Zum Inhalt der Seite

Ghost

von
Koautor:  Yulice

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Colin Wyler – Kapitel 2

Was für ein Chaos! Ich leitete die Pension noch nicht lange und dann passierte sowas! Ich hätte das Erbe einfach an Emma abtreten sollen. Ob sie nun wollte oder nicht. Das konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen. Dabei warnte ich doch extra noch alle, wie auch meine Mitarbeiter und das Schild vor der Tür des besagten Hauses, dass der Aufenthalt für Gäste mit Herzproblemen und dergleichen nicht geeignet wäre. Und jetzt hatte ich hier eine verdammte Leiche liegen! Herzinfarkt. Großartig. Die Pension wimmelte von Polizisten und sonstigen Typen von ihrem Gebiet. Und wir wurden alle 5 Minuten von wem anderen befragt. Dabei erzählten wir alle die gleiche Geschichte. Sprachen die sich untereinander nicht ab? Es war einfach nur anstrengend.

Als ich endlich meine ersten ruhigen Minuten an dem Morgen hatte, setzte ich mich seufzend in mein Büro. Jedoch klopfte es nach nur wenigen Sekunden schon wieder an meiner Tür.

“Was ist denn jetzt schon wieder?!”, fauchte ich und schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. Unverblümt und ohne eine Antwort zu bekommen, trat eine sehr groß gewachsene Frau in mein Zimmer. Zumindest wollte man, dass man sie als Frau sah. In Wirklichkeit war es ein Mann, der sein Leben halt eben anders auslebte, als manch andere. Sein Name war Adrian. Sein jetziges Ich allerdings hörte auf den Namen Lola. Keine Ahnung woher er das hatte. Aus irgendeinem Gay Porno oder so.

“Ich dachte ich bring dir was zur Beruhigung.”, meinte sie und stellte mir eine Tasse Kaffee vor die Nase. Sofort legte sich etwas meine schlechte Laune, als ich nach der heißen Tasse griff. Lola machte aber keine Anstalten mein Büro zu verlassen, sondern setzte sich gegenüber von mir in den Sessel. Sie überschlug elegant ihre Beine, die in roten Stöckelschuhen endeten. Sie war zu breit um als Frau durchzugehen, aber dennoch musste man zweimal hinsehen um zu erkennen, dass sie ein Mann war. Leider sparte sie noch für die hormonelle Behandlung, aber ich fand, das brauchte sie gar nicht. Sie war schlank, abgesehen von den Schultern und den muskulösen Armen, die allerdings immer schön bedeckt waren. Sie trug anständige Businesskleidung, da sie am Empfang mithalf und auch sonst meine Vertretung war. Ihr langes dunkles Haar, hatte sie zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, welcher sich um ihren karamellfarbenen Hals schmiegte. Ich hatte keine Ahnung welche Nationalität sie genau hatte, aber sie war wohl definitiv ein Mischling. Ihre Haut war dunkler als bei mir, was aber ihrer Schönheit keinen Abbruch tat.

Seufzend nahm ich mir einen Schluck des heißen Getränks und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Ich öffnete für einen Moment den obersten Hemdknopf, damit ich besser atmen konnte.

“Besser?”, fragte mich Lola etwas schmunzelnd. Ich nickte nur leicht.

Wie gern würde ich mich jetzt einfach aus diesen Spiesserklamotten schälen, das falsche Lächeln, dass ich in den Jahren an der Hotelfachschule gelernt hatte, absetzen und einfach einen draufmachen. Diese Welt war nicht die meine. Und doch saß ich hier fest. Meinen Großeltern zu Liebe. Ich hatte die Pension geerbt bekommen. Eigentlich wollte ich sie nicht, zumal sie meiner Schwester eher zustand als mir. Aber sie war Anwältin und hatte ihren Job somit gewählt. Ich konnte jedoch nicht zulassen, dass das Lebenswerk meiner Erziehungsberechtigten einfach so verschachert wurde. Also hatte ich die Ausbildung gemacht und den Schuppen übernommen. Auch wenn ich niemals so etwas lernen wollte. Es war mir alles zu aufgesetzt, zu spießig, zu arschkriechermässig und zu anständig. Alles was ich eigentlich hasste.

“Kannst du Cowl bitte mal sagen, dass er abhauen soll. Du reichst mir hier grade.”, murmelte ich und rieb mir über die Stirn. Oh....eines hatte ich vergessen zu erwähnen. Ich führte die Pension nicht nur wegen meinen Großeltern. Sondern weil ich das was sie versprach deutlich sehen konnte. Geister. Und grade ging mir der neugierige Sack sowas auf den Keks! Der musste immer seine Nase überall reinstecken.

Lola sah sich suchend um – natürlich konnte sie ihn nicht sehen – und sagte eher halbherzig, dass er verschwinden sollte. Der alte Veteran zuckte nur mit den Schultern und glitt durch die nächste Wand davon. Bisher konnten nur ganz bestimmte Gäste die Geistererscheinungen auch wirklich sehen. Alle anderen ließen sich von ihren täglichen Ritualen erschrecken. Aber das Geschäft lief gut! Es waren schon viele Geisterjäger hier und behaupteten das Haus gesäubert zu haben. Ich ließ sie in den Glauben, solange ich sie dafür nicht bezahlen musste.

“Das wird mein Absturz, Lola. Ich kann mir sowas nicht leisten.”, begann ich nun meinem Ärger und meinen Sorgen Luft zu machen.

“Ach was, erzähl keinen Unsinn! Es war ein Unfall. Und du wirst dafür ganz sicher nicht haftbar gemacht, nur weil einer das Schild und unsere Vorwarnungen missachtet hat.”

“Und was ist mit meinen Vorstrafen?” Ja, ich war in meiner Jugend ganz schön rumgekommen. Im Ort kannten mich viele Polizisten noch von Früher. Die zerrissen sich sicher gerade das Maul darüber, dass sowas nur eine Frage der Zeit gewesen wäre. Die interessierte es sicher einen Dreck, dass ich damit nichts zu tun hatte. Ich hatte Vorstrafen wegen Diebstahl (mehrfach Autodiebstahl) und Vandalismus. Ruhestörung war da nur ein kleines Detail gewesen. Da ich aber noch nicht volljährig gewesen war, sie mir nichts beweisen konnten und ich artig andere verpfiffen hatte, konnten sie mir abgesehen von saftigen Geldstrafen und Sozialdienst nichts verdonnern. Außerdem war meine Schwester da gewesen. Sie war zwar noch im Studium gewesen, aber konnte mir schon wichtiges über meine Rechte beibringen. Außerdem hatte ich die geklauten Autos immer artig wieder zurückgebracht. Ich wollte nur eine Runde mit ihnen fahren. Da ich aber meistens vergessen hatte, wo ich sie geklaut hatte, brachte ich sie immer gleich zum nächsten Polizeirevier.

“Das sind doch Kinkerlitzchen, Schatz.”, versuchte mich Lola zu beruhigen und stand schließlich auf. Ich tat es ihr gleich, nachdem ich meinen Kaffee geleert hatte. Schließlich hatte ich noch viel zu tun.

Es war schon fast Mittag, als das nächste Auto mit Beamten den Kiesweg hochfuhr und dicke Spuren hinterließen. Eigentlich waren die Parkplätze ja hinterm Haus, aber diese Beamten dachten alle sie könnten sich alles erlauben. Es standen schon dutzende Autos auf dem Weg. Und zu denen musste ich freundlich sein. Ich könnte echt kotzen...

Nachdem ich mein Büro verlassen hatte – es lag im Erdgeschoss hinter dem Empfang – ging ich nach oben um mir einige Akten anzusehen. Unten war nicht genug Platz um all die Akten und Daten unserer Gäste zu verwalten, weshalb ich im oberen Stockwerk, wo auch die Aufenthaltsräume und dergleichen für meine Angestellten waren, ein Zimmer eingerichtet hatte. Ich musste mir die Daten unseres verstorbenen Gastes ansehen. Außerdem wollte die Polizei Kopien davon, weshalb mich meine Schritte also nach oben führten. Lola folgte mir.

“Musst du nicht arbeiten?”, fragte ich leicht genervt über meine Schulter, als sie mir mit ihren Absätzen folgte. Die Pension war schon alt, weshalb ihre Stöckelschuhe auf dem Holzboden, der nicht grade durch Teppich geschützt war, laute Klackergeräusche machte. Und die zerrten grade ziemlich an meinen Nerven.

“Tue ich doch. Ich habe ein Auge auf dich.”, meinte sie fröhlich und holte mich ein. Na großartig.

“Außerdem will ich nicht dass du mir da oben schon wieder eine Unordnung machst. Ich hatte ganze zwei Monate um letztes Mal alles wieder an seinen Platz zu bekommen, nachdem du da gewütet hast.” Schuldbewusst senkte ich den Blick. Ja ich war nun mal etwas chaotisch. Aber hey, für mich war es kein Chaos. Ich hätte noch alles wiedergefunden. Ihr Problem, wenn sie mein Ordnungssystem nicht verstand.

“Schon gut, schon gut. Aber steht jemand unten am Empfang?”, wollte ich wissen und nickte wie beiläufig in der oberen Etage einer der Geistergestalten zum Gruße zu. Hier wandelten vorläufig gut gesinnte Seelen herum. Nur einer machte hin und wieder Probleme. Aber der hatte sich in der letzten Zeit ganz still verhalten. Lola ignorierte mein Nicken, da sie die Geister nicht sehen konnte und plapperte munter weiter.

“Ja, Lucy steht unten.”, versicherte sie mir. Gut war momentan nicht ganz so viel los. Aber die Hauptsaison rückte näher, daher hatte ich noch eine ganze Menge zu tun. So vieles, was ich noch vorbereiten musste. Und da kamen mir die Polizisten, allgemein der ganze Vorfall nicht gerade zeitlich recht. Andererseits würden die Schlagzeilen dieses Vorfalls – mochten sie noch so ausgeschmückt sein – sicher gute Werbung machen. Noch ein Geist mehr, der hier rumspuken würde. Aber nicht jeder der hier starb, blieb auch hier. Es kam ganz auf die Seele an. Gefühle, Empfindungen und Erinnerungen hielten die guten Seelen an einem Ort fest, wenn sie noch nicht bereit waren ins Licht zu gehen. Gewaltsame Einwirkungen war jedoch auch ein Grund. Nur hatten wir hier bisher nur den einen Geist, der auf diese Art und Weise umgekommen war.

Ich stürzte mich mit Lola also in die Aktenberge. Erstaunlicherweise fanden wir die besagten Akten auch schnell, weshalb ich ein Problem weniger auf der Liste stehen hatte. Zwischenzeitig wurden wir dann aber unterbrochen, von Rolf unserem Mädchen für alles. Er wollte nach dem Zimmer fragen, welches eine kaputte Glühbirne aufwies. Anscheinend hatte Maggie, unser Trauergeist wieder jemanden zu sehr erschreckt. Sie konnte schon furchteinflößend sein, wenn man ihren Beweggrund nicht kannte. Sie ließ gern mal ein paar Glühbirnen kaputt gehen.

“Zimmer 12, wie immer.”, sagte ich routiniert und blätterte in der Akte. Ich lief aber schon wieder aus dem Zimmer, während sich Lola noch etwas mit ihm unterhielt. Dann hörte ich jedoch Schritte. Ich sah kurz von meiner Akte auf und staunte nicht schlecht, als Lucy vom Empfang mit zwei Männern ihren Weg nach oben fand. Wohl noch mehr Cops. Und damit sollte ich Recht behalten.

“Oh là là~ Was für ein heißes Gerät kommt denn da.”, hörte ich Lola flüstern und besah sich die beiden Männer. Ich wusste genau, welchen von beiden sie damit meinte.

Der sicher zwei Meter Hüne, enges Shirt, coole Jacke, stolzer Gang und eindeutig Bulle. Ein Blick genügte mir schon. Aus allen seinen Poren schrie sein Job.

“Der muss ja ein riesen Tei-”

“Lola!”, zischte ich ihr zu, damit sie ja nicht weitersprach. Denn die Herren kamen bereits in Hörweite.

“Lucy?”, fragte ich daher professionell.

“Verzeihung Mister Wyler, aber diese Herren wollten sie sprechen.”, kam es kleinlaut von der schüchternen Empfangsdame. Eigentlich benahm sie sich nur so schüchtern, wenn gutaussehende Männer anwesend waren. Sonst war sie nicht so befangen.

Ich blickte nun das erste Mal auf und besah mir die beiden Männer genauer. Der Hüne hatte nicht nur einen trainierten Körper, was man unschwer an seinem engen Shirt erkennen konnte, sondern auch ein wirklich hübsches Gesicht. Aber ich würde das vor Lola nie zugeben. Sein Partner sah wie jeder normale Durchschnittstyp aus. Sicher verheiratet und hatte Kinder.

Ich dankte Lucy für ihre Mühe und wandt mich den Herren dann zu. Lola stand zu meinem Bedauern immer noch neben mir und machte keinen Hehl aus ihrem Interesse. Sie musterte den riesigen Mann ohne schlechtes Gewissen.

“Gentlemen, was kann ich für sie tun?”, fragte ich freundlich, während ich meine Arme vor der Brust verschränkte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück