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Und ich schlief ein mit Musik.

von

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Sechs...

Musik.

Musik in meinen Ohren.

Ich wollte sie nicht hören.

Wollte nicht wissen, wer gestorben war und wer lebte.

Wollte nicht wissen, ob die Spielemacher sich neue Gemeinheiten überlegen würden, damit mehr von uns starben.

Wollte nicht wissen, ob ich bald gegen die Menschen kämpfen musste, die mich jetzt beschützten.

Wollte nicht wissen, wie lange ich noch zu leben hatte.
 

Wir saßen um ein Lagerfeuer herum, weil die Nacht kalt war, waren in der Überzahl, wenn unsere Gegner uns fänden. Still lauschten wir der bekannten Melodie, die jeden Abend ertönte. Ich schaute mir die Gesichter an, die am Himmel erschienen, dachte über die Menschen nach, die noch lebten.

Acht.

Anfangs waren wir vierundzwanzig gewesen.

Zwei von jedem District, ein Junge und ein Mädchen.

Wir waren die Spielfiguren eines Spieles um Leben und Tod.

Die Menschen, die wir vor einigen Monaten gewesen waren, sind nun Tribute.

Tiere.

Killer.

Unbarmherzig.

Und dennoch liebend und leidend.

Wir hatten uns unser Schicksal nicht ausgesucht, nein, allein ein kleiner Zettel in einer gläsernen Box bestimmte unser restliches Leben.

Mein ganzes Leben hatte ich Angst vor dieser Veränderung gehabt.

Mein ganzes Leben bestand nur noch aus dem Tod.
 

Endlich hörte die Musik auf und ich konnte mich wieder auf die stillerer Umgebung um mich herum konzentrieren. In der Ferne ein paar Vögel. Früher habe ich diese Art von Stille geliebt, aber nun war sie bedrohlich.

Leise prasselte das Feuer dahin. Ich hielt meine Hände vor mir, genoss die Wärme und atmete kurz tief durch.

Das zerbrach die Stille.

Neben mir fing Joe an zu gähnen. Wir waren alle müde, aber das war nunmal so. Betti wirkte blass und krank wie immer, lag auf seinem Schoß. Die beiden waren aus dem selben District, wahrscheinlich kannten sie sich schon davor gut…oder auch besser.

Kurz hustete Betti. Sie war zum Sterben verurteilt, weil uns niemand Medizin geschickt hatte. Joe war der Einzige, der auf diese Spende hoffte.

Sechs.

Bald wäre unsere Gruppe zu fünft.

Zu fünft würden wir nach Bettis Tod losziehen, um die beiden anderen lebenden Tribute zu finden.

Es war wie ein Jagdzug, doch musste es das sein? Was wäre, wenn wir uns weigern würden, uns gegenseitig umzubringen?

Was wäre, wenn wir uns gemeinsam gegen das Spiel und die Regierung stellen würden?

Warum halten wir uns überhaupt an die Spielregeln?

Ich würde so gerne mit den anderen reden, aber dann wäre ich tot, bevor ich mit meiner Ansprache fertig wäre.

Die anderen denken nicht mehr.

Nur warum tue ich es noch?
 

"Langsam solltet ihr schlafen, ich übernehme die erste Wache." Louis stand auf, ging ein paar Schritte und fuhr sich kurz durch die Haare. Das war die einzige Geste, die von seinem Leben in District 2 übriggeblieben war. Kurz blieb sein Blick an mir hängen, gleichgültig wie immer, dann setzte er sich wieder zum Feuer hin, weil es Nachts immer eiskalt wurde. Dafür war es tagsüber zu heiß für eine ausgiebige Suche nach Essen.

Ein typisches Wüstenklima, damit wir besonders litten. Sonst wäre das Spiel viel zu langweilig.

Ich legte mich in den von der Nacht ausgekühlten Sand und versuchte ein wenig zu dösen.

Schlafen konnte ich nicht, dazu war alles hier zu unheimlich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2016-08-17T06:35:28+00:00 17.08.2016 08:35
Hallo!
 
Also vorneweg ersteinmal: Ich liebe das, was du aus den Charaktersteckbriefen gezaubert hast. Nicht nur, dass die Avatare auch dem tatsächlich angegebenen Alter entsprechen - das sieht man leider nicht allzu häufig -, sondern sie geben durch Mimik und Gestik das wieder, was im Fließtext daneben steht. Dieser macht durch die Angaben ohnehin neugierig, weil er teils ineinander greift, sich teils deutlich abhebt. Ich war an dem Punkt neben dem Cover schon sehr gespannt, was mich hier erwartet!

Inhaltlich ist es dann fast ein Schlag ins Gesicht. Wenn man Joes Strahlen noch im Kopf hat, dann aber durch die prägnant-kurzen und düsteren, nachdenklichen Sätze ins Geschehen gerät, ist das sehr niederschmetternd. Technisch toll gemacht! Erst der innere Monolog und das Sträuben, der Widerwillen, danach die Beobachtungen und Bewertungen der anderen Anwesenden - quasi als Vergleich von Vergangenheit und Gegenwart. Ich fand es gut, dass auch eine Kritik am System und der seichte Versuch der Rebellion angesprochen wurde. Spontan hätte ich die Dame - für mich ist sie dank der Wortwahl ein junges Mädchen - am liebsten geschüttelt und gesagt, dass sie ihre Ansprache riskieren soll. Dass zwei Tribute jedoch abgeseilt von der Gruppe agieren, hat die Idee sehr gefährlich gemacht: Ich hätte eher bei ihnen erwartet, dass sie das Spiel beenden, statt bei den übrigen Fünf.
Davon abgesehen, fand ich den Automatismus der "Wache" am Ende sehr gut. Die Bedrohlichkeit wird dadurch gesteigert und man schärft als Leser das eigene Misstrauen, ob man Louis unbeobachtet lassen sollte - von den Zeilenumbrüchen her, konsequent und gut gelöst.
 
Zwei Tippfehler fielen mir auf:
- "sind neue Gemeinheiten" - sich neue Gemeinheiten
- "die mich jetzt beschützen" - die mich jetzt beschützten (der Kontext ist in der Vergangenheit geschrieben)
 
Und das war widersprüchlich:
- "Stille" - aber das Feuer prasselt, Vögel sind zu sehen? (Gemeint war wahrscheinlich die Stille nach der Musik?)
- sinngemäß "Wir sitzen am Lagerfeuer, weil es kalt ist" - später "nachts würde es kalt"? (Gemeint ist noch kälter?)
 
Jetzt bin ich gespannt, was es mit den Kapiteltiteln auf sich hat. Ich vermute, die Gruppe reduziert sich.
 
Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Anwysitna
17.08.2016 23:13
Dankeschön für deine ausführlichen und konstruktiven Kommentare. Es freut mich, dass du vor dem Lesen durch die Steckbriefe geschaut hast, denn genauso wollte ich den Einstieg in die Story.
Weiters danke, dass du dir den Text bezüglich Logik- und Rechtschreibfehler durchgelesen hast. Beim Handyschreiben bleibt so Einiges hängen und auch die Übersichtlichkeit lässt zu wünschen übrig.


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