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RUN

They never stop catching you
von

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Kapitel 7

Sugawara starrte die Polizeistation an. Er sagte nichts, er konnte nichts sagen.

»Wo kommen die her? Die letzten Wochen über waren hier keine und jetzt sind es auf einmal so Viele. Das kann doch gar nicht sein!«, sagte Tsukishima und schob sich die Brille auf dem Nasenrücken hoch.

Yachi konnte sich vorstellen wo die Schnapper herkamen. Das waren bestimmt welche von denen, die heute Mittag über den Highway gewandert sind. Bestimmt hatten sich ein paar von denen durch den Wald in die Stadt verirrt.

Sugawara schüttelte mit dem Kopf. »Es war zu wenig Zeit!«

»Was hast du gesagt?«

»Es war zu wenig Zeit!«, widerholte Sugawara leise.

Und im nächsten Moment verlor er die Kontrolle über seinen Körper. Der Stress, die Angst, die Panik und die Hoffnungslosigkeit der letzten Wochen ließen sich nicht länger in seinem Inneren unterdrücken. Sie brachen aus, nahmen ihn ein. Tränen strömten ihm aus den Augenwinkeln. Er schüttelte den Rucksack von seinen Schultern. Am Boden suchte er nach Steinen, Tannenzapfen, allem was er zu greifen bekam. Dann begann er damit sie in Richtung Polizeiwache zu schmeißen.

»Ihr blöden Viecher, ihr Monster! Ihr habt mir doch nun schon alles genommen, was wollt ihr denn noch?«, schrie er.

Er konnte von Glück sagen, dass er zu weit weg war und das die Schlürfer ihn deswegen weder sahen, noch hörten.

Sugawara ging bei jedem Wurf einen Schritt we-ter in Richtung Polizeiwache.

Tsukishima wusste das er eingreifen musste, bevor die Schlürfer auf ihn aufmerksam wurden. Doch im Moment konnte er nicht anders, als den dunklen Waldboden anzustarren und die Hände zu Fäusten zu ballen. Er hatte damit zu tun die Tränen, die ihm in den Augen brannten zu unterdrücken. Sugawara hatte recht, mit allem was er sagte. Und es tat gut, dass endlich jemand aussprach, was sie alle die letzten Monate über schon gedacht hatten.

Tsukishima würde sich selbst niemals als Optimist bezeichnen, eher als Realist. Und dieser Instinkt sagte ihm, dass er jetzt keine Zeit zum Weinen hatte. Er musste herausfinden in welche Richtung Bokuto, Oikawa und Akashi gefahren waren. Sie mussten dafür sorgen, dass Yachi zurück zu ihrer Gruppe kam. Er musste Kuroo finden. Sie alle mussten einen neuen sicheren Ort finden …

Er blickte auf, sah die rote Decke, welche an der Fassade der Polizeiwache befestigt war und im Wind wehte. Er fixierte sie mit seinem Blick und atmete einmal tief durch. Sie würden das schaffen, er war sich ganz sicher!

Er drückte Yachi Sugawaras Rucksack in die Hand und ging dann zu ihm.

Sugawara hatte aufgehört Dinge nach den Schlürfern zu schmeißen. Er kniete auf dem Waldboden, hatte die Hände tief im Moos vergraben und weinte leise vor sich hin.

Als er eine Hand an seiner Schulter spürte, die sanft zudrückte, schluchzte er auf.

»Ich hasse es wenn Kuroo recht hat«, sagte Sugawara und begann dann plötzlich zu lachen.

Tsukishima gefiel dieser plötzliche Stimmungsumschwung überhaupt nicht. Aber er hatte jetzt keine Zeit diesen weiter zu hinterfragen. Sie mussten hier verschwinden, bevor die Schlürfer doch noch auf sie aufmerksam wurden.

»Wir müssen hier weg« - Tsukishima machte eine kurze Pause - »Ich denke es ist das Beste wenn wir Yachi zum Highway bringen und danach Akashi, Bokuto und Oikawa suchen.«

Sugawara warf einen Blick über seine Schulter und suchte in der Dunkelheit nach Tsukishimas Augen.

»Was ist mit Kuroo?«, fragte er den Brillenträger mit klopfendem Herzen.

»Wir müssen an die Gruppe denken. Ich habe Bokutos Katana, er kann sich also nicht mal verteidigen«, antwortete Tsukishima und ignorierte sein ziehendes Herz. »Und außerdem kennst du die Regeln: Einzelgänger werden zurückgelassen!«

»Aber-«

»Kein aber, wir gehen jetzt!«, unterbrach Tsukishima Sugawara harsch.

Er zog die Hand zurück, drehte sich um und zückte sein Katana.

»Wenn wir schnell sind und uns nicht verlaufen, schaffen wir es bis zur Morgendämmerung den Highway zu erreichen!«

Tsukishima ermutigte Sugawara und Yachi nicht noch einmal, ihm zu folgen. Er ging einfach los und drehte sich nicht nach den Nachzüglern um.
 

ɸ


 

Akashi hielt an der Zufahrt zum Highway an. Er blickte die Zufahrtsstraße skeptisch an.

Highways sind Friedhöfe – die Regel hatte er selbst aufgestellt. Doch im Moment erschien ihm dieser sicherer, als die kleinen dunklen Landstraßen die quer durch den Wald verliefen und nicht von schützenden Leitplanken eingezäunt waren.

Akashi warf einen Blick nach rechts, wo Bokuto und Oikawa seelenruhig schliefen.

Würden sie es ihm übel nehmen wenn er sie der Gefahr des Highways aussetzte?

Er sollte sie wecken und das mit ihnen besprechen. Doch vorher musste er sich selbst Gedanken darüber machen. Deswegen schaltete er den Motor aus und das Scheinwerferlicht ab.

Einen Blick in Richtung Landstraße zu werfen brachte ihm fast gar nichts. Sie lag komplett dunkel zu seiner linken und wirkte nicht besonders einladend. Die Straße war so schmal, dass selbst zwei ganz normale Autos Probleme bekommen würden nebeneinander herzufahren. Noch dazu kam der – mit großer Sicherheit – schlechte Zustand der Fahrbahn, die bestimmt Kraterähnliche Schlaglöcher für sie bereit hielt und mit einem Transporter nicht schnell befahrbar war. Was zu einem großen Problem führen würde, wenn sie einer Horde Schlürfern begegnen sollten. Und um die alle über den Haufen fahren zu können, ohne aus dem Transporter einen Totalschaden zu machen, bräuchte er eine breitere Stoßstange. Außerdem würden sie sich sehr weit von Sugawara, Tsukishima und Kuroo entfernen. Für die drei könnte das unter Umständen auch in Gewaltmärsche ausarten.

Akashi seufzte und warf einen Blick in Richtung Highway.

Alleine die Zufahrt zu diesem war schon doppelt so breit wie die Landstraße. Es würde keine Schlaglöcher geben und wenn die Straße nicht von Fracks besiedelt wird, kommen sie bequem und schnell hindurch. Außerdem sind mit Sicherheit weniger Schlürfer auf einem Highway unterwegs. Der wichtigste Punkt war aber, dass sie sich parallel zur Polizeiwache positionieren würden und somit eine größere Chance bekamen die drei Verschollenen wiederzufinden.

Akashi beschloss seine schlafenden Kameraden nicht zu wecken. Er startete den Wagen, schaltete das Licht an und fuhr in Richtung Highway los. Es war fahrlässig seinen Freund in Gefahr zu bringen, dass wusste er. Aber es wäre genauso fahrlässig, seine Freunde im Stich zu lassen, nur weil er zu viel Angst hatte.
 

ɸ


 

Kageyama sah den schlafenden Hinata kopfschüttelnd an. Sein Freund hatte sich in einen der Stühle gesetzt, die Arme vor der Brust verschränkt und sich tief in seine Jacke gekuschelt. Kageyama hatte ihm noch gesagt, dass er nicht einschlafen durfte. Kaum hatten diese Worte seinen Mund verlassen, waren Hinata die Augen auch schon zu gefallen. Nach eigener Aussage wollte er nur ein wenig dösen. Doch nachdem sich Kageyama nur einmal kurz umgesehen hatte, war aus dem Stuhl nur noch ein leises Schnarchen zu hören.

Der ehemalige Zuspieler versicherte sich noch einmal, dass kein Schnapper zu sehen war. Dann trat er an seinen Freund heran und streichelte ihm sanft über den Kopf. Das friedliche Gesicht des Kleineren beruhigte ihn. In letzter Zeit hatte Hinata viele Alpträume. Wenn sie mal zum schlafen kamen, dann war dieser nicht erholsam. Hinata weckte ständig auf, begann am ganzen Leib zu zittern wie Espenlaub und weinte nicht selten. Kageyama war diesbezüglich so sensibel geworden, dass er nach dem ersten Schluchzen wach wurde. Die Träume die Hinata quälten, betrafen meistens das Team der Karasuno. Er träumte davon, dabei zusehen zu müssen, wie eines der Teammitglieder von Schnappern zerfleischt wurde. Wenn Kageyama dann fragte, was Hinata daran hinderte dies zu verhindern, erzählte ihm Hinata entweder, dass seine Füße am Boden festgefroren waren. Oder er plötzlich von einer unsichtbaren Kraft hinfort gezogen wurde.

Kageyama wusste, dass sein Freund damit den Tod seiner Schwester verarbeitete und, dass er ihm dabei nicht helfen konnte. Aber in manchen Nächten war es schwer das tatenlos mit anzusehen. Manchmal schlief Kageyama gar nicht erst ein, weil er ganz genau wusste, dass sein Freund ihn in ein paar Minuten sowieso wieder aufwecken würde.

Doch heute schien Kageyama davon verschont zu bleiben, denn Hinata hatte sich in den letzten fünfzehn Minuten noch nicht einen Millimeter bewegt – ein gutes Zeichen!

Kageyama streichelte seinem Freund noch einmal kurz über den Kopf und setzte sich dann auf den anderen Stuhl. Er angelte sich einen Energy-Drink aus der Kühlbox zu seinen Füßen. Bevor er sie öffnete, drehte er die Dose in seiner Hand hin und her.

Das Getränk war in der heutigen Zeit noch schwerer aufzutreiben als eine Flasche Sake und ihr aktueller Vorrat war begrenzt. Aber wenn er nicht so enden wollte wie Hinata, dann hatte er diese Brühe jetzt bitterböse nötig. Denn Kenma war der einzige der mit dem Gaskocher umgehen konnte und der würde sich jetzt nicht aus seinem Bett bequemen um eine Kanne Kaffee zu kochen. Und in kaltem Wasser löste sich der Instantkaffee nicht auf, dass hatte Kageyama in seiner Verzweiflung schon mal getestet.

Der Innendruck entwich der Dose laut zischend, als Kageyama die Metalllasche anhob. Das Geräusch halte über den gesamten Highway und einen Moment hatte er Angst, er könnte die anderen damit aufgeweckt haben.

Er warf Hinata einen kurzen Seitenblick zu. Das Krähenküken schnarchte seelenruhig vor sich hin – also Entwarnung.

Kageyama nahm einen großen Schluck von dem süßen, klebrigen Getränk. Es schmeckte jedes Mal so, als ob er sich vier Stück Würfelzucker mit einem Mal in den Mund stecken würde. Den Geschmack würde er morgen noch den ganzen Tag im Mund haben. Bei den nächsten beiden Schlucken hielt er sich die Nase zu, denn den Kaugummiähnlichen Geruch mochte er genauso wenig.

Als er die Dose auf dem Dach des Wohnmobils abstellte und sich wieder zurücklehnen wollte, fielen ihm zwei Lichter am Horizont auf, die mit jeder Sekunde größer wurden. Er starrte weiter in die Richtung und versuchte zu erahnen um was für ein Gefährt es sich handeln könnte. Für ein ganz normales Auto standen die Scheinwerfer aber zu weit auseinander.

Panisch sprang er auf, schaffte es gerade so zu verhindern, dass die Getränkedose umkippte. Dabei machte er so einen Lärm, dass auch Hinata aus seinem Stuhl hochschreckte. Als er registriert hatte, dass der Krach von seinem Freund verursach wurde, atmete er erleichtert aus.

»Was ist denn los?«, fragte er gähnend und rieb sich dabei den Schlafsand aus den Augen.

»Steh auf, da kommt ein Auto! Wir müssen die anderen wecken!«

Hinata rutschte das Herz in die Hose. Auf andere Überlebende zu treffen hatte in dieser neuen Welt nicht immer einen guten Ausgang. Denn ganz selten wollten diese etwas Gutes. Damit hatten sie alle ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht.

Kageyama drückte Hinata ein Gewehr in die Hand und ging dann zur Leiter die vom Wohnmobildach hinab führte. Hinata zitterte wie Espenlaub. Er stand auf wackeligen Beinen seinem Freund gegenüber, blickte ihn aus tellergroßen Augen an. Er wollte sich den Menschen, die da auf sie zukamen, nicht gegenüberstellen. Er wollte die anderen wecken und sich gemeinsam mit ihnen im Wald verstecken.

»Tobio«, sagte Hinata mit zittriger Stimme, »ich will nicht sterben!«

Kageyama seufzte leise. »Du wirst auch nicht sterben! Das werde ich verhindern, aber wir müssen erst mal von diesem Dach hinunter!«, antwortete Kageyama.

Hinata rang noch immer um Fassung, schaffte es aber zu nicken und sich in Bewegung zu setzen.

Als sie beide auf dem Asphalt des Highways standen, warf Kageyama einen schnellen Blick über die Autos hinweg, um abschätzen zu können wie weit die Lichter noch entfernt waren.

Maximal drei Minuten hatten sie noch, dann wäre das Gefährt bei Ihnen. Sie mussten schnell handeln.

Lev, Matsukawa und Hanamaki würde Kageyama hierbehalten, falls es doch zu einem Kampf kommen würde. Der Rest sollte sich im Wald verstecken.

Der ehemalige Zuspieler atmete tief ein und aus. Dann drehte er sich zu seinem Freund um und packte ihn an den Schultern.

»Du weckst jetzt Kenma, Yaku, Yamaguchi und Kuroo und gehst mit ihnen in den Wald. Versucht euch irgendwo zu verstecken, rennt aber nicht zu weit weg. Wir kommen euch holen, wenn alles vorbei ist!«

Kageyama beugte sich zu seinem Freund hinab und drückte ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen. Er musste sich für den Fall der Fälle alles ganz genau einprägen. Denn Hinatas Gesicht was das Gesicht, was er sehen wollte, wenn er starb. Nur seins, kein anderes.

Hinata wollte etwas sagen, doch die Panik hatte ihm die Kehle zugeschnürt. Er strich Kageyama einmal kurz über die Wange und verschwand dann im Inneren des Wohnmobils um seine Freunde zu wecken.

Kageyama ging auf den VW-Bus zu. Hanamaki und Matsukawa waren sicherlich nicht sehr erfreut darüber jetzt wieder geweckt zu werden.

Als er in der Nähe des VW zum Stehen kam, standen Hanamaki und Matsukawa bereits auf der Straße und sahen in Richtung der Lichter.

Matsukawa streckte sich und gähnte dabei, während Hanamaki seine Messer zählte.

»Denkt ihr, dass wir kämpfen müssen?«, fragte Kageyama die beiden mit erstickter Stimme.

Hanamaki lachte freudlos auf. »Da fast jede Gruppe aus Überlenden bessere Waffen hat als wir, wird es wohl keinen großen Kampf geben!«

Matsukawa nickte zustimmend. »Aber wenn Sie Maschinengewehre haben, sterben wir wenigstens schnell und hoffentlich schmerzlos!«

Kageyama gefiel die Einstellung der beiden überhaupt nicht. Aber er wunderte sich nicht darüber. Denn Matsukawa und Hanamaki hatten nur noch sich, alles andere hatte ihnen diese neue Welt schon genommen. Und wenn sie heute beide sterben würden, dann wäre es für sie kein unüberwindbarer Verlust.

Während die drei reglos dort standen krabbelte Kuroo aus dem Bus und rieb sich die Augen.

»Was ist denn los?«

»Geh zu Hinata und den anderen, er wird die erklären was zu machen ist!«, antwortete Kageyama.

»Grüß die Feiglinge schön!«, rief Hanamaki ihm hinterher und fing sich dafür einen Hieb in die Seite von seinem Freund ein.

Kuroo wandte den Blick in Richtung Lichter und fixierte sie. Das Gefährt war mittlerweile so nah, dass die schemenhaften Umrisse eines Transporters zu erkennen waren. Und Kuroo war sich ganz sicher, dass es in der Umgebung nur einen einzigen weißen Transporter gab, der noch fahrtüchtig war.

»Ihr könnt eurer Waffen wieder wegstecken«, sagte Kuroo gelassen.

Hanamaki zog beide Augenbrauen hoch. »Warum? Willst du dich etwas als Unterhändler versuchen?«

»Von denen geht keine Gefahr aus! Ihr braucht Hinata auch nicht in den Wald rennen lassen!«, antwortete Kuroo. »In dem Transporter sitzen Oikawa und die Anderen!«
 

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Sie hatten sich verlaufen. Das, was unter keinen Umständen hätte passieren dürfen, war passiert.

Tsukishima stöhnte genervt auf, während er mit seinem Katana Gestrüpp aus dem Weg räumte.

Yachi und Sugawara liefen stillschweigend hinter ihm her. Seitdem sie gemerkt hatten, dass ihre Wegweisungen der komplette Reinfall waren, hatte keiner von ihnen mehr etwas gesagt.

»Wenn wir es irgendwie bis zum Fluss schaffen, sollten wir den Weg zum Highway eigentlich auch schnell finden«, sagte Tsukishima ausdruckslos.

Im Moment wünschte er sich bloß, dass die Nacht schneller vorbeiging. Er konnte kaum sehen wo er hintrat und einen Schlürfer würde er im Zweifelsfall auch nicht sehen.

Sugawara hatte Tsukishima schon mehrmals angeboten seine Taschenlampe zu nehmen, aber das war dem Brillenträger zu riskant.

Deswegen stapften sie im Dunkeln durchs Moos, vorbei an hohen Tannenbäumen und dicken Trauerweiden.

Zwei Stunden waren Sie unterwegs, dann taten Yachi die Füße so sehr weh, dass sie sich weigerte, noch einen einzigen Schritt weiterzugehen. Sie war vollkommen erschöpft und dehydriert. Das Wasser war der Gruppe aber schon vor einer ganzen Weile ausgegangen. Noch dazu kamen die schwülen Temperaturen und die drückende Luft. Es war nicht wirklich kalt und auch nicht wirklich warm, doch die kleinste Anstrengung brachte einen schon zum Schwitzen.

»Wir müssen eine Pause machen! Sie ist den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, sie muss sich ausruhen!«, sagte Sugawara eindringlich.

Tsukishima zischte und verdrehte die Augen. »Ich bin auch den ganzen Tag unterwegs. Wir können nicht anhalten. Es ist kaum was zu erkennen und die Schlürfer könnten uns überraschen. Wenn du kein Nachtsichtgerät aus deinem Rucksack zaubern kannst, dann können wir auch nicht anhalten, so einfach ist das!«

Tsukishima schob sich die Brille auf der Nase Zu Recht und wandte sich dann Yachi zu. »Ich weiß, dass du erschöpft und müde bist, aber wir müssen weiter. Wenn wir es bis zum Fluss schaffen ist es nicht mehr weit!«

Sugawara verzog das Gesicht. Ihn pflaumte Tsukishima an, aber Yachi packte er in Watte.

Das Mädchen begann zu schluchzen. »Aber ich kann wirklich nicht mehr laufen. Ich habe einen Krampf in beiden Oberschenkeln und meine Füße fühlen sich an wie Blei. So einen Gewaltmarsch musste ich in den letzten Drei Monaten nicht hinter mich bringen!«, jammerte sie.

Nun verlor auch Tsukishima die Geduld. Er schulterte die beiden Katanahüllen ab und drückte sie Sugawara in die Hand, anschließend positionierte er sich genau vor Yachi.

»Ich werde dich bis zum Fluss Huckepack nehmen, danach läufst du wieder alleine – verstanden? Wenn nicht, lassen wir dich zurück!«

Yachi nickte eilig, bevor Tsukishima es sich vielleicht doch noch anders überlegte, und stemmte sich vom Boden hoch.

Sugawara musste ihr helfen auf Tsukishima aufzuspringen, denn der Brillenträger war einfach zu groß für ihre kurzen Beinchen.

Sie klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende und schlang Arme und Beine so fest um Tsukishima, dass dieser Schwierigkeiten beim bewegen hatte.

Er ließ sich von Sugawara beide Katana reichen und dann gingen sie weiter. Dieses Mal nebeneinander.

Und weil Sugawara das dumpfe Schweigen nicht mehr ertrug, stimmte er eine Geschichte aus Schulzeiten an, wo sie alle drei Teil des Volleyballteams waren.
 

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Er spürte eine Hand an seiner Wange. Verblichene braune Augen starrten ihn an. Eine brechende Stimme sagte ihm, dass er gehen musste, dass er sich in Sicherheit bringen musste. Dass er IHN zurücklassen musste.

Er küsste die spröden Lippen, strich über die kratzende Wange seines Gegenübers. Er vergoss Tränen und schluchzte. Er würde nicht gehen, er würde IHN hier niemals zurücklassen.

Plötzlich packten ihn zwei Hände an den Schultern und zogen ihn hinfort und sein größter irdischer Schatz verschwand am Horizont, während er selbst immer weiter in die Dunkelheit hineingezogen wurde.

Er hörte das Stöhnen, hörte das Ächzen. Hörte andere Menschen die hämisch lachten, weil sie sich in einer Welt ohne Regeln und Gesetze als die Stärkeren bewiesen hatten.

Er spürte tote, kalte Hände überall auf seinem Körper. Sie kratzten ihn wund und blutig, sie rissen seine Haut auf. Er schrie und schrie. Doch niemand hörte ihn. Niemand würde kommen um ihn zu retten!
 

Oikawa fuhr erschrocken aus dem Sitz hoch und starrte schwer atmend aus der Frontscheibe. Er hatte schon seit Wochen nicht mehr von Iwaizumi geträumt. Und ausgerechnet jetzt, wo Sugawara nicht da war, kamen die Alpträume zurück. Intensiver und lebendiger als jemals zu vor.

Panisch blickte er sich um. Er musste sich vergewissern, dass sein Traum nicht doch zur Wirklichkeit würde.

Dabei stellte er fest, dass Akashi den Transporter über den Highway durch ein paar verrostete Fracks lenkte.

Oikawa rieb sich die Augen, nachdem die Panik ein wenig abgeebbt war. »Warum fährst du hier lang? Du warst doch derjenige gewesen, der gesagt hat Highways sollen wir meiden!«

Akashi erschreckten die plötzlichen Worte so sehr, dass er statt der Kupplung aus Versehen auf die Bremse trat und damit den Transporter ruckartig zum Stehen brachte. Bokutos Kopf schlug einmal auf dem Armaturenbrett auf und als die Eule dank des Rückschwungs wieder in seinen Sitz geworfen wurde, war auch sie wach. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb er sich die Stirn.

»Boah Akashi; musste das sein?«, beschwerte er sich auch gleich.

Sein Freund streichelte ihm einen Moment über die Stirn. »Tut mir leid, war nicht mit Absicht!«

»Das will ich auch schwer hoffen«, erwiderte Bokuto und streckte sich gleichzeitig so sehr in die Höhe, dass sämtliche seiner Knochen knackten.

Oikawa stellte seine Frage erneut.

»Weil mir der Highway sicherer erschien, als diese kleine holprige Landstraße«, rechtfertigte sich Akashi. »Und außerdem fahren wir jetzt parallel zu Kuroo und den anderen. Wenn wir morgen die Zeit nutzen und sie suchen gehen, finden wir sie bestimmt!«

Bokuto ließ seinen Blick über den Schrottplatz vor seinen Augen wandern. »Bist du dir sicher, dass wir hier überhaupt durchkommen? Es sieht so aus, als hätte es hier mal einen Unfall und kein durchkommen gegeben. Warum sonst würde jemand sein Auto mitten auf dem Highway stehen lassen!«

Oikawa schauderte. »Mich interessiert eher wo die Insassen hin sind!«

»Wenn sie es nicht überlebt haben, sind sie trotzdem schon lange fort! Du weißt doch: Schlürfer halten sich nie lange an ein- und demselben Ort auf – es sei dem es gibt etwas zu fressen!«, klärte Akashi ihn auf.

Im nächsten Augenblick rollte der Transporter schon wieder.

Oikawa blickte nachdenklich aus dem Fenster und starrte direkt in den dichtbewachsenen Wald. Er fragte sich, was Sugawara wohl im Augenblick machte und ob er ihn auch so sehr vermisste.

Der Transporter hielt wieder. Oikawa und Bokuto warfen Akashi einen fragenden Blick zu.

»Seht ihr das Licht da vorne? Direkt geradezu!«

Bokuto und Oikawa drehten synchron die Köpfe und warfen einen angestrengten Blick aus dem Fenster. Oikawa gab das nach einigen Sekunden jedoch wieder auf. Diese vermaledeite Kurzsichtigkeit war in so einer Welt überhaupt nicht zu gebrauchen. Vor allem dann nicht, wenn man seine Brille im Tumult der Evakuierungen verloren hatte.

Bokuto schaute sich noch ein paar Sekunden länger um. Er wollte gerade seinen Freund fragen, ob er seit neustem Gespenster sah, als auch er am Horizont etwas aufflackern sah. Es sah aus wie eine große Kerze oder ein brennendes Feuerzeug.

»Wir sollten umdrehen«, flüsterte die Eule. »Das gefällt mir überhaupt nicht!«

»Aber was ist, wenn einer von uns bei ihnen ist und sie ihm etwas antun wollen. Dann müssen wir ja wenigstens versuchen ihn zu retten oder etwa nicht?«, fragte Akashi, klang dabei beinahe schon ein wenig verzweifelt.

»Wenn diese Menschen uns etwas antun, haben wir auch nichts gekonnt – am Ende sterben wir alle!«, entgegnete Bokuto energisch.

Jetzt lehnte sich Oikawa vor. »Das ist egal! Ich habe einmal jemanden zurückgelassen, ich werde es kein zweites Mal tun!« - er seufzte schwer - »Wenn ihr zu viel Angst habt, dann lasst mich aussteigen und dreht wieder um!«

Akashi brabbelte daraufhin etwas in seinen nicht vorhandenen Bart und legte den ersten Gang ein.

»Wenn wir sterben, dann alle zusammen!«, begründete er seine Entscheidung und trat aufs Gaspedal.

Ungefähr zwanzig Meter vor dem Licht blieben sie stehen. Akashi machte den Motor aus und öffnete seine Tür. Oikawa tat es ihm gleich. Nur Bokuto war noch immer nicht überzeugt.

Akashi verengte die Augen zu Schlitzen.

»Kommst du dann endlich? Ich habe keine Lust hier noch bis morgen früh zu warten!«, fauchte er seinen Freund an.

Die Eule schüttelte energisch mit dem Kopf. »Ich geh da nicht hin! Ihr seid doch lebensmüde!«

Akashi stöhnte genervt und knallte die Fahrertür dann einfach zu. Er würde jetzt keine Diskussion führen.

Oikawa und Akashi war schon etwas mulmig zu Mute, als sie auf den Konvoi aus Wohnmobil und VW Bus zugingen.

»Denk immer dran: Wir sind bis hier hingekommen, mit einer Axt und einem Baseballschläger. Es gibt kein schwierigeres Hindernis!«

»Und wenn die Waffen oder sogar Maschinengewehre haben? Was machen wir dann?«, entgegnete Oikawa. Jetzt war er auch nicht mehr so überzeugt davon, dass sie das richtige taten.

Sie gingen langsam, Schritt für Schritt. Und irgendwann war der Abstand so klein, dass sie aus Sicherheitsgründen stehen blieben.

»Wir kommen in Frieden!«, sagte Akashi, weil ihm nichts Besseres einfiel und weil er das dringende Bedürfnis hatte überhaupt etwas zu sagen.

Jemand trat hervor und breitete die Arme aus. »Wäre auch traurig wenn nicht«, sagte die Person.

Akashi und Oikawa erkannten die Stimme sofort. Es war Kuroo!

Akashi begann zu grinsen, ließ die Axt fallen und rannte auf seinen Freund zu, um ihn fest in die Arme zu schließen.

Neben Kuroo traten zwei weitere Personen hervor, deren Gesichter sogar Oikawa trotz seiner Kurzsichtigkeit sofort erkannte. Er ließ seinen Baseballschläger fallen. »Matsun? Makki? Seid ihr es wirklich?«

»Ja, ja wir sind‘s«, antwortete Hanamaki weinerlich.

Dann gab es für alle drei kein Halten mehr. Oikawa ließ seinen Baseballschläger fallen und rannte auf seine beiden Totgeglaubten Freunde zu. Niemals im Leben hätte er geglaubt, sie jemals wiederzusehen!

Die drei Freunde schlossen sich gegenseitig fest in die Arme und konnten die aufkommenden Tränen nicht unterdrücken. Dieses Wiedersehen erinnerte sie daran, dass einer von ihnen fehlte. Dass er es nicht geschafft hatte. Es würde wohl für immer ein Loch in ihren Herzen zurückbleiben.

Neben ihnen löste sich Kuroo langsam von Akashi. »Wo sind Kei und Bokuto?«

»Bokuto sitzt im Transporter! Er hatte zu viel Angst hier her zu kommen. Und Tsukishima ist am Abend noch einmal losgegangen um nach Sugawara und dir zu suchen und ist nicht zurückgekehrt«, antwortete Akashi mit zitternder Stimme. »Wir mussten die Polizeiwache aufgeben. Sie waren überall. Wir haben die rote Fahne aufgehängt und sind verschwunden – ich hoffe Sugawara und Kei sind nicht von der Straße aus reingegangen.«

Kuroos Augen weiteten sich panisch. »Sugawara ist in einem Haus im Wald. Die Chance das Kei ihn dort findet ist … Und Kei läuft nicht gerne durch den Wald, vor allem bei Dunkelheit nicht. Er wird von der Straße aus zurückkommen und in die Falle tappen!«

Akashi senkte den Kopf. »Das haben wir nicht bedacht.«

Wütend schlug Kuroo gegen die Karosserie eines Fracks. Er raufte sich verzweifelt die Haare.

Er brauchte ein paar Minuten um sich zu sammeln, dann trat ein wahnsinniger Ausdruck in seine Augen und er begann hysterisch zu lachen. »Das alles ist doch völlig absurd! Sobald ich in Sicherheit bin, ist er in Gefahr und umgekehrt!«

Akashi wusste nicht was er dazu sagen sollte. Deswegen sagte er gar nichts.

»Ich werde mal Bokuto holen gehen«, meinte Kuroo plötzlich und setzte sich humpelnd in Bewegung.

Neben ihm lösten sich jetzt auch die drei ehemaligen Aoba Josai Schüler voneinander.

Und Kageyama, der Hinata davon abgehalten hatte in den Wald zu laufen, trat heran.

Oikawa begann zu grinsen. »Warum wundert es mich nicht, dich hier zu sehen!«

Kageyama zuckte mit den Schultern und ehe er sich versah, wurde er von Oikawa schon in eine feste Umarmung gezogen.

»Es ist schön, dass du noch am Leben bist«, flüsterte Oikawa ihm ins Ohr und schloss in dann noch fester in seine Arme. Kageyama erwiderte die Umarmung fest.

Nachdem sich Oikawa wieder von seinem ehemaligen Schüler gelöst hatte, erblickte er Hinata und Yamaguchi. Obwohl er nie wirklich etwas mit Ihnen zu schaffen hatte, schloss er auch sie kurz in eine Umarmung.

Dass sie früher auf dem Feld Feinde waren, war jetzt nicht mehr von Bedeutung. In dieser neuen Welt wurden sie automatisch zu Verbündeten.

Akashi wurde derweilen auf Kenma, Yaku und Lev aufmerksam.

Die Begrüßungsrunde wurde fortgeführt. Und als Bokuto zu ihnen stieß ging es weiter.

Kuroo blieb am Rand stehen und sah in die Richtung, aus der der Transporter gekommen war. Er überlegte fieberhaft wie er zur Polizeistation zurückkam, um seinen Freund zu retten. Wenn die Schlürfer in sich nicht schon geholt hatten.

Hanamaki trat von links an ihn heran. »Vermisst du jemanden?«

»Meinen Freund«, antwortete Kuroo ehrlich. »Er hat die Gruppe verlassen um mich zu suchen!«

Matsukawa trat von rechts an ihn heran. »Dann sollten wir ihn morgen suchen gehen.«

»Ich glaube nicht das das noch einen Sinn hat!«

»Gib die Hoffnung nicht auf«, entgegnete Hanamaki.

»Niemals«, fügte Matsukawa hinzu.


Nachwort zu diesem Kapitel:
➽ Kapitel 8 erscheint am 8. März 2019/b]

1. Entwurf von "RUN" by YukiKano || Das Ellie || © (2019)]/i]
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