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Mephisto

denn sie wissen nicht, was sie tun
von

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Arche

„Also dann, wir wünschen euch einen sicheren Heimweg.“

Hakus Lächeln wirkte ehrlich, als sie sich verabschiedeten und dennoch…Itachi konnte einfach keine rechte Sympathie für ihn empfinden. Für keinen von beiden. Dementsprechend war er froh, als am nächsten Morgen der Abschied kam.

„Und lass dich nicht wieder schnappen und um ein Haar hinrichten“, fügte Zabuza grimmig an und schlug Kisame fest auf die Schulter.

Dieser grinste, drückte die Hand kurz, ehe er sie wegschlug.

„Mach dir Sorgen um dich selbst. Ich komm klar.“

„Hat man gesehen…aber na ja, der da passt ja hoffentlich auf dich auf, was?“

Zabuza zeigte nun auf ihn, funkelte ihn dabei mit einem Ausdruck an, den man auch als Warnung sehen konnte. Es war schwer, diesen Mann einzuschätzen, sodass Itachi es bei einem Nicken beließ.

„Wir passen aufeinander auf – so wie ihr auch“, gab Kisame zurück.

„Kann man sagen…na, wie auch immer. Wir sehen uns dann in ein paar Tagen.“

„Die anderen werden erleichtert sein, dass es dir gut geht, Kisame-san“, fügte Haku noch an, woraufhin der Hüne mit den Schultern zuckte.

„Die meisten von ihnen jedenfalls. Kann mir nicht vorstellen, dass Kakuzu oder Sasori großartig um mich trauern…“

„Kakuzu trauert nur seinem Geld hinterher“, meinte Zabuza abfällig. „Und für den Puppenspieler gibt’s bloß seine abartige Kunst…“

„Und Deidara“, bemerkte Haku mit einem Lächeln, woraufhin sein Partner jedoch schnaubte.

„Darauf würde ich jetzt nicht wetten, aber gut…wir sollten wirklich los.“

„Da hast du Recht. Bis bald, Kisame-san, Itachi-san!“

Itachi blickte den Kameraden des Hünen nach, bis sie verschwunden waren, dann wandten auch sie sich ab und führten ihren Weg fort. Direkt fühlte er sich entspannter, hatte sich anscheinend an die Zweisamkeit mit Kisame schneller gewöhnt, als er gedacht hatte. Er vertraute ihm. Bei den anderen beiden hatte er nachts kaum ein Auge zugemacht…
 

„Du bist froh, dass sie weg sind, nicht wahr?“

Itachi schaute auf, fing Kisames wissenden Blick samt dem gewohnten Grinsen auf. Eine Weile hatten sie beide geschwiegen, sodass Itachi gedacht hatte, er käme um ein solches Gespräch herum. Er wollte nicht lügen, auch wenn es dem Älteren vielleicht missfiel.

„Du bist nicht böse, wenn ich das bejahe?“, entgegnete er.

„Nun, mir wäre es lieber, ihr hättet euch anders kennengelernt, aber da kann man nichts machen. Ich verstehe, warum du sie nicht leiden kannst.“

Immerhin. Itachi konnte nicht verhehlen, dass er Sorge gehabt hatte, sie würden darüber streiten. Andererseits konnte Kisame seine Familie ja auch nicht leiden und das war ebenfalls in Ordnung.

„Ich gebe zu, man muss sie besser kennen, um sie zu mögen. Das ist mit den anderen genauso…und es ist das, worum ich dich bitte. Gib ihnen noch eine Chance, wenn wir sie wiedersehen“, nahm Kisame das Thema direkt wieder auf.

Itachi seufzte leise, nickte aber.

„Ich werde es versuchen.“

„Gut…und wegen Zabuzas dummem Gequatsche von gestern – mach dir keinen Kopf. Er ist ein schroffer Mistkerl und er kennt mich leider auch ziemlich gut, aber…was ich gestern gesagt habe, meinte ich ernst. Ich erwarte nichts von dir.“

Itachi wäre beinahe stehen geblieben, irritiert von dem plötzlichen Themenwechsel. Er spürte, wie seine Wangen wärmer wurden und versuchte, es zu verdrängen. Darüber wollte er wirklich nicht sprechen. Das lag nicht zuletzt daran, dass er nicht wusste, ob ihn Kisames Worte…wirklich erleichtern sollten.

„Zabuza und Haku…so etwas wird bei euch nicht geächtet?“, umging er eine Antwort.

„Geächtet? Nein. Wir sind…wir entsprechen alle nicht der Norm, weißt du? Einige von uns begehren dasselbe Geschlecht oder haben gewisse Vorlieben, andere sind entstellt…verkrüppelt. Manchen siehst du es direkt an, andere...verbergen es auf den ersten Blick. Wir sind alle mehr oder minder Aussätzige, die in der Gesellschaft keinen Platz finden. Du wirst es verstehen, wenn du die anderen kennenlernst.“

Itachi hörte ihm ruhig zu, während er sich seine Gedanken machte. Natürlich wusste er, dass Menschen auch einander ausgrenzten…er hatte sich nur nie genauer damit befasst. Wie auch? Kisame war der einzige Mensch, an dem er überhaupt Interesse gezeigt hatte…bis heute.

„Was ist es bei dir?“, fragte er und wünschte sich sofort, er hätte es nicht ausgesprochen.

Er selbst vermied es, mit dem Hünen über sich zu reden…wich diesem oft aus. Wie konnte er also eine solch private Frage stellen?

Kisame schien jedenfalls nicht beleidigt zu sein, dachte aber über die Frage nach.

„Vieles. Ich hab dir erzählt, wie ich aufgewachsen bin. Als Waise bist du den Menschen bloß eine Last…und das haben sie uns spüren lassen. Ich wollte das Dorf so schnell verlassen und auf eigenen Beinen stehen, um mich davon zu lösen. Ich wollte einen Sinn in meinem Leben haben, aber…nun ja, diese Welt ist voller verlogener Menschen, die dich betrügen, sobald sie ihre Chance sehen. Sie bewundern deine Fähigkeiten, fürchten dich aber gleichzeitig und verbreiten Gerüchte, um dich in Ungnade fallen zu lassen. Sie benutzen dich für ihre Pläne und rammen dir nach getaner Arbeit ein Messer in den Rücken. Sie umschmeicheln dich, säuseln dir ins Ohr…und verschwinden dann mit deinen Habseligkeiten.“

Itachi hörte ihm still zu, wobei ihm auffiel, dass Madara oft ähnlich sprach.

„Ich hielt dich nicht für einen verbitterten Menschen“, murmelte er schließlich.

„Verbittert? Als ich dich traf, war ich das wohl…mein Leben war recht eintönig…und einsam, wenn ich keine Frau für die Nacht hatte – manchmal auch junge Männer. Ich bin für beides empfänglich.“

Der Hüne zuckte mit den Schultern.

„Aber selbst dann musste ich auf der Hut sein. Als ich Zabuza wiedertraf und er meinte, ich solle Akatsuki beitreten, wollte ich das zuerst nicht. Er hat mich überredet und ich bin froh darüber. Ich würde nicht jedem von ihnen mein Leben anvertrauen, stehe manchen näher als anderen…aber es ist das, was einer Familie wohl am nächsten kommt.“

Itachi nickte langsam, konnte das nachvollziehen; niemand konnte ganz allein überleben. Nicht auf Dauer.
 

„Madara würde dir da wohl sogar zustimmen“, bemerkte er, woraufhin Kisame eine Braue hob.

„In Bezug darauf, dass alle Menschen ausgelöscht gehören?“

„Das auch…ich meinte aber eher, dass auch er verraten wurde.“

Sollte er überhaupt darüber reden? Es war Madaras Geschichte, doch der Hüne neben ihm schien interessiert, sie zu hören. Außerdem…was sollte er damit anfangen? Es war Vergangenheit. Es ließ sich nicht rückgängig machen.

„Willst du mir sagen, das alles ist passiert, weil er einem Menschen vertraut hat?“, hakte Kisame nach.

„Unser Clan lebte immer recht abgeschottet und versteckt, wenn wir uns auch einzeln oder zu zweit unter die Menschen mischten, um die umliegenden Dörfer zu besuchen. Wir fielen nie auf…aber Madara geriet auf einer Reise in einen Hinterhalt und wurde verletzt. Ein Mann wurde auf ihn aufmerksam und half, seine Wunden zu versorgen – leider hat er zuvor gesehen, wie Madara seine Kräfte benutzt hat.“

Itachi lächelte freudlos bei der Erinnerung daran.

„Du musst wissen, Madara war damals…anders. Als unser Anführer war er zwar hart und schnell misstrauisch, aber er hasste die Menschen nicht. Er hat eine Koexistenz nie gänzlich ausgeschlossen und als er diesen Mann traf, entwickelte sich eine Freundschaft zwischen ihnen. Er fürchtete Madaras Feuer nicht, sondern wollte mehr über ihn erfahren. Madara wusste nicht sofort, dass er ein Fürst war…und als er es herausfand, brachte er ihn zu uns.“

Kisame schüttelte den Kopf, fand das anscheinend so unvernünftig, wie viele ihresgleichen ebenfalls.

„Es wurde damals viel darüber diskutiert. Madaras jüngerer Bruder Izuna war außer sich, forderte sogar den Tod dieses Mannes…und einige stimmten dafür. Es brachte Unruhe mit sich, Angst wurde geschürt…einige sahen darin aber auch einen positiven Wandel. Ein so kleiner Clan wie wir es auch damals waren, hätte von dieser Freundschaft profitieren können. Ein Fürst mit Einfluss, der ein Bündnis mit uns eingeht.“

Kisame schnaubte leise.

„Mächtige Männer sind stets auf sich selbst bedacht. Wenn ich eines vom Leben gelernt habe, dann das. Es mag Ausnahmen geben…aber an deiner Geschichte sieht man ja, was einem Vertrauen letztendlich bringt.“

„Es war nicht dieser Fürst, der uns verraten hat…sondern dessen Bruder. Er ist ihm heimlich gefolgt und hat gesehen, wie die Jüngeren ihre Kräfte ausprobiert haben. Dann ist alles irgendwie eskaliert. Izuna entdeckte ihn beim zweiten Mal und hätte ihn beinahe getötet…ich habe nicht alles genau mitbekommen, aber es nahm ein furchtbares Ende.“

„Offensichtlich“, brummte Kisame. „Ich hab die Dörfler damals über euch reden hören. Dachte natürlich, dass die alle einen Knacks weghaben. Teufel mit roten Augen und so…ich war nie ein gläubiger Mensch.“

Itachi erinnerte sich noch gut an jene Nacht, die Kisame beschrieb. Er erinnerte sich an die Schmerzen, die Angst, den Hunger…hätte er die Hütte des Hünen doch niemals verlassen. Hätte Madara ihn früher gefunden…aber so war es nicht geschehen. Er verdrängte den Gedanken und erzählte weiter.

„Izuna geriet in Gefangenschaft…und Madara hatte bereits drei Brüder in der Kindheit verloren. Er war ihm das Wichtigste und er vertraute auf den Einfluss seines Freundes. Wir wissen bis heute nicht, was genau passiert ist…aber sie kamen in der Nacht. Mit Izunas Kopf.“

Der Hals wurde ihm eng, als er darüber sprach, und es bereitete ihm Mühe, weiterzusprechen.

„Wir waren in der Unterzahl und unvorbereitet, als sie unser Zuhause mit Pfeilen beschossen und uns überfielen. Es war ein…schreckliches Gemetzel…und die furchtbaren Schreie habe ich bis heute nicht vergessen. Die…Schreie…meiner Mutter, während ich mich versteckt hielt…“

Ihm wurde übel und seine Schritte langsamer, als ihn die Erinnerung einholte. Beinahe meinte er, den Geruch des morschen Holzes wahrzunehmen, als er sich in diesem hohlen Baumstamm versteckt hatte. Wie lange hatte er nicht mehr darüber geredet? Warum tat er es jetzt?
 

„Hey.“

Eine große Hand legte sich auf seine Schulter, drückte diese und er zuckte zusammen, sah in Kisames blassgrüne Augen. Für einen Moment wusste er nicht, was er sagen sollte. Sein Herzschlag raste noch und Übelkeit lähmte seine Zunge. Warum erzählte er Kisame solche Dinge? Und warum…fühlte er sich trotz allem ein wenig leichter?

„Es ist in Ordnung…“, hörte er ihn sagen und fragte sich, ob es das wirklich war.

War er nicht genauso leichtsinnig wie Madara, wenn er Kisame vertraute und sich ihm öffnete? Seit wann war er so unvorsichtig? Andererseits hatte ihm der Hüne ebenfalls Dinge anvertraut…war das ein Trick? Er wollte nicht glauben, dass es einer war.

„Mach dir keinen Kopf…ja? Manchmal…hilft es, einfach nur darüber zu reden. Ich werde es nicht ausnutzen. Ich meine…was soll ich schon groß tun, hm? Wenn ich euch an irgendwelche Irren verpfeifen wollen würde, hätte ich das längst getan.“

Der Hüne zwinkerte ihm zu und es half tatsächlich etwas, ließ Itachis Mundwinkel schwach zucken. Es stimmte ja, was er sagte…und zudem war Kisame kein schlechter Mensch. Auch kein guter Mensch, doch er hatte damals sein Leben gerettet. Itachi wollte nicht, dass ihn seine Ängste einen Rückzieher machen ließen. Er hatte sich für diese Reise aus guten Gründen entschieden.

„Vermutlich“, gab er leise zurück und atmete durch.

Bevor Kisame seine Pranke wegnehmen konnte, umschloss der Uchiha sie mit seinen Fingern. Er drückte diese fest, sah ihm in die Augen.

„Danke.“

Erst dann ließ er sie los, hoffend, dass der andere verstand, was er damit meinte. Es war ihm wichtig. Dieser blickte ihn perplex an, schien erst nicht zu wissen, was er sagen sollte.

„Uhm…kein Problem. Wie gesagt, schon gut und…wir sollten weiter, oder?“

Itachi nickte, wenngleich ihn Kisames befangene Reaktion überraschte; eigentlich war es der Ältere, der die Mauern einriss, die er mühsam aufgebaut hatte. Vielleicht kam es bloß unerwartet, dass er darauf einging. Oder Kisame hatte befürchtet, dass ihn das Treffen mit Zabuza und Haku zurückwarf. Er würde es erstmal dabei belassen und seine Gedanken sortieren.
 

„Urgh…“

Sakura presste sich die zitternde Hand auf den Mund, nachdem sie einen Schwall Wasser erbrochen hatte. Keuchend und zitternd saß sie am Ufer, schließlich trug sie nur das dünne Untergewand. Gut, dass sie allein war, denn durch den nassen Stoff blieb nicht viel von ihr verborgen – wobei gerade die Erleichterung, dass sie nicht ertrunken war, überwog. Sie war abgetrieben und hatte es nur mit Glück geschafft, sich an ein paar größeren Steinen, die aus dem Wasser ragten, festzuhalten. Die Nägel ihrer rechten Hand bluteten noch leicht, doch der Schmerz war auszuhalten. Sie hatte sich an den Steinen entlang gehangelt und von da aus einen dicken Ast zu packen bekommen, um sich aus dem Fluss zu ziehen. Dass ihr Körper so leicht war, hatte also doch Vorteile.

Sie wischte sich die nassen Haare aus dem Gesicht, ehe sie sich hektisch umsah. Keine Spur weit und breit von Sasuke, sodass die Hoffnung in ihr aufkeimte, dass seine Drohung vielleicht doch nicht so viel Substanz hatte. Möglicherweise hatte er sie nur einschüchtern wollen. Sie atmete durch, sammelte sich und erhob sich dann mit wackligen Knien. Die Strömung hatte ihre Sandalen weggerissen, sodass sie nun barfuß laufen musste.

Apropos…wo lang eigentlich? Innerlich stöhnte sie, versuchte irgendwie die Orientierung zurückzugewinnen. Sie würde erstmal flussabwärts laufen, bis zum nächsten Dorf…von da aus würde sie schon mit etwas Hilfe nach Hause finden. Wichtig war, so weit wie möglich von diesen beiden Wahnsinnigen wegzukommen. Sollte sie einer der beiden aufgreifen, würden sie sie wohl entweder umbringen oder bis an ihr Lebensende festbinden. Keine angenehmen Aussichten…Gott, sie vermisste Naruto und Ino so sehr. Gerade in dieser Situation hätten die beiden ihr mit ihrer positiven Einstellung Kraft gegeben, doch stattdessen irrte sie allein und halbnackt durch diesen riesigen Wald. Sie lief absichtlich nicht auf dem Pfad, da Sasuke sie so schneller finden konnte, sondern bewegte sich durchs Geäst. Leise und vorsichtig, denn die Strömung musste ihr einen guten Vorsprung ermöglicht haben…falls nicht, würde er sie eher finden, wenn sie wie ein Trampel losrannte. Davon abgesehen, dass es in einem Wald in der Regel gefährliche Tiere geben konnte…

Sie hielt inne, als sie plötzlich fremde Stimmen hörte, woraufhin sie sich rasch an einen der Bäume presste. Schritte wurden lauter, ein Rascheln…die Stimmen waren rau und tief. Männer. Zwar nicht Madara oder Sasuke, aber deswegen konnte sie ihnen noch lange nicht trauen.

„…weit und breit nichts. Wie lange irren wir hier schon durch den Wald, hm?“

„Länger als wir es sollten.“

„Die Leute sollten weniger trinken…von wegen ein Dämon mit wilder Mähne und roten Augen…“

„Einige sollen bloß einen jungen Mann gesehen haben…ich sage euch, das sind keine Dämonen, sondern Menschen.“

„Vielleicht sind sie ja besessen?“

„In dem Fall machen wir’s wie mit der verrückten Rothaarigen…“

„Die Narbe hab ich immer noch…hat sich gewehrt wie ein Tier.“

„Und geschrien wie am Spieß...na ja, hat ihr nicht viel gebracht. Am Ende haben wir sie von ihrem Elend befreit, die Leute hatten ihren Frieden und wir unseren Lohn.“

Sakura erstarrte innerlich, als sie verstand, was das für Männer waren. Sogenannte Dämonenjäger, die man anheuern konnte. Tsunade hatte sie vor ihnen gewarnt, da sie oftmals bloß einen Sündenbock suchten, anstatt echte Dämonen auszutreiben. Das Gerede machte ihr jedenfalls alles andere als Mut, sodass sie hoffte, sie würden einfach weitergehen.

„Erinnert ihr euch noch an den Kerl, der in so einer abgeschiedenen Hütte gewohnt hat?“

Oh Gott, nein, sie kamen näher, würden an ihr vorbeigehen. Sakuras Herz raste, während sie fieberhaft überlegte…wenn sie losrannte, war es das…konnte sie irgendwas werfen? Sie in eine andere Richtung locken? Verdammt, ein loser Ast oder dergleichen?!

„Du meinst diesen Krüppel? Ja…das war übel…“

Es mussten drei Männer sein, wenn sie richtig gehört hatte. Dreien zu entkommen, war praktisch unmöglich…vielleicht übersahen sie sie. Es war zu spät, um eine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Sodass sie sich hinkniete und klein machte, dabei so lautlos atmete, wie es ging.

„…kein Wunder, dass die Leute den für einen Dämon gehalten haben.“

„War nicht schön anzusehen, das stimmt.“

Sie standen praktisch hinter ihr, würden jeden Moment an ihr vorbeigehen und…taten genau das. Sakura atmete auf, sah den Männern nach, die sie nicht bemerkt hatten. Sie trugen leichte Rüstungen über den Roben, sowie Rosenkränze und Schwerter, einer besaß eine Armbrust. Sakura richtete sich vorsichtig auf, ging so leise wie möglich rückwärts – Abstand gewinnen, auch wenn sie nun die Richtung wechseln musste.
 

„Haben wir uns verlaufen?“

Sie schrie auf, als sie die leise Stimme direkt neben ihrem Ohr hörte und fuhr herum. Es war nicht Sasuke, sondern ein ihr ebenfalls fremder Mann, der sie belustigt angrinste.

„Hey Jungs…seht mal, was ich gefunden habe!“

Sakura wurde heiß und kalt, als sie begriff, dass sie sich geirrt hatte. Es waren vier, statt drei Männern – einer hatte wohl die Nachhut für den Fall der Fälle gebildet.

„Ein Mädchen?“

„Ich würde eher sagen, eine kleine Hexe…seht euch mal an, wie sie hier rumläuft.“

Sakura biss sich auf die Unterlippe, verengte die grünen Augen, als die Männer sie umzingelten. Das sah richtig schlecht für sie auf…

„Na, Kleine? Was machst du hier so allein?“, fragte einer mit kahlem Schädel und kam näher.

Sie wich einen Schritt zurück, blieb angespannt. Würden sie ihr eine Chance lassen, wenn sie sich erklärte? Nein, die Geschichte würden sie ihr erst recht nicht glauben.

„Ich war mit meiner Familie auf der Reise zu Verwandten…doch dann bin ich in den Fluss gestürzt und abgetrieben. Vielleicht könnt ihr mir helfen, sie wiederzufinden?“, fragte sie leise.

Einer der Männer schnalzte mit der Zunge, sein Blick glich dem eines Falken im Sturz. Gnadenlos. Sakura wusste bereits jetzt, wie ihre Chancen standen.

„Natürlich können wir dir das glauben, Mädchen…oder aber du bist der Lockvogel.“

„Ich…verstehe nicht…“

Und wie sie verstand. Es lief genauso, wie sie es befürchtet hatte.

„Verführst naive Schwachköpfe und lockst sie in den Wald, wo deine Komplizen warten. Warum würdest du dich sonst verstecken, hm? Halte uns nicht für dumm.“

Der scheinbar Jüngste von ihnen mit spärlichem Bartwuchs grinste breit, zog einen Dolch.

„Vielleicht finden wir die Wahrheit raus, wenn wir sie ein bisschen damit kitzeln?“

„Bitte nicht…“, entkam es ihr flehend, doch die Männer kamen bloß näher.

„Schön stillhalten, Kleines…“

Innerlich zählte Sakura die Sekunden…und als der erste nach ihr greifen wollte, duckte sie sich unter seinem Arm hinweg und verpasste ihm mit all ihrer Kraft einen Kinnhaken. Sie mochte ein Leichtgewicht sein, zierlich…aber sie hatte bei Tsunade trainiert! Bevor der Mann reagieren konnte, setzte sie nach und hieb ihm mit der Handkante fest gegen den Brustkorb, was ihn röchelnd auf die Knie fallen ließ. Solar Plexus getroffen – dafür brauchte man mehr medizinisches Wissen als Kraft. Sie nutzte die Verwirrung, stieß den Mann beiseite und rannte los, so schnell sie ihre Beine trugen.

Tsunade hatte einmal gesagt, dass ihre äußere Erscheinung ihre beste Waffe sein könnte. Niemand traute einem Mädchen wie ihr zu, sich zur Wehr setzen zu können.
 

Ein scharfer Schmerz schoss durch ihre Wade, ließ sie stolpern und mit dem Gesicht im Dreck landen. Keuchend rappelte sie sich auf, weitete ihre grünen Augen, als sie den Bolzen erkannte, der in ihrem Fleisch steckte. Das Schlimmste, was ihr hätte passieren können, denn so würde sie nicht fliehen können. Sie war kaum ein paar Schritte gehumpelt, als ihr jemand von hinten in die langen Haare griff und sie an sich heranzog.

„So nicht, du kleine Schlampe…“, raunte er ihr ins Ohr und sie begann, um sich zu schlagen.

„Halt sie gut fest, Chouseki.“

Ihre rechte Hand wurde am Gelenk gepackt und grob herumgerissen, was sie schmerzhaft aufkeuchen ließ.

„Keine Sorge, ich hab das kleine Miststück.“

Sakura knirschte mit den Zähnen, dachte fieberhaft nach, während ihr Kopf nach hinten gerissen wurde. Heißer Atem blies ihr gegen den Hals, was es noch schwieriger machte, nicht panisch zu werden. Die anderen beiden Männer näherten sich, während ihr Kamerad wohl zurückgeblieben war…

Sakura schloss kurz die Augen, spannte sich an, ehe sie hinter sich griff, zu packen bekam, was sie sich erhofft hatte. Sie zog das Wakizashi mit einem Ruck aus der Scheide und – stieß damit hinter sich, riss die Klinge hoch. Ihre langen Haare fielen zu Boden, doch anscheinend hatte sie den Mann auch im Gesicht getroffen, denn dieser ließ sie schreiend los, presste sich die Hände auf dieses.

Sakura atmete schwer, während sie das Schwert vor sich hielt, wissend, dass sie keine Chance hatte. Der Überraschungsmoment war gelaufen, zwei gegen einen…und aufgrund ihrer Wunde am Bein war sie kurz davor, auf die Knie zu gehen. Schweiß perlte von ihrer Stirn, während sie zurückwich, keinen von ihnen im Rücken haben wollte.

„Du dreckige Hure…“

„Das war das letzte Mal, dass dir sowas gelingt.“

„Wir werden dir ganz langsam dein hübsches Gesicht zerschneiden.“

Sakura packte das Wakizashi mit beiden Händen fester, ihr ganzer Körper zitterte vor Anstrengung, aber sie riss sich zusammen. Wenn sie sterben würde, dann nicht kampflos. Niemals kampflos!
 

„Über hübsch lässt sich streiten…“

Sakura zuckte zusammen, als sie die herablassende Stimme vernahm, und auch die beiden Männer fuhren herum.

„…aber ich rate euch, das besser sein zu lassen.“

Sie hob langsam den Kopf und…sah in kalte, schwarze Augen, die sie mit der typischen Arroganz fixierten. Hatte er hier auf sie gewartet? Doch wie hatte er wissen können…? Sie spannte sich an, als er von dem Ast sprang und elegant auf dem Boden landete.

„Wer bist du Balg denn, huh?!“

„Vielleicht ist er ja unser Dämon…tse! Wenn du brav bist, schlitzen wir dir schnell die Kehle auf.“

Sasuke verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln, ehe er sich ihr zuwandte. Ohne die Männer weiter zu beachten, kam er auf sie zu, ließ sich nicht von ihrem Schwert beeindrucken.

„Du bist wirklich lebensmüde, hm?“

Sakura versuchte zu lächeln, doch es wirkte anhand ihrer Angst und ihrer Schmerzen kläglich. Sie war geliefert. Wer auch immer hier siegte, würde sie erledigen. Sasuke war nicht ihr Retter in der Not, sondern nur ein Übel von zweien. Es war vorbei.

„Aber nun…ich hatte erwartet, dass du bloß heulen und um dein Leben flehen würdest.“

Sakura schluckte hart, wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie japste auf, als er ihr mit einer unmenschlich schnellen Bewegung das Wakizashi aus der Hand schlug und ihr das verletzte Bein wegtrat. Sie schrie vor Schmerz auf, landete auf dem Boden…und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Zitternd umklammerte sie ihr Bein, presste die Lippen zusammen, um nicht zu schluchzen.

„Noch mal läufst du mir besser nicht weg.“

Sie schauderte bei der unverhohlenen Drohung, sowie dem roten Funkeln in seinen Augen. Blutrot. Dann fuhr er herum, gerade noch rechtzeitig, bevor einer der Männer ihn mit dem Katana erwischen konnte. Er zog in einer fließenden Bewegung sein eigenes aus der Scheide und…trennte dem Mann den kompletten Unterarm ab, welcher schreiend zurücktaumelte.

Sakura traute ihren Augen kaum, als ein grelles, bläuliches Licht Sasukes Hand zu umhüllen schien. Es sah beinahe aus wie…Blitze? Er ballte seine leuchtende Hand zur Faust und…hieb sie dem zweiten Angreifer durch die Brust. Dieser schrie wie am Spieß, der Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihr in die Nase und brachte sie zum Würgen. Was…was war Sasuke für ein Monster?! Was passierte da gerade? Träumte sie? Wie…?

Aus dem Wald ertönten weitere Schreie und sie dachte an den Mann zurück, den sie bewegungsunfähig gemacht hatte. Sasuke lächelte sein kaltes Lächeln, als er die blutbesudelte Hand aus dem zur Seite kippenden Körper zog. Der Mann zuckte nur noch…das Loch in seiner Brust dampfte. Sasukes Blick zeigte keinerlei Emotionen, während er auf sie zukam.

„Den Rest erledigt Madara…er verabscheut es, wenn Menschen unser Zuhause betreten.“

„Bitte…“, hauchte sie.

„Wir sollten besser nicht hier sein, wenn er herkommt.“

Die beiden verletzten Männer wimmerten, einer versuchte die Blutung seines Stumpfes zu stoppen. Noch wussten sie nicht, dass da noch ein genauso…vielleicht sogar schlimmeres Monster lauerte.

„Nein!“, stieß sie aus, doch Sasuke ging einfach weiter, fixierte sie mit seinen roten Iriden. „Bitte…nicht!“

Sakura merkte, dass sie sich wie gelähmt fühlte, nicht fähig war, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Ebenso konnte sie sich nicht aus seinem Blick befreien.

„Schlaf!“

Der Befehl wurde leise gesprochen, die roten Augen wirkten paralysierend und dann…wurde alles um sie herum schwarz. Sie bekam nicht mehr mit, wie ihr Körper nach hinten kippte und sie auf dem Boden aufkam.



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