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Ocarina of Time

von

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Feuer der Freundschaft

„Ich frage mich, warum ich von dem Fluch verschont geblieben bin.“ Link saß gemütlich mit leicht hängenden Schultern in Eponas Sattel und ließ sich in gemächlichem Tempo aus dem Wald tragen. Die Morgensonne fiel in silbergoldenen Strahlen durch die Blätter der umstehenden Bäume und malte dunkle Muster auf den mit altem Herbstlaub übersäten Boden.

„Hm?“ Navi, die auf der Kruppe der Stute saß und ihren eigenen Gedanken nachgehangen hatte, wandte sich dem jungen Mann zu, der über die Schulter mit ihr sprach. „Tut mir leid, ich hab dir nicht zugehört. Was hast du gesagt?“

„Ich habe überlegt, warum ich offenbar vor dem Fluch geschützt bin. Ich kann in den Kokiri-Wald kommen und gehen, wie es mir passt. Dabei bin ich kein Waldwesen so wie du oder ein Tier wie Epona. Der Fluch bezieht sich nur auf die humanuiden Rassen, nicht wahr? Hylianer, Gerudo und auch die Kokiri – nur dass bei ihnen der Fluch andersherum wirkt, sie können den Wald nicht verlassen.“

Epona riss im Laufen einen Büschel saftig aussehenden Waldgrases aus und schnaubte zufrieden. Navi legte den Kopf schief und überlegte. „Ich glaube, er bezieht sich auf alle Rassen, die sich aus den Urhylianern entwickelt haben. Wusstest du, dass du dieselben Vorfahren hast wie ein Gorone?“

Die Fee kicherte, als sie an einem leichten Muskelzucken in Links Wange erkannte, dass er das Gesicht verzog. „Nein, das wusste ich nicht…“

Navi nickte eifrig, obwohl Link es nicht sehen konnte, und strich ein paar lose Haare aus Eponas Fell. „Ist aber so. Als die drei Göttinnen die Welt schufen, kreierten sie auch ihre Bewohner: die Tiere, fast genauso wie du sie heute noch kennst, uns Feen und eine Gattung, die euch heutigen Hylianern nicht unähnlich war. Doch eine Gruppe Jugendlicher geriet in erbitterten Streit miteinander, worunter ganz besonders ihr jüngstes Mitglied schwer zu leiden hatte.“

Gedankenverloren knetete Navi den Saum von Eponas Satteldecke zwischen ihren Fingern, während sie weitererzählte: „Irgendwann wurde es so schlimm, dass die Göttinnen sie und ihre inzwischen ebenfalls heftig zerstrittenen Familien getrennt haben. Eine sollte von nun an in der Wüste leben, eine im Wasser, die Dritte im Gebirge, eine andere im Wald und die Letzte in der Steppe.“

Link nickte nachdenklich. „Gerudos, Zoras, Goronen, Kokiri und Hylianer.“ „Richtig. Diese Rassen haben sich im Laufe der Jahrtausende aus den verschiedenen Familien entwickelt.“ „Aber das erklärt noch nicht den Fluch.“

Vor ihnen schimmerte das leicht gelbliche Gras der hylianischen Steppe durch die letzten Baumreihen. „Farore hatte den Kleinsten der Gruppe sehr ins Herz geschlossen und kochte vor Wut, weil die anderen ihn so schikaniert hatten. Also sprach sie einen Fluch über die anderen Familien aus, sodass sie nie wieder den Wald betreten konnten. Sie nicht und ihre Nachkommen auch nicht.“

„Und warum hat sie ihre Lieblingsfamilie ebenfalls mit einem Fluch belegt?“ Navi zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht genau. Vielleicht ist der Fluch der Kokiri nur die Kehrseite des eigentlichen Fluchs, die Farore nicht bedacht hat oder, was ich für wahrscheinlicher halte, sie hat ihn absichtlich ausgesprochen, um ihren Liebling doppelt zu schützen. So konnten die anderen nicht zu ihm zurück und er konnte sich nicht aus Sehnsucht wieder in ihre Fänge begeben. Oder Farore wollte ihn einfach immer in ihrem Bereich halten. Der Wald ist Farores Hoheitsgebiet, musst du wissen.“

„Meinst du, die Kokiri bleiben deswegen immer Kinder, damit sie Farore an den Jungen von damals erinnern?“ Navi kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Kann gut sein.“

Plötzlich schoss Link bei einem Gedanken die Schamesröte ins Gesicht und er starrte stur geradeaus, als er fragte: „Wie pflanzen sich die Kokiri eigentlich fort, wenn sie immer alle Kinder bleiben?“

„Sie schlüpfen aus Eiern“, kam die trockene und vollkommen ernstgemeint klingende Entgegnung von hinten. Überrascht riss Link die Augen auf. „Im Ernst?!“

Navi kicherte mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen vor sich hin, blieb aber eine Antwort schuldig.

Epona und ihre Reiter brachen aus dem Wald hervor und trotteten gemütlich über die Steppe, während die gelbgoldene Vormittagssonne langsam Richtung Süden wanderte.

Link streckte seinen langen Rücken und genoss die Freiheit eines unbedeckten Himmels über ihm. Das dichte Blätterdach des Waldes hatte er schon immer als seltsam erdrückend empfunden.

„Was meinst du, weshalb ich nicht von dem Fluch betroffen bin? Warum bin ich nicht genauso zu einer Pflanze geworden wie... wie meine Mutter?“, griff er seine Ausgangsfrage wieder auf.

Navi stieß geräuschvoll Luft aus der Nase aus. „Ich habe keine Ahnung. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass du der Herr der Zeiten bist. Oder der Deku-Baum war in der Lage einen Schutzzauber über dich auszusprechen. Oder... Ich hab wirklich keine Ahnung.“
 

Für einige Zeit ritten sie stumm dahin, wobei Eponas gewaltige Hufe dicke Staub- und Dreckwolken aufwirbelten, wann immer die Stute auftrat. Doch nach etwa einer Stunde krabbelte Navi über Links Rücken auf seine Schulter und blickte ihn von der Seite an. „Wohin reiten wir eigentlich?“

Der junge Mann drückte ein wenig den Rücken durch, um seine vom langen Ritt leicht steifen Muskeln zu dehnen. „Wir besuchen die Goronen. Nach dem, was ich im Kokiri-Dorf gesehen habe, mache ich mir ein wenig Sorgen um meine anderen Freunde. Ich will sehen, wie es Darunia und Hector geht.“

Navi nickte verständnisvoll, als er mit grimmiger Miene hinzufügte: „Außerdem macht mir das da Gedanken.“ Er streckte den Arm aus und deutete hoch zum Gipfel des Todesberges. Die Fee blickte auf und schnappte hörbar nach Luft. „Das... das ist grauenvoll!“

Die einstmals schneeweiße Ringwolke, die sich um den Gipfel des Vulkans wand, hatte sich in ein bedrohlich wirkendes Lilarotschwarz verfärbt und grellgelbe Blitze zuckten in unregelmäßigen Abständen durch die dunkle Wolkenmasse.

Navi biss sich auf die Unterlippe. „In den Geschichten des Deku-Baums hieß es immer, wenn der Ring des Todesberges sich verdunkelt, stünde die Welt am Rande der Apokalypse...“

Link presste die Lippen aufeinander und nickte mit einem finsteren Gesichtsausdruck. „Ich weiß. Und das da sieht irgendwie aus, als wäre der Weltuntergang schon da gewesen. Wir sollten uns beeilen. Halt dich gut fest.“

Mit diesen Worten drückte er Epona seine Hacken in die Flanken, was die Stute in einen wilden Galopp verfallen ließ.
 

Wenige Stunden später kamen Link und Navi müde und mit schmerzenden Füßen an den Stadttoren Goronias an. Epona hatte der junge Mann absichtlich zurückgelassen, da er befürchtet hatte, die vielen Stufen der steilen Treppe Kakarikos könnten ihrem Rücken schaden.

„Hier stimmt etwas nicht.“ Link war sich sicher, dass früher etwas anders gewesen war, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was.

Er zog die Augenbrauen zusammen, sodass zwischen ihnen zwei tiefe Falten entstanden, und ließ seinen Blick durch die Goronenstadt schweifen. Unter ihm erstreckten sich die vier tiefergelegenen Stockwerke, die noch immer genauso aussahen wie vor sieben Jahren.

Langsam schritt der junge Held durch die kühlen, steinernen Gänge, vorbei an buntbemalten Wegweisern und vereinzelten Donnerblumen, während er sich weiter suchend umsah.

„Eigenartig, dass ein so friedlicher und stiller Ort so beklemmend wirken kann. Nicht wahr?“ Er warf seiner Fee, die grimmig nickte und den Mund verzog, einen schnellen Seitenblick zu. „Es ist ein wenig zu still. Alles wirkt total ausgestorben.“

Link trat einen kleinen Stein vor sich her, während er auf ein tieferes Stockwerk wechselte, und überlegte laut: „Ich frage mich, wo die Goronen sind. Ob sie Goronia freiwillig verlassen haben? Es sieht nicht aus, als hätte es Kämpfe gegeben.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie gegangen sind. Das würde einfach nicht zu ihnen passen.“ Navis Stimme klang angespannt. „Vermutlich nicht“, stimmte Link zu. „Ich nehme an, Darunia wäre zu stolz, um seine Heimatstadt kampflos aufzugeben.“

Gedankenverloren blickte der junge Mann zu der verschlossenen Tür zum Thronsaal des Goronenregenten hinab, als die erschrockene Navi ihm plötzlich etwas zurief. Überrascht warf Link seiner Fee, die warnend mit den Armen durch die Luft fuchtelte und nach oben deutete, einen Blick zu.

Doch noch bevor es in sein Bewusstsein drang, was sie meinte, spürte er einen harten Schlag ins Kreuz, der ihm weißleuchtende Sterne vor den Augen tanzen ließ.

Sofort stürzte er wie ein gefällter Baum zu Boden und schrie vor Schmerzen laut auf. Sein Schrei hallte durch die gespenstische Stille der verlassenen Stadt und brach sich an den kahlen Steinwänden, während ein tonnenschweres Gewicht auf seinem Rücken ruhte und ihn flach auf den Boden drückte.

Der bittere Geschmack von Panik breitete sich in seinem Mund aus und Link versuchte, sich auf alle Viere zu stemmen, aber er bekam wegen der Last auf seinem Oberkörper nicht einmal Luft. Er hatte das Gefühl, seine Rippen müssten jeden Augenblick brechen, so fest wurde er auf den Stein gepresst.

Navi brüllte und schimpfte wie eine Furie: „Geh von ihm runter, du verblödeter Steinfresser! Was fällt dir überhaupt ein, uns von da oben einfach anzuspringen? Geröll im Hirn, oder was?!“

Ein Gorone?

Auf seinem Rücken war ein Gorone gelandet?!

Link gab vor Überraschung einen erstickten Laut von sich, während sich die Stimme seiner Fee immer mehr in die Höhe schraubte: „Beweg deinen fetten Felsenhintern! Link läuft schon blau an!“

Einen Herzschlag später fühlte der junge Mann, wie das erdrückende Gewicht von seinen Knochen genommen wurde, und er holte reflexartig tief Luft, wobei er staubigen Dreck schluckte und husten musste.

Mit einem besorgten Ausdruck in dem fein geschnittenen Gesicht landete Navi vor ihm und musterte ihn eingehend. „Wie fühlst du dich?“ „Als wäre das komplette Hylia-Massiv über mir zusammengebrochen...“
 

Doch bevor die beiden Abenteurer tiefgreifende Gespräche über den Zusammenhang zwischen zusammenbrechenden Gebirgsketten und Knochenbrüchen führen konnten, ergriff der plötzlich aufgetauchte Gorone das Wort. „Du bist Link, der Dodongo-Töter?“

„Na, jedenfalls bin ich nicht Link, die Marktplatztänzerin...“, antwortete der Herr der Zeiten grimmig, während er sich aufrappelte und vorsichtig seinen Körper nach Knochenbrüchen abtastete.

Navi warf einen Blick auf seine kurze Tunika, die ihm seit seinem plötzlichen Eintritt ins Erwachsenenalter nur noch bis knapp über den Po reichte, und grinste fies: „Bist du dir da sicher? Also, dass du keine Tänzerin bist.“

Giftig funkelte der junge Held sie an. „Sehr witzig...“

Der Gorone gab einen genervten Laut von sich und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf seinem Oberarm, während Link seinen schmerzenden Rücken dehnte. Missmutig guckend klopfte der junge Mann Staub aus seinen Kleidern und musterte den Goronen aus den Augenwinkeln.

Das Felswesen war wesentlich kleiner als erwartet und reichte Link kaum bis zu den Schultern. Außerdem wirkte es zierlicher und irgendwie zerbrechlicher als der Held die Goronen in Erinnerung hatte.

„Ein Kind...“, murmelte er, während sein Blick über die großen, schwarzen Knopfaugen schweifen ließ.

Trotzig schob das Goronenkind das Kinn vor und beäugte den hochgeschossenen Mann vor sich mit skeptischer Miene. „Ich bin vielleicht noch jung, doch ich bin schon jetzt mehr Krieger als es braucht, um mit euch Witzfiguren fertig zu werden!“

Link blickte fragend zu Navi, die ihre Unterlippe vorschob und mit den Schultern zuckte, als wollte sie sagen: „Frag nicht mich.“

Der Gorone drückte den Rücken durch und richtete sich zu seiner vollen Größe auf, während Link sein Gewicht auf das linke Bein verlagerte und sich leicht nach hinten lehnte.

Mit zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen legte das junge Felsenwesen all die Autorität, die es aufbringen konnte, in seine dunkle Stimme: „Hört meinen Namen und erzittert, Eindringlinge. Ich bin Link, der Goronenkrieger!“

Der Herr der Zeiten biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu lachen, und auch aus Navis Richtung kam ein seltsam prustendes Geräusch, das nach unterdrücktem Gelächter klang.

Langsam ballte der Goronen-Link seine flächige Hand zu einer Faust, während ihm die Zornesröte ins Gesicht stieg. „Ihr werdet mich schon noch ernst nehmen!“

Ohne weitere Vorwarnung ließ der Gorone seine felsenharte Faust auf Links Nase zu sausen, doch der junge Mann wand sich spielendleicht aus der Schlaglinie, ließ sich blitzschnell in die Knie fallen und holte das angriffslustige Steinwesen mit einem einzigen gezielten Tritt von den Füßen.

Laut krachend landete das Goronenkind auf seinem gepanzerten Rücken und blinzelte überrascht. „Wie konntest du so schnell ausweichen?“

Breit grinsend streckte Link ihm seine Hand entgegen und half ihm auf. „Viel Übung und gutes körperliches Erbe. Mein Vater war auch schon ein talentierter Kämpfer.“

Es war das erste Mal, dass er an den Hauptmann aus der Geschichte des Deku-Baums wirklich als seinen Vater dachte und es fühlte sich merkwürdig, wenn auch richtig an.

Nachdenklich wiegte der junge Gorone den Kopf hin und her. „Das habe ich genauso gut, also werde ich wohl mehr üben müssen.“

Mit einem aufmunternden Lächeln tätschelte Link seinem felsigen Gegenüber die Schulter, deren Haut sich kühl und glatt unter seinen Fingerkuppen anfühlte. „Das wirst du schon hin kriegen. Frag doch mal Darunia oder Hector, ob sie mit dir trainieren.“

Plötzlich füllten sich die großen Knopfaugen des Kindes mit schimmernden Tränen. „Falls Papa, Hector und all die anderen je wiederkommen...“

Mit weit aufgerissenen Augen wirbelte Navi zu dem Goronen herum. „Du bist Darunias Sohn?!“

Vernehmlich schniefend nickte der junge Goronenprinz und strich sich mit einer zitternden Hand die ersten Tränen von der Wange. „Ja. Ich bin Link I., Kronprinz der Goronen.“

Navi warf ihrem Begleiter, der grübelnd auf der Unterlippe kaute, einen nachdenklichen Blick zu, bevor sie sich wieder an den Prinzen wandte. „Das ist ein ziemlich ungewöhnlicher Name für Goronen, nicht wahr?“

Dieser nickte langsam und holte tief Luft. „Ich glaube, ich bin der Erste von uns, der je diesen Namen getragen hat. Normalerweise ist es ja ein hylianischer Name. Aber Papa hat mich nach einem guten Freund benannt, der viel für unser Volk getan hat. Link, der Dodongo-Töter und Retter der Goronen – ein echter Held!“

Link zog die rechte Augenbraue in die Höhe und kratzte sich mit einem Finger am Hinterkopf. „Ich wusste gar nicht, dass ich Patenonkel bin.“

Sofort schnellte der Kopf des Prinzen in die Höhe und er blickte aus großen Augen zu Link auf. „Also bist du doch der Dodongo-Töter! Ich wusste es! Papa hat immer gesagt, dass du kommen würdest, wenn unser Volk in Gefahr wäre.“

Unwillkürlich wanderte Links rechter Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen in die Höhe. „Stets zu Diensten. Womit kann ich dienen?“
 

Die Arme des Goronenprinzes begannen unkontrolliert zu zittern, als er mit gebrochener Stimme zu erzählen begann: „Ganondorf fordert von allen Völkern Hyrules bedingungslosen Gehorsam, doch Papa hat ihm diesen immer verweigert. Er sagt, Ganondorf sei größenwahnsinnig und gehöre gestoppt – womit er wahrscheinlich Recht hat. Aber seine Sturheit hat uns nur Ärger gebracht und Schwierigkeiten gemacht. Und vor ein paar Tagen...“

Inzwischen schluchzte der junge Gorone so sehr, dass Link sich anstrengen musste, um ihn zu verstehen. Beruhigend legte er ihm eine Hand auf die Schulter und ließ den Daumen in kleinen Bewegungen über seine steinharte, glatte Haut kreisen. „Was ist vor ein paar Tagen passiert?“ Seine Stimme war ein sanftes, streichelndes Flüstern und er fürchtete fast, seine Worte seien in dem lauten Schluchzen untergegangen.

Doch nach endlos erscheinenden Sekunden holte der Kleine tief Luft und fuhr fort: „Vor ein paar Tagen fielen Ganondorf und seine Schergen hier ein und haben alle Goronen verschleppt. Ich konnte mich gerade eben noch verstecken.“

Mit einem kurzen Kopfnicken deutete der Prinz in Richtung einer riesigen Vase mit aufgemalten Goronenköpfen und Link dachte schaudernd an die Ängste, die das Goronenkind in den Tiefen des Steingefäßes ausgestanden haben musste.

Mit einem tiefen Seufzen sprach das junge Felsenwesen weiter: „Wir Goronen sind ein friedliches Volk. Wir sind vielleicht stark und können uns einigermaßen gut verteidigen, aber wir sind keine Krieger und die anderen hatten gegen Ganondorfs Kämpfer keine Chance – zumal Papa gerade nicht da war.“

Wütend ballte Link die Hände zu Fäusten zusammen und stieß schnaubend Luft aus der Nase aus. „Was hat er mit den Goronen gemacht?“ „Sie sind in den Feuertempel verschleppt worden und sollen dem heiligen Drachen Volvagia geopfert werden.“

Ein heftiger Schluchzer drückte sich Goronen-Links Hals hinauf und neue Tränen strömten heiß über seine Wangen. „Als Papa davon erfahren hat, ist er sofort aufgebrochen, um die anderen zu retten. Aber... Link? Ich... Ich habe Angst, dass er nicht wiederkommt. Versprich mir, dass du mir zumindest Papa zurückbringst. Versprich es mir!“

Der junge Held legte dem Goronenprinzen beide Hände auf die Schultern und blickte ihm fest in die Augen. „Keine Angst. Ich werde deinen Vater und die anderen Goronen retten – so wahr ich hier stehe!“

Navi lächelte zu ihm herunter und strich sich eine ihrer langen Strähnen aus dem Gesicht. „Wie kommen wir denn am schnellsten zum Feuertempel?“
 

Das zierliche Steinwesen deutete mit einem lang ausgestreckten Arm auf die Tür zu Darunias Thronsaal, doch ein seltsamer Ausdruck huschte über sein Gesicht, so als ob ihm gerade etwas Schreckliches eingefallen wäre. „Hinter Papas Thron gibt es einen Durchgang. Aber ich fürchte fast, du wirst den Tempel nicht betreten können.” Niedergeschlagen blickte der Prinz auf seine Füße und zog geräuschvoll die Nase hoch.

„Aber die Tür wird doch zu öffnen sein.“ „Ja, das ist kein Problem, aber der Eingang zum Feuertempel liegt im Inneren des Todesberges. Uns Goronen macht die Hitze nichts aus, doch Hylianer wie du würden augenblicklich dehydrieren.“

Plötzlich meldete sich eine tiefe Stimme aus den Schatten hinter den beiden Links zu Wort: „Vielleicht kann ich in diesem Fall weiterhelfen.“

Erschrocken wirbelten Hylianer und Gorone herum, nur um in die schwarzblauen Augen des Besitzers des einzigen Ladens in ganz Goronia zu blicken.

Der junge Prinz schnappte hörbar nach Luft und streckte einen Arm nach dem unerwarteten Besuch aus. „Du bist noch hier?!“ Der Verkäufer nickte langsam und lächelte zaghaft. „Ich konnte mich schnell genug in meinem Laden verschanzen.“

Navi setzte sich auf Links Schulter und musterte den erwachsenen Goronen mit neugierigen Blicken. „Es freut mich, dass zumindest einer von euch noch hier ist. Aber wie glaubst du uns helfen zu können?“

„Hiermit.“ Erst jetzt bemerkte Link, dass der Ladenbesitzer etwas in der Hand hielt – ein rotes Stück Stoff, das er ihm nun entgegen hielt. Irritiert zog Navi ihre goldenen Augenbrauen in die Höhe und blinzelte verwirrt. „Äh... und was ist das?“

Ein wenig zögernd nahm Link dem Goronen das Tuch ab, das sich kühl auf seiner Haut anfühlte, und ließ es sich entfalten. Staunend musste er feststellen, dass es sich dabei um eine fein gewebte Tunika handelte.

„Das ist eine Goronen-Rüstung, sie wird dich vor der Hitze des Vulkans schützen“, erklärte der Ladenbesitzer.

Langsam ließ der junge Mann seine Fingerkuppen über den leicht steifen Stoff gleiten. Die Tunika schien nahezu identisch zu sein mit derjenigen, die Link am Leib trug, aber der verwendete Faden fühlte sich vollkommen anders an.

Während die Kokiri-Tunika aus weichem Leinen gewebt war, das die Körperwärme absorbierte und sogar ein wenig speicherte, erwärmte der rote Stoff sich auch nach mehreren Minuten zwischen Links warmen Händen kein Stück. Tatsächlich wirkte sie sogar noch ein wenig kälter als zuvor.

Der Ladenbetreiber fing Links verwirrten Blick auf und deutete auf das rote Tuch. „Sie ist aus den Fasern von Donnerblumenblüten gewebt und wandelt Wärme in eine angenehme Kühle um. Ich kann dir leider nicht erklären, warum dem so ist, aber das ist auch unwichtig. Bedeutend ist nur, dass du so die Möglichkeit hast, den Todesberg zu durchqueren.“

Link verzog skeptisch das Gesicht und tauschte zweifelnde Blicke mit Navi, doch der Goronenprinz nickte begeistert. „Ich habe von den besonderen Kräften der Goronen-Rüstung gehört. Dass mir das nicht selbst eingefallen ist!“

„Halt mal, bitte.“ Seufzend drückte Link Navi den roten Stoff in die Hand, zog sich sein vertrautes, grünes Gewand über den Kopf und ließ es zu Boden fallen. Ein wenig unsicher trat er von einem Bein aufs andere, während er die Blicke der anderen zentnerschwer auf sich fühlte.

Zwar verdeckte die Kokiri-Tunika nicht viel von seinem schlanken, muskulösen Körper, doch er fühlte sich dennoch nur in seiner silbernen Kettenkleidung merkwürdig nackt. Dankbar nahm er das Goronen-Gewand wieder entgegen und zog es schnell über den Kopf.

„Das passt nicht!“

Irritiert blinzelte der junge Mann zu Navi herauf, während sie ihn mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck musterte. Langsam ließ Link seinen Blick an sich herunterwandern, doch die Tunika saß perfekt, so als wäre sie extra für ihn geschneidert worden. „Was hast du denn daran auszusetzen?“

„Deine Mütze. Du kannst keine grüne Mütze dazu tragen. Das sieht lächerlich aus.“

Stöhnend verdrehte Link die tiefblauen Augen. „Ist das nicht völlig egal? Ich will doch keinen Schönheitswettbewerb gewinnen!“ Die zierliche Fee rümpfte ihre schmale Nase und verschränkte die Arme vor der flachen Brust. „Mag sein, aber mich stört es. Nimm sie ab.“

Link schüttelte schnaubend den Kopf und zog sich seufzend die lange Mütze ab, sodass seine zum Zopf gebunden Haare freilagen, was Navi ein breites Grinsen entlockte. „Viel besser!“

Der junge Mann rollte erneut genervt mit den Augen und stopfte seine abgelegte Kleidung in seinen Lederbeutel, bevor er sich dem Goronenprinzen zuwandte: „Wie komme ich in den Thronsaal deines Vaters?“

Mit einem dankbaren Glänzen in den Augen nahm der Gorone Links Hände in seine und drückte sie sacht. „Geh schon mal runter. Um das Öffnen der Tür kümmere ich mich.“
 

Wenig später standen Held und Fee vor der massiven Steintür, die zu Darunias Thronsaal führte. Mit einem wehmütigen Stich im Herzen dachte Link daran, wie er das letzte Mal hier gestanden hatte. Damals war ihm alles irgendwie fröhlicher und leichter erschienen.

Zwar hatte schon damals Ganondorf im Hintergrund gelauert, aber er hatte dennoch immer das Gefühl gehabt, dass bald alles vorbei sein und dass er auf ein glückliches Ende zuarbeiten würde.

Doch jetzt nagte die permanente Angst an ihm, zu spät zu kommen. Er fühlte sich, als würde er einem großen Käse hinterher jagen, den Ganondorf an eine Schnur gebunden hatte und immer wieder wegzog, wenn Link in dessen Nähe kam.

Gerne hätte er mit Navi über seine Empfindungen gesprochen, zu seiner eigenen Überraschung kamen jedoch ganz andere Worte über seine Lippen: „Ich habe Hunger.“

Irritiert blinzelnd wandte Navi ihm ihr Gesicht zu. „Äh...In deinem Beutel sind einige Speisen aus dem Heiligen Reich. Rauru meinte, schon ein Bissen davon wäre sehr sättigend und nahrhaft. Außerdem sollen Lebensmittel aus dem Heiligen Reich sehr lange frisch und genießbar bleiben.“

Sie zuckte kurz mit den Schultern. „Ich konnte es leider nicht für dich testen, also wirst du dem Weisen des Lichts wohl einfach vertrauen müssen.“

Gerade, als Link seine Hand in sein Ledersäckchen gleiten ließ und an etwas Essbares dachte, wurde die große Steintür, die mit roten Goronenemblemen und Zeichnungen von Feuer verziert war, mit einem lauten, schleifenden Geräusch zur Seite gezogen.

Der junge Held holte tief Luft und rief dem Goronenprinzen Dankesbekundungen zu, bevor er sich eine Handvoll säuerlich schmeckender Beeren aus dem Heiligen Reich in den Mund steckte. Mit langen Schritten durchmaß er den kleinen Saal und stellte zu seiner Überraschung fest, dass die Beeren zwar ein wenig widerlich schmeckten, aber sein Hunger tatsächlich einem wohligen Sättigungsgefühl Platz machte.

Mit nachdenklich zur Seite gelegtem Kopf schwebte Navi vor dem großen Steinthron in der Luft und ließ ihren Blick mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck zwischen Mann und Thron hin und her huschen.

Auch Link wurde bei dem Gedanken daran, diesen gewaltigen Stein zur Seite zu schieben, ein wenig anders, doch er dehnte seine Finger, so als ob er keinen Zweifel daran hatte, den Thron bewegen zu können. Langsam brachte er sich neben dem schweren Sitz, der die Form eines kubistischen Goronen hatte, in Position und stützte seine Hände, sowie den linken Oberarm gegen den kühlen Stein, bevor er sich mit seinem vollen Gewicht dagegen lehnte.

Mehrere Herzschläge lang hatte er eher das Gefühl, sich lediglich den Arm zu zerquetschen, doch gerade, als er schon aufgeben wollte, bewegte der Thron sich ein winziges Stückchen zur Seite.

Erfreut atmete Link tief durch und warf sich mit neuem Elan gegen die glatte Seite des Steins. Sogar Navi, die bisher stumm zugesehen hatte, versuchte, beim Schieben zu helfen.

Dicke Schweißtropfen kullerten über Links Stirn und fielen von seinem Kinn klatschend zu Boden, aber schlussendlich hatte er es geschafft und einen Spalt freigelegt, der breit genug war, damit er hindurch schlüpfen konnte.
 

Kaum, dass er durch den Durchgang gekrochen war, schlug ihm eine unglaubliche Hitze entgegen, die ihm die Luft aus den Lungen presste und augenblicklich seinen Mund austrocknete. Seine Augen schmerzten und tränten, während er versuchte, durch die schwirrende Luft etwas zu erkennen.

Jetzt verstand er, was der Goronenprinz gemeint hatte, als er davon gesprochen hatte, Hylianer würden im Todesberg sofort dehydrieren. Besorgt warf er Navi einen Seitenblick zu, doch die Fee schien völlig unbeeinträchtigt. Lediglich ihr silberner Glanz hätte eine rotfunkelnde Note angenommen.

Als Link versuchte, etwas zu sagen, spürte er wie seine trockenen Lippen sofort aufplatzten und schmerzende Risse bekamen. Die Goronen-Rüstung an seinem Leib schien für einen Moment zu schimmern und entfaltete dann endlich ihre volle Wirkung.

Von seinem Rücken ausgehend schoss eine Eiseskälte durch Links Körper, die ihn unter normalen Umständen hätte zittern lassen, aber mit der unwirklichen Hitze um ihn herum entstand ein angenehmer Kontrast und Links angespannte Muskeln lockerten sich zusehends.

„Wie fühlst du dich?“ Navi schwebte neben ihrem Schützling in der Luft, während er eine wackelig aussehende Hängebrücke, unter der kochend heißes Magma brodelte, eingehend inspizierte. Auf jedem freien Quadratzentimeter seiner Haut standen dicke Schweißtropfen und seine Haare klebten ihm an Stirn und Nacken, doch seine Fingernägel schimmerten bläulich.

Er warf ihr einen kurzen Blick zu und wagte sich dann auf die Brücke. „Als ob mich jemand in einen mit Eis gefüllten Sack gesteckt hätte, während drum herum ein heftiges Feuer wütet.“

Die junge Fee wollte gerade einen spitzen Spruch in seine Richtung schleudern, um ihn ein wenig zu necken, als Link wie angewurzelt stehen blieb und vor sich starrte, als ob er einen Geist gesehen hätte. Irritiert drehte Navi ihren Kopf und musste ungläubig und mit offen stehendem Mund blinzeln.

Am unteren Ende der Brücke, nur wenige Zentimeter von dem brodelnden Magma entfernt, stand Shiek und wirkte seelenruhig, so als stünde er auf einer weiten Grasfläche und nicht in der schier unermesslichen Hitze eines Vulkans.
 

Langsam kam der geheimnisvolle Mann auf Link zu, wobei er ihn mit seinem rotbraunen Auge fixierte, als könnte er ihm direkt in die Seele blicken.

Unwillkürlich machte der Hylianer einen Schritt zurück, doch der Shiekah war ihm inzwischen so nah, dass Link dessen gesenkte Stimme trotz des Gebrodels um sie herum verstehen konnte. „Wahre Freundschaft wächst, je länger sie besteht. Sie wächst im Herzen und wird mit jeder Minute stärker... Die leidenschaftliche Blüte der Freundschaft, die jetzt schon in dir reift, wird dir den richtigen Weg weisen.“

Link zog zweifelnd die rechte Augenbraue in die Höhe und stützte sein Gewicht auf sein linkes Bein.

Was zum Henker glaubte Shiek über seine Freundschaft zu den Goronen zu wissen?

Und wie schaffte er es, sich trotz der Hitze ohne Goronen-Rüstung scheinbar mühelos durch den Vulkan zu bewegen?

Für einen kurzen Moment spielte Link mit dem Gedanken, Shiek von der Brücke zu schubsen, nur um zu testen, ob er sogar im Magma schwimmen konnte.

Der Shiekah tat als würde er den skeptischen Blick seines Gegenübers gar nicht sehen und deutete auf eine flache, helle Steinplatte schräg hinter ihm. „Diese Teleportierplattformen kennst du ja bereits. Diese hier wird durch den Bolero des Feuers aktiviert. Man sagt, der Komponist habe dieses Lied dem Feuer der Freundschaft gewidmet. Passend, findest du nicht?“

In dem Auge des vermummten Mannes blitzte kurz etwas auf, doch bevor Link das seltsame Funkeln deuten konnte, war es auch schon wieder verschwunden. Mit einer fließenden Bewegung zog Shiek seine goldene Lyra hervor und stimmte die wild wirbelnde Melodie des Boleros an.

Nachdem Link das Lied fehlerfrei nachgesummt hatte, nickte Shiek ihm zu und machte ein paar Schritte zurück. Gerade, als er den Kopf abwandte, hatte der junge Held plötzlich ein starkes Gefühl des Wiedererkennens, auch wenn er nicht sagen konnte, an wen Shiek ihn erinnerte.

Schnell versuchte er, den Shiekah am Ärmel zu erwischen, doch dieser funkelte ihn aus seinem rotbraunen Auge erzürnt an und warf etwas ins Magma, das eine hohe Feuerwand entstehen ließ.

Überrascht riss Link die Arme hoch und Navi, die sich fast einen ihrer Flügel versenkt hätte, wich mit einem erschrockenen Quietschen zurück.

Als das Feuer langsam abflaute, wirbelte sie mit einem wütenden Funkeln in den Augen herum, aber Shiek war verschwunden.

Vor ihnen lag nur der dunkle, gähnende Eingang zum Feuertempel.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  obelix
2017-11-17T10:55:06+00:00 17.11.2017 11:55
hi Labrynna

das Kapitel wie immer gut zu lesen und interessant besonderst die Geschichten der 5 Familie . Wie du den innere Todesberg beschrieben hast denkt man, man ist dort im Vulkan und schwitzt sich die seele aus den leib.

Mfg Obi
Antwort von:  Labrynna
17.11.2017 13:19
Na, ein bisschen Wärme kann man bei der Schweinekälte draußen ja auch gut gebrauchen. :D

Freut mich, dass dir die Geschichte immer noch gut gefällt.


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