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Die Geschichte der Erde

Aria's Geschichte
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ein neues Kapitel, diesmal wird Aria immer wieder ein Stück altern. Mehr verrate ich nicht, denn die Spannung kommt sicher beim Lesen ^^ Viel Vergnügen beim Lesen! Komplett anzeigen

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Harte Regeln

Die ersten Tage in Arias Leben waren bei Weitem nicht so aufregend wie der Tag ihrer Geburt. Sie bestanden aus Milch trinken und schlafen. Camera verließ ihre Tochter so gut wie nie und wenn, war immer ihre Großmutter da, um die kleine Wölfin zu wärmen. Nedron hingegen hatte seine Drohung wahr gemacht und beim Verteilen der Nahrungsrationen streng darauf geachtet, dass weder Camera noch Ariadne auch nur einen winzigen Bissen mehr bekamen, als ihnen zustand. Außerdem hatte er beide Wölfinnen häufiger als gewöhnlich für die Jagd eingeteilt, sodass vor allem die junge Mutter nach einiger Zeit ziemlich erschöpft war. Doch alle Sorge und alle Erschöpfung war wie weggeblasen, wenn sie in die Höhle zurückkehrte und ihre Tochter sah. Wie sie leise fiepend nach ihrer Mutter suchte und sich schließlich in ihr Fell kuschelte, wärmte Camera jedes Mal aufs Neue das Herz und ließ sie die Anstrengungen vergessen.

In der zweiten Lebenswoche der kleinen Aria forderte die Anstrengung allerdings ihren Tribut. Cameras Körper ertrug die Erschöpfung nicht mehr und so passierte das Unvermeidliche: Die junge Mutter hatte keine Milch mehr, um ihre Tochter zu versorgen. So sehr die Kleine auch auf dem Bauch ihrer Mutter herumdrückte, so sehr sie auch saugte, keine Zitze gab auch nur einen Tropfen Milch. Hungrig begann die Kleine zu wimmern und beruhigte sich auch nur geringfügig, als ihre Mutter ihr über den Kopf leckte.

"Was hat meine Kleine denn?", fragte Ariadne, die gerade die Höhle betrat. "Sie hat Hunger, aber mir ist die Milch ausgegangen", erklärte Camera müde und blickte hilfesuchend zu ihrer Mutter. Die alte Wölfin seufzte. "Ich habe befürchtet, dass es so weit kommen würde. Du brauchst mehr zu fressen, vor allem, wenn du immer zur Jagd eingeteilt wirst. Aber Nedron gibt uns nur das Nötigste, dafür frisst Vinaria umso mehr." Ariadne knurrte, als sie an die Alpha-Wölfin dachte. "Sie hat drei Junge und ist Nedrons Partnerin. Was erwartest du da anderes, Mutter?" Camera seufzte. "Wir müssen eine Lösung finden, sonst verhungert die Kleine." Die junge Mutter ließ die Ohren hängen und betrachtete traurig ihre kleine Tochter, die immer noch leise vor Hunger fiepte. Ariadne überlegte. "Dann nimmst du erst einmal meine Ration", sagte sie dann. Camera schüttelte sofort den Kopf. "Mutter, du brauchst deinen Teil selbst. Du bist auch nicht mehr die Jüngste." "Ich habe schon einmal länger ohne Nahrung überlebt und ich werde es jetzt auch schaffen. Das Wohl von dir und Aria liegt mir momentan mehr am Herzen als mein eigenes. Wir haben keine andere Wahl, Camera." Ein trauriger Laut kam von der kleinen Aria, als würde sie verstehen, was um sie herum geschah. Die junge Mutter seufzte und gab sich geschlagen, denn es gab wirklich keinen anderen Weg.
 

Mit der Ration ihrer Mutter konnte Camera wieder Milch produzieren und Aria versorgen. Diese öffnete genau 12 Tage nach ihrer Geburt ihre Augen zum ersten mal. Hervor kamen zwei wunderschöne grüne Augen, die durch die schwarze Umrandung noch mehr Tiefe bekamen. "genau dieser Blick ist es wert, eine Weile zu hungern", verkündete Ariadne. Camera konnte nur zustimmen, als sie ihre Tochter beobachtete, die mit großen Augen zum ersten Mal ihre Umgebung betrachtete.
 

Ein paar Tage später war Aria in der Lage zu hören, was um sie herum gesagt wurde und welche Geräusche die Natur bot. Sie war begeistert von den Geschichten, die ihre Großmutter ihr erzählt. Schon bald begann sie, das Gehörte nachzuplappern und war bald in der Lage zu sprechen, was dazu führte, dass sie ihrer Großmutter Löcher in den Bauch zu fragen begann. Ariadne besaß aber eine engelsgleiche Geduld und beantwortete jede einzelne Frage ihrer Enkelin.

Schließlich war Aria 22 Tage alt, als ihre Mutter zum ersten Mal mit ihr die Höhle verließ. Zunächst blieben sie vor dem Eingang stehen und Aria blickte fasziniert in die Tiefe. Eigentlich war die Felswand Teil einer kleineren Bergkette und an der Außenseite führte ein Pfad entlang, der die Außenhöhlen miteinander verband und auch den Weg zum Fuße der Felswand bildete. Die Höhlen der Erdwölfe lagen durchaus etwas über dem Boden, die meisten lagen aber innerhalb der Felswand.

"Wow, das ist ja tief! Wieso leben wir so weit oben, Mama?", fragte Aria und drehte sich zu ihrer Mutter um. "Es bietet Sicherheit, denn in diese Höhe traut sich kaum jemand. Außerdem bietet der Fels uns einen idealen Lebensraum, da wir ihn mit unserer Kraft formen können. Deine Großmutter hat dir doch erzählt, was wir sind und was wir können", erwiderte Camera. "Omi Ari sagte, dass wir Erdwölfe sind. Damit haben wir die Kraft die Erde zu beeinflussen", wiederholte Aria und legte dann den Kopf schief. "Wann werde ich das können, Mama?", kam sofort die nächste Frage.

"Vielleicht wirst du Ratte das niemals können", ertönte eine hochnäsige Stimme. Sie kam von dem Pfad rechts neben der Höhle, der weiter nach oben führte. Dort stand Vinaria, die Alphawölfin, mit ihren drei Jungen und blickte verachtend auf Camera und ihre Tochter hinab. Sofort lief Aria zu ihrer Mutter und versteckte sich hinter ihr. Sie hatte von ihrer Großmutter von Vinaria gehört. Die alte Wölfin hatte ihre Enkelin gewarnt, dass sie sich vor den Alphatieren in Acht zu nehmen hatte. Camera senkte höflich ihr Haupt und grüßte die Alpha-Wölfin, wie es sich gehörte. "Spar dir die geheuchelte Unterwürfigkeit, Camera. Du hast deutlich gezeigt, wie du zu meinem Gefährten und seiner Position als Alpha stehst. Du hast offen seine Regeln missachtet und dich erdreistet dieses Junge zu bekommen. Jetzt hast du auch noch die Frechheit es hier rum zu führen, als wäre es kein Verstoß gegen Nedrons Regeln. Du hast nicht mehr das Recht mich auch nur anzusprechen!", knurrte Vinaria. Eigentlich war Vinaria eine sehr schöne Wölfin. Sie hatte ein langes, weiches Fell, dass die Farbe von Sand hatte. Ein paar Stellen waren heller, was dem goldgelben Bild aber keinen Abbruch tat und ihre schlanke Figur schalt ihre vielen Nachkommen Lügen. Allerdings war ihr Charakter mindestens genauso mies wie ihr Äußeres hübsch war. Die Position als Alphawölfin war ihr definitiv zu Kopf gestiegen und sie liebte es, wenn man vor ihr im Staub kroch. Deswegen wunderte es Camera nicht, dass sie nun so von der Alphawölfin behandelt wurde. "Ihr könnt mich bestrafen, wie ihr wollt und mich dafür verurteilen, aber Aria ist ein Mitglied dieses Rudels und kann nichts für meine Fehler. Es gibt keinen Grund so mit ihr umzuspringen", sagte die junge Mutter nur kühl. Vinaria bleckte die Zähne. "Schweig! Sie ist eine Missgeburt, die gar nicht da sein dürfen! Nicht nur, dass sie unreinen Blutes ist, sie sollte gar nicht leben! Eigentlich hätte Nedron sie töten müssen! Sie wird niemals Teil des Rudels sein!", erklärte die Alpha-Wölfin aufgebracht. "Pass bloß auf deine kleine Ratte auf, Camera. Nicht, dass der Boden plötzlich unter ihr nachgibt und sie in die Tiefe stürzt. Du weißt, wie brüchig der Berg manchmal sein kann", sagte Vinaria dann nur kalt und lief erhobenen Hauptes mit ihren Jungen an den beiden Wölfen vorbei, weiter nach unten. Camera atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Am liebsten hätte sie Vinaria das Maul gestopft, aber sie wollte nicht noch mehr Streit mit den Alpha-Wölfen provozieren. Dafür war sie körperlich eh zu schwach. Sie hätte den Kampf mit Vinaria sehr wahrscheinlich verloren und dann wäre Aria ganz allein gewesen, denn trotz allem Vertrauen, dass Camera in ihre Mutter setze, so war Ariadne nicht mehr die Jüngste. Außerdem würde es der Kleinen vermutlich das Herz brechen, wenn sie ihre Mutter so früh verlor. Daher musste die junge Mutter die Zähne zusammenbeißen und ihren Ärger unterdrücken. Da hörte sie Aria leise weinen und blickte erschrocken zu ihrer Tochter. "Aria, mein Liebling, was hast du?" Die kleine Wölfin weinte bitterlich und kuschelte sich eng an das Vorderbein ihrer Mutter. "Wegen mir haben du und Omi nichts als Ärger. Keiner mag mich und euch mögen sie auch nicht mehr. Die böse Wölfin nennt mich Missgeburt und Ratte. Warum sind alle so gemein, Mama? Wäre es besser, wenn es mich nicht geben würde?", fragte die kleine Wölfin traurig. "Nein! Nein, Aria, das darfst du nicht denken, hörst du? Niemals!" Camera beugte sich hinunter und rieb ihre Schnauze an der ihrer Tochter. "Mein kleiner Liebling, du bist mir und deiner Großmutter der größte Schatz auf der Welt. Wir lieben dich und wir möchten dich niemals mehr missen. Egal, was Vinaria sagt, egal was sie alle sagen, du bist mein ein und alles. Ich bereue es nicht und ich kann mir auch kein Leben ohne dich vorstellen. Du bist eine besondere Wölfin und du wirst noch großes vollbringen. Und jetzt hör auf zu weinen." Liebevoll leckte die junge Mutter ihrer Tochter die Tränen weg. Aria beruhigte sich wieder, sah aber immer noch traurig aus. "Warum sagen sie so böse Sachen, Mama?", fragte die Kleine wieder. "Das erklär ich dir, wenn du älter bist. Noch verstehst du es nicht, meine Kleine", sagte Camera traurig und betrachtete ihre Tochter. Es tat ihr in der Seele weh, dass man der Kleinen mit so viel Verachtung entgegen kam. Nicht nur Nedron und seine Gefährtin gingen sie so an, die anderen Rudelmitglieder mieden sie ebenfalls. Ehemalige Freunde grüßten Camera nicht einmal mehr und selbst Ariadne, die ehemalige Alpha-Wölfin, wurde nicht mehr wirklich angesehen. Es war, als hätte das ganze Rudel beschlossen, die drei Wölfe zu meiden. Die junge Mutter seufzte schwer. "Komm, meine Kleine, ich wollte dir doch zeigen, wie wir leben." Damit setzte sie ihren Weg mit der kleinen Wölfin fort, den Berg hinab. Doch die Sorge bezüglich Vinarias Worte ließen sie nicht los und sie blickte sich öfter besorgt um, ob nicht irgendjemand einen Anschlag auf Aria verüben würde.
 

Die nächsten Wochen verliefen allerdings ereignislos. Zwar hatten sie weiterhin mit Anfeindungen zu kämpfen, aber niemand griff Aria an oder versuchte ihr Steine in den Weg zu legen - im wahrsten Sinne des Wortes. Doch wo die Kleine nun älter war, brauchte sie feste Nahrung und weiterhin bekamen Camera und Ariadne nicht mehr. Die beiden älteren Wölfinnen gaben der Kleinen immer einen Teil ihrer Ration ab, doch bald reichte das nicht mehr, da Aria relativ schnell wuchs. So wechselten sich Ariadne und Camera ab, wer Aria ihre Ration ab gab. Doch mit immer mehr Jagddiensten waren die beiden Wölfinnen bald am Ende ihrer Kräfte. Das blieb auch Aria nicht verborgen, die sich bald immer mehr Vorwürfe machte. Sie fühlte sich schlecht, weil ihre Mutter und ihre Großmutter wegen ihr solche Probleme hatten. So sehr sie auch bat, beide mögen ihre Ration selbst essen, so sehr weigerten sich die beiden älteren Wölfe. Sie sorgten immer dafür, dass Aria etwas zu fressen bekam.
 

Inzwischen war Aria fast drei Monate alt. Sie bemerkte, wie ihre Großmutter und ihre Mutter dünner geworden waren, während sie kontinuierlich wuchs. Doch die Nahrungsrationen reichten nicht für sie drei. Es machte Aria wütend, dass man so mit ihnen umging. Es hätte genug Nahrung gegeben, um auch ihr eine Ration zu geben, stattdessen fraßen sich Nedrons drei Nachkommen die Bäuche voll. Es war ungerecht und die junge Wölfin konnte nicht glauben, dass die anderen Rudelmitglieder das einfach so duldeten. Inzwischen war es keine Feindseligkeit gegenüber Aria mehr, sondern eine unangemessene Machtdemonstration. Doch auch die junge Wölfin wagte nicht, die Stimme zu erheben, dafür war sie zu jung. Allerdings traf sie eines Tages einen der anderen Wölfe allein an, als er auf dem Weg zum Fuße der Felswand war. Sie erinnerte sich an ihn, durch Geschichten ihrer Großmutter. Er war ein alter Freund ihres Großvaters gewesen. Die junge Wölfin nahm ihrem Mut zusammen und stellte sich ihm in den Weg. Der ältere Wolf versuchte natürlich, an ihr vorbei zu gehen, aber sie gab ihm keine Möglichkeit. Schließlich knurrte der große graue Wolf. "Geh mir aus dem Weg, Kind!" "Nein! Ich hab keine Lust mehr! Alle sind so gemein zu Mama und Omi! Ich weiß, dass du ein Freund von meinem Opa warst! Du warst sein treuster Freund! Jetzt redest du kein Wort mehr mit Omi! Sie und Mama verhungern und alles wegen mir! Aber Nedron und seine Söhne futtern sich dick und rund! Das kann doch nicht fair sein!" Der graue Wolf schaute ausdruckslos und versuchte erneut, an Aria vorbei zu kommen. "Hör damit auf, Mädchen. Das alles interessiert mich nicht." Aria knurrte. "Alle verurteilen Mama, dass sie die Regeln gebrochen hat! Keiner verurteilt Nedron, weil er uns verhungern lässt. Er ist respektlos zu Omi und sie war Alpha-Wölfin. Er tritt Opas Vermächtnis mit Pfoten! Und alle gucken weg!" Wütend rannte die kleine Wölfin auf den grauen Wolf zu und fing an ihn zu beißen. Allerdings waren ihre Zähne noch nicht ausgewachsen, daher konnte sie nur wenig erreichen. Der graue Wolf schüttelte sie ab, doch Aria ging sofort erneut auf ihn los. Sie war zwar klein und unerfahren, aber sie war schnell und sie war hartnäckig. Der graue Wolf knurrte. "Jetzt hör endlich auf damit!", knurrte er und schnappte nach Aria. Diese wich aus und biss ihn erneut ins Bein. "Aria, es reicht!", erklang dann aber eine Stimme und die kleine Wölfin drehte sich um. Ihre Großmutter kam gerade den Pfad hinauf und schüttelte den Kopf. "Lass Bairon in Ruhe. Er befolgt nur die Befehle Nedrons", sagte die alte Wölfin und trat zu ihrer Enkelin. "Aber es ist unfair! Du sagtest er war Opas Freund. Jetzt ist er genauso böse wie alle anderen! Sowas kann kein Freund von Opa gewesen sein, wenn er so war, wie du ihn beschreibst, Omi. Opa ist bestimmt ganz traurig, dass es dir und Mama so schlecht geht", sagte Aria traurig und ließ die Ohren hängen. Der graue Wolf schaute die kleine Wölfin an und blickte dann zu der älteren. "Du siehst müde aus, Ariadne." Die alte Wölfin schnaubte. "Als ob es einen von euch interessiert. Nedron lässt mich und meine Tochter verhungern. Doch wir müssen beide leben, damit wir eine Ration für Aria haben, denn wenn wir sterben geht die Ration an seine fettbäuchigen Kinder und seine überhebliche Gefährtin. Nedron ist nicht das, was Arias Großvater in ihm gesehen hat. Doch leider scheint das hier keinen zu interessieren", sagte Ariadne kühl und sah dabei Bairon an. Der graue Wolf senkte den Blick. "Ich weiß nicht, was du von mir erwartest, Ariadne. Wenn wir uns widersetzen, sterben wir oder werden verbannt." "Wenn sich alle mal zusammenschließen und gegen ihn vorgehen würden, hätte er keine Chance! Aber ihr seid allesamt nur Feiglinge, die den Schwanz einziehen!" Aria schaute von dem grauen Wolf zu ihrer Großmutter und zurück. Der graue Wolf schwieg. "Ich kann euch nicht helfen", sagte er nur und ging seiner Wege. Ariadne sah ihm nach. Dann sah sie ihre Enkelin an. "Es bringt nichts, wenn du Streit wegen uns anfängst, Aria. Belaste dich nicht mit unseren Sorgen. Du sollst doch so unbeschwert wie möglich erwachsen werden." Die junge Wölfin schüttelte den Kopf. "Wie kann ich das, wenn du und Mama verhungern? Das ist ungerecht und es ist meine Schuld." Die alte Wölfin schüttelte den Kopf. "Es war unsere Entscheidung, Aria, nicht deine. Also lass das unsere Sorge sein", sagte die alte Wölfin nur. Die kleine Wölfin seufzte. "Komm, wir gehen zu deiner Mutter. Aber wir erzählen ihr hiervon nichts. Sie soll sich nicht noch mehr Sorgen um dich machen müssen." Aria nickte nur und ließ die Ohren hängen. Sie konnte nichts für ihre Familie tun.
 

Zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter lag Aria abends in der Höhle. Sie hatte immer noch Schuldgefühle, dass es ihrer Familie so schlecht ging. Am liebsten hätte sie Nedron gebissen, aber das wäre ihr nicht bekommen. Sie musste wahrscheinlich die Pfoten still halten, wie ihre Großmutter gesagt hatte. Da hörte sie ein Geräusch und schaute auf, als Bairon die Höhle betrat. Auch Camera und Ariadne sahen überrascht zu dem Besucher. Doch genauso überraschend wie der Besuch selbst war das, was der graue Wolf mit brachte. Er ließ vor den Wölfinnen zwei Hasen fallen. "Hier, ich denke, das könnt ihr gebrauchen", sagte er und ließ sich auf die Hinterbeine nieder. "Was soll das?", fragte Ariadne misstrauisch, während Aria die Hasen betrachtete. "Du sagtest vorhin du kannst uns nicht helfen und jetzt kommst du mit so etwas hierher. Du weißt, dass jedes Futter vorher an Nedron vorbei muss", setzte die alte Wölfin fort. "Ich hab die Schnauze voll davon ihm seinen Hintern hinterher zu tragen. Deine Enkelin hat schon recht und du auch. Es ist nicht fair, wie er sich verhält. Es wäre genug zu Fressen da, dass ihr alle versorgt werden könntet. Stattdessen gönnen seine Kinder und Vinaria sich immer mehr." Bairon seufzte. "Ich hab dich noch nie in einer so schlechten Verfassung gesehen, Ariadne. Molaris war mein bester Freund und ich war jahrelang sein Beta, als er noch Alpha war. Er hat so viel in Nedron gesehen, aber das, was Nedron nun tut, ist absolut nicht in seinem Sinn. Ich hab ihm versprochen, dass ich ein Auge auf seine Familie habe, wenn er nicht mehr ist. Das werde ich nun tun. Ich werde euch mit Nahrung versorgen", erklärte der graue Wolf. Ariadne blickte erstaunt. "Du weißt, dass Nedron dir den Kopf abreißt, wenn er das rausbekommt." Der graue Wolf lachte. "Ich hab nichts zu verlieren. Außerdem soll dieser Jungspund mal versuchen, mit meiner Erfahrung mit zu halten." Camera betrachtete die Hasen. Sie war immer noch etwas misstrauisch. "Ich habe nicht vor, euch verhungern zu lassen. Ihr braucht eure Kraft, um die Kleine zu schützen. Es wäre in Molaris' Sinne." Die alte Wölfin betrachtete den grauen Wolf, dann wurde ihre Miene weich. "Ich freue mich, dass es doch noch jemanden gibt, der sich an Molaris' Werte erinnert. ich danke dir, Bairon." Der graue Wolf brummte nur. "Jetzt fresst schon, sonst muss mir das noch leidtun." Das ließen Camera und Ariadne sich nicht zweimal sagen und machten sich über die Hasen her. Aria ging derweil zu Bairon herüber. "Du kanntest meinen Opa?", fragte sie neugierig. Der graue Wolf nickte. "Ja, ich bin mit ihm aufgewachsen. Wir haben uns sogar mal um deine Oma gestritten." Ariadne musste lachen. "Das stimmt wohl, aber ich hatte immer nur Augen für Molaris." Bairon schnaubte belustigt. "Böser Korb, den du mir gegeben hast, Ariadne. Aber ich hab's ihr verziehen und Molaris und sie waren auch so ein tolles Paar und großartige Alphas. Es ist schade, dass er von uns gegangen ist." Aria legte den Kopf schief. "Kannst du mir ein bisschen was von Opa erzählen? Wie er war, als er so klein war wie ich?", fragte sie dann. "Natürlich", sagte der alte graue Wolf und begann der kleinen Wölfin von ihrem Großvater zu erzählen.

In den kommenden Wochen brachte Bairon immer wieder zusätzliche Rationen zu der kleinen Familie. Er achtete kleinlich darauf, nicht erwischt zu werden und wenn, übergab er es Nedron und sagte immer, er war gerade auf dem Weg. Aria wuchs weiter und auch ihre Mutter und ihre Großmutter legten wieder an Gewicht zu. Öfter verbrachte der alte Wolf Zeit in der Höhle der Wölfinnen und unterhielt sich mit Aria oder Ariadne. Bald war er schon »Onkel Bai« für Aria und sie balgte öfter mit ihm herum. Da die anderen Jungwölfe alle die Kinder der Alphas waren, hielten sie sich von Aria fern, weshalb sie niemanden zum spielen hatte. Doch Bairon war ein guter Spielgefährte, trotz seines Alters und er schloss die Kleine richtig ins Herz. Es schien, als ob es endlich etwas Licht in Arias Leben geben würde.
 

Schließlich war Aria ein halbes Jahr alt, als sie die ersten Grundzüge des Jagens lernen sollte. Bairon hatte sich bereit erklärt, sie auf einen Streifzug mitzunehmen. Sie mussten nachts gehen, da Nedron streng verboten hatte, dass Aria das Jagen erlernen durfte. Es gehörte zu seinem Ziel, die Familie verhungern zu lassen, denn wenn die junge Wölfin nicht lernte, sich selbst zu versorgen, würde sie später nie allein zurechtkommen. Deswegen nutzen die beiden Wölfe den Schutz der Dunkelheit, um dem Bergpfad hinab zu gehen. Unterhalb des Berges befand sich ein kleines Waldstück, dass dem Erdwolf-Rudel Nahrung bot, auch wenn es nicht viel war. Dafür war das Waldstück zu klein und zu abgelegen. Aber es reichte, solange die Rationen reguliert waren. Allerdings gab es dort nach wie vor ein Ungleichgewicht, dass inzwischen nicht mehr nur Bairon aufgefallen war. Auch einige andere Wölfe hatten langsam genug von Nedron und deckten Bairons Streifzüge zum Wohle Ariadnes und ihrer Nachfahren. So auch heute. "Also Aria, wichtig ist, dass du zuerst eine Witterung findest. Die meisten Tiere verstecken sich, sobald sie uns bemerken, daher musst du sie vorher aufspüren und dann blitzschnell zuschlagen. Fährten finden ist anfangs schwer, aber man kann es auch schnell lernen." Aria lauschte dem alten Wolf und sah sich um. "Was jagen wir denn?", fragte sie. "Vorerst beschränken wir uns auf Hasen und Eichhörnchen, für große Tiere wie Hirsche und Rehe bist du noch zu jung und unerfahren." Der graue Wolf sah sich um, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte. Allerdings war es nichts Gutes. "Aria, hinter mich, sofort!" Erschrocken blickte die junge Wölfin zu dem Grauen und bemerkte dann mehrere leuchtende Augenpaare, die aus dem Wald auf sie zukamen. "Bairon, was ist hier los?", fragte sie erschrocken und wich zurück, doch auch hinter ihnen tauchten die leuchtenden Augen auf. Sie waren eingekreist. Schließlich konnte man erkennen, wer sie da umkreiste. Es war Nedron und ein paar der Wölfe, die noch hinter ihm standen. "Sieh mal einer an, wer sich da in der Nacht davon schleicht. Der alte Bairon und die unerwünschte Missgeburt. Was führt euch denn hierher im Dunkeln der Nacht?", fragte Nedron höhnisch. "Aria braucht Bewegung, also wollte ich ihr zeigen, was sich am Fuße des Berges befindet", sagte Bairon nur kühl. "Tu nicht so. Ich weiß, dass du ihr das Jagen beibringen wolltest, was gegen meinen Befehl widerstoßen hat. Außerdem habe ich auch erfahren, dass du sie über Wochen hinweg mit zusätzlichen Rationen versorgt hast. Du hast ziemlich viele Fehler gemacht, Bairon." Bairon schnaubte. "Ich habe das Richtige getan. Ich habe Molaris' Werte aufrecht erhalten. Der Wolf, der dich zum Alpha gemacht hat würde sich schämen wenn er sehen könnte, was du aus seinem Vermächtnis gemacht hast!" Nedron gab sich unbeeindruckt, auch wenn einige Wölfe neben ihm verstört zu ihrem Alpha blickten. "Molaris war ein sentimentaler Narr, der alle anderen über sein eigenes Wohl gestellt hat. Ich habe Struktur in das Rudel gebracht und Regeln aufgestellt. Dieses Durcheinander hätte uns irgendwann ruiniert", sagte der Alpha nur. "Mein Großvater war kein Narr", knurrte Aria und sprang auf Nedron zu. "Aria, STOP!", brüllte Bairon, aber es war zu spät. Die junge Wölfin war so wütend. Der Alpha reagierte natürlich auf ihren Angriff und überwältigte sie mühelos. Er packte sie fest am Nacken und biss zu. Aria wand sich und jankte laut, doch sie konnte sich nicht befreien. Bairon fackelte nicht lange und sprang nun seinerseits auf Nedron zu, der Aria loslassen musste. Er warf die Wölfin gegen den nächsten Baum und wich Bairon aus. "Du musst den Preis für deinen verrat bezahlen, Bairon. Genau wie jeder bezahlen wird, der meine Autorität untergräbt." Damit griff er an. Zwischen den beiden Wölfen entbrannte ein Kampf, wobei keiner die Überhand zu haben schien. Was Nedron mit Schnelligkeit herausholte, konterte Bairon mit Kraft und Erfahrung. Beide fügten sich erhebliche Verletzungen zu, bis sie sich beide keuchend gegenüber standen, mit mehreren blutenden Wunden übersät. "Du Grünschnabel kannst mich nicht so einfach besiegen. Ich werde kämpfen, für Molaris' Vermächtnis. Für Aria!" Damit sprang er erneut auf Nedron zu. "Schnappt ihn euch", befahl dieser nur und auf seinen Befehl griffen die anderen Wölfe an. Sie überrumpelten den alten Wolf und er konnte sich nicht gegen die Masse wehren. Am Ende blieb er leblos am Boden liegen. "Du dummer alter Narr. Ich habe ein ganzes Rudel, dass mir gehorcht. Und jeder, der das nicht tut, wird seinen Preis zahlen." Nedron spuckte ein wenig Blut aus. "Wir gehen", verkündete er und trat den Rückweg zu den Höhlen an. "Was machen wir mit der Wölfin?", fragte einer der Wölfe und blickte zu Aria. "Sie atmet noch." Nedron blieb stehen und blickte hochmütig zu Aria. Er betrachtete ihre Halswunde, die immer noch blutete. "Lasst sie liegen. Sie wird verbluten oder erfrieren. Das wird auch ihrer Mutter und Ariadne eine Lehre sein", sagte er nur und ging weiter. Einige der Wölfe folgten sofort, andere blickten bestürzt zu dem toten Bairon und zu der verwundeten, leblosen Aria. Doch sie konnten sich Nedrons Befehl nicht widersetzen, wenn sie nicht genau so enden wollten. Daher folgten auch sie ihrem Alpha und ließen beide Wölfe zurück.
 

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Gott, was bin ich gemein. Nicht nur, dass wir hier ein böses Drama haben, ich hab ein Open End. Gut, ich denke die Meisten wissen, dass Aria nicht sterben wird, sonst könnte sie kaum bei Okiros Geschichte auftauchen und im Chara-Sheet drei sein, aber es stellt sich trotzdem die große Frage: Was passiert nun? Auf jeden Fall, wer jetzt Nedron an's Fell will: Ich stelle Schusswaffen und Teppichklopfer zur Verfügung xD Klopft ihn weich xD
 

Danke für's Lesen auf jeden Fall

Eure DragonEmpress



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Okiro
2016-02-20T19:11:08+00:00 20.02.2016 20:11
So nun habe ich es mal geschafft dieses Kapitel zu lesen. Es war so spannend, das sich gar ned bemerkte, dass die acht Seiten schon rum sind...
Es ist sehr sehr schön geworden. Es fesstelt einen richtig. Ich liebe es wie du schreibst. Richtig detailiert und auch nicht zu lange fackelnd. Zudem lässt du unschöne Sachen nicht aus. Das erinnert mich tatsächlich an meinen eigenen Schreibstil. ^^
Das Bairon gestorben ist musste wohl so sein. Auch die liebe Aria hat viel auf ihrem Weg gesehen... Brutalität und Hilflosigkeit... das sind keine Dinge wo ein kleiner Wolf aufwachen sollte, doch das macht sie nun zu einen Wolf, wie sie jetzt einer ist.
Das du eine Geschichte über sie schreibst, hilft mir wahnsinnig gut, sie selbst in Cots einzubauen. ^^ Sie geht mir so leicht von der Hand und ich kann total mit ihr fühlen.

Ich freue mich mehr zu lesen *knuddl* Vielen lieben Dank...
Antwort von:  Xenojiiva
20.02.2016 20:15
Freut mich zu hören, dass dir mein Schreibstil so gut gefällt. Vor allem, dass es fesselt freut mich sehr, immerhin ist das Sinn un Zweck ^^ Festellen kann ich ja dann mal, dass 8 Sieten für das Kapitel zu kurz sind, aber es ging mir fast genauso schnell von der hand wo ich am Ende dachte: Wie, schon fertig?
Unschöne Sachen gehören finde ich genauso zu einer Geschichte dazu, wie die Guten, daher weigere ich mich, um den heißen Brei herum zu reden.
Siehe an Bairon, manchmal muss auch Blut fließen. Aria hatte keinen leichten Start und das mache ich damit sehr deutlich. Natürlich ist es schön zu hören, dass es dir hilft sie in die geschichte einzubauen, genau deswegen habe ich gedacht ich müsste eine geschichte zu ihr schreiben, um deutlich zu machen, warum sie so ist, wie sie ist.

Freue mich sie in Cots zu sehen und danke für den lieben Kommi ^^


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