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Die Geschichte der Erde

Aria's Geschichte
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und da ist schon das nächste Kapitel, wieder in den kurzen paar Sekunden in denen ich mir Internet klauen kann!
Na ja, auf jeden Fall floss das Kapitel nur so aus mir heraus und weil das letzte so ein offenes Ende hat, wollte ich niemanden zu lange warten lassen. Ich wünsche auf jeden Fall viel Spaß bei dem Kapitel :-) Komplett anzeigen

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Das Gleichgewicht der Natur

Geräusche. Da waren einige um sie herum, allerdings nahm sie jeden nur als dumpfen Laut war, der weit entfernt zu sein schien. Aria hatte das Gefühl zu schweben, in einer endlosen Schwärze. Die junge Wölfin blickte sich um, sah allerdings nichts weiter als tiefes Schwarz. Sie versuchte zu rufen, aber kein Ton kam heraus. Auch ihre Bewegungen konnte sie nicht kontrollieren. So schwebte sie in der Dunkelheit und konnte nichts Anderes als sich umsehen, um nach etwas Greifbaren zu suchen. Plötzlich erschienen Bilder, eines nach dem anderen, bis sie die junge Wölfin umkreisten. Sie erblickte Bairons toten Körper, während sie selbst blutend danebenlag. Sie sah ihre Mutter, die angefeindet wurde, als sie mit ihrem Jungen an den anderen Wölfen vorbeiging. Ein anderes Bild zeigte ihre Großmutter, die nach Nedrons Angriff zu Boden gegangen war. Ein Angriff, der eigentlich ihr gegolten hatte. Während diese drei Bilder sehr groß vor ihr erschienen, sammelten sich dazwischen kleinere Bilder, die alle daran erinnerten, welchen Hass und welche Abneigung ihre Großmutter und ihre Mutter wegen ihr hatten ertragen müssen. Aria winselte. Sie war der Ursprung für alle Probleme ihrer Familie. „Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre nie geboren worden“, überlegte die junge Wölfin still. Als hätte jemand den Gedanken aufgegriffen, erschien ein Licht vor ihr. Eine süße helle Stimme ertönte in ihrem Kopf und schmeichelte ihr. „Komm zu uns, Aria. Dann sind alle Sorgen vergessen und deiner Familie wird es gut gehen. Warum willst du aufwachen und in diese traurige Welt zurückkehren? Komm zu uns und beende dein Leid.“ Die junge Wölfin schaute zu dem Licht. Es war so schön weit weg von der Finsternis und den grausamen Bildern, die ihr Leben zu bestimmen schienen. Es würden immer mehr dazu kommen und sicher würden ihre Großmutter und ihre Mutter nur weiter leiden. Wenn ihre Großmutter überhaupt überlebt hatte. So schwebte die Wölfin auf das Licht zu. Allerdings hielt eine Stimme sie auf. Sie war leise, aber rief immer wieder ihren Namen. Sie kam aus der Dunkelheit in der Nähe der schrecklichen Bilder. Die Wölfin versuchte den Urheber zu erkennen, aber es war nichts zu sehen. Nur ihren Namen hörte sie immer und immer wieder. Wieder versuchte die süße Stimme des Lichtes sie zu locken, indem es erneut betonte, dass alle Sorgen wegfallen würden. Doch der kontinuierliche Ruf erregte doch mehr ihre Neugier und sie wandte sich der Schwärze zu. Die Bilder verschwanden sofort, als sie diese erreicht hatte und auch die helle Stimme und das Licht waren verschwunden. Plötzlich und ganz langsam tauchte ein Wolf vor Aria auf. Er schien schon sehr alt zu sein und sein Fell war fast nur noch ein einziges helles Grau, wobei ein paar wenige letzte helle Strähnen zeigten, dass er mal eher sandfarben gewesen war. Aria fühlte sich mit dem Wolf auf eine seltsame Art verbunden und so scheute sie nicht vor ihm zurück. „Du hast dich richtig entschieden. Das Licht mag verlockend sein, aber es ist auch nicht immer der richtige Weg. Auch die Dunkelheit kann dein Freund sein. Du hast viel durchgemacht, meine Kleine und es tut mir leid, dass ich dir nicht helfen kann. Aber deine Mutter und deine Großmutter sind für dich da. Und auch, wenn sie mit Anfeindungen zu rechnen haben und auch angegriffen werden, passiert das nur, weil sie dich lieben. Du bist ihnen all diese Strapazen wert und dass du bei ihnen bist ist ihnen mehr wert als alle Kontakte zu den anderen Wölfen im Rudel“, sprach der alte Wolf. Aria schaute ihn verwundert an. Es war seltsam, dass er scheinbar so viel wusste, gerade auch über ihre Sorgen. Aber sie wusste ja auch nicht, wo sie war, also war wahrscheinlich alles möglich. Der Wolf lächelte. „Du hast noch Großes vor dir, meine Kleine. Und auf diesem Weg wirst du auch noch viele Steine in den Weg gelegt bekommen. Doch du musst stark sein und den Weg trotzdem weitergehen. Dann wirst du auch irgendwann dein Glück und deinen Platz in der Welt finden. Und jetzt ist es Zeit aufzuwachen“, schloss er und langsam löste sich die Schwärze. „Warte! Wer bist du?“, versuchte Aria zu fragen, aber weiterhin kam kein Wort heraus. Doch der Wolf schien sie auch ohne Worte zu verstehen, auch wenn er ihr die Antwort eher auf Umwegen gab. „Ich werde immer über dich wachen, meine kleine Enkelin. Immer“, sagte er und dann war sie endgültig aus der Dunkelheit verschwunden.
 

Aria schreckte auf, zuckte aber direkt wieder zusammen. Sie lag auf einem weichen Moosbett, an dem Fluss, den sie mit Ioara schon besucht hatte. Ihr Körper fühlte sich schwer an und sie spürte ein Ziehen in ihrem Hals. Aber ansonsten ging es ihr gut. Scheinbar hatte sie in ihrer Ohnmacht geträumt, geträumt von ihrem Großvater. Bei dem Gedanken daran fiel ihr allerdings auch wieder ein, wessen Leben am seidenen Faden hang. Erschrocken sah sie sich um und erkannte jetzt erst, dass Ariadne ebenfalls auf Moss gebettet nur ein kleines Stück neben ihr lag. Aria spürte eine Welle der Erleichterung als sie erkannte, dass der Körper der alten Wölfin sich durchs Atmen hob und senkte. Ihre Großmutter war am Leben und ihr Atem war nicht mehr flach und kraftlos. Die Wunde allerdings sah nicht sehr schön aus. Zwar schien sie gereinigt und verschlossen zu sein, aber die Stelle war kahl und es waren deutliche Narben zu sehen, wo sich Nedrons Zähne ins Fleisch gebohrt hatten. Aria versetzte der Anblick einen Stich. Immerhin hatte der Angriff ihr gegolten und ihre Großmutter hatte sich schützend vor sie geworfen. Die junge Wölfin hatte sich auf die Erde verlassen und Nedron provoziert, hatte aber schnell merken müssen, dass ihre Kraft begrenzt war. Langsam und vorsichtig setzte sie sich auf, zumindest versuchte sie es. Wirklich weit kam sie nicht, aber sie konnte ihre Position immerhin ein bisschen verändern. Außer ihrer Großmutter war niemand zu sehen und Aria fragte sich, wo ihre Mutter und Ioara abgeblieben waren. Allerdings drängte ein Brennen in ihrer Kehle sie erst einmal zu anderen Dingen und so nahm sie alle ihre Kraft zusammen um sich zum Wasser zu schleppen und zu trinken. Das kühle Nass tat ihrem Hals gut, der durch das heftige Atmen zuvor etwas lädiert zu sein schien. Doch das Wasser half ihr wirklich und langsam schaffte die junge Wölfin es auch, ihre müden Knochen zur Bewegung zu bekommen. So konnte sie sich schlussendlich ganz erheben und zu ihrer Großmutter herübergehen. Bevor sie diese berühren konnte, ertönte aber auch schon eine Stimme. „Lass sie schlafen, kleine Freundin. Sie braucht die Ruhe.“ Es war Ioara, die mit Camera zwischen den Büschen hervortrat. Camera hatte einen Hasen im Maul und auch zu Ioaras Pfoten ruhte einer. Offensichtlich waren die Wölfinnen jagen gegangen. Ioara nahm den Hasen und legte ihn Aria zu Pfoten. „Friss ruhig. Du brauchst die Kraft“, sagte die alte Wölfin und ließ sich neben Aria nieder. Camera nahm neben ihrer Mutter Platz und legte den Hasen neben sie. Offensichtlich war er nicht für ihr eigenes Wohl gedacht, sondern für Ariadne. Aria betrachtete ihre Großmutter. „Ist sie wirklich wieder in Ordnung?“, fragte sie. Ioara nickte. „Es war nicht leicht und hat mir viel Kraft abverlangt. Aber sie hat einen starken Willen und so konnte ich sie retten. Allerdings befürchte ich, dass ihre Schulter in Mitleidenschaft gezogen wurde. Sie wird vorne rechts wohl nicht mehr richtig laufen können. Ich kann Wunden heilen, aber nur bis zu einem gewissen Grad“, erklärte die Lichtwölfin. Aria betrachtete ihre Großmutter. Es war alles ihre Schuld. Doch die junge Wölfin erinnerte sich an ihren Traum oder was auch immer es gewesen war. Sie hatte ihren Großvater gesehen und dieser hatte ihr gesagt, dass sie sich nicht mit Schuldgefühlen grämen sollte. Es war nicht leicht, aber es brachte auch nichts, wenn sie den Kopf in den Sand steckte. Dennoch war sie sich unsicher, was sie nun tun sollte. „Zerbrich dir nicht den Kopf, meine junge Freundin“, sprach Ioara sie an. Aria sah zu ihr. „Aber was soll ich denn nun machen? Nedron hat Oma verletzt und er wird niemals Ruhe geben. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich machen soll. Ich hätte ihn wahrscheinlich nicht provozieren sollen. Vermutlich ist es das Beste, wenn ich einfach brav den Schwanz einziehe“, seufzte die junge Wölfin. „Ich hab immer gesagt, dass wir vorsichtig sein müssen“, schnaubte Camera. Aria ließ die Ohren hängen. Ein Schnauben zog die Aufmerksamkeit der drei Wölfinnen auf sich. Es gab von Ariadne, die aufgewacht war. „Hör auf so vor dem Kind zu reden! Sie kann nichts dafür, dass Nedron ein Kotzbrocken ist“, blaffte die alte Wölfin ihre Tochter an. Aria kam auf ihre Großmutter zu und gab ihr einen Nasenstupser, den die Wölfin liebevoll erwiderte. „Lass den Kopf nicht hängen, meine Liebe. Wir finden irgendwann einen Weg, diesen aufgeblasenen Windbeutel in seine Schranken zu weisen“, grinste Ariadne. „Mutter!“, rief Camera entrüstet und warf ihrer Mutter einen tadelnden Blick zu, den die alte Wölfin allerdings ignorierte. „Wie geht es dir, Oma?“, fragte Aria. „Es geht. Du weißt doch, Unkraut vergeht nicht. Es braucht schon mehr, um deine Großmutter unter zu kriegen. So sehr ich deinen Opa vielleicht vermisse, zu sich holen tut er mich noch nicht. Also mach dir keine Gedanken. Immerhin war es meine Entscheidung einzuschreiten“, beruhigte die ältere Wölfin ihre Enkelin. „Und du sei ruhig, Camera“, fügte sie an ihre Tochter gewandt zu, die nur ein Mürrisches Schnauben von sich gab. Ariadne machte sich daraufhin über das Kaninchen her. „Ein wirklich interessantes Familienidyll habt ihr da“, stellte Ioara fest und Aria sah zu ihr. „Man merkt, dass ihr euch nicht immer einig seid, aber euer Zusammenhalt ist stark. Wirklich faszinierend zu beobachten.“ Ariadne hatte ihr kleines Mal inzwischen beendet und erhob sich langsam. Sie war zwar etwas wackelig auf den Beinen, aber sie schaffte es sich aufzusetzen. „Aria, mein Liebling, komm mal her, ich will dir etwas geben“, sagte die alte Erdwölfin dann und ihre Enkelin trat noch einen Schritt näher. Ariadne löste mit ihrer gesunden Vorderpfote den Federschmuck, den sie am Ohr trug, sodass er zu Boden fiel. Dort nahm sie ihn mit dem Maul auf und deutete ihrer Enkelin, noch etwas näher zu kommen, was diese auch tat. Im nächsten Moment schrie Aria auf, weil ihre Oma ihr ins Ohr gebissen hatte und schüttelte energisch den Kopf. Allerdings bemerkte sie, dass der Ohrschmuck, den ihre Großmutter gerade noch selbst getragen hatte, nun an ihrem Ohr hing. Die junge Erdwölfin bewegte prüfend ihr Ohr, aber der Anhänger mit den zwei blauen Federn hang fest. „Wenn er wirklich halten soll muss er durchs Ohr, also musste ich dich beißen. Tut mir leid. Aber ich wollte dir diesen Anhänger schenken. Ich habe ihn damals von deinem Großvater bekommen, als er mich gefragt hat, ob ich seine Gefährtin werden will. Woher er ihn hatte weiß ich nicht, aber das zählt auch nicht. Jetzt möchte ich ihn dir vermachen. Er soll dir Kraft geben und dich immer daran erinnern, dass du stolz auf dich und deine Herkunft sein kannst. Zweifle nie daran. Du wirst mal einen wichtigen Teil zum Wohle der Welt beitragen. Da bin ich sicher“, sagte die alte Erdwölfin und gab ihrer Enkelin einen liebevollen Stups. Die junge Wölfin nahm das Geschenk sehr gerne an und betrachtete ihren Anhänger sehr lange im Wasser.

Am Ende mussten die Wölfinnen zu ihrer Höhle zurückkehren. Sie konnten nicht einfach in den Wald ziehen und Ioara zur Last fallen. Aber für eine längere Reise war Ariadne auch zu schwach und außerdem weigerte sich die alte Wölfin, ihre Heimat zu verlassen, die für sie so viele Erinnerungen an ihren verstorbenen Gefährten inne hatte. Camera hatte zwar versucht ihre Mutter davon zu überzeugen das Rudel zu verlassen, aber sie hatte einsehen müssen, dass die drei Erdwölfinnen nie weit gekommen wären. Außerdem war die alte Erdwölfin einfach zu hartnäckig. So halfen Aria und ihre Mutter der geschwächten Ariadne zurück in ihre Höhle, wo die alte Wölfin sich hinlegte und relativ schnell wieder einschlief. Sie war immer noch geschwächt und inzwischen war klar, dass sie auf dem rechten Bein lahm war. Sie konnte es kaum bewegen und nicht richtig aufsetzen. Doch Ariadne hatte die beiden Wölfinnen wütend aufgefordert, sie ja nicht zu bemitleiden. Sie war sich sicher, dass sie auch mit drei Beinen auskommen würde.
 

Allerdings hatte Aria vorerst beschlossen, sich zurückzuhalten. So beugte auch sie das Haupt, wenn Nedron oder Vinaria an ihr vorbei gingen und konterte auch nicht mehr auf die Beleidigungen von deren Kindern. Allgemein hielt sie sich zurück. Sie machte sich vielleicht nicht aktiv Vorwürfe, aber die Angst, dass ihrer Mutter oder ihre Großmutter erneut verletzt werden könnten, verfolgte sie, sogar in ihren Träumen. Sie hatte nur noch wenig ruhigen Schlaf, aber diesen Umstand behielt sie für sich. Sie wollte ihre Mutter nicht beunruhigen, die sowieso schon in Sorge wegen Ariadne war.

Um dem Stress im Rudel und gerade den Alphas und ihren Kindern zu entgehen, verbrachte Aria nun mehr Zeit bei Ioara im Wald. Die alte Wölfin hatte ihr immerhin angeboten, sie über die Elemente und alles was dazugehörte zu unterrichten und Aria fand, dass sie soweit war. Sie war sich ihrer Kraft bewusst und hatte gelernt sie zu nutzen, hatte aber auch schon auf schmerzliche Art herausgefunden, dass die Kraft begrenzt war. Immerhin hatte es dazu geführt, dass ihre Großmutter Nedrons Angriff hatte abfangen müssen. Es war Aria auf jeden Fall eine Lehre.
 

Die Lichtwölfin und ihre Schülerin gingen durch den Wald spazieren. Es traten immer wieder ein paar Lichtstrahlen durch die Baumdecke und der Wind fuhr durch die Blätter. „Was willst du mir denn heute beibringen, Ioara?“, fragte Aria die alte Wölfin. „Ach, ich dachte wir machen erst einmal einen kleinen Spaziergang. Ein wenig Bewegung tut meinen alten Knochen ganz gut. Aber an sich wollte ich dir etwas zeigen, dass das Element des Feuers verdeutlichen kann. Ich hatte dir gesagt, dass ich keine Möglichkeit habe, es dir zu zeigen, aber ich habe vor kurzem doch eine Möglichkeit gefunden“, erklärte die Lichtwölfin. Neugierig folgte die junge Wölfin.
 

Sie gingen ein ganzes Stück durch den Wald. Aria war gar nicht bewusst gewesen, dass dieser so groß war, aber er zog sich beinahe komplett um den Berg herum. Ihr wurde bewusst, dass sie keine Ahnung von der Welt hatte, in der sie sich befand. Sie kannte nur das bisschen, was sie bisher gesehen hatte und ihre Vorstellung von der Welt außerhalb, entsprach wohl nicht mal annähernd der Wirklichkeit. „Du, Ioara, wie groß ist die Welt da draußen eigentlich?“, fragte Aria. „Daromi ist ein großes Land. Es gibt viele verschiedene Orte und selbst wenn du Jahre auf Reisen gehen würdest, könntest trotzdem nicht alles in diesem Land erkunden“, antwortete die alte Wölfin und lachte über die ungläubige Miene ihrer Schülerin. „Was dachtest du denn? Dass die Welt nur aus diesem Wald und dem Berg besteht?“ Aria murrte. „Natürlich nicht. Aber ich dachte nicht, dass sie so groß ist.“ „Man unterschätzt den Umfang gerne, wenn man es nicht besser weiß“, erklärte die alte Wölfin. „Wir sind im Übrigen angekommen“, fügte sie hinzu.
 

Die beiden Wölfinnen standen vor einem kleinen Höhleneingang, der etwas in die Tiefe ging. „Und was ist hier?“, fragte Aria und versuchte einen Blick in die Höhle zu erhaschen. „Geh rein, dass weißt du es. Und keine Sorge, es ist ungefährlich.“ Ioara ließ ihr Licht erscheinen und schickte es in die Höhle voraus. Aria folgte vorsichtig und die alte Wölfin ging hinterher. Ihr Licht erleuchtete ihnen den Weg, der aber nicht allzu dunkel war. Schließlich erreichten sie das innere der Höhle. Vor Aria erstreckten sich zwei kleinen Wasserbecken, von denen Dampf aufstieg. Dieser sammelte sich unter der Decke, wo er wieder kalt wurde und als kleine Wassertropfen von der Decke zurückfiel. Die Wände waren übersäht von kleinen Pilzgeflechten und Moss. Ioara ließ ihr Licht wieder verschwinden, sodass es kurz dunkel wurde, aber kurz darauf fingen die Pilze zu glühen an und kurz darauf war die ganze Höhle in ein sanftes blaues Leuchten getaucht. „Wow, Was sind das für Dinger?“, fragte Aria. „Lumi-Pilze. Sie leuchten im Dunkeln. So erhellen sie diese Höhle. Sie können aber nur da überleben, wo viel Feuchtigkeit zu finden ist. So wie hier, bei diesen heißen Quellen“, erklärte Ioara. „Heiße Quelle?“, kam direkt die nächste Frage von der jungen Wölfin. „Das Wasser wird durch unterirdische Lava erhitzt. Man kann nicht ewig in dem warmen Wasser bleiben, aber es entspannt. Der Berg, auf dem ihr lebt, war früher mal ein Vulkan, aber er ruht nun. Nur diese heißen Quellen sind der Überrest davon. Gerade meinen alten Knochen tut so ein Bad gut.“ Damit ging die Lichtwölfin zu den Becken und ließ sich langsam ins Wasser gleiten. Sie atmete hörbar aus und schien sichtbar zu entspannen. Aria betrachtete das Wasser zunächst noch etwas skeptisch und tippte es dann mit der Pfote an. „Das ist ja warm!“, rief sie aus. „Natürlich ist es warm. Das habe ich doch gerade erklärt. Das ist der einzige Punkt, an dem ich dir Feuer zeigen kann. Feuer kann zerstörerisch sein, aber Wärme kann auch wohlig und angenehm sein. Wenn du inmitten einer schneebedeckten Landschaft bist, wirst du froh über jede Wärmequelle sein. In einem Wald hingegen kann ein Feuer fatal sein, da es alles Leben auslöschen kann. Feuer ist ein Element mit sehr viel Verantwortung. Der Feuerwolf muss wissen, wie er mit seiner Kraft umgeht, um nicht denen zu schaden, die er liebt.“ Aria legte den Kopf schief. „Hast du nicht auch mal gesagt, dass Feuer für Leidenschaft steht?“ Die Lichtwölfin nickte. „Feuer ist schwer kontrollierbar, wie Gefühle es auch sind. Wut, Leidenschaft, Liebe, alles starke und manchmal unkontrollierbare Gefühle. So wie das Feuer es ist. Feuer ist sehr abhängig von den Gefühlen. Deswegen ist es auch eine so große Bürde.“ Die junge Erdwölfin wurde nachdenklich. „Mein Vater war ein Feuerwolf. Ich frage mich, wie viel ich von ihm habe“, murmelte sie. „Wahrscheinlich dein Temperament“, meinte Ioara belustigt. Aria schnaubte. „Wenn ich ihm irgendwann begegne, werde ich ihn beißen.“ Die Lichtwölfin musste lachen. „Wie du meinst meine kleine Freundin. Aber nun genieße auch du die wohlige Wärme der Quelle“, schlug Ioara vor und so glitt die Erdwölfin vorsichtig zu ihrer Lehrerin ins Wasser und musste zugeben, dass es wirklich angenehm war und ihren Muskeln durchaus gut tat.
 

In den nächsten Tagen machten die beiden Wölfinnen mehrere solcher Ausflüge, entfernten sich aber nie zu weit vom Berg. Doch Ioara zeigte ihrer Schülerin durchaus andere Plätze. So führte sie die junge Wölfin in ein Tal, durch das der Wind pfiff und einen Wasserfall, der etwas weiter oben am Flusslauf lag. Ioara nutzte alle Möglichkeiten, um Aria die Elemente näher zu bringen. Sie konnte ihr keine anderen Elementarwölfe zeigen, aber es gab genug Möglichkeiten um Aria nahe zu legen, dass jedes Element seine Stärken und Schwächen hatte und vor allem, dass nicht alle automatisch schlecht und das andere automatisch gut an. Jeder hatte in sich Licht und Schatten, es war nur eine persönliche Entscheidung, welcher Seite man nach gab.
 

Das Lernen bei Ioara gefiel Aria und sie baute in den Monaten, die sie mit der alten Wölfin verbrachte, eine starke Bindung zu ihr auf. Es war fast, als hätte sie eine zweite Großmutter gewonnen und auch die Lichtwölfin schien inzwischen froh zu sein, dass sie Gesellschaft hatte. Doch so schön das Lernen mit der alten Wölfin war, so schlimm war es in ihrem Rudel. Nicht nur, dass sie sowieso schon runtergemacht wurde, Nedron wurde mit der Zeit immer aggressiver und das nicht nur gegenüber Aria und ihrer Familie. Es schien, als ob der Alphawolf mit Brutalität versuchte, die aufkeimenden Zweifel zu unterdrücken. Es hatte durchaus mehr Verletzungen und auch einige Todesfälle gegeben, auch wenn man nie direkt den Alphawolf damit in Verbindung brachte. Auch die drei Kinder der Alphas wurden immer schlimmer, gerade Vito schien aus Spaß immer angriffslustiger zu werden. So lauerte er Aria eines Tages am Eingang ihrer Höhle auf und griff sie ohne Vorwarnung an. Zu Arias Glück war seine Elementarmagie schwach und sie hatte ihn abwehren können, hatte aber vermieden sich groß auf den Streit einzulassen. Schlussendlich hatte aber Nox den jämmerlichen Versuch seines Bruders, Aria zu schnappen, beendet. Es war faszinierend, dass der kleinste der drei Geschwister das sagen hatte. Doch Aria hatte gehört, dass Nox‘ schwächliches Äußere nur täuschte. Er hatte eine starke Elementarmagie und war wohl sogar stärker als seine beiden Geschwister zusammen. Kioras Elementarmagie war wohl auch nicht so schwach, aber an ihren kleinen Bruder kam sie nicht dran. Vito hingegen hatte viel rohe Kraft geerbt, was leider zusammen mit seinem begrenzten Intelligenzquotienten keine gute Mischung abgab. Nun war es wohl Arias Glück, dass Nox eingriff, auch wenn es merkwürdig war, dass Nox ihr half. Auch in den darauffolgenden Tagen war der Kleinste der Alphawolf-Kinder seltsam friedlich gegenüber Aria. Doch diese traute der Sache nicht. Sie ging davon aus, dass er irgendetwas ausheckte und sie einfach nur in Sicherheit wiegen wollte.
 

Die Zeit verging und Aria war schon fast zwei Jahre alt. Sie verbrachte viel Zeit mit Ioara und lernte viel. Sie hatte verstanden, dass jedes Element eine Bedeutung hatte. Ioara war es außerdem wichtig gewesen, Aria zu zeigen, dass alles seine guten und seine schlechten Seiten hatte. Niemand war einfach gut und niemand war einfach schlecht. Man entschied selbst, wer man war.

Beide Wölfinnen waren gerade wieder bei einem Spaziergang durch den Wald. Aria hatte gelernt Geräusche und Gerüche um sich herum wahrzunehmen und zu sortieren. Allerdings war sie immer noch nicht in der Lage zu jagen und Ioara schien seit einiger Zeit nicht mehr allzu fit zu sein, sodass sie nicht mehr in der Lage war, es Aria beizubringen. Damit aber auch Ioara nicht verhungerte, half Camera aus. Sie musste nun drei Wölfe versorgen, denn auch Ariadne war nicht mehr in der Lage zu jagen. Da Aria es aber weiterhin nicht lernen durfte, blieb es an der Mutter der jungen Erdwölfin hängen. Es war zwar anstrengend, aber es half Camera sich von den Sorgen wegen ihrer Mutter abzulenken. Aria hatte doch Mitleid mit ihrer Mutter, aber wenigstens fiel niemandem auf, dass sie auch Ioara versorgte. Dass sie Aria und Ariadne versorgte, war dem Rudel bewusst und Nedron hatte noch laut und deutlich gesagt, dass er denKrüppel, wie er Ariande betitelt hatte, nur im Rudel dulden würde, wenn Camera sich persönlich darum kümmerte. Allerdings blieb die Ration der dreiköpfigen Familie immer noch auf zwei begrenzt, doch nun war es Aria, die zum Wohle ihrer Großmutter auf ihre Ration verzichtete. Immerhin war sie wegen ihr verletzt. Allerdings schienen doch einige Wölfe langsam Nedrons Handeln nicht mehr dulden zu wollen und so war der ein oder andere Wolf aufgetaucht und hatte den Wölfinnen eine Ration gebracht. Allerdings hatte auch dieser Zuschuss aufgehört, nachdem einer der Wölfe aufgeflogen und von Nedron bestraft worden war. Das Rudel war schon um einige Wölfe dezimierter, Verletzte gab es auch und der Rest durfte noch mehr schuften, um genug Futter zu besorgen. Langsam war auch allen anderen klar, dass ihr Alpha sie nach und nach zu Grunde richten würde, aber wirklich etwas dagegen tun wollte keiner. Immerhin zeigten die Wunden der Wölfe deutlich, dass man nicht gegen Nedron ankam. Allerdings waren die Wölfe nun geneigter, wegzusehen, wenn Aria den Berg verließ oder Camera Futter in die Höhle schmuggelte. Niemand hatte sie verpetzt und so hatte die Wölfin es geschafft, nicht nur ihre Mutter und ihre Tochter, sondern auch Ioara zu versorgen.
 

„Sag mal Ioara, was ist eigentlich los mit dir? Deine Kraft lässt nach und ich habe dein Licht auch schon eine Weile nicht mehr gesehen, wo es dir sonst immer Gesellschaft leistet. Außerdem brauchst du längere Pausen. Wenn es dir zu anstrengend ist, dann sag es ruhig und wir verschieben den Unterricht. Du sollst dich nicht überanstrengen“, meinte Aria. Die alte Wölfin schnaubte. „Es geht mir gut. Mach dir keine Gedanken. Komm erst mal in mein Alter, dann wirst du wissen, warum ich längere Pausen brauche“, murrte Ioara. Was ihr Alter anging, schien Ioara etwas eigen geworden zu sein. Inzwischen gingen sie mehr spazieren, als dass es noch Unterricht gab. Ioara meinte, sie habe Aria schon alles erklärt und so genossen die alte Wölfin wohl einfach nur noch die Gesellschaft ihrer Schülerin. Die beiden kehrten gerade zu Ioaras Unterschlupf zurück, als Ioara stehen blieb und die Ohren spitzte. Auch Aria lauschte. „Da ist jemand in der Näher deiner Höhle“, murmelte Aria. „Ich glaube es ist ein Wolf“, meinte Ioara ruhig. Aria sah zu ihr. „Es ist aber kein Erdwolf. Es riecht nicht wie nach unserem Rudel“, meinte die junge Wölfin. Ioara schnaubte und ging langsam zu ihrem Unterschlupf, Aria an ihrer Seite. Als die beiden Wölfinnen ankamen entdeckten sie eine schwarze Wölfin, die an Ioaras Höhle schnüffelte. Das faszinierende an der Wölfin war allerdings das rot an ihrem Fell. Am Rücken und um ihren Kopf herum war das Fell von einem dunklen Rot und auch am Schweif der Wölfin fand sich das Rot. Weiterhin umkreiste die schwarze Wölfin den Eingang zu Ioaras Unterschlupf und schien die anderen beiden Wölfinnen noch nicht bemerkt zu haben. „Darf ich fragen, was du mit meinem Zuhause willst?“, fragte Ioara und die schwarze Wölfin fuhr herum. „Ich versuche gerade rauszufinden, ob es das Passende für mich ist. Ich suche einen neuen Unterschlupf und finde es immer besser, wenn ich mir nicht die Mühe machen muss, ihn selbst zu graben“, meinte die schwarze Wölfin unverschämt. Aria knurrte und bleckte die Zähne. „Der Bau gehört die aber nicht! Also verzieh dich!“, fuhr die Erdwölfin ihr gegenüber an. Diese lachte nur. „Wie süß. Verteidigst du das alte Gerüst da etwa? Braucht wohl einen Leibwächter, weil sie sich kaum auf den Beinen halten kann“, gluckste die fremde Wölfin. Ioara seufzte. „Ganz ruhig, Aria. Nicht direkt einen Streit anfangen. Das Ganze lässt sich sicher auch friedlich lösen“, meinte die Alte. Sie wandte sich an den Eindringling. „Es stimmt, dass ich alt bin. Aber gerade deswegen möchte ich mein Heim gerne behalten. Wenn ich nicht mehr bin, kann es natürlich jeder haben, der Interesse daran hat, aber jetzt ist es mein Zuhause und ich habe nicht die Kraft, mir ein neues zu schaffen. Außerdem hängen Erinnerungen daran. Ich bitte dich also, deiner Wege zu ziehen“, versuchte die Lichtwölfin. Allerdings wurde sie nur ausgelacht. „Ist das süß. Versuchst du an mein Gewissen zu appellieren? Ich hab keines, also lass es. Und Respekt vor alten Wölfen hab ich auch nicht. Ich bleibe hier und du kannst ja deinen Babysitter da bitten, dir ein Loch zu buddeln. Da kannst du dann gerne friedlich ruhen“, kam der pure Spott. Aria knurrte und ging in Angriffsstellung. „Verzieh dich gefälligst!“, forderte sie den Eindringling auf. Doch auch die schwarze Wölfin ging in Angriffsstellung über. „Selbst schuld“, sagte sie und kurz darauf kam ein schwarzer Nebel von ihr, der auf Aria zuflog und die Erdwölfin umschloss. Aria begann fast sofort zu husten. „Ich sehe nichts mehr! Ioara?“, rief die junge Wölfin irritiert. Ioara schaute zu der fremden Wölfin, während Aria weiter hustete. „Du bist also ein Finsterniswolf. Die Fähigkeit jemandem die Sinne zu rauben, gibt einem ein Gefühl von Überlegenheit, nicht wahr? Aber ich bitte dich dennoch, von ihr abzulassen. Wenn du meinen Unterschlupf unbedingt haben willst, dann überlasse ich ihn dir. Aber ich will keinen Streit anfangen“, meinte Ioara müde. Sofort verschwand der Nebel und Aria hustete noch einmal, bevor sie sich verwirrt umsah. Die schwarze Wölfin schnaubte, als sich ihr Nebel ganz verzogen hatte. „Wie langweilig. Nicht mal wehren tut sie sich. Das macht gar keinen Spaß. Du kannst dein doofes Loch behalten, ich such mir etwas anderes“, meinte die schwarze Wölfin und wandte sich zum Gehen. Vorher sah sie aber noch einmal zu Aria. „Du solltest niemanden angreifen, bei dem du nicht weißt, wie er zurückschlägt“, gab sie der Erdwölfin einen Rat und verschwand dann zwischen den Bäumen. Ioara ging zu ihrer Höhle und ließ sich erschöpft davor nieder. Aria trat zu ihr. „Warum hast du dir das gefallen lassen, Ioara? Wenn sein ein Finsterniswolf ist, hättest du sie dann nicht mit deinem Licht vertreiben können?“, fragte die junge Wölfin. Ioara sah zu ihr. „Es war meine Entscheidung, nichts zu tun. Jeder hat das Recht zu entscheiden, einen Vorteil zu nutzen, oder ihn sein zu lassen.“ Aria knurrte. „Aber du musst dir doch nicht dein Zuhause nehmen lassen“, sagte sie entrüstet. Die alte Wölfin schüttelte den Kopf. „Ich habe eine letzte Lektion für dich, meine Kleine. Sie ist die letzte, aber auch die wichtigste von allen. Die ganze Welt befindet sich in einem Gleichgewicht. Es gibt immer wieder kleine Schwankungen, aber das Gleichgewicht ganz kippen ist schwer“, begann Ioara. Dann begann sie wieder die Symbole der Elemente in den Boden zu ritzen. Dabei waren Feuer und Wasser, Wind und Erde sowie Finsternis und Licht einander gegenübergestellt. „Wasser hat einen Vorteil gegenüber dem Feuer, denn es löscht die Flammen aus und kühlt die Hitze runter. Wind ist im Vorteil gegenüber Erde, denn die Erde erreicht den Wind nicht, wenn er hoch in den Himmel zieht. Licht ist im Vorteil gegenüber Finsternis, denn es erhellt die Dunkelheit und kann so auch die Ängste vertreiben. Doch jeder Vorteil, der genutzt wird, fordert einen Gegenpol. Wenn Wasser das Feuer schlägt, muss dafür irgendjemand woanders den Nachteil haben. Eine Stärke fordert eine Schwäche. So bleibt die Natur im Gleichgewicht. Deswegen sind die Elementargötter friedlich im Einklang, denn sonst gerät die Welt aus den Fugen. Dadurch, dass ich jetzt auf meinen Vorteil verzichtet habe, besteht die Chance, dass jemand, der eigentlich an einem aussichtslosen Punkt ist, doch noch eine Möglichkeit bekommt, sich zu retten, weil mein Vorteil nicht genutzt wurde. Das Gleichgewicht gleicht meinen Nachteil zu einem Vorteil aus. Deswegen habe ich mich zurückgehalten. Ich bin alt und den Vorteil kann jemand anders sicher dringender gebrauchen als ich.“ Die Lichtwölfin legte erschöpft den Kopf auf ihre Pfoten und schloss für einen Moment die Augen. Aria betrachtete derweil die Symbole auf dem Boden. Sie versuchte das, was sie gerade erfahren hatte, zu verstehen, während ihr auffiel, dass die Symbole ziemlich unscharf waren. Sie sah zu Ioara. „Es gibt also immer Gut und Böse. Was passiert denn, wenn das Gleichgewicht gestört wird?“, fragte die junge Wölfin. Ioara öffnete müde die Augen und sah zu Aria. Erst jetzt fiel der jungen Wölfin der graue Schleier auf, der die Augen der alten Wölfin bedeckte. „Ioara, deine Augen, sie…“, rief sie schockiert aus. „Du hast eine Weile gebraucht, es zu merken, aber ja, meine Augen lassen nach. Inzwischen sehe ich nur noch Schemen und ich denke, bald wird es nur noch der graue Schleier sein. Das ist vielleicht mit ein Grund, warum ich Streit vermeiden will. Aber das Gleichgewicht hat auch damit zu tun. Wenn das Gleichgewicht aus den Fugen gerät, so sagt eine alte Legende, dass ein Wolf kommen wird, der helfen wird, alles wieder ins Reine zu bringen. Wie genau, ist nicht klar, aber es heißt, dass jemand kommen wird. Allerdings musst du bedenken, dass sich das Gewicht zu beiden Seiten verlagern kann, zum Guten und zum Schlechten. Wobei es meistens eine Verlagerung zur schlechten Seite gibt.“ Ioara gab erneut einen erschöpften Laut von sich. Aria sah besorgt zu ihr. So müde kannte sie Ioara nicht. „Ist alles okay bei dir?“, fragte sie vorsichtig. „Ich habe dich… alles gelehrt was ich weiß. Du warst mir eine liebe Freundin… und ich bin froh… dir begegnet zu sein“, kam nun doch etwas abgehackter von der alten Wölfin. „Ioara, ist das ein Abschied?“, fragte Aria nacheinem kurzen Moment des Schweigens. „Wenn jemand stirbt, wird woanders jemand geboren. Gleichgewicht, meine liebe Aria. Außerdem hab ich dir doch gesagt, dass die, die du liebst, dich niemals ganz verlassen. Sie leben in deinem Herzen weiter.“ Ioara sah müde zu Aria. „Ich hab dich lieb, meine kleine Aria. Es war schön, am Ende doch nicht alleine zu sein“, sagte sie leise und schloss ein letztes Mal ihre Augen, um sie nie wieder zu öffnen. Aria merkte die Tränen, die an ihrer Schnauze hinabliefen und heulte ihrer Freundin und Lehrerin ein Lied zum Abschied.
 

Aria hatte sie begraben, genau in ihrer Höhle. Sie hatte die Erde um Hilfe gebeten und am Ende ein paar Blumen auf Ioaras Grab gelegt. Wieder war eine liebe Person gegangen, doch diesmal hatte man sie ihr nicht gewaltsam entrissen, wie es bei Bairon der Fall gewesen war. Ioara hatte einfach ein Alter erreicht, in dem sie bereit gewesen war zu gehen. Aria wusste, dass jeder irgendwann das Alter erreichen würde, aber sie bereute es, die Anzeichen nicht früher erkannt zu haben. Sie hatte sich nicht richtig verabschieden können. Aber so wie es ausgesehen hatte, hatte Ioara das auch nicht gewollt. Sie war ganz friedlich eingeschlafen und so war es sicherlich das Beste. Aria war nachdenklich, als sie ihre Höhle erreichte. Ihre Mutter und ihre Großmutter begrüßten sie, merkten aber schnell, dass die junge Wölfin etwas beschäftigte. „Was ist los, Aria?“, fragte Camera besorgt. „Ioara ist gestorben“, murmelte Aria abwesend und die beiden älteren Wölfe erschraken. „Wie bitte?“, fragte Ariadne ungläubig. Die junge Wölfin sah zu ihrer Großmutter. „Wir waren unterwegs und sie war so müde und als wir bei ihr angekommen waren… Sie hat mir noch etwas vom Gleichgewicht erzählt und ist dann friedlich eingeschlafen. Ich hab gar nicht bemerkt, dass sie so schwach geworden ist“, sagte Aria und ließ betrübt die Ohren hängen. „Ach mein Kleines, das tut mir aber leid. Sie war dir immerhin so wichtig. Außerdem hat sie Oma gerettet… Es ist schade, dass sie von uns gegangen ist“, erwiderte Camera. „Wenn es dir hilft, Aria, einzuschlafen ist der friedlichste Weg zu gehen. Außerdem war sie nicht alleine, sie hatte dich. Ich bin sicher sie war sehr glücklich, als sie eingeschlafen ist“, kam von Ariadne. Aria legte sich hin und dachte über das nach, was ihre Mutter und ihre Großmutter gerade gesagt hatten und sie dachte an das, was Ioara ihr als letztes auf den Weg mitgegeben hatte. Alles war in einem Gleichgewicht. Gab es dann auch ein Gleichgewicht für das Leid, dass ihre Familie erfuhr? Das hieße ja, dass woanders eine Familie ihr Glück hatte und die Kinder geliebt und geachtet wurde. „Beneidenswert“, dachte Aria. Sie seufzte und rollte sich dann zusammen. Sie dachte an Ioara und ihre Gedanken kamen auch zu Bairon. Zwei Wölfe, die ihr sehr wichtig gewesen waren und deren Leben geendet hatte. Zusammen mit Molaris, den Aria in diesem wirren Traum gesehen hatte, waren nun drei Wölfe, die sie nur noch in ihrem Herzen tragen konnte. Bevor sie einschlief, verfolgte sie ein letzter Gedanke. Würde sie jemals einen Ort finden, an den sie gehörte?
 

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Und wieder vorbei.

Wieder hat Aria jemanden wichtigen verloren, doch diesmal war es der Zeit geschuldet.

Steinig ist der Weg, den sie beschreitet.

Was mir am Ende des Kapitels allerdings aufgefallen ist, dass ich mich immer mehr dem Ende nähere.

Immerhin hab ich im Prolog geschrieben, dass Aria schon fast ein Jahr ihr Rudel verlasen hat und nun drei ist. Hier ist sie fast zwei.

Es wir also nicht mehr allzu lange dauern und ich bin nicht sicher ob ich mich darüber freuen soll oder nicht.

Danke auf jeden Fall für das Lesen und schon mal im Vorraus für jeden Kommi :-)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Okiro
2017-07-05T15:32:24+00:00 05.07.2017 17:32
So jetzt habe ich das Kapitel auch durchgelesen. Es war zwar nicht so spannend aber sehr sehr schön und flüssig zu lesen. :)

Was mir aufgefallen ist, dass du die Ohnmacht zu beginn sehr an meine Beschreibungen von Yens Ohnmächten gehalten hast. Das hat sich etwas ähnlich gelesen. Vor allem mit den bösen Bildern, die auch in seinen schwarzen Räumen erschienen sind. Natürlich kann jede Ohnmacht individuell sein. Die Paralelle habe ich aber irgendwie im Kopf gehabt.
Das Moralis erschienen ist finde ich irgendwie cool. Da musste ich an Köng der Löwen denken. ^^

Das Ioana ihr das Feuer in Form von Lava gezeigt hat und zwar bezüglich Quellen finde ich cool. Wölfe sind wohl auch genießer was die Wärme angeht. :)

Die Vorteile mit den verschiedenen Elementen hast du auch sehr gut erklärt. Dafür gibt es Erde, dass dem Wasser Einschränkungen bieten kann. Alle Elemente ergänzen sich untereinander und schränken sich ein. Das finde ich richtig gut erklärt. Auch wie Ioana ihr die "Natur" gezeigt hat und da die verschiedenen Beispiele für die Elemente erwähnt hat.

Schade das die alte Lichtwölfin gestorben ist... aber gut... das war irgendie vorrauszusehen. Sie hat schon sehr viele Wölfe verloren in ihrem jungen alter. Nedron ist echt grausam und ich hoffe das Rudel erhebt sich bald gegen ihn. So kann es nicht weiter gehen.

Ein Jahr hast du noch Zeit. Ich bin gespannt was noch so alles kommt. Sehr sehr schön geschrieben. ^^


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