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Zyklon

von

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Böe

Manche Tage waren schlimmer als andere. Wenn sich die Wäsche stapelte, wenn das Spielzeug über die ganzen Treppen verteilt lag, wenn die Pubertät der ältesten der drei Mädchen wieder zu Besuch war. Und wenn die Nächte dann noch voller schrecklicher Erinnerung und schmerzlicher Sehnsucht waren – wie lange noch?
 

An den schlimmsten Tagen wusste sie die Antwort: Nie mehr. Sie könnte einfach weglaufen –mit ein paar Wertgegenständen– und es auf eigene Faust versuchen. Darin hatte sie schließlich Übung, früher schon hatte sie für sich selbst sorgen müssen und konnte überall überleben. Das Leben hatte sie sehr intensiv auf solch unliebsame Situationen vorbereitet.
 

Aber nicht für solch eine. Wie könnte sie nur diese Familie verlassen –und ausrauben–, die sie, nachdem der Sturm sie an ihren Strand gespült hatte, ohne Fragen aufgenommen hatte? Diese freundlichen Menschen, die ihre Wunden behandelt hatten und sie selbst nach der Heilung bleiben ließen?
 

Und es war angenehm, bequem, die meiste Zeit. Von dem Verdienst einer reichen Familie zu leben würde die drei Töchter, um die sie sich zu kümmern hatte, wett machen; wenn diese sie nicht so herablassend behandeln würden. Dazu kam noch die Sorge und die Ungewissheit über den Zustand ihrer Kameraden, der fehlende Kontakt zu ihnen, was sie allmählich an ihre Grenzen zwang. Wie viel länger hatte sie all das noch zu ertragen?
 

Vielleicht, dachte sie eines Tages, als sie während des Einkaufs wieder einmal dem Wanderzirkus gegenüber stand, ein plötzlicher Drang ließ sie in ihrer Bewegung stoppen.
 

Vielleicht würde sie jemand einfach mitnehmen.
 

—————
 

„Ich frag mich, wann die endlich aufhören, nach uns zu suchen.“ Zwei Tage des Umherwanderns im Wald erreichten bald die Grenzen seiner Geduld. Jeder von ihnen war hungrig, durchnässt und müde, am schlimmsten ging es Chopper, und er selbst brauchte dringend eine Zigarette. „Außer sie suchen gar nicht nach uns.“
 

Grummelnde Zustimmung folgte von dem anderen Mann. „Die werden nicht aufhören, bis sie ihr Monster haben.“
 

„Da sind ein paar echt krasse Geschichten über dich im Umlauf, was zur Hölle hast du getan, um alle so zu verschrecken?“ Sanji versuchte amüsiert zu klingen, doch er selbst war in keiner starken mentalen Verfassung, wie sollte er das erschöpfte Rentier, das kraftlos auf Zorros Rücken saß, aufmuntern?
 

„Ich bin durchgedreht, als... jemand einen Luchs erschießen wollte. Sie hatte gerade erst Junge bekommen und ich... bot an, nach Nahrung zu suchen, als sich ihr jemand mit einem Gewehr näherte“, erzählte Chopper mit dünner, schwacher Stimme, unterbrochen von Husten. Erschöpfung zehrte gewaltsam an seinem Bewusstsein, doch hatte er zu viel Angst, um nachzugeben; was, wenn er erwachte und Zorro und Sanji waren nur eine Illusion gewesen?
 

Zorro musste schmunzeln. „Du hast die richtig erschreckt. Bist schon fast zur Legende geworden.“
 

„Hast dir echt einen Namen gemacht“, fügte Sanji an, „Die Leute erzählen schlimmere Geschichten als Lysop. Du bist in allen Zeitungen und überall im Radio. Vielleicht hört jemand der anderen von dir.“
 

„Ja, das wär’ was“, stimmte Zorro wieder zu, und es störte ihn nicht. An irgendeinem Punkt war die Gegenwart des Kochs von einem Ärgernis zu einer angenehmen Ergänzung geworden. Nach und nach spiegelte sich das sogar in seinem Verhalten dem anderen gegenüber wider. „Hat irgendwer einen Plan? Wir können nicht für immer im Kreis laufen.“
 

„Gut, dass dir das auch endlich mal aufgefallen ist“, schnaubte Sanji, da er eben dies schon mehrmals in den letzten achtundvierzig Stunden gesagt hatte, „Aber ich schätze, du bist daran gewöhnt, im Kreis zu kaufen. Macht der Gewohnheit, stimmt’s?“
 

„Hörst du mal auf damit? Wir müssen uns langsam was überlegen.“ Genervt von dem Gezeter des blöden Kochs, bewegte sich Zorro etwas zu ruckartig für Chopper, der sich mit einem schmerzhaften Stöhnen äußerte. „Sorry, Chopper, is’ alles okay?“
 

Chopper nickte in seine Schulter, der Schmerz wich langsam aus seinen Gelenken. Nach einem weiteren Hustenanfall, krächzte er: „Wir sind nah am anderen Ende des Waldes... die Küste muss da sein... Ich kann das Meer riechen.“
 

„Na dann, auf zur Küste.“
 



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