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Daemon 3

Akte Chase
von

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Kapitel 1

[JUSTIFY]Auf den leisen Sohlen meiner Plüschsocken rutschte ich vorsichtig durch die halboffene Schwingtür hinein in das Herzstück des Heims. Während Betty und Anita damit beschäftigt waren, Karotten und Kartoffeln für das Abendessen zu schneiden, duckte ich mich hinter der ersten Arbeitsfläche weg und krabbelte auf allen Vieren zum anderen Ende der Küche, die weißen Fliesen trügerisch glatt unter meinen Fingern. Durch das Loch in meiner Hose spürte ich bei jeder Berührung den kalten Stein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mission Sunny-Aufmuntern hatte begonnen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorsichtig hob ich den Kopf und spähte über den Rand der Arbeitsfläche zu den beiden Frauen. Anita war die Strenge von den beiden. Sie nutzte ihre treue Küchenkelle wie eine Waffe, wenn sie es für angemessen hielt, was praktisch immer war. Unwillkürlich rieb ich mir über den blauen Fleck, den sie mir letzten Sonntag auf dem Po hinterlassen hatte. Mission Essen-Stehlen stand schon lange auf meiner Liste, aber zum ersten Mal in meiner Karriere als Küchendiebin hatte ich eine echte Motivation.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny hatte geweint.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war ihm nur durch Zufall auf die Schliche gekommen, weil Rock mich eine Rotznase genannt und gewettet hatte, dass ich mich nicht ins Jungenklo traute.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In der letzten Kabine fand ich Sunny. Der Klang seines Schluchzens lockte mich an, und obwohl ich so schnell wie möglich wieder aus dem Klo verschwinden wollte, zog mich ein unsichtbarer Faden in seine Richtung. Ich klopfte. Das Schniefen und Schluchzen erstarben augenblicklich, als hätte Sunny einen Knopf gedrückt und seine Tränen sofort aufgehört. Die Tür öffnete sich quietschend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei meinem Anblick im Jungenklo öffnete er erschrocken den Mund, die Augen rot und verquollen. Statt etwas zu sagen, schob er mich zur Seite und lief davon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In diesem Moment hatte sich mein Missionsziel geändert. Sunny weinte nie. Selbst die älteren Kinder konnten sich seiner guten Laune und seinem ansteckenden Lachen nicht entziehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber heute war Sunny derjenige, der traurig war. Und ich würde dafür sorgen, dass er wieder lächelte, und wenn ich dafür noch so viele Schläge mit der Kelle einstecken musste.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Betty war für weitere Zutaten in der Speisekammer verschwunden. Ich hatte genau eine Minute und zwanzig Sekunden bis sie zurückkehrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich überprüfte mit einer kurzen Berührung den Zopf, den ich aus meinen schwarzen Haaren geflochten hatte. Bereits eine Woche zuvor hatte Anita auf mich als Diebin geschlossen, weil sie einige meiner Haare gefunden hatte, aber ich lernte aus meinen Fehlern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Heute würde sie mich nicht erwischen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Leise wie eine Maus (der Name Mouse gefiel mir, aber bislang hatte noch niemand ihn vorgeschlagen—oder überhaupt einen Namen, wenn ich ehrlich war. Anita nannte mich einfach nur Mädchen oder Du da) schlich ich um die Ecke einer Anrichte und versteckte mich hinter einem Stapel Töpfe. Anita stand mit dem Rücken zu mir, beschäftigt damit, die nächste Ladung Kekse in den Ofen zu schieben. Ich hatte nur eine Chance. Mit einem Geschick, das ich mir über das letzte Jahr hinweg schmerzhaft antrainiert hatte, stibitzte ich zwei von den heißen Keksen von der Anrichte, bevor die Köchin sich wieder umdrehte. Ich wickelte meine Beute in meinen Pullover und wich zügig zurück, und prallte geradewegs gegen eine weiche Barriere.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich unterdrückte den erschrockenen Aufschrei und sah stattdessen empor, wo Betty mit erhobenen Augenbrauen auf die deutliche Ausbeulung meines Pullovers blickte. Panisch sah ich zu Anita und der blaue Fleck in meinem Hintern pochte. Wenn Betty mich verpetzte, war es aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit zitternden Fingern zeigte ich Betty meine Beute. „Für Sunny“, flüsterte ich, so leise, dass Betty meine Lippen lesen musste. Die Härte schmolz aus ihrem Blick. Sie tätschelte meinen Kopf und schob mich hinter sich und hinaus durch die Schwingtür, bevor sie in Anitas Richtung ging und sie in ein Gespräch über ihre Pläne für das morgige Frühstück verwickelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stand, verdutzt, mit Keksen im Pulli und mein Glück kaum fassend, in der Freiheit des Flurs und atmete erleichtert aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann machte ich mich auf die Suche nach Sunny.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fand ihn im Arbeitszimmer des Waisenhausleiters. Es war dunkel, die Jalousien zugezogen. Unter dem Schreibtisch hörte ich leises Schniefen. Dank seinem dunklen Pulli und der genauso dunklen Haut hätte ich Sunny fast übersehen, wie er dort schniefend seine Augen wischte und versuchte, still zu sein. Seine tiefblauen Augen blitzten erschrocken auf, als ich mich näherte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ohne ein Wort zu sagen, krabbelte ich zu ihm unter den Tisch und zog meine Knie an. Während Sunny mich fassungslos ansah, förderte ich die krümeligen Kekse aus meinem Pullover zu Tage und zeigte sie ihm. Ich grinste ihn an. Und Sunny, die Sonne des Waisenhauses, grinste zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du bist wie der Waschbär, der nachts das Katzenfutter stiehlt“, sagte er und griff gierig nach seinem Keks.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ein Waschbär?“, fragte ich mit vollem Mund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lachte bei meinem Anblick. „Genauso. Du klaust Anita mit deinen kleinen Händen das Essen unter der Nase weg. Ein kleiner, diebischer Waschbär.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schnaubte, aber insgeheim glühte mein Herz bei dem Kompliment. Plötzlich wurde Sunnys Stimme ernster.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ein Waschbär. Raccoon.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Raccoon? Mein Mund wurde trocken und ich ließ die Kekse sinken. Ungläubig sah ich in Sunnys Augen, blau wie Kornblumen, wie ein wolkenloser Himmel im Winter. Er sah mich an. Nicht nur das namenlose Mädchen. Sondern das Mädchen, das sich weigerte, sein schwarzes Haar schneiden zu lassen. Das stets mit blauen Flecken von seinen Kämpfen mit den älteren Jungs zurückkam, um sich gleich im Anschluss eine Standpauke vom Waisenhausleiter einzufangen, weil es seine Putzschicht vergessen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sah mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon“, sagte er und ich spürte, wie mir heiße Tränen in die Augen schossen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja“, sagte ich mit zittriger Stimme.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon“, wiederholte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das bin ich.“ Ich wischte die Tränen weg. „Mein Name ist Raccoon. Mein Name ist Raccoon.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ziemlich langer Name“, sagte Sunny und ich musste prusten. Er hatte mir einen Nimbus gegeben, den Wunsch erfüllt, der mich seit Jahren antrieb, von dem ich gedacht hatte, dass er nie mehr in Erfüllung gehen würde. Und jetzt beschwerte er sich schon darüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Grinsend aß ich das letzte bisschen Keks und sagte mit vollem Mund, „Nenn mich Coon.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie hast du mich gefunden?“, fragte er, als wir fertig gegessen hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich würde dich überall finden“, sagte ich großspurig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bist du sicher?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hielt inne. Das war falsch. Das war nicht, was er sagen sollte, was er sagen würde.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]—Wie hast du mich gefunden?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]—Ich würde dich überall finden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]—Dann werde ich überall auf dich warten.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Natürlich bin ich sicher“, sagte ich. Das war falsch. So lief dieses Gespräch nicht ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum hast du mich dann nicht gefunden?!“, schrie Sunny, seine dunkle Haut plötzlich aschfahl, seine Augen nicht blau, sondern weiß wie tote Fischaugen. Ich wich panisch zurück, stieß mir den Kopf am Tisch, nein, an der Kommode.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In meinem Zuhause bei Annie und John Thynlee.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stehe vor Annies Leiche, ihr Oberarm halb zerfleischt, die Blutlache unter ihrem reglosen Körper ein roter Spiegel. Ich stehe wie angewurzelt, kann nichts tun, sehe nur dabei zu, wie ein graues Schemen aus Annies Körper schwebt, heller und heller wird und schließlich verblasst. Sie hat etwas gesagt, aber egal wie sehr ich nachdenke, ich kann mich nicht mehr an ihre letzten Worte erinnern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]John kommt aus dem Wohnzimmer gerannt, sein verzweifelter Schrei erstickt, als ein schwarzes Etwas an mir vorbeispringt, die Wand entlang und sich auf ihn stürzt. Johns Schemen ist dunkler, aber bei meinem Anblick, noch immer unversehrt, senkt sich Blässe über ihn. Seine Stimme hallt durch den kleinen Flur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Renn weg, Coon! Renn so schnell du ka—![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tränen und Schleim laufen ungehemmt über meine Wangen, meinen Mund. Rückwärts stolpere ich zur Tür, behalte das schwarze Monster im Auge, das neongelbe Abdrücke auf dem Teppich hinterlässt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es dreht sich im Kreis, bis seine runden Glubschaugen mich finden. Mit gebleckten Zähnen tritt es auf mich zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sollte rennen. Ich weiß es. Aber mein Körper ist wie erstarrt. Nicht bewegen, denke ich. Provozier es nicht, sonst endest du so wie Annie und John. Es bewegt sich halb kriechend auf mich zu, seine spindeldürren Beine angewinkelt wie die einer Spinne. Es kommt näher, bis es direkt über mir steht. Sein Maul öffnet sich, die schwarzen Zähne glänzen im schummrigen Licht der Lampe. Es schnuppert die Luft—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]—und tritt zurück. Krabbelt an mir vorbei und durch die offene Wohnungstür hinaus in den Hausflur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sacke auf die Knie, hole panisch Luft, wieder und wieder, bis mir schwindelig wird, bis ich das Gefühl habe, zu ersticken. Plötzlich stehe ich im Hausflur, umringt von gelben Fußspuren, von schwarzen Monstern in unterschiedlichen Größen, die an mir schnuppern und mich ignorieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny lebt mit seiner Familie im obersten Stockwerk. Ich stehe vor der Treppe, schaue hinauf ins Treppenhaus. Es wimmelt von Monstern. Der Boden und die Wände sind so dicht mit gelben Spuren übersät, das mir schwindelig wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kann das nicht. Ich kann nicht noch tiefer in diesen Alptraum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber Sunny ist dort oben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir die Nachricht erhielten, in denselben Wohnblock aufgenommen zu werden, waren Sunny und ich außer uns vor Freude. Zwei Jahre lang spielten wir jeden Tag zusammen, stellten dem Hausmeister zusammen unlösbare Rätsel, kämpften im Park mit Stöcken und den älteren Kindern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich würde jeden dieser Tage eintauschen, wenn Sunny nur nie hier gelebt hätte. Wenn ich nur nicht in diese Wohnung müsste, um seine Leiche zu suchen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jeder Schritt die Treppe hinauf bereitet mir körperliche Schmerzen. Die Monster lassen mich in Ruhe, aber sie kommen mir nahe, riechen an mir, lecken über mein Gesicht, meine Hände, blecken ihre Zähne, keifen sich über mich hinweg gegenseitig an wie streitsüchtige Hunde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kann kaum atmen. Der Gestank nach verfaulten Eiern ist allgegenwärtig. Mir ist schlecht. Als ich das vorletzte Stockwerk erreiche, muss ich mich an einer Wand übergeben. Der Geschmack von bitterem Erbrochenem bedeckt meine Zunge, während ich mich weiterzwinge, die Hände an das Geländer geklammert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Tür zu Sunnys Wohnung taucht vor mir auf. Sie ist aufgebrochen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich muss mich wieder übergeben. Nur Galle dieses Mal. Meine Kehle fühlt sich rau an, meine Augen brennen und kribbeln, meine Beine zittern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwei der schwarzen Monster folgen mir, während ich hineintrete. Sie fauchen und keifen, zerschlagen wahllos Möbel. Ich versuche, nach Sunny zu rufen, aber ich bringe kaum ein Wimmern zustande. In der Küche finde ich Elaine, Sunnys neue Mutter. Ihr Genick ist gebrochen, die Augen glasig und leer. Im Schlafzimmer liegt Robert, ihr Mann, über dessen Glatze wir uns manchmal lustig gemacht haben. Jetzt ist sein halbes Gesicht weggebissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch mehr Tränen. Ich bin so erschöpft. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht weitergehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber ich muss. Ich muss Sunny finden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und dann, als ich schon glaube, dass mir der Anblick erspart bleibt, dass Sunny vielleicht nicht zu Hause war, dass er der Attacke entkommen ist, entdecke ich sie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine dunkelhäutige, reglose, blutbefleckte Hand, die aus seinem Kinderzimmer ragt. Ich schlage eine Hand vor meinen Mund. Nein. Ich kann nicht. Ich kann ihn nicht so sehen. Annie und John sind tot. Elaine und Robert sind tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny ist … Sunny ist …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny ist tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Monster zu meinen Seiten geifern, schnappen nacheinander. Gehen aufeinander los. Ich weiche zurück, während der eine die Kiefer weit aufreißt und dem anderen Ungeheuer den Kopf abreißt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allumfassende Schwärze umhüllt mich. Ich stehe nicht mehr in Sunnys Wohnung, sondern auf dem Anwesen der Hollands, vor mir ein Daemon so gewaltig wie die Villa hinter ihm. Isaac.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich mache einen Schritt zurück. Vor mir im Kies liegt statt Daniel sein Bruder Isaac, so wie er ausgesehen haben muss, als er starb. Aber wer ist dann der Daemonenkönig?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida?“, rufe ich panisch und drehe mich im Kreis. Tom liegt zerfleischt am Boden, Sam neben ihm, Henny ist über ihre Verlobte gebeugt und schreit in purer Verzweiflung. „IDA! IDA!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie steht direkt vor Ihnen, Ms. Thynlee.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hollands ölige Stimme lenkt meine Aufmerksamkeit zurück auf den gigantischen Daemon, der damit beschäftigt ist, das Anwesen in Schutt und Asche zu legen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein“, entgegne ich. „Sie irren sich. Das ist nicht Ida. Das kann nicht Ida sein. Sie würde niemals —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon wendet sich mir zu. „Coon“, dröhnt Idas verzerrte Stimme. „Warum hast du mich nicht gefunden?!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe dich doch gefunden!“, schreie ich verzweifelt zurück. Sunnys Stimme antwortet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„WARUM BIN ICH DANN TOT?!“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich erwachte mit einem erstickten Schrei, Augen so weit aufgerissen, dass es schmerzte. Wo war ich? Wo war Ida? Panisch schlug ich um mich, kämpfte gegen die Bettdecke an, in der ich mich verheddert hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„IDA!“, schrie ich und fiel halb aus dem Bett. „Ida, wo bist du?!“ Von draußen hörte ich Stimmen, Fußschritte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… ich bin hier, Coon. ich war nie weg …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, flüsterte ich, im selben Moment, da die Tür zu dem Gästezimmer sich öffnete und Sam hereinschaute, in Jogginghose und Plüschpantoffeln gekleidet. Die Bandage um ihr Auge drückte ihre blonde Lockenpracht zusammen. In der unverbundenen Hand hielt sie einen Staubwedel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, alles okay?“, fragte sie und trat vorsichtig ein. „Wieder schlecht geträumt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erschöpft ließ ich mich zurück in die Matratze sinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… ich habe versucht, den alptraum zu fressen, aber er hörte einfach nicht auf. tut mir leid, coon …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Entschuldigung hallte in meinem Kopf. Nicht deine Schuld. Mein schnell gesendeter Gedanke beruhigte sie nicht im Geringsten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam betrat den Raum und ließ sich neben mir auf dem Bettrand nieder. „Was hast du diesmal geträumt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich rieb mir die Augen. Einige Tränen hatten sich durch die Schlafbarriere in die Wirklichkeit gebahnt. „Erinnerungen, hauptsächlich“, sagte ich, ohne sie anzusehen. „Wie Sunny mir meinen Namen gegeben hat und wie ich ihn in der Wohnung gefunden habe, nach der Attacke.“ Ich öffnete den Mund, um den zweiten Teil zu berichten, aber die Worte blieben mir in der Kehle stecken. Hilflos griff ich nach Idas Präsenz in meinem Kopf und atmete erleichtert durch, als sie mich mit ihrem aufmunternden Lächeln füllte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bevor du zu Rock gegangen bist, um bei ihm zu leben?“, fragte Sam. Sie kannte die grobe Geschichte bereits, aber ich war froh, dass sie mich trotzdem erzählen ließ. Ich brauchte einen Moment, um in die Wirklichkeit zurückzufinden. Ich konnte den Geschmack von Galle auf meiner Zunge und den schwefligen Geruch in meiner Nase nicht loswerden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hatte sonst niemanden“, sagte ich leise. „Er war der einzige aus dem Waisenhaus, den ich halbwegs mochte und von dem ich wusste, wo er lebte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon“, begann Sam und ich sah instinktiv zu ihr. „Du weißt, dass du und Ida hier so lange bleiben können, wie ihr möchtet. Aber ich glaube, es wäre wichtig für dich, noch einmal mit Rock zu reden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir haben uns schon alles gesagt“, entgegnete ich sofort und kämpfte die Erinnerungen von unserem Telefonat zurück, damit Ida sie nicht fand. Ich scheiterte kläglich, aber Ida tat mir den Gefallen und hielt sich von den Stimmenfetzen fern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bist du sicher?“, fragte Sam. Sie nahm meine Hand. „Ihr habt so viel zusammen durchgemacht und … seit du nicht mehr für ihn arbeitest, fühlt es sich an, als hättest du ein Stück von dir selbst verloren. Ich sage nicht, dass du ihm vergeben sollst. Aber ihr müsst noch einmal miteinander reden. Nicht übers Telefon, sondern Angesicht zu Angesicht.“ Sie lächelte mich schief an und mein Blick blieb an der Bandage über ihrem ruinierten rechten Auge hängen. Ich war Sam so viel schuldig. Ihr und Tom und Henny und Ida.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend stand ich auf. „Ich gebe ihm noch eine Chance, sich zu entschuldigen“, sagte ich. Idas Zustimmung leuchtete in meinem Hinterkopf auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam klatschte in die Hände. „Wunderbar“, verkündete sie grinsend und ich hatte mit einem Mal das ungute Gefühl, direkt in ihre Falle getappt zu sein. „Er und Mary sind heute nämlich zum Abendessen eingeladen. Hilfst du uns beim Kochen?“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Meine Hoffnung, Sam könne sich auf meine Kosten einen gemeinen Scherz erlaubt haben, verpuffte, sobald es an der Tür klingelte. Henrietta öffnete, während Samantha mit Ofenhandschuhen bewaffnet nach dem Braten sah. Ich wischte meine schweißnassen Hände am rauen Stoff meiner Jeans ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… warum bist du so nervös? …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida hatte gut reden. Sie war nicht im Streit mit Rock auseinandergegangen. Langsam bewegte ich mich Richtung Esszimmer und nahm stocksteif an dem gedeckten Tisch Platz. Das schlimmste war, dass ich selbst nicht wusste, wie ich mich fühlte, oder was ich wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich vermisste Rock. Aber dieses Gefühl verblasste neben meiner Enttäuschung. Dass er mich gefeuert hatte, konnte ich noch irgendwie verstehen, aber nicht, dass er es so leichtfertig getan hatte. Ohne nach Alternativen zu suchen, ohne für mich zu kämpfen. Noch schlimmer waren seine Ansichten über Idas Zustand. Solange er glaubte, Ida wäre tot besser dran als so, wie sie jetzt war, konnte ich ihm nicht verzeihen. Am liebsten hätte ich das Gespräch in die Ewigkeit hinausgezögert, aber wie immer machte Sam mir mit ihrer Besserwisserei einen Strich durch die Rechnung. Vermutlich hatte sie auch diesmal Recht. Je länger Rock und ich die Wunde in unserer Beziehung unangetastet ließen, desto schlechter würde sie heilen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war genau in dem Moment, da Rock und Mary eintraten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Einige Sekunden verstrichen, in denen wir einander nur ansahen. Mary war die erste, die sich aus der Starre löste. Ich folgte ihrem Beispiel und erhob mich von meinem Stuhl.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon“, sagte sie und bevor ich mich wehren konnte, zog sie mich in eine ruppige Umarmung. Sie ließ genauso abrupt wieder los und gab mir einen Schlag auf den Hinterkopf. „Wo hast du Ida gelassen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich tippte mir an die Schläfe. „Sie erholt sich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Marys Augen weiteten sich. „Ida?“, fragte sie ungläubig. Ein Kribbeln in meiner Kehle verriet mir Idas Absicht und ich gab ein stummes Einverständnis. Im nächsten Moment hatte sie die Kontrolle über meine Gesichtsmuskulatur und meinen Sprechapparat übernommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hallo Mary“, sagte sie mit meiner Stimme und formte meinen Mund zu einem breiten Lächeln, bei dem mir die Wangen schmerzten. „Ich hab‘ dich vermisst!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary stiegen die Tränen in die Augen und sie fiel Ida/mir erneut um den Hals, dieses Mal wesentlich länger. „In was für Gefahren hat Coon dich nur wieder gebracht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida überließ mir wieder die Kontrolle und ich verdrehte an Rock gewandt die Augen. Dann fiel mir ein, dass ich immer noch wütend auf ihn war. Meine Miene erstarrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary löste sich von mir und trat zur Seite, um Henny mit der Vorspeise zu helfen. An ihrer Stelle tauchte Sam im Türrahmen auf. Über Rocks Schulter hinweg warf sie mir einen ermutigenden Blick zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… sag wenigstens hallo …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hallo Rock“, sagte ich mit einer Zunge wie Blei. Ich konnte kaum die Worte formen, geschweige denn einen passenden Gesichtsausdruck aufsetzen. Rock blieb, wo er war, die großen, dunklen Hände nutzlos an der Seite hängend. Wie ich wusste er nicht, was er tun sollte. Es waren über sechs Monate vergangen, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten, aber es fühlte sich an wie sechs Jahre.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon“, sagte er schließlich. „Willkommen zurück.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Willkommen zurück. Ich möchte dir anbieten, zurückzukommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin nicht deinetwegen hier“, sagte ich automatisch. „Wir mussten Ida so schnell wie möglich aus Distrikt 18 rausbringen, das ist alles. Ich werde nicht lange bleiben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das verstehe ich.“ Er holte tief Luft. „Coon, können wir kurz unter vier Augen reden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wollte nein sagen. Der Gedanke, allein in einem Raum mit Rock gefangen zu sein, ohne Rückzugsort, behagte mir überhaupt nicht. Aber Sam warf mir bereits drängende Blicke zu und ich wusste, dass ich ihm diese Chance, sich zu entschuldigen, nicht verweigern durfte. Also nickte ich knapp und ging voran in das Gästezimmer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock schloss sanft die Tür hinter uns. Ich presste die Lippen zusammen. „Also? Ich warte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du hattest Recht“, sagte Rock. „Als wir damals telefoniert haben. Du hast genauso viel für die Hunterbasis getan wie ich. Selbst als ich dich gefeuert habe, hast du mich wegen Harry gewarnt und die Organisation vor dem Bankrott gerettet. Ich kann dir das nicht vergelten. Und ich verstehe, wenn du deinen eigenen Weg gehen und nicht zu uns zurückkehren willst. Aber falls du wieder für mich arbeiten möchtest, bis du jederzeit willkommen.“ Er holte tief Luft, während ich versuchte, das Chaos in meinem Kopf zu zähmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Freude über Rocks Worte schwirrte wie ein Schwarm Schmetterlinge durch meine Brust, aber ich wollte mich nicht von ihren Gefühlen anstecken lassen. Natürlich freute ich mich, dass er all das gesagt hatte. Ich wünschte nur, er hätte nicht über ein halbes Jahr für diese Erkenntnisse gebraucht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Weil du für mich gearbeitet hast, habe ich aus den Augen verloren, wie wichtig du mir als Freundin bist“, fuhr Rock ungeachtet meines Schweigens fort. Ich hasste die Tatsache, dass er mich so durchdringend ansah. Wie sollte ich bei diesem Blick hart bleiben? „Wir sind zusammen aufgewachsen. Was ich mit all dem eigentlich sagen will ist … es tut mir leid, Coon. Es tut mir leid, dass ich dich gefeuert habe, obwohl du nichts Falsches getan hat. Und es tut mir leid, dass meine Entschuldigung so spät ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schluckte, rang mit den Tränen. „Rock—“, brachte ich noch hervor, bevor er schon seine breiten Gorillaarme um mich schloss und mich in einer knirschenden Umarmung an sich drückte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kannst du mir vergeben?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich krallte mich in sein Hemd, drückte genauso fest zurück, und nickte gegen die Seite seines Kopfes. Stille Tränen liefen über meine Wangen. Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr ich eine Versöhnung gebraucht hatte, aber jetzt löste sich ein riesiger Knoten in meiner Brust und ich konnte endlich freier atmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber es gab noch eine Entschuldigung, auf die ich wartete, und die galt nicht mir. Ich löste mich ruckartig von ihm. „Was ist mit Ida?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seine Augen verdunkelten sich. „Richtig. Mit ihr würde ich auch gerne unter vier Augen sprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Derzeit nicht möglich, fürchte ich“, sagte ich. „Ida muss sich noch erholen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bitte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fuhr mir durch die Haare, sah Rock misstrauisch an. Was würde er ihr sagen? Konnte ich ihn mit ihr alleine lassen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… lass mich mit ihm reden …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du bist noch zu schwach, um meinen Körper zu verlassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… dann leih mir deinen. bitte …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurz zögerte ich. Ich hatte Ida noch nie die Kontrolle über meinen gesamten Körper gegeben. Plötzlich fragte ich mich, wie es für sie sein musste, in mir eingepfercht zu sein, ohne Möglichkeit, ihren eigenen Interessen nachzugehen, sie selbst zu sein. Seufzend nickte ich, entspannte meine Muskeln und schloss die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida durchfuhr meinen Körper wie ein warmer Windhauch, von meinem Mittelscheitel bis hinunter in meine Zehenspitzen. Kurz überkam mich Panik, als mein Körper mir nicht mehr gehorchte, eine andere Präsenz die Kontrolle übernahm, aber ich zwang mich zur Ruhe. Es war nur Ida. Ich vertraute ihr mit meinem Leben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie wartete geduldig, bis ich in der Lage war, komplett loszulassen. Dann schlug sie die Augen auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah Rock wie durch einen grauen Schleier. Alles verschwamm. Als würde ich ihn nicht wirklich sehen, sondern nur die Erinnerung von ihm in diesem Raum. In einem Moment begrüßte Ida ihn, im nächsten saßen wir beide auf dem Bett, Ida/ich mit verschränkten Armen, Rock mit gesenktem Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Stimmen der beiden schwappten gegen mein Bewusstsein wie Gespräche, die man durch eine dünne Wand aufschnappt, einige Bruchstücke gut verständlich, die anderen ein nicht identifizierbares Rauschen und Gemurmel. Ich hatte das Gefühl, dass Ida etwas mit dieser Verzerrung zu tun hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hat Coon dir von unserem Telefonat …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„… mich davon ferngehalten. Was hast du …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„… habe begriffen, dass …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es muss dir nicht leidtun.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe deine Existenz … wie kann ich das jemals wieder …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Rock, ich verstehe … bitte nicht weinen …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Weinen? Tatsächlich. In mir selbst versunken beobachtete ich, wie das verschwommene Abbild von Rock sich mit dem Handballen über die Augen wischte. Wie er vornübergebeugt war. Um Vergebung bat. Wie Ida/ich ihn in den Arm nahm, über seinen breiten Rücken und den kahlen Kopf strich. Feuchtigkeit füllte meine Augen. Für einen kurzen Moment verlor Ida die Kontrolle und übernahm mich völlig. In die Ecke meines Bewusstseins gedrängt wurde um mich herum alles schwarz. Die Stimmen verblassten, obwohl ich noch aus irgendeiner Verbindung zu meinem Körper wusste, dass meine Lippen sich bewegten, dass ich nach Luft rang, mein Brustkorb sich erratisch hob und senkte. Ich weinte. Schluchzte. Oder war Ida es, die zum ersten Mal seit ihrem Tod die Möglichkeit hatte, ihr Schicksal zu beweinen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich machte mich klein in meinem Gefängnis, ließ die Scham über mich waschen. Ida hatte mir gesagt, dass ihr Tod nicht meine Schuld war. Aber das änderte nichts daran, dass es mein Fehler gewesen war, der ihr die Chance eines normalen Lebens genommen hatte. Egal, wie oft sie mir vergab, würde ich mir das selbst jemals verzeihen können? Ich bezweifelte es.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und dann, als hätte Ida meine Gedanken gespürt, öffneten sich plötzlich all meine Sinne. Mein Bewusstsein rauschte zurück in meinen Körper und ich sackte kraftlos gegen Rocks Brust. Seine starken Arme hielten mich fest, obwohl meine Beine kribbelten und zitterten. Mir war schwarz vor Augen. Ida hatte mich zu stark kontrolliert. Ich war an der Schwelle zur Ohnmacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich ertönte ihre Stimme durch meinen Mund, glasklar und unmissverständlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wenn du mich damals gerettet hättest, Coon, dann wärst du jetzt nicht mehr am Leben. Einer von uns beiden musste sterben, damit der andere überlebt. Und es ist mir lieber, dass ich in dieser Form an deiner Seite bleiben kann, als ohne dich leben zu müssen. Es musste so kommen. Es gab nie eine andere Möglichkeit.“ Und mit diesen Worten verschwand Ida aus meinen Gedanken und vermummte sich in einem undurchdringbaren Kokon aus Schutzschilden, die sie gegen mein Eindringen aufbaute. Sie wollte allein sein. So allein sie in dieser Situation sein konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schwer atmend ließ ich mich von Rock zurück ins Esszimmer und auf meinem Stuhl bugsieren. Sam sah uns besorgt an, doch ich winkte ihre Fragen mit einer Handbewegung ab. Ich wollte nicht darüber reden. Dieser Teil des Gesprächs war zwischen Ida und Rock gewesen, nicht zwischen ihm und mir. Ich war nur Teil der Unterhaltung gewesen, weil Ida derzeit noch zu schwach war, um ihren eigenen Körper zu formen. Ich würde die Privatsphäre der beiden so gut es ging respektieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotzdem beobachtete ich Rock aus den Augenwinkeln, während er sich zwischen Mary und Sam setzte und dankend ein Glas Sekt annahm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwas hatte in der letzten Woche seine Meinung über Ida erheblich geändert. Ich wusste nicht, was es war, aber ich würde es herausfinden.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Das Essen war köstlich. Von Sam wusste ich, dass Henny in der Küche kaum in der Lage war, mehr als Spaghetti mit Fertigsauce oder Käsetoast zu kochen, aber Sam liebte es, mit neuen Zutaten zu experimentieren und ihre langen Trainingslagerperioden mit Dosennahrung durch ausgefallene Gerichte Zuhause auszugleichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine beiden Freundinnen übernahmen den Großteil der Unterhaltung, während ich mich von Idas Kontrolle erholte. Das Schwindelgefühl verebbte nach einer Stunde und als wir mit dem Tiramisu fertig waren, schaffte ich es sogar, mich in die Unterhaltung einzubringen. Es war zu diesem Zeitpunkt, da Mary beschloss, sich zu erheben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich möchte euch etwas sagen.“ Sie ergriff Rocks Hand, der ihr mit so viel Wärme in den Augen zulächelte, dass ich sofort wusste, was als nächstes kommen würde. „Rock und ich erwarten ein Kind. Eine Tochter, um genau zu sein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam quietschte und sprang auf die beiden zu. „Rock, du altes Schlitzohr!“, lachte sie und klopfte ihm auf den Rücken, ohne ihren Arm von Marys Schultern zu nehmen. „Das hätte ich dir gar nicht zugetraut.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Herzlichen Glückwunsch“, sagte Henny etwas förmlicher, aber mit einem genauso schelmischen Glitzern in den Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich räusperte mich. „Das freut mich sehr für euch.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Marys Blick wanderte zu mir. Ich sah sie genau an. Ihr Bauch war etwas gewölbt, jetzt, da ich darauf achtete, und ihre mokkabraune Haut leuchtete. Die pechschwarzen Locken weigerten sich wie immer, der Schwerkraft zu gehorchen. Nur ein grünes Haarband hielt ihre Stirn frei. Sie sah mich ernst an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon“, sagte sie und wartete, bis auch Sam still wurde. „Rock und ich haben darüber nachgedacht, wer die Patin unserer Tochter werden soll, und wir sind uns beide einig, dass wir dich möchten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schluckte, um meine trockene Kehle zu befeuchten. Ich hatte mit nichts von dem gerechnet. Nicht damit, dass Mary schwanger war und mich als Patin wollte, nicht damit, dass Rock sich persönlich bei mir und Ida für seine früheren Ansichten entschuldigen würde und ich wusste, dass ich den beiden vergeben hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit zitternden Händen nickte ich. „Es würde mich sehr glücklich machen, ihre Patin zu werden. Danke für —“ Ich brach ab. Meine Augen brannten und ich wischte hastig mit dem Handrücken darüber. „Danke für euer Vertrauen“, endete ich schwach und rieb unwillkürlich über mein Bein. Die Verletzung, die ich mir während meiner Rottenexzision mit Daniel Holland zugezogen hatte, war seitdem abgeheilt, aber ich hatte immer noch Probleme, wenn ich zu lange auf den Beinen war. „Aber ich weiß nicht, ob ich je wieder die Top-Hunterin werde, die ich mal war“, sagte ich leise. „Mein Bein —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schwachsinn“, mischte sich Sam sofort ein und deutete mit einem Finger auf ihren Augenverband. „Was ist dann mit mir? Wir stecken Verletzungen ein, aber das macht uns nicht gleich zu Frührentnern. Dir tut regelmäßig dein Bein weh? Dann nimm Schmerzmittel oder verhau die Daemonen mit deinem Gehstock. Nichts leichter als das.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was sie gesagt hat“, stimmte Rock schmunzelnd hinzu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In meinem Hinterkopf regte sich der Kokon. Ida schielte daraus hervor und durchforstete schnell meine Erinnerungen der letzten zehn Minuten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… da ist man einmal nicht da, und verpasst alles wichtige …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was hältst du davon?“, fragte ich laut, Blick in meinen Schoß gerichtet, damit alle wussten, mit wem ich sprach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… das fragst du noch? … Ihre Aufregung wusch über mich und hüllte mich in warmes Licht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Grinsend hob ich den Kopf und öffnete die Augen. „Wir sind dabei.“[/JUSTIFY]

Kapitel 2


 

Vier Monate später …
 

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Urgh“, fluchte ich, als ich pitschnass durch die Eingangstür zu Rocks Bar hereinkam und ein halbes Kilo Schlamm auf dem alten Dielenboden verteilte. Rock unterbrach das Gläserputzen hinter der Bar und schnalzte tadelnd mit der Zunge.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Muss das sein?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist nicht meine Schuld, dass der Daemon im Park unterwegs war“, murrte ich und wrang meinen Zopf über der Türschwelle aus. Kaltes Regenwasser platschte auf den Bordstein. „Oder dass es aus Eimern schüttet. Mir ist eiskalt. Ida, trödel nicht und komm rein. Hast du schon deine Hausaufgaben gemacht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida schwebte mit unschuldiger Miene durch die Tür und sah überall hin, nur nicht zu mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Tom sagte, ich muss sie erst morgen vorrechnen …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist ja witzig“, sagte ich und ließ mich vor Rock am Tresen nieder, wo bereits eine Tasse heißer Kaffee auf mich wartete, schwarz wie die Nacht und genau das, was meine durchgefrorenen Knochen brauchten. „Mir hat Tom gesagt, du hättest ihm versprochen, das heute Abend noch zu machen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In ihrer Lüge ertappt, schabte Ida mit dem milchweißen Fuß über den Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Aber es ist so schwer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Noch ein Grund mehr, dich heute schon dranzusetzen“, sagte ich. Als Ida immer noch nicht aufsah, tätschelte ich meinen Oberschenkel, bis sie an meine Seite schwebte und sich auf meinem Schoß niederließ. „Ich schaue mir die Aufgaben gleich mit dir zusammen an, okay?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida nickte, schielte aber sofort verschmitzt über ihre Schulter zu mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Warum muss ich überhaupt Hausaufgaben machen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich seufzte. „Weil wir uns geeinigt haben, dass du zumindest eine Grundausbildung in Mathe und Lesen brauchst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich will aber lieber mit dir Daemonen jagen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das tust du doch auch“, sagte ich seufzend. „Ohne dich bin in den meisten Fällen aufgeschmissen. Aber weißt du, was du mal brauchen wirst, wenn du wirklich die Hunterausbildung machen willst? Lesen und rechnen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Leider wahr“, stimmte Rock zu. „Frag Sam, sie stellt jedes Jahr die Prüfungen und betreut das Trainingslager.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schlürfte genüsslich meinen Kaffee und massierte mein steif gewordenes Bein, während Ida mit etwas mehr Elan als zuvor die Treppen hinaufschwirrte, wo Tom sicher schon auf sie wartete. Bei dem Gedanken an Tom verging mein Lächeln. Ohne rechten Arm war seine Hunterkarriere zu Ende. Er half jetzt Sam bei der Ausbildung unseres Nachwuchses und hatte angeboten, Idas Unterricht zu übernehmen, als ich meinen Wunsch danach ausgedrückt hatte. Inzwischen befürchtete ich zwar, dass Ida aus seinen Stunden mehr Gebärdensprache als tatsächliche Mathekenntnisse mitnahm, aber das war immer noch besser als gar nichts.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend stützte ich mein Kinn in die Hand und schielte zu Rock, der in der Küche verschwunden war, um nach Mary zu sehen. Innerlich zählte ich die Sekunden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Drei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eins.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör endlich auf, mir hinterher zu schnüffeln und geh deiner eigenen Arbeit nach!“, fauchte Mary, die Rock mit Schlägen ihres Handtuchs aus der Küche jagte. „Ich bin schwanger, nicht todkrank.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Grinsend wartete ich, bis Rock sich zu mir über den Tresen lehnte. „Sie ist noch ruppiger als früher“, murmelte er und klang dabei so glücklich, als habe sie ihm gerade ihre ewige Liebe gestanden. Dann wurde seine Miene ernst. „Wie lief dein Auftrag?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„War nichts außergewöhnliches“, sagte ich und dachte zurück an den unter Wasser gesetzten Park. „Ziemlich schlammig. Der Daemon war klein, kein Problem für Ida. Mich beunruhigt nur, wie viele Sichtungen es in letzter Zeit gab.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mich auch“, stimmte Rock leise hinzu und lehnte sich noch näher. „Ich habe einen Anruf bekommen, während du unterwegs warst. Die Organisationsgründer haben ein Treffen beantragt. Ich möchte, dass du mich begleitest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ein Treffen?“, fragte ich misstrauisch. „Sind die nicht für Notfälle reserviert?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hat mich auch stutzig gemacht. Paige wollte am Telefon aber nichts Weiteres sagen. Wir gehen heute Abend.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wo ist das Treffen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bei Kady. Sie war diejenige, die alles in die Wege geleitet hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte abwesend. „Kann ich Ida mitbringen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock sah mich verdutzt an, dann lachte er. „Ganz ehrlich“, sagte er und klopfte mit der flachen Hand auf den Tresen, „es ist mir nicht mal in den Sinn gekommen, dass du sie nicht mitbringen würdest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die heruntergekommene Fassade der alten Turnhalle tauchte vor uns in der Dunkelheit auf, schwach beleuchtet und scheinbar völlig verlassen. Die Fenster von Kadys Basis waren mit Brettern vernagelt, dafür standen auf dem Parkplatz die Autos dicht beieinander.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich zog den Kragen meines nachtblauen Mantels gegen den eiskalten Wind hoch und vergrub meine freie Hand tiefer in meiner Tasche. Da ich heute schon mehrere Stunden auf den Beinen gewesen war, stützte ich mich jetzt dankbar auf den Gehstock, den Henny mir damals in Distrikt 18 geschenkt hatte. Ida schwirrte neugierig voran und drehte sich mehrmals im Kreis, um auf uns zu warten, wenn wir zu weit zurückfielen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] Die breite Glastür war von innen mit schwarzem Samt verhangen. Rock klopfte dreimal schnell hintereinander und noch einmal nach einer kurzen Pause. Wenige Momente später öffnete sich die Tür.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Uns erwartete niemand anderes als Kady. Sie war in ihren Fünfzigern, mit schmalen Augen und messerscharfen Wangenknochen. Ihr weißblond gefärbtes Haar reichte ihr bis zu den Schultern und stellte einen herben Kontrast zu dem schwarzen Lippenstift, den schwarz lackierten Fingernägeln und den genauso schwarzen Kleidern dar. Kady war so Goth wie man sein konnte, und wenn ich mich im Flur umsah, spiegelte sich das auch in ihrer Dekoration wider.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ihr seid spät.“ Mit Schwung drehte Kady ihren Rollstuhl auf der Stelle und fuhr ohne ein weiteres Wort voraus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In der Mitte der Turnhalle stand ein großer runder Tisch, an dem bereits ein Dutzend Gründer saßen. Die meisten hatte ich noch nie gesehen, doch es gab auch einige bekannte Gesichter, allen voran Paige in ihrem knallengen, dunkelgrünen Samtkleid und Charles, dessen dichter, weißer Bart sein halbes Gesicht bedeckte. Zwischen den zumeist jeanstragenden Gründern, die gelangweilt mit ihren Handys spielten oder leise diskutierten, sah er in dem braunen Anzug und mit der goldenen Taschenuhr wie ein Zeitreisender aus, der sich in der Epoche vertan hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als Rock und ich eintraten, hoben sich die Köpfe. Rock begrüßte die Versammlung mit einem Winken und ließ sich schließlich neben Paige nieder, die für uns zwei Stühle zu ihrer Linken reserviert hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hallo, Äuglein“, sagte sie und lehnte sich so weit über den Tisch, wie ihr mit ihrer Körperfülle möglich war. Ich schüttelte ihre ringbesetzte Hand. „Netten Urlaub in Distrikt 18 gehabt, wie ich höre?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor ich schnippisch antworten konnte, rollte Kady an den Tisch. „Ich habe diese Versammlung einberufen“, verkündete sie, „da mich in letzter Zeit einige Aufträge des Chiefs beunruhigen. Oder sollte ich sagen, fehlende Aufträge.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Murmeln kam auf, doch ein einziger Blick von Kady genügte, um für Ruhe zu sorgen. Sie sah nicht danach aus, aber sie war eine der ersten Gründerinnen aus Distrikt 16, und diejenige, die am längsten von allen Anwesenden selbst als Hunter tätig gewesen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich winkte Ida unauffällig an meine Seite, damit sie besser zuhören konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich möchte mit euch zusammen darüber diskutieren, was die Gründe für diese Abnahme an öffentlichen Aufträgen sind. Wie den meisten von euch bereits aufgefallen ist, vermehren sich die Daemonen in unserem Distrikt ungewöhnlich schnell. Charles?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Charles erhob sich, die Hände weiter fest auf die Tischplatte gepresst. Er sah in die Runde. „Wir haben unverantwortliche Zustände ausfindig gemacht“, erklärte er in einer tiefen, samtigen Stimme. „In den Vierteln an der Grenze zum Ödland gab es mehrere Horte, in denen Daemonen zusammen hausten, ohne zu eskalieren. Die Umgebung ist geradezu verpestet.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wandte mich sofort an den Chief“, fuhr Kady seine Erklärung fort. „Aber ich konnte ihn nur über seinen Sekretär erreichen, der meine Anfrage weiterleiten musste. Der Chief war nicht im Rathaus. Und das an allen Tagen, an denen ich anrief.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vielleicht ist er in Urlaub“, warf Rock in die Runde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist er nicht“, sagte Kady. „Im Gegenteil. Auf mein Nachhaken hin hat eine der Empfangsdamen zugegeben, der Chief sei krank, und man bekäme ihn dort nur noch selten zu Gesicht. Wenn er da ist, dann verlässt er fast nie sein Büro. Aber das ist nicht alles.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock und ich warfen uns argwöhnische Blicke zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vor kurzem hat es einige Änderungen der Maßnahmen für die Daemonenprävention gegeben. Die Überprüfung leerstehender Häuser wurde drastisch reduziert, die Mittel für staatliche Hunter gekürzt. Ich will ehrlich mit euch sein.“ Sie sah jedem der versammelten Gründer nacheinander in die Augen. „Mir kommt es so vor, als versuche der Chief, die Daemonenpopulation in unserem Distrikt absichtlich in die Höhe zu treiben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Gemurmel schwoll zu einem lauten Stimmengewirr an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich blieb stumm und dachte angestrengt nach. Konnte es sein, dass der Chief absichtlich versuchte, unsere Hunterarbeit zu sabotieren? Was wollte er damit bezwecken?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich weiß, dass dies eine haarsträubende Vermutung ist. Aber geht in euch. Wie viele Aufträge habt ihr in den letzten Wochen erhalten? Wie viele wären es noch vor einem Jahr gewesen?“ Sie lehnte sich in ihrem Rollstuhl zurück und verschränkte die Arme. „Also, ich höre?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vielleicht will der Chief gegen die Überpopulation vorgehen, indem er für mehr Daemonenangriffe sorgt“, sagte nach einigem Schweigen eine gebrechlich wirkende Frau mit Glatze und Tattoos, die ihren Hals hinaufkletterten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kady nickte und wandte sich an den Rest der Gründer. „Andere Ideen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er wird erpresst“, schlug ein Gründer vor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Womit denn, Peter?“, konterte eine junge Frau mit strohblondem Haar und drei parallellaufenden Narben, die ihre Wange hinabliefen. „Der Mann hat keine Familie.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Steuerhinterzug“, sagte Paige sofort. „Sexuelle Belästigung seiner Mitarbeiter, ein uneheliches Kind im Gefängnis. Ein Mann wie unser lieber Chief Keynes hat sicher einige schmutzige Geheimnisse, von denen er nicht will, dass sie an die Öffentlichkeit kommen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das erklärt aber nicht, warum ihn jemand erpressen würde, um die Daemonen stärker werden zu lassen“, sagte Charles langsam. „Wer profitiert davon?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Chiefs der benachbarten Distrikte“, sagte Peter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Die Bestattungsunternehmen“, murmelte Rock halblaut und ich musste gegen meinen Willen glucksen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir Gründer.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stille legte sich augenblicklich über die Versammlung. Nur Paige nippte unbesorgt an ihrem Getränk. „Warum schaut ihr mich an wie Rehe im Scheinwerferlicht?“, fragte sie. „Ich spreche nur aus, was jeder hier denkt. Sicher, es ist mehr zu tun, aber unsere Einnahmen waren noch nie so gut. Auch wenn es auf lange Sicht keine tragbare Lösung ist, was hält einen der Unsrigen davon ab, den Chief zu erpressen, um kurzfristig an viel Geld zu kommen? Was ist mit dir, Carlotta?“ Sie sah zu der alten Frau mit den Tattoos. „Du hast noch eine Menge Kosten wegen deiner Chemotherapie offen. Dir kommt das Geld doch sicher gelegen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Carlotta schmunzelte, nicht im Mindesten schuldbewusst. „Dem kann ich nicht widersprechen. Und es ehrt mich, dass du mir so ein politisches Manöver zutraust, wo ich die letzten Jahre doch eher mit Kotzen beschäftigt war.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Paige zuckte mit den Schultern. „Eine Frau tut, was sie tun muss. Und was ist mit dir, Jeremy? Schon die Schulden mit deinem Drogendealer beglichen? Oh, Entschuldigung, war das geheim? Mein Fehler.“ Sie bleckte die Zähne und wandte sich an Kady. „Und vergessen wir nicht dich, Bienenkönigin. Du wartest doch seit Jahren auf eine Gelegenheit, um die Kontrolle über die anderen Organisationen an dich zu reißen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kady antwortete nicht. Sie und Paige starrten einander unerbittlich an, bis Paige lachte und sich wieder ihrem Getränk zuwandte. Abschätzende Blicke wurden gewechselt. Paige hatte den Samen für Zweifel gesät und ich spürte, wie das Misstrauen sich als dunkle Gewitterwolke im Raum ausbreitete. In diesem Zustand würden wir nichts zustande bringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ihr habt noch eine Gruppe vergessen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alle Augen wandten sich zu mir. Nein, nicht zu mir. Zu Ida. Bislang hatte niemand meinen Dae beachtet, die meisten wussten, wer sie war und dass wir seit ihrem Tod zusammenarbeiteten. Aber niemand, mich eingeschlossen, hatte damit gerechnet, dass ein siebenjähriges Mädchen umringt von erwachsenen Führungsfiguren das Wort ergreifen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ermutigend legte ich Ida eine Hand auf die Schulter. „Wen meinst du?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ganz einfach. Die Daemonen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die gespannte Stille wich schallendem Gelächter, das so durchdringend war, dass Ringen meine Ohren füllte. Ida zitterte an meiner Seite und ich drückte unwillkürlich meine Fingerspitzen in ihre Schulter, um sie zu beruhigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich weiß nicht, warum ihr lacht“, fauchte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist lächerlich“, schnaubte Peter. „Wie soll das gehen? Die Daemonen haben keine Anführer, sie sind nicht intelligent. Diese Monster könnten niemals so ein Manöver zustande bringen. Wir reden hier von Legislationen, die umgeschrieben und durch den Kongress gebracht wurden. Raccoon, bring deinen Dae unter Kontrolle oder sie kann bis zum Ende unseres Treffens draußen vor der Tür warten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hitze schoss mir in die Wangen und ich stand ruckartig auf, Augen auf Peter fixiert, der unter meinem Blick zusammenschrumpfte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Erstens hat Idas Stimme genauso viel Gewicht wie meine Eigene, also wage es nicht, von ihr zu reden, als sei sie mein verdammter Schoßhund. Zweitens hat sie Recht. Wer profitiert wirklich davon, dass Daemonen sich vermehren? Natürlich sie selbst. Du sprichst so selbstverständlich davon, dass sie keine Anführer haben und nicht in der Lage sind, Pläne zu schmieden, aber woher willst du das wissen? Bis Ida zum ersten Mal absichtlich Daemonengestalt angenommen hat, wusste niemand hier im Raum, dass so etwas möglich und sogar rückkehrbar ist. Es ist unsere eigene Arroganz, die uns denken lässt, wir hätten bereits alles über Daemonen herausgefunden. Was wissen wir schon davon, wie Daemonen miteinander kommunizieren, wie ihre Hierarchie außerhalb der Grenzen aussieht? Und was, wenn es kein Daemon ist, sondern ein Mensch oder Dae, der aus irgendwelchen Gründen mit den Daemonen sympathisiert? Der Chief könnte von jemandem erpresst werden, der aus dieser Situation einen Vorteil ziehen will, das stimmt. Aber er könnte auch von einem Daemon oder Dae besessen sein, der nicht in der Lage ist, seinen Charakter zu imitieren und deshalb eine Krankheit vortäuscht, um nicht aufzufliegen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stille.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Peter sah mich aus zornfunkelnden Augen an, aber er wagte es nicht, noch einmal das Wort zu ergreifen. Ida lächelte mir dankbar zu. Kady und Charles tauschten Blicke.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist möglich“, stimmte die Anführerin der Gründer nach einer Weile zu. „Aber es wird schwer nachzuweisen sein, solange niemand uns dafür engagiert, einen Daemon im Rathaus ausfindig zu machen. Im Büro des Chiefs, um genauer zu sein. Wir können nicht einfach hineinspazieren und darauf hoffen, dass der Daemon nichts davon mitkriegt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was tun wir also?“, erhob sich Carlottas Stimme durch das allgemeine Durcheinander von Stimmen. „Däumchen drehen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein“, sagte Kady und sorgte mit einer erhobenen Hand für Ruhe. „Wir müssen herausfinden, was vor sich geht, auf eigene Faust, wenn nötig. Wir brauchen jemanden, der sich ins Rathaus einschleust und dort für uns spioniert. Jemand, der sich mit Daemonen und Dae auskennt. Jemand, der Daemonen ausfindig machen kann, ohne sie sehen zu müssen.“ Ihr Blick, und der aller Anwesenden, fiel auf mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich?“ Ungläubig sah ich von Kady zu Charles, der zustimmend nickte und schließlich zum Rest der Gründer. „Mein Gesicht war erst vor zehn Monaten in jeder Zeitung zu sehen. Ich bin nicht gerade unauffällig, oder ein Spion.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aber du bist die Einzige, die uns sagen kann, ob der Chief von einem Daemon besessen ist, oder ob in den letzten Wochen Daemonen im Rathaus unterwegs waren, ohne einem von ihnen persönlich über den Weg laufen zu müssen“, entgegnete Kady. „Du hörst es vielleicht nicht gerne, aber trotz der anderen Faktoren, die du genannt hast, bist du die Einzige, die diesen Job machen kann.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und wie soll ich reinkommen?“, hakte ich nach. Sah sie nicht, wie viele Löcher dieser tolle Plan hatte, auf den sie so stolz war? „Ich bin einer der bekanntesten Hunter im Distrikt. Selbst, wenn sie mich dort nicht sofort erkennen, habe ich keinen Grund, dort hereinzuspazieren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Überlass das mir“, mischte sich Charles ein. „Es gibt ein vertrauenswürdiges Jack-Unternehmen in meiner Nähe, das keine Fragen stellt und regelmäßig für Schornsteinarbeiten im Rathaus angeheuert wird. Wir schleusen dich getarnt als Mitarbeiter hinein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich zögerte. Mit viel Glück konnte der Plan klappen, aber mir gefiel nicht, wie schnell Kady und Charles mich mit ihrer Argumentation in die Ecke gedrängt hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es kann nicht schaden“, murmelte Rock, der genau wie ich die drängenden Blicke der anderen Gründer auf sich lasten spürte. „Wenn du nichts findest, wissen wir zumindest, dass keine Daemonen involviert sind.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah ihn schräg von der Seite her an. „Du klingst nicht überzeugt von Idas Theorie.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich schließe sie nicht aus“, sagte Rock langsam. „Aber wenn ich zwischen einem intelligenten Daemon und einem gierigen Menschen entscheiden muss, weiß ich, was ich für wahrscheinlicher halte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend sah ich zu Ida. „Was denkst du?“, fragte ich sie. „Sollen wir nachschauen, was mit unserem Chief los ist?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida runzelte die Stirn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wenn er von einem Daemon besessen ist, müssen wir ihn retten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Pah“, sagte Peter. „Ihr wollt ihr diesen Job anvertrauen? Einer toten Rotznase und einem arroganten Krüppel?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vorsicht, Peter“, sagte Kady bedrohlich. „Sie ist nicht der einzige Krüppel hier am Tisch.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Peter wurde rot. „Ich meine ja nur“, murmelte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich räusperte mich. „Danke Peter“, sagte ich lächelnd und erhob mich. „Wenn jemand wie du so viel Vertrauen in meine Fähigkeiten hat, wie kann ich da Nein sagen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am nächsten Morgen wartete auf meinem Stammtisch bereits meine Tasse schwarzer Kaffee und ein Sandwich mit einer abgerissenen Notiz darauf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schielte auf das Sandwich, das ich seit Jahren unangerührt ließ. Heute war es doppelt so dick belegt wie sonst. „Ist das Marys passiv-aggressive Art mir zu sagen, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock zuckte grinsend mit den breiten Schultern. „Wer weiß schon, was in ihrem Kopf vor sich geht. Aber du hast vermutlich Recht. Das da ist die Adresse, die Charles mir rausgesucht hat. Für deinen Undercover-Einsatz. Der Jack ist schon informiert worden. Du triffst ihn in zwei Stunden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida schwebte glücklich um mich herum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich habe noch nie einen Jack gesehen![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie zögerte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Was ist ein Jack?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ein Jack of all Trades”, erklärte ich. „Das sind Menschen, die in mehreren Handwerken ausgebildet sind, Kochen und Gärtnern zum Beispiel, oder Dachdecken und Putzen. Sie werden von ihrem Unternehmen an Arbeitgeber vermietet und verrichten dort unterschiedliche Arbeiten. Das ist oft effizienter, als mehrere spezialisierte Handwerker kommen zu lassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida schwirrte aufgeregt um mich herum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich will den Jack sehen, Coon! Wann gehen wir los?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, sagte ich langsam. „Du kannst mich gerne auf dem Hinweg begleiten, aber im Rathaus bist du zu auffällig. Wenn dort jemand zufällig die Sicht hat oder der Daemon unterwegs ist, fliegt meine Tarnung sofort auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sank zu Boden, einige Stufen grauer als zuvor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Oh.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Tut mir leid“, sagte ich und streckte eine Hand nach ihr aus, bis sie sich in eine Schein-Umarmung ziehen ließ. „Es ist nur für heute, versprochen. Mir gefällt dieser Auftrag genauso wenig wie dir. Ab morgen gehen wir wieder auf herkömmliche Daemonenjagd. Ich muss doch dafür sorgen, dass du deine Hunterausbildung mit gehörigem Vorsprung startest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Körper hellte sich augenblicklich auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit meinem Mantel und nicht mehr verschlammten Stiefeln bewaffnet, machten wir uns auf den Weg. Der Jack-Verleih lag tief in der Innenstadt. Ida und ich mussten zweimal umsteigen und über diverse rote Ampeln sprinten, um die Verbindungen zu erwischen und rechtzeitig anzukommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wir hatten unser Ziel schon fast erreicht, als von irgendwo hinter uns plötzlich ein Ruf erschallte. „Mörder!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich weigerte mich, zurückzusehen, obwohl ich wusste, dass nur ich damit gemeint sein konnte. Ida wurde langsamer, sah verunsichert zu mir, doch ich beschleunigte nur meine Schritte und ballte die Hände in meinen Jackentaschen zu Fäusten. Als hätte der eine Schrei eine Lawine verursacht, hörte ich nun von allen Seiten die geflüsterten Kommentare.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist das nicht Raccoon Thynlee?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wegen ihr ist doch dieses Kind gestorben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Unverantwortlich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum ist so jemand nicht im Knast?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hätte sie nicht in dem anderen Distrikt bleiben können?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Lasst sie in Ruhe![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida fuhr wütend herum und schoss auf die nächstbeste Person zu, eine ältere Dame in violettem Wintermantel, die mit ihrem glatzköpfigen Ehemann tuschelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Es war nicht ihre Schuld! Hört auf, so über sie zu reden![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida, lass gut sein“, murmelte ich. „Sie können dich nicht sehen.“ Ida drehte sich in der Luft herum. Als sie sah, dass ich Recht hatte, färbte sie sich tiefschwarz und sank zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Das ist nicht fair.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich weiß“, sagte ich und wartete, bis sie wieder an meiner Seite war. Die neugierigen Blicke der Umstehenden jagten mir ein Kribbeln über den Rücken. Wie lange würde es dauern, bis sie merkten, dass ich nicht mit Kopfhörern telefonierte, sondern mit eben jenem toten Mädchen redete, dass sie in ihren Kommentaren zu verteidigen suchten?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir wenige Minuten später vor der Tür mit der Aufschrift „JACKs of all TRADES“ standen, hatte Ida sich etwas beruhigt, doch ihre Farbe war immer noch sehr dunkel. Ich hatte inzwischen keine Angst mehr, dass sie durch etwas anderes als meinen Tod zu einem Daemon werden könnte, aber ich bevorzugte es trotzdem, wenn sie weiß war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor ich klingeln konnte, schwang die Tür auf und ein alter Mann mit beeindruckend rotem Schnauzer und tiefsitzender Brille stand mir gegenüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hmpf“, sagte er und trat zur Seite, damit ich eintreten konnte. „Blue!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Komme schon“, erschallte die Stimme eines jungen Mannes von oben. Schritte wurden im Geschoss über uns laut, während ich mich umsah. Der Jack-Verleih bestand aus einem länglichen Raum mit einem Schreibtisch voller Ordner, Dokumente und Schreibutensilien, sowie einem altmodischen Scheibentelefon und genauso veralteten und verstaubten Computer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In der hinteren Ecke führte ein Durchgang in einen kleinen Flur, von dem ich vermutete, dass er ein Klo und die Treppe beherbergte. Ida sah sich neugierig um. Der alte Mann, der vermutlich der Besitzer des Verleihs war, hob sein Handgelenk nah an sein Gesicht, um die Uhrzeit abzulesen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich mache Pause“, verkündete er. „Nichts anfassen“, fügte er in meine Richtung hinzu, dann zog er eine Lederjacke über, schob sich an mir vorbei und verschwand auf die Straße.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da ich nichts Besseres zu tun hatte, machte ich einen Rundgang durch die Zentrale. An den Wänden waren eingerahmte Bilder angebracht, von denen die meisten Gebäude oder Menschen zeigten. Kunden des Verleihs? Ich war so vertieft, dass ich die Schritte auf der Treppe erst hörte, als jemand mit beiden Füßen von der letzten Stufe sprang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich drehte mich zur Tür, hob die Hand in einer lockeren Begrüßung—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]—und erstarrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mir gegenüber stand ein junger Mann, dunkelhäutig, mit tiefblauen Augen und einem Knäuel brauner Locken auf dem Kopf. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich die Person vor mir mit meiner Erinnerung in Verbindung brachte. Nein. Das konnte nicht sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber er war es. Größer und älter, aber nie im Leben würde ich diese Augen, diese vollen Lippen und diese Lachgrübchen vergessen. Es war Sunny. Mein Sunny.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und er war definitiv nicht tot.[/JUSTIFY]

Kapitel 3

[JUSTIFY]>Coon? Coon, was ist los mit dir? Geht es dir nicht gut?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass Ida es war, die mit mir sprach. Sunny war bei meinem Anblick ebenfalls stehengeblieben, sein Lächeln zerfallen. Er wirkte überrascht, mich zu sehen, aber nicht schockiert. Nicht fassungslos. Ich hingegen sah den Geist meiner Vergangenheit und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Mit letzter Kraft lehnte ich mich gegen die Wand und presste eine Hand über den Mund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es konnte unmöglich Sunny sein. Sunny war tot. Sunny war in seiner Wohnung von Daemonen gebissen worden und gestorben. Ich hatte seine leblose Hand gesehen, die gelben Fußspuren überall.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber hier stand er. Lebendig. Und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny“, flüsterte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Blick verhärtete sich. „Das ist nicht mehr mein Name“, sagte er. Ich erstarrte. Das klang nicht nach ihm. Er war mein bester Freund gewesen, mein Namensgeber. Wir hatten uns seit sechzehn Jahren nicht mehr gesehen, warum schaute er mich dann mit so viel Bitterkeit an?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, sagte ich langsam und versuchte mit aller Kraft, meine Stimme nicht zittern zu lassen. „Bitte geh. Ich kann gerade nicht … ich muss mit ihm unter vier Augen sprechen. Ich erkläre dir alles später.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der enttäuschte Blick in Idas Augen ließ mich augenblicklich wünschen, ich könnte meine Worte zurücknehmen, aber ein anderer Teil von mir wollte nur, dass sie wegging. Ich war kaum im Stande, aufrecht zu bleiben. Ich konnte jetzt nicht auch noch mit Idas Fragen mithalten. Als ich nichts Weiteres sagte, färbte Ida sich für einen kurzen Moment schneeweiß und verschwand durch die Tür nach draußen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunnys Blick ruhte auf mir. Er hatte die Sicht nicht, konnte Ida weder sehen noch hören, doch er wusste, dass ich gerade mit jemandem gesprochen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist sie das?“, fragte er. „Das kleine Mädchen, das bei einem deiner Einsätze gestorben ist?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nickend richtete ich mich auf, doch dann stutzte ich. „Woher weißt du das?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im selben Moment wurde mir klar, was für eine dumme Frage das war. War ich nicht eben erst wildfremden Menschen über den Weg gelaufen, die genauso gut informiert waren? Aber das bedeutete …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du wusstest, dass ich lebe“, sagte ich fassungslos. „Du wusstest, wo du mich finden kannst. Ich bin seit Jahren regelmäßig in der Zeitung.“ Tränen füllten ungewollt meine Augen, doch ich blinzelte sie weg. Die Freude über das Wiedersehen verblasste. Stattdessen spürte ich die Wahrheit wie ein Messer zwischen den Rippen, stechend und kalt. „Ich dachte, du wärst tot, Sunny! Warum hast du mich nie kontaktiert, warum hast du nie —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör auf, mich so zu nennen!“ Sunnys Brustkorb hob und senkte sich rasch, während er einen zittrigen Finger nach mir ausstreckte. „Mein Name ist Blue. Und warum hätte ich dich kontaktieren sollen? Du hast mich im Stich gelassen. Du hast mir versprochen, mich immer zu finden und ich habe gewartet. In einem Putzschrank habe ich gewartet, zwei Tage lang, ohne Wasser, ohne Essen, ohne Schlaf. Du kamst nicht. Als sich die Tür zu meinem Schrank endlich öffnete, da warst es nicht du, sondern eine Gruppe Hunter, die mich aus der Wohnung befreite. Ich war sicher, dass du tot sein musstest, denn sonst wärst du sicher gekommen, um mich zu holen.“ Er holte Luft, während ich ihn verständnislos anstarrte. „Und dann, Jahre später, sehe ich dein Bild in der Zeitung. Zuerst konnte ich mein Glück kaum fassen. Meine beste Freundin lebt noch! Sie ist Hunter geworden, sie ist berühmt. Aber dann habe ich verstanden. Du hast mich zurückgelassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe dich gesucht!“, schrie ich. „Nur wegen dir bin ich durch die Hölle gegangen. Ich habe deine Leiche gesehen, gottverdammte Scheiße, was erwartest du noch von mir, dass ich deinen toten Körper aus dem sechsten Stock runtertrage, durch eine ganze Rotte aus Daemonen, die nur darauf wartet, mich zu zerfleischen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nun, ich bin nicht gerade tot, also kann der Teil deiner Geschichte schon mal nicht stimmen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du warst … ich konnte deinen Arm sehen. Du lagst reglos da und deine Eltern waren tot. Ich war zwölf, ich hatte panische Angst! Und ich wollte nicht …“ Ich wollte nicht deinen toten Körper sehen. Im letzten Moment bin ich zurückgegangen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn ich hineingegangen wäre, hätte ich ihn mitnehmen können? War er nur bewusstlos gewesen? War es meine Schuld, dass er zwei Tage in dem Putzschrank gesessen hatte, dass seine Hoffnung auf Rettung immer weiter zerbröckelte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny nickte, als habe meine Erklärung oder vielleicht mein Abbrechen seine Vermutung bestätigt. „Reden wir nicht mehr darüber“, sagte er kühl. „Wir sind schließlich aus einem bestimmten Grund hier. Ich bevorzuge es jedenfalls, wenn du mich ab jetzt nur noch Blue nennen würdest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah ihn an, mein Herz in winzig kleine Stücke zerbrochen. An manchen Tagen, ganz am Anfang, hatte ich darüber fantasiert, wie es sein würde, falls Sunny wie durch ein Wunder doch auftauchen würde. Wie wir uns um den Hals fallen und vor Erleichterung weinen würden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In keiner meiner Fantasien hatte er mir mit diesen kalten Augen gegenübergestanden. „Okay“, sagte ich emotionslos. „Blue. Hab‘ verstanden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie soll ich dich nennen?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch ein Stich. So viel tiefer diesmal. Ich drehte mich von ihm weg, legte den Kopf in den Nacken, beschwor meine gesamte Selbstbeherrschung herauf, um nicht haltlos zu schluchzen. „Du kennst meinen Namen. Du hast ihn mir damals gegeben, schon vergessen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lachte ungläubig. „Den benutzt du immer noch? Raccoon also. Wie du willst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warte“, sagte ich plötzlich. Der Klang meines geliebten Namens in seiner verbitterten Stimme entzog mir alle Kraft. „Thynlee. Thynlee ist besser.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich straffte die Schultern und wandte mich ihm wieder zu. Er sah aus wie Sunny. Aber das Leuchten war aus seinen Augen verschwunden und alles, was Sunny ausgemacht hatte, schien wie ausgelöscht. Vor mir stand ein Fremder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Also dann, Blue“, sagte ich und verschränkte die Arme. „Wir haben ein Rathaus zu infiltrieren. Wo ist meine Verkleidung?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Besagte Verkleidung erwies sich als ganz normale Arbeitskleidung in dunkelblau und schwarz, mit breiten Handwerkergürtel, an den Blue ein Schraubenzieher-Kit und ein Ablesegerät für die Heizungen hängte. Damit ich nicht sofort aufflog, flocht ich meine langen Haare zusammen und steckte sie am Hinterkopf mit einer Handvoll Haarnadeln fest. Braune Kontaktlinsen, pinker Lippenstift und eine gigantische Hornbrille verbargen mein sonst eher unscheinbares Gesicht. Zum Schluss setzte ich noch eine Wollmütze gegen die Kälte auf. Blue beobachtete mich wortlos aus den Augenwinkeln. Er traute meiner Stille nicht, erwartete vermutlich einen weiteren Gefühlsausbruch oder eine Rechtfertigung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich gab ihm nicht die Genugtuung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir fertig waren, verabschiedeten wir uns im Flur vom Besitzer, der mit einer Tüte Donuts zurückgekehrt war und mit der einen Hand seinen Computer bediente, während er den Zuckerguss von der anderen schleckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Draußen entdeckte ich sofort Ida. Sie hockte auf dem Bordstein, Kinn in beide Hände gestützt und schwarz wie die Nacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hol schon mal den Wagen“, sagte ich zu Blue, der mit den Schultern zuckte und in der Garage verschwand. „Hey.“ Ich ließ mich neben Ida nieder und sah sie von der Seite her an. „Tut mir leid, dass ich dich eben rausgeworfen habe.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida sah zur Seite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken. Der Himmel war wolkenlos und von einem dunklen Blau, das mich an Blues Augen erinnerte. Zweifellos hatte er daher den neuen Namen. „Der Mann, der die Treppe runtergekommen ist … das war Sunny.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Sunny?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Geschockt drehte Ida sich zu mir um.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Aber er ist doch tot![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das dachte ich auch“, seufzte ich und sah in die Richtung, in der Blue verschwunden war. Die Straße war hier weniger stark befahren und außer einigen Passanten in dicken Schals waren wir allein. „Aber er lebt, wie du siehst. Und er ist … er ist nicht gut auf mich zu sprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Warum?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe ein Versprechen gebrochen. Ohne es zu wissen, habe ich ihn im Stich gelassen, als er mich am meisten gebraucht hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wenn du es nicht wusstest, dann ist es nicht deine Schuld.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich lachte. Es fühlte sich an wie Scherben in meinem Mund. Das Aufheulen eines Motors aus der Garage kündigte Blues Rückkehr an und ich stand auf. „Erklär ihm das, nicht mir. Jedenfalls musste ich eben für einen Moment alleine sein. Das verstehst du, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die dunkle Farbe floss aus Ida heraus und sie nickte mich aufmunternd an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich verstehe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann, ohne Vorwarnung, warf sie die Arme um meine Taille und drückte mich, so fest sie konnte. Die Kälte ihrer Gliedmaßen fraß sich durch den dicken Stoff meiner neuen Hose, aber ich ignorierte das Kribbeln und strich ihr übers Haar.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich hab‘ dich lieb, Coon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hab‘ dich auch lieb.“ Blue hupte neben mir. Durch das Fenster konnte ich seinen neugierigen Blick sehen. Sicher sah ich komisch aus, wie ich auf der Straße stand und die Luft umarmte. „Und jetzt geh zu Rock zurück und pass auf, dass Mary ihn nicht umbringt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kichernd ließ Ida mich los.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Bis später.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie winkte und schoss als weißes Schemen die Straße hinunter, bis sie hinter einer Häuserecke verschwand. Kalter Wind biss mir in die Wangen und ich zog die Mütze tiefer über meine Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue hupte ein zweites Mal, bis ich mich endlich losriss, den dunkelblauen Kombi mit der großen Jack-Aufschrift umrundete und neben ihm einstieg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus dem Radio plärrten die neusten Poplieder. Ich schwieg die gesamte Fahrt über, sah nur durch das Fenster den vorbeirauschenden Geschäften und Menschen nach und blies mir hin und wieder in die kalten Finger, denn aus der Klimaanlage kam nur kalte Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es gab so viele Dinge, die ich fragen wollte. Wie es Sunny, nein, Blue ergangen war. Wo er gelebt hatte, nachdem seine Zieheltern gestorben waren. Wieso er sich entschieden hatte, ein Jack of all Trades zu werden. Ob er mich vermisste, oder ob seine freundschaftlichen Gefühle für mich durch mein gebrochenes Versprechen zu Staub zerfallen waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber ich traute mich nicht, das Schweigen zu brechen. Die Radiowerbung plätscherte im Hintergrund dahin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich erstarb die Musik. Ich schielte zu Blues Hand, die immer noch auf dem Lautstärkepegel lag. „Wie geht es Rock?“, fragte er, ohne zu mir zu sehen. „Du arbeitest doch bei ihm, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gut“, sagte ich. „Er ist verheiratet, seine Frau ist seit einigen Monaten schwanger, das Geschäft läuft gut.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das freut mich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder Schweigen. Blue machte die Musik nicht wieder an und so waren die einzigen Geräusche für den Rest der Fahrt das Brummen des Motors und das Ticken der Richtungsblinker. Jede Sekunde zog sich in die Länge wie Kaugummi.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Autofahrt so sehr gehasst wie diese.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fünfzehn Minuten später fuhren wir auf dem Parkplatz vor dem Rathaus auf. Blue stieg aus und ging ohne auf mich zu warten Richtung Eingang. Ich zurrte meine Wollmütze zurecht und überprüfte, ob meine Haare gut darunter verborgen blieben. Ich hoffte darauf, dass die Dame am Empfang mich ohne das lange Haar und mit dem Lippenstift und den großen Brillengläsern nicht erkennen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Rathaus war ein klotziger Gebäudekomplex mit weißgrauen Fassaden und einem Springbrunnen vor dem Eingang, dessen Dimensionen eindeutig einer Budgetkürzung geschuldet war. Sauber gestutzte Hecken säumten die Fassaden zu allen Seiten. Als ich durch die zweigeteilte Glastür trat, scannte ich schnell den Eingangsbereich. Dunkle Schuhabdrücke zogen sich über den braunen Teppich, der auf den hellen Fliesen ausgelegt war und die grünen Pflanzen, die in den Ecken des Atriums standen, ließen die Blätter hängen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Links und rechts führten geschwungene Treppen ins nächste Geschoss, ein Aufzug war in einem Nebengang ausgeschildert. An den Treppenaufgängen standen Männer vom Sicherheitspersonal, in schwarzen Anzügen und mit einer geholsterten Waffe am Gürtel. Ich schluckte. Hoffentlich kamen wir mit meiner Verkleidung durch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich mich näherte, war Blue bereits bei der Empfangsdame, die zwischen den beiden Treppen an einer erhöhten Theke an ihrem Computer saß und gelangweilt dreinschaute.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir hatten bereits gesprochen“, sagte er gerade. „Die Routineuntersuchung der Kamine und Heizungen. Sind wir zu früh?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Rezeptionistin ließ blitzschnell den Blick über mich schweifen. „Keineswegs. Und wer ist das?“, fragte sie in einer glockenhellen Stimme, die gepaart mit ihrem Gesichtsausdruck wie Kreide auf einer Tafel klang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Meine Mitarbeiterin, Kelly Ronald.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich dachte, diese Routineuntersuchungen führt Ihr Betrieb alleine durch“, sagte die Frau. Ihr dunkelroter Lippenstift hob sich grotesk gegen das blasse Gesicht ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. Ronald ist neu, im Rahmen ihrer Einarbeitung muss ich sie auf einige Einsätze mitnehmen“, erklärte Blue, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich nickte und fühlte mich nicht gerade hilfreich dabei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Frau lächelte ihn gekünstelt an. „Wir zahlen natürlich wie gewohnt nur für einen Arbeiter, Mr. Ashfield?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Selbstverständlich.“ Blue lächelte genauso kalt und die beiden lieferten sich ein intensives Blickduell.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ausgezeichnet“, sagte sie schließlich und begann, zwei Gastausweise für uns auszufüllen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit den Ausweisen um den Hals und freiem Zutritt zu allen Räumlichkeiten mit Kamin und Heizung fanden wir uns wenige Minuten später im ersten Stock wieder. „Liebenswerte Persönlichkeit“, sagte ich, als ich absolut sicher war, dass wir außer Hörweite waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du solltest sie montagmorgens erleben“, murmelte Blue abwesend, während er auf seinem Plan überprüfte, wohin wir als erstes mussten. „Von der Art, wie sie sich da benimmt, könnte sie genauso gut gerade von einer Beerdigung kommen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„R.I.P. Wochenende.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue schnaubte, aber er konnte das schmale Lächeln nicht verbergen, das sich bei meinen Worten auf sein Gesicht stahl. Kaum dass er meinen Blick bemerkte, verschwand es jedoch wieder und er sah mich herausfordernd an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was? Hab‘ ich was im Gesicht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich dachte, ich hätte dort für einen kurzen Moment gute Laune gesehen“, sagte ich und trat an ihm vorbei zum ersten Raum. „Muss mich getäuscht haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue nahm unsere Verkleidung für meinen Geschmack etwas zu Ernst. Wir hatten fast alle Räume abgearbeitet und den gesamten Vormittag damit zugebracht, Heizungen zu inspizieren, Kamine anzuschauen und Daten in einem kleinen Büchlein einzutragen, bevor ich auf die Idee kam, dass Blue tatsächlich eine komplette Routineuntersuchung vornahm. Als ich ihn danach fragte, zuckte er mit den Schultern. „Ich arbeite gerne effizient“, war das Einzige, was er dazu sagte, bevor er wieder mit seinen Lektionen begann. Eins war jedenfalls klar. Niemand würde auf die Idee kommen, dass wir etwas anderes waren als zwei unterbezahlte Jacks.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erst im vierten Stock fand ich schließlich, wonach ich die letzten Stunden durchgängig Ausschau gehalten hatte. Unauffällig blieb ich stehen und rief Blue zu, dass mein Schnürsenkel aufgegangen war, während ich in Wirklichkeit den gelben Fußabdruck unter die Lupe nahm, der vor mir auf den Fliesen prangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war so blass, dass ich ihn im ersten Moment für eine Verfärbung der Fliesen hielt, aber bei näherem Hingucken war es eindeutig der Abdruck eines Schuhs. Also doch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Daemon hatte sich ins Rathaus eingeschlichen und von einem der Mitarbeiter, wahrscheinlich sogar vom Chief höchstpersönlich Besitz ergriffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hey, Sie da, stehen bleiben!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erschrocken fuhr ich herum. Hinter uns kam raschen Schrittes eine in schwarz gekleidete Frau vom Sicherheitspersonal auf uns zu. Ich stand wie festgefroren, konnte mich vor Schreck kaum rühren. Waren wir so schnell aufgeflogen? Hatte die Empfangsdame mich erkannt? Ich wusste, dass das hier eine dumme Idee gewesen war, aber Kady und der Rest wollten ja nicht auf mich hören![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Frau streckte eine Hand nach mir aus, und schob mich sanft bei Seite. „Entschuldigen Sie, Miss.“ Dann war sie auch schon an mir vorbei und stapfte auf eine andere Frau zu, die am Ende des Gangs panisch nach einem Fluchtweg Ausschau hielt, aber der einzige Ausweg war blockiert. Mit pochendem Herzen beobachtete ich, wie die Sicherheitsfrau die Besucherin mit energischem Griff packte und davon bugsierte. Als sie an mir vorbeikamen, konnte ich gerade noch etwas von Presse und unerlaubtem Zugang hören. Die beiden verschwanden die Treppe hinunter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hastig lief ich Blue hinterher, der bereits den nächsten Raum betreten hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wo ist der Kamin vom Chief?“, fragte ich leise, damit der Arbeiter an seinem Schreibtisch meine Worte nicht verstehen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Im fünften Stock, wieso?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich will dort als nächstes hin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir haben noch einige Heizungen auf diesem Stockwerk abzuarbeiten“, entgegnete Blue sofort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör mal, ich bin nicht hier, um Kamine zu inspizieren, ich muss herausfinden, wer von einem Daemon besessen ist und unsere Sicherheitsmaßnahmen zunichtemacht!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und ich bin hier, damit du dabei nicht auffliegst“, knurrte Blue. „Also verhalte dich gefälligst wie ein Jack und warte, bis wir mit diesem Stockwerk durch sind. Dein Daemon läuft dir schon nicht weg.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Irrationale Wut überkam mich. Am liebsten hätte ich Blue geschüttelt, ihn gegen die Wand geschubst, aber ich ballte nur die Fäuste und stand still neben ihm, während er seine Werte in das Büchlein eintrug.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war nicht sauer auf ihn, weil er so langsam arbeitete, oder mir widersprach. Ich war wütend, weil er mir Sunny verwehrte, auf den ich so lange gewartet hatte. Blue war nicht derjenige, mit dem ich diesen Job machen wollte. Blue war arrogant und kühl und kämpfte gegen jedes Lächeln an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war, als hätte Blue mir Sunny gestohlen, und ich konnte die Wut nur schwer zurückhalten. Aber ich ließ mir nichts anmerken. Geduldig wartete ich, bis bis wir die letzten drei Heizungen angeschaut hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sobald wir das fünfte Stockwerk betraten, wusste ich, dass ich richtig gelegen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gelbe Fußspuren, einige verblasst, andere etwas deutlicher, führten vom Aufzug zum Eingang des Büros.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Jackpot“, flüsterte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue klopfte an die Tür. „Mein Name ist Blue Ashfield. Ich bin hier, um den Kamin zu überprüfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine kurze Pause. Dann erklang von innen eine nasale Stimme. „Herein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Statt ins Büro des Chiefs führte uns die Tür in ein Vorzimmer, in dem der Sekretär mit blitzschnellen Fingern auf die Tastatur seines Computers hämmerte. Sein Schreibtisch stand an der linken Seite des Raums, Regale voller Gesetzesbücher füllten die Wände und am anderen Ende des Raumes war eine Tür mit der Aufschrift CHIEF.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue sah sich um. „Ist der Kamin hinten durch?“, fragte er. Der Sekretär hob den Kopf, offensichtlich genervt, dass wir ihn in seiner Arbeit störten. Sein Blick glitt zunächst über Blue, dann über mich. Seine Augen verengten sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und wer ist das?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist unsere neue Mitarbeiterin, Kelly Ronald.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aha.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich musterte den Sekretär. Auf der kleinen Namensplakette auf seinem dunkelgrauen Anzug las ich ab, dass er Robert Hill hieß. Er war ein untersetzter, blasser Mann, mit säuberlich zur Seite gekämmtem, dunklem Haar, einer dünnen Metallbrille und leicht abstehenden Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dürfen wir durchgehen?“, wiederholte Blue ungeduldig seine Frage. Hill schüttelte den Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Chief Keynes ist derzeit nicht im Büro, ich kann Sie beide nicht alleine hineinlassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann begleiten Sie uns doch“, sagte Blue. Hill seufzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich muss wohl, wie es scheint.“ Ächzend erhob er sich und schlurfte zur Tür, doch ich spürte, dass er mich aus den Augenwinkeln beobachtete. Ich hatte das untrügliche Gefühl, dass Hill meine Verkleidung durchschaute.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während Blue voranging, trödelte ich ein bisschen und sah mich flüchtig im Raum um. Hier und da entdeckte ich weitere Fußabdrücke, die gelb pulsierten, einige verblasst, andere frischer. Ich folgte den beiden langsam in das Büro des Chiefs.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war größer als die anderen, mit einer langen Fensterfront zu unserer linken und einem großen Eichenholzschreibtisch, der so stand, dass Chief Keynes mit dem Rücken zum Kamin saß, wenn er arbeitete. Zwei Monitore waren auf dem Schreibtisch aufgebaut und Akten und Papierstapel türmten sich auf diversen anderen Ablagen. Ein fein gearbeiteter Brieföffner mit langer, stumpfer Klinge lag oben auf. Rechts von uns verbarg eine halbe Bibliothek die verblasste Tapete an der Wand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue hockte sich vor den Kamin und sah durch den Schacht nach oben. Ich hingegen ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Weitere Fußspuren auf dem Boden, die von der Tür zum Schreibtisch, zum Regal und wieder zurückführten. Wen auch immer der Daemon unter Kontrolle hatte, er konnte sich frei bewegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich näherte mich dem Schreibtisch und fuhr mit den Fingerspitzen über einige der Dokumente. Mir sprangen nur vereinzelte Begriffe ins Auge, der Rest war in so formaler Sprache verfasst, dass sich mir bei dem Versuch, einzelne Sätze zu verstehen, das Gehirn verknotete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nichts anfassen!“, ertönte es von der Tür. „Konzentrieren Sie sich auf ihre Arbeit, ich habe noch zu tun.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Hand senkend drehte ich mich zu Hill um. Er starrte mich aus seinen wässrigen Augen an wie ein Wachhund, der das Revier seines Herrn um jeden Preis verteidigen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wissen Sie, wo der Chief sich derzeit befindet?“, fragte ich. Blue ignorierte mich, doch ich sah aus den Augenwinkeln, dass seine Schultern sich anspannten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill machte einen Schritt auf mich zu. „Ms. Ronald, richtig?“, hakte er nach. „Leider kann ich Ihnen nicht helfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Verstehe“, sagte ich und wandte mich wieder zu Blue. „Ist der Kamin in Ordnung?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Keine Gefahrenrisiken, die ich entdecken kann“, sagte er und erhob sich mit seinem kleinen Notizbuch. „Danke für Ihre Zeit, Mr. Hill. Wir sind hier fertig, Sie können in Ruhe weiterarbeiten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill nickte und trat zur Seite, um uns hinauszulassen. In dem Moment öffnete sich die Tür zum Büro des Sekretärs. „Robert“, rief eine tiefe Stimme. „Hat die Administration schon zurückgerufen? Ich schwöre, wenn diese Säcke es wieder nicht auf die Reihe gekriegt haben, dann —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Chief!“ Hill eilte zurück in sein eigenes Büro und redete hektisch auf seinen Boss ein. „Wir haben Gäste.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gäste?“ Chief Keynes trat in sein Büro. Er trug einen dunklen Anzug, mit leicht schiefsitzender Krawatte und kam mit zusammengekniffenen Augen und langsamen Schrittes auf uns zu. „Was für Gäste? Doch wohl keine Presseheinis? Ich hab dir gesagt, du sollst sie abwimmeln, wenn sie mir auflauern wollen!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Niemand von der Presse“, entgegnete Hill eilig. „Es sind nur zwei Jacks. Eine Routineuntersuchung der Kamine, wie man mir mitgeteilt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir sind schon fertig“, sagte Blue. „Tut mir leid, dass wir Ihren Sekretär gestört haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ach was, er macht ohnehin nur langweiligen Papierkram, es tut ihm gut, mal aufgescheucht zu werden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill plusterte sich auf, kam jedoch nicht dazu, etwas zu sagen, denn Chief Keynes ging zu seinem Schreibtisch, fuhr mit einer Hand über die Monitore und ließ sich auf dem Ledersessel dahinter nieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Na los, geleite die beiden nach draußen. Komm danach zurück, ich kann diese verdammte Schrift nicht entziffern.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sehr wohl, Sir“, murmelte Hill und wandte sich an uns. „Wenn Sie mir bitte folgen möchten?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf einen letzten Blick zu dem Chief. Während er den Raum durchquerte, hatte ich ganz genau auf seine Bewegungen geachtet. Er ging langsam, zaghaft, mit den Füßen nah über dem Boden. Ein Daemon, der den Körper seines Wirts nicht im Griff hatte? Aber er hatte keine frischen Spuren hinterlassen, was bedeutete, dass der Daemon ihn an der langen Leine ließ und seinen Einfluss über den Wirt minimierte. Wusste er, wer ich war?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder schielte ich zu Hill. Wusste er, wer ich war?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und wieso verhielt sich der Daemon so vorsichtig? Ich hatte Ida extra bei Rock gelassen, damit meine Tarnung nicht durch sie aufflog, aber aus irgendeinem Grund hatte der Daemon dennoch Bescheid gewusst. Das, oder der Wirt war jemand ganz anderes. Es schien nicht ungewöhnlich zu sein, dass der Chief Besuch bekam. Vielleicht hatte ein anderer Mitarbeiter seine Spuren in dem Büro hinterlassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu spät wurde mir bewusst, dass ich wie festgetackert in der Mitte des Sekretariats stehen geblieben war und sowohl Blue als auch Hill mich besorgt musterten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte der Sekretär, seine nasale Stimme durchdringend und tatsächlich leicht besorgt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur ein leichter Schwindel“, log ich. „Es ist schon vorbei.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill sah mich durchdringend an. Dann hellte sich sein Gesicht auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und mit diesen Worten schob er uns hinaus und schlug uns die Tür vor der Nase zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Widerlicher Kerl“, murmelte Blue, während wir uns auf den Weg nach draußen machten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum?“, fragte ich, in Gedanken noch halb bei den Andeutungen die Hill gemacht hatte. „Wegen seiner Ohren? So schlimm sahen sie nicht aus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du weiß, was ich meine, Coon“, sagte er. Ich erstarrte, genau wie er. Wir blieben stehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Kontrolle, die ich aufgebaut hatte, entglitt mir. „Ich war zwölf“, sagte ich. „Ich hatte schreckliche Angst, aber ich habe mich trotzdem zu dir durchgekämpft. Ich dachte, du wärst tot. Willst du mir das wirklich nach sechzehn Jahren noch nachtragen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue sah zur Seite. „Was hast du im Büro entdeckt, Thynlee?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fuhr zu ihm herum. „Weißt du was? Es geht dich einen Scheißdreck an, was ich da drinnen gesehen habe, Blue. Mit Sunny würde ich darüber reden, aber nicht mit dir. Gottverdammte Scheiße, du bist ein richtiges Arschloch geworden, weißt du das? Es ist zum Kotzen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue starrte mich an, Mund offen, doch ich schob mich schon an ihm vorbei und das Treppenhaus hinunter. Meine Augen brannten, aber ich verbat mir jede weitere Träne. Ich war bereits halb an der Rezeption vorbei, als die Dame vom Empfang plötzlich nach mir rief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kelly Ronald?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja?“ Mein genervter Ton ließ sie zurückweichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eh, Mr. Hill hat gerade für Sie angerufen.“ Sie sah genauso verwirrt aus, wie ich mich fühlte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Sekretär rief mich an? Wozu das? Hatte er uns nicht eben erst aus dem Büro gescheucht?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Misstrauisch ging ich zu ihr hinüber und nahm den Hörer entgegen. Am anderen Ende des Raumen kam Blue die Treppen hinunter, einen sehr nachdenklichen Ausdruck im Gesicht. Als er mich sah, verhärtete sich sein Blick, doch ich beachtete ihn nicht weiter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Hill?“, fragte ich ins Telefon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. Ronald“, begrüßte er mich. „Es ist mir furchtbar peinlich, aber der Chief hat mich gebeten, Sie doch noch einmal zurückzurufen. Er möchte etwas mit Ihnen besprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur mit mir?“, fragte ich. Blue kam näher, hörte genau zu, obwohl er nur meinen Teil der Unterhaltung mitbekam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur mit Ihnen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das hat er mir nicht gesagt. Vermutlich eine Art … Auftrag.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Auftrag? Ein freudloses Lächeln formte sich in meinem Gesicht. „Ein Kamin, den er untersucht haben möchte?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill lachte. „Ja, genau das. Ein Kamin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jeder Instinkt in mir witterte eine Falle.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich muss jetzt leider zu einem dringenden Termin“, sagte ich ausweichend. „Aber Chief Keynes scheint ja zu wissen, wie er mich erreichen kann. Dann können wir in aller Ruhe über sein Problem mit dem Kamin sprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich leite Ihre Antwort weiter. Einen schönen Tag noch, Ms. Ronald. Wir werden uns mit Ihnen in Verbindung setzen.“ Ein Piepen informierte mich darüber, dass er aufgelegt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue folgte mir mit einem Meter Abstand, als wir das Rathaus verließen und wieder in den Wagen stiegen. „Was wollte er?“, fragte er, als wir bereits einige Minuten unterwegs waren. „Oder ist das auch nur für Sunnys Ohren bestimmt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Seine Ohren sind mir egal“, sagte ich, während ich ununterbrochen aus dem Fenster starrte. „Sein Herz ist das, was mir wichtig ist.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Zurück im Jack-Verleih gab ich Blue die Verkleidung zurück, die er mir geliehen hatte, öffnete den hochgesteckten Zopf, der mir schon die ganze Zeit über in den Hinterkopf gepikst hatte und entfernte die Kontaktlinsen und den Lippenstift.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl ich darauf bestand, dass es nicht nötig war, begleitete Blue mich noch zur Tür.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was geschieht jetzt?“, fragte er, als ich meinen Schal enger zurrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich erstatte Bericht“, sagte ich achselzuckend und kramte nach meinem Handy, um Rock Bescheid zu geben, dass ich mich nun auf den Rückweg machen würde. „Die Organisationsgründer kümmern sich um den Rest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich meinte mit uns.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bitterkeit knotete meinen Magen zusammen. „Nun, du hast recht klargemacht, dass du mich nicht mehr in deinem Leben haben willst, also würde ich sagen, wir gehen unserer Wege und sehen uns nie wieder.“ Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, da musste ich mich von ihm wegdrehen. Es tat weh. Es tat so weh, dass ich wünschte, ich hätte Sunny nie wiedergesehen. Statt Erleichterung darüber, dass er lebte, wünschte ich mir jetzt die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit zurück, unberührt von seinen Anschuldigungen, seinem unerbittlichen Blick, seinem freudlosen Lächeln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es … war nicht meine Absicht, dich nie wieder zu sehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich drehte mich nicht um. „Du hast eine sehr interessante Art, das zu zeigen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin nicht mehr derselbe wie damals, Thyn— Raccoon. Sunny ist damals gestorben. Das heißt nicht, dass wir uns nicht neu kennenlernen können.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist dein Problem?“ Zornig fuhr ich herum. „Denkst du, ich habe nichts Besseres zu tun, als dir hinterher zu laufen und um deine Vergebung zu betteln? Du kennst jetzt meine Version der Geschichte, die du dir im Übrigen schon viel früher hättest anhören können. Entweder das reicht dir, oder es reicht dir nicht. Wenn du weißt, was du eigentlich von mir willst, dann ruf mich an, aber erspar mir den anderen Kram, okay? Dafür habe ich einfach keine Kraft mehr.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es fühlte sich an, als zerfiele ich bei meinen Worten, wie ein Ballon, dem plötzlich alle Luft entwich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue setzte zu seiner Antwort an, genau in dem Moment, da mein Handy klingelte, das ich bereits seit Beginn meiner Tirade fest umklammert hielt. Das Display zeigte den Namen ROCK an. „Entschuldige mich“, sagte ich und hob ab. „Rock, ich wollte dich gerade anrufen, ich mache mich jetzt auf den Weg —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon!“ Ich erkannte Rocks Stimme kaum wieder, so in Panik war er. „Coon, Mary, sie ist, sie ist durchgedreht! Sie hat ein Messer und sie, Gott, sie droht, sich umzubringen, wenn du nicht auftauchst!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was? Was?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin schon unterwegs.“ Ich legte auf und sah zu Blue. „Das ist mir jetzt mega peinlich“, sagte ich und deutete mit dem Daumen zu seinem blauen Kombi, „aber kannst du mich nach Hause fahren? Wir haben ein Problem.“[/JUSTIFY]

Kapitel 4

[JUSTIFY]Blue hatte kaum vor der Bar gehalten, da sprang ich schon aus dem noch rollenden Wagen und preschte durch die Eingangstür. Drinnen war es warm. Eine kleine Menschentraube hatte sich vor der Küche zusammengeschlossen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Lasst mich durch!“ Ich schob mich an den anderen Huntern vorbei und trat in die große Küche. Einige geschälte Kartoffeln lagen auf der Anrichte verteilt und im Ofen kokelte ein Blech Kekse vor sich hin. Rock stand mit hilflos erhobenen Armen mitten im Raum und redete auf seine Frau ein. Mein Blick glitt zu Mary.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie stand in die Ecke gedrängt an der Wand, vor sich ein glänzendes Küchenmesser mit beiden Händen umklammert. Tränen strömten über ihre Wangen, während sie hysterisch lachte und das Messer abwechselnd auf Rock und auf mich richtete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mary, bitte lass das Messer fallen“, flehte Rock. „Alles wird gut. Lass uns dir helfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie hört dich nicht“, sagte ich und trat an ihm vorbei. Der gelbe Schein, der von ihr abstrahlte, war Diagnose genug. „Sie ist besessen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock sah zu mir. Er wirkte um Jahre gealtert, die Augen dunkel unterlaufen, die Wangen eingefallen. „Sie lässt uns nicht an sie heran. Als wir versucht haben, den Daemon zu exzidieren, hat sie begonnen, sich selbst zu verletzen. Sie wiederholt nur immer wieder deinen Namen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorsichtig machte ich einen Schritt auf die wahnsinnige Mary zu, die bei meinem Anblick ruhiger wurde. Ihr Messer ließ sie jedoch nicht sinken, stattdessen presste sie es fest gegen ihre Kehle. Ihre Hände bluteten aus zahlreichen Schnitten und ihre Augen waren soweit in ihren Höhlen nach oben gerollt, dass nur das Weiße zu sehen war. Unendlich langsam senkte sie ihr Kinn und fixierte ihre Augen auf mich. Dass sie sich dabei in den Hals schnitt, schien sie nicht zu kümmern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon Thynlee“, flüsterte Mary in einer heiseren Stimme. „Nachricht. Gib Raccoon Thynlee Nachricht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich höre“, sagte ich und ignorierte Rock, der flehend auf mich einredete. Statt zu antworten, nickte Mary in Richtung des gigantischen Kühlschranks am anderen Ende der Küche. Immer noch in Zeitlupe drehte ich mich um. Auf dem schimmernden Metall war in Marys Blut etwas gemalt worden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

Dd1-d4
 

Lc8xd4
 

0-0
 

D†: Dd8-g5+
 

 
 

[JUSTIFY]Ich verstand überhaupt nichts mehr. „Was soll das bedeuten?“, fragte ich Mary. „Was willst du von mir?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Überbring Nachricht, Frau und Kind leben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Coon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erleichterung wusch durch mich hindurch, als ich Ida entdeckte, die an meiner Seite auftauchte. Zusammen würden wir diese Situation schon in den Griff kriegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Versuch, den Daemon aus Mary zu verdrängen“, murmelte ich in ihre Richtung, dann sagte ich lauter, „Und wem soll ich die Nachricht überbringen? Wo kann ich ihn oder sie finden?“ Mary ließ das Messer sinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ödland. Wirst erkennen. Wird dich finden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich starrte ihn an. Das Ödland? Der Daemon wollte mich in den sicheren Tod schicken. Nie im Leben würde ich dort heil wieder herauskommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum überbringst du die Nachricht nicht selbst, wenn sie so wichtig ist? Weshalb muss ich gehen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fragen, Fragen.“ Mary lachte heiser. „Wirst erfahren. Später.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Frustriert ballte ich die Fäuste. „Ida, jetzt!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor Mary Zeit hatte, das Messer erneut an ihre Kehle zu pressen, schoss Ida als schneeweißer Blitz auf sie zu, wechselte direkt über ihr zu pechschwarz und verschwand in Marys überrascht offenstehendem Mund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Relictus!“, schrie ich, Hände flach überlagert, sodass ich Mary durch das dreieckige Loch dazwischen sehen konnte. Ein Schaudern durchfuhr Rocks Frau, doch der Daemon klammerte sich an seinem Wirt fest und ließ nicht locker. Ich konnte das Flackern des gelben Scheins erkennen, den schwarzen Rauch, der aus ihrem Rachen aufstieg und im nächsten Moment wieder zurückgesogen wurde. Einige Sekunden lang wand Mary sich, während Ida und der Daemon um die Kontrolle in ihrem Körper rangen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich schnappte Mary nach Luft und klammerte sich an der Anrichte fest, um nicht zu stürzen. Rock war sofort an ihrer Seite. „Ida“, keuchte sie. „Rosie! Rosie! Mein Baby, mach es weg, mach es weg!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mary, Liebling, alles ist gut“, sagte Rock und strich ihr über den Kopf, doch Mary rappelte sich schon auf und fuhr panisch mit den Händen über ihren gewölbten Bauch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gott, nein, bitte nicht. ROSIE!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Relictus“, wiederholte ich meinen Austreibungsschlüssel. Marys Kopf sank in ihren Nacken. Ida schwebte als dunkle Wolke aus ihrem Mund und verdichtete sich wieder zu ihrer Dae-Form. Sie sah mich aus geweiteten Augen an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Der Daemon … er ist in Marys Baby.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was?“, fragte ich. „Aber wie … wie kann das sein?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida sah schmerzlich zu Mary zurück, die noch immer ihren Bauch festhielt und auf ihr ungeborenes Mädchen einredete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Er ist tiefer gegangen, um vor mir zu fliehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wusste nicht mal, dass das möglich ist“, flüsterte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, du musst sie retten!“ Rock kam auf mich zu, griff meine Hände. „Was, wenn er Rosie bleibenden Schaden zufügt? Wir müssen ihn austreiben!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Rock, ich weiß nicht, wie“, sagte ich matt. „Ich habe keine Ahnung, wie er über Mary in einen anderen Menschen gelangen konnte. Was, wenn ich ihn austreibe und er sich in ihrem Bauch materialisiert? Sie würden beide sterben. Ich kann das Risiko nicht eingehen!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann tu, was er gesagt hat“, flehte Mary. „Bring diese Nachricht ins Ödland. Wenn Rosie etwas geschieht, wenn sie stirbt, werde ich mir das niemals verzeihen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schluckte schwer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Daemon?“, rief ich, doch er antwortete nicht. Er hatte sich in Marys Baby eingenistet und würde nicht von dort verschwinden, bis ich seine Forderung erfüllt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, das ist lebensmüde“, sagte Sam leise an meiner Seite. Das Tuscheln der Hunter wurde lauter, als sie über meine Aufgabe diskutierten. Niemand war je allein in das Ödland gegangen und zurückgekehrt. Es wimmelte dort von Daemonen, Rotten und Daemonenkönigen, die nur durch die gigantische Grenzmauer zurückgehalten wurden, so wie durch die Grenz-Hunter, die dort Tag und Nacht patrouillierten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich muss es trotzdem tun, Sam“, erwiderte ich. „Mary und ihr Baby sind in Gefahr. Wie kann ich da zuhause bleiben und Däumchen drehen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam seufzte leise. „Lass mich wenigstens mitkommen. Oder jemand anderes. Ich will nicht, dass du dich schon wieder alleine in Gefahr begibst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary erhob sich abrupt und kam auf mich zu, ihre blutigen Hände zu beiden Seiten ausgestreckt, die Augen in den Hinterkopf gedreht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Er ist wieder da![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Daemon“, sagte ich. „Ich werde die Nachricht überbringen. Wirst du Mary und ihr Baby verlassen, wenn ich zurückgekehrt bin?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary lächelte träge. „Überbring Nachricht, Frau und Kind leben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wer hat dich geschickt?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein kratzendes Lachen entwich Marys Kehle. „Willst wirklich wissen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich würde sonst nicht fragen, oder?“, entgegnete ich bissig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary lehnte sich vor, bis ihre Lippen meine Ohrmuschel streiften. Eine Gänsehaut jagte über meinen Rücken. „Der mich schickt“, flüsterte der Daemon leise, „ist Vater. Dein Vater.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich erinnerte mich kaum an das, was nach der Offenbarung des Daemons um mich herum geschah. Das hysterische Lachen des Daemons erstarb, als Mary wieder zu sich kam, und irgendjemand, vermutlich Sam, hielt mich aufrecht, als meine Knie unter mir nachgaben und ich halb zu Boden sank. Ida redete leise auf mich ein. Irgendwann später fand ich mich auf meinem Bett wieder, mit einer dampfenden Tasse Kaffee in beiden Händen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Vater.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es musste eine Lüge sein. Es konnte nur eine Lüge sein. Mein Vater war tot. Meine Mutter war tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte nie erfahren, was den beiden geschehen war, und im Gegensatz zu vielen anderen Kindern im Waisenhaus war es mir nie ein Bedürfnis gewesen, mehr über sie zu erfahren. Ich kannte ihre Vornamen, Amanda und Brian. Das war alles. Sie waren vor ihrem Tod nicht dazu gekommen, mir offiziell einen Namen zu geben und so war ich im Waisenhaus als namenlos eingetragen und nummeriert worden, bis Sunny mir schließlich den Namen Raccoon gegeben hatte. Thynlee kam von meinen Zieheltern Annie und John, bei denen ich nur zwei Jahre gelebt hatte, bevor sich die Rotte in unserem Wohnhaus eingenistet und alle Bewohner abgeschlachtet hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber bis gestern hätte ich auch geschworen, dass Sunny tot war, und trotzdem war ich ihm heute begegnet. War es möglich, dass mein Vater lebte und aus irgendeinem Grund mit den Daemonen paktierte? Ich konnte es mir nicht vorstellen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die heiße Kaffeetasse brannte in meinen Händen, aber ich drückte nur fester zu. Ich konnte nicht zwei solche Offenbarungen an einem Tag ertragen. Aber was blieb mir anderes übrig? Vorsichtig stand ich auf und trank meinen Kaffee, während ich rastlos durch meine Wohnung lief. Küche, Bad, Flur, Schlafzimmer, Flur, Bad, Küche, Bad …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor dem Spiegel blieb ich stehen. Ich sah so mitgenommen aus, wie ich mich fühlte. Mein langer Flechtzopf hatte sich aufgelöst und einzelne Strähnen hingen mir ins Gesicht. Meine Augen wirkten glasig, unfokussiert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vielleicht musste ich anfangen, die Motive der Daemonen zu hinterfragen. Der Daemon, der Mary besessen hatte, war zum Ende hin erstaunlich sprachgewandt gewesen, aber nicht davor. War er der Drahtzieher? Oder arbeitete er für einen anderen, noch intelligenteren Daemon? Wer war der Wirt im Rathaus?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und was wollte der Chief von mir?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allmählich wusste ich nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Nur eines war klar. Wenn ich Antworten wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als mitzuspielen und die mysteriöse Nachricht an den genauso mysteriösen Empfänger im Ödland zu überbringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und zu hoffen, dass ich bei dem Vorhaben nicht draufging.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

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[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Finsternis füllte mein Schlafzimmer, bevor ich mich dazu aufraffen konnte, die quietschenden Treppen hinunter in den Hauptraum der Bar zu nehmen. Rock hatte die meisten Hunter nach Hause geschickt, stattdessen saßen um die zusammengeschobenen Tische verteilt Samantha, Charles, Kady, Blue und Mary, die in eine dicke Wolldecke eingewickelt war und trotzdem am ganzen Leib zitterte. Der Stoff wölbte sich über ihren Bauch, wo vermutlich ihre Hände schützend über ihrer ungeborenen Tochter lagen. Ich ging zu ihr hinüber und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Ich kümmere mich darum“, sagte ich und sah ihr in die Augen, die glücklicherweise nicht länger gelb leuchteten. Wenn ich mich anstrengte, konnte ich jedoch den gelben Schein um ihren Bauch herum wahrnehmen. Der Daemon hielt sich still, aber ich durfte keine Sekunde vergessen, dass er da war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary nickte stoisch. Ihre Augen waren rot umrändert und sie war aschfahl, aber sie hatte wieder ihre Kämpfermiene aufgesetzt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kady hatte ihren Rollstuhl ein Stück entfernt abgestellt und Rock selbst stand mit verschränkten Armen an die Bar gelehnt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon“, begrüßte er mich, nachdem ich mich von Mary entfernt hatte. Erleichterung machte sich bei seiner ruhigen Stimmlage in mir breit. Er schien sich in den letzten Stunden gefangen zu haben. „Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das sollte ich sagen“, murmelte ich und sah mich um. „Wo ist Ida?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Hier.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich drehte mich um. Ida schwebte milchweiß durch die Tür herein und rieb sich die Arme, so als könnte sie den Frost von draußen abschütteln, den sie nicht mal spürte. Mit Ida an meiner Seite fühlte ich mich gleich viel eher in der Lage, der Versammlung entgegen zu treten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wie geht es dir, Coon?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich komme klar“, versicherte ich ihr, auch wenn mir immer noch flau im Magen war. Aber ich musste mich jetzt zusammenreißen, um Marys und Rosies Willen. Meine eigene emotionale Krise war nichts im Vergleich zu dem, was Mary vermutlich gerade durchmachte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Blue hat uns bereits von seinen Eindrücken im Rathaus berichtet“, brachte Kady mich auf den neusten Stand. „Jetzt bist du dran. Ist dort ein Daemon zu Gange oder nicht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist ein Daemon, kein Zweifel“, stimmte ich zu. „Die Fußspuren sind teilweise alt, aber es sind auch einige frische dabei, die meisten im Büro des Chiefs und seines Sekretärs, vereinzelt auch in den Fluren der anderen Geschosse.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aber du konntest nicht erkennen, wer der Wirt ist?“, fragte Charles.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Entweder sein Einfluss ist so gering, dass er nicht nach außen dringt, oder der Daemon wusste, dass ich nach ihm Ausschau halte und hat sich während meines Aufenthalts entsprechend versteckt. Wir haben es auf jeden Fall mit einem intelligenten Daemon zu tun. Und die Sache mit Mary … ich bin mir sicher, dass beide Vorfälle zusammenhängen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das leuchtet ein“, stimmte Kady zu. „Das Timing ist zu perfekt. Blue sagte, du hättest nach eurem Besuch noch einmal mit jemandem telefoniert?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mit dem Sekretär, Mr. Hill“, stimmte ich zu und fasste den Inhalt der Unterhaltung knapp zusammen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und nun diese Erpressung“, murmelte Kady nachdenklich. „Die Sache spitzt sich zu.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Diese Nachricht gibt mir Rätsel auf“, sagte ich. „Hat irgendjemand eine Ahnung, was sie bedeutet? Ich jedenfalls nicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kady schüttelte den Kopf, Rock zuckte die Achseln. Charles jedoch betrachtete einen zerknitterten Zettel in seiner Hand, auf dem er scheinbar die Nachricht notiert hatte. „Ich bin nicht sicher“, sagte er schließlich, „aber ich glaube, das ist eine Schreibweise aus dem Schach.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schach?“, fragte ich. „Warum Schach?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das weiß ich nicht. Aber ich glaube, die Nachricht beschriebt Züge. Ich kann in Erfahrung bringen, welche.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte dankbar. Kady wandte sich zu mir. „Wann wirst du aufbrechen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend fuhr ich mir durchs Haar. „Morgen früh, denke ich. Wenn ich mich schon ins Kreuzfeuer begebe, dann lieber bei Tageslicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich komme mit dir.“ Sam verschränkte die Arme und sah mich herausfordernd an. „Das ist eine Falle, und du weißt es genau. Warum bestehst du trotzdem darauf, alleine zu gehen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich verzog das Gesicht. „Weil ich erstens nicht alleine bin“, konterte ich und nickte Richtung Ida, die stolz das Kinn hob, „und zweitens genau weil es eine Falle ist. Wie soll ich Henny jemals wieder in die Augen sehen, wenn du wegen mir bei so einer Aktion draufgehst?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dein Leben ist also nichts wert, weil du nicht verlobt bist?“ Sam starrte mich an. „Das ist das Dümmste, was du je von dir gegeben hast, und da gab es einige andere Rivalen, glaub mir.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fein!“ Ich warf die Arme hoch. „Ich kann dich ja ohnehin nicht abhalten. Komm halt mit. Noch jemand, der sich anschließen möchte?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue hob die Hand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh nein“, sagte ich und stapfte auf den Tisch zu, wo ich mich mit beiden Händen abstützte und vorbeugte, bis er mir in die Augen sehen musste. „Damit fangen wir jetzt nicht an. Du bleibst hier.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich fiel mir etwas ein. Misstrauisch sah ich mich zu Rock um. „Kommt dir Blue eigentlich bekannt vor?“, fragte ich gedehnt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock stand in Sekundenschnelle der Schweiß auf der Stirn. „Nicht wirklich“, sagte er und kratzte sich am Kinn. „Ich kann mich, eh, nicht entsinnen. Wem ähnelt er denn deiner Meinung nach?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny“, sagte ich. „Aus dem Waisenhaus. Von dem ich dachte, dass er tot ist. Klingelt da was?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör auf, ihn in die Mangel zu nehmen“, murmelte Blue auf der anderen Seite des Tisches. „Er erkennt mich. Ich habe ihn vor Jahren kontaktiert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der eiskalte Stich des Verrats sank tief in meine Brust. Ich konnte den Blick nicht von Rock abwenden, der zur Seite sah und sich weigerte, den Augenkontakt zu erwidern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„All die Jahre“, flüsterte ich, „hast du gewusst, dass er lebt, und es mir nicht gesagt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er hatte mich darum gebeten, es vor dir geheim zu halten“, sagte Rock und drehte nun endlich den Kopf in meine Richtung. „Er wollte nur wissen, ob du wirklich bei mir arbeitest. Wie es dir geht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zitternd vor Wut fuhr ich zu Blue herum. „Du dachtest also, es ist okay, mir hinter meinem Rücken nachzuspionieren und dich zu vergewissern, dass es mir gut geht, während ich jeden Scheißtag daran gedacht habe, dass du mit dreizehn viel zu früh gestorben bist, dass ich dich nicht beschützen konnte, wie sehr ich dein verdammtes Lächeln vermisse? Nur weil du zu feige warst, mir Bescheid zu sagen? Und du!“ Ich deutete mit einem Finger auf Rock. „Du kanntest ihn. Du wusstest, wie nah wir uns standen. Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass ein einfaches Sunny lebt mir die Welt bedeutet hätte? Wenn er wirklich nicht mit mir reden wollte, hättest du seine Kontaktdaten geheimlassen können, aber wenigstens diese eine Information hättest du mir verdammt nochmal geben können. Scheiße!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nenn mich nicht so!“, fuhr ich Blue an. Ich konnte nicht mehr. Ich konnte den Anblick seiner blauen Augen nicht mehr ertragen, die vollen Lippen, die nur zusammengekniffen waren, die weichen Locken. „Du wolltest einen Neuanfang zwischen Raccoon und Blue? Hier hast du ihn. Verschwinde! Ich will dich hier nicht mehr sehen, hörst du? RAUS!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meinem Gefühlsausbruch folgte absolute Stille. Ida legte vorsichtig ihre kühle Hand in meine, der einzige Körperkontakt, den ich in diesem Moment dulden konnte. Blue erhob sich langsam von seinem Stuhl und ging zur Tür. Bevor er hinaus in die Kälte verschwand, sah er sich ein letztes Mal nach mir um. In seinem Blick lagen Bedauern und Schuldgefühl. „Es tut mir leid“, sagte er und zog die bunte Glastür hinter sich zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erleichtert atmete ich durch. Mit wackligen Schritten ging ich hinter die Bar und füllte mir ein Glas mit Wodka ein, das ich in einem Schwung austrank, bevor ich es nachfüllte und mich an den runden Tisch zu dem immer noch schockiert schweigenden Grüppchen setzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam war die erste, die es wagte, mich anzusprechen. „Das war Sunny?“, fragte sie ungläubig. „Und er hat dich all diese Jahre nicht angerufen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich zuckte mit den Achseln und trank einen zu großen Schluck Wodka, der meine Kehle hinunter brannte und mich husten ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mary streckte eine Hand aus. Kurz glaubte ich, sie würde meinen Arm tätscheln, aber ich hätte Mary besser einschätzen sollen. Sie schnappte mir das Glas weg und reichte es Rock, der es ohne ein Wort wegbrachte. „Das letzte, was du morgen gebrauchen kannst, ist ein Kater“, informierte sie mich trocken. „Auch wenn du dich jetzt gerade sicher gerne zulaufen lassen willst, musst du damit bis später warten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Frustriert fixierte ich sie, aber in dem Moment, da meine Augen ihre trafen, fielen mir die Worte des Daemons ein, die er mit ihrem Gesicht, ihrem Mund geflüstert hatte. Erschöpft rieb ich mir über die Augen. Warum musste alles auf einmal passieren? Konnten diese Enthüllung mir nicht wenigstens ein paar Tage Zeit zum Verdauen geben, bevor sie mich heimsuchten?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es gibt da noch etwas“, sagte ich und sah dabei auf meine Hände. „Als Mary sich zu mir gelehnt hat, hat der Daemon meine Frage beantwortet, wer ihn geschickt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und das fällt dir erst jetzt ein?“, fragte Charles entrüstet. „Das ist die wichtigste Information dieses ganzen Gesprächs!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie wird euch nicht viel nützen“, entgegnete ich. „Mein Vater ist nämlich tot.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dein Vater?“, fragte Kady ungläubig. „Aber dein Name ist doch ein …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist ein Nimbus“, bestätigte ich. „Ich weiß auch nicht, was er damit meinte. Oder mit der Nachricht, wo wir schon einmal dabei sind. Ich wollte euch nur Bescheid sagen. Vermutlich war es nur ein Trick, um mich dazu zu bringen, diese Nachricht auch wirklich zu überbringen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Diese ganze Geschichte wird mir zu konfus“, sagte Rock. „Erst diese Legislationen, jetzt wird Mary von einem Daemon besessen und Coon soll ins Ödland gehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mit mir“, betonte Sam und grinste gehässig, als ich nur seufzend nickte. Ida sah nachdenklich in die Runde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Was, wenn der Daemon die Wahrheit gesagt hat?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mein Vater ist noch vor meiner Geburt gestorben“, erklärte ich ihr. „Meine Mutter kurz danach. Ich glaube kaum, dass er von den Toten auferstanden ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Weißt du, wie er gestorben ist?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schüttelte den Kopf. „Es gibt bestimmt irgendwo Dokumente, aber ich hatte nie das Bedürfnis, mehr herauszufinden. Ich kannte ihn ja nie.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Henny kann das in Erfahrung bringen“, sagte Sam. „Sie weiß, wo man solche Infos bekommt. Deine Eltern hießen Amanda und Bruno, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Brian.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Einerlei.“ Sie streckte gähnend die Arme aus und erhob sich. „So gemütlich diese Runde auch war, ich verabschiede mich. Coon, wehe du reist morgen ohne mich ab. Ich würde das als Kündigung unserer Freundschaft werten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hab es verstanden, Gott!“, murrte ich und ließ mich von ihr in eine grobe Umarmung ziehen. „Wir treffen uns um neun Uhr am Westtor, okay?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Einverstanden. Wenn ich Glück habe, hat Henny bis dahin die Infos über deine Eltern.“ Und mit diesen Worten verschwand Sam aus der Bar wie ein blonder Wirbelwind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir verabschieden uns ebenfalls“, verkündete Kady und reichte mir die Hand. „Danke für deine Arbeit, das Geld wird dir morgen überwiesen. Viel Glück bei der Überbringung der Nachricht. Sobald du zurück bist, musst du uns alles im Detail berichten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte, verabschiedete mich von Charles und sah den beiden nach, wie sie die Bar verließen. „Nette Leute“, sagte ich. „Von der Art, wie sie reden, könnte man denken, ich unternehme morgen einen Tagestrip in den Streichelzoo, statt mich durch eine mit Daemonen verseuchte Einöde zu schlagen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du kannst ja die Daemonen streicheln“, schlug Mary trocken vor. „Vielleicht rollen sie sich auf den Rücken und lassen dich einfach passieren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„All die Jahre des Kämpfens“, murmelte ich und schnappte mir nun doch erneut die Wodkaflasche, „und wir hätten sie einfach nur kraulen müssen.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Westtor lag am anderen Ende des Distrikts, einige Kilometer von der Stadt entfernt. Mit vom Schlafentzug kleinen Augen spähte ich in die Höhe. Die Grenzmauer war hier gute zehn Meter hoch, aus massivem Beton und mit Stahlgerüsten verstärkt. Das Tor selbst bestand aus einer einfachen Stahltür, die innerhalb eines kleinen Wachturms lag und Tag und Nacht bewacht wurde. Charles war derjenige, der die Patrouillen auf der Mauer organisierte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida schwebte an meiner Seite, während wir uns dem Wachturm näherten. Über meinen Schultern hing ein vollgepackter Rucksack mit Proviant und Wasser für drei Tage, einem Schlafsack und warmer Kleidung, falls wir von einem Schneesturm überrascht wurden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In meiner Jackentasche steckte die geheimnisvolle Nachricht. Die Buchstaben- und Zahlenkombinationen standen tatsächlich für Züge in einer Schachpartie, deren Übersetzung Charles mir noch letzte Nacht hatte zukommen lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

Dd1-d4                              Dame auf d1 zieht auf d4

Lc8xd4                              Läufer auf c8 zieht auf d4 und schlägt die Dame          

0-0                                     Kleine Rochade des Königs

D†: Dd8-g5+                     Tod der Dame (?): Dame auf d8 zieht nach g5 und setzt den gegnerischen König matt.

 

[JUSTIFY]Die Erklärung ergab meiner Meinung nach genauso wenig Sinn wie Nachricht selbst, aber vermutlich handelte es sich um eine Art Code oder Verschlüsselung, mit der nur der Empfänger etwas anfangen konnte. Ich würde es früh genug erfahren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine schwarzen Boots und das Ende meines Gehstocks schrammten über die Asphaltstraße, der kalte Novemberwind brannte in der Nase. So weit außerhalb war wenig los; es gab keinen Grund, mit dem Auto herzufahren und so blieben die Straßen leer und die Häuserblöcke verlassen und kahl.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„COON!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei dem Klang von Sams Stimme drehte ich mich um. Sie kam die Straße herab gesprintet, mit einem ebenfalls fetten Rucksack bewaffnet und einige lose Papiere durch die Luft schwenkend. Keuchend kam sie vor Ida und mir zum Stehen und stützte sich auf ihren Knien ab, ein Wirrwarr verknoteter Locken in ihrem Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Warum rennst du so?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Weil, liebste Ida“, verkündete Sam und sah mich zwischen ihrem blonden Haarschopf hindurch verschlagen an, „ich es Coon völlig zutraue, mich im letzten Moment doch noch sitzen zu lassen. Sie hat nicht zufällig Schlaftabletten dabei, die sie mir unterjubeln will, um mich loszuwerden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida zog misstrauisch die Stirn kraus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich glaube, sie hat welche dabei, aber—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sei nicht so paranoid, Sam“, sagte ich, belustigt und genervt zugleich. „Ich füge mich meinem Schicksal. Bei meinem Glück würdest du durch schiere Willenskraft zur Schlafwandlerin werden und mir doch noch folgen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam grinste. „Verdammt richtig.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Da habe ich dich lieber wach dabei. Also, was hat Henny rausgefunden.“ Ich deutete auf die Papiere. „Ich nehme an, das sind irgendwelche großen Neuigkeiten?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sams Gesichtsausdruck wurde augenblicklich ernst. „Wir sollten uns kurz irgendwo hinsetzen“, sagte sie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Herz wurde schwer. „So schlimm?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam seufzte. „Ja. Nein. Ich weiß nicht.“ Sie schielte zu mir. „Es ist so schwer, das einzuschätzen, Coon. Es sind deine Eltern, aber du hast sie nie gekannt. Du könntest einen Nervenzusammenbruch kriegen oder mit den Schultern zucken und es geht dir am Arsch vorbei.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Finden wir es heraus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Getreu ihres Wortes sagte Sam nichts, bis wir eine windgeschützte Ecke am Bordstein ergattert und uns dort niedergelassen hatten. Ida hielt sich dicht bei mir, allem Anschein nach noch neugieriger als ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Henny hat ein wenig rumtelefoniert und alte Polizeiakten ausgekramt.“ Sam wedelte erneut mit den Papieren. „Es ist alles in Bürokratensprache verfasst, ich fasse also zusammen. Deine Eltern waren Brian und Amanda Chase. Etwa fünf Monate, nachdem Amanda mit dir schwanger wurde, ist Brian auf dem Heimweg nach der Arbeit von einem Daemon angefallen und gebissen worden. Passanten haben ihn einige Stunden später tot aufgefunden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich holte tief Luft. „Und meine Mutter?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie hat dich zu Hause ausgetragen, weil sie sich geweigert hat, ins Krankenhaus zu gehen. Sie hat dich aber nie offiziell im Bürgerregister angemeldet, und fast nie das Haus verlassen. Einige Wochen später ist sie einfach an Organversagen gestorben, vorher hat sie jedoch einen Notruf bei der Polizei hinterlassen, sodass du rechtzeitig gefunden und in ein Heim gebracht werden konntest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Augen fühlten sich trocken an. Da war es. Das große Geheimnis meiner Vergangenheit. Mein Vater war von einem Daemon getötet worden, meine Mutter hatte vermutlich über den Kummer ihres Verlustes ihren Körper vernachlässigt und war schließlich an Erschöpfung gestorben. Zumindest war ich ihr wichtig genug gewesen, dass sie mich nicht mit ins Verderben gezogen hatte. Brüsk stand ich auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sollen wir dann losgehen?“, fragte ich. Sam erhob sich ebenfalls, jedoch wesentlich langsamer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, ist alles okay? Möchtest du darüber reden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Worüber?“ Ich wandte mich ab. „Meine Eltern sind definitiv tot, das ist alles, was ich wissen wollte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Nicht ganz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Überrascht sah ich zu Ida. Sie beobachtete mich wachsam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Dein Vater wurde von einem Daemon gebissen. Was, wenn er zu einem Dae wurde, genau wie ich? Was, wenn er noch da draußen ist und nach dir sucht?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Worte ließen mir keine Ruhe, auch nicht, als wir bereits im Wachturm standen und dem Hunter dort erklärten, weshalb wir gekommen waren. Zu meiner großen Überraschung war er bereits informiert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gestern Abend kam ein Anruf vom Sekretär des Chiefs rein“, erklärte er, als Sam ihn darum bat. „Der Chief wolle mich darüber informieren, dass morgen Raccoon Thynlee einer wichtigen Mission im Ödland nachkommt und jede Unterstützung erhalten soll, die sie verlangt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hat er gesagt, dass ich alleine kommen soll?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Hunter stockte. Er war rosig im Gesicht und sah nicht älter als zwanzig aus. „Nicht direkt“, sagte er und schielte zu Ida, die in der Ecke schwebte und den kleinen quadratischen Raum mit schiefgelegtem Kopf musterte. „Aber er betonte, dass eine kleine Gruppe schneller agieren würde.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Drei ist klein genug“, verkündete Sam sofort. „Also, was ist, lässt du uns durch oder sollen wir hier im warmen, sicheren Distrikt versauern?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Viel Glück dort draußen“, sagte der Hunter und öffnete die große Stahltür mit zwei unterschiedlichen Schlüsseln und einem Passwort, dass er in einem kleinen Tastenfeld eintippte. „Wir haben draußen Kameras installiert. Wenn ihr zurückkommt, müsst ihr einige Tests absolvieren, damit wir uns versichern können, dass ihr keine Daemonen mit reinschleppt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Geht klar“, sagte ich und zurrte meinen Rucksack zurecht. „Sam, Ida, auf ins Getümmel.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wetten wir darum, wer die meisten Daemonen exzidieren kann?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wette du, ich bleibe lieber am Leben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Spielverderber.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kleinkind.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Hey![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam kicherte und auch ich konnte ein Lachen bei Idas pausbäckigem Schmollen nicht unterdrücken. Verdammt, wie sehr ich die beiden lieb hatte. Bei dem Gedanken, das im Ödland der Tod auf uns lauern könnte, wurde mein Mund augenblicklich trocken. Sam mit ihrer Augenklappe hatte ein eingeschränktes Sichtfeld und ich würde spätestens heute Nachmittag zu humpeln beginnen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber wir hatten keine Wahl. Wir mussten herausfinden, was vor sich ging, und wir mussten Mary und ihr ungeborenes Kind beschützen. Meine verräterischen Gedanken schossen zu meiner Mutter zurück. Ich stellte mir vor, in welchem mentalen Zustand sie gewesen sein musste, um sich selbst nach meiner Geburt in den Tod zu treiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als spürte Ida, dass meine Gedanken in weite Ferne schweiften, schwebte sie an meine Seite und nahm meine Hand in ihre eigene. Sam legte eine behandschuhte Hand auf meine Schulter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gemeinsam betraten wir das Ödland.[/JUSTIFY]

Kapitel 5

[JUSTIFY]Ich war noch nie im Ödland gewesen. Die meisten Menschen, Hunter miteingeschlossen, setzten nie auch nur einen Fuß in die verlassenen Städte und Landschaften, die von Daemonen überrannt und eingenommen worden waren. In jeder Infiltration mit Daemonen kam es irgendwann zu dem Moment, da das Gleichgewicht kippte und die Daemonen von einem Tag auf den anderen die Oberhand gewannen und ganze Distrikte unbewohnbar machten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu Beginn hatte es noch mutige Seelen gegeben, die ihre Heimat nicht verlassen und lieber mit der Gefahr im Rücken in ihren Wohnungen bleiben wollten. Erst als genau diese Menschen von Daemonen dazu missbraucht wurden, sich zu vermehren und weitere Städte zu infiltrieren, war das Ödland offiziell als unbewohnbar eingestuft worden. Die Gefahr für den Rest der Bevölkerung war zu groß.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit all diesem Wissen im Hinterkopf fühlte es sich auf einem elementaren Level falsch an, auch nur einen Fuß hinter die Grenze zu setzen. Mein Blick wanderte über die Landschaft, die sich vor mir ausbreitete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unkraut wucherte aus den Rissen der aufgerissenen Straße und stemmte sich verzweifelt gegen den nahenden Winter. Stahlgraue Wolken füllten den Himmel und die heruntergekommenen Gebäude der verlassenen Hauptstadt des ehemaligen Distrikt 15 reckten sich ihnen wie steifgefrorene Finger entgegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gruselig“, sagte Sam leise neben mir. „Es ist so ruhig. Wo sind die Mistviecher?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Von Daemonen gab es so nah an der Grenzmauer noch kein Zeichen, aber als wir die ersten Schritte über die Straße machten, konnte ich hier und da gelbe Fußspuren ausmachen. Ein dumpfes Grollen tönte aus der Richtung der Stadt. Wenn ich mich nicht täuschte, würden sich dort die meisten Daemonen eingenistet haben, inmitten der verrotteten Leichen ihrer damaligen Opfer und deren Wohnungen. Eine Stadt nur für Daemonen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du wirst ihnen noch früh genug über den Weg laufen“, beruhigte ich sie. „Ich persönlich will einfach nur diesen mysteriösen Typen finden, dem die Nachricht gilt und dann nichts wie weg hier.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und wie sollen wir ihn finden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Der Daemon sagte, wir würden ihn erkennen, wenn wir ihn sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„An seinen Richtungsangaben sollte er noch etwas feilen“, grummelte Sam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Uns bleibt nicht viel übrig, als geradeaus zu gehen und zu hoffen, dass er uns findet“, sagte ich. „Fuck, mein Bein tut jetzt schon weh, wenn ich daran denke, wie weit wir laufen müssen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hast du schon eine Schmerztablette genommen?“, fragte Sam und ich nickte. „Tja, dann heißt es wohl immer vorwärts und nicht hops gehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dein Optimismus ist wahrlich beruhigend …“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Zeit verflog, während Sam und ich uns Beleidigungen und spitze Bemerkungen an den Kopf warfen. Ida blieb ungewöhnlich still, so als sauge sie die Atmosphäre außerhalb der Grenzen mit ihrem ganzen Körper ein. Gegen Mittag war die Stadt endlich so nah, dass ich die ersten Straßenschilder erkennen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Solange wir noch keinen Daemon gesichtet hatten, nutzten wir die Gelegenheit, um unseren Proviant auf dem kalten Asphalt auszupacken und einige Brote zu verputzen. Trotzdem lag ein Schatten der Paranoia über uns und das Essen verschwand ungewöhnlich schnell. Keine fünf Minuten später waren wir schon wieder auf den Beinen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Mir gefällt es hier nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah zu Ida hinunter, die ein wenig vorgeflogen war und nun hastig wieder zurückkam. Inzwischen hatten wir die Stadt betreten und die Wohnblöcke und Hochhäuser erhoben sich zu beiden Seiten wie Riesen. Jeder Schatten schien sich zu bewegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mir auch nicht“, sagte ich leise. „Aber wir müssen —“ Abrupt blieb ich stehen. „Was war das?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam war sofort an meiner Seite, Hände erhoben und einen Fixierungsschlüssel auf den Lippen. Ich folgte ihrem Beispiel. Gemeinsam tasteten wir uns vorwärts.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der kalte Wind heulte durch die Hauptstraße. Mit zusammengekniffenen Augen hielt ich Ausschau nach dem neongelben Leuchten, das Daemonen auch aus der Entfernung für mich sichtbar machte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Schimmern lenkte meine Aufmerksamkeit auf die andere Straßenseite. Der Daemon musste im Schutz der Schatten einiger verlassener Autos aus unserem Sichtfeld gehuscht sein. Ich stieß Sam mit der Schulter an und nickte in die Richtung des Daemons. Schritt für Schritt näherten wir uns.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon war klein, kaum größer als eine Hauskatze. Er fletschte die schwarzglänzenden Zähne und presste sich flach gegen den Boden, als Sam an mir vorbei trat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Residere. Abire. Deficere. Decedere. Residere.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Kraft des Fixierungsschlüssels riss den jämmerlich quietschenden Daemon zu Boden. Schwarzer Rauch stieg von seinem Körper auf, bis er auf die Größe einer Ratte geschrumpft war. Der Geruch von Schwefel und verfaulten Eiern stach in meiner Nase. Ich ging neben dem kleinen Ding in die Hocke und berührte mit ausgestrecktem Arm seine Stirn. Kalter Glibber berührte meine Fingerspitzen, die gelben Augen pressten sich aus dem Körper hervor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Noxa.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon verpuffte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das war einfach“, verkündete Sam. „Mehr hat das Ödland nicht zu bieten? Ich bin enttäuscht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vielleicht solltest du es nicht heraufbeschwören“, murmelte ich und wischte mir über den rauen Stoff meiner Jeans, um das klebrige Gefühl an meinen Fingern loszuwerden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Was ist mit denen da?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida deutete nach oben. Eine Gruppe Daemonen krabbelte wie Spinnen durch das Fenster des zweiten Stocks eines Wohnhauses und sprang kreischend die verbleibenden Meter herab. Die drei Monster näherten sich uns auf allen Vieren, ähnlich einem Rudel hungriger schwarzer Hunde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Schrammen über Asphalt ließ mich aufhorchen und ich sah hektisch über meine Schulter. Eine weitere Gruppe, dieses Mal vier Daemonen, hatte sich von hinten angeschlichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Scheiße“, sagte ich und sah mich prüfend um. Wie ich vermutet hatte, stand im Eingang zu einer düsteren Gasse ein Daemon, der mir bis zur Brust reichte. „Sie kesseln uns ein. Wir müssen abhauen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und wo lang?“ Sam trat zurück, bis wir Rücken an Rücken standen. Das Gewicht ihres Körpers nahm mir ein wenig der aufsteigenden Panik, aber die Situation sah trotzdem nicht gut aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Der da.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida deutete auf den einzigen Daemon, der alleine war. Er war außerdem groß genug, um die gesamte Straße auszufüllen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wir können ihn besiegen und durch die Gasse entkommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Einen besseren Plan habe ich nicht“, sagte ich und schielte zurück zu Sam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Tun wir's.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam war die erste, die losrannte. Aus dem Sprint heraus rief sie ihren Fixierungsschlüssel, ohne langsamer zu werden. Ida, nun pechschwarz, ging auf alle Viere, sprang vor und verbiss sich in der Kehle des Daemons. Ich lief hinterher, den Gehstock unter meinen Rucksack geklemmt, die Zähne zusammengebissen. Meine Wade pochte schmerzhaft bei jedem Schritt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Deficere! Decedere! Occidere!“, schrie ich und zielte dabei mit beiden Händen auf den Daemon, während Ida sich von ihm abstieß und in der Luft schneeweiß wurde, um nicht von meinem Muster getroffen zu werden. Der Daemon kreischte und bäumte sich auf, Zähne gebleckt. Seine runden, stechend gelben Augen leuchteten im Schatten der Gebäude. Sam blieb zwei Meter vor ihm stehen und beendete mein trigonales Muster mit der absteigenden Reihe. „Decedere. Deficere.“ Schwarzer Rauch pulsierte empor, entriss dem Daemon seine Masse, bis er zusammenschrumpfte und sich am Boden wand. Ida schoss herab und biss in seine Schulter, wo sie ein großes Stück schwarze Masse herausriss und auf das Pflaster spuckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während Sam den Daemon mit einem lauten Nex exzidierte, hielt ich unserer kleinen Gruppe den Rücken frei. Die Daemonen, die uns von allen Seiten umringt hatten, folgten uns und schlossen sich auf der offenen Straße nach und nach zu einem Mob zusammen, ein Dutzend Daemonen auf einem Haufen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schluckte schwer. Gegen Isaac zu kämpfen war hart gewesen, weil er so stark war, aber viele kleine Daemonen zusammen bargen keine geringere Gefahr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Manere. Manere. Manere.“ Ich ließ meine überkreuzten Hände nacheinander über die Daemonen wandern. Die kleineren von ihnen wurden durch unsichtbare Kräfte zu Boden gerissen, als hätte sich die Schwerkraft mit einem Mal vervielfacht, doch eine Handvoll schüttelte meine Fixierung mühelos ab und preschte in unsere Richtung. Einer von ihnen war schneller als die anderen und sprang genau auf mein Gesicht zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte keine Zeit für einen Schlüssel, stattdessen warf ich mich zur Seite und wich der Attacke um Haaresbreite aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, komm schon!“, rief Sam hinter mir. Inzwischen hatte der Rest der Daemonen ihren Vorreiter eingeholt und bildeten ein Meer aus schwarzen Leibern, während gelber Geifer von ihren gebleckten Zähnen triefte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ohne zu zögern machte ich auf dem Absatz kehrt und preschte in Sams Richtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich lief so schnell ich konnte, trotz meines brennenden Beins, aber ich war zu langsam. Gerade als ich den Eingang erreicht hatte, fielen von oben zwei weitere Daemonen herab und landeten kreischend und kratzend auf meinem Rücken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Panisch warf ich mich herum, wobei der kleinere der beiden das Gleichgewicht verlor und zu Boden stürzte, während ich gleichzeitig einen Verteidigungsschlüssel brüllte, der sich in dem Moment manifestierte, als der zweite Daemon seine Klauen in meine Schulter schlug. Ich spürte den Schmerz, aber der Schutzschild bewahrte mich vor zu großem Schaden. Die Wucht des Schlüssels schleuderte den Daemon regelrecht von mir weg, seine abgetrennten Krallen klackerten auf den Beton unter mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schwer atmend sah ich mich nach meinen Freunden um. Ida, die bereits Sam gefolgt war, flog schreiend zurück, um mir den Rücken zu decken. Sie warf sich dem größeren der beiden ins Gesicht, der sich von seinem Schock noch nicht ganz erholt hatte, während ich auf den zweiten zielte und mit einem hektischen Schulterblick sicherging, dass ich nicht im nächsten Moment zerfetzt wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sidere, Sidere, Sidere …“ Ich hielt den Daemon fest und bewegte mich schnellen Schrittes auf ihn zu. Die Fixierung hielt ihn flach auf die Straße gedrückt, aber sein Maul stand offen und er kämpfte gegen die unsichtbaren Fesseln an, schnappte nach mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida drückte unterdessen den linken Daemon gegen die Häuserwand und fraß sich mit großen Bissen durch seinen Hals. Ein Stück vor den beiden hielt ich inne und sah erneut zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Daemonengruppe war nun ganz nahe, und es waren zu viele, um sie alle gleichzeitig auszuschalten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„COON!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sams Ruf folgend, fluchte ich und sprang mit einem langen Satz über den am Boden fixierten Daemon hinweg. Stickiger, dunkler Rauch verdeckte mir die Sicht; Ida hatte ihren Daemon aufgefressen und Sam einige Schwächungsschlüssel in die Richtung der beiden abgefeuert. Jetzt fing sie mich auf, als ich stolperte und in ihre Arme fiel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Lass uns verschwinden“, murmelte sie und zog mich mit. Mein Bein brannte. Ich schleppte mich durch die Gasse, nur wenige Schritte hinter ihr, aber ich spürte, wie ich immer langsamer wurde. Plötzlich tauchte Ida neben mir auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Geht es dir gut?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwischen zwei Atemzügen warf ich ihr ein schwaches Lächeln zu. „Wird schon gehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihr Blick verfinsterte sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Coon …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor uns blieb Sam abrupt stehen und ich lief geradewegs in sie hinein. Keuchend trat ich an ihr vorbei. Die Gasse war zu Ende. Ich schielte hinaus auf die offene Straße, die vor uns lag. Und schluckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Daemonen, so weit das Auge reichte. Sie kletterten über Ampeln und überschlagene Autos, liefen über den Bordschein, hingen von Fenstern und Laternen herab oder bekämpften sich gegenseitig auf der Straße.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist dann wohl Endstation“, sagte Sam leise. Ihre Hand tastete nach meiner und ich erwiderte den Händedruck. Ihre Haut war warm und glitschig von Schweiß.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam“, sagte ich. „Du kannst noch umdrehen. Hinter uns waren nicht so viele Daemonen. Wenn du die Gasse als Flaschenhals benutzt, kannst du sie nacheinander exzidieren und den Weg zurückgehen, den wir gekommen sind.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich alleine also.“ Sam bedachte mich von der Seite mit einem kritischen Blick. „Und was tust du, ein Teekränzchen veranstalten?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Einen Versuch ist es wert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, ich meine es ernst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich auch!“ Wütend fuhr ich zu ihr herum. „Keine Ahnung, warum, aber aus irgendeinem Grund wurde ich wegen dieser Nachricht hergeschickt. Ich bin dankbar, dass du mitgekommen bist, aber ich weiß nicht, was noch auf uns wartet, und vielleicht … vielleicht kann nur ich diesen mysteriösen Empfänger erreichen. Was, wenn das von Anfang an der Plan gewesen war? Dass es egal ist, wie viele Hunter und Helfer ich mitnehme, weil ohnehin nur ich zum Schluss durchkommen werde?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist zu weit hergeholt“, sagte Sam, aber ihre Stimme klang nicht mehr so sicher wie zuvor. „Wie soll irgendjemand durch diese Daemonen durchkommen? Du kannst ihre Spuren sehen, aber das hilft dir nicht, sie zu bekämpfen!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gottverdammte Scheiße, ich wusste es doch auch nicht. Aber etwas musste es sein, einen Vorteil, den ich gegenüber den anderen Huntern hatte. Etwas, das mich abhob.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurz dachte ich an Marys Scherz zurück. Vielleicht war das Teekränzchen mit einer Streicheleinheit tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oder vielleicht verlor ich im Angesicht des sicheren Todes den Verstand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam, bitte“, flehte ich, doch sie ignorierte meine Worte. Hinter uns erschien Ida. Sie keuchte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Sie folgen uns in die Gasse! Warum geht ihr nicht weiter, sie sind fast— oh.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie verstummte, als ihr Blick auf die Daemonen fiel, die inzwischen auf uns aufmerksam geworden waren. Einige der näherstehenden Exemplare mussten unsere Stimmen gehört haben. Sie hoben die schwarzen Köpfe, kamen vorsichtig in unsere Richtung, gelbe Glubschaugen weit geöffnet und auf uns fixiert. Nein, nicht auf uns.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schluckte schwer und machte unwillkürlich einen Schritt vorwärts. Sams Hand umklammerte meinen Arm. „Coon, bist du lebensmüde? Wir müssen umkehren. Du hast es selbst gesagt, wir werden mit den Daemonen hinter uns schon fertig. Wir finden einen anderen Weg zu diesem Empfänger. Komm schon!“.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein.“ Eine kalte Ruhe überkam mich und eine Erinnerung kämpfte sich in mein Bewusstsein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gelb, überall gelb.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Daemonen näherten sich weiter. Sie kreischten, knurrten, neigten die Köpfe. Sie … kommunizierten miteinander. Vereinzelte andere Daemonen erhoben sich, kamen auf die Gasse zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine Erinnerung bahnte sich ihren Weg in mein Bewusstsein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon stand direkt über mir, sein Geifer tropfte auf meine Brust.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine andere Gruppe kreischte, lief in unsere Richtung, doch die Daemonen von zuvor versperrten ihr den Weg, griffen sie an, keiften und spuckten und bissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er schnupperte, ließ von mir ab, lief an mir vorbei. Verschonte mich. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich machte noch einen Schritt vor, aus der Gasse hinaus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ignorierte mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon!“ Sams Zischen war direkt an meinem Ohr, aber ich ließ sie stehen, schüttelte ihre Hand ab. Die Daemonen sahen mich an. Ihre Nüstern blähten sich, ihre Zungen schleckten über meine Hände.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie traten zur Seite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam murmelte etwas hinter mir, das sich verräterisch nach Unmöglich anhörte. Sie schien mir folgen zu wollen, doch plötzlich bäumten sich die Daemonen auf und fauchten sie an. Ida schwebte über sie alle hinweg und hing neben mir in der Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Was ist los? Warum lassen sie dich in Ruhe?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich weiß nicht“, sagte ich und setzte sorgsam einen Fuß vor den anderen, um keinen der Daemonen zu provozieren. Die Kämpfe am Rand der kleinen Gasse, die sich für mich gebildet hatte, wurden lauter. „Aber es ist schon einmal passiert. Damals, als die Rotte das Wohnhaus meiner Ziehfamilie angegriffen hat. Alle Stockwerke waren mit Daemonen gefüllt, aber sie haben mich alle ignoriert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich komme mit dir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wusste, dass ich sie nicht umstimmen konnte, aber ich sah trotzdem zurück zu Sam. „Warte am Eingang auf mich“, rief ich ihr zu. „Wenn ich bis morgen nicht zurück bin, hol Unterstützung.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wehe, du stirbst!“, schrie sie zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida, hilf ihr durch die Gasse“, sagte ich. „Du kannst mich danach finden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie wirkte hin- und hergerissen, nickte jedoch schließlich und schoss als weißer Blitz davon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tief durchatmend ging ich weiter. Die Höhle des Löwen erwartete mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Knurren und Keifen umringte mich von allen Seiten. Zwei Daemonen geleiteten mich vorwärts, schnappten nach neugierigen Artgenossen, die mir nicht so friedlich gesinnt schienen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Interessant, dachte ich, während ich langsamen Schrittes die Straße überquerte und in eine weitere Gasse abbog, die Daemonen dicht an meiner Seite. Einige von ihnen beschützen mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eiskalter Novemberwind fegte durch die Spalte zwischen den beiden Wohnhäusern, durch die ich mich kämpfte, fraß sich durch meinen Schal in meine Wangen und Ohren. Zitternd zog ich meinen Mantel enger. Einer der Daemonen, ein kleines Exemplar, sah über die Schulter zu mir auf. Seine leuchtend gelben Augen quollen halb aus seinem Kopf und fixierten mich träge. Schwarzer Speichel troff sein Kinn herab. Musste er sich zurückhalten, um mich nicht anzugreifen? Ich dehnte unauffällig meine Finger und massierte meine Hände, um sie warm zu halten. Im Notfall wollte ich in der Lage sein, im Bruchteil einer Sekunde wieder in Kampfmodus überzugehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir die Gasse verließen, schien mir die tiefstehende Sonne direkt in die Augen. Fluchend hielt ich eine Hand vor mein Gesicht. Erst als ich keine schwarzen Flecken mehr in meinem Sichtfeld ausmachte, ließ ich sie sinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wir waren in einem Park ausgekommen. Knorrige, kahle Bäume ragten wie Skelette in den Himmel und Moos wucherte über verfallene Steinskulpturen und  zerrüttete Holzbänke. Von feindseligen Daemonen war weit und breit keine Spur zu sehen, dafür türmten sich Autokarosserien und Mülltonnen wie eine Mauer vor allen Straßenkreuzungen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah zurück. Die Gasse schien der einzige Eingang zu diesem Ort zu sein. So viel Organisation konnte nicht von den Daemonen kommen. Jemand, oder etwas, führte sie an, gab ihnen Befehle. Mein rechtes Bein pochte mit jedem Schritt, doch ich zwang mich dazu, weder zu humpeln, noch meinen Gehstock zu Hilfe zu nehmen. Derzeit mochte ich Gast der Daemonen sein, aber mein Instinkt sagte mir, dass ich mich nicht in Sicherheit wiegen durfte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die beiden Daemonen trabten voran, geradewegs ins Herz des Parks. Meine Stiefel versanken leicht in dem aufgeweichten Erdboden, das Gras streifte die Löcher meiner Jeans, die auf Höhe meiner Knie waren. Die gelben Fußspuren, die bislang mein gesamtes Sichtfeld eingenommen und es mir schwer gemacht hatten, Details zu erkennen, waren hier fast nicht existent. Lediglich die frischen Spuren meiner daemonischen Begleiter flackerten bei jedem ihrer Schritte im taunassen Gras auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich erreichten wir einen Springbrunnen, aus dem kein Wasser mehr spritzte und in dessen Becken Herbstlaub verrottete. Auf seinem Steinrand saß eine helle Gestalt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ruckartig blieb ich stehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Gestalt war ein Mann, weiß wie Schneeglöckchen im Frühling. Lediglich seine Hände und Füße waren schwarz wie Öl. Er trug einen Anzug, der schlierenhaft mit seinem restlichen Körper verschmolz. Sein längliches Gesicht betonte die Geheimratsecken, die seine Stirn umso höher wirken ließen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Dae erhob sich zaghaft und beobachtete mich schweigend aus der Ferne. Ich sah genauer hin. Er war in seinen Vierzigern. Kein Kind mehr, wie Ida oder Isaac. Vor mir stand ein erwachsener Mann in Dae-Gestalt, mit einer Färbung, die mir noch nie im Leben untergekommen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Etwa fünf Monate, nachdem Amanda mit dir schwanger wurde, ist Brian auf dem Heimweg nach der Arbeit von einem Daemon angefallen und gebissen worden. Passanten haben ihn einige Stunden später tot aufgefunden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein. Ich schüttelte die Erinnerung an Sams Worte ab. Es konnte nicht sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Derjenige, der mich geschickt hat, ist dein Vater, Raccoon Thynlee. Und er kann es nicht erwarten, dich wiederzusehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Knie wurden weich wie Wachs und ich schaffte es gerade noch, mich gegen einen Baumstamm abzustützen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Dae erwartete mich weiterhin, ungehetzt, unbesorgt. Mit einer Zunge wie ein Reibeisen ging ich langsam auf ihn zu, bis wir einander gegenüberstanden. Er machte eine wegscheuchende Bewegung mit seiner rechten Hand und die beiden Daemonen, die mich zu ihm geführt hatten, winselten leise und rannten davon. Nun endlich sah er mir in die Augen. Seine waren milchig weiß.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon“, begrüßte er mich. Seine Stimme war sanft wie Honig, duldsam, wie die eines Lehrers, der bereits mit allen Arten von Kindern fertig geworden ist, indem er nie die Stimme erhoben hat. In seiner Gegenwart fühlte ich mich gleich wie ein unbeholfener Teenager.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bist du …“ Ich brach ab. Ich konnte mich nicht dazu durchringen. Was, wenn ich Recht hatte? Was, wenn ich falsch lag? Ich wusste nicht, welche Erkenntnis schlimmer wäre. Aber der Dae ließ mich nicht so leicht davonkommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bin ich was?“, fragte er lächelnd. „Tot? Auf jeden Fall.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schnaubend ließ ich meinen Rucksack zu Boden sinken. „Bist du … bist du mein Vater? Ist dein Name Brian?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dein Vater?“, fragte er verblüfft. Dann lachte er. „Oh nein, ganz sicher nicht. Mein Name ist William Parker. Ich bin Vater einer wundervollen Tochter, das stimmt, aber sie ist nicht hier.“ Sein Blick verdüsterte sich. „Es tut mir leid. Das war wohl nicht die Antwort, die du hören wolltest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ohne es zu merken, hatte ich mir ans Herz gefasst, meine Finger in den Stoff meines Mantels gekrallt. William Parker. Ein Mann, der nichts mit meinem Vater zu tun hatte. Der Daemon hatte also doch gelogen. Ein Zittern überkam mich und ich presste meine Augen zusammen, bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]War ich wirklich so vorfreudig darauf gewesen, dass mein Vater derjenige sein könnte, der Mary in Gefahr gebracht und mich erpresst hatte? Meine Eltern waren tot und ich würde sie niemals kennenlernen. Es war besser so.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich musste es nur wissen“, presste ich hervor. „William also. Du bist der Empfänger für die Nachricht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„In der Tat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Beantworte mir zuerst ein paar Fragen.“ William neigte den Kopf, wehrte sich jedoch nicht gegen meine Forderung, sodass ich einfach weitersprach. „Wer bist du? Warum arbeitest du mit den Daemonen zusammen? Wer ist der Anführer? Wie kontrollierst du all diese Daemonen? Warum greifen mich einige von ihnen nicht an?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Dae lachte erfreut auf. „So viele Fragen! Wo soll ich da nur anfangen?“ Sein Blick fiel auf meine Beine. „Warum setzen wir uns nicht? Hast du dich auf dem Weg hierhin verletzt? Daemonen können solche Rüpel sein, nicht wahr?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Rüpel?“, fragte ich trocken, kam seiner Einladung jedoch nach. Ich wusste nicht warum, aber William gab mir nicht das Gefühl, dass er mein Feind war. Im Gegenteil. Vielleicht half er mir sogar, an die Informationen heranzukommen, die ich brauchte. Der Marmor war kalt, aber ich ignorierte das eisige Gefühl und rieb meine Hände zwischen meinen Oberschenkeln, bis sie warm wurden. William betrachtete mich eingehend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kälte“, sagte er. „So ein merkwürdiges Konzept. Als wolle die Luft selbst uns angreifen. Ich weiß nicht, wann mir das letzte Mal kalt war. Es ist schon so lange her.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie lange?“, hakte ich nach. „Wer bist du?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Keine Sorge, ich werde deine Frage beantworten“, sagte er. „Einige zumindest. Aber fangen wir mit mir an. Ich bin William Parker. Ich bin ein Dae und ich bin … Entschuldigung, welchen Tag haben wir heute?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Den zwölften November.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und das Jahr?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Misstrauisch ließ ich davon ab, meine Hände zu reiben. „892. Wieso?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„892 … Nun, in dem Falle bin ich 132 Jahre alt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Niemals“, entgegnete ich automatisch. „Du bist ein erwachsener Mann. Dae von Erwachsenen halten nie so lange durch. Sie werden zu Daemonen oder lösen sich auf.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und woher weißt du das?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin Hunter. Es ist mein Job, so etwas zu wissen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vielleicht ist es aber auch dein Job, neue Erkenntnisse zu sammeln, wenn du mit neuen Beweisen konfrontiert wirst.“ Er lächelte mich entwaffnend an. „Ich war verheiratet und hatte zwei kleine Töchter. Eine von ihnen, Mia, starb bereits in Rebekkas Bauch. Eine Totgeburt. Unsere zweite Tochter lebte. Ramona war aufgeweckt und abenteuerlustig. Sie war gerade zwei, als ich von einem Daemon gebissen und getötet wurde.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er machte eine Pause.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Tut mir leid“, sagte ich, damit er weiterredete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hatte meiner Frau versprochen, sie für immer zu lieben und für sie da zu sein“, fuhr William nach einer Weile fort, so als habe er meine Worte gar nicht zur Kenntnis genommen. „Wie konnte ich das tun, wenn ich tot war? Wie konnte ich sie ganz allein mit unserem kleinen Mädchen zurücklassen? Also blieb ich. Am Anfang bemerkte meine Frau mich selbstverständlich nicht, und die Dunkelheit in meinem Herzen wuchs. Ich war nah daran, ein Daemon zu werden, wie du richtig vermutet hast. Doch dann geschah etwas, das mein Dasein für immer verändern würde. Ramona spielte draußen auf der Straße und lief ihrem Spielball hinterher. In genau dem Moment kam ein Auto um die Ecke gerast.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hielt den Atem an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich warf mich dazwischen.“ Williams Blick fiel auf seine pechschwarzen Hände hinab. „In diesem Moment wollte ich nur eines: Meine Tochter beschützen, egal wie. Und die gesamte Dunkelheit, meine gesamte Masse, verdichtete sich in meinen Händen und ich packte Ramona und warf mich mit ihr zusammen auf die andere Straßenseite. Für einen Außenstehen muss es so ausgesehen haben, als wären meinem kleinen Mädchen plötzlich unsichtbare Flügel gewachsen.“ Er lächelte bei der Erinnerung. „Danach habe ich im Haus Botschaften hinterlassen, meiner Frau gesagt, sie solle sich Sichtlinsen anschaffen. Anschließend lebten wir wieder wie eine normale Familie. Ich konnte ihr zu Hause helfen, mit meiner Tochter spielen, ihr ein Vater sein. Dann wurde Rebekka krank. Es gab kein Mittel, keine Heilung. Sie starb in meinen Armen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie war dein Anker“, flüsterte ich. „Wieso bist du nicht mutiert?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das wäre ich sicher“, sagte er und sah mir in die Augen. „Aber Rebekka flehte mich an, ich möge Ramona beschützen und mich um sie kümmern. Sie zu meinem Anker machen. Es war nicht leicht. Es war, als würde ich meine Beziehung zu Rebekka zertrennen und meine Liebe zu ihr fortan nur noch eine schwammige Erinnerung sein. Aber es funktionierte. Ich opferte sie zum Wohle meiner Tochter.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aber du bist über hundert Jahre alt“, sagte ich. „Lebt Ramona noch? Warum bist du noch hier?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie lebt, mehr oder weniger.“ William sah in die Ferne. „Und solange sie lebt, werde ich sie beschützen. Deshalb bin ich so alt. Meine Bestimmung ist noch nicht vollendet. Aber genug von ihr und mir. Du willst wissen, wer derjenige ist, der mir diese Nachricht sendet? Ich weiß es nicht. Ich habe ihn selbst nie persönlich kennengelernt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wieso hilfst du ihm dann?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sagen wir, unsere Ziele überschneiden sich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Genervt verschränkte ich die Arme. Er antwortete zwar, aber seine Worte waren so schwammig, dass er genauso gut nichts hätte sagen können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du bist nicht alleine hergekommen“, sagte er nach einer Weile. „Du wirst von einem Dae begleitet, richtig?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und wenn es so wäre?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich dachte nur daran, dass sie wohl bald zu uns stößt.“ Er erhob sich. „Also dann. Was ist die Nachricht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich zögerte. Bislang kannte ich weder die Beweggründe von William, noch des mysteriösen Anführers. Ihn auszufragen war eine Sache, aber ihren Interessen zu dienen, indem ich die Botschaft übermittelte, war eine ganz andere. Trotzdem. Das Bild von Mary flackerte vor meinem geistigen Auge auf, wie sie ihr Kind verlor, weil ich mit Rosies Leben gespielt hatte. Ich mochte die Situation nicht mögen, aber hatte ich wirklich eine Wahl?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dd1-d4. Lc8xd4. 0-0. D†: Dd8-g5+“, rezitierte ich. William schien auf weitere Anweisungen zu warten, doch ich blieb stumm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist alles?!“, fragte er und griff nach meinem Unterarm. „Bist du sicher?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es stand in Blut an einen Kühlschrank geschmiert“, erwiderte ich und schob seine Hand weg. „War schwer zu übersehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Beschämt trat er zurück. „Natürlich. Ich hatte nur mit mehr Informationen gerechnet, das ist alles. Bitte verzeih mir.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das war es also?“, fragte ich und erhob mich von dem Brunnenrand. „Ich kann gehen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William stand auf. „Vielleicht solltest du auf deinen Dae warten“, sagte er und nickte in Richtung der Gasse, durch die ich gekommen war. „Sonst verliert ihr euch womöglich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick folgte seiner Geste. Die beiden Daemonen bewachten den Durchgang, aber von Ida war noch nichts zu sehen. Waren sie und Sam in Schwierigkeiten geraten?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich kann ihr entgegengehen, sie wird mich schon finden“, sagte ich und drehte den Kopf zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Williams schwarze Hände packten mein Gesicht und meine Schulter und er versenkte seine Zähne in meinem Nacken. Warmes Blut tropfte über mein Schlüsselbein und in meinen Pullover. Ich schrie, trat nach ihm, doch sein Körper bot keinen Widerstand. Mein Fuß versank in seiner weißen Wade, während er seine Finger in meinen Mund schob, ihn wie mit einem Schraubstock aufzwang und meine Zunge herabpresste. Mein Schrei wurde zu einem erstickten Gurgeln, als er sich vorbeugte und als schwarzer Rauch durch meinen Mund floss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotz meiner langen Karriere als Hunter war ich bislang noch nie gegen meinen Willen von einem Daemon besessen worden. Selbst Ida war im Moment ihrer Übernahme so schwach gewesen, dass ich ihre Präsenz kaum als solche wahrgenommen hatte. Das Gefühl der absoluten Machtlosigkeit und Perversion, das mich jetzt überkam, war nicht im Ansatz mit Idas sanfter Co-Existenz zu vergleichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William füllte mein gesamtes Bewusstsein aus. Ich hatte mich von seiner freundlichen Art und dem weißen Körper täuschen lassen—er war eine geballte Ladung aus dunkler, korrupter Masse, die sich nun wie Daemonengift durch meinen gesamten Körper ausbreite, meine Gliedmaßen durchfloss, die Kontrolle über meine Körperfunktionen übernahm, bis ich nicht mal mehr selbstständig atmen konnte, bis selbst mein Herzschlag nur noch durch seinen Willen fortfuhr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Bewusstsein drängte er zur Seite, bevor er es sich anders überlegte und begann, sich systematisch durch meine Gedanken und Erinnerungen zu wühlen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mir war schwarz vor Augen, er hatte meine Sicht nicht zugänglich gemacht, meine Sinne nutzlos. Ich hörte nichts mehr, roch nicht, schmeckte nicht, spürte nichts außer meinem Herzschlag, der immer unregelmäßger wurde, weil William sich nicht genug darauf konzentrierte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die einzigen Eindrücke, die mich in diesem Zustand erreichten, waren meine eigenen Erinnerungen, in die William sich wie ein Spürhund verbissen hatte. Zuerst durchforstete er mein Gedächtnis nach weiteren Teilen der Nachricht, spielte meine Erinnerung an Mary ab, wie sie mit dem Messer in der Hand in der Küche stand und von dem Daemon gezwungen wurde, sich selbst als Geisel zu halten. Das Gespräch mit den anderen Gründern in Rocks Bar überflog er flüchtig, so als interessiere es ihn nicht, dafür fand er großen Gefallen an meinem Besuch beim Chief und seinem Sekretär. Von meinem Streit mit Blue aus machte er große Sprünge in meine Vergangenheit, fand meine dunkelsten Erinnerungen aus dem Rottenangriff, wie die Daemonen mich passieren ließen, sprang von dort zu dem Moment, als ich durchweicht und mit Fieber im Regen vor Rocks Tür stand und ihn bat, mich bei ihm anzustellen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schließlich wurden die Sprünge so erratisch, dass ich selbst nicht mehr hinterherkam und mich ein Gefühl des Schwindels überkam. Ohne Körper, ohne Möglichkeit mich zu orientieren, festzuhalten, fiel ich in einen Strudel aus nackter Panik.[/JUSTIFY]

… WAS WILLST DU VON MIR …

[JUSTIFY]Mein stummer Schrei mutierte zu einem schwachen Piepsen in meinem Kopf, das William nur ungeduldig zur Seite schob und ignorierte. Er fand meine Erinnerungen an Chris, an unsere gemeinsame Nacht, an den Morgen danach, der unsere Beziehung für immer zerstörte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass er mich in diesen Momenten nackt sah, war nicht so schlimm wie die Gefühle, die er aus meinen tiefsten Punkten heraussondierte. Meine Scham, meine Schuldgefühle, die Machtlosigkeit, hundertmal verstärkt, jetzt da ich wirklich die Kontrolle verloren hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kämpfte gegen ihn an, verzweifelt, versuchte, ihn mit aller Gewalt aus meinem Körper zu schütteln, ihn wenigstens meinen Erinnerungen fernzuhalten, aber William war zu stark. Er war ein Dae mit über hundert Jahren Erfahrung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte keine Chance.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als er endlich von mir abließ, fühlte ich mich zerfleddert wie ein altes Tagebuch, das jemand achtlos in eine Ecke geworfen hatte. Wäre Williams Kontrolle nur ein wenig schwächer gewesen, ich bin sicher, dass ich geweint hätte. Mein Herz schlug immer langsamer, mein Puls wurde schwächer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]War das normal? Würde ich sterben, sobald er die Informationen hatte, die er brauchte und meinen Körper wieder zurückließ, eine nutzlose Hülle, die er achtlos fallen lassen konnte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwas regte sich vor meinen Augen. Ich blinzelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William blinzelte für mich, um den grauen Schleier zu entfernen. Ich lag bäuchlings im taufeuchten Gras. Mir hätte kalt sein sollen, aber ich spürte nichts. William hatte mich von allen Sinneseindrücken außer meinen Augen abgeschottet. Aus den Augenwinkeln konnte ich gerade so die Daemonen ausmachen, die sich vorsichtig näherten, offensichtlich verwirrt, weshalb ich am Boden lag und niemand mich beschützte. Vielleicht suchten sie auch nach William. Ich hatte keine Ahnung. Es war mir auch egal. Mein Herzschlag verlangsamte sich noch weiter. Ich war so unendlich müde. Was hatte William vor? Wollte er mich töten? Dazu hätte er mein Herz einfach anhalten können. Nein, er tat etwas anderes. Aber was wollte er nur—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein weißes Schemen flog durch die Gasse in unsere Richtung. Ich konnte die Gestalt gerade so durch die kahlen Bäume ausfindig machen. Ida! Es musste Ida sein. Hoffnung füllte mich. Ida würde William aus meinem Körper verdrängen können, da war ich sicher. Sie kam näher. Wurde langsamer, als sie mich entdeckte, dann schoss sie vor und kam direkt vor mir zum Stillstand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und als William in genau diesem Moment meinen Atem stoppte, meine Augen entfokussierte und meinen Herzschlag ebenfalls aussetzte, wusste ich, was sein Plan war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN NEIN …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie eine Wahnsinnige schlug ich von innen gegen die Fesseln, die er meinem Körper auferlegt hatte—vergebens. Williams Griff war stählern und unzerstörbar. Und während all dessen ließ er mich zusehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah, wie Idas Unterlippe zu zittern begann. Sie stupste mich an, doch ihre Masse reichte nicht aus, um mich zu berühren. Meine Lungen brannten, aber ich konnte nichts tun. Ida ballte die kleinen Hände zu Fäusten. Ihr Blick fiel auf die Bisswunde an meinem Hals, zu den Daemonen, die Abstand genommen hatten, so als ahnten sie, was ihnen bevorstand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine kleine Gefährtin schrie. Ich konnte ihre Stimme nicht hören, aber ich sah die Verzweiflung in ihrem Gesicht, den aufgerissenen Mund, den zurückgeworfenen Kopf. Schwärze zerriss das milchige Weiß, blühte in ihrer Brust auf und breite sich in ihrem gesamten Körper aus wie Tinte, die in Wasser getropft wurde. Ihre Form zerschmolz, das Antlitz des siebenjährigen Mädchens verschwamm, ihre Augen traten hervor, gelb und leuchtend und rund wie Tennisbälle. Ida verschwand, ersetzt durch die Form eines pechschwarzen Daemons, der auf allen Vieren fauchend über meinen leblosen Körper hinwegsprang und aus meinem Sichtfeld verschwand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dunkelheit legte sich über meine Augen, stattdessen öffnete William mein Gehör, ließ mich dabei zuhören, wie Ida kreischend auf die Daemonen losging, sie in Fetzen riss, verschlang, bis nichts mehr von ihnen übrigblieb. Ihr schwerer Atem verklang, ihre Schritte entfernten sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stille hüllte mich ein weiteres Mal ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf mich gegen die Fesseln, riss an seiner Kontrolle, schleuderte Erinnerungen aus Schmerz und Verrat gegen ihn, bis er genervt meine Gedanken packte und so tief in mein Unterbewusstsein stopfte, dass ich für einen Moment vergaß, wer ich überhaupt war. Aber selbst in diesem Moment, als mir mein eigener Name so schwer erreichbar vorkam wie die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, wusste ich doch eins.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein schlimmster Albtraum, meine größte Furcht, seit Ida gestorben und als Dae auferstanden war, hatte sich erfüllt. Sie war zu einem Daemon geworden. Eindeutig und unwiderruflich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Weil sie glaubte, ich sei tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schlimmer, weil sie glaubte, es sei ihre Schuld, weil sie mich nicht beschützt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wusste, wie Schuld sich anfühlte, wie sie sich durch alles Gute und Erfreuliche im Leben fraß, einen grauen Schleier über alle Farben der Welt warf, wie sie schwerer als Stein auf dem Herzen wog.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und nun war Ida ihr zum Opfer gefallen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es war notwendig“, sagte Williams unbekümmerte Stimme in meinem Kopf. „Nun schlaf.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schlaf? Wie konnte er glauben, dass ich jetzt schlafen konnte, nach allem, was er mir angetan hatte? Aber William besaß weiterhin die Kontrolle über meine Körperfunktionen. Träume blubberten an die Oberfläche, Schwere legte sich über meine Gedanken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schlief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und träumte von Ida, verloren, verzweifelt und allein im Ödland, umringt von Daemonen, die sie in der Luft zerrissen.[/JUSTIFY]

Kapitel 6

[JUSTIFY]Kälte schüttelte mich aus meinen dunklen Träumen. Eingetrocknete Krusten verklebten meine Augen, als ich zitternd und mit den Zähnen klappernd im Park erwachte. Der Raureif hüllte die Grashalme in weiße Frostkronen und knirschte unter meinen steifgefrorenen Fingern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Bisswunde in meinem Hals brannte wie Feuer. Vorsichtig tastete ich über die verkrusteten Ränder. Das umliegende Fleisch war leicht angeschwollen und heiß. Zischend zog ich meine Hand zurück. Meine Augen juckten, so als krabbelten Ameisen über ihre Oberfläche. Der Morgen graute bereits. Ich musste mindestens fünfzehn Stunden lang bewusstlos gewesen sein. Selbst wenn ein Daemon über mir gestanden hätte, wäre es mir nicht gelungen, die Arme zu heben. Daemonen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida. Gott, Ida.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stöhnend setzte ich mich auf und ballte meine tauben Hände zu Fäusten. Sie war irgendwo da draußen. Ich musste sie finden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es hat keinen Zweck, sie zu suchen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„William“, zischte ich und fuhr zu dem Dae herum. „Du verdammter Mistkerl! Ist das der Grund, warum nur ich die Nachricht überbringen durfte? Wolltet ihr Ida in eure Armee aufnehmen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich weiß nicht, weshalb dein Dae zu einem Daemon werden musste. Nur, dass es geschehen sollte.“ Er faltete die Hände. „Du hast die Nachricht schließlich selbst überbracht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Läufer schlägt die Dame.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf mich auf William, versuchte, seinen Hals zu packen, aber seine pechschwarzen Hände schossen vor und hielten meine Handgelenke fest, stoppten mich wenige Zentimeter vor meinem Ziel. Ich spannte alle Muskeln an, drängte vor, während etwas furchtbar Dunkles in meinem Inneren hochbrodelte. Ich wollte ihn umbringen, seinen verräterischen Hals umdrehen, ihn langsam und qualvoll ermorden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber er war bereits tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Hände griffen ins Leere, ballten sich zu Fäusten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und Ida war immer noch ein Daemon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Dunkelheit in mir explodierte und ich schrie. Ich schrie und schrie und hörte erst auf, als meine Kehle brannte und mir schwarz vor Augen wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber Ida hörte mich nicht. Der Daemon, der Ida gewesen war, kam nicht. Kraftlos sank ich in mir zusammen. William ließ meine Arme los, die er bis dahin fest umklammert gehalten hatte, aber ich hatte keien Energie mehr für einen weiteren Angriff. In mir war nur noch gähnende, allumfassende Leere.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Die Daemonen werden dich zurück zur Grenze führen“, sagte William und reichte mir eine schwarze Hand, um mir aufzuhelfen. „Wenn du vom Weg abkommst, werden sie angreifen. Und wenn du stirbst, Raccoon, ist Ida wahrlich verloren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich spuckte auf seine Hand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie ist ohnehin verloren“, fauchte ich. Der Gedanke brannte sich durch mein Herz, aber ich wusste auch, dass er stimmte. Kein Dae kam von seiner Verwandlung zu einen Daemon zurück, nicht wenn sie gegen seinen Willen geschah. Aber das hieß nicht, dass ich sie aufgegeben hatte. Wenn auch nur ein Funken Hoffnung bestand, dass ich Ida noch einmal sehen konnte, dass ich diejenige sein durfte, die sie aus ihrem Zustand befreite, musste ich die Chance ergreifen. Entschlossen sah ich zu William auf. „Wenn ich zurück im Distrikt bin, was dann? Wann lasst ihr mich zu Ida?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das hängt ganz von dir ab“, sagte der Dae.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Worte der Botschaft hallten erneut durch meinen Kopf. Der erste Teil hatte sich auf Ida bezogen, aber was war mit dem Teil danach?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tod der Dame. Dame setzt den gegnerischen König matt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida war meine Dame.“, sagte ich. „Du bist der Läufer. Sie wurde geschlagen. Also wer ist die andere Dame?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William lächelte stolz. „Meine Tochter Ramona natürlich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wut füllte meine Wangen mit heißem Pech. „Ramona. Ist sie auch ein Dae?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh nein.“ Er sah mich überrascht an. „Sie ist ein Daemon. Ein sehr mächtiger. Und ihr Blutdurst ist noch ganz der alte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich rappelte mich endlich auf, obwohl ich mich gegen die Fontäne lehnen musste, um nicht umzukippen. „Blutdurst?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie war eine Massenmörderin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und du wollest einen Dae aus ihr machen?“, fragte ich fassungslos. „Aus einer Mörderin?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es gelang nicht so, wie ich es mir vorstellte, das stimmt“, sagte William nachdenklich. „Ich schleuste einen Daemon ins Gefängnis, der sie biss. Danach half ich ihr, den Distrikt zu verlassen und im Ödland Unterschlupf zu suchen. Kurz darauf griffen wir mit den anderen Daemonen Distrikt 15 an. Es war unsere Heimat. Ich wollte ihr ermöglichen, nach Hause zurückzukehren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Für all das …“ Ich deutete mit einer Handbewegung die Verwüstung um uns herum an, die verlassenen Häuser, die vermoderten Leichen, die ausgebrannen Autowracks, „… bist du verantwortlich?“ Meine Hand sank herab. „Du bist wahnsinnig. Das ist der einzige Grund, weshalb du noch als Dae existieren kannst. Du hast vergessen, was Moral und Menschlichkeit bedeuten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn ich gedacht hatte, dass meine Worte etwas in ihm bewegen würden, hoffte ich vergebens. Er legte nur den Kopf schief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe Ramona beschützt“, entgegnete er. „Alles andere ist unwichtig.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vergiss es.“ Matt erhob ich mich, zog meinen Rucksack an und stützte mich zittrig auf meinen Gehstock. Das Kribbeln in meinen Augen hörte nicht auf. Frustriert rieb ich darüber. Farbflecke und blaue Linien durchzogen mein Sichtfeld. Es war zum Verrücktwerden. Da fiel mir etwas ein. „Wenn ich der weiße König bin“, sagte ich gedehnt, „wer ist dann der schwarze?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William lächelte. „Ich habe deine Erinnerungen durchsucht. Dein bester Einfall ist so gut wie meiner.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schnaubend wandte ich mich ab und ging. Wenn ich daran achte, dass ich ihn zu Anfang für meinen eigenen Vater gehalten hatte, wurde mir schlecht. Wie konnte man nur so tief sinken?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Daemonen flankierten mich auf meinem Rückweg durch die Gasse und über die Straßenkreuzung. Es waren weniger Monster unterwegs als gestern, aber das gelbe Netz aus Fußspuren ließ meine Augen brennen und kribbeln, während sie die Informationen aufnahmen. Die ganze Zeit über hielt ich Ausschau nach Ida, und musste mich schließlich einer Erkenntnis beugen, die ich bis dahin verdrängt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida könnte direkt vor mir stehen, und ich würde sie nicht erkennen. Mein Blick auf sie war nur flüchtig gewesen, aus einem schlechten Winkel. Ich wusste weder, wie groß sie inzwischen war, noch welche Form sie angenommen hatte, wie sie sich bewegte. Wenn ich die Gelegenheit gehabt hätte, sie genau anzusehen, vielleicht dann … aber nein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William hatte Recht. Es war aussichtslos, alleine nach ihr zu suchen. Ich würde mich im Ödland verlaufen, von Daemonen gefressen werden oder geradewegs an ihr vorbeilaufen. Meine einzige Möglichkeit war, den König ausfindig zu machen, ihn zur Rede zu stellen—und im Austausch gegen Ida zu tun, was immer er von mir verlangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nachdem diese Entscheidung gefällt war, schweiften meine Gedanken ab. Ich wachte erst wieder aus meinem Stupor auf, als eine eindeutig menschliche Stimme meinen Namen rief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„COON! COON! HIER!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hob den glasigen Blick und entdeckte Sam. Sie stand in eine Wolldecke gewickelt auf der Grenzmauer und wedelte mit beiden Armen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am Tor ließ ich mich von den Huntern dort einer Reihe Tests unterziehen, die überprüfen sollten, dass ich nicht von einem Daemon besessen war. Erst eine gute Stunde später entschieden die zwei Frauen, dass ich sauber war und ließen mich passieren. Draußen wartete bereits Sam, Arme in stürmischer Umarmung ausgebreitet. Henny wartete in ihrem Auto einige Meter entfernt am Straßenrand, Arme über dem Lenkrad verschränkt und lächelnd.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich lächelte nicht. Ich hob nicht mal meine Arme, als Sam mir um den Hals fiel. Sie hatte sich kaum gelöst, da verfinsterte sich ihr Blick. „Warte“, sagte sie und spähte an mir vorbei. „Wo ist Ida?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Weg.“ Der Schmerz übermannte mich fast, doch ich zwang die Tränen zurück, unterdrückte alle Gefühle. Ich hatte meinen Plan gefasst. Alles andere musste warten. Tränen halfen mir nicht weiter. Ich brauchte Taten. „Sie ist mutiert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unverständnis legte sich über Sams Gesicht wie eine weiße Maske. „Aber, das ist unmöglich! Du bist doch hier? Was kann sie so sehr schockiert haben, dass sie …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es war eine Falle“, sagte ich und ging an ihr vorbei zum Auto. Auf dem Rücksitz entdeckte ich Blue, der es vermied, mich anzusehen und die Arme verschränkt hatte. Ich sah ihn an, aber ich fühlte nichts mehr. Ich war leer. „Ich bin überrascht worden. Ein Dae hat mich gebissen, besessen und meinen Tod vorgetäuscht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida denkt, du wärst tot?“, fragte Henny.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Welcher Dae?“, fragte Sam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wer ist Ida?“, fragte Blue.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schnauze“, fauchte Sam sofort. Sie nahm meine Hände. „Coon, wir kriegen das wieder hin. Rock besorgt uns die Unterstützung aller Hunter-Organisationen. Wir stellen das gesamte Ödland auf den Kopf, wenn es sein muss.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es hat keinen Zweck, Sam“, fauchte ich. „Selbst wenn ihr mir suchen helft, sie ist jetzt ein Daemon. Ich würde sie nicht mal mehr erkennen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Shit!“ Sam schlug mit der Faust gegen die gelbe Karosserie von Hennys Wagen. „Shit, shit, shit!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorsichtig löste ich mich von ihr. „Ich habe einen Plan“, sagte ich, „aber ich muss dafür mit jemandem reden. Setzt ihr mich am Rathaus ab?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blues Augen funkelten sofort auf. „Brauchst du die Verkleidung?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich gehe als die hin, die ich bin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Dame mochte geschlagen sein. Aber ich war immer noch ein König.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Die blonde Frau am Empfang gähnte ausgiebig, während sie meinen Besucherausweis ausstellte, bevor sie stutzte, die Augen zusammenkniff und mich genauer unter die Lupe nahm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. … Ronald?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja“, stimmte ich zu. „Melden Sie mich bitte als Raccoon Thynlee beim Chief an. Er hat um meine Dienste gebeten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Augen der Frau weiteten sich. „Ms. Thynlee, natürlich! Ich habe tatsächlich … wo ist sie denn jetzt? Ach, hier. Ich habe Anweisung, Sie sofort durchzulassen, wenn Sie herkommen. Es muss wohl dringend sein. Geht es um einen Daemon?“ Die letzten Worte waren verschwörerisch geflüstert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mehr oder weniger“, stimmte ich zu, schnappte ihr den Besucherausweis aus den manikürten Fingern weg und stieg die Treppen hinauf in den fünften Stock.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das echoende Klopfen meiner Knöchel auf der Tür des Sekretärs war noch nicht verhallt, als die Tür bereits aufschwang und Robert Hill mich katzbuckelnd einließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. Thynlee“, begrüßte er mich eifrig. „Der Chief erwartet Sie bereits.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schob mich unwirsch an ihm vorbei, durchquerte den quadratischen Raum und stieß die Tür zum Büro von Keynes auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was willst du von mir, Daemon?“, knurrte ich, kaum dass ich über die Schwelle getreten war. „Wo ist Ida? Ich schwöre, wenn ich nicht sofort ein paar Antworten kriegen, dann —“ Ich unterbrach mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Raum war leer, der Schreibtisch verlassen. Im Kamin glühten noch ein paar Holzscheite nach. Hinter mir schloss sich die Tür. Ich fuhr herum, nur um den Sekretär zu entdecken, der mit hinter dem Rücken verschränkten Armen vor der verschlossenen Tür stand und mich mit einem herablassenden Lächeln bedachte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Robert Hill, der meine Verkleidung sofort durchschaut hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Robert Hill, der mich angerufen hatte, nachdem ich alleine war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Robert Hill, der dem Chief von allen Mitarbeitern am nähesten stand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du“, zischte ich und machte einen bedrohlichen Schritt auf ihn zu. „Du bist es.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich“, stimmte er zu. „Das Augenlicht meines lieben Chiefs ist nicht mehr das, was es einmal war. Ich lese ihm alle Dokumente vor, die er nicht mehr entziffern kann, und das sind so gut wie alle. Er verlässt sich vollkommen auf mich, und warum auch nicht? Robert Hill arbeitet schließlich schon seit vielen Jahren für ihn.“ Der Daemon zuckte die Achseln. „Ich habe ihn übernommen, als er noch ganz am Anfang seiner Karriere stand. Es war nicht leicht, ihn vollkommen einzustudieren, aber inzwischen spiele ich ihn besser als er sich selbst jemals hätte darstellen können. Und während der Zeit, die ich in seinem menschlichen Gehirn verbracht habe, ist mein eigener Charakter zu mir zurückgekommen. Als Daemon hatte ich meine Individualität verloren, aber sie ist zu mir zurückgekehrt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Unmöglich“, entgegnete ich sofort. Alle meine Nackenhaare hatten sich bei Roberts Worten aufgestellt. „Daemonen können nicht wieder ihr Bewusstsein erlangen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und warum nicht?“, fragte der Sekretär mit einem amüsierten Lächeln. „Weil es selten passiert? Weil es jahrelange Übernahme einer einzigen Person erfordert, und dies die Selbstkontrolle der meisten Daemonen übersteigt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mir drehte sich der Magen um. Robert, nein, der Daemon, hatte Recht. Hatte ich nicht erst vor kurzem die Gründer dafür angeprangert, sich zu sehr auf ihr mageres Wissen über Daemonen zu verlassen? Ihnen aufgezeigt, dass wir längst nicht alles wussten, was es über diese Kreaturen zu wissen gab?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber ich hatte jetzt keine Zeit, mit diesem Ding zu philosophieren. Ich hob die Arme, überkreuzte meine flachen Handflächen. „Gib mir einen guten Grund, weshalb ich dich nicht sofort exzidieren sollte“, sagte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Einen?“ Er breitete die Arme aus. „Ich habe viele. Dieser Körper hat vergessen, ohne mein Zutun seine lebenswichtigen Funktionen aufrecht zu erhalten. In dem Moment, da du mich von diesem Wirt trennst, stirbt er.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du tust so, als lebe er jetzt“, entgegnete ich. „Wenn es wahr ist, dass du ihn schon so lange kontrollierst, ist sein Leben nichts mehr wert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wenn dich das nicht überzeugt, dann vielleicht das Wohl der kleinen Rosie? Solltest du mich töten, was dir durchaus möglich ist, wird meine Kontrolle über den Daemon, der sie bewohnt, verblassen und wer weiß, wie es dem kleinen Mädchen dann ergeht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du Schwein“, flüsterte ich. „Verdammtes Arschloch.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Zu guter Letzt der wohl wichtigste Grund.“ Er fixierte mich aus wässrigen, hellblauen Augen. „Wenn du mich tötest, wirst du deinen Dae nie mehr wiedersehen. Und nicht nur das. Du wirst nie erfahren, wer du wirklich bist, Raccoon Thynlee. Oder sollte ich sagen, Nora Chase.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl mich Idas Schicksal schon die ganze Zeit davon abgehalten hatte, ihn anzugreifen, waren es seine letzten Worte, die mich die Hände sinken ließen. „Nora Chase?“, fragte ich. Chase war der Nachname meiner Eltern gewesen. „Ist das … wäre das mein Name gewesen? Nein, das kann nicht sein. Woher solltest du das wissen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das zerrte ein lautes Lachen aus ihm heraus. „Hast du immer noch nicht verstanden, Nora? Ich dachte, Rosies Daemon hätte mein Geheimnis bereits preisgegeben. Ich bin dein Vater.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bist du nicht“, flüsterte ich. Der Gedanke, dass dieses Monster der Daemon meines Vaters sein könnte, füllte mich mit Ekel. „Mein Vater ist tot. Er wäre niemals wie du geworden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh, sicher, dein biologischer Vater ist tot. Entschuldige, dachtest du, das wäre ich? Nein, nein. Ich hieß Elias, in meiner Zeit. Elias Grey. Brian war ein fürchterlicher Ehemann, wenn du mich fragst. Amanda hätte einen besseren finden können. Sie wollte immer Kinder, weißt du? Aber nicht Brian. Er hatte Großes mit seinem Leben vor, wollte sich nicht von einem nervigen Balg den Spaß verderben lassen. Sie waren ja beide noch so jung. Amanda fügte sich. Ich konnte sie nicht so leiden sehen. Sie war das perfekte Testobjekt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Testobjekt?“ Meine Stimme versagte. Was ging hier vor? Wovon redete Elias? Mein Vater hatte kein Kind gewollt? War ich ein … ein Unfall gewesen? Ungewollt, von Anfang an?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias faltete die Hände. „Setzen wir uns“, schlug er vor. „Das wird eine längere Geschichte und dein Bein zittert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schlug gegen meinen Oberschenkel, bis der Tremor nachließ. Meine Augen brannten. Wütend rieb ich darüber. Elias schien von blauen Linien umgeben zu sein, die ihn umschlangen und in alle Richtungen reichten, bevor sie verblassten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Siehst du etwas Interessantes?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nichts, was dich etwas angeht“, knurrte ich und machte einige Schritte zurück, bis ich mich gegen den Schreibtisch lehnen konnte, um mein Bein zu entlasten. „Und wir bleiben stehen. Sprich weiter.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eigentlich habe ich keine Obligation, dich einzuweihen“, sagte Elias, „aber ich gestehe, ich möchte mein Genie mit jemandem teilen, und warum nicht mit meiner Schöpfung. Warum nicht mit dir, Nora, Raccoon, wie auch immer du dich dieser Tage nennst. Denn für mich warst du stets nur Tochter.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Komm zur Sache.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich war derjenige, der deinen Vater besaß und ihn dazu brachte, gegen seinen Willen ein Kind mit seiner Frau zu zeugen. Ich war derjenige, der einige Monate noch der Empfängnis einen Daemon auf ihn ansetzte, um ihn zu entfernen.“ Elias kam langsam auf mich zu, bis er nur noch eine Armlänge von mir entfernt stand. „Ich bin derjenige, dem du deine Existenz verdankst, ich bin derjenige, der Amanda als Wirtin nutzte, um dich im embryonalen Zustand zu besitzen, wann immer sich die Gelegenheit bot. Und ich bin derjenige, dem du diese vielsehenden Augen verdankst. Hast du dich nie gefragt, weshalb du die einzige bist, die Daemonenspuren sehen kann? Kein anderes Baby in diesem Distrikt wurde vor seiner Geburt, während seiner Frühentwicklung von einem Daemon besessen. Hunter mit der Sicht mögen kurz besessen worden sein, vielleicht nur indirekt, indem die Mutter während ihrer Schwangerschaft für kurze Zeit als Wirt diente. Aber niemand sonst ist so geformt worden wie du. Es war mein Geschenk an dich, Daemonentochter.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du lügst“, sagte ich. Meine Stimme zitterte. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Was Robert mir erzählte … es war alles zu viel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich lüge nicht“, entgegnete der Daemon mit Vehemenz. „Du bist mein größtes Werk. Und dennoch bist du nicht das, was ich erhofft hatte. Aber vielleicht ändert sich das nun. Sag mir, was kannst du sehen?“ Er breitete erneut die Arme aus. „Siehst du die Treuebände zu all den Daemonen, die ich erschaffen habe, deren Instinkt sie zwingt, mir zu gehorchen, es mir erlaubt, auf geringe Entfernung Gedanken mit ihnen auszutauschen? Siehst du den schwarzen Schein um deinen Körper, der dir verrät, welchen Zustand deine Seele in diesem Moment hat? Siehst du vielleicht sogar das zerrissene Band, das dich und deinen Dae vor kurzem noch zusammengeschweißt hat? Nein? Schade. Aber das kommt noch, Tochter. Williams Biss ist stark. Schon bald wirst du die Welt durch die Augen eines Daemons sehen und dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis du der erste menschliche Daemon in der Geschichte meiner Spezies wirst. Mein Experiment wird sich auszahlen, all die Jahre der Arbeit, um dich in Kontakt mit deinen Brüdern und Schwestern zu bringen, deine Seele zu schwärzen, für diesen Moment.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias kam schweratmend zum Ende seines Vortrags. Mein Kopf war überflutet von den Offenbarungen, den Andeutungen, die er gemacht hatte. Ein Daemon hatte mich erschaffen. Meine besondere Sicht war kein genetischer Zufall, sondern geplant, ein Experiment, genau wie der Biss von William. Meine brennenden Augen stammten nicht von simpler Übermüdung, sondern von den neuen Fähigkeiten, die mein Körper langsam entdeckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und die schwarze Seele …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was meinst du damit, dass du mich in Kontakt mit meinen Brüdern und Schwestern gebracht hast?“, fragte ich tonlos. „Ich bin aus eigenen Stücken Hunter geworden, damit hattest du nichts zu tun.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ach nein?“ Elias lehnte sich vor, bis er mir direkt in die Augen sehen konnte. Das Licht musste Streiche mit mir spielen, denn in der Reflektion seiner Iris sah es so aus, als wären sie gelb. „Wer hat die Rotte auf das Haus deiner Ziehfamilie angesetzt? Wer hat den Daemonen den Befehl gegeben, seiner Tochter kein Haar zu krümmen? Ich war das. Ich allein.“ Mit der Zunge schnalzend wandte er sich ab. „Dass du danach Unterschlupf in einem Haus voller Hunter nahmst, konnte ich natürlich nicht vorhersehen. Und schließlich wurdest du stark genug, um dich selbst zu verteidigen. Das erschwerte es mir, mein Experiment fortzusetzen. Dass du vor fast einem Jahr den Distrikt verlassen hast, konnte ich endlich nutzen, um hier meinen finalen Plan ins Rollen zu bringen, ohne dass die Gefahr bestand, deine Sicht könnte gegen mich verwendet werden. Aber du kehrtest zu früh zurück.“ Er drehte sich zurück zu mir. Ich konnte ihn kaum ansehen. „Ich musste meinen Plan ein wenig ändern. Aber nun sind alle Spielfiguren dort, wo ich sie haben möchte. Du bist die weiße Königin, meine Tochter, und du wirst dich ergeben, bevor ich meinen letzten Zug gemacht habe.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum sollte ich?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Weil du ohne deinen Anker nicht leben kennst. Weil du alles tun wirst, um deine geliebte Ida zurückzugewinnen, und wenn du deinen gesamten Distrikt dafür opfern musst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mein ganzes Leben lang hast du mich also beobachtet und hergerichtet. Du hast meine Eltern getötet, meine Zieheltern, und nun hast du mir auch noch Ida genommen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich musste dich schwärzen, Tochter.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich holte tief Luft. „Noch eine Frage. Warst du es, der Ida damals getötet hat? War es einer deiner Daemonen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias zögerte. „Nein“, gestand er schließlich, als sei es eine große Schande. „Ihren Einfluss habe ich nicht vorhergesehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und Lorene?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nicht alle Daemonen der Welt stehen unter meinem Kommando, liebste Tochter. Werde nicht gleich paranoid.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Paranoid.“ Ich konnte nicht anders. Ich lachte. Ich lachte und lachte und konnte nicht aufhören. Es tat zu weh. Alles tat zu weh. „Fein“, flüsterte ich, als ich außer Atem war und meine Bauchmuskeln krampften. Wie Elias prophezeit hatte, konnte ich inzwischen einen schwachen, dunkeln Schimmer über meinen Händen wahrnehmen. „Du hast gewonnen. Sag mir, wie ich Ida zurückbekomme, und ich tue alles, was du von mir willst. Du willst, dass ich ein Daemon werde? Nichts leichter als das. Hetz mir eins deiner Kinder auf den Hals, es ist mir gleich. Nur lass mich zuerst zu ihr. Das ist alles, was ich will.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich will dich nicht verwandeln“, sagte Elias tadelnd. „Ich will so viel mehr als das. Williams Tochter ist in diesem Moment auf dem Weg hierher. Mit der Masse einer Daemonenkönigin werde ich endlich zu alter Stärke zurückkehren. Und du wirst mir helfen, sie und die anderen Daemonen, die ihr folgen, in den Distrikt zu bringen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stolperte die letzten Treppenstufen des Rathauses hinunter. Wolle füllte mein Gehirn, betäubte die düsteren Gedanken, die unermüdlich Kreise zogen. Ein Schwarm Raubvögel, dem ich nicht entkommen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Empfangsdame sagte etwas, aber ihre Worte drangen nicht zu mir hindurch. Ich schleppte mich über die Fliesen, stützte mich auf meinem Gehstock ab, versuchte, nicht zu sehr zu schwanken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias hatte mir ein Ultimatum gestellt. Ich hatte zwei Tage, bis Ramona, William und eine Armee aus Daemonen, die ihr folgte, die Grenzmauer erreichten. Zwei Tage, um mir einen Plan zurechtzulegen, wie ich ihnen den Distrikt auf dem Silbertablett servieren und Ida ein letztes Mal sehen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das grelle Sonnenlicht auf dem Parkplatz war ungewohnt und schmerzte in meinen empfindlichen Augen. Es war, wie Elias gesagt hatte. Die Passanten auf der anderen Straßenseite leuchteten in diversen Grautönen, die mir genau sagten, wer von ihnen vermutlich zu einem Daemon werden und wer als Dae zerfallen würde. Die blauen Linien, die von dem Sekretär ausgegangen waren, füllten die Luft, breiteten sich in alle Richtungen aus wie ein gewaltiges Spinnennetz, das den gesamten Distrikt überspannte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neongelbe Fußspuren, die ich zuvor nur schwach wahrgenommen hatte, wenn sie älter waren, stachen nun deutlich gegen den Asphalt hervor und gaben noch ein anderes Signal ab, eine Art Geruch, der sich bei einigen der Spuren unterschied. Konnte ich wirklich erkennen, wie viele verschiedene Daemonen diesen Weg genommen hatten?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fuhr mit einem schwarz umrandeten Finger über den Rand einer der Spuren. Meine Fingerspitze kribbelte unangenehm bei der Berührung. Vorsichtig sah ich an mir herunter. Das transparente, dunkelgraue Überbleibsel meiner Bindung zu Ida hing einen guten halben Meter aus meinem Brustbein heraus und ähnelte nichts so sehr wie einer verfaulten Nabelschnur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich mich wieder erhob, entdeckte ich am anderen Ende des Parkplatzes Blue. Er stand an seinen blauen Jeep gelehnt und beobachtete mich aus der Ferne. Sam musste ihn an seinem Shop abgesetzt haben und er war zurückgekehrt, während ich mit Elias gesprochen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erschöpft und emotionslos ging ich in seine Richtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Soll ich dich zu Rock fahren?“, fragte er leise. „Samantha und Henrietta warten dort auf dich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie du willst“, sagte ich und stieg auf der Beifahrerseite ein. Er ließ sich auf dem anderen Sitz nieder, machte aber keine Anstalten, loszufahren, schloss nur die Tür hinter sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam hat mir erklärt, wer Ida ist“, sagte er. „Wie viel sie dir bedeutet hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie viel sie mir bedeutet“, korrigierte ich. Warum musste er über Ida reden? Warum konnte er nicht still sein und einfach fahren? Sah er nicht, dass es mich meine gesamte Kraft kostete, nicht gleich hier und jetzt zu zerbrechen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es tut mir leid.“ Er sah zu mir. Ich zwang mich, seinen Blick zu erwidern. Seine Augen waren so blau, genau wie früher. „Möchtest du darüber reden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Heiser lachte ich. „Nicht mit dir, Blue. Von allen Menschen mit dir am wenigsten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vergiss Blue.“ Sein ganzer Körper drehte sich zu mir. „Als du ihn nicht gerettet hast, dachte er, dass er dir am Arsch vorbeigeht, aber er war nicht schlau genug, einfach zu fragen. Er wusste nicht, wie sehr du darunter gelitten hast, dass er vermeintlich tot war. Er war ein selbstsüchtiges Arschloch. Sunny ist immer noch hier, okay? Und es tut ihm unendlich leid, dass er solange weg war.“ Seine Augen verengten sich und er zwang ein breites Lächeln auf seine Lippen. „Hey, Coon. Bitte lass mich dir helfen. Du siehst aus, als wärst du kurz davor, etwas sehr, sehr dummes zu tun und ich will nicht, dass du so endest wie ich damals. Du bist in einem dunklen Ort, aber du kannst dort wieder rauskommen. Und wenn du es alleine nicht schaffst, dann finde ich dich und zerre dich dort weg, genau wie du es für mich getan hast. Ich verspreche es.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich zerbrach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich konnte es nicht anders bezeichnen. Einen Moment zuvor war ich noch aus Stahl gewesen, gefühlslos und kalt und nur gefüllt mit dem Gedanken daran, wie ich mich am besten umbringen würde, sollte Ida nicht mehr zu retten sein. Und im nächsten lag ich laut schluchzend in Sunnys Armen und schrie mir die Verzweiflung und Hilflosigkeit von der Seele.[/JUSTIFY]

 

Kapitel 7

[JUSTIFY]Wir erreichten Rocks Bar eine halbe Stunde später. Meine Augen brannten von dem vielen Weinen und mein Kopf schmerzte, aber es ging mir etwas besser. Ich musste noch immer gegen den Schmerz ihrer Abwesenheit ankämpfen, erwischte mich dabei, nach ihrer kleinen, weißen Gestalt Ausschau zu halten. Aber ich hatte wieder ein Ziel vor Augen. Die graue Leere in meinem Inneren war eiserner Entschlossenheit gewichen. Egal was passierte, egal wer sich mir in den Weg stellte, ich würde Ida finden, und sei es nur, um Abschied zu nehmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im Inneren der Bar war es warm. Mary war nirgends zu sehen, dafür stand Rock hinter dem Tresen und wischte einige Gläser, kam jedoch sofort auf mich zu, als er uns bemerkte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon!“ Er nahm mich in seine breiten Gorillaarme und drückte mich fest, Kinn auf mein Haar gepresst. „Es tut mir so unendlich leid, was mit Ida geschehen ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein massiger Körper gab mir ein geerdetes Gefühl, wie nur er es konnte. Ich löste mich sanft von ihm. „Zuerst musst du Kady informieren. Der Daemon, den wir suchen, ist nicht der Chief, sondern sein Sekretär. Er hat alles von langer Hand geplant, wir dürfen ihn unter keinen Umständen unterschätzen. Er will—“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stockte. Robert hatte seine Bedingungen für Idas Wohlbefinden klar gemacht. Wenn ich meinen Freunden sagte, was er vorhatte, wenn ich seinen Plan durchkreuzte, wusste ich nicht, ob ich Ida je wiedersehen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber genauso wenig konnte ich einen ganzen Distrikt ins Verderben stürzen, um sie zu retten. Ich musste einen anderen Weg finden, Ida ausfindig zu machen. Alles andere würde sie mir niemals verzeihen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon?“ Rock beäugte mich besorgt. „Alles okay? Was wolltest du eben sagen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Herz brach, aber ich zwang mich, weiterzusprechen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„In zwei Tagen findet eine Daemoneninvasion statt. Ich soll ihre Armee hineinschleusen, wenn ich Ida wiedersehen will.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das wirst du doch nicht tun!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein.“ Ich atmete tief durch. Vergib mir, Ida. „Aber das heißt nicht, dass er es nicht doch schafft, jemand anderen dazu zu bringen. Er will mich, aber ich bin nicht seine einzige Marionette. Setzen wir uns. Und ruf Kady an!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bin schon dabei.“ Er verschwand um die Ecke, bereits fieberhaft in sein Handy tippend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich ließ mich mit Sunny an dem Tisch nieder. In dem Moment tauchten Sam und Henny aus einem der Hinterzimmer auf. Als Sam mich sah, fiel sie mir in die Arme und drückte mich so fest sie konnte. Über ihre wallende Lockenmähne hinweg konnte ich Hennys mitfühlendes Gesicht sehen. Wir nickten einander kurz zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie geht es dir?“, fragte Sam und nahm mich bei den Schultern. Sie untersuchte mein tränenverschmiertes Gesicht und biss sich auf die Lippen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schnaubte. „Beschissen. Aber ich habe keine andere Wahl, als jetzt durchzuhalten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör zu … ich muss die ganze Zeit daran denken, wie ich dich in Distrikt 15 einfach zurückgelassen hatte. Wäre ich dageblieben, hätte sich Ida nicht von dir trennen müssen, dann wäre all das nicht passiert.“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Ich fühle mich so scheußlich, Coon!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] Ich rang mir ein Lächeln ab und umarmte sie erneut. „Wenn du mitgekommen wärst, hätten die Daemonen dich umgebracht. Wir hatten nie eine andere Chance, als uns zu trennen. Ich halte dir nichts vor, also fühl dich nicht schuldig, okay?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam schniefte, nickte aber und trat zurück. Sie wischte die Tränen weg. „Tut mir leid. Ich sollte diejenige sein, die dich tröstet, nicht andersherum.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist schon in Ordnung. Wie geht es Mary?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kurz nachdem wir dich am Rathaus abgesetzt hatten, hat Rock angerufen“, erklärte Sam mit gedämpfter Stimme, um Rock bei seinem Telefonat nicht zu stören. „Sie und Rosie sind immer noch besessen, aber immerhin hat der Daemon vorerst aufgehört, sie zu kontrollieren. Wir hoffen, dass er sie irgendwann von alleine verlässt, aber viel können wir nicht tun.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mary schläft oben“, fuhr Henny fort. „Sie ist völlig erschöpft.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kann ich ihr nicht verübeln“, gestand ich und rieb mir die Augen. Der pulsierende Schmerz in meiner Bisswunde war abgeflaut, aber das dumpfe Gefühl fraß sich weiterhin durch meine Schulter und meinen Hals hinauf in meinen Hinterkopf. Obwohl William mich zum Schlafen gezwungen hatte, fühlte ich mich, als wäre ich seit dreißig Stunden auf den Beinen. Ich schielte zu Rock hinüber, der gerade aufgelegt hatte, und sich nun den Hinterkopf rieb, während er sich an unseren Tisch gesellte. „Es gibt da etwas, dass ich euch erzählen muss.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Grob fasste ich mein Gespräch mit Elias zusammen. Abschließend deutete ich auf meine Augen. „Fällt jemandem etwas auf?“, fragte ich. Sam blinzelte und lehnte sich vor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie sehen komisch aus“, gestand sie. „Ein bisschen grün.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich glaube, dass sie allmählich gelb werden“, sagte ich und schob meinen Pulli und Schal beiseite, damit meine Freunde die Bisswunde sehen konnten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Noch einen Daemonenbiss?“, fragte Rock sofort, doch Henny unterbrach ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„So nah am Herzen hätte sie einen Biss nicht überlebt. Das ist also der Biss von dem Dae, der dich hereingelegt hat?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte. „Elias sagte, dass sich meine Sicht jetzt weiter der eines Daemons annähern wird. Ich kann schon eine Menge sehen, das mir vorher nie möglich war.“ Wenn ich mich konzentrierte, konnte ich die Seelenfarbe von jedem meiner Freunde erkennen. Hennys war ein milchiges Weiß, während Sam ein hellgrauer Schimmer umspannte. Rocks war düster wie angelaufenes Silber. Sunnys Farbe war von schwarz, als er auf dem Parkplatz auf mich gewartet hatte, zu einem mausgrau geworden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was soll das heißen?“, fragte Sam. „Dass du jetzt zum Teil ein Daemon bist oder was?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Anscheinend sind das alle mit natürlicher Sicht“, erklärte ich. „Du auch. Ich nur ein bisschen mehr.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Lass mich zusammenfassen“, sagte Rock. „William ist ein sehr mächtiger, inzwischen wahnsinniger Dae, der Dinge anfassen kann und seine Tochter beschützen will, eine übermächtige Daemonenkönigin, die mit einem Gefolge aus ebenfalls gefährlichen Daemonen in zwei Tagen versuchen wird, Distrikt 16 in ein neues Gebiet des Ödlands zu verwandeln. Und du sollst das ermöglichen, um Ida wiederzusehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„In Ordnung.“ Er runzelte die Stirn und stand auf. „Sam, Henrietta, Sunny, ihr fahrt am besten nach Hause. Ich melde mich morgen wegen des weiteren Vorgehens bei euch. Coon, du siehst halbtot aus. Leg dich hin und schlaf. Ich kümmere mich um Kady und Charles, wenn sie eintreffen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Danke“, sagte ich und stand auf wackligen Beinen vom Tisch auf. „Gute Nacht, Leute. Und Sunny?“ Er sah überrascht zu mir auf, einen Arm bereits in der Winterjacke steckend. „Danke, dass du zurückgekommen bist. Und für das, was du mir im Auto gesagt hast. Das war genau das, was ich hören musste.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lächelte. Und endlich, endlich, war es Sunnys Lächeln.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Mein alter Freund Schlaf fand mich leicht, auch ohne Schlaftabletten. Die Veränderungen, die Williams Biss in meinem Körper verursacht hatte, mussten ihre Folgen mit sich gezogen haben. Aber das hieß nicht, dass ich gut schlief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Albträume plagten mich. Ida, wie sie alleine und verloren durch das Ödland wandelte und nach mir rief. Ida, wie sie Isaacs Platz einnahm und Tom den Arm abriss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida, wie sie mich dafür verurteilte, dass ich sie aufgegeben hatte, dass sie mir das Opfer nicht wert war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich erwachte schweißgebadet, mit Tränen in den Augen und zu dem Anblick der verrotteten Nabelschnur, die dick und wulstig auf meiner Brust lag und sich nicht rührte, selbst als ich angewidert mit der Hand darüberfuhr, um sie wegzuschieben. Ida war mutiert. Ihre Verbindung zu mir war gebrochen. Weshalb war unser totes Band noch da?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Gliedmaßen fühlten sich geschwollen und schwer an. Ich wollte nicht aufstehen. Aber wenn die Dunkelheit in meiner Wohnung irgendein Anhaltspunkt war, hatte ich den ganzen Tag verschlafen. Durch mein Dachlukenfenster konnte ich einige versprengte Sterne ausmachen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Immer noch müde setzte ich mich auf, schlug die Bettdecke zur Seite und massierte mein rechtes Bein. Die dünne, dunkle Linie, das Überbleibsel von meinem Daemonenbiss in Distrikt 18, war in den letzten Monaten langsam verblasst. Meine nackten Füße trafen auf die kalten Dielen. Ich stand auf, streckte mich und zog mich an. Auf der Anrichte in meiner Küche fand ich ein Tablett mit Kürbissuppe zum Aufwärmen und einen Zettel von Rock, in dem er mir sagte, dass mit Kady und Charles alles besprochen war. Ich musste mich um nichts mehr kümmern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schnaubend schob ich die Suppe in die Mikrowelle. Was glaubte er, dass ich jetzt einfach alles den anderen Gründern überließ? Ich wollte Rache.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rache für das Leben, das Elias mir zu Hölle gemacht hatte, für die Menschen, die er mir genommen hatte. Für meine treueste Gefährtin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nie im Leben würde ich mich jetzt unter der Decke verkriechen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit vollem Magen schnappte ich meinen Mantel, zog meine Schuhe an und ging zur Tür, um herauszufinden, ob Rock noch wach war und mir von seiner Unterhaltung mit Kady und den gemachten Plänen berichten konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Tür klemmte. Ich runzelte die Stirn, drückte die Klinge noch einmal hinunter, diesmal mit meinem ganzen Gewicht. Sie öffnete sich nicht. „So eine Scheiße“, murmelte ich und suchte in den Tiefen meiner Taschen nach meinem Hausschlüssel. War sie ins Schloss gefallen, als Rock mir die Suppe gebracht hatte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fand mein Handy, eine angebrochene Packung Kaugummi und ein wenig Münzgeld. Keinen Schlüsselbund. Verwirrt durchsuchte ich als nächstes meine Hosentaschen, meinen Rucksack, die Schubladen in meiner Kommode und meinem Nachttisch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nichts.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine dunkle Vorahnung beschlich mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit der Faust klopfte ich von innen gegen meine Tür. „Rock? Rock, bist du noch wach?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich horchte angestrengt. Keine Antwort. „Das kann jetzt echt nicht wahr sein“, murmelte ich und schlug heftiger gegen das Holz. „ROCK!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Einige Sekunden vergingen, bis ich endlich Schritte auf der quietschenden Treppe vernehmen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was zur Hölle ist hier los?“, fragte ich wütend. „Warum bin ich in meiner Wohnung eingesperrt? Wo sind meine verdammten Schlüssel?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Draußen klimperte es. „Ich habe sie. Tut mir leid, Coon.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fuck, Rock, was soll das?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wünschte, es wäre nicht notwendig. Aber ich weiß, wie viel Ida dir bedeutet. Du sagst zwar, dass du Elias‘ Forderungen nicht nachkommen wirst, aber ich kann mich dieses Mal nicht auf dein Wort verlassen. Ich weiß nicht, zu was du fähig wärst, um Ida zu retten, und wir können nicht riskieren, es herauszufinden. Kady und Charles stimmen mir zu.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist nicht dein Ernst“, flüsterte ich, jedoch laut genug, dass ich sicher war, dass Rock mich hören konnte. „Hältst du mich für ein Monster? Vertraust du mir überhaupt nicht mehr?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich vertraue dir Coon, wirklich. Aber nicht genug, um das Leben tausender Menschen zu riskieren. Wir haben alles unter Kontrolle. Sieh das hier als den Urlaub, den du schon so lange willst. Lies deine Krimis, nimm ein ausgiebiges Bad. In zwei Tagen ist alles vorbei und wir lassen dich wieder raus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fick dich, Rock!“, schrie ich ihm hinterher, als er die Treppen hinunterstieg. „Wie würdest du dich fühlen, wenn es Rosie oder Mary dort draußen im Ödland wäre? Würdest du auch gerne Urlaub machen, während andere sich um das Problem kümmern?!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Quietschen verstummte. Zuerst glaubte ich, er wäre schon fort. Frustriert ließ ich die Stirn gegen das Holz fallen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Glaub mir, ich habe mir genau diese Situation vorgestellt“, erklang Rocks gedämpfte Stimme. „Es ist keine Schande, jemanden zu lieben, Coon. Aber wir dürfen die Liebe nicht zerstörerisch werden lassen. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft hätte, mich den Forderungen zu widersetzen, wenn es um meine eigene Familie ging. Und deshalb bin ich nicht sicher, ob du es kannst. Mary bringt dir morgen Frühstück.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock verschwand die Treppen hinunter. Einen Moment stand ich reglos da, dann riss ich brüllend die gesamte Dekoration meines Wandschranks zu Boden. Das gerahmte Bild von Rock, Mary und mir versprang auf dem Fußboden, ein Packen Briefe und Notizzettel verteilte sich im Raum. Als nächstes nahm ich mir die Küche vor. Teller zerschellten, mein Wasserkrug zersprang in tausend Scherben, Wasser platschte über meine Boots. Mit einem erstickten Geräusch sank ich inmitten der Verwüstung an der Wand hinunter und krallte die Finger in mein Haar. Ich zog, bis der Schmerz mich zurückholte und mir erlaubte, wieder klar zu denken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hatte Rock Recht? War ich ein zu großes Risiko? Wenn es hart auf hart kam, würde ich meinen Entschluss ändern und den Distrikt doch opfern? Plötzlich wusste ich selbst nicht mehr, was ich wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Konnte ich mir wirklich selbst vertrauen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich presste die Lippen zusammen. Vielleicht nicht. Aber ich würde einen Teufel tun und in meinem Zimmer verrotten, während Elias noch frei herumlief. Er musste damit gerechnet haben, dass ich Rock von seiner Identität erzählen würde und war wahrscheinlich inzwischen untergetaucht. Nie im Leben würde ihn jetzt noch jemand ausfindig machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fiel zu dem Dachlukenfenster.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Niemand außer mir.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Wie in berühmten Filmen mithilfe einiger zusammengebundener Laken aus meiner Wohnung zu klettern, hatte ich mir wesentlich einfacher vorgestellt. Das erste Problem war, ein geeignetes Objekt zu finden, an dem ich mein improvisiertes Seil befestigen konnte. Letztlich hatte ich mich für den Wasserhahn an der gegenüberliegenden Wand entschieden, der mir von allen Optionen noch am stabilsten vorkam. Trotzdem reichte das Laken nicht die ganze Hausfassade hinab und das Dachlukenfenster schien seit meinem gefassten Entschluss um die Hälfte geschrumpft zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich zwängte mich hindurch, erst mit einem Bein, dann mit dem Oberkörper und zuletzt mit dem anderen Bein, Hände um das Laken geklammert. Mit den Füßen stieß ich mich von den Ziegelsteinen ab, während ich ganz langsam hinunterkletterte. Als ich zwei Meter über dem Boden war, holte ich tief Luft und ließ los.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Aufprall durchfuhr meinen ganzen Körper wie ein betäubender Blitz und ich humpelte für einige Sekunden auf und ab, bis der Schmerz nachließ. Mein rechtes Bein zog sich in einem beginnenden Krampf zusammen und ich massierte und dehnte meine Wade, bis ich wieder darauf stehen konnte. Außer meinem Gehstock, den ich vor meiner Kletterpartie hinuntergeworfen hatte, nahm ich nichts mit. Wildentschlossen kam ich hinter den großen Müllcontainern hervor, die etwas abseits an der Hausfassade standen und machte mich auf den Weg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ungeachtet der späten Uhrzeit wählte ich Sams Nummer. Schlaftrunken nahm sie nach dem fünften Klingeln ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hi, Coon“ Sie klang erschöpft und ein wenig betrunken. „Warum rufst du an? Es ist mitten in der Nacht, Henny schläft schon.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hat Rock dir etwas von seinem Gespräch gesagt?“, fragte ich, ohne Zeit zu verlieren, den Blick in den Himmel gerichtet. Außer den Sternen und vereinzelten Wolkenstreifen konnte ich noch nichts erkennen, aber hier standen die Häuser ohnehin zu dicht. Ich brauchte mehr Platz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er hat nur kurz durchgeklingelt, dass wir morgen den Distrikt durchkämmen und überall Patrouillen stationieren. Warum?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was hat er über mich gesagt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nichts, warum? Du kommst vermutlich mit. Hast du nicht mit ihm gesprochen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Doch. Nachdem er mich in meiner Wohnung eingesperrt hat. War sehr informativ.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam sog hörbar die Luft ein. „Das ist nicht sein Ernst, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Habe ich auch gesagt.“ Ich fuhr mir durch die Haare, sah mich um, nahm eine Straßenkreuzung, von der ich wusste, dass sie in weniger besiedeltes Gebiet führte. Mein Blick huschte über den Himmel. „Er will verhindern, dass ich Elias' Forderungen nachkomme, um Ida zu finden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein kurzes Zögern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und willst du?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Natürlich nicht! Ich —“ Ich verstummte, setzte neu an. „Ich wollte. Als ich zu ihm gegangen bin, als ich noch dachte, dass der Chief der Daemon ist, war ich entschlossen, alles zu tun, um Ida zurückzuholen. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass er den gesamten Distrikt als Geisel nehmen würde. Ida würde mir niemals verzeihen, in ihrem Namen tausende Menschen zu gefährden, und ich mir auch nicht. Aber ich bin derzeit die Einzige, die Elias finden kann, und ich sterbe lieber, als dass dieser Psychopath mir durch die Lappen geht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du wirst ja richtig rachsüchtig auf deine alten Tage“, sagte Sam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Verlass dich drauf“, murmelte ich und sah wieder in den Nachthimmel, der durch die Beleuchtung der Stadt einen rötlichen Grauton angenommen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein blauer Faden, kaum gegen die Dunkelheit zu erkennen, der sich über einige mehrstöckige Häuser hinwegspannte. Ich lief weiter, der Aufprall meines Gehstocks auf dem Pflaster ein lautes Klonk Klonk in der Nacht. Einige Autos mit grellen Scheinwerfern fuhren mir entgegen, Windböen fraßen sich in meine Wangen. Ich hatte meinen Schal vergessen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam“, fuhr ich fort, als sie schwieg, „ich werde Elias finden. Und ich werde Ida finden, egal wie, aber ich werde sie finden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Brauchst du Hilfe?“, fragte sie. „Soll ich dich irgendwo abholen? Wir können das Arschloch zusammen jagen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Erst muss ich ihn ausfindig machen“, entgegnete ich. „Nein, du musst mir Rückendeckung geben. Ruf bei Rock an, sag ihm, ich habe mich bei dir über ihn ausgekotzt und dass ich niemanden sehen will. Mach ihn zur Schnecke, damit er keinen Verdacht schöpft. Das sollte mir ein paar zusätzliche Stunden verschaffen. Ansonsten mach ganz normal deine Patrouillen. Wenn ich einen Chauffeur brauche, schnappe ich mir Sunny.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Okay. Aber sei vorsichtig, Coon. Dieser Daemon ist gewieft. Ich will nicht, dass dir etwas passiert. Ida zu verlieren ist eine Sache, aber wenn du auch noch verschwindest oder … oder stirbst, dann gehe ich kaputt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich passe auf. Versprochen. Du hast noch viele Jahre meines Dramas vor dir.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gut. Sonst kann nämlich niemand meine Trautzeugin sein. Aber genug jetzt. Hast du nicht einen Daemon zu überführen? Na los, auf in den Kampf!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Geht klar, Boss.“ Wir legten auf. Meine Hand, die das Handy hielt, war vom eiskalten Wind steifgefroren. Mit neuem Elan stapfte ich los, der blauen Lichtlinie folgend. Bislang war es nur eine. Aber ich hatte das Netzwerk gesehen, das von ihm ausging. Wenn ich genug Linien fand, würde er sich in ihrem Zentrum befinden. Und dann konnte ihn nichts mehr vor mir retten.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Der Morgen graute bereits, als ich mir sicher war, dass ich Elias' Aufenthaltsort kannte. Stundenlang hatte ich mich durch die Kälte geschlagen, einen heftigen Regenschauer unter dem Blechdach einer Bushaltestelle ausgesessen, um mir nicht den Tod zu holen, und fast die gesamte Stadt durchquert. Elias war ganz nah an der Grenze zum Ödland. Vielleicht ahnte er, dass ich mich nicht beugen würde, vielleicht hatte sich sein Plan geändert. Was auch immer sein Grund war, ich würde dafür sorgen, dass er nicht zum Zug kam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwar hatte ich Sam gesagt, dass ich Sunny anrufen würde, aber ich wollte ihn nicht erneut in Gefahr bringen. Meine eigenen Überlebenschancen bei einer Konfrontation schätzte ich sehr viel höher ein; und sei es nur, weil ich ein wertvolles Testobjekt war, das Elias nicht verlieren wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Außerdem war ich inzwischen schon am Rand der Stadt angekommen. Der Berufsverkehr hatte begonnen und das Hupen frustrierter Autofahrer und das Brummen von Motoren füllte die klare Morgenluft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die blauen Lichtstränge versanken in einer alten Lagerhalle, die mit Maschendrahtzaun abgegrenzt war und völlig verlassen aussah. Gelbe Fußspuren unterschiedlicher Daemonen führten durch ein vergittertes Tor über den leerstehenden Platz zu dem Haupteingang. Ich kannte dieses Ort. Rocks Trainingshalle für Hunterazubis war nur wenige Minuten mit dem Auto entfernt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unschlüssig blieb ich vor dem drei Meter hohen Zaun stehen. Ich wollte nichts lieber als hineingehen, Elias exzidieren und sofort danach ins Ödland ziehen und nicht eher zurückkehren, bis ich Ida wiedergesehen hatte. Eine verräterische Hoffnung legte sich um mein Herz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war stark. Vielleicht würde mein Anblick reichen, um sie zurückzuholen? Vielleicht war unser Band nicht wirklich zerstört …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fiel hinab auf das graue Überbleibsel, das aus meinem Brustbein hing. Aschgrau, verdorben, zerrissen. In den letzten Stunden war es merklich verblasst und geschrumpft. Bald würde es sich auflösen, meine letzte Verbindung zu Ida für immer zerstören.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber noch war es vorhanden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich blinzelte. Was wenn … Was wenn …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Hoffnung zog sich fester, ließ mich bluten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was wenn Ida in ihrer Daemonenform das gleiche Reststück unserer Bindung mit sich trug? Würde ich sie daran erkennen können?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sofort hatte ich mein Handy in der Hand. Elias konnte warten. Ich musste Ida finden, sofort, bevor sie das einzige Erkennungsmerkmal verlor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Finger tippten eine SMS.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Empfänger: Rock Jordans[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nachricht: Elias ist im Industriegebiet, Pine Road 67, nahe Westtor. Bring Verstärkung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte gerade genug Zeit, auf Senden zu drücken, bevor ich das Knirschen von losem Splitt unter schweren Schuhsohlen vernahm. Ich drehte mich um.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Metallrohr raste auf mich zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich riss die Arme hoch, versuchte auszuweichen—vergebens. Das Rohr schlug gegen die Seite meines Kopfes. Der Schmerz war so überwältigend, dass ich stöhnend zu Boden ging. Mir wurde schummrig vor Augen, meine Ohren rangen. Bevor ich begriff, was geschah, griffen Hände nach mir, packten mein Gesicht und hielten mich mit unnatürlicher Kraft fest. Immer noch benebelt versuchte ich, die Person zu erkennen. Es war eine Frau, mit kurzgeschnittenem, violett gefärbtem Haar und einer großen Hornbrille. Ein gelbes Leuchten ging von ihrem ganzen Körper aus und überlagerte sich mit dem hellen Grau, das den Rest von ihr dominierte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich trat nach ihr, aber meine Beine gehorchten mir nicht und trafen ins Leere. Die Augen der Frau leuchteten gelb, ihr Blick bohrte sich in meinen. Sie holte erneut mit der Metallstange aus, presste die Waffe gegen meine Kehle und drückte mich damit in den Schotter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach Luft schnappend schlug ich nach ihr, versuchte, mich zu befreien, aber der erste Schlag gegen meinen Kopf hatte mich komplett außer Gefecht gesetzt. Meine Lunge brannte, ich bekam keine Luft mehr. Verzweifelt riss ich den Mund auf und einzuatmen, doch in dem Moment beugte sich die Frau hinab—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]—und küsste mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war kein richtiger Kuss. Unsere Münder prallten aufeinander, ihre Zunge bohrte sich zwischen meine Lippen, bevor ich auch nur daran denken konnte, die Zähne zusammenzubeißen. Rauch und Fäulnis füllten mich, flossen in meinen Körper, und wie zuvor mit William durchfuhr der Daemon mich wie eine Woge aus Dunkelheit, die mir die Kontrolle über meinen Körper entriss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie war nicht so vollkommen wie seine es gewesen war. Der beschleunigte Herzschlag, das Adrenalin, die Panik in meiner Brust waren alles meine Reaktionen. Aber als ich versuchte aufzustehen, gehorchten mir meine Gliedmaßen nicht. Als ich die Augen schließen wollte, blieben sie stur geöffnet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was für ein Idiot ich war, was für ein absoluter Anfänger. Hatte die Erfahrung mit William nicht gereicht? Ich hätte besser aufpassen müssen, die Umgebung sondieren. All die neuen Eindrücke, die blauen Linien am Himmel, und mir war nicht aufgefallen, dass ein Daemon direkt hinter mir war. Natürlich würden nicht nur freilaufende Daemonen unter Elias' Kommando stehen, sondern auch solche, die bereits Menschen übernommen hatten, die versteckt auf seine Anweisungen warteten. Er hatte Wachen postiert, und ich war genau in seine Falle getappt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon in meinem Kopf fühlte sich stark an. Er grub sich durch meine Erinnerungen, mein Sprachmuster, durchsuchte jeden Winkel meines Seins nach Geheimnissen. Die Zeit dehnte sich ins endlose. Als er mit mir fertig war, fühlte ich mich nackt, zerfleddert, verletzlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon Thynlee“, sagte er mit meiner Stimme. Ich spürte meine Zunge, meine Lippen, die die Laute formten, den Atem, der durch meine Lungen strömte. „Lass uns spielen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf mich gegen seine Fesseln, die mich in den hintersten Teil meines Bewusstseins verbannten, aber ich hätte genauso gut versuchen können, eine Betonwand mit bloßen Hände aufzureißen. Er war nicht so stark wie William, oder so gut kontrolliert, aber es war erst das zweite Mal, dass mich ein Daemon gegen meinen Willen besaß und ich schaffte es nicht, ihn loszuwerden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwei Gedanken dominierten das Chaos in meinem Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass ich Ida nicht mehr rechtzeitig finden würde, und dass Rock Recht damit gehabt hatte, mich einzusperren. Blind vor Rache hatte ich genau das getan, was Elias wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ohne weitere Erklärung erhob er sich, erhob ich mich mit ihm, und ging Richtung Westtor, während ich in meinem Gefängnis weiterhin gegen seinen Griff ankämpfte. Es musste sich um einen der intelligenteren Daemonen handeln, die Elias beherrschte, wenn er in vollständigen Sätzen sprechen und mich imitieren sollte. Ich hatte eine üble Vorahnung, was er tun würde, und das konnte ich nicht zulassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Eingang zum Wachturm war verschlossen. Aus den Augenwinkeln konnte ich doppelte Patrouillen auf der Grenzmauer entdecken, ein Hunter pro fünfzig Meter Abschnitt. Auch wenn Distrikt 16 nur an einer Seite mit dem Ödland in Kontakt kam, war die Mauer einige Kilometer lang. Charles und Kady mussten alle verfügbaren Kräfte mobilisiert haben, um so viele Grenzhunter wie möglich aufzustellen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit meiner Hand klopfte der Daemon an die Tür. Von innen erklang das Schaben eines Stuhls über Stein. „Wer ist da?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Raccoon Thynlee“, sagte der Daemon mit meiner Stimme und wartete geduldig, bis der Mann öffnete. Es war derselbe wie an dem Tag, als Sam und ich losgegangen waren, um die Nachricht zu überbringen. Sein zerzaustes, blondes Haar erinnerte mich an Andrew, der nach unserer Rückkehr zu Paiges Organisation gewechselt war. Mein Daemon sprach weiter. „Ich bin wegen der Invasion hier. Überwachung der Grenzmauer.“ Ich tippte mir gegen meinen Willen gegen die Schläfe. „Ich bin die Einzige, die erkennen kann, ob einer der Hunter hier besessen ist. Kady sollte mich angemeldet haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der junge Hunter sah sichtlich verwirrt aus. Er kannte mich, wusste, dass ich erst vor kurzem wegen einer wichtigen Mission ins Ödland gegangen war. Aber natürlich hatte er nichts von diesen neuen Befehlen gehört. Wieder warf ich mich gegen die Fesseln, dieses Mal mit all der Kraft, die ich aufbringen konnte, mit dem einen Wunsch, dass Elias mir alles wegnehmen konnte, aber er würde mich nicht zur Mörderin machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eh, lassen Sie mich kurz nachsehen“, sagte der Hunter und drehte sich zu seinem Schreibtisch um, wo er einen Packen Unterlagen durchblätterte. „Aber ich bin ziemlich sicher, dass Kady mir nicht —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Weiter ließ der Daemon ihn nicht kommen. Ich trat hinter ihn, meine Hände umfassten von hinten seinen Kopf und ruckten. Es war ein Gefühl, dass ich nie in meinem Leben wieder fühlen wollte. Sein Genick brach zwischen meinen Händen mit einem satten Knacken und der junge Mann sackte lautlos in sich zusammen, Gliedmaßen leblos und schlaff. Ich starrte die Leiche an, den Hunter, den ich durch meine schiere Inkompetenz umgebracht hatte. Der Daemon mochte meine Hand geführt haben, aber ich hätte mich wehren, kämpfen, irgendetwas tun müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt war es zu spät.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich wurde mir schwarz vor Augen. Der Daemon hatte mich von meinem Sehsinn abgekappt. Ich schrie, wehrte mich, kämpfte gegen seinen Griff an. Er ignorierte mich. Wir verließen den Wachturm. Der kalte Wind streifte über mein Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich spürte, wie meine Finger sich um etwas schlossen, das sich verräterisch nach dem Metallrohr anfühlte, mit dem ich selbst eben erst niedergeschlagen worden war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]HÖR AUF, schrie ich in meinem Kopf, aber er achtete nicht auf mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das wird eine Weile dauern“, verkündete der Daemon in meiner Stimme, als wir zurück im Wachturm waren, durch eine Tür traten und die Treppen hinauf auf die Mauer stiegen. „Versuch, mich nicht allzu sehr zu nerven, okay?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]FICK DICH![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie du willst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und mit diesen Worten versank ich in absoluter Dunkelheit, ohne Gefühl für Raum, Zeit, oder mein eigenes Selbst. Jeder Gedanke floss durch meine Finger wie Sand. Ich verlor mich, sank tiefer, tiefer …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tiefer.[/JUSTIFY]

Kapitel 8

[JUSTIFY]Als ich aus dem schwarzen Strudel auftauchte, fühlte es sich an, als sei ich gerade so dem Tod entronnen. Ich schlug die Augen auf, rang keuchend nach Luft. Ich lag auf dem Rücken, mitten auf der Mauer.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oder dem, was noch davon übrig war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit hämmerndem Herzen und zitternden Händen stand ich vollends auf und überblickte die Zerstörung, die in den letzten Stunden stattgefunden hatte. Die Sonne schien. Der Himmel war wolkenklar.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und mein Distrikt lag in Schutt und Asche. Der Gestank von Rauch brannte in meiner Nase, als ich mich umsah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Grenzmauer, die uns vom Ödland abschottete, war um den Wachturm herum eingerissen worden. Gigantische Steinbrocken türmten sich am Boden, Stahlgerüste waren umgebogen oder zur Seite gerissen. Gelbe Fußspuren, einige klein, andere so groß wie Autos, bedeckten den Asphalt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wo die Daemonenhorde als erstes durchgekommen war, herrschte Chaos. Rauch stieg von brennenden Autos auf und füllte die Luft mit schwarzem Qualm. Daemonen hatten Türen eingerissen, Gebäude infiltriert, einige Wohnhäuser umgestoßen wie Bauklötze. Leichen lagen auf den Straßen und Bürgersteigen und Verletzte, die nicht mehr in der Lage waren, zu fliehen, krochen winselnd und stöhnend Richtung Stadtinneres.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Gefühl der Unwirklichkeit überkam mich. Ich machte einen Schritt zurück, bis mein Rücken gegen die Brüstung der Grenzmauer stieß. Mein Blick wanderte zu meinen schwarzen Schuhen, auf denen einige rotbraune Spritzer klebten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da war Blut auf meinen Schuhen. Ich nahm den Rest der Zerstörung auf der Mauer wahr. Zwei Hunter lagen regungslos da, ein weiterer war hinuntergefallen und lag mit abstehenden Gliedmaßen im Schutt. Eine dünne Staubschicht hatte sich auf seinem Körper abgesetzt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias hatte mich in eine Falle gelockt. Sein Gefolgsmann hatte die Tatsache ausgenutzt, dass ich im ganzen Distrikt bekannt war, speziell bei anderen Huntern, und man mir ohne Probleme Zutritt zum Westtor gewähren würde. Während meiner Ohnmacht war ich zum Werkzeug des Todes geworden, hatte Hunter getötet und den Weg für Ramonas Armee aus Daemonen freigeräumt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Hände fühlten sich ganz klamm an und zitterten. Ich konnte kaum noch stehen. Übelkeit überkam mich und ich musste mehrmals schlucken, um den Brechreiz zu unterdrücken. Ich sah an mir herab. Die graue Aura, die mich zuvor umgeben hatte, war nun pechschwarz. Wenn Elias wollte, dass ich zu einem Daemon wurde, ohne gebissen zu werden, hatte er sein Ziel fast erreicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich torkelte vorwärts, einen Schritt nach dem anderen. Mein Bein fühlte sich steif und unter Strom an, aber ich war über den Punkt hinaus, an dem ich Schmerz wahrnahm. Der einzige Gedanke, der nach dem ersten Schock durch mein Gehirn drang, waren meine Freunde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was war mit Rock? Sam, Henny, Sunny, Tom, Andrew?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was war mit Ida?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick sank auf meine Brust hinab, zu der zerrissenen Verbindung. Sie war merklich verblasst und schien sich in meinen Körper zurückgezogen zu haben. Nur ein faustgroßes Stück hing noch heraus. Aber sie war noch da. An diesen einen Hoffnungsschimmer musste ich mich klammern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während ich mich die großen Bruchstücke der Mauer hinunter kämpfte, unendlich langsam, und ohne die Opfer meines Angriffs anzusehen, zog ich mein Handy aus der Tasche und rief als erstes Sam an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es klingelte einmal, zweimal, dreimal. Viermal. Fünfmal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mailbox.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gottverdammte Scheiße …“ Als nächstes wählte ich Hennys Nummer. Diesmal war die Nummer überhaupt nicht erreichbar. „Gott, bitte nicht. Bitte nicht“, flüsterte ich in einem verzweifelten Mantra. Als ich unten angekommen war, rief ich Rock an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich schon dachte, sein Handy würde ebenfalls zu Mailbox springen, nahm er ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wo zur Hölle bist du?“, fauchte er in das Telefon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Rock …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein, vergiss es. Ich weiß genau, wo du bist. Gute Arbeit, Coon. Ich hoffe, Ida war es dir wert. Charles hat Kontakt zu fast allen seinen Huntern verloren, Kady ist tot, von Sam habe ich zuletzt vor zwei Stunden gehört, und die Stadt liegt in Trümmern. Die Evakuation war noch nicht fertig, ich kann dir nicht sagen, wie viele Zivilisten ich heute schon habe sterben sehen … Gott.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wollte das nicht!“, schrie ich. „Alles was ich wollte war, Elias dranzukriegen! Einer seiner Daemonen hat mir aufgelauert und mich besessen. Er war es, der all die Grenzhunter … er hat …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist mir verdammt nochmal egal, in welchem Zustand du diese Katastrophe ermöglicht hast! Ich habe dir gesagt, bleib in deinem Zimmer, wir regeln das. Stattdessen musstest du alle Vorsicht in den Wind schlagen, in eine offensichtliche Falle laufen und das alles aus fehlgeleiteter Rache!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich öffnete den Mund, aber jede Entschuldigung, jede Erklärung blieb mir im Hals stecken. Er hatte Recht. Ich schluckte meine Gefühle hinunter. Ich wollte nichts lieber, als Ida suchen, aber ich konnte jetzt nicht noch einen Egotrip rechtfertigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie kann ich helfen?“, fragte ich emotionslos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Rock schwieg einen Moment. Im Hintergrund konnte ich gedämpft Schreie und gebellte Befehle hören. „Übernimm Sektor 4“, sagte er schließlich. „Die Invasion ist dort besonders schlimm. Wir kommen mit den Exzisionen nicht hinterher.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In Gedanken überflog ich die Karte von Distrikt 16. Sektor 4 war nicht allzu weit von mir entfernt. Selbst humpelnd war ich in fünfzehn Minuten dort. „Geht klar“, sagte ich und wollte schon auflegen, als Rocks Stimme mich stoppte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und Coon?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Innerlich schrumpfte ich zusammen. „Ja?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin froh, dass du lebst. Aber wenn wir heil aus dieser Sache rauskommen, wage es nicht, nochmal vor meiner Tür aufzutauchen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sektor 4 war nicht wiederzuerkennen. Was an jedem anderen sonnigen Mittag eine überfüllte und mit Energie pulsierende Einkaufsmeile gewesen wäre, hatte sich in wenigen Stunden in ein Schlachtfeld verwandelt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Bürgersteig war übersät mit Leichen, Blut tränkte den Rinnstein und Scherben knirschten unter meinen Boots. Schierer Horror füllte mich, als ich all dies in mich aufsaugte. Der Geruch von faulen Eiern mischte sich mit dem von rostigem Metall, Öl und stickigem Rauch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das grelle Gelb der Fußspuren dutzender Daemonen blendete mich und ich kniff die Augen zusammen. Drei Daemonen zerfleischten eine alte Frau, die inmitten ihrer verstreuten Einkäufe mitten auf der Straße lag. Eine Hunterin mit blondem Flechtzopf stand auf einem umgekippten Auto und wurde von zwei weiteren Daemonen in die Ecke gedrängt, während sich ein kleiner Junge heulend an ihr Bein presste.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich ging los. Die Schuldgefühle, die sich durch mich hindurch gefressen hatten, verblassten. Elias hatte mich dazu gezwungen, Teil dieses Kriegs zu sein, Urheber von so viel Elend und sinnlosem Sterben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war verdammt noch mal genug.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Protectio!“, schrie ich und schleuderte den Daemon, der mich mit ausgestreckten Klauen von der Seite ansprang, in einer gleißenden Schockwelle auf den Asphalt. Ich trat auf das Monster zu, das sich schon wieder aufrappelte. Zum ersten Mal seit dem Biss sah ich, wie die Magie der Hunter durch die Augen eines Daemons aussah.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Manere, Occidere, Decedere, Deficere, Decedere, Occidere, Manere.“ Grüne Ranken schossen aus der Straße empor, umklammerten die Gliedmaßen und den Rumpf des Daemons und rissen ihn zu Boden, während meine Schwächungsschlüssel, die ich diesmal in einer gespiegelten trigonalen Leiter angeordnet hatte, als feuerrote Lichtfäden meinen überlagerten Handflächen entsprangen und den Daemon in Sekundenschnelle mit einem Netz aus Rot überzogen. Wo immer die Linien sich trafen und Knoten bildeten, riss die Essenz des Daemons auf und entließ stinkenden, undurchdringlichen Rauch in die ohnehin schon verpestete Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich vergeudete keine Zeit. Noch während ich meine Schlüssel sprach, ging ich auf den fixierten Daemon zu, packte durch die glibbrige Masse seiner Stirn und beendete sein Dasein mit dem finalen Exzisionsschlüssel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Supplicium.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Daemon verpuffte kreischend zu noch mehr Rauch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Brennend auf weitere Kämpfe drehte ich mich um. Blaue Lichtlinien überspannten den Horizont, aber ich ignorierte sie und warf mich stattdessen mitten ins Getümmel. Zwei mittelgroße Daemonen kreischten, als sie mich entdeckten, doch nur einer von ihnen griff an. Ich wich dem Sprung aus, ohne auch nur einen Verteidungsschlüssel zu rufen und fixierte den Daemon mitten im Flug, sodass die grünen Ranken ihn aus der Luft rissen und so hart auf der Straße aufprallen ließen, dass er winselte. „Manere“, befahl ich, wandte mich dem zweiten Daemon zu und wiederholte den Schlüssel. Wie ein Pendel wechselte ich zwischen den beiden hin und her, während ich jeweils eine trigonale Leiter formte, die sie in kürzester Zeit auf Katzengröße schrumpfen ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der erste Daemon, der mich angegriffen hatte, schnappte hilflos nach mir, als ich seinen Kopf packte, doch ich schützte meine Hand mit einem schnell geflüsterten Repulsa, das meine Hand in eine weiße Schutzschicht hüllte und die spitzen, schwarzen Zähne abprallen ließ, bevor Nex ihm den Rest gab und ihn zu Rauch zerfallen ließ. Der zweite hatte den gesamten Kampf über nicht versucht, mich anzugreifen. Grimmig näherte ich mich dem fixierten Monster.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eine von Elias' Schöpfungen, hm?“, fragte ich gehässig und grub meine Finger so tief in seine Stirn und Augen, dass meine Hand taub wurde. „Da haben wir ja etwas gemeinsam. Nex!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich mich erhob, entdeckte ich wieder die Hunterin. Sie war alleine mit ihren beiden Daemonen fertiggeworden und sprang von dem Auto. Unten angekommen streckte sie eine Hand nach dem Jungen aus, der immer noch oben stand. Ich sah, was sie nicht sah—einen hundsgroßen Daemon, der hinter dem Auto lauerte und den Jungen mit gebleckten Zähnen fixierte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sprintete los. Der Daemon riss das Maul auf, stieß sich vom Boden ab, ich stolperte, riss mir die Knie auf der rauen Straße auf, hob die Hände in Hunterform, zielte—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„SIDERE!“ Wie vom Blitz getroffen schleuderte mein Fixierungsschlüssel den Daemon zu Boden, mit so viel Wucht, dass der Asphalt unter ihm aufplatzte. Die Hunterin riss bei meinem Schrei den Kopf herum und entdeckte den Daemon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kleiner Wichser! Occidere, Mori, Occidere, Mori, Obitus!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als sie mit dem letzten Schlüssel seine Stirn berührte, zerfiel der Daemon mit einem Schrei zu schwarzem Rauch. Schwer atmend richtete sie sich auf. „Danke!“, rief sie mir aus der Ferne zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wo sind die anderen?“, schrie ich zurück. Meine Knie brannten und mein Bein begann allmählich, seinen Geist aufzugeben, aber ich konnte jetzt keine Rücksicht auf meinen Körper nehmen. Wenn es sein musste, würde ich mein Bein opfern, um den Distrikt zu beschützen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Blick meiner Kollegin verhärtete sich. „Tot“, informierte sie mich. „Einige sind in Sektor 3 gegangen, aber die meisten haben hier Stellung gehalten, als uns die erste Welle erwischt hat. Die Daemonenkönigin hat sie angeführt. Wir hatten keine Chance.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kam näher. „Wo ist sie?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Keine Ahnung.“ Sie deutete in die ungefähre Richtung des Stadtinneren. „Zuletzt ist sie dort lang. Sie ist nicht zu übersehen, aber das Cross-Hatch-Team kümmert sich um sie.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich ging an ihr vorbei. „Ich kümmere mich um die Königin!“, rief ich, als ich schon einige Meter entfernt war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist Wahnsinn!“, schrie die Hunterin zurück. „Sie ist so groß wie ein verdammtes Hochhaus!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Keine Sorge“, sagte ich und stapfte nun schneller voran, mein rechtes Bein hinterher ziehend. „Ich habe einen Plan.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Die Daemonenkönigin zu finden war leichter, als gedacht. Ich musste nur der Schneise der Verwüstung folgen. Wenn ich geglaubt hatte, umgeworfene Autos und abgeknickte Ampeln wären schlimm gewesen, wurde ich rasch eines Besseren belehrt; Ramona hinterließ nichts als eingerissene Häuserblocks, durch die ich in die zerstörten Räume lugen konnte, so als handele es sich um übergroße Puppenhäuser. Betonstaub füllte die Luft wie ein dichter Nebel und machte mir die Atmung schwer, aber ich ließ mich davon nicht beirren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht nur erinnerte mich jeder Schutthaufen, jedes eingedellte Fahrzeug, jede Leiche daran, dass ich einen Fehler begangen hatte, den ich nie wieder gut machen konnte, ich musste auch die ganze Zeit daran denken, dass Ida irgendwo hier draußen war, durch ihre neue Form gezwungen, genauso viel Schaden anzurichten wie all die Daemonen, die sich in den Straßen und zerstörten Häusern tummelten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Zorn trieb mich an. Ich fühlte mich wie losgelöst, als wäre ich nur noch eine Maschine, ein Mittel zur Daemonenbekämpfung ohne Zukunft oder Persönlichkeit. Eine komplizierte Reihe aus Fixierungsschlüsseln riss zwei Daemonen geradewegs aus der Luft, die mit gefletschten Zähnen auf mich zusprangen und donnerte ihre schwarzen Körper in den Asphalt. Ein Dritter Daemon, der sich von hinten anschlich, prallte an meinem Protectio-Schlüssel ab und krachte schwelend gegen ein Auto, dessen Alarmsirene ansprang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Decedere. Occidere. Decedere. Occidere.“ Der Daemon kreischte, als seine Masse verpuffte. Mit zwei Schritten stand ich über der Kreatur.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]So sieht Ida nun aus, dachte ich, dann packte ich den Daemon und sprach meinen Exzidierungsschlüssel. Er zerfiel unter meiner Hand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida … wo steckte sie bloß? Wie würde ich sie jemals in diesem Chaos finden?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Finger fuhren über die Nabelschnur, die mich einst mit ihr verbunden hatte. Sie war kalt und klebrig und inzwischen nur noch so lang wie ein Finger. Mir lief die Zeit davon, aber es gab zu viele Orte, an denen ich gleichzeitig sein musste.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nex“, grollte ich, während meine Hand sich in die glibbrige Masse des letzten Daemons grub, der noch zu meinen Füßen gegen die Fixierungsschlüssel anköpfte. Schwarzer Rauch verdichtete sich und zerstob. Zurück blieb nur der Gestank nach faulen Eiern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Nabelschnur ruckte. Augenblicklich blieb ich stehen und sah hinab. Sie lag ruhig da, aber ich hätte schwören können … sie ruckte ein zweites Mal. Nur leicht. Kaum sichtbar. Aber ich spürte das leichte Zurren an meinem Brustbein. Ein Grinsen, so breit, dass mir bereits nach wenigen Sekunden die Wangen schmerzten, bahnte sich auf mein Gesicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida zu finden würde eine Ewigkeit dauern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zumindest auf herkömmlichem Weg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Hoffnung, Ida vielleicht doch noch rechtzeitig zu erreichen, verlieh mir förmlich Flügel. Das Pochen in meinem Bein verblasste, die Schrammen auf meinen Knien waren vergessen. Ich trabte vorwärts, kletterte über umgeworfene LKWs, duckte mich unter Laternenmasten hindurch. Die Schreie von einigen versprengten Menschen drangen aus der Ferne an meine Ohren, aber ich war zu weit weg, um ihnen zu helfen, und in diesem Moment hatte ich nur noch ein einziges Ziel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Rucken wiederholte sich alle paar Minuten, zog mich leicht nach rechts, dann nach links, ein Kompass zu meiner zweiten Hälfte. Schließlich blieb ich vor einer Tür stehen, die aus den Angeln gerissen worden war und halb zu Boden hing. Die Nabelschnur stand fast senkrecht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorsichtig stieg ich über die zerstörte Tür und trat in den Flur dahinter. Es musste ein Restaurant gewesen sein. Gedeckte Tische waren zu Boden gerissen worden, Besteck, Teller und diverse Gerichte lagen auf dem Parkett verstreut. Leichen türmten sich auf dem Boden und unter den Trümmern eines eingestürzten Kamins. Blutspritzer bedeckten die weiße Tapete bis zur Decke.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und am anderen Ende des Raums, zwischen zwei dekorativen Regalen, deren Inhalt zerbrochen war, hockte ein Daemon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorsichtig trat ich näher. Der Daemon hob den Kopf. Aus seiner Brust ragte, wie bei mir, der Überrest eines wulstigen, grauen Strangs. „Ida“, flüsterte ich und hob langsam die Hände. „Ich bin es, Coon. Ich lebe noch, siehst du? Mir geht es gut.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida fauchte, fletschte die Zähne. Unsere Verbindungen zuckten, schienen aufeinander zufliegen zu wollen. Ich kam noch näher, doch Ida sprang auf und schoss blitzschnell auf mich zu. Ich hatte kaum Zeit, erschrocken zu sein, da war sie schon über mir, große gelbe Glubschaugen auf mich fixiert. Ihre Krallen drückten sich schmerzhaft in meine Schultern, ihr Atem stank nach Verwesung. Tränen stiegen mir in die Augen. Erkannte sie mich wirklich nicht? War all meine Hoffnung umsonst gewesen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unsere Verbindung zitterte. „Ida“, flehte ich. „Bitte, sieh mich an. Du kennst mich. Du weißt, wer ich bin. Bitte, komm zurück. Komm zu mir zurück.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida kniff die Augen zusammen. Sie zischte, senkte ihren Kopf zu mir herab. Mit zusammengepressten Lippen und angehaltenem Atem wartete ich, während sie mich beschnupperte. Während ihre Zähne über meine Kehle streiften. Während ihre lange, schwarze Zunge über meinen Hals und meine Wange schleckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie lehnte sich ein wenig zurück, halb auf die Hinterläufe, und löste ihre Krallen aus meinem Fleisch. Die Nabelschnur, die zuvor zerrissen gewesen war, verband uns nun über eine Reihe hauchdünner, grauer Fäden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und Ida?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah genauso aus wie zuvor. Schwarz, ein Daemon, unverändert. Nicht in der Lage zu sprechen. „Gott, Ida“, hauchte ich und streckte eine Hand nach ihr aus. Tränen liefen ungehemmt über meine Wangen. „Das ist alles meine Schuld. Ich sollte auf dich aufpassen und stattdessen bringe ich dich immer wieder in Gefahr … “ Ich konnte nicht weitersprechen. Ida schnappte spielerisch nach meiner Hand, doch ich riss sie sofort zurück. Ein Biss von ihr in diesem Zustand würde mich töten, ob sie es nun im Spaß tat oder nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mühsam rappelte ich mich auf und wischte die Tränen weg. „Hör zu“, sagte ich und machte mich auf den Weg nach draußen. Ida folgte zögerlich auf allen Vieren. „Eine Menge ist schief gelaufen, seit du mutiert bist. Ein Daemon namens Elias hat mich manipuliert und eine Armee aus Daemonen in den Distrikt geschleust, um sich die Stärke ihrer Anführerin zu Eigen zu machen. Wir müssen also einen Weg finden, die Königin zu exzidieren, den Dae auszuschalten, der sie beschützt, und natürlich Elias selbst. Kannst du mir folgen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah zu Ida zurück. Die neugefundene Energie verließ mich, als ich nicht mal in der Lage war, ihren Gesichtsausdruck oder ihre Körpersprache zu deuten. Sie sah mich einfach nur an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es, flüsterte ein verräterischer Teil meines Kopfes. Ida ist fort. Was von ihr überbleibt, ist nur noch ein Schatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wütend schüttelte ich den Kopf. Nein. Ida war noch dort drin. Auch wenn sie jetzt stumm war, sie hatte mich erkannt. Sie war immer noch meine Partnerin, und das würde sich niemals ändern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt, da ich Ida gefunden hatte, konnte ich mich wieder darauf konzentrieren, der Schneise der Verwüstung zu folgen. Es dauerte nicht lange, bis ich den Weg zurück auf meinen alten Pfad gefunden hatte und mich gemeinsam mit Ida durch das Chaos kämpfte. Daemonen waren nur vereinzelt zu sehen, die meisten schienen weiter ins Stadtinnere geflohen zu sein, nachdem fast alle Menschen evakuiert oder getötet worden waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] Ich quetschte mich gerade zwischen zwei Betonbrocken hindurch, als mich ein lautes Zischen erschrocken herumfahren ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Daemon, groß wie ein Pferd, kletterte durch eine zerbrochene Glasfront und sprang fauchend auf Ida zu. Sie wand sich zur Seite, schlug mit einer Klaue nach ihrem Gegner. „Zur Seite!“, rief ich ihr zu und hob meine Hände, doch sie achtete nicht auf mich und warf sich stattdessen ungeachtet des Größenunterschieds an die Kehle des Daemons. Seine Pranke traf sie in den Bauch und schleuderte sie einige Meter durch die Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Manere!“, schrie ich, als der Daemon Anstalten machte, ihr nachzuspringen. „Deficere, Decedere, Occidere, Mori, Occidere, Decedere, Deficere.“ Grün leuchtende Ranken sprossen aus der Straße und umwickelten den Daemon von allen Seiten. Mit jedem neuen Schwächungsschlüssel kam ich einen Schritt auf den Daemon zu, der sich in einem immer dichteren Netz aus Magie eingesponnen sah. „Manere“, sagte ich. „Manere.“ Ich streckte eine Hand aus, um ihn zu exzidieren—[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]—und zögerte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fiel zurück zu Ida, die sich inzwischen aufgerappelt hatte und uns mit gefletschten Zähnen umkreiste. Wenn wir gegen eine Königin ankommen wollten, brauchte Ida mehr Masse. Viel mehr Masse.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er gehört dir“, rief ich. Ihre Augen zuckten zu mir. Zaghaft kam sie näher. Fauchte. „Manere“, wiederholte ich. Der Daemon kreischte, als die grünen Ranken sich immer enger um seinen Körper schnürten. Ida legte den Kopf schief. Schaute auf den Daemon herab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und stürzte sich auf ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Reglos sah ich dabei zu, wie sie ihn Gliedmaße um Gliedmaße verschlang, seine Masse in ihre eigene inkorporierte. Als sie fertig war, leckte sie sich über die schwarzen Lippen und sah zu mir auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah sie an. „Na“, fragte ich grinsend. „Hast du Hunger?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war nicht überrascht, festzustellen, dass Ramona den Weg zum Rathaus eingeschlagen hatte. Obwohl wir noch einige Straßen entfernt waren, konnte ich den Kopf der Daemonenkönigin bereits zwischen zwei großen Firmengebäuden ausmachen, von denen eines zur Seite geneigt stand, als hätte es zu viel getrunken. Ihrer Körperhaltung nach zu urteilen war Ramona zweibeinig unterwegs; ich konnte mich nicht daran erinnern, so etwas schon mal gesehen zu haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurz blieb ich stehen und schielte zu Ida zurück, die mich inzwischen um das Doppelte überragte, auch auf vier Beinen. Ich hatte ihr jeden Daemon verfüttert, der uns in die Quere gekommen war, und einige zusätzliche nebenbei, wenn ich einen Abstecher in die Seitenstraßen und Gassen machte, um vorauszukundschaften.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte versucht, mit ihr zu reden, Ida herauszukitzeln, von der ich sicher war, dass sie noch in dem Daemon steckte, aber vergebens. Sie blieb an meiner Seite und gehorchte einigen meiner Anweisungen, aber das war alles. Sie verhielt sich wie ein … wie ein mäßig gut dressierter Hund, der sein Frauchen trotzdem lieb hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich dachte daran, wie sie neugierig durch die Luft schwirrte, wie sie mich mit ihrem Lachen aufmunterte, wie sie die Stirn krauszog, wenn sie in Mensch Ärger dich nicht gegen mich verlor. Und es war alles meine Schuld. Es brach mir das Herz, sie nun so apathisch zu sehen, aber ich würde nehmen, was ich kriegen konnte. Die viel schlimmere Variante, dass Ida mich nicht erkannte und für den Rest ihrer Existenz ein gefährlicher Daemon blieb, hatte ich lange verdrängt. Ich wusste, dass es meine Aufgabe gewesen wäre, sie zu exzidieren, aber die Ereignisse aus Distrikt 18 lasteten noch zu sehr auf mir. Ich wollte mir nicht mal vorstellen, erneut in diese Situation gezwungen zu werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schüttelte die Gedanken ab und widmete mich wieder der Straße vor uns. Ramona war auf gleicher Höhe mit dem sechsstöckigen Rathaus. Ihr großer, schwarzer Kopf glich annähernd dem einer Frau, wenn ihr Gesicht mit der Fratze eines Monsters verschmolzen wäre. Ihr Mund war seltsam vorgewölbt, wie eine Schnauze, und ihre gewaltigen, stechend gelben Augen glommen wie Vollmonde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit neuem Elan zog ich mein rechtes Bein schneller hinter mir her und animierte Ida mit einem Ruf zur Eile. Sie tauchte wenige Sekunden später an meiner Seite auf und trottete vor. Wir erreichten die Kreuzung zum Parkplatz des Rathauses nur wenige Minuten später. Ida umrundete die Häuserecke zuerst.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„SIDERE!“, erschallte ein gutes Dutzend verschiedener Stimmen und rissen Idas massigen Körper mit einem Ruck zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„NEIN!“, schrie ich und rannte nun selbst um die Ecke, lahmes Bein vergessen. Mit ausgebreiteten Armen warf ich mich vor Ida. „Sie gehört zu mir!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Gruppe Hunter, die mit erhobenen Händen und keuchend vor mir stand, rührte keinen Muskel, außer in Anspannung. Nur zwei von ihnen ließen die Hände sinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blinzelnd nahm ich den blonden Lockenkopf der jungen Frau und das mit Akne besprenkelte Gesicht des noch jüngeren Mannes wahr, bevor mir vor Erleichterung die Knie weich wurden und ich zu Boden sank.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam“, krächzte ich. „Andrew. Es geht euch gut. Als ich euch nicht erreicht hatte, dachte ich schon …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„COON!“ Sam kam auf mich zugerannt und fiel mir um den Hals. „Oh Gott, ich bin so froh, dich zu sehen. Warte, wenn du hier bist, dann ist das … ist das Ida?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte schwach. Ida reckte den Kopf an mir vorbei und bleckte die Zähne. „Ida“, warnte ich sie. „Das sind deine Freunde. Das hier ist Sam, erinnerst du dich an sie? Und das ist Andrew. Du wirst ihnen nichts tun, verstanden? Allen andern Menschen auch nicht, wo wir schon dabei sind. Deine Feinde sind die Daemonen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schnaubte, ließ sich aber auf die Straße sinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kennst du die beiden?“, fragte einer der Hunter fordernd, der in vorderster Reihe stand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam stand auf. „Entwarnung, das ist Raccoon und ihr Dae. Sie ist derzeit in Daemonenform, aber sie ist keine Gefahr für uns. Im Gegenteil.“ Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Vielleicht haben wir jetzt tatsächlich eine Chance gegen dieses Ungetüm und seinen Bodyguard. Ida hat schon mal einen König besiegt. Stimmt doch, Andrew, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Andrew betrachtete mich mit offenkundigem Abscheu. Ich wusste, dass er Grund genug dazu hatte, mich zu hassen, aber trotzdem versetzte mir sein Blick einen tiefen Stich. Er wandte sich Takeo zu. „Ja, das stimmt. Wir waren alle dort.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während die Hunter sich um Andrew scharten, um die Geschichte aus ihm herauszuquetschen und eine Strategie gegen Ramona zu entwickeln, ging Sam neben mir auf die Knie und begann, meine Hände mit ihren eigenen behandschuhten zu rubbeln. „Gott, du bist eiskalt. Sei ehrlich, was ist mit Ida? Warum musstest du ihr extra sagen, wer ich bin? Hat sie Amnesie?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam …“ Meine Stimme brach. „Ich glaube nicht, dass sie wieder zurückkommt. Nicht so wie früher jedenfalls. Sie ist ein zahmer Daemon, aber mehr nicht. Ich glaube, ich habe Ida … ich habe sie verloren. Für immer.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein …“ Sie nahm mich in den Arm, strich über meine Haare, während ich mich gegen sie presste und vergebens versuchte, die Schluchzer in ihrer Jacke zu ersticken. „Hey, hey, shh, wir kriegen das schon wieder hin. Sobald dieses Drecksvieh vor dem Rathaus beseitigt ist, haben wir alle Zeit der Welt, Ida wieder hinzukriegen. Denkst du wirklich, sie könnte jemanden wie mich vergessen? Ich glaube nicht, Madame.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Entschuldigung.“ Der Hunter von zuvor näherte sich vorsichtig. Er war ein schlaksiger Typ mit schmalen Augen und pechschwarzem Haar in einem sehr dramatischen Side-Cut. „Tut mir Leid wegen eben. Aber bei einem Daemon dieser Größe gehe ich kein Risiko mit meinem Team ein. Ich bin Takeo. Du bist Raccoon und das ist Ida?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte. „Die sind wir.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Okay.“ Er klang, als unterdrückte er den Drang, mit an die Gurgel zu gehen, aber das konnte ich ihm angesichts der Lage nicht verübeln. „Ich weiß nicht, was du genau mit diesem ganzen Schlamassel zu tun hast, aber immerhin bist du hier, um es mit uns auszubügeln. Andrew hat uns gerade von dem Kampf gegen den mutierten Dae berichtet. Stimmt es, dass Ida ihn gefressen hat?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder nickte ich. „Wenn sie in dieser Form ist, hat sie größtenteils die Fähigkeiten eines echten Daemons. Sie fressen sich gegenseitig auf, sie tut das gleiche.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist mit ihrem Biss?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kurz schwieg ich. Sollte ich ihm sagen, was los war? Würde er entschieden, dass Ida eine zu große Gefahr war, genau wie der Chief aus Distrikt 18? Ich konnte es nicht riskieren. „Nicht tödlich“, sagte ich entschieden, zeigte ihm aber die Bisswunde an meiner Schulter, die William mir hinterlassen hatte. Er verzog angewidert das Gesicht. „Aber lasst euch trotzdem nicht beißen. Kann ich nicht empfehlen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Behalte sie einfach gut im Auge“, entschied Takeo und half mir auf die Füße. „Also, die Lage ist wie folgt: Wir vermuten, dass der intelligente Daemon, Elias, sich wieder im Rathaus verschanzt hat, nachdem alle Menschen von dort geflohen sind. Die Königin steht seit geschlagenen zwei Stunden auf dem Parkplatz und rührt sich nicht von der Stelle, außer um uns anzugreifen, wenn wir zu nahe kommen. Wir haben schon zwei gute Leute an sie verloren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mein Beileid.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er winkte ab. „Für ihre Andenken ist später Zeit. Es ist ein Dae bei ihr, der konstant mit ihr spricht. Wir glauben, dass er sie über unsere Bewegungen informiert. Nachdem der Frontangriff nicht geklappt hat, wollten wir es mit einem Hinterhalt versuchen, aber dank des Daes haben wir frühzeitig abgebrochen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist William“, sagte ich. „Er ist Ramonas Vater, sie ist sein Anker. Sein einziges Bedürfnis ist es, sie zu beschützen, egal zu welchem Preis.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Takeo musterte mich nun eingehender. „Das ist hilfreich, danke. Andere Informationen, die du uns geben kannst?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah an ihm vorbei zum Rathaus. Bisher war es mir nicht aufgefallen, aber jetzt, da ich wieder den Himmel begutachtete, entdeckte ich das blaue Spinnennetz, das aus allen Richtungen auf das Rathaus zielte. Eine der Linien, die dickste von allen, ging von Ramona aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du hast Recht“, sagte ich und fokussierte wieder Takeo. „Elias ist im Rathaus. Vermutlich im fünften Stock, aber ich könnte mich irren. Er will …“ Ich schloss die Augen, versuchte, mich haargenau an die Unterhaltung mit ihm zu erinnern. „Er ist schon so lange in seiner menschlichen Hülle, dass er damit verschmolzen ist. Der Körper stirbt, wenn er ihn verlässt, aber er als Daemon ist ebenfalls sehr geschwächt und würde ohne Körper vermutlich nicht lange überleben. Es sei denn, er frisst Ramona und wird dadurch zu einem intelligenten Daemonenkönig.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das letzte, was wir jetzt noch gebrauchen können“, murmelte Sam. „Elias klingt nach keiner Gefahr, solange wir Ramona ausschalten, bevor er sie frisst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dazu müssen wir an dem Dae vorbei“, entgegnete Takeo. „Und die Königin zu exzidieren, wird ebenfalls nicht leicht. An jedem anderen Tag würde ich unmöglich sagen, aber ich fürchte, wir haben keine andere Wahl, wenn wir den Sonnenaufgang noch erleben wollen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist nicht das einzige Problem“, fügte ich hinzu. „Elias hat eine Armee aus Daemonen unter seiner direkten Kontrolle. Sie sind alle in der Stadt. Er muss ihnen nur ein gedankliches Signal schicken und in wenigen Minuten haben wir die Daemonen der gesamten Umgebung am Hals. Wenn wir ihn töten, dann schnell, damit er in seinen letzten Momenten keinen weiteren Schaden anrichtet.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Takeo rieb sich den Nacken und schaute über seine Schulter zu der Gruppe Hunter, die unter seinem Kommando standen. Mit mir zusammen waren wir gerade so ein Dutzend. Die Mindestanzahl für jede Cross-Hatch-Exzision, die nicht im Selbstmord enden sollte, und trotzdem fühlte es sich zu wenig an. Hatte je jemand gegen eine Königin dieser Größe antreten müssen, die von zwei Seiten beschützt wurde?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich bezweifelte es. Ida knurrte leise hinter mir. Beruhigend legte ich eine Hand auf ihre kalte, gelatinöse Stirn. „Takeo“, sagte ich und sah zu ihm auf. „Ich hätte da einen Plan. Aber du musst mir vertrauen.“[/JUSTIFY]

Kapitel 9

[JUSTIFY]Mein Herzschlag hämmerte durch meinen gesamten Körper, als ich um die Ecke bog und mit seitlich erhobenen Händen auf den Parkplatz vor dem Rathaus trat. Es war meine Idee gewesen, aber das bedeutete nicht, dass ich keine Angst hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie Takeo beschrieben hatte, stand Ramona regungslos vor dem Gebäude. Ich musste den Kopf in den Nacken legen und meine Augen gegen die Sonne abschirmen, um sie komplett sehen zu können. Einer ihrer gewaltigen, unförmigen Arme ragte durch ein Loch in der Wand des Rathauses.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben ihren klobigen Füßen, deren schwarze Krallen einen guten Meter maßen, stand unbekümmert William. Es dauerte nur wenige Sekunden, bevor er mich bemerkte. Ruckartig fuhr er herum, offensichtlich bereit, Ramona in Sekundenschnelle zu warnen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber ich war allein. Takeo, die anderen Hunter und Ida waren zurückgeblieben. Der Dae entspannte sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„William“, fauchte ich, als ich nah genug war, dass er mich hören konnte. „Was zur Hölle geht hier vor sich?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hallo Raccoon“, begrüßte er mich, scheinbar unbekümmert. „Ramona wartet. Ich weiß nicht, worauf, aber ich denke, Elias gibt ihr irgendwelche Anweisungen.“ Er runzelte die Stirn. „Es müssen sehr komplizierte Befehle sein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du bist blind“, sagte ich und blieb einige Meter neben ihm stehen. Ehrfürchtig und mit einer Gänsehaut sah ich von unten zu der Daemonenkönigin hinauf. Ihre schwarze Masse glänzte ölig, vollkommen undurchsichtig und wirkte kompakter als die eines normalen Daemons. Selbst Isaac war nicht so stark gewesen, und er hatte achtzehn Jahre lang Dae und Daemonen gefressen. Dann wiederum war Ramona schon sehr viel länger im Ödland unterwegs. Siebzig, achtzig Jahre. Die Stärke der beiden war nicht zu vergleichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Blind?“ William sah überrascht zu mir. „Wovon sprichst du?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Siehst du wirklich nicht, was Elias vorhat? Er will Ramonas Stärke für sich. Er wird sie fressen, und weil sie ihm gehorcht, wird sie sich nicht mal wehren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aber ihre Stärke bleibt erhalten“, entgegnete William sofort. „Sie wird in einer neuen Hülle weiter existieren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wird sie nicht.“ Ich rieb meine steifgefrorenen Hände zusammen. „Elias hat seine Identität vollständig zurückerlangt. Sobald er Ramona gefressen hat, wird von deiner Tochter nichts mehr übrig sein. Wo ist ihr Blutdurst hin, den du so angepriesen hast? Schon jetzt steht sie nur hier herum und wartet darauf, dass Elias genug Kraft gesammelt hat. Ramona wird endgültig sterben. Und du hilfst ihm dabei. Ein schöner Vater bist du.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William wurde ganz still. Er regte sich nicht, zuckte nicht mal mit der Wimper. Aber aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass die Dunkelheit seiner Hände langsam die Arme emporkletterte. „Du lügst“, sagte er. „Ich habe immer getan, was das Beste für Ramona war.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bis jetzt“, gestand ich. „Aber was wirst du tun, wenn ich die Wahrheit sage? Ramona wird sich nicht wehren. Und wenn du versuchst, etwas gegen ihn zu unternehmen, wird er deine eigene Tochter gegen dich aufhetzen. In dem Moment, da du sie hergebracht hast, war ihr Schicksal besiegelt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein“, flüsterte William. Schwarze Schlieren strömten durch seinen ganzen Körper, füllten ihn mit dunklem Rauch. „Nein, das ist nicht wahr. Ramona, ich wollte nicht … Du lügst! DU LÜGST!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er stürzte sich auf mich, Mund zum Biss aufgerissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elf Fixierungsschlüssel prasselten von allen Seiten auf ihn herab und rissen ihn mit solcher Gewalt zu Boden, dass der Asphalt unter ihm aufplatzte. Ich tauschte einen dankbaren Blick mit Takeo, der sich während meines Gesprächs mitsamt der restlichen Hunter von hinten angeschlichen hatte. Sam reckte mir grinsend beide Daumen entgegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Misstrauisch schielte ich zu Ramona hinauf, doch wenn sie bemerkte, was ihrem Vater geschehen war, zeigte sie keinerlei Interesse oder Reaktion. Sie war vollständig auf Elias fixiert, der in diesem Moment in dem Loch in der Wand auftauchte. Er trug immer noch die Gestalt des Sekretärs Robert Hill, doch etwas war anders. Während die Hunter Schlüssel über Schlüssel lagerten, damit William sich keinen einzigen Zentimeter rührte, kniff ich die Augen zusammen, um Elias besser zu erkennen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Mann wirkte um Jahre gealtert. Seine Haut war grau und fleckig und ihm schienen ganze Haarbüschel ausgefallen zu sein. Blut lief in dünnen Rinnsalen aus seinen Ohren und sein Kinn herab. Er sah aus wie ein sterbenskranker Mann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schnell!“, schrie ich und drehte mich abrupt um. „Ida, wo bist du?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie kommt nicht!“, rief Andrew aus der hintersten Reihe. „Sie ist … ich glaube, sie hat Angst vor Ramona!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Scheiße“, flüsterte ich und machte auf dem Absatz kehrt. William stöhnte, die schwarze Färbung füllte ihn immer weiter aus. „Bald ist deine Tochter für immer fort“, sagte ich im Vorbeigehen. „Vielleicht verstehst du dann, was du mir genommen hast. Ida!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Gefährtin befand sich einige Meter hinter den Huntern, Bauch eng auf den Boden gepresst und mit gefletschten Zähnen. Als sie mich sah, knurrte sie und schlug mit einer Pranke nach mir. Ich hob die Hände, um ihr zu zeigen, dass ich nichts Böses wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida, alles wird gut. Dieser Dae, dieser Mann neben der Königin, ist derjenige, der meinen Tod vorgetäuscht hat. Er ist schuld daran, dass du mutiert bist. Er ist an allem Schuld, was heute hier passiert ist. Ohne deine Hilfe schaffen wir es nicht, zu gewinnen. Bitte, vertrau mir.“ Ich ging vor ihr auf die Knie. Ihre gelben Glubschaugen fixierten mich. „Ich verspreche dir, ich werde dich nie mehr verlassen. Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert. Und ich werde dich niemals aufgeben, egal in welcher Form du existierst. Aber jetzt müssen wir für unsere Heimat kämpfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Behäbig rappelte Ida sich auf und warf mir einen letzten Blick zu. Für einen kurzen Moment schien sie bis in meine Seele zu sehen, tief in meine Erinnerungen, so als wären wir wieder verbunden, Geist zu Geist, Gedanke zu Gedanke.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann war sie schon an mir vorbei und schritt auf William zu. Ich hielt den Atem an, sah prüfend zu Ramona zurück, zu Elias, doch die beiden schenkten uns keine Beachtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William knurrte, Augen nun leicht gelblich gefärbt. Ramona war noch in Sicherheit, aber ein erwachsener Dae wie er hatte längst nicht die Stabilität eines Kindes. Allein der Gedanke an ihr Ableben, die Panik, gefangen zu sein, reichten aus, um ihn langsam aber sicher in die Finsternis zu treiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein kleiner Teil von mir fühlte Mitleid. Der andere, größere Teil, lächelte, als Ida über ihm zum Stillstand kam. Sie legte den Kopf schief, kniff die Augen zusammen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Erkennst du ihn?“, fragte ich sie. Ida knurrte leise. Dann öffnete sie das Maul und riss einen riesigen Bissen aus seiner Schulter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]William kreischte. Ramona zuckte, sah in Zeitlupe zu uns herab. Ein Grollen formte sich in ihrer Brust, als sie ihre Aufmerksamkeit von Elias weg und auf ihren Vater lenkte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schneller!“, schrie ich Ida zu, die augenblicklich begann, den mutierten Dae zu zerreißen. Williams Winseln wurde leiser, seine Masse schrumpfte in sich zusammen. Ida wuchs mit jedem Bissen, bis sie Ramona zuerst bis zum Knöchel, dann zum Knie reichte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Plan war aufgegangen. William mochte selbst nie Daemonen gefressen haben, aber er war in dem letzten Jahrhundert trotzdem stärker geworden. Genau wie Holland es damals prophezeit hatte. Die Masse eines Daes nahm stetig mit seinem Alter zu. Nichts konnte das verhindern, kein noch so sanftes und gutes Gemüt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Dunkelheit, die sich in all den Jahren in William angesammelt hatte, füllte nun Ida. Sie schwoll weiter an, bis von William nur noch der Krater blieb, in dem er bewegungsunfähig gelegen hatte, und Ida die Maße von Isaac zu Beginn seiner Mutation angenommen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Herz versank in den Tiefen meines Magens. Sie war nicht annähernd so groß, wie ich gehofft hatte. Nicht annähernd groß genug, um gegen Ramona zu bestehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida!“, schrie ich zu ihr hinauf, während ich mich langsam rückwärts Richtung Rathaus bewegte. „Verschaff mir etwas Zeit, und denk daran: Die Gegner sind die Daemonen, nicht die Menschen!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit diesen Worten drehte ich mich um und humpelte zum Rathaus, so schnell mein lahmes Bein mich ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Grollen ertönte, lauter als Donner. Ich riss beide Hände hoch, um meine Ohren zu bedecken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein schwarzer, klobiger Fuß schlug neben mir in den Boden ein und begrub zwei Autos unter sich. Die meterlangen Krallen rissen den Beton auf, Schutt und kleine Asphaltsplitter regneten auf mich herab. Ich warf mich hinter ein Auto, Arme über dem Kopf zusammengeschlagen. Hinter mir konnte ich die panischen Fixierungsschlüssel der anderen Hunter hören, aber ich wusste, dass sie keine Chance hatten, Ramona auch nur zu verlangsamen. Ich hoffte, Takeos Verstärkung würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn Hunter woanders überhaupt noch zu entbehren waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nutzte die kurze Pause im Steinhagel, um hinter dem Auto hervorzukriechen und die Strecke zum Rathauseingang abzuschätzen. Es waren gut fünfzig Meter freies Gelände. Den einzigen Schutz bot ein umgestürzter Jeep, der auf der Seite lag und noch immer schwelte. Schnell sah ich zu Ramona hinauf. Ihr riesiger, hundeähnlicher Kopf schwang von einer Seite zur anderen, bis er endlich herabsank und die gelben Augen auf mein Versteck fixierte. Erneut ertönte das Grollen aus den Tiefen ihres Brustkorbs.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hob ihren Fuß und holte Schwung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schaffte es gerade noch, Protectio zu rufen, bevor ein Vorschlaghammer aus schwarzer Daemonenmasse mich mitsamt Auto durch die Luft schleuderte. Durch pures Glück landete ich in einer Zierhecke, rollte heraus und schlug mit einem dumpfen Laut auf dem halbgefrorenen Boden auf. Nach Atem ringend und meine schmerzenden Rippen haltend sah ich in den Himmel, wo der Jeep genau auf mich zu flog.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hechtete zur Seite, rollte mich mühsam ab, holte stöhnend Luft. „Fuck“, fluchte ich und humpelte zur Eingangstür, die sich in ein Scherbenmeer verwandelt hatte und aus den Angeln gerissen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein letzter Blick zu Ramona zeigte, dass Ida sich in ihrem Bein verbissen hatte. Die Daemonenkönigin schlug nach ihr, so als wolle sie eine nervige Fliege vertreiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Halt durch“, flüsterte ich und duckte mich unter den Stahl- und Glasfragmenten hinein ins Rathaus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Drinnen war absolutes Chaos. Blumenerde ergoss sich aus zerbrochenen Töpfen auf die weißen Fliesen und Blutspritzer bedeckten Wände und Fußboden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die blonde Empfangsdame lag hing über der Theke, Augen glasig und leer. Zwei Bisswunden bedeckten ihren Arm und Rücken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oben sah es nicht besser aus. Das Gitter eines Lüftungsschachtes lag verbogen auf dem Boden und einige Mitarbeiter mit Bisswunden blockierten den Flur. Ein junger Mann in Anzug und Krawatte schien in der Massenpanik tot getrampelt worden zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl ich innerlich wusste, dass ich mich beeilen musste, wandelte ich wie ein Gespenst durch die Flure. All diese Menschen, die sich nichts zu Schulden hatten kommen lassen, als zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, waren tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wegen mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder wegen mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Zischen riss mich aus meinen Gedanken. Mit jahrelang trainierten Reflexen riss ich die Arme hoch, während ich mich auf der Stelle drehte, und entdeckte so den Daemon gerade rechtzeitig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Haesitare. Deficere. Decedere. Occidere. Haesitare.” Die Flut aus Schlüsseln riss den Daemon aus seinem Sprung und schleuderte ihn zu Boden, wo er betäubt und bewegungsunfähig am Boden liegenblieb. Schwarzer Rauch stieg auf, wo die roten Lichtlinien meiner Schwächungsschlüssel sich überlagerten. Vorsichtig trat ich näher und ging neben ihm in die Hocke. Ich streckte eine Hand nach ihm aus. „Obitu—“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Spitze Krallen bohrten sich in meinen Rücken, als ein zweiter Daemon aus dem Lüftungsschacht in der Decke auf mich herabsprang. Eiskalter Speichel tropfte in meinen Nacken, als er das Maul öffnete, um zuzubeißen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Protectio!“, rief ich, packte hinter mich und riss den kleinen Daemon aus meinem Genick. Seine Klauen zogen tiefe Risse in meinen Rücken und ich schrie, während ich den fixierten Daemon mit der anderen Hand packte und beide gleichzeitig mit einem schmerzverzerrten Mors exzidierte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Keuchend sackte ich auf meine Knie. Der schweflige Gestank der implodierten Daemonen füllte meine Nase. Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust. Das war knapp gewesen. Zu knapp.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich richtete mich auf und zischte. Die Bewegung zerrte an den Wunden in meinem Rücken und ich musste flach atmen, um den Schmerz zu minimieren. Mein lahmes Bein nachziehend und beide Hände für den Ernstfall überkreuzt, stieg ich die Treppen hinauf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im nächsten Stockwerk überprüfte ich als allererstes die Lüftungsschächte und drehte mich alle paar Meter im Kreis, damit mich nicht noch ein Daemon von hinten überraschte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor der Treppe zum dritten Stockwerk blieb ich stehen. Mein Bein zitterte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber ich war fast am Ende meiner Kräfte. Seit gestern Nacht war ich auf den Beinen, ohne Gehstock, ohne Pause. Ich war gesprintet, geklettert, Treppen gestiegen. Mein Rücken war zerkratzt und aufgerissen, meine Fingerknöchel blutig, meine Knie aufgeschrammt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Kehle brannte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht aufgeben, dachte ich und presste die Lippen zusammen, bevor ich den ersten Schritt machte und mich mühsam am Geländer entlang zog. Noch zwei Stockwerke. Du schaffst zwei Stockwerke.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte Glück. Die Flure der oberen Geschosse waren bis auf drei kleine Daemonen verlassen, die bei meinem Anblick das Weite suchten. Vielleicht hatte Elias zu zurückgerufen, oder sie sahen an meiner Haltung, dass heute nicht mit mir zu spaßen war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im fünften Stock angekommen schleppte ich mich endlich zum Büro des Chiefs und seines Sekretärs. Die Tür war nur angelehnt. Ich trat ein. Der Raum dahinter lag verlassen da. Ich humpelte zur zweiten Tür auf der anderen Seite und stieß sie auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias erwartete mich bereits.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er saß auf dem Ledersessel des Chiefs, den er in die Mitte des Raumes geschoben hatte, Hände gefaltet und die Augen geschlossen. Die Haut seines Gesichts hatte sich von dem Fleisch darunter abgepellt und hing lasch herab. Dunkle Schatten untermalten seinen Augen, die vereinzelten Büschel Haare, die noch nicht ausgefallen waren, waren schlohweiß.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwas, oder jemand, hatte die Glasfront zu meiner Linken eingerissen. Mein Blick glitt über den funkelnden Teppich aus Glasscherben zu der schwarzen Pranke, die wie eine gewaltige Spinne hinter dem Schreibtischstuhl ruhte und ihre langen Krallen in den Boden presste. Chief Keynes lag mit dem Gesicht nach unten in einer Ecke neben dem Kamin, den Sunny noch vor wenigen Tagen inspiziert hatte. Blut tränkte den Teppich und bildete eine dunkelbraune Lache unter dem fülligen Mann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Meine Tochter“, sagte Elias und öffnete die verklebten Augen. Er rührte sich nicht. Ich war nicht sicher, ob er es überhaupt noch konnte. Seine Gliedmaßen hingen schlaff. Hatte er die Kontrolle über den Körper bereits soweit aufgegeben? „Es ist schwieriger als gedacht, mich dieser Hülle zu entledigen. Sie hält mich fest, so als spüre sie ihren nahenden Tod.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du machst mich krank“, sagte ich. Es kam kratzig heraus. Die vielen Exzisionen heute brachten mich an meine Grenze. „Wenn du unbedingt Ramonas Stärke willst, warum bist du nicht einfach zu ihr ins Ödland gegangen? Warum hast du sie nicht alleine hergerufen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein schwaches Lächeln formte sich auf seinen spröden Lippen und er schloss die Augen. „Ah, Nora. Wie naiv du bist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nenn mich nicht so!“, fauchte ich und machte einen drohenden Schritt auf ihn zu. „Mein Name ist Raccoon.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was bedeuten schon Namen?“ murmelte Elias. „Es ist egal, wie du dich nennst, wie andere dich nennen. Du bist meine Tochter, mein Experiment. Sag mir, wie weit bist du in deiner Verwandlung fortgeschritten?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wovon redest du?“, fragte ich. „Ich kann mehr sehen, aber das weißt du längst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Deine Seele“, sagte er und zog dabei jede Silbe lang, so als koste ihn das Reden unglaubliche Anstrengung, „ist pechschwarz. Es kann nicht mehr lange dauern … Hast du dich nie gewundert, woher der erste Daemon kam?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es muss ihn gegeben haben“, fuhr Elias leise fort. „Einen Menschen, der so tief in der Dunkelheit versank, dass er an seinem Kummer starb und nach seinem Tod zu einem Daemon wurde. Sein Biss infizierte die Menschen und so wurde die Rasse der Daemonen geboren. Aber einer muss den Anfang gemacht haben. Du wirst dasselbe Schicksal erleben, geliebte Tochter. Du wirst der Anfang und das Ende sein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du redest Stuss“, zischte ich und hob die Hände in Hunterform. Ich zielte auf seine eingefallene Brust. „Ich helfe dir aus deiner menschlichen Hülle heraus, und danach werde ich dich exzidieren, wie jeden anderen Daemon auch. Nichts wird von dir übrigbleiben. Dein Plan ist gescheitert.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wenn ich erst meine alte Stärke erlangt, nein, übertroffen habe“, flüsterte Elias, als hätte er kein Wort gehört, „werde ich die Welt überrennen. Meine Daemonenarmee ist hier, mein Weg bereitet. Kein Distrikt wird mir widerstehen können. Sie werden alle fallen. Die Menschheit wird fallen. Der Krieg hat begonnen, mein Kind, und ich werde als Sieger daraus hervorgehen, mit dir an meiner Seite, dem ultimativen Daemon, der Dunkelheit in Person.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Weißt du, was das traurige ist?“, fragte ich. „Mein ganzes Leben hast du versucht, mich zu brechen, mich in die Verzweiflung zu treiben. Du hast meine Eltern getötet, meine Zieheltern, hast mich zum Instrument des Untergangs meines Distrikts gemacht und du hast mir Ida genommen, die ich mehr liebe als alles andere in der Welt. Aber ich bin immer noch hier. Ich kämpfe immer noch gegen dich an. Ich habe Freunde, die mich unterstützen. Du hast versucht, mich abzuschotten und zu isolieren, aber das ist dir nicht gelungen. Du kannst dir deine Experimente und Welteroberungspläne sonst wohin stecken.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du wirst sehen … dass ich … Recht behalten werde …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias‘ Kopf sackte zur Seite. Er hatte die restliche Kontrolle aufgegeben. Die Klaue hinter dem Tisch zuckte, krallte sich zusammen. Grollen erfüllte den kleinen Raum. Von draußen erklang Idas schrilles Kreischen, gefolgt von Schreien der Hunter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er ruft sie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„RELICTUS!“ Mit letzter Kraft schleuderte ich den Austreibungsschlüssel in seine Richtung. Ich sah ihn zum ersten Mal mit meiner neuen Sicht. Ein gleißend weißer Lichtstrahl traf auf Robert Hills Brust und füllte seinen ganzen Körper mit Licht aus. Dunkelheit sammelte sich hinter seinen geschlossenen Lidern, in seinem Mund. „RELICTUS!“ Der zweite Lichtblitz traf den gealterten Mann mitten ins Herz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Kinn sackte herab, der Kopf fiel ihm in den Nacken, und zäh wie Teer zerrte sich die schwarze Masse von Elias aus dem leblosen Körper seines Wirts heraus. Er landete als formloser Klumpen auf dem Teppich. Stöhnend wälzte sich die Pfütze, bis sie sich langsam zusammenzog und die lose Form eines Daemons annahm. Die kugelrunden Augen glommen schwachgelb und trüb. Die Zähne schienen matt im geöffneten Maul.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Von draußen wurden die Rufe lauter. Das blaue Netz, das Elias mit jedem seiner erschaffenen Daemonen verband, zog sich langsam enger. Sie kamen. Mein Blick wanderte zu der eingerissenen Glasfassade nach draußen, wo eine Armada aus Daemonen durch alle Straßen und Gassen auf den Parkplatz und das Rathaus sprintete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wartete. Wartete. Wartete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida packte zwei Daemonen im Lauf und zerriss sie in der Luft. Ein dritter huschte zwischen ihren Beinen hindurch, doch die nächsten vier verschlang sie in Sekundenschnelle.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lass es reichen, dachte ich und hob die Hände. Ich wandte mich zu dem winzigen Daemon zurück, der auf die gewaltige Pranke zu krabbelte. „Deine Zeit ist abgelaufen, Elias“, sagte ich und zielte. „Occi—“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ramonas Arm rauschte über Elias hinweg auf mich zu und schmetterte mich mit aller Kraft gegen die Wand. Ich spürte das Knacken meiner Rippen, schmeckte das Blut in meinem Mund. Die Klaue zog sich zurück und ich rutschte zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stöhnend sank ich in mir zusammen, unfähig, mich zu bewegen. Mein Atem ging rasselnd. Mein Pulli fühlte sich feucht unter der Winterjacke an. Die Polsterung hatte mich vor dem schlimmsten des Aufpralls geschützt, aber trotzdem konnte ich nicht glauben, dass ich noch lebte. Selbst mit so wenig Platz zum Schwungholen hätte Ramonas Stärke ausreichen sollen, um mich wie eine Fliege an der Wand zu zermalmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das will er nicht, dachte ich träge und spuckte Blut aus. Ich sollte ihn nicht davon abhalten, sie zu fressen, aber er wollte auch nicht, dass ich starb, bevor ich mich nicht selbstständig in einen Daemon verwandelt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eli…as“, brachte ich hervor. Meine Stimme war fast vollständig verschwunden. Ich konnte kaum den Atem aufbringen, um dieses eine Wort zu sagen. Ich wusste nicht einmal, warum ich es gesagt hatte. Ich wollte ihm sagen, dass sein Kampf sinnlos war. Dass Ida all seine kleinen Daemonen fressen und schließlich ihn oder Ramona besiegen würde, wer immer von den beiden die Kontrolle behielt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In dem Moment erzitterte meine Verbindung zu Ida. Der graue Strang, der uns verband, wurde nach seinem Riss nur noch durch vereinzelte Fäden zusammengehalten, die sich jetzt langsam auflösten. Etwas geschah dort unten, etwas, das Idas Selbstbeherrschung zerreißen ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Antwort kam mir fast augenblicklich. Erst William. Jetzt die Daemonen. Es geschah dasselbe, wie damals, als sie Isaac komplett verschlungen hatte. Ida war nicht mit der schieren Masse fertig geworden. Sie hatte nicht die Kontrolle verloren, aber sie war verwirrt gewesen, abwesend, manisch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn sie jetzt zurückmutierte, sich in den brutalen Daemon zurückverwandelte, als den ich sie aufgefunden hatte, würde Distrikt 16 es nicht nur mit einer, sondern mit zwei Daemonenköniginnen zu tun haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann war alles verloren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vielleicht sogar die ganze Menschheit, so wie Holland es prophezeit hatte. Genau wie er hatte ich Ida in eine Kriegsmaschine verwandelt, um sie für das Gute einzusetzen, ohne das Risiko zu bedenken, falls sie die Kontrolle verlor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Bewusstsein glitt mir durch die Finger, doch ich zwang mich, wachzubleiben, der unendlichen Müdigkeit und dem Schwindel von dem Blutverlust nicht nachzugeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn ich jetzt ohnmächtig wurde, war alles aus. Ich war die Einzige, die Ida aufhalten konnte, die einzige, auf die Ida eventuell noch hören würde, wenn sie die Kontrolle verlor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und Ida war die Einzige, die Ramona besiegen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stöhnend lehnte ich mich zur Seite, öffnete den Reißverschluss meiner Jacke und betastete meinen Brustkorb. Ich war kein Arzt und hatte keine Ahnung, wie sich gebrochene Rippen bemerkbar machten, aber die Dellen in meinem Brustkorb fühlten sich verräterisch danach an. Während ich um die Kontrolle meiner Knie kämpfte und versuchte, mich aufzurichten, ohne vor Schmerzen aufzuschreien, sah ich zu Elias hinüber. Er hatte sich in Ramonas Daumen verbissen und begonnen, kleine Stücke aus ihr herauszureißen. Zu Anfang würde es ihm noch schwerfallen, sie zu fressen, aber wenn er erstmal eine gewisse Größe erreicht hatte …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit zusammengepressten Zähnen zwang ich mich in eine gebückte, aber stehende Position, einen Arm noch immer um meinen Oberkörper geschlungen. Blut tropfte stetig unter meiner Jacke hindurch auf den Teppichboden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Verbindung zu Ida zitterte stärker. Zwei dünne Fäden rissen. Ich wollte fluchen, aber selbst dazu fehlte mir die Kraft. Wenn ich an die fünf Treppen dachte, die mich von Ida trennten, wurde mir regelrecht schlecht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah mich verzweifelt im Raum um. Gab es denn nichts, was ich verwenden konnte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fiel auf den Stuhl, auf den Schreibtisch. Es gab keine Gardinen, nur Regale voller Bücher und Dokumente. Kurz dachte ich an mein Handy, aber die Einzige, die nah genug war, um mir zu helfen, war Sam, und sie war gerade mit einem Dutzend Daemonen beschäftigt, wenn ich die Geräusche von draußen richtig deutete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann fiel mein Blick auf Ramona.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mehr als sterben kann ich nicht“, murmelte ich tonlos zu mir selbst und humpelte los. Jeder Schritt jagte schmerzhafte Stiche durch meinen Bauchraum und meine eingedrückten Rippen. Dass mein rechtes Bein inzwischen so gut wie nutzlos war, half nicht. Wie in Zeitlupe ging ich auf den Schreibtisch zu. Meine Hand fuhr suchend über das Holz, bis sich meine Finger um den Griff des Brieföffners schlossen, den ich dort bei meinem ersten Besuch bewundert hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei meinem Näherkommen hob Elias den Kopf und Ramona ballte warnend die Hand zur Faust. Ich ließ die Hände gesenkt, als Zeichen, dass ich nicht versuchen würde, Elias anzugreifen. Sein Maul öffnete sich breit. Wenn es nicht so grausig aussähe, könnte es fast als Lächeln gelten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias glaubte, ich sei geschlagen. Er glaubte, ich hatte aufgegeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er kannte mich sehr schlecht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich an der Kante stand, blies mir eisiger Wind und die Schreie von Huntern und Daemonen entgegen. Ida fraß sich wie eine Verhungernde durch die Massen der Daemonen und erlaubte Takeos Gruppe so, in ihrem Windschatten die Handvoll von Daemonen zu bekämpfen, die an ihr vorbeikamen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einer merkwürdigen Ruhe, die ich in dieser Situation nie erwartet hätte, stieß ich meinen Brieföffner in Ramonas schwarze Schulter, die sich gleich neben dem Loch in der Wand befand. Umklammerte den Griff mit beiden Händen. Holte Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und sprang.[/JUSTIFY]

Kapitel 10

[JUSTIFY]Ich rutschte schneller herab, als ich gehofft hatte. Die zähe Masse von Ramonas Körper verlangsamte die ohnehin stumpfe Klinge des Brieföffners, aber es war schwer, den Öffner so zu halten, dass er nicht einfach herausrutschte. Der kalte Wind fuhr durch mein Haar, über meine Ohren und Wangen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenige Sekunden später kam ich stöhnend auf beiden Füßen am Boden an und stieß mich von Ramona weg, bevor sie auf die Idee kam, mich zu zertrampeln. Gebückt laufend und den Brieföffner noch immer umklammernd schleppte ich mich in Richtung der Hunter. Takeo und Andrew standen Rücken an Rücken und feuerten Schwächungsschlüssel auf jeden Daemon ab, der es wagte, ihnen zu nahe zu kommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam war die erste, die mich entdeckte. Bei meinem Anblick stieß sie einen Schrei aus und kam in meine Richtung gelaufen. „Coon, was ist mit dir passiert?!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kleiner Zwischenfall“, murmelte ich und ließ mich von ihr über ihre Schulter ziehen. Als mein Brustkorb sich dadurch streckte, stockte mir vor Schmerz der Atem. Feuer. Meine Rippen brannten, und Maschendraht stieß mir bei jeder Bewegung ins Fleisch. „Ida“, stöhnte ich, während ich an ihrer Seite weiterhumpelte. „Was … was ist mit ihr?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie frisst sich satt“, sagte Sam und wich geschickt einem Daemon aus, der in unsere Richtung lief, bevor einer der Hunter ihn mit einem Fixierungsschlüssel am Boden festnagelte. „Und ohne Rücksicht auf Verluste. Fast hätte sie Takeo totgetrampelt, als er ihr zu nah kam, und sie faucht jeden an, der nur in ihre Richtung schaut. Wir haben lieber etwas Abstand genommen. Was ist mit Elias? Ist er tot?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ramona beschützt ihn“, erklärte ich und deutete mit meiner freien Hand auf mich. „Sehr effektiv, wie du siehst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Shit.“ Sam drehte den Kopf, um hinter uns sehen zu können. „Ich kann es nicht erwarten, nach diesem Tag ein heißes Bad zu nehmen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich kann es nicht erwarten, diesen Tag zu überleben“, scherzte ich und zischte. Warmes Blut färbte allmählich auch meine Jeans rot. Sams Blick wanderte meinen Körper hinunter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warte, wie schlimm ist es? Du stirbst doch nicht wirklich, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mach dich nicht über mich lustig“, schnaubte ich. „Als wenn ich mich von einer stinknormalen Daemonenkönigin kaltmachen lassen würde.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, ich meine es ernst!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich auch. Lass mich hier runter … fuck.“ Stöhnend sank ich auf den Asphalt. „Gottverdammte Scheiße. Wie soll ich so kämpfen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gar nicht, wie wäre es damit?“ Sam ging neben mir auf die Knie. „Lass mich mal sehen.“ Ich versuchte, ihre Hand wegzuschlagen, aber sie war stärker, öffnete meine Jacke und schob meinen Pullover hoch. Scharf sog sie die Luft zwischen ihren Zähnen ein. „Du blutest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hätte ich dir auch so sagen können“, murmelte ich. Um uns herum tobte weiterhin der Kampf. Schreie, Kreischen, das Kratzen von Krallen auf Metall und Asphalt. Lichtblitze, rot und grün. Ida, die inzwischen um einen guten Meter gewachsen war. Ramona, die langsam aber sicher schrumpfte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist nicht witzig“, fuhr Sam mich an und betastete die tiefen Kratzer, die von Ramonas Krallen zurückgeblieben waren. Es hätte weit schlimmer ausgehen können. Immerhin waren meine Gedärme noch dort, wo sie hingehörten. „Deine Rippen sind gebrochen und du verlierst zu viel Blut. Du musst in ein Krankenhaus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sind die überhaupt noch offen?“, fragte ich heiser. Sams düstere Miene war Antwort genug. „Dachte ich mir. Alle evakuiert, nehme ich an.“ Zischend schob ich Sams Hand weg, bevor sie auf die Idee kam, mich noch weiter auszuziehen. „Irgendjemand wird sich schon um mich kümmern, wenn hier alles vorbei ist. Aber wir haben jetzt andere Prioritäten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fluchend wippte Sam zurück auf ihre Fersen. „Du hast Recht.“ Ihr Blick wanderte zu Ida. „Sie verliert die Kontrolle, habe ich Recht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah auf die Verbindung zwischen uns herab. Noch drei spinnennetzartige Fäden verbanden uns, wo vor ihrer Verwandlung ein armdicker, dunkelgrauer Strang gehangen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich musste laut sprechen, um über den Lärm der Kämpfe gehört zu werden. „Nimm Takeo und die anderen und verschwinde von hier“, sagte ich. Sam öffnete den Mund, um zu widersprechen, doch ich unterbrach sie sofort. „Sam. Bitte. Ida hat genug durchgemacht, ohne dass sie einen ihrer Freunde im Rausch umbringt. Tut ihr das nicht an. Ich sorge dafür, dass sie nicht vollkommen durchdreht, versprochen. Wenn du mir wirklich helfen willst, kannst du versuchen, Sunny zu erreichen. Ich werde einen Transport brauchen, wenn hier alles rum ist. Ich laufe keinen Meter mehr freiwillig.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam nahm meine Hände. „Versprich mir, dass du auf dich aufpasst. Denk dran, du musst meine Trauzeugin sein, wenn Henny und ich heiraten. Tot zu sein ist keine Ausrede.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aye, Captain“, sagte ich grinsend. „Hilf mir aufzustehen, dann weg mit euch.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Glaub nicht, dass wir weit gehen“, murmelte Sam, während sie mir aufhalf. „Wir suchen Schutz, aber bleiben in Sichtweite. Wenn wir eine Möglichkeit sehen, bei Ramonas Exzision zu helfen, werden wir nicht dumm rumstehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, ja“, sagte ich ächzend und ließ mich von Sam zu einem großen Steinbrocken schleppen, der aus einer Wandfassade herausgebrochen war. Sie umarmte mich ein letztes Mal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Bis später“, flüsterte sie in mein Ohr und küsste mich auf die Wange. Dann war sie verschwunden. Ihre Rufe füllten meine Ohren, als sie Takeo und den Rest davon überzeugte, Zuflucht zu suchen. Ihrer Überzeugungskraft vertrauend, wandte ich mich wieder dem Kampfgeschehen zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war nur etwa zehn Meter von meiner Position entfernt. Unruhig sah ich dabei zu, wie sie die letzten der kleinen Daemonen verschlang und sich als nächstes auf Ramonas Bein stürzte. Die Königin kreischte, als ein großes Stück aus ihrem Oberschenkel gerissen wurde und schwarzen Rauch absonderte, wo die Wunde hätte sein sollen. Aus dem Inneren des Rathauses erklang Grollen und Knurren. Ihr Arm zitterte, schrumpfte, verschwand. Elias erschien im Loch des Rathauses, groß wie ein Bär und pechschwarz. Sein Blick fand meinen, gelbe Augen trafen gelb. Einige vereinzelte blaue Linien führten noch in verschiedene Himmelsrichtungen zu Daemonen, die seinem Ruf nicht gefolgt oder zu weit entfernt gewesen waren, um ihn zu hören. Die Verbindung zu Ramona existierte weiterhin. Ida riss ein großes Stück aus ihrem Knie und verschlang die Masse, bis sie einen weiteren Meter anschwoll. Sie war größer als Isaac damals, größer als je zuvor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Einer der drei Fäden zwischen uns riss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida brüllte, schlug mit ihren Pranken wild um sich, während Ramonas freier Arm nach ihr ausholte. Er traf sie in die Mitte der Brust und schleuderte sie ans andere Ende des Parkplatzes, mitten in eine Boutique, die unter Idas schierer Masse in sich zusammenfiel und meine Partnerin unter einem Haufen Schutt begrub.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„IDA!“, schrie ich und sprang auf, bevor ich wusste, was ich tat. „IDA! HALTE DURCH!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Trümmer ruckten, als sie sich darunter regte und aus dem Stein- und Glashaufen befreite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf einen letzten Blick zu Ramona. Elias war auf ihre Schulter gesprungen und begann nun, sie systematisch aufzufressen. Ich sollte ihn aufhalten, bevor er sie vollkommen übernahm, aber wie?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der zweite Faden riss. Ich starrte auf die Verbindung zwischen uns, das letzte bisschen, das Ida noch von totalem Kontrollverlust trennte. Meine Augen fanden Ida.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hatte ich je wirklich eine Wahl gehabt?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ungeachtet der Schmerzen und meines röchelnden Atems humpelte ich los. Mein rechtes Bein bewegte sich nicht mehr. Blut tropfte stetig meine Jeans herab und ich lief gebückt, einen Arm um meine Mitte geschlungen, den anderen seitlich haltend, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch fünfzig Meter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vierzig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Atem ging rasselnd. Alles in mir schrie danach, stehen zu bleiben, meinen Körper zu schonen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch dreißig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich konnte nicht mehr. Die Verbindung zu Ida bebte, vibrierte. Sie war so nah. So nah, und doch so fern. Tränen strömten über mein Gesicht. Ida rappelte sich unter dem Schutt auf. Ihr feindseliger Blick fiel auf mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch zwanzig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida!“, rief ich und versuchte vergeblich, mich aufzurichten. „Ida, gib nicht auf! Komm zu mir!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch zehn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Pranke schoss vor, geradewegs auf mich zu, doch ich wich nicht aus, reagierte nicht, schleppte mich nur weiter vorwärts. Ihre Hand verharrte starr in der Luft. Ich duckte mich daran vorbei. Hinter mir erklang Ramonas erbärmliches Kreischen. Elias war fast fertig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Keine Zeit mehr. Keine Zeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch fünf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vier.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Drei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida brüllte mich an, ihr Atem stank nach faulen Eiern. Sie lehnte sich zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Faden zuckte. Ich ließ ihn nicht reißen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich überlagerte meine Hände, formte das dreieckige Loch zwischen meinen Handflächen, tat, was seit Gründung der Hunter, seit Beginn der Exzisionen niemand getan hatte. Ich durchforstete mein Gedächtnis nach all den lateinischen Begriffen, die in der Geburtsstunde der Hunter ausgetestet worden waren, als noch jeden Tag neue Schlüssel gefunden und aufgrund ihres fehlenden Nutzens wieder verworfen wurden. Erinnerte mich an eine Unterrichtsstunde von Sam, als Ida und ich sie ungesehen beobachteten. Und ich sprach den einen Schlüssel, von dem ich nie gedacht hatte, dass ich ihn jemals benutzen würde. Das Gegenstück der Austreibung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„COMMUNIS!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein schwarzer Lichtblitz durchfuhr meinen ganzen Körper, sammelte sich in meinen Handflächen und schoss auf Ida zu. Das Licht explodierte. Ihr schwarzer Körper zerfloss zu einer Säule aus purer Dunkelheit, einem Strudel ihrer Masse, der sich bedrohlich auf mich zu bewegte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich ließ die Arme sinken und schloss die Augen. Öffnete meinen Mund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Essenz durchfuhr mich wie eine Welle aus dickflüssigem, schwarzem Öl. Ich bekam keine Luft. Sie erstickte mich mit ihren Eindrücken, dem zwiegespaltenen Bewusstsein, das sie seit ihrer Mutation plagte. Ein winzig kleiner Teil in ihr war noch Ida, zu traurig über meinen Tod, um den Kampf gegen die Daemonenseite zu gewinnen. Ich sah nur einen kurzen Moment in die Tiefen ihrer Seele, wo meine Ida eingerollt lag und es nicht schaffte, sich durch die Dunkelheit zu mir durchzukämpfen. Genauso schnell fiel ein Vorhang aus Hunger und Blutdurst über mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mehr, mehr, Daemon-Ida wollte mehr. Mehr Masse, mehr Stärke, mehr Kämpfe. Sie hasste diesen kleinen Körper, in dem ich sie gefangen hatte, verabscheute die Tatsache, dass meine Gliedmaßen mir noch gehorchten, dass es so schwer war, einen so kaputten Körper zu bewegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sidere, schrie ich in Gedanken. Sidere, Sidere, Sidere!                            [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stellte mir die grünen Ranken vor, wie sie aus dem schwarzen Nichts schossen und Idas daemonische Seite umklammerten, zu Boden rissen, festhielten. Ich wiederholte die Worte in meinem Kopf wie ein Mantra, bis ich in der Ferne den hellen Schimmer von Ida entdeckte, wie sie zusammengekauert dasaß.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Daemon-Ida kreischte und warf sich mit aller Kraft gegen die Wände meines Bewusstseins. Wie in Trance spürte ich, dass meine Knie auf dem Boden aufschlugen, dass meine Arme herabsanken. Sie riss an den Fixierungsschlüsseln, die nur durch meine Vorstellungskraft aufrecht gehalten wurden, klammerte sich in dem Wissen fest, dass ich tot war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich bin nicht tot![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas weißes Gesicht in der Ferne hob sich. Sie rieb sich über die Augen, so als hätte sie tagelang geweint und nun keine Tränen mehr übrig. Verwirrt sah sie sich um. Konnte sie mich hören?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida, ich bin hier! Ida![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Daemon-Ida durchfuhr meinen Körper wie ein Blitz. Meine Beine zuckten, traten ins Nichts, meine Fäuste ballten und öffneten sich. Fingernägel kratzten meine Handflächen auf, wanderten meinen Hals hinauf. Würgten mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich bekam keine Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]IDA, schrie ich in Gedanken und warf mich mit aller Kraft gegen die Fesseln. HÖR NICHT AUF SIE! ICH LEBE, SIEHST DU NICHT?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Finger drückten fester zu. Es fiel mir schwerer, einen klaren Gedanken zu fassen. Was musste ich tun, um Ida zu erreichen? Meine Augen füllten sich mit Tränen, Blutgefäße platzten. Panik breitete sich in mir aus. Ich musste sie zurückholen, egal wie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es erforderte meine gesamte Selbstbeherrschung, meinen Körper aufzugeben, meine zugedrückte Kehle zu ignorieren und stattdessen tief in meine Erinnerungen zu graben. Ich projizierte den Moment, als ich regungslos im Park des Ödlands lag und Ida dabei zusah, wie sie näher kam und sich verwandelte. Zeigte ihr, wie ich später aufstand und William anschrie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas weiße Form kam näher. Dunkelheit griff mit knotigen Hände nach ihr, versuchte, sie zurück in ihre Ecke zu zerren, doch die Schatten verpufften zu Rauch, als sie ihre Haut berührten. Sie trat näher, wurde größer in meiner Vorstellung, bis ihr helles Gesicht mein gesamtes Bewusstsein einnahm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihre Hand griff nach den Erinnerungen, die wie ein blauer Schwarm Fische unter dem schwarzen Spiegel meines Bewusstseins schwammen und langsam an die Oberfläche trieben. Sie griff nach einer von ihnen, zögerte jedoch im letzten Moment.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sieh dir an, was du möchtest, flüsterte ich in Gedanken. Ich bin lebendig. Ich bin immer noch hier.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida packte einen der Fische, der aus der Nähe eher einem Seidentuch ähnelte, das im Wind wehte. Sie entfaltete ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war meine Erinnerung, wie ich Ida nach ihrer Mutation in dem Restaurant fand. Ida gab einen erstickten Laut von sich, als sie aus meiner Perspektive sah, wie sie sich als Daemon über mich beugte, die Zähne bleckte und schließlich über mein Gesicht schleckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… das bin nicht ich. das kann nicht ich sein …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Doch, das bist du, widersprach ich Gedanken. Flehend fuhr ich fort. Aber es ist noch nicht zu spät. Komm zu mir zurück, Ida. Du bist immer noch in Kontrolle. Du bist mutiert, weil du dachtest, ich wäre tot, aber ich lebe. Und ich werde weiterleben, für dich. Ich werde dich nie mehr verlassen, ich verspreche es.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas gewaltiges Gesicht füllte mein gesamtes Sein aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… warte auf mich … [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und mit diesen Worten explodierte sie in gleißendem Weiß, das alle Schatten ihres Daemons zerriss und mir die Kontrolle über meinen Körper zurückgab. Als hätte sie damit einen Zauber gelöst, zerfiel ihr Abbild in meinem Geist und ich fand mich abrupt in der Realität wieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Finger waren immer noch um meine Kehle gewickelt, auch wenn sie nicht mehr zudrückten. Ich rollte mich keuchend und würgend auf die Seite, spuckte aus und hustete so lange, bis ich das Gefühl hatte, wieder halbwegs atmen zu können. Erschöpft sank ich zu Boden, Wange auf den eiskalten Asphalt gepresst. Kleine Steinchen drückten sich in meine Haut, doch ich nahm den Schmerz kaum wahr. Mein Kopf hämmerte wie bei einem sehr schlimmen Kater, zusätzlich zu all den anderen Verletzungen, die ich mir an diesem Tag zugezogen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fühlte mich wie von einer Dampfwalze überrollt und mit Eiswasser übergossen. Eine gefühlte Ewigkeit lag ich einfach nur da. Dann fiel mein Blick auf Ramona.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oder was von ihr übrig war.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias kauerte über dem kümmerlichen Rest der Königin, der nur noch so groß war wie ein Hund. Mit einer Hand, die mich problemlos von Kopf bis Fuß umfassen könnte, hob er den Daemon auf, legte den Kopf in den Nacken und versenkte seine Zähne in dem Monster, bevor er es genüsslich verschluckte. Ein letzter Wachstumsschub durchfuhr ihn wie eine Druckwelle.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seine runden, neongelben Augen ruhten auf mir. Sein Mund öffnete sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tochter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Stimme war kaum verständlich, klang eher wie der zu stark eingestellte Bass in einem Nachtclub, der den Liedtext überdeckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vater“, sagte ich verächtlich und zwang mich, aufzustehen. Mir war schwindelig.  Meine Stimme klang rau und meine Kehle brannte. Erst die vielen Exzisionen, jetzt das Würgen … meine Stimmbänder bekamen wirklich keine Pause. „Ich bin immer noch menschlich, wie du siehst, und deine Daemonenarmee ist auch verschwunden. Läuft nicht gerade nach Plan, was?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Pochen füllte meinen Schädel und ich griff mir an die Schläfe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]… lass mich raus …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem Stöhnen legte ich beide Hände über meine Brust, gekreuzt wie bei einer Exzision. „Relictus“, sagte ich. Mein Mund öffnete sich gewaltsam und schwarze Masse strömte aus mir heraus. Es fühlte sich an, als würde ich von innen nach außen gekrempelt, so groß war Ida inzwischen, so schwer ihre Masse.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als erstes materialisierten sich ihre Finger, mit denen sie sich aus mir herauszog, als nächstes ihr Kopf und ihr Oberkörper. Ich vergaß, zu atmen. Sie verließ mich Stück für Stück, und jeder Teil von ihr, der die Luft berührte, begann erneut zu wachsen. Es dauerte mehrere Sekunden, bevor sie sich völlig aus mir gelöst hatte und vor mir stand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Hand fuhr über meinen Mund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es konnte nicht sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sah genauso aus wie zuvor. Geformt wie ein bulliger, zwanzig Meter hoher Hund mit gewinkelten Beinen wie die einer Spinne, und schwarz wie die Nacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]War alles umsonst gewesen? Hatte ich es doch nicht geschafft, Ida zurückzuholen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fiel auf die Verbindung zwischen uns, die dunkelgraue Nabelschnur, die uns zuvor nur über Seidenfäden verknüpft hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stattdessen hing nun zwischen unseren Brustbeinen ein schneeweißes, knotiges Seil, das mit Funken sprühte. Es war wunderschön. Ida blickte genau wie ich darauf hinab. Unsere Augen fanden sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wir sind eins.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Idas Stimme rang wie ein Donnergrollen durch die Luft, aber gleichzeitig hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf, voller Bewunderung und Ehrfurcht. Wie war das möglich? War es die Verbindung zwischen uns? Hatte unsere erzwungene Vereinigung etwas bewirkt, von dem ich nicht wusste?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, sagte ich und trat zu ihr, strich über das Bein, das ich erreichen konnte. Sie erschauderte bei meiner Berührung. „Weißt du, was passiert ist? Kannst du dich an alles erinnern?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Nicht so richtig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wäre sie nicht so groß, würde sie sicher die Stirn kräuseln, so wie sie es immer tat, wenn sie etwas nicht ganz verstand. Ihr Kopf neigte sich in meine Richtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Aber er ist derjenige, der für das hier verantwortlich ist, oder?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte. Idas Stimme sank bedrohlich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Dann wird er dafür bezahlen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und mit diesen Worten begann Idas Körper zu beben, zu vibrieren, sich zu verschieben. Ihre Gliedmaßen wurden länger, die Gelenke schienen sich zu bewegen, Position zu ändern. Ihr gewaltiger Kopf formte sich neu, zog die Schnauze zurück, bis stattdessen der annähernd menschliche Kopf eines Mädchens zu erkennen war. Langsam und ächzend richtete sich Ida auf. Ihre enorme Fingerspitze strich ein letztes Mal über meinen Kopf, bevor sie aufstand und sich Elias mit ihrer vollen Größe entgegenstellte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie ist diejenige, die dich zurückhält, zischte Elias und trat mit ausgebreiteten Armen auf Ida zu. Keine Sorge, Tochter. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du sie zurückholen kannst, aber ich werde sie für dich vernichten. Dann endlich kannst du deine wahre Form annehmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Versuch's doch, Arschloch!“, schrie ich zurück. „Ida, mach ihn kalt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Brauchst du mir nicht zu sagen, Coon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und so betraten sie das Schlachtfeld, meine weiße Dame und der schwarze König, der sich seine eigene Dame einverleibt hatte. Und ich? Die weiße Königin?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich tat das Einzige, was ich in dieser Situation tun konnte. Ich versteckte mich hinter einem der umgestürzten Autos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie bei dem Kampf gegen Isaac wusste ich, dass ich ab diesem Punkt nur noch im Weg stehen würde. Ida war stark. Sie war kleiner als Elias, aber ich vertraute ihr. Sie würde ihn besiegen. Sie musste. Oder der ganze Distrikt war am Ende.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war in dem Moment, als Ida sich knurrend auf Elias stürzte und ihn mit sich zu Boden riss, da Autoscheinwerfer in einer der Seitenstraßen aufblitzten. Das Röhren des Motors wurde lauter und ich erhob mich hinter meinem Versteck. Von hinter mir konnte ich Schritte hören. Sam und die anderen, vermutlich. Und der blaue Jeep mit dem Jack-Logo konnte nur einer Person gehören.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny“, rief ich erleichtert, als er mit dem Wagen zum Halt kam und Ausstieg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist mit deiner Stimme passiert?“, fragte er sofort und nahm mich in den Arm. Als ich zusammenzuckte, schob er mich vorsichtig auf Armlänge weg und begutachtete mich von oben bis unten. Sein Lächeln verblasste. „Was ist mit dir passiert?“, korrigierte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon liebt Nahtoderfahrungen“, sagte Sam. „Jetzt rein ins Auto mit dir, Sunny fährt dich zu Mary. Sie kümmert sich um deine Wunden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah betont von Sam zu Ida, die ein Stück aus Elias' Schulter biss, bevor er sie herumriss und an ihrem Arm zerrte. „Ganz sicher nicht“, verkündete ich. „Solange Ida kämpft, bleibe ich hier.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida kreischte. Ich fuhr erneut zu ihr herum, dieses Mal nicht mehr ganz so ruhig. Hatte ich Elias unterschätzt? War er womöglich viel stärker als Ida und ich hatte es nicht bemerkt?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Arm riss ab. Mit Horror sah ich dabei zu, wie Elias die Gliedmaße herunterwürgte, während Ida mit den Füßen nach ihm trat, es aber nicht schaffte, ihn von sich herunter zu hieven.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Scheiße“, murmelte ich. Bevor ich wusste, was ich tat, war ich schon auf dem Weg zum Schlachtfeld, humpelnd, verletzt und entschlossen, Elias mit bloßen Händen von Ida wegzuzerren, wenn ich musste. Sam packte mich am Arm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, stopp. Was zur Hölle hast du in deiner Verfassung vor?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ihr helfen“, fauchte ich und riss mich los. Ida hatte es geschafft, unter Elias wegzurutschen und lief nun auf ihren riesigen Beinen zum Rathaus zurück. Der Daemonenkönig streckte die Arme aus und folgte ihr. Es war ein merkwürdiger Anblick. Ich war es gewohnt, dass Daemonen wie Tiere aufeinander losgingen, aber der Kampf zwischen diesen beiden ähnelte eher einem Boxkampf zwischen Riesen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida wich seinen Schlägen mit Mühe aus, wand sich los, als er sie erneut packte, stolperte jedoch nach hinten und begrub einen Seitenflügel des Rathauses unter sich. Stahlbalken kippten in Zeitlupe zur Seite, Stein und Beton bröckelte zu Boden, Glasscherben flogen durch die Luft und spickten ihren Rücken wie einen Igel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine Hand landete auf meiner Schulter. Takeo stand neben mir, Blick auf Ida und Elias gerichtet. „Der Daemon ohne Arm ist dein Dae?“, fragte er. Ich nickte stumm. „Dann werden wir ihr so gut wie möglich helfen. Wir sind schließlich das Cross-Hatch-Team. Wird Zeit, dass wir das zeigen. Leute, Formation B einnehmen. Joey, Larissa, ihr übernehmt die fehlenden Positionen. Raccoon, du solltest dich ausruhen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein“, krächzte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon“, stöhnte Sam. „Warum bist du nur so?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„So was?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„So du!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Takeo sah mich einen Moment länger an. Aus seiner Manteltasche zog er ein mehrfach zusammengefaltetes Stück Papier heraus und reichte es mir. „Versuch, mitzuhalten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich öffnete den zerknitterten Zettel, während Takeo und der Rest der Hunter an mir vorbeigingen und sich in vier Gruppen aufteilten. Schnell überflog ich den Inhalt. Es handelte sich um einen Exzisions-Plan, so einen, wie ich ihn mir bei unserem Kampf gegen Isaac gewünscht hätte, komplett mit Intervallen, Knotenpunkten, Signalen und Mustervarianz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny schielte über meine Schulter, Augenbrauen gehoben. „Was ist das, ein Bauplan?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schnaubend schob ich den Zettel in meine Jackentasche und humpelte los. Sam war sofort an meiner Seite und half mir, auf den Beinen zu bleiben. „Du kannst kaum noch reden“, sagte sie leise. „Du kannst kaum noch stehen. Denkst du wirklich, du bist Ida in diesem Zustand eine Hilfe?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich lief weiter, wusste aber innerlich, dass sie Recht hatte. Was machte ich hier? Wären die Rollen vertauscht, hätte ich Sam längst irgendwo gefesselt und geknebelt zurückgelassen, damit sie sich nicht in Gefahr brachte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny tauchte neben uns auf. Er hielt leicht Schritt, bis wir den Rest der Hunter erreichten. Takeo führte Team B an, bestehend aus ihm und fünf anderen, das für das Hauptmuster verantwortlich war. Andrew stand an der Flanke von Team C, laut Plan die drei Hunter, die das Nebenmuster übernahmen. Team A kümmerte sich um die Fixierung. Sie mussten die Verluste abbekommen haben, denn sie waren ein Mann zu wenig, trotz der beiden anderen, die eingesprungen waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam überließ mich Sunny, während sie sich Andrews Team zugesellte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wohin?“, fragte er, und ich war ihm unendlich dankbar, dass zumindest er meine Entscheidung nicht hinterfragte. Ich deutete auf die linke Gruppe von Team A. Sie würden meine Hilfe am ehesten gebrauchen und ich fühlte mich nicht in der Lage, ungeübt die verschiedenen Muster mitzumachen. Wenn ich nur einen Fehler machte, zerfiel die ganze Symmetrie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Halb humpelte ich, halb ließ ich mich von Sunny mitschleifen. Ich hatte das ungute Gefühl, dass er mich den gesamten Kampf über würde festhalten müssen, damit ich beide Hände für die Fixierung freihatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus der Frontlinie von Team B startete Takeo seinen Countdown. Ida umklammerte unterdessen mit ihrer übriggebliebenen Hand einen der Stahlpfeiler, der aus dem Rathaus herausragte und zog ihn mit einem frustrierten Schrei aus dem Betonfundament heraus. Sie schwang damit wie mit einem übergroßen Knüppel nach Elias, der zurücksprang. Er überragte sie inzwischen um gut fünf Meter. Es war nicht unmöglich, noch gegen ihn zu gewinnen, aber es würde verdammt schwer werden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als an ihrer Seite kämpfen zu können. Trotzdem hob ich meine Arme und überlagerte meine Hände, vertraute Sunny damit, meinen Körper aufrecht zu halten, indem er einen Arm um meine Taille schlang und mich festhielt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„DREI!“, rief Takeo. „ZWEI! EINS! ABIRE!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sidere!“, erschallte es gleichzeitig aus meinem eigenen Team, sowie eine Sekunde später Mori! aus Team C.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Abire!“ Team B. „Sidere!“ Team A.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Deficere!“ Team B. „Sidere!“ Team A.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Occidere!“ Team C.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erleichtert über meine Entscheidung, Team A zu unterstützen, gab ich mich ganz dem Rhythmus der beiden anderen Teams hin und intonierte wieder und wieder Sidere, Hände stets auf Elias gerichtet, der dank Idas neugefundener Waffe nicht nah genug an sie herankam, um sie zu beißen oder in die Schusslinie unserer Schlüssel zu drängen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias und sein Team benutzten eine sogenannte gestaffelte, trigonale Leiter, auch Pyramide genannt, bei der die Schwächungsschlüssel pro Kategorie doppelt verwendet wurden, während gleichzeitig die trigonale Leiter der Kategorien auf und ab ging. Gleichzeitig ließ er Sprechintervalle zwischen den wiederholten Schlüsseln offen, damit Team C eine inverse einfache trigonale Leiter in die Zwischenräume einfügen und so das primäre Muster stärken konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Augen brannten von dem Lichtspektakel, das sich seit dem Beginn der Cross-Hatch-Exzision gebildet hatte. Die grünen Fixierungsranken schossen zu hunderten aus dem Asphalt unter Elias' Füßen, verwickelten und verknoteten sich miteinander, bis sie dick wie Baumstämme waren und schlangen sich um seine Fußgelenke und Beine. Seine Schritte stoppten, zumindest für einen Moment, bevor die Ranken bei seinen Bewegungen rissen, doch wir hörten nicht auf, neue Fixierungsschlüssel zu rufen und schon bald ähnelte der Parkplatz in meinen Augen einem Urwald.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am beeindrucktesten jedoch waren die Schwächungsschlüssel. Selbst ohne erweiterte Daemonensicht war es mir bei dem Kampf gegen Isaac gelungen, die roten Lichtfäden auszumachen. Nun wusste ich auch, weshalb. Als verstärke jeder Hunter die Schlüssel seiner Nachbarn, schossen die roten Lichtstrahlen wie Laser auf Elias zu und bildeten gigantische Kaleidoskope, wo sie aufeinandertrafen. Elias brüllte, als seine Masse sich in dichten, dunklen Rauch verwandelte und als Gewitterwolke über seinem Haupt schwebte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nun endlich wanderte seine Aufmerksamkeit zu uns. Statt Ida anzugreifen, ließ er sich auf alle Viere fallen und erschütterte den Erdboden. Ich stolperte, wurde gerade so von Sunny auf den Beinen gehalten. Einige der anderen Hunter hatten weniger Glück. Drei fielen, der Rest musste die Arme herunterreißen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Takeo klatschte schnell das Zeichen für Pause, aber der Schaden war angerichtet. Das ohnehin noch nicht sehr starke Muster verpuffte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fluchend richteten wir uns auf, doch Elias war noch nicht fertig. Er stampfte von einem Bein auf andere. Risse bildeten sich im Parkplatz, zogen sich wie blitzförmige Narben durch den Asphalt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Rückzug!“, schrie Takeo, doch es was zu spät. Ida rannte auf Elias zu, Stahlbalken wie eine Lanze vorgestreckt. Elias duckte sich darunter hinweg, griff das andere Ende und schleuderte Ida wie eine Puppe im Kreis, bis ihr Griff nachließ und sie als schwarzer Komet durch die Luft in das Hochhaus hinter uns donnerte. Schuttwolken füllten den Himmel, Beton und Glas regneten zu Boden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann brach das Gebäude ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„LAUFT!“ Takeos Stimme verlor das letzte bisschen Ruhe. „LAUFT!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Hunter rannten. Andrew packte Sam am Handgelenk und preschte nach rechts, dicht gefolgt von zwei weiteren aus seinem Team. Takeo rannte in die andere Richtung, schrie dem Rest seines Teams zu, ihm zu folgen. Ein Betonklotz krachte wenige Meter vor uns zu Boden und begrub den letzten seiner Gruppe unter sich. Blut formte eine Lache unter ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Team war ebenfalls losgesprintet, um sich in Sicherheit zu bringen. Sunny zog an mir, doch so sehr er sich auch bemühte, ich war nicht in der Lage, mehr als schnell zu gehen, und selbst das nur mit seiner Hilfe. Neben uns krachte ein weiteres Stück Mauerwerk in den Boden. Staub und Schutt lagen so dicht in der Luft, dass wir binnen Sekunden kaum noch atmen konnten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny“, keuchte ich und zerrte seine Hand von mir weg, „lass mich hier.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Blick verfinsterte sich. Hinter uns stöhnte Ida, ein Geräusch wie ein Flugzeugmotor, und erhob sich aus den Trümmern. Sofort stürzte ein weiterer Teil des Gebäudes ein. Schutt, Holzsplitter und Steine prasselten auf uns herab. „Sunny!“, fluchte ich und schubste ihn von mir weg. „Renn, verdammt!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Niemals!“ Er packte mich erneut und machte Anstalten, mich hochzuheben. Zuerst wehrte ich mich, doch dann ließ ich ihn. Solange wir von hier wegkamen, war es schneller, als mit ihm zu streiten. Hustend kämpfte Sunny sich durch den Nebel aus Staub und Stein. Als wir außerhalb des herunterfallenden Schutts standen, ließ er mich keuchend runter und sank zu Boden, wo er fieberhaft nach Luft rang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwei Dinge geschahen schnell hintereinander.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Elias warf den Stahlbalken in seiner Hand empor, fing ihn wie einen Speer und schleuderte ihn über unsere Köpfe hinweg auf Ida zu. Der Speer durchschlug die graue Wolke und hinterließ einen Radius aus sichtbarer Umgebung. Ich drehte mich mit der Flugbahn des Metallstabes um und konnte genau sehen, wie er durch Idas Kopf hindurch fuhr und sie wie einen schwarzen Schmetterling gegen die Ruine des Hochhauses heftete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah außerdem das gewaltige Stück Fassade, das im Fallen von dem Speer getroffen und in tausend kleinere, spitze Steinfragmente zerschlagen wurde. Ich sah den Regen aus Tod, der auf uns herabkam. Sah Sunny, wie er regungslos am Boden lag und wegen des Staubs in seinen Atemwegen kaum zur Luft kam. Mir blieb nur ein Sekundenbruchteil, kaum Zeit genug für eine bewusste Entscheidung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es reichte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf mich schützend über Sunny, meinen Kindheitsfreund, meine Sonne, den Jungen, den ich vor Jahren nicht gerettet und so enttäuscht hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und ich spürte den abrupten, brennenden Schmerz, als sich zwei der Steinfragmente tief in meinen Rücken bohrten.[/JUSTIFY]

Kapitel 11

[JUSTIFY]Benommen starrte ich auf Sunnys entsetztes Gesicht herab, der unter mir lag und mit einer zittrigen Hand meine Wange berührte. „Coon?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hustete. Die scharfen Kanten der Steinsplitter bohrten sich tiefer in meinen Rücken. Keuchend sank ich auf die Ellenbogen, kaum noch in der Lage, mich hochzuhalten. Sunny rutschte unter mir weg, bis er vor mir kniete und senkte mich sanft auf den Boden ab. Wieder hustete ich. Kleine Blutspritzer malten rote Punkte in die Staubschicht. Meine Sicht verschwamm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon, bleib bei mir.“ Ich spürte Sunnys Hände, die meinen Rücken entlangfuhren, um das Ausmaß meiner Verletzung zu untersuchen. Er sog scharf die Luft ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sieht wohl nicht gut aus, dachte ich abwesend. Idas Brüllen durchbrach die wattige Leere in meinem Kopf. Vorsichtig drehte ich mein Gesicht so, dass ich hinter mich sehen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie hatte sich aufgerappelt und blickte aus runden, tiefgelben Augen auf mich herab. Ihr Schrei hallte durch die Abenddämmerung, verzweifelt und voller Wut, so viel Wut … Ich schloss die Augen, presste die Zähne zusammen. Der Schmerz in meinem Rücken, meinen Rippen und meinem Bein war nur am Rande meines Bewusstseins vorhanden; schlimmer war das Gefühl, dass all meine Anstrengungen umsonst gewesen waren, wenn ich jetzt starb. Dann würde niemand mehr Ida zurückholen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie würde allein unter den Daemonen leben, ohne Identität, ohne jemanden, der sie liebte. Das konnte ich nicht zulassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du musst zu Mary“, sagte Sunny panisch. Ich schielte zu ihm hoch. Während ich über Ida nachgedacht hatte, die mit riesigen Sprüngen auf Elias zu preschte und ihn wie ein Ringer zu Boden warf, hatte er seine Untersuchung abgeschlossen. „Ich kann die Splitter nicht rausziehen, sonst verblutest du binnen Minuten.“ Er zog mich unter den Armen in eine halbwegs aufrechte Position. „SAMANTHA!“, schrie er laut und wartete, bis wenige Sekunden später ihr blonder, inzwischen sehr verstaubter Lockenkopf in Sicht kam. „Hilf mir“, flehte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam warf nur einen Blick auf mich, bevor sie entschlossen nickte und mich an den Fußgelenken packte. Gemeinsam trugen die beiden mich zu Sunnys Jeep.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist … mit Ida“, flüsterte ich tonlos. Jedes Wort schmerzte. Ich wollte schlafen. Nur schlafen. Aber ich zwang mich, die Augen offen zu halten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam sah sich rasch um. „Sie kämpft. Warte, sie … heilige Scheiße!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl Sunny sofort versuchte, mich daran zu hindern, drehte ich mich zwischen den beiden so, dass ich halbwegs sehen konnte, was auf dem Schlachtfeld vor sich ging.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war größer als Elias. Viel größer. Irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Masse aufzufächern, bis sie dunkelgrau geworden und fast auf die doppelte Größe angeschwollen war. Sie packte Elias an den Hinterbeinen und schleuderte ihn von einer auf die andere Seite, schlug ihn jedes Mal auf den zerbrochenen Asphalt, bis er benommen liegen blieb. Sie ließ ihn ein letztes Mal heftig auf dem Boden aufschlagen, bevor sie über ihm niederging und mit ihrem gewaltigen Mund seinen Arm vollständig abbiss. Ihr eigener wuchs nach und sie verdichtete sich wieder, bis sie ein tiefes Schwarz annahm. Elias trat nach ihr, doch sie packte seinen Fuß und biss diesen ebenfalls ab. Innerhalb von einer Minute hatte Ida ihn um jede seiner Gliedmaßen erleichtert und begann nun, sich durch seinen Oberkörper hindurch zu fressen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Schreie, die Elias von sich gab, waren schrill und hilflos. Er hatte versucht, Ida zu töten, um mich über die Schwelle zu treiben; stattdessen hatte er mich tödlich verwundet und Ida damit die nötige Motivation und Energie gegeben, ihn zu vernichten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wir erreichten den Jeep, als Ida seinen hundeartigen Kopf abriss und sich aufrichtete. Ich konnte meinen Kopf nicht weit genug in den Nacken lehnen, um ihr Gesicht zu sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich schrumpfte sie. Schwarze Schlieren umhüllten sie in einem Vortex aus Dunkelheit. Sam riss die Autotür hinten auf. Sunny half, mich vorsichtig bäuchlings auf dem Rücksitz abzulegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, flüsterte ich. Sam sprang vorne auf den Beifahrersitz, Sunny warf sich hinter das Steuer. Der Schlüssel drehte sich, der Motor sprang an. „Ida …“, hauchte ich erneut, nicht stark genug, es ein drittes Mal zu sagen und trotzdem hoffend, dass die beiden mich hören und warten würden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny trat aufs Gas und fuhr los. Panik schnürte meine Kehle zu, mein Herz pumpte langsamer. Ida, was ist mit Ida, ich kann sie nicht einfach zurücklassen, Ida, Ida, IdaIdaIda …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im Fahren öffnete sich plötzlich die Tür für den Rücksitz. Ich schielte über meine Schulter, Sicht bereits verschwommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das weiße Band, das Ida und mich verband, führte direkt zu der schwarzen Gestalt, die sich an dem Türgriff festklammerte, gegen den Fahrtwind stemmte und ins Auto an meine Seite hievte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war schwärzer als je zuvor. Sie hatte wieder ihre Mädchengestalt angenommen, aber ihre Augen leuchteten so gelb wie in ihrer Daemonenform und sie anzusehen war, als blicke ich in das Zentrum eines schwarzen Lochs, in ein Universum ohne Sterne.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie krabbelte an meine Seite, fuhr mit ihren eiskalten, festen Fingern über meine Wunden und meine Wange.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Coon, bitte nicht sterben. Nicht nochmal.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich geb mir Mühe“, murmelte ich in ihre Hand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida schniefte und rieb sich über die Augen, obwohl ich wusste, dass sie nicht weinen konnte. „Wie ist dein … Zustand?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich bin nicht sicher. Es fühlt sich an, als wäre ich ein Dae, aber kurz vor der Verwandlung. Ich kann nicht weiß werden, Coon. Ich hab es versucht, aber es ging nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie klang am Boden zerstört. Ich wollte ihr sagen, dass alles gut werden würde, dass sie bald wieder fliegen würde, dass es nur an der vielen Masse lag, wie bei Isaac. Aber ich brachte es nicht übers Herz, sie anzulügen. Ich wusste, dass Dae von einer unkontrollierten Mutation nicht zurückkehrten. Sie konnten ihre Erinnerungen zurückerlangen, so wie Elias. Aber ich fürchtete, dass Ida für immer an der Schnittstelle gefangen bleiben würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie lang noch?“, fauchte Sam vorne. Sie tippte fieberhaft auf ihrem Handy. Meine Kraft schwand. Wann immer ich blinzelte, schlief ich für einige Sekunden ein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mary ist nicht mehr in der Basis, sie ist bei den Evakuierten“, erklärte Sunny durch zusammengebissene Zähne und nahm eine sehr scharfe Kurve. Ich gab mir Mühe, nicht vor Schmerzen zu keuchen. Es gelang mir nicht. „Tut mir leid“, rief er mir zu, „aber du hast nicht mehr viel Zeit. Und wir brauchen noch mindestens zehn Minuten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zehn? Es klang wie eine Ewigkeit. Blut sickerte unablässig meinen Rücken und Bauch herab und färbte den Sitz rot. Ich wusste nicht, ob ich so lange durchhalten konnte. Ida strich über meinen Rücken, kühlte das heiße Fleisch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Halte durch, Coon. Ich bin bei dir. Alles wird gut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nickte resigniert. Im Gegensatz zu mir schien sie keine Probleme damit zu haben, in Angesicht der Situation zu lügen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] Plötzlich gab Sunny einen Fluch von sich und der Wagen kam abrupt zum Stillstand. Er sprang aus dem Auto und lief auf die Straße. Sam krallte die Hände in das Sitzpolster.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist?“, fragte ich matt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ein Haus ist eingestürzt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida biss sich auf die Unterlippe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wir kommen nicht durch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny stieg wieder ein. Er atmete tief durch, machte aber keine Anstalten, weiter zu fahren. „Die ganze Straße ist blockiert“, informierte er uns. „Die einzige andere freie Strecke führt in ein Wohngebiet, mindestens noch einmal zwanzig Minuten Umweg.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann fahr schon los!“, fauchte Sam. Mir fielen erneut die Augen zu. Ida rüttelte mich wach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Coon, bitte …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber ich spürte, wie etwas in mir aufgab. Niemals würde ich noch eine halbe Stunde durchhalten. Und wenn ich es doch schaffte? Mary war kein Arzt. Gab es dort, wo wir hinfuhren, Operationstische, Blutreserven? Ich bezweifelte es.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alles wurde schummrig. Die Erkenntnis traf mich nicht unerwartet, aber trotzdem mit aller Härte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich würde in diesem Auto sterben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida würde sich verwandeln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie würde zuerst Sunny und Sam töten, dann jeden, der sich ihr in den Weg stellte. Bevor alle Hunter zusammengekommen waren, um sie zu exzidieren, hatte sie vermutlich den gesamten Distrikt ausgerottet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny, halt an.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny fuhr weiter, schien mich nicht mal gehört zu haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny“, wiederholte ich, doch Sam unterbrach mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir halten nicht an, Coon!“, schrie sie und drehte sich auf ihrem Sitz zu mir um. Ihre Augen waren rot und verheult. „Wage es nicht, jetzt aufzugeben. Ich habe dich nicht all diese Jahre ertragen, nur damit du jetzt einen auf Heldentod machen kannst!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sam“, murmelte ich und rollte mich ein kleines Stück auf die Seite, um sie besser sehen zu können. „Es hat … keinen Zweck. Ich werde sterben. Und Ida wird … Ida wird …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich konnte es nicht aussprechen. Ida fing meine herabhängende Hand ein und faltete ihre Finger in meine eigenen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich kann dich endlich anfassen. Nimm mir das nicht weg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, flehte ich und drückte ihre Hand so fest, dass es wehtat. „Du bist für mich das wichtigste auf der ganzen Welt. Ich liebe dich, ich liebe dich so sehr. Aber wenn ich sterbe, wirst du dich wieder verlieren und ich kann nicht … ich kann nicht ruhigen Gewissens gehen, wenn ich weiß, was nach meinem Tod passiert. Du musst dich an Sam binden. Sie wird sich gut um dich kümmern, genauso gut wie ich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Nein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida, bitte —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich kann nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du hast es schon mal gemacht“, entgegnete ich. „Ganz zu Anfang war dein Vater dein Anker, weißt du nicht mehr? Aber du hast den Fokus gewechselt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Weil ich dich lieb hatte. Weil ich um jeden Preis bei dir bleiben wollte. Ich kann nicht einfach meine Gefühle ändern![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie könnte ins Ödland zurückkehren“, schlug Sunny tonlos vor. Er war langsamer geworden, ob es an den engeren Straßen oder der Gewissheit lag, dass ich nicht lebendig ankommen würde, konnte ich nicht sagen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida sah mir in die Augen.[/JUSTIFY]

>Oder ihr exzidiert mich.

[JUSTIFY]„Nein“, sagte diesmal ich. „Kommt nicht in Frage.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon …“, flüsterte Sam und lehnte sich über ihren Sitz zu uns. Tränen rollten ungehemmt ihre Wangen hinab, aber ihre Stimme blieb stark. „Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit, die wir haben. Sie wird nicht rechtzeitig ins Ödland zurückkehren. Selbst wenn, sie ist zu stark. Sie hat die Masse von zwei Königen. Ich habe noch nie einen Daemon dieser Größe gesehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ihr rührt Ida nicht an!“ Meine Stimme brach, ich musste husten, stöhnte bei dem Schmerz auf, der durch meine Rippen und meinen Rücken schoss. Ich hatte keine Zeit für diese gottverdammten Diskussionen. Mir war schwindelig, und ich war so müde …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick landete erneut auf Idas tiefgelben Augen. Die Idee traf mich wie ein Blitzschlag.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, sagte ich leise. „Beiß mich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie starrte mich an. Schüttelte wie in Trance den Kopf. Ihre Finger krallten sich in meine Hände.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Aber dann wirst du sterben![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich sterbe so oder so“, sagte ich, plötzlich mit neuer Kraft. „Außerdem habe ich dir versprochen, bei dir zu bleiben. Ich habe dir versprochen, nicht zu sterben. Wir bleiben zusammen, für immer.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Du bist pechschwarz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida fuhr mit ihrer freien Hand über mein Haar.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wenn ich dich beiße, wirst du sofort zu einem Daemon. Ich will das nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann darf ich nicht schwarz sein, wenn es geschieht.“ Ich sah zu ihr hinauf. „Hilfst du mir?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida sah mich ausdruckslos an. Dann füllte Härte ihre Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Lass mich rein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich öffnete gehorsam den Mund. Ida senkte den Kopf zu mir herab und als würde ein unsichtbarer Sog an ihr ziehen, verschwand sie in mir. Ich spürte sofort, was sie vorhatte. Sie ließ meinen Körper in Ruhe, konzentrierte sich nur auf meine Erinnerungen und Gefühle, meine Vergangenheit. Zum ersten Mal in meinem Leben ließ ich sie in jede Ecke, jeden Winkel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war gnadenlos.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„… du fühlst dich schuldig …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ihre dunklen Finger förderten Erinnerungen zu Tage, Lorene, Ida selbst, wie sie tot in meinen Armen lag, Daniel, Andrew nach meiner Zurückweisung seiner Gefühle, Rocks Stimme am Telefon, nachdem ich seine Anweisungen missachtet und Zerstörung auf Distrikt 16 heraufbeschworen hatte, Sunnys Anschuldigungen im Büro des Jack-Verleihs.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„… du bist nicht verantwortlich dafür, was andere menschen und daemonen tun …“, erklärte Ida mit eindringlicher Stimme, die an meinen Schädelwänden widerzuhallen schien. „… ein daemon hat mich und lorene gebissen, nicht du. schwäche ist kein verbrechen. daniel wurde von seinem vater getötet, nicht von dir. es ging zu schnell, du hättest nichts mehr für ihn tun können. rock gibt dir die schuld für den daemonenangriff, aber es war elias, der ihn in die wege geleitet und uns benutzt hat. wenn du schuld bist, dann auch ich. lass los, coon …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich versuchte es. Gott, ich versuchte es. Ida und Sunny hatten mir bereits meine Fehler vergeben. Es war nicht fair, ihre Worte abzuschütteln und mich stattdessen in Selbstmitleid zu suhlen. Aber Chris hatte mir Lorenes Tod nie vergeben. Rock war in seiner Schuldzuweisung ebenfalls sehr deutlich gewesen, und ich wusste, dass er Recht hatte. Ich konnte nicht aufhören, mir deswegen Vorwürfe zu machen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Je länger sich meine Gedanken in diesen Bahnen drehten, desto unruhiger wurde ich. Was, wenn ich es nicht schaffte, rechtzeitig grau zu werden? Würde es meine Schuld sein, wenn Ida sich verwandelte, wenn ich zu einem Daemon wurde?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„… coon …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es tut mir leid.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In meinem echten Körper kniff ich die Augen zusammen. Ich weinte, aber ich wollte nicht, dass sie oder Sam es sahen. Es war schlimm genug, dass ich sterben würde. Alles fühlte sich unwirklich an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wir haben keine Zeit mehr, dachte ich. Ich halte nicht mehr lange durch. Du musst es jetzt tun, Ida.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„… aber du bist noch genauso schwarz wie vorher! …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kriege das hin, dachte ich fieberhaft. Vertrau mir, Ida. Ich habe es dir versprochen, oder?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich stand Ida vor mir in Gedanken, pechschwarz und mit ausgebreiteten Armen. Ich stellte mir vor, wie ich zu ihr ging und sie in eine Umarmung zog. Es fühlte sich fast echt an. Etwas sagte mir, dass mein Körper bewusstlos war. Sam würde glauben, ich sei schon tot. Vielleicht schrie sie mich in diesem Moment an, ich solle aufwachen. Sunny würde den Wagen angehalten haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schick die beiden weg, flüsterte ich in Idas Ohr. Und falls ich mich doch verwandeln sollte ich habe dich so unendlich lieb, Ida.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schniefte und presste ihre Nase gegen meinen Bauch. „… ich dich auch, coon. mehr als alles andere …“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann verschwand sie aus meinem Geist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es ist nicht meine Schuld. Ich zwang mich, diesen Gedanken zu wiederholen, bis er wie ein Strudel in meinem Kopf wurde. Ich stellte mir vor, wie er alle negativen Gefühle mit sich riss und aus mir verbannte. Aber wann immer ich mich bereit fühlte, die Schuld abzuschütteln, tauchte vor meinem geistigen Auge das Bild eines der toten Hunter auf der Grenzmauer oder in den Straßen auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wollte nur Ida beschützen, dachte ich fieberhaft. Ich wollte nur Elias ausschalten, bevor es zu spät ist. Ich wollte nur … ich wollte nur diejenigen beschützen, die ich liebe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Stille legte sich über meine Gedanken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Abwesend spürte ich Zähne, die sich in meinen Hals bohrten, hörte das Echo von Idas letzten Worten, fern, so fern …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Komm zu mir zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dasselbe, was ich zu ihr gesagt hatte, kurz bevor sie die Kontrolle zu verlieren drohte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte nichts Böses gewollt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte nur beschützt, was ich liebte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war zurück. Ich hatte Ida zurückgeholt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte Schlimmeres verhindert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida war … zurück …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie … war …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Herz schlug einmal, zweimal. Ein letztes, verzweifeltes Zusammenziehen, bevor das Gift es durchflutete und lähmte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor es stillstand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

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[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[RIGHT][RIGHT]Bevor ich starb.[/RIGHT][/RIGHT]
 

 
 

 
 

 

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fühlte nichts. War leer, losgelöst. Ich entstieg mir selbst. Öffnete die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich saß auf der Straße, neben dem blauen Jeep. Ida kniete vor mir, schwarz wie die tiefste Nacht, ihre Augen leuchtende Monde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Coon?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vorsichtig senkte ich den Kopf und sah auf meine Hände herab. Ich war dunkel. Fast schwarz. Aber die weiße Verbindung zwischen uns bestand noch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Ich wollte dich nur beschützen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Stimme brach und ich streckte meine Arme nach ihr aus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Und das habe ich getan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei meinen Worten zerfloss die Dunkelheit und ließ mich mausgrau zurück. Sie fiel in meine Umarmung und hielt mich so fest umklammert, dass mein echter Körper vermutlich zerbrochen wäre.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte Fehler gemacht. Aber ich war nicht für das Schicksal der Welt verantwortlich. Nur für Ida. Und zumindest sie hatte ich nicht im Stich gelassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh Gott, Coon.“ Ich hob den Kopf und sah zu Sam hinüber, die mit einer Hand vor dem Mund an den Wagen gelehnt stand und nach Luft schnappte, so als hätte sie eine Panikattacke. Sunny sah in meine ungefähre Richtung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hat es geklappt?“, fragte er ängstlich. „Ist sie hier?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Natürlich. Sunny besaß weder die Sicht, noch trug er Sichtlinsen. Sam nickte stumm und kramte ein Paar Linsen aus ihrem Mantel. Kaum, dass er sie eingesetzt hatte, erstarrte Sunny. Er sank auf den Boden herab. „Du bist hier“, flüsterte er. „Ich dachte … ich dachte, du wärst für immer fort.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zwinkernd sah ich zu Sam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Es gibt da noch eine Hochzeit, auf der ich als Trauzeugin erwartet werde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam schluchzte auf und fiel mir um den Hals, heulend und halb in mir versinkend. Es war ein merkwürdiges Gefühl. Kopfschüttelnd sah ich an meinen beiden Anhängseln vorbei auf meinen Leichnam hinab. Ich sah mitgenommen aus, Gesicht blutleer, Hände voller Schrammen, die Jacke getränkt mit Blut. Die Wunden, aus denen Ida die Steinsplitter gezogen hatte, sahen aus der Nähe grausam aus. Ich schluckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tot.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war tot. Das durfte ich nicht vergessen. Mein Blick fiel auf Ida herab, die sich weigerte, mich loszulassen. Ich zog sie fester an mich. Lächelte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es gab schlimmere Schicksale, als zu sterben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

 

 
 

Acht Monate später …
 

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sam trug ein cremeweißes Brautkleid, das ihre weiten Hüften umspielte und ihre Taille betonte. Ihr blonder Lockenschopf war kunstvoll hochgesteckt. Henny war in einen schneeweißen Hosenanzug gekleidet, ihre Augen dramatisch geschminkt. An ihren Fingern blitzten die filigran verwobenen Goldringe, die sie zusammen ausgesucht hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In der ersten Reihe, bei Sams und Hennys Eltern, saß Sunny in einem dunkelblauen Anzug. Er war an meiner statt als Sams Trauzeuge erschienen. Mein Tod hatte die beiden eng zusammengeschweißt, obwohl wir uns regelmäßig zum Kartenspielen und Quatschen trafen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich selbst saß in der zweitvordersten Reihe des Saales, in dem die Trauung stattfand, Ida dicht an meiner Seite. Licht fiel in breiten Streifen durch die hohen Glasfenster zu beiden Seiten und füllte den Raum mit Gold. Unsere Sitze waren mit Kärtchen reserviert worden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In Gedenken an Raccoon Thynlee und Ida Clark, treue Freunde bis zum Schluss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In Anbetracht der Tatsache, dass meine Beerdigung viele Monate zurücklag und nur eine Handvoll Menschen wusste, dass ich als Dae weiterexistierte, war es die einfachste Lösung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf der erhöhten Plattform zog Henny Sam zu sich, hob ihren Spitzenschleier zur Seite und küsste sie grinsend auf die Nase, bevor Sam sie kurzerhand am Hinterkopf packte, herabzog und ihre Lippen mit den eigenen verschloss.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Saal brach ich tosenden Beifall und Pfiffe aus, allen voran Rock und Mary, die eine Reihe vor uns gleich neben Sams Eltern und Familie saßen. Mary trug Rosie in ein Tuch um die Brust gewickelt; das kleine braune Mädchen mit den pechschwarzen Locken lugte über ihre Schulter hinweg zu uns und lachte glucksend, wann immer Ida ihr schüchtern zuwinkte. Ihre Sicht war natürlich. Lächelnd sah ich die Kleine an. Es würde mich nicht wundern, wenn sie genau wie ich in der Lage war, Daemonenspuren zu sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei Rocks Anblick sank meine gute Stimmung ein wenig. Ich ließ die Hände sinken, versuchte, nur auf Sam und Henny zu schauen, die es nicht schafften, sich voneinander zu lösen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er kriegt sich schon wieder ein, totes Äuglein“, murmelte Paige zu meiner Linken und lehnte sich unauffällig in meine Richtung. „Gib ihm noch ein paar Monate Zeit, dann ist alles wieder beim Alten.“ Ich schnaubte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Acht Monate reichen ihm nicht?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er ist ein Sturkopf, genau wie du.“ Paige ächzte, als sie sich noch weiter zu mir lehnte. „Mary wird ihn schon zurechtstutzen. Du bist immerhin Rosies Patin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Ich fühle mich nicht so.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wer fühlt sich schon je irgendwie.“ Sie schielte zu mir. „Euer Plan steht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nickend strich ich über Idas Kopf. Mein Arm, weiß wie Milch, färbte sich zum Handgelenk hin dunkler, wo meine rabenschwarze Hand einen Kontrast bildete. Es hatte mich ein halbes Jahr, Williams Trick zu erlernen, aber jetzt konnte ich zumindest wieder meine Hände benutzen, auch wenn ich die Fähigkeit noch nicht perfekt beherrschte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Wir reisen morgen früh ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Paige nickte abwesend. „Takeo wird dich vermissen. Also, nicht dich persönlich. Er mag dich immer noch nicht sonderlich, aber er hat nur Positives über deine Fähigkeiten zu berichten, und der Junge ist nicht zimperlich mit Kritik. Ihr habt ihm ganz schön beim Aufräumen geholfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Und Andrew?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gebrochene Herzen heilen nicht über Nacht, wie du sicher weißt, schon gar nicht, nachdem du so ein kolossales Debakel hervorgerufen hast, aber sie heilen. Mach dir wegen dem Jungspund keine Sorgen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich vermisse ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida sah zu mir hoch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Können wir ihn nicht mitnehmen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Traurig schüttelte ich den Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Er würde nicht mitkommen wollen. Außerdem ist es im Ödland zu gefährlich. Wir wollen Distrikt 15 wieder bewohnbar machen. Da können wir keine Ablenkung gebrauchen, schon gar nicht, wenn wir die nächsten Monate dort verbringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie schmollte, nickte aber und sah zurück zu Sam und Henny, die nun Arm in Arm vom Plateau stiegen und durch die Sitzreihen liefen. Der Rest der Versammlung erhob sich ebenfalls, laut redend und hungrig auf die angekündigte Hochzeitstorte, die Mary den beiden geschenkt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hatte erwartet, dass Paige uns gehen lassen würde, sobald wir den Saal hinter uns gelassen hatten, aber sie heftete sich an unsere Fersen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe da noch einige Fragen“, gestand sie, als wir etwas abseits der Festlichkeiten in einem Flur stehenblieben. Obwohl der Großteil der Anwesenden uns nicht sehen konnte, lief niemand in uns hinein, so als strahlten wir eine Aura aus, der sich niemand nähern wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Grinsend verschränkte ich die Arme.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Schieß los.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Takeo hat mir zwar beschrieben, wie ihr beide jetzt kämpft, aber ich kann es mir nicht ganz vorstellen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Coon bildet mich zur Hunterin aus![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Sie frisst die meisten Daemonen, aber ich bringe ihr nach und nach die Schlüssel und Muster bei. Sie kann nicht mehr weiß werden, aber dafür ist sie praktisch unbesiegbar. Ich mache eigentlich nur die Kleinarbeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Gar nicht wahr![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Wohl war. Sie kann Menschen besitzen, ich nicht. Aber dafür kann ich an guten Tagen fliegen, also sind wir quitt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Paige schüttelte fassungslos den Kopf. „Unfassbar.“ Sie zögerte. „Da ist noch etwas.“ Ich bedeutete ihr, weiterzusprechen. „Ihr zwei seid jetzt euer gegenseitiger Anker, habe ich Recht?“ Ida nickte. „Dann bedeutet das also, dass ihr nicht sterben könnt, solange ihr nicht von anderen Daemonen gefressen werdet. Wie kommt ihr mit diesem Wissen klar?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida und ich tauschten einen Blick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Darüber haben wir noch nicht nachgedacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Wir werden die Daemonen ausrotten. Was danach kommt … wer weiß. Wenn es uns wirklich einmal zu langweilig wird, die Welt von Daemonen zu befreien, können wir es immer beenden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Gemeinsam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Lächelnd zog ich Ida an mich, pechschwarz wie am Tag meines Todes.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]~Gemeinsam.[/JUSTIFY]

 



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Kommentare zu dieser Fanfic (12)
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Von:  Lady_Ocean
2023-03-27T13:20:04+00:00 27.03.2023 15:20
Ich weiß gar nicht, ob ich zur Daemon-Reihe auch schon mal Kommentare dagelassen habe, aber das ist auch 'ne mega coole Geschichte! Hatte sie entdeckt, als Teil 2 fertig war, und jetzt zufällig gesehen, dass es inzwischen auch einen dritten Teil gibt. :D
Ganz schön heavy, was hier passiert ist. Der ganze Sektor ist zerstört worden. Coon hat ihr Leben verloren. Ida ist unwiederbringlich in ihrer Form als Daemon gefangen. Und sie ist stark wie eine Atombombe. Ich kann es immer noch nicht wirklich fassen. So richtig kann man das nicht als "Happy End" bezeichnen. Aber es ist unglaublich, mit wie viel Kraft Coon und Ida sich ihrer jetzigen Situation stellen. Dass sie sich einem so unglaublichen Ziel stellen wie Sektor 15 zurückzuerobern. Aber mit ihrer kombinierten Macht haben sie tatsächlich eine Chance, das zu schaffen. Und die beiden haben sich ganz in Idas Hunter-Ausbildung gestürzt. Wahnsinn! Ida wird in die Geschichte eingehen als erste und einzige daemonische Daemon-Hunterin! XD Kann Coon ihre Hunter-Fähigkeiten denn auch als Dae weiterhin einsetzen? Eigentlich schon, oder? Wahrscheinlich wird sie dann, genau wie William, immer mächtiger werden, je älter sie wird. Gott, lass diese beiden nur nie außer Kontrolle geraten.

Teil 1 und 2 dieser Reihe waren ja schon super und das ist echt eine gelungene Fortsetzung! :D
Von:  Kerstin-san
2020-12-19T11:51:12+00:00 19.12.2020 12:51
Hallo,
 
was für ein Gefühlchaos! Ich fand, dass du Coons schwere Verletzungen und wie so langsam wegdriftet, echt gut beschrieben hast. Würde sie sich nicht permanent Sorgen um Ida machen, hätte sie wahrscheinlich schon längst ihren Lebenswillen verloren. Und trotzdem gibt es dann doch noch sowas wie ein Happy End - auch wenn Coon jetzt zur Dae wurde. Langweilig dürfte den beiden Damen so schnell jedenfalls nicht werden ;)
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-19T10:47:03+00:00 19.12.2020 11:47
Hallo,
 
andere würden wimmernd am Boden leigen und sich keinen Milimeter mehr rühren, aber nicht Coon. Unfassbar, was die alles mit zusammengebissenen Zähnen durchsteht und einfach weitermacht. Das ist einfach nur noch pure Willenskraft, die sie auf den Füßen hält.
 
Ahhh, ich war so froh, als Coon zu Ida durchdringt und sie wachrütteln kann und Ida daraufhin die Kontrolle über ihre daemonische Seite gewinnt. Der Kampf war auf jeden Fall super packend beschrieben. Sowohl Ida als auch Elias schenken sich nichts und die Hutner versuchen zwar ihr bestes, um zu helfen, stehen aber doch ganz klar auf verlorenem Posten.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-19T10:15:37+00:00 19.12.2020 11:15
Hallo,
 
wuah, Ramona ist schon eine ganz schöne Hausnummer, da kommt einem Coon im Vergleich zu ihr so klein und hilflos wie eine Ameise vor. Das Elias sie so vollständig im Griff hat, dass sie sich sogar ohne jede Gegenwehr von ihm aufessen lässt - irks! Dann hoffen wir mal, dass Ida noch durchhält und schnell zuschlagen kann als der aktuell nicht in Topform befindliche Elias.
 
Und ein schickes Abseilmanöver, das Coon da am Ende auf gut Glück probiert.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-19T10:04:41+00:00 19.12.2020 11:04
Hallo,
 
ach du scheiße, das sind ja wirklich apokalyptische Zustände, die in Dsitrikt 16 auf einmal herrschen. Ich hoffe so sehr, dass es Sam & Co gut geht :(
Das Coon erstmal geschockt, wie gelähmt und voller Selbstvorwürfe ist, hast du super dargestellt und auch, dass Rock momentan alles andere als gut auf sie zu sprechen ist. Allerdings frage ich mich schon, ob der Plan nicht auch ohne Coon funktioniert hätte, indem der Daemon einfach einen Wächter am Grenztor übernommen hätte oder einen anderen Hunter, wie z.B. Sam, die ja mit Coon ins Ödland gegangen ist. Im Nachhinein natürlich sehr spekulativ und sicherlich hat Coon da ungewollt einiges verbockt.
 
Ich fand die Kämpfe gegen die Daemonen gut beschrieben, man ist irgendwie total in diesem Endzeitfeeling drin, gerade als es dann auf den Weg zur Daemonenkönigin geht.
 
Hab mich gefreut Ida wiederzusehen, auch wenn noch unklar ist, wie viel von Ida wirklich noch da ist und ob sie Coon versteht und ihr einfach nur nicht antworten kann oder ob da einfach nur noch so ein vager Instinkt da ist, der dafür sorgt, dass sie Coon nicht angreift und ihr hilft.
 
Und dann schauen wir mal, was Coon geplant hat.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-19T09:47:04+00:00 19.12.2020 10:47
Hallo,
 
auf Coon ist Verlass. So sehr sie Ida auch vermisst, würde sie nie einen kompletten Distrikt mit all seinen Einwohnern über sie stellen und ich bin wie sie der Meinung, dass Ida das genauso wenig wollen würde. Ich fands mal eine nette Abwechslung im Vergleich zu einem Haufen anderer Geschichten, die man so liest, das Coon sich eben nicht erpressbar macht und vor allem, dass sie gegenüber ihren Freunden direkt mit allem auspackt, auch was ihre Vergangenheit und Verwandlung in einen Daemon angeht.
 
Das Rock und die anderen Coon einsperren macht rein logisch betrachtet vermutlich sogar sehr viel Sinn, trotzdem ist es natürlich absolut nachvollziehbar, wie Coon darauf regiert und noch weniger überraschend ist es, dass sie dann auf eigene Faust loszieht. Mal ehrlich: Haben die wirklich gedacht, dass Coon nicht versuchen würde zu türmen? xD
 
Ich stelle mir das so, so schrecklich vor, wenn dein Körper übernommen wird und du nichts, außer hilflos zusehen kannst, wie deer Daemon deinen Körper steuert und unschuldige Menschen dabei verletzt und tötet.... Immerhin hatte Coon noch Zeit Rock zu informieren, hoffen wir mal, dass der gengu Hunter mobilisieren kann und rechtzeitig zur Stelle ist.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-18T17:59:41+00:00 18.12.2020 18:59
Hallo,
 
irgendwie steige ich noch nicht so wirklich durch, was William und Ramona wollen und wie Ida da mit reinpasst, aber ich finde es unheimlich spannend mitzuverfolgen, wie Coon schon wieder eifrig Pläne schmiedet und sich den Sekretär vorknöpft. Man kann ihr nicht nachsagen, dass sie verzagt oder mal länger den Kopf hängen lässt.
 
Und yeah, nicht nur, dass ich nicht auf die falsche Fährte mit dem Chief reingefallen bin, auch woher Coon ihre Gabe hat, hat halbwegs mit meinen Vermutungen zusammengepasst. Elias' Langzeitplan hat mich wirklich überrascht, aber irgendwie auch fasziniert. So viel akribische Planung, die er da reingesteckt hat, wow. Und alles nur dafür, um die Daemonen in die Stadt zu bringen. Puh, ganz schön harter Tobak.
 
Und das Ende ist echt herzzerreißend! Coons Verzweiflung geht mir so nahe - gerade, weil sie so selten ihre Gefühle gegenüber anderen Leuten mal rauslässt.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-18T17:39:31+00:00 18.12.2020 18:39
Hallo,
 
ich mag Sam und ihre trockenen Sprüche, kein Wunder, dass sie und Coon sich so gut verstehen.
 
Ich frage mich ja, von was die Daemonen im Ödland denn so leben, wenn alle Menschen schon tot sind oder müssen die gar keine Menschen verschlingen, um zu überleben? Auf jeden Fall wirkt es wie eine totale Selbstmordmission, auf die sich unser Trio begibt.
 
Also das Verhalten der Daemonen so einige Fragen auf: Wenn nur ein Teil Coon beschützt, während der andere Teil sofort auf Angriff eingestellt ist, gibt es da vermutlich wirklich Abstufungen, was Intelligenz und Verständnis angeht und vlt. auch sowas wie rivaliserende Fraktionen etc. - im Prinzip wie bei den Menschen.
 
William fand ich sehr interessant, weil er wenigstens bröckenweise Infos zu bieten hat und ich bin ihm genau wie Coon total auf den Leim gegangen, weil er so nett wirkte - typischer Anfängerfehler kann man da nur sagen >.<
Und dann das mit Ida! Oh nein! Was genau bezweckt William damit nur?
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-18T17:21:44+00:00 18.12.2020 18:21
Hallo,
 
und jetzt auch noch munteres Rätselraten, na super. Warum können so wichtige Nachrichten nicht einfach mal frei heraus überbracht werden, also wirklich xD
 
Und ich muss mal loswerden, wie sehr es mich nervt, dass immer alle Coon für alles, die Schuld geben bzw. ihr die Verantwortung aufhalsen. *grummel*
 
Coons Vater ein Daemon (jedenfalls interpretiere ich das spontan so und nicht nur so, als hätte ihr leiblicher Vater sich mit Daemonen verbündet, aber vlt. liege ich da auch ganz daneben)? Das fände ich eine super interessante Wendung, würde natürlich erklären, warum Coon die Daemonen überhaupt sehen kann.
Hennys Recherche scheint dem zwar entgegen zu stehen und Idas Dae-Theroie klingt auch ganz plausibel, aber vlt. liege ich ja doch richtig.
 
Die arme Coon kriegt ja wirklich keine Schonzeit. Jetzt auch noch zu erfahren, dass Rock die ganze Zeit lang wusste, dass Sunny lebt, das ist so bitter... Es ehrt Rock natürlich, dass er sein Versprechen Sunny gegenüber hält, aber dass das Coon natürlich total verletzt, ist total verständlich.
 
Auf das Ödland bin ich schon super gespannt und vor allem, wie sich unser Trio da schlagen wird. Btw, der Sekretär weiß über Coons Mission Bescheid? Spätestens jetzt wäre ich mega paraniod xD
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-12-18T17:03:10+00:00 18.12.2020 18:03
Hallo,
 
ich bin total verwirrt, dass das jetzt wirklich Sunny ist oO Oh weia... Da kann man der 12-jährigen Coon nicht mal Vorwürfe machen, ich hätte auch gedacht, dass er tot ist. Ach Mensch, da wird sie sich aber noch ewig Vorwürfe machen. Prinzipiell könnte ich schon verstehen, dass der junge Sunny damals ganz schön enttäuscht gewesen wäre, dass Coon ihn "hängen gelassen" hat, aber so als Erwachsener Mann? Na ja, bin sehr gespannt, ob es bei dieser frostigen Stimmugn bleiben wird.
 
Ich bin ähnlich paranoid wie Coon gewesen, als die dann auf den Sekretär getroffen sind. Hat er sie wirklich erkannt oder spinnt Coon sich da nur was zusammen? Ist er vlt. der Daemon? Der ominöse Anruf nachher hat nicht geholfen, das irgendwie aufzudröseln.
 
Haha, als Coon Sunny, äh ich meine, Blue dann so anschanuzt, musste ich echt loskichern. Das ist so typisch Coon xD Und was ist nur mit Mary los, von einem Daemon besessen, der mit Coon sprechen will? Sooo viele Fragen.
 
Liebe Grüße
Kerstin


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