgarnt werden wollte, wie zumindest sie umgarnt werden wollte. Alles was Ren-jie am Ende noch sagte war: „Das ist ja wirklich kompliziert.“ Maya tat dies aber mit einem Lächeln ab. „Weißt du, nur weil du keine Empathie hast, bedeutet es nicht dass sich andere Mädchen so einfach verführen lassen wie du in deinen Mangas liest. Und jetzt zieh dir bitte etwas an! Wir sind hier nicht in einem deiner Mangas!“ „Wie du willst. Aber sag mir vorher nur eines: Bist du durch meinen Anblick erregt?“ „Ja… ein Wenig…“ gestand Maya leicht errötend. „Trotzdem, in so einer Situation vergeht jedem die Lust auf ein Schäferstündchen, selbst dem größten Perversling. Zieh dir jetzt bitte etwas an, mir wird die ganze Sache jetzt wirklich unangenehm. Außerdem würde ich meine Liebste gerne selber ausziehen, bevor ich es mit ihr tue.“ fügte Maya hinzu und wandte sich schließlich ab, damit sie nicht auf den halbnackten Hintern von Ren-jie sehen musste, als diese sich erhob. „Gut, ich gehe jetzt etwas Passenderes anziehen. Vielleicht kommst du dann ja in Stimmung für ein Schäferstündchen.“ Damit verließ Ren-jie das Wohnzimmer und ließ Maya wieder alleine. „Das bezweifle ich…“ schoss es Maya durch den Kopf und endlich legte sie die andere Kugel in ihr Glas Wasser. Auch diese blühte langsam auf, färbte das Wasser gelblich. Sie musste zugeben, der Tee begann schon nach kürzester Zeit wirklich gut zu riechen.
 

Auf einmal klingelte ein Handy, es war der gleiche Klingelton wie ihrer, weshalb sie zuerst dachte jemand würde sie anrufen, doch als sie genauer hinhörte und ihr Handy schon in der Hand hatte, bemerkte sie dass der Klingelton aus der Küche kam. „Äh, Ren-jie! Dein Handy klingelt!“ rief sie, bekam aber keine Antwort. Einen Moment überlegte Maya, ging dann doch in die Küche und nahm das Handy vom Küchentisch, drückte den grünen Knopf um den Anruf entgegen zu nehmen. „Hier der Anschluss von Di Renjie, mein Name ist Maya Reid.“ stellte sie sich vor. Einen Augenblick herrschte Stille, dann drang eine Frauenstimme an ihr Ohr. „Wie kommst du an das Telefon meiner Tochter? “ „Ich ähm… Renjie hat mich eingeladen und ähm… sie kann gerade nicht ans Telefon kommen. Sie… Renjie zieht sich gerade um. Äh ich geh übrigens in Renjies Klasse!“ Sie hörte, wie die Frau erleichtert aufatmete. „Ach so, na wenn das so ist? Lass mich raten, Ren-jie hat sich mal wieder bis auf ihre Unterwäsche ausgezogen? Könntest du ihr bitte sagen, dass sie heute Abend nicht ins Restaurant kommen braucht? Eine andere Kellnerin hat sich für die nächste Zeit bereit erklärt öfter zu kommen. Und sag ihr bitte dass sie nicht vergessen soll mit Liu Bei spazieren zu gehen und Mao und Liu Bei heute Abend zu füttern. Wir kommen wahrscheinlich erst gegen 11 heute Abend nachhause. “ Verstehend nickte Maya nur. „Alles klar. Äh, Moment! Wer sind Mao und Liu Bei?“ Sie bekam aber keine Antwort, denn Ren-jies Mutter hatte aufgelegt. „Hallo? Ha… einfach aufgelegt.“ Angesäuert legte Maya das Handy wieder auf den Tisch, wandte sich wieder zum Wohnzimmer um, doch da stand Ren-jie schon vor ihr, gekleidet in ein weinrotes chinesisches Kleid mit beinahe armlangen, blass-rosanen Handschuhen. „Wer war denn das?“ „Oh ähm… deine Mutter. Sie erinnert dich daran nicht Mao und Liu Bei zu vergessen. Nebenbei, wer sind Mao und Liu Bei?“ „Mao ist unser Kater. Und Liu Bei ist unser Hund.“ So emotionslos wie Ren-jie dies sagte, musste die Rosahaarige mit den ungleichen Augen überlegen, ob das nun ernst gemeint war oder ein schlechter Scherz. „Was ist? Hast du etwa Angst vor Hunden?“ „N-nein, aber du siehst mir nicht so aus wie ein Hundemensch. Ich mag Hunde, davon mal abgesehen, ich geh am Wochenende immer die Hunde der Nachbarschaft ausführen. Warte mal, das ist die Idee!“ „Ich denke genau was du denkst, denke ich. Wir könnten mit Liu Bei zum Haus der Nakamuras gehen und das Mädchen besuchen. Du sagtest selber dass du dich gut mit ihr verstanden hast. Vielleicht solltest du diese Beziehung wieder aufnehmen. Und nebenbei, unser Hund ist ein sehr friedfertiger Familien-Hund. Obwohl ich mir jedes Mal wenn Liu Bei mir übers Gesicht leckt das ganze Gesicht mit einem Feuchttuch abwischen muss und meine Brille putzen kann.“ gestand Ren-jie, ging zur Hintertür herüber und pfiff laut in den Garten. Gemächlich trat ein großer Hund, ähnlich einem Bernhardiner, mit stark tropfenden Lefzen aus der Hundehütte im Garten, streckte sich und gähnte. Als er Ren-jie erblickte, wurde er aber sehr lebhaft und stürmte auf sie zu. „Liu Bei! Stop!“ Maya war richtig erschrocken als Ren-jie so energisch sprach, aber der Hund gehorchte ihr, blieb kurz vor der Rosahaarigen mit der dunklen Haut stehen. Es folgte ein weiteres Kommando, dieses aber auf Mandarin und wieder gehorchte der Hund, machte Sitz. „Guter Junge.“ lobte sie den Hund und kraulte ihn am Kinn. „Komm Liu Bei, wir gehen spazieren.“ Mit einem lauten „Wuff!“ erhob sich der Hund wieder und folgte Ren-jie, ignorierte Maya anfangs erst, doch als er direkt vor ihr stand, setzte er sich wieder und hob seine riesige Tatze gegen ihr Knie. „Sei lieber vorsichtig, wenn er das bei Fremden macht dann…“ Weiter kam Ren-jie nicht, da hatte sich ihr Hund schon auf die Hinterbeine gestellt, die erschrockene Maya mit den Vorderpfoten an den Schultern gepackt und schleckte mit der Tellergroßen Zunge quer über ihr Gesicht. „Liu Bei! Aus!“ rief Ren-jie wieder energisch und der Hund ließ von ihr ab, setzte sich wieder auf den Hintern. Angewidert wischte sich Maya übers Gesicht, versuchte den ganzen Hundespeichel wieder weg zu kriegen. „Feuchttücher?“ fragte die Dunkelhäutige Brillenträgerin und hielt ihrer neuen Bekanntschaft eine ganze Packung Feuchttücher hin. „Danke…“ murrte Maya nur noch und nahm sich 2 Tücher raus.
 

Kurze Zeit später waren die Beiden wieder auf der Straße unterwegs und nahmen direkten Kurs auf das Haus der Nakamuras. Sie hatten nun tatsächlich vor, mit Hilfe von Liu Bei, welcher, wie Ren-jie erklärte, nach einem chinesischen Fürsten aus der Zeit der 3 Reiche benannt wurde, Mariko Nakamura ein Wenig den Tag zu verschönern. „Die bloße Gegenwart von Tieren, wie zum Beispiel Hunden, kann schon sehr beruhigend auf Menschen wirken. Ich hege die Hoffnung, dass diese Mariko mir ein Wenig über den Unfall erzählen kann.“ „Wir können es gerne versuchen, aber 2 Wochen nachdem sie wieder aus dem Krankenhaus raus war, durfte ich sie nicht mehr besuchen, weil ich zu viele Keime mit mir herum schleppe und sie sehr geschwächt sei.“ „Dafür habe ich auch das Obst und Gemüse eingepackt.“ Meinte Ren-jie darauf nur und hob eine prall gefüllte Papiertüte, während Liu Bei ohne Leine neben ihr her trottete. „Unglaublich dass er ohne Leine an deiner Seite bleibt.“ „Er ist ein ausgebildeter Wachhund. Wenn ich ihm das Kommando gebe, bleibt er an meiner Seite und bleibt lieb, bis ich angegriffen werde. Außerdem kann er auch sehr fürsorglich sein, auch zu anderen Tieren. Unseren Kater Mao zum Beispiel hat er in unserem Garten gefunden, vor einer Woche, da war er ein Bisschen geschwächt und alles, hat ihn in unser Haus getragen und sich um ihn gelegt um ihn zu wärmen.“ „Vor einer Woche gab es doch dieses schwere Sommergewitter. Ist euer Kater etwa seit diesem Gewitter euer Haustier?“ „Klar. Am Anfang des Gewitters, als es gerade angefangen hat zu regnen, wollten wir Liu Bei rein holen und da kommt er mit diesem kleinen Pelzknäuel im Maul herein, legt es vor dem Kamin ab und legt sich neben den kleinen Kater. Meine Eltern und ich haben Mao 3 Tage lang aufgepäppelt und ihn dann zum Tierarzt gebracht. Jetzt hat unser Mao einen Chip im Nacken, trägt ein Halsband und entfernt sich nie mehr als 100 Meter von unserem Haus. Meistens liegt er bei Liu Bei in der Hundehütte oder sonnt sich bei uns auf dem Dach. Oh, wir sind da.“ Etwas verwirrt sah Maya sich um, stellte Fest dass sie tatsächlich am Haus der Nakamuras angekommen waren.
 

Erwartungsvoll klingelte Ren-jie und als Herr Nakamura, ein Mann um die 30 der ein kleines Bisschen kleiner war als sie und etwas überfordert wirkte, die Tür öffnete, setzte sie sofort ihr von ihr so genanntes ‚Restaurant-Gesicht‘ auf und stellte sich lächelnd vor. „Ni Hao, mein Name ist Renjie und ich bin eine Freundin von Maya Reid. Wir würden gerne ihre Tochter besuchen wenn es nicht gerade unpassend ist.“ „Mariko darf keinen Besuch empfangen. Sie ist krank.“ knurrte Herr Nakamura und schlug Ren-jie die Tür vor der Nase zu. Diese blinzelte kurz, sah einen Moment zu Maya in der Einfahrt und dann wieder zur Haustür. Erneut klingelte sie und wieder öffnete Herr Nakamura die Tür, dieses Mal genervt. „Ich sagte Mariko darf keinen Besuch…“ „Statistiken belegen dass das Fehlen von Sonnenlicht, frischer Luft und zumindest diversen Keimen aus der Umgebung das Immunsystem stark schwächt. Wenn ich ein Arzt wäre, würde ich ihrer Tochter mehr Sonne und frische Luft verordnen. Sie könnte ja zumindest in den Garten gehen.“ „Sagt die Frau, die aussieht wie frisch vom Strich und die zu oft im Solarium gelegen hat.“ entgegnete Herr Nakamura und wollte erneut die Tür zuknallen, da hatte Ren-jie schon ihren Fuß im Türrahmen. „Ich bin ein sehr geduldiges Mädchen, aber wenn sie mich als Prostituierte beleidigen, dann verstehe ich keinen Spaß. Ich würde gerne mit Maya und meinem Hund Liu Bei ihre Tochter besuchen, Herr Nakamura. Ich habe auch frisches Obst und Gemüse dabei. Wenn sie einen Mixer besitzen, würde ich ihrer Tochter dann einen Smoothie machen. Vitamine, sie verstehen?“ Zähneknirschend sah Herr Nakamura sie von oben bis unten an, sah dann an ihr vorbei zu Maya und Liu Bei, der ganz lieb bei Maya in der Einfahrt sitzen blieb. „Die Töle bleibt draußen.“ „Mein Hund kommt mit rein. Außerdem ist es doch wohl die Entscheidung ihrer Tochter, nicht wahr?“ fragte Ren-jie und nickte in Richtung eines schwarzhaarigen Mädchens mit Brille in Schlafanzug und Rollstuhl, die gerade in der Tür zwischen Wohnzimmer und Flur erschienen war. „Papa, ich möchte es versuchen, ja? Wenn mir der Besuch nicht bekommt, dann warten wir einfach noch ein paar Tage, bis es mir etwas besser geht.“ lächelte sie ihren Vater an, welcher etwas verwirrt zurück sah. „Aber Mariko… du bist Krank und…“ „Wir können doch alle einen Mundschutz zur Prophylaxe tragen.“ unterbrach Mariko ihren Vater, welcher schließlich den Kopf hängen ließ. „Gut, kommt rein. Ich mache euch Tee.“ „Vielen Dank, Herr Nakamura.“ verneigte sich Ren-jie gewohnheitsgemäß auf chinesische Art und winkte Maya und ihren Hund zu sich.
 

Ins Wohnzimmer wurden die Beiden von Mariko geführt, welche sehr schnell Interesse an Liu Bei fand und ihn auch, sobald Ren-jie und Maya saßen, anfing zu streicheln und zu kraulen. „Dein Hund ist wirklich niedlich. Was ist das für eine Rasse? Ich bin Mariko Nakamura, tut mir Leid ich habe deinen Namen vorhin nicht verstanden.“ lächelte Mariko die Dunkelhäutige an, welche sich räusperte und leicht lächelnd sich ebenfalls vorstellte. „Mein Name ist Di Ren-jie. Ich bin mit meinen Eltern vor 2 Wochen aus Osaka hier her gezogen. Liu Bei ist ein germanischer Bärenhund. Wie du vielleicht merkst habe ich einen leicht chinesischen Akzent, was ich zu entschuldigen bitte. Maya kennst du ja schon, wie ich gehört habe.“ „Ja und ich finde es schade, dass mein Vater sie nicht mehr zu mir gelassen hat. Sag mal, du sagtest dein Name wäre Di Renjie, nicht wahr? Wird dein Name genauso geschrieben, wie bei meinem Lieblings Roman-Held?“ „Wenn du Richter Di meinst, dann ja. Ich bin sogar nachgewiesener Maßen mit ihm verwandt. Richter Di Ren-jie aus China war mein Urahne. Seit ihm gibt es alle paar Generationen einen Di Ren-jie in unserer Familie. Mein Großvater Väterlicherseits hieß Ren-jie und ich heiße nun auch Ren-jie.“ bestätigte die Dunkelhäutige Brillenträgerin, beobachtete ganz genau wie Mariko mit ihrem Hund umging. „Ich mag Tiere. Ich weiß, ich erscheine manchmal hyperrational, vielleicht bin ich das auch. Aber das bin ich nur geworden, weil ich seit 3 Jahren nicht aus dem Haus komme und nur meine Privatlehrer zum Unterricht sehe.“ „Oh das verstehe ich. Mir geht es ähnlich, da ich über keine Empathie und keinerlei soziale Kompetenz verfüge. Ich tappe dadurch in jedes Fettnäpfchen und äußere oft… gut, nahezu ständig äußere ich unangebrachte Dinge.“ gestand Ren-jie schließlich mit emotionslosem Gesicht, den Blick nicht von ihrem Hund abgewandt. „Mariko, ich bin eigentlich hier um dir zu helfen. Ich kann dir zwar deine Beine nicht wieder geben. Aber ich möchte dass dieser Fall endlich gelöst wird.“ „Maya hat es dir erzählt, nicht wahr? Dass der Unfallfahrer einfach weiter gefahren ist. Ich kann dir aber nichts zum Fahrer sagen. Ich weiß nicht einmal was für ein Auto er gefahren hat.“ „Da kann ich helfen. Es gibt eine, nur recht ungern von den amerikanischen Ermittlungsbehörden angewandte Befragungsform. Bei dieser Methode musst du dich an den Zeitpunkt erinnern, du müsstest dich geistig zurückversetzen. Es könnte auch bei der Verarbeitung des Traumas helfen.“ Geschirr Klirrte und alle sahen zur Küchentür. Marikos Vater hatte ein Tablett mit 3 Tassen Tee fallen gelassen und sah Ren-jie mit starrem, panischen Blick an. „NEIN! Ich lasse nicht zu, dass du meine Tochter das noch einmal durchleben lässt! Raus hier! Alle beide! Und diesen Köter nehmt ihr gefälligst mit!“ Damit war dieses Treffen dann fehlgeschlagen.
 

Am nächsten Morgen sah Renjie den Mann vom vorherigen Morgen wieder vor Marikos Haus, konnte ihn dieses Mal allerdings vom Gesicht her besser sehen. Ohne ihn anzusprechen ging sie weiter ihren Weg zum Bahnhof. Auf einmal klingelte ihr Handy. Neugierig holte sie es aus ihrer Schultasche, sah dass eine unbekannte Nummer sie anrief. Vorsichtig sah sich Ren-jie um, nahm schließlich ab. „Hallo, Di Ren-jie hier?“ „Renjie? Hier ist Mariko. Könntest du nach der Schule vielleicht noch einmal zu uns kommen? Mein Vater fährt heute Nachmittag einkaufen, da kannst du diese Methode der Zeugenbefragung bei mir ausprobieren. Geht das? “ „Natürlich. Kann Maya dann auch mitkommen? Ich brauche jemanden, der deine Emotionen deuten kann. Ich bin dazu nicht in der Lage.“ „Klar, kein Problem. “ bestätigte Mariko und legte auf.
 

Auf dem Schulhof angekommen sah Ren-jie zuerst Maya, die gerade aus dem Schul-Kiosk kam und sich eine große Tüte voller Süßigkeiten in die Schultasche steckte. Als sie auf ihre neue Freunden zugehen wollte, stellten sich ihr die 5 Jungs vom vergangenen Tag in den Weg. „Wollt ihr noch eine Abreibung? Hat euch die von gestern nicht gereicht?“ fragte Ren-jie mit gehobener Augenbraue und wollte gerade ihre Brille abnehmen, da warfen sich die 5 Jungs auf den Boden wie vor dem Kaiser. „Bitte, unterrichte uns!“ kam es einstimmig von ihnen. Der Chef des Karateklubs sah kurz auf, aber sofort wurde sein Kopf wieder in den Staub gedrückt. „Wenn du jetzt guckst, erfährst du alle 72 Methoden die ich beherrsche jemanden nur mit einem Fuß zu töten. Das gilt auch für euch. Das Prinzip von Scham ist mir zwar fremd, aber ich weiß dass es in Japan nicht gerne gesehen wird, wenn ein Kerl einem Mädchen unter den Rock glotzt. Und zu eurer Anfrage euch zu unterrichten: Vergesst es. Ihr würdet das Kung Fu nur aus niederen Beweggründen einsetzen. Es ist eine Kunst die nur zum Selbstschutz oder dem Schutze Anderer genutzt werden darf, niemals aus Zorn oder Rache. Und Muay Thai bring ich euch auch nicht bei. Zu gefährlich in unerfahrenen Händen. Entschuldigt euch bei Maya, dann bin ich schon zufrieden. Aber erst hoch, wenn ich weit genug weg bin. Verstanden?“ „Jawohl Ma’am!“ bestätigten die Jungs. Also nahm sie ihren Fuß vom Kopf des Einen und entfernte sich. „Guten Morgen Maya. Können wir kurz reden?“ „Äh… klar.“ blinzelte die Rosahaarige mit den ungleichen Augen.
 

„Verstehe, Mariko möchte es also wirklich durchziehen.“ stellte sie auf dem Flachdach der Schule fest, während Ren-jie wieder einmal zeichnete. „So ist es. Ich habe auch vor sie zu befragen. Vielleicht hat sie ja das Kennzeichen oder die Marke erkannt und kann sich einfach nur nicht daran erinnern. Wer weiß? Vielleicht kann sie sich ja auch an das Gesicht des Fahrers erinnern? Übrigens habe ich vorhin den Mann aus meinem Flashback wieder gesehen. Er hat sich beim Umsehen in meine Richtung gedreht aber ich habe mir nichts anmerken lassen.“ „Bist du sicher dass es der Gleiche ist?“ „Nicht nur der Gleiche. Es ist derselbe Mann. Ich hab ihn an seinem Gang erkannt. Er scheint sich seine Schulter vor Kurzem verzogen zu haben, sein linker Arm schwingt beim Gehen nicht mit. Größe und Kleidung passen ebenfalls. Ich fertige auch gerade ein Phantombild an und hoffe, dass Mariko den Mann darauf erkennt, wenn ich ihr das Bild zeige.“ „Zeig ihr das Bild lieber erst nach dieser Befragung. Nicht dass es später vor Gericht heißt, du hättest sie irgendwie beeinflusst.“ Nachdenklich nickte Ren-jie. Auf einmal hatte sie eine Idee und sprang auf. „Ai-Ya! Das ist es! Ich muss los, wir sehen uns später!“ „Warte! Wir schreiben gleich in der ersten Stunde einen Test in Geschichte! Und heute Nachmittag ist da noch eine Klausur in Englisch!“ Niedergeschlagen sank Ren-jie wieder zu Boden. „Mist, das bringt meinen ganzen Plan durcheinander. Hmm… dann lass ich eben die letzten 2 Stunden sausen, das hier ist wichtiger.“ „Tu was du nicht lassen kannst. Gleich geht aber die Schulglocke, also beeilen wir uns lieber.“
 

Leider hatte Maya Recht, in der ersten Stunde stand eine Klausur in Geschichte an. Hauptsächlich waren es Multiple-Choice Fragen, nur wenige Fragen musste sie schriftlich beantworten. Eigentlich sollte der Test über die ganze Stunde gehen, da er doch ziemlich umfangreich war, doch schon nach 10 Minuten hob Renjie die Hand. „Fräulein Di? Haben sie eine Frage zu dem Test?“ „Nein, ich wollte nur fragen was ich tun soll wenn ich fertig bin?“ Alle im Klassenraum sahen sie an. „Wenn sie wirklich fertig sein sollten, was ich sehr bezweifle…“ „Ich bin aber schon fertig.“ Der Lehrerin klappte die Kinnlade herunter. Um zu beweisen was sie sagte, erhob sich Ren-jie und brachte den Testbogen nach vorne. „Dürfte ich bitte das Klassenzimmer verlassen? Ich müsste mal dringend wohin.“ „N-natürlich…“ blinzelte die Lehrerin, sah wie Ren-jie das Klassenzimmer verließ und sah dann auf den Testbogen. Nach erstem Überfliegen sah es fast so aus, als wären die Antworten alle richtig.
 

Ein wenig erleichtert verließ Ren-jie die Toilettenkabine und ging zu den Waschbecken rüber, drehte auf und wusch sich die Hände. „Du bist also Di Renjie? Ich bin ziemlich beeindruckt von dir.“ ertönte eine Stimme hinter ihr. Als sie in den Spiegel sah, erblickte sie einen Jungen, der in ihrem Alter zu sein schien und seine Haare blau gefärbt hatte. „Und du befindest dich auf der Damen-Toilette. In meinen Mangas wäre das jetzt die Stelle an der ich dich mit allem Möglichen bewerfe und wie am Spieß schreie, wenn mir das Konzept von Scham nicht gänzlich fremd wäre.“ „Da kann ich wohl froh sein, oder?“ lächelte der Junge, trat einen Schritt näher an Ren-jie heran. „Ich verstehe allerdings das Konzept von sexueller Belästigung. Wenn du nicht gleich hier raus bist, dann werde ich mich gegen dich verteidigen, das ist meine einzige Warnung.“ ermahnte Ren-jie ihn und trocknete sich die Hände mit einem Papierhandtuch ab. „Wieso denn? Ich wollt‘ nur sagen wie sexy du bist und dass wir sicher ein gutes Pärchen abgeben würden.“ meinte der blauhaarige Junge und legte seine Hand auf Ren-jies Po. Diese stieß mit ihrem Ellenbogen gegen seine Nase, worauf er taumelte, packte sein Handgelenk und warf ihn über die Schulter zu Boden. Stöhnend und aus der Nase blutend blieb er am Boden liegen, das Gesicht vor Schmerz verzerrt. „Ich habe dich gewarnt. Dieses Mal werde ich dich nicht melden. Beim nächsten Mal gehe ich zur Polizei und zeige dich an.“ „Verstanden…“ keuchte der blauhaarige Junge nur noch, sah wie Ren-jie die Toilette wieder verließ.
 

Als Ren-jie wieder ins Klassenzimmer kam, wurde sie sofort von der Geschichts-Lehrerin zur Seite genommen. „Sagen sie Fräulein Di, haben sie beim Test geschummelt? Niemand kann in 10 Minuten einen Test mit so wenig Fehlern beenden.“ „Doch, ich. Ich kannte die Antworten, weil ich viel lese. Ich weiß dass ich 2 Wochen nicht in der Schule war, aber da ich wie gesagt viel lese, auch im Internet und in Geschichtsbüchern, wusste ich die Lösungen. Ich habe ein absolutes Gedächtnis, ich kann absolut nichts vergessen. Wenn sie möchten kann ich ihnen die Wettervorhersagen aus den Zeitungen vom ganzen letzten Monat nennen. Oder ich erzähle ihnen all meine Beobachtungen von gestern früh vor dem Büro des Direktors.“ Leicht errötend schickte die Lehrerin Ren-jie wieder auf ihren Platz.
 

Nur ein paar Stunden später, in der 2ten Stunde des Nachmittagsunterrichtes stand wie Maya prophezeite schon die nächste Klausur an, ein recht komplexer Test in Englisch, welchen sie allerdings auch schon nach 10 Minuten beendet hatte. Während der restlichen Prüfungs-Zeit arbeitete sie weiter an dem Phantombild des Mannes, dem sie nun schon 2mal begegnet war.
 

Wieder ging die Schulglocke zur nächsten Pause und Ren-jie erhob sich mit ihrer Tasche von ihrem Platz. Maya bemerkte dies unweigerlich. „Du willst es wirklich durchziehen, oder?“ „Natürlich. Aber vorher gehe ich zur Polizei und teile ihnen meine Ermittlungsergebnisse und meinen Verdacht mit.“ „Was für Ermittlungsergebnisse?“ wollte Maya wissen, folgte ihrer neuen Freundin mit Tasche aus dem Klassenzimmer und schließlich auch aus dem Schulgebäude. „Ich habe gestern Abend noch im Internet nach Zeitungs-Artikeln von damals gesucht. Außerdem habe ich heute Früh beobachtet, wie der Verdächtige den ich schon mal erwähnte, einen Brief und ein Stofftier vor Marikos Haustür gelegt hat. Hast du nicht gesehen wie viele Stofftiere auf diesem kleinen Altar im Vorflur lagen? Das muss schon über Monate gehen.“ Verstehend nickte Maya. „Also muss derjenige zumindest ein schlechtes Gewissen in Sachen Unfallflucht haben. Was denkst du war sein Motiv? Ich meine, warum ist er vom Unfallort geflohen?“ „Erste Regel der Kriminalistik, meine Liebe: Stelle nie eine Vermutung an, solange du keine Beweise hast. Zweite Regel, welche eigentlich an oberster Stelle stehen sollte: Passe deine Theorien den Beweisen an, nicht die Beweise den Theorien.“ „Gut. Und jetzt? Zur Polizei gehen?“ „Wie ich schon sagte, ich habe ein paar Nachforschungen angestellt.“ meinte Ren-jie dazu, da waren sie schon vom Gelände der Schule runter.
 

Sie waren tatsächlich bei der Polizei, jedoch schenkte ihnen weder der diensthabende Wachtmeister, noch einer seiner Kollegen Beachtung, weshalb sie eine ihr bekannte Kommissarin anrief, die sie am vergangenen Wochenende beim Yoga im Park von Beika kennen gelernt hatte. „Und? Kommt sie?“ „Sie trifft uns vor Marikos Haus. Frau Sato ist eine gute Polizistin. Wenigstens einer schenkt mir mal Glauben.“ meinte Ren-jie im Zug, während sie die paar Stationen zurück in ihren Stadtteil fuhren. „Ich für meinen Teil finde nicht, dass diese Kommissarin sich anhörte als wenn sie dich ernst nimmt. Die Farben die da aus deinem Smartphone kamen, die waren zwar etwas undeutlich, aber es sah fast so aus, wie bei Herrn Nakamura als du das zweite Mal geklingelt hast. Ich habe nicht viel hören können, also sieh mich nicht so komisch an, das macht deine Aura zunichte.“ fügte Maya auf die skeptischen Blicke Ren-jies hinzu. „Tut mir Leid, ich glaube nur nicht an diese Aura-Sache, auch wenn ich deine Fähigkeit sehr schätze.“
 

Tatsächlich wartete vor Marikos Haus ein roter Sportwagen, aus welchem eine schlanke Frau ausstieg, die den Beiden gleich ihren Dienstausweiß zeigte. „Ich bin Kommissarin Sato. Du bist Di Renjie, richtig?“ „Die bin ich. Vielen Dank dass sie kommen konnten. Das hier ist meine Mitschülerin Maya Reid, sie wird uns ein Wenig assistieren. Nicht wahr, meine Liebe?“ „Nur wenn du aufhörst mich so zu nennen, meine Beste.“ Irritiert sah Kommissarin Sato zwischen den beiden Mädchen hin und her. „Habt… habt ihr irgendwie Stress miteinander? Oder…?“ „Nein, aber Renjie scheint sich einen Spaß daraus zu machen mich auf anzügliche Weise aufzuziehen.“ Verstehend nickte Frau Sato, seufzte dann jedoch schwer. „Kommt, bringen wir es hinter uns. Ich hoffe nur die ganze Sache erweist sich nicht als Luftnummer.“ „Wird es nicht, garantiert.“ versprach Ren-jie, führte die Kommissarin zum Haus der Nakamuras und sah durchs Fenster. Mariko sah ebenfalls hindurch, deutete auf die Tür zum Garten. Alle 3 nickten und betraten das Haus schließlich durch die Hintertür.
 

„Ich bin Kommissarin Sato von der Kriminalpolizei und…“ „Ich erinnere mich. Sie und ihr Vorgesetzter Herr Megure haben mich damals im Krankenhaus befragt. Bitte, setzen sie sich, ihr Beiden auch. Und dann beginnen wir mit deiner Befragungsmethode, in Ordnung Renjie?“ „Gut.“ nickte die rosahaarige Brillenträgerin und setzte sich auf das Sofa, genau auf die gleiche Stelle wie am Vortag. Auch die Kommissarin setzte sich, und zwar so dass sie sowohl Ren-jie als auch Mariko im Blick hatte. „Mariko, komm bitte näher. Ich brauche unbedingt deine Hände dafür, damit die Energie zwischen uns beiden fließen kann.“ erklärte Ren-jie, was alle Anwesenden neugierig machte. „Du glaubst nicht an diese Sache mit den Auren die ich sehe, aber an frei fließende Energie?“ „Chi ist ein essenzieller Bestandteil der Kung Fu-Lehren und des Tai-Chi. Wie dem auch sei, ich brauche trotzdem Marikos Hände. Es hilft beim Fokussieren.“ Mit einem Nicken rollte Mariko näher zu Ren-jie, hielt ihr die Hände hin damit diese sie ergreifen konnte. „Konzentrier dich jetzt nur auf meine Stimme und auf nichts Anderes. Nur auf meine Stimme und diesen einen Tag vor 3 Jahren. Schließ deine Augen und denke an nichts Anderes und atme ruhig ein und aus.“ Mariko tat wie ihr gesagt wurde, schloss die Augen und atmete sehr ruhig, tief und gleichmäßig. „Du bist jetzt auf dem Weg von der Schule nachhause, sag mir was du siehst, Mariko.“ Vor Marikos Augen lief ein regelrechter, leicht lückenhafter Film ab, in dem sie sah, was sie damals tat. „Ich… ich schreibe meiner damals besten Freundinn eine SMS. Wir… wir haben uns für den nächsten Tag in der Spielhalle verabredet, wollten das neue Rennspiel ausprobieren. Ich steh auf Rennspiele.“ lächelte Mariko kurz, wurde aber schnell wieder ernst. Interessiert sah Frau Sato zu. „Wo bist du gerade?“ fragte Ren-jie eindringlich. In ihrem Kopf sah Mariko kurz auf, sie hatte es schon am Tag des Unfalls gemacht und orientierte sich kurz. „Ich… ich bin 3 Straßen von zuhause entfernt. Wartet, ich höre ein Auto näher kommen.“ Interessiert beugte sich Kommissarin Sato vor. „Hörst du woher es kommt?“ fragte sie, bekam aber keine Antwort. „Mariko, hast du gesehen aus welcher Richtung es kommt?“ „Nein, ich habe nicht noch einmal aufgesehen. Aber es hört sich an, als käme es von hinter mir. Moment… ich habe mich doch umgedreht. Ich war neugierig. Ein grauer Skoda Fabia kam auf mich zu, er hat die Scheinwerfer an, das Abblendlicht. Ich kann den Fahrer nicht sehen.“ „Was geschieht weiter?“ hakte Ren-jie nach. Angestrengt konzentrierte sich Mariko, man konnte die Schweißperlen auf ihrer Stirn richtig sehen, konnte sehen wie sich ihre Augäpfel unter den geschlossenen Lidern hektisch hin und her bewegten. „Er hat nicht gebremst! Er hat mich überfahren… oh Gott… helft mir bitte… ich brauche Hilfe!“ Die Panik stand Mariko richtig ins Gesicht geschrieben. Beruhigend strich Ren-jie mit ihrem Daumen über ihren Handrücken. „Nur die Ruhe, dir geschieht nichts. Liegst du auf dem Boden? Oder bist du auf seiner Motorhaube?“ „Nein er hat ein paar Meter entfernt angehalten… ich habe aufgesehen, ich sehe sein Nummernschild.“ Eilig holte Frau Sato ihr Notizbüchlein heraus und schrieb das Kennzeichen mit. Noch immer redete Ren-jie beruhigend auf Mariko ein, holte sie behutsam aus ihrer Erinnerung zurück. Schwer atmend stützte sich die blasse Brillenträgerin auf die Knie. Die ganze Zeit über hatte Maya ihrer Mitschülerin und Freundin ins Ohr geflüstert was für Emotionen sie bei Mariko bemerkt hatte. „Maya, bring ihr bitte ein Glas Wasser, ja?“ bat Frau Sato die Rosahaarige mit den ungleichen Augen, welche sich sofort erhob und in die Küche eilte. „Geht es wieder? Bist du in Ordnung Süße?“ fragte Ren-jie behutsam nach. „Ja. Es… es war ein Wenig anstrengend, tut mir Leid dass ich dir Sorgen bereite. Es geht schon wieder.“ lächelte Mariko. In der Zwischenzeit hatte Frau Sato den Halter des genannten Fahrzeuges abgefragt und gleich eine Abfrage beim Standesamt durchgeführt. „Der momentane Halter des Fahrzeuges ist ein gewisser Herr Akihito Saika. Er wohnt nicht weit von hier entfernt. Ich habe gleich noch veranlasst, dass nachvollzogen wird ob Herr Saika vor 3 Jahren auch schon der Halter des Fahrzeuges war. Es wird einige Minuten dauern.“ „Gut, ich verstehe…“ nickte Mariko, nahm von der wiedergekehrten Maya ein Glas Wasser an und trank ein paar Schlucken. „Sag mal Süße, ich hab das nicht genau mitbekommen. Konntest du den Typen damals sehen? Kannst du dich daran erinnern?“ „Nein, ich habe nur seine Schuhe gesehen. Aber ich weiß noch, dass er mit dem rechten Arm quer nach Links gegriffen hat. Vielleicht ist er ja am Arm verletzt gewesen?“ „Möglich.“ Nickten Ren-jie und Frau Sato, sahen sich verwundert gegenseitig an. „Dann bringt dein Phantombild wohl nichts Renjie.“ „Nicht wirklich. Aber ich habe eine Idee. Mariko, ruf du deine Mutter an, sie möchte bitte zur Hauptwache kommen. Und deinen Vater weihen wir ein, wenn er vom Einkauf zurück ist. Frau Sato, könnten sie bitte ihren Chef anrufen? Und stellen sie bitte auf laut, ich möchte gegebenenfalls auch etwas dazu sagen können.“ Die beiden Angesprochenen Nickten und Maya sah nur, dass Ren-jie anscheinend richtig in ihrer Funktion aufging, sogar dass ihre Aura sich richtig aufhellte. Langsam begann sie eine gewisse Zuneigung für Ren-jie zu empfinden.
 

Langsam ging die Sonne unter und Ren-jie wartete vor der Hauptwache darauf, dass der Verdächtige Herr Saika aus dem Gebäude kam. Wie ihr großes Vorbild aus England hatte auch sie eine Pfeife am Wickel, allerdings eine echt aussehende Scherz-Kiseru welche mit einer Seifenlösung gefüllt war und an welcher man nicht saugte, sondern in die man leicht hinein blies. Mit aufsteigenden Seifenblasen lehnte Ren-jie nun neben der Eingangstür und wartete. Die automatische Schiebetür ging auf und ein schwarzhaariger Mann kam heraus. Es war der Mann, den sie auch schon am Morgen gesehen hatte. „Verzeihen sie bitte, sind sie Herr Saika?“ fragte sie ohne sich zu rühren, hielt ihre Kiseru elegant vor dem Gesicht. Etwas irritiert sah der Mann sie an. „Ja der bin ich. Was wollen sie?“ „Mein Name ist Ren-jie. Ich hätte noch die eine oder andere Frage an sie.“ „Tut mir Leid, aber ich habe keine Zeit.“ Blinzelte der Mann, sah an ihr vorbei obwohl sie nicht einmal 2 Meter von ihm entfernt war. „Die werden sie sich nehmen müssen, denn es ist wichtig.“ meinte Ren-jie, trat gemächlich und mit durchdringendem Blick an ihn heran und schließlich nur wenige Schritte an ihm vorbei. „Vor 3 Jahren haben sie einen Verkehrsunfall verursacht. Dabei kam ein Mädchen zu Schaden, das seitdem dank eines Querschnitts im Rollstuhl sitzt. Ihre Mutter hat sich vor 18 Monaten vom Vater getrennt und ihr Vater hat nach diesem Unfall diverse Zwangsstörungen entwickelt, unter Anderem eine Angst vor Viren, Bakterien und Keimen aller Art. Darf ich sie mit der Familie bekannt machen? Herr Nakamura! Würden sie bitte mit ihrer Ex-Frau und ihrer Tochter hier rüber kommen!?“ Aus einer für Herrn Saika nicht einsehbaren Ecke kam Herr Nakamura mit seiner Ex-Frau und seiner Tochter dazu. Irritiert sah Herr Saika die Familie an. „Was wird das hier?“ „Wir wollten dem Mann in die Augen sehen, der unsere Familie zerstört hat.“ meinte Mariko relativ gelassen. Anders als vorhin trug sie nun nicht mehr ihren Pyjama, sondern ein über die Knie reichendes Sommerkleid mit einer Strickjacke drüber. „Seit 3 Jahren habe ich heute das erste Mal wieder das Haus verlassen. Ich bin nicht so jemand, der anfängt irrational zu werden und sie zu beschimpfen. Aber ich möchte gerne verstehen was in ihrem Kopf vorgegangen ist, als sie mich einfach haben auf der Straße liegen lassen. Ich habe sie genau gesehen Herr Saika, es ist zwecklos zu leugnen.“ „I-ich habe gerade der Polizei gesagt dass ich nichts damit zu tun habe. Während die Sonne untergeht fahre ich auch nicht Auto. Und danach schon gar nicht.“ meinte der Verdächtige leicht nervös und wedelte mit der rechten Hand herum, hob aber den linken Arm überhaupt nicht. „Was ist los mit ihnen, Herr Saika? Ist ihr linker Arm gelähmt?“ Geschockt riss Saika die Augen auf. „Wenn das vor 3 Jahren schon der Fall war, dürften sie eigentlich gar nicht mehr Auto fahren. Und nebenbei, woher wissen sie dass an jenem Tag die Sonne gerade unterging?“ Der Verdächtige begann kräftig zu schwitzen, sagte kein Wort. „Ich kann mich sehr genau an jenen Tag erinnern. An jenem Tag ging die Sonne schon um 16:22 unter. Ich weiß es noch, weil ich ein absolutes Gedächtnis habe, viel genauer und natürlicher als ein eidetisches Gedächtnis. Anders gesagt ich kann nichts vergessen. Und wenn sie nicht zufällig das gleiche Syndrom haben wie ich, ist es für sie nahezu unmöglich zu wissen dass die Sonne damals gerade unter ging.“ Noch immer schwieg der Verdächtige mit starrem Blick, traute sich nicht sich zu Di Ren-jie umzuwenden. „Seien sie ehrlich, sie haben nicht nur einen steifen linken Arm, sie leiden auch unter einer Form der Dämmerungs-Blindheit. Um dies zu verschleiern haben sie damals anonym und mit unterdrückter Rufnummer den Notruf gewählt und einen Rettungswagen geholt. Das ist das Einzige, das ich ihnen zugute halten kann. Ich frage mich aber nach dem Warum. Helfen sie mir bitte auf die Sprünge.“ Noch immer starr sprach der Verdächtige kein Wort.
 

Schließlich lockerte sich seine Haltung und er atmete erleichtert aus. „Ich habe mich nicht gestellt, weil ich meinen Job verloren hätte. Ein Anwaltsgehilfe der straffällig geworden ist? Ich bitte euch. Ich bin auf meinen Job angewiesen, damit ich meine Therapie bezahlen kann…“ „Sie machen mich krank!“ fuhr Ren-jie ihn an, schlug ihm mit der Handkante leicht auf den Hinterkopf. „Sie haben kaum etwas getan um Marikos Wohlergehen zu gewährleisten. Nur ein Rettungswagen, kein Notarzt. Durch die ganzen Verzögerungen kam es zu einem irreversiblen Schaden im Rückenmark. Selbst nach der Wirbelsäulen-Operation trat keine Besserung ein. Und nur wegen einem dämlichen Job haben sie ein Menschenleben riskiert. Das ist das Letzte! Zeigen sie dass sie Eier haben und stellen sie sich endlich, sie Feigling!“ Alle waren von Ren-jies Ausbruch überrascht, konnten sich kaum vorstellen, dass sie sich wirklich so ungewählt ausdrücken konnte. Nickend wandte sich Herr Saika wieder um. Bevor er die Hauptwache wieder betrat, sah er noch einmal in Ren-jies Richtung. „Woher wussten sie, dass ich Dämmerungsblind bin? Und wer sind sie?“ „Sie haben an mir vorbeigesehen, also vermutete ich, dass sie entweder extrem kurzsichtig sind, oder Dämmerungsblind. Ich vermute weiterhin, dass sie zu dieser Zeit meistens doppelt sehen und eben auch verschwommen. Und was meinen Namen angeht?“ führte Renjie aus, ging langsam an ihrem Gesprächspartner vorbei und blies sanft in ihre Kiseru, damit wieder Seifenblasen aufsteigen konnten. „Mein Name ist Di Ren-jie. Ich bin Detektivin.“ lächelte sie schließlich.
 

Eine Woche später

Ren-jie und Maya waren wieder auf dem Weg nachhause. Sie hatten sich in den letzten Tagen ständig darüber unterhalten, wie es nun zwischen ihnen und Mariko weitergehen würde. „Also ich hoffe ja dass ihr Vater endlich zur Vernunft gekommen ist. Ich meine, ein Mann kann doch nicht ständig in der Vergangenheit leben.“ „Wenn du mich betrachtest, kannst du sehen dass es doch geht. Ach ja, Mariko hat uns zu sich nachhause eingeladen. Sie sagt, es gäbe etwas zu feiern.“ „Feiern? Bei Mariko? Und ihr Vater ist nicht am Durchdrehen? Kaum zu glauben.“ Schwitzte Maya, da waren sie aber schon vor Marikos Haus. Ein dicker Klos lag in Mayas Hals. „Was ist Süße? Angst deiner Flamme deine Gefühle zu gestehen?“ fragte Ren-jie eigentlich aus Spaß und klopfte ihrer Freundin so kräftig auf den Rücken, dass diese ins Schwanken geriet. Als sie sich wieder gefangen hatte, wandte sich Maya zornig zu Ren-jie um. „Bei dir hackt‘s wohl!“ rief sie. Amüsiert sah Mariko vom Fenster aus alles mit an. „Renjie ist schon eine Nummer. Und Maya kann sich einfach nicht durchringen ihr zu gestehen, dass sie Renjie mag.“ „Das ist wirklich ziemlich kompliziert. “ dachte Ren-jie wieder, während Maya verzweifelt versuchte ihr eine zu kleben.
 


 

Nächstes Mal bei Detektiv Di: Maya bemerkt auf Ren-jies Rücken nach dem Sport-Unterricht ein Tattoo in Form eines asiatischen Drachen und spricht sie darauf an, jedoch weicht Ren-jie ihr aus. Sie, Maya und Mariko werden zu einer Goth-Party eingeladen, welche ein jähes Ende findet. Was ist es, das die Party unterbricht? Und wird der Fall geklärt werden? Seid gespannt, denn es gibt immer nur eine Wahrheit!



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