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Crossroads

decisions are never easy
von

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Im Verbotenen Wald (Teil 1)

Keiner von ihnen wagte es, am nächsten Abend zu spät zur Strafarbeit zu kommen. Nicht einmal Peter, dessen Augen immer noch von der Bindehautentzündung gerötet waren, doch zumindest konnte er wieder sehen. Zu behaupten, die Stimmung sei gedrückt, wäre untertrieben gewesen. James‘ Laune stand auf dem Tiefpunkt, seitdem Lily ihn auf dem Gang zusammengefaltet hatte und selbst Quidditch oder Sirius‘ Aufmunterungsversuche konnten das nicht ändern. Das wiederrum sorgte dafür, dass Sirius seinen Hass nun mehr denn je auf Snape projizierte und fortwährend darüber sprach, wie er den Slytherin besonders qualvoll umbringen würde. Da Sirius ihm noch immer nachtrug, dass er vor McGonagall und Slughorn nur die halbe Wahrheit gesagt hatte, ließ er ihn reden. Er hatte richtig gehandelt, denn eine Schuldzuweisung hätte ihre Professorin auch nicht umstimmen können. Trotzdem ärgerte er sich insgeheim über sich selbst, denn Tatsache war, dass Snape sie tatsächlich zuerst angegriffen hatte. James und Sirius hatten Dinge gesagt, die nicht in Ordnung waren, doch wenn er daran dachte, was Snape ihm schon an den Kopf geworfen oder wie er sich über Sirius‘ Familiensituation geäußert hatte, schrumpfte sein Mitgefühl zusammen.

Außerdem hatten ihm Snapes Flüche schmerzhafte Unannehmlichkeiten bereitet – und er hatte schon genug davon. Sich einmal im Monat in einen Werwolf zu verwandeln reichte ihm, da musste er sich nicht im Körper eines Greises unter Magenkrämpfen auf dem Boden wälzen. Es kostete ihn daher einiges an Überwindung, Snape nur zu ignorieren, anstatt ihn so finster anzublicken, wie James und Sirius es taten.

Keiner von ihnen sagte ein Wort. Sie warteten stattdessen, bis Filch kam, der eine geradezu widerwärtige Freude darüber zeigte, sie zu Hagrids Hütte zu führen.

„Habt sicher schon Schiss, was?“, stichelte er und schielte sie von der Seite her an.

Im Licht seiner Laterne, die neben dem Mond als einziges die Dunkelheit erhellte, wirkte sein Gesicht noch bösartiger als sonst.

„Ja, ja…dachtet wohl, ihr könnt tun, was euch gefällt…Schulregeln brechen wie sonst auch, was? Ich wünschte, ich hätte euch erwischt. Hätte euch verzogenen Blagen gegeben, was ihr verdient…“

Remus sah, wie James einen spöttischen Blick mit Sirius tauschte. Filch träumte vermutlich schon nachts davon, sie vier bei einem ihrer Streiche zu erwischen, doch noch nie war es ihm gelungen.

„Ja, grinst ihr nur, ihr Pack!“, zischte Filch sie an, während er sie übers Gelände Richtung Wald führte. „Aber in dieser Nacht geht’s euch an den Kragen! Hoffe, dass die Kreaturen im Wald mindestens zwei von euch holen! Verstümmeln werden sie euch zweifellos…oh ja…“

Remus musste sich nun selbst beherrschen, um nicht zu lachen; er und seine Freunde streunten einmal im Monat im Wald herum. Wovor sollten sie also Angst haben? Zumal Hagrid dabei war und sicher nicht zulassen würde, dass ihnen etwas geschah. Er beobachtete, wie James provokativ gähnte und Sirius die Augen verdrehte, während Peter doch ein wenig Unbehagen zeigte.

Was ihn wunderte, war die Tatsache, dass Snape so still war. Als er diesem einen knappen Seitenblick zuwarf, erkannte er, dass der Slytherin soeben einen nervösen Blick Richtung Mond warf. Remus stutzte und in dieser Sekunde trafen sich ihre Blicke, ehe er sich rasch wieder abwandte. Er wollte Snape nicht weiter ansehen, denn soeben wurde ihm klar, was dem anderen durch den Kopf gehen musste. In zwei Tagen war Vollmond.

Remus hatte keine Erinnerung an die Nacht, in der Snape von seinem Geheimnis erfahren hatte. Die Nacht, in der er ihn hätte infizieren oder gar töten können. Er mochte Snape nicht, aber er hätte es sich selbst nie verziehen, wenn er ihm etwas angetan hätte. War Snape deshalb so ruhig? Remus‘ Zorn auf ihn legte sich etwas, als er daran dachte, dass der andere in dieser verfluchten Nacht vermutlich Todesängste ausgestanden hatte. Seinetwegen.

Na gut, Sirius war auch nicht ganz unschuldig daran, doch das hatten sie ja geklärt. Remus seufzte innerlich, versuchte die Gedanken zu verdrängen. Egal, was passiert war, Snape war einfach kein umgänglicher Mensch. Er wäre auch ohne den Vorfall in der heulenden Hütte ein gemeiner Kerl und daher sollte er sich keinen Kopf darum machen, wie es ihm ging. Er hatte schon genug getan, was er hinterher bereut hatte.
 

„Da seid ihr ja endlich! Wurd‘ ja auch Zeit!“

Hagrid stand dort im Licht seiner Hütte, die Armbrust über der Schulter hängend, und Boney, seine Jagdhündin, neben ihm wedelte freudig mit dem Schwanz. Die schwarzen Augen des Hünen musterten sie eindringlich, dann seufzte er laut.

„Ich glaub, ich will gar nich wissen, was ihr mal wieder ausgefressen habt…“

„Haben sich mit Flüchen bekämpft“, krächzte Filch und blickte sie hasserfüllt an. „Hab denen schon gesagt, was sie erwartet…hoffe, sie gehen dir verloren und werden von den Monstern ge-“

„Ach, hör auf!“, fuhr ihm Hagrid ruppig dazwischen. „Das is ne Lektion und gut is…hier passiert keinem was!“

Filch sah nun aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen, doch dann wandte er sich leise schimpfend ab und schlurfte zurück zum Schloss. Keiner bedauerte das, vermutlich nicht einmal Snape. Dieser hatte den Blick konsequent zur Seite gewandt, wobei er noch finsterer dreinsah als sonst.

„So und jetzt zu euch!“, wandte sich Hagrid wieder an sie alle. „Habt mal wieder gegen die Regeln verstoß’n und euch auch noch erwischen lass‘n, was?“

„War nicht unsere Schuld, Hagrid“, brummte Sirius und warf einen bösen Blick zu Snape, der jedoch nicht reagierte.

Hagrid schüttelte seinen bärtigen Kopf.

„Na, Schuld werdet ihr wohl alle ham…sonst wärt ihr ja nich hier, ne?“

Sirius wollte erneut auffahren, doch James schlug ihm gegen die Schulter und bedeutete ihm, es gut sein zu lassen. Dieser murrte nur leise, beließ es aber dabei, während sich sein Freund an den Riesen wandte.

„Sehen wir nur nach dem Rechten oder hast du was Bestimmtes geplant?“, wollte er wissen, woraufhin Hagrid abwinkte.

„Reine Routine-Runde…müsst euch keine Sorgen machen! Is nix im Wald, das euch gefährlich werden könnt, solang ich dabei bin!“

Remus war sich nicht sicher, ob sie das so einfach glauben konnten. Hagrid hatte eine seltsame Vorliebe für Kreaturen aller Art und würde vermutlich sogar einen Werwolf wie ihn als missverstandenes Wesen darstellen. Außerdem wussten sie vier durch ihre einmal monatlichen Ausflüge sehr gut, dass es Kreaturen in diesem Wald gab, die man nicht grundlos fürchten sollte. Er bekam mit, wie Snape ein abfälliges Schnauben von sich gab, doch Hagrid schien es nicht auf sich zu beziehen.

„So, dann mal los, was?“, rief dieser geradezu freudig und bedeutete ihnen, ihm zu folgen.

Remus seufzte nur, als Sirius Peter, der wie angewurzelt da stand, einen Schubs gab, woraufhin dieser nach vorn stolperte.

„Jetzt piss dich nicht ein, Wurmschwanz“, meinte er mitleidlos, ehe er leiser anfügte: „Ist ja nicht so, als seist du noch nie hier gewesen…“

Peter schluckte merklich.

„Das ist aber was anderes…“, nuschelte er und Remus musste ihm Recht geben.

Vor Hagrids und schon gar nicht vor Snapes Augen durfte sich keiner von seinen Freunden in seine Animagus-Gestalt verwandeln. Sie hätten Glück, wenn die Konsequenzen lediglich daraus bestehen würden, sie nur der Schule zu verweisen.

„Ja, ja…trotzdem“, erwiderte Sirius leichthin, während sie durch den Wald schlichen.

Wobei schleichen wohl bei Hagrids Größe unmöglich war. Remus konnte Peters Ängste eigentlich recht gut nachvollziehen; im Wald lauerten trotz allem Gefahren, die er selbst nicht unterschätzen wollte. James und Sirius mochten leichtsinniger sein, doch auch sie mussten das wissen.

Remus war unsicher, ob er die Stille, die im Wald herrschte, als Entwarnung verstehen sollte. Er zuckte zwar nicht wie Peter zusammen, doch bei jedem Knacken wurde ihm unwohl zumute.

„Hey Snape! Nich zurückbleiben!“, ermahnte Hagrid den Slytherin, der missmutig hinter ihnen her stapfte und den Hünen nun zornig anfunkelte.

„Genau, Snape“, fügte Sirius desinteressiert hinzu. „Nicht, dass dich noch ein Monster frisst…wobei dich sowieso niemand vermissen würde.“

„Damit kennst du dich ja aus, Black“, zischte Snape zurück. „Deine Mutter-“

„Jetzt is es aber gut, ihr zwei!“, schalt sich Hagrid ein, bevor der Slytherin seinen Satz zu Ende bringen konnte.

Vermutlich war das auch ganz gut so. Sirius sah schon wieder so aus, als würde er Snape gleich an die Kehle springen.

„Ich weiß nich, was euer Problem is, aber solang ihr hier bei mir seid, is Ruhe, klar?“

Man konnte den beiden ansehen, dass sie nicht einverstanden waren, doch keiner widersprach.
 

Remus wandte sich ab, beobachtete Boney für einen Moment, die hinter Hagrid herlief, die Rute zwischen die Beine geklemmt; anscheinend war Peter nicht der einzige Angsthase. Wieder knackte es von irgendwo und der Kleinste von ihnen wimmerte leise auf.

„Da ist was!“, flüsterte er und sah in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.

Zwei Sekunden später ertönte Flügelschlagen und ein Rabe brach aus dem Dickicht hervor, verschwand krächzend in der Finsternis des Waldes.

„Ernsthaft, Wurmschwanz“, wandte sich nun auch James an ihren Freund. „Krieg dich wieder ein…hier ist doch ni- ach, du Scheiße!“

Etwas Größeres brach plötzlich zwischen den Bäumen hervor und stürzte auf sie zu, stieß dabei ein ohrenbetäubendes Kreischen aus. Rote Augen funkelten auf, während die Flügelspannen durch die Luft schlugen.

Hagrid hob seine Armbrust, brüllte gleichzeitig: „Runter!“

Boney jaulte mitleiderregend auf, während sie sich alle gleichzeitig zu Boden warfen und das schwarze Ungetüm James Kopf nur um Zentimeter verfehlte. In der Dunkelheit konnte keiner von ihnen ausmachen, um was es sich tatsächlich handelte – oder warum Hagrid keinen Bolzen abschoss.

„Schon gut…is wech“, brummte dieser und schulterte seine Armbrust wieder. „Könnt aufstehn‘…“

Remus grub seine Finger in die weiche Erde, während er sich zu beruhigen versuchte. Das Vieh war verschwunden, dennoch raste sein Herz, als er sich langsam wieder aufrichtete. Er beobachtete, wie sich auch seine Freunde wieder erhoben – wobei Snape zuerst Boney wegschieben musste, da diese ihm das Gesicht abzulecken versuchte.

„Was war das?“, fragte Remus, der als Erster seine Sprache wiederfand.

Peter neben ihm sah aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen, doch Hagrid schien es nicht zu bemerken. Er wirkte beinahe ein wenig verlegen, scharrte mit einem Fuß in der Erde, während er sich immer wieder umsah.

„Nu ja…also…s’is…eine neue Gattung, wisst ihr“, druckste er herum und lächelte sie unter seinem Bart zaghaft an.

„Gattung?!“, entkam es James, dessen Haar nun zerzauster war als nach einem Ritt auf seinem neuen Nimbus 1001. „Das Ding war so groß wie Mrs Norris…und es hatte Flügel, die waren doppelt so lang wie sie!“

„Eh…ja…also, das is aber kein Grund zur Beunruhigung, nich“, versuchte Hagrid sie zu beschwichtigen.

„Sin‘ eigentlich harmlos, die Kleinen…wern‘ oft missverstanden, diese Vampirfledermäuse…wegen dem Namen un‘ so…“

„Vampirfledermäuse?!“, hörte er Snape zischen, der sich offenbar wieder gefasst hatte. „Das kann keine Vampirfledermaus gewesen sein! Die Viecher werden nicht so riesig!“

Ausnahmsweise schien ihm da keiner widersprechen zu wollen und wieder wirkte Hagrid verunsichert.

„Ja…also, wie ich schon sagte…neue Gattung un‘ so…“, murmelte er in seinen Bart und Remus beschlich die Vermutung, dass diese neue Gattung nicht legal war.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Hagrid aus Zuneigung irgendein Monster im Wald aussetzte…oder es gar in seiner Hütte großzog.

„Aber sie sin‘ nich gefährlich! Also…solang keiner blutet, nich…also kein Grund zur Sorge! Sin’ eigentlich zahm…also, wenn sie nich grade hungrig sind…“

Sie starrten ihn nun alle an, als sei er verrückt geworden, doch es war Snape, der den Gedanken auch aussprach.

„Oh, wie beruhigend“, erwiderte er und seine Stimme triefte vor Sarkasmus. „Wenn diese…Dinger also zufällig gerade jemand anderen ausgesaugt haben, werden sie nicht versuchen uns umzubringen?“

„Eh…na ja, umbring‘ is’n hartes Wort…sie zapf’n nur n bisschen Blut ab, als Nahrung…“, gab Hagrid langsam zurück. „Aber selbst wenn…solang es nur ein paar sind, habt ihr nix zu befürchten…da wird man mit fertig…jagen eher in klein‘ Gruppen, diese Vampirfledermäuse…“

„Nicht dein Ernst…“, kam es ungläubig von Sirius.

Remus hielt es für das Klügste, nichts zu sagen und einfach weiterzugehen. Es gab im Wald sicher noch Schlimmeres als diese Riesenfledermäuse, die einem das Blut aussaugen wollten. Er wollte sich gerade umdrehen, als ihn Peters leises Wimmern innehalten ließ. Dieser starrte mit geweiteten Augen in die Dunkelheit, zitterte mittlerweile wie Espenlaub.

„Wurmschwanz?“, fragte er leise und auch die anderen, die soeben noch diskutiert hatten, hielten inne. „Was ist los?“

Der Angesprochene schluckte hart, starrte nun nach oben und Remus stellte fest, dass er sich den Arm hielt.

„Ich...hab mir wehgetan…“, kam es ihm schließlich über die bebenden Lippen.

Abrupt wurde es still. Remus Blick wanderte über die Schürfwunde an Peters Arm, von dem ein paar Tropfen Blut perlten. Vermutlich hatte er sich verletzt, als er sich zu Boden geworfen hatte. Remus sah in dieselbe Richtung wie sein Freund, wobei er den Kopf in den Nacken legen musste. Er erstarrte, als er die vielen roten Augenpaare in den Bäumen ausmachte. Ihm wurde heiß und kalt, denn von ein paar Viechern konnte längst nicht mehr die Rede sein. Boney jaulte abermals auf und drückte ihren Kopf gegen Hagrids Bein, doch dieser bedeutete ihr, still zu sein.

„Keiner bewegt sich“, brummte er und sah sich um. „Wenn alle still sin‘, wern‘ sie schon wieder abhaun…“

Remus ahnte, dass dies nur eine Mutmaßung war, doch keiner von ihnen wagte es, sich zu bewegen. Nun, zumindest bis sich eine der auf dem Kopf hängenden Fledermäuse bewegte und dabei die Flügel ausbreitete…denn in dieser Sekunde verlor Peter die Nerven und kreischte auf.
 

Der Wald, der durch das dichte Geäst sowieso nur spärlich vom Mondlicht erhellt wurde, verdüsterte sich noch, als die Kreaturen ihre Schwingen ausbreiteten und sich kreischend auf sie stürzten. Das Geräusch war ohrenbetäubend und Remus widerstand dem Drang, sich die Hände auf die Ohren zu pressen, nur schwer. Stattdessen griff er nach seinem Zauberstab und schleuderte einen Stupor auf eine der Fledermäuse, die drauf und dran war, Peter anzufallen.

„Lauft!!“, brüllte Hagrid, der seine Worte von vorhin wohl vergessen zu haben schien und mit seinen Pranken eines der Viecher im Flug packte und wegschleuderte.

„Scheiße!“, hörte er Sirius fluchen, ehe er, dicht gefolgt von James, die Beine in die Hand nahm. „Kommt schon! Stupor!“

Weitere Flüche wurden in die Luft geschleudert und Remus versuchte, seinen Freunden zu folgen. Allerdings spürte er schon im nächsten Augenblick, wie ihn etwas mit scharfen Krallen streifte und zwei blutige Kratzer auf seiner Wange hinterließ. Er schlug nach dem Mistvieh, erwischte es am Flügel und lief weiter. Er konnte sie hören…diese hohen Töne, die einem ganz übel werden ließen…das Schlagen ihrer Schwingen. Gehetzt sah er sich um, während er immer wieder Flüche in die Luft schleuderte, um sich zu schützen. Wo waren James und Sirius? Und wo war Peter abgeblieben? War er bei Hagrid? Hoffentlich, denn einen von ihnen konnte der Hüne sicher schützen. Remus Atem ging abgehackt, während er langsam außer Puste geriet.

Wieder ein Kreischen. Etwas zerriss seinen Umhang, riss die Haut darunter auf und hinterließ ein Brennen.

Remus schoss einen weiteren Fluch ab, wobei er nicht nach vorn sah und…über eine Wurzel am Boden fiel. Der schmerzhafte Ruck, der durch seinen Knöchel ging, ließ ihn aufstöhnen. Panisch versuchte er sich hochzustemmen, doch es funktionierte nicht. Hilflos tastete er nach seinem Stab, der ihm aus der Hand gefallen war – vergebens. Wieder dieses schreckliche Geräusch…und er blickte mit bangem Blick nach oben, erkannte sechs Fledermäuse, die ihre Kreise über ihm zogen, während er praktisch wehrlos auf dem Boden rumrobbte.

Plötzlich hörte er Schritte, sein Kopf ruckte hoch und er erkannte Snape, der mit bleichem Gesicht hektisch an ihm vorbei hastete.

„Snape!“, brachte er hervor, was diesen innehalten ließ. „Snape, warte! Hilf mir!“

Ein Blick über die Schulter traf ihn, Snapes Augen funkelten verächtlich…dann rannte er weiter und verschwand in der Dunkelheit. Remus ließ die Schultern sinken, während ihn die Verzweiflung eiskalt umklammerte. Er war kein Animagus wie James, Sirius oder Peter…er konnte sich ohne Vollmond nicht verwandeln, um sich zu verteidigen, und er hatte seinen Stab verloren. Er war allein. Snape würde nicht zurückkommen. Das Blut rauschte in seinen Adern, als er nach oben schaute und zwei der Fledermäuse auf ihn herabschossen. Er rollte sich zusammen, hob schützend die Arme über den Kopf – was blieb ihm auch anderes übrig?

Etwas krallte sich an ihm fest, Zähne rammten sich in seinen Nacken und er schrie auf, versuchte es von sich runterzuwerfen. Das Vieh löste sich, hinterließ eine schmerzende Wunde und Remus versuchte sich wegzurollen…in Sicherheit…doch wo war er sicher? Wieder dieses Kreischen und er keuchte auf, wusste nicht mehr, was er tun sollte.
 

„Immobilus!“

Remus zuckte zusammen, als neben ihm etwas regungslos zu Boden fiel. Ungläubig sah er auf die anscheinend gelähmte Fledermaus – und eine weitere folgte auch sogleich.

„Stupor!“

Lichtblitze stoben über seinen Kopf hinweg und wieder fielen zwei Kreaturen vom Himmel. Die übrig gebliebenen flatterten verärgert kreischend davon, schienen genug zu haben. Remus spürte, wie ihm das Blut in den Nacken lief, während er die Person vor sich fassungslos anstarrte.

„Wie lange willst du da noch so nutzlos rumliegen, Lupin?“

Es war Snape. Remus schaute ihn an, als handelte es sich um eine Erscheinung. Sein Gegenüber sah furchtbar aus, schien ebenfalls etwas abbekommen zu haben. Das fettige, schwarze Haar hing ihm in die Stirn und die Blutspuren auf seinen Wangen bildeten einen krassen Kontrast zu seiner fahlen Haut. Er hielt immer noch seinen Zauberstab umklammert, die dunklen Augen zornig auf ihn gerichtet.

„...du bist zurückgekommen!“

Es war alles, was er hervorbringen konnte, und die Verblüffung stand ihm wahrscheinlich ins Gesicht geschrieben. Snape schnaubte abfällig, bedachte ihn mit einem kühlen Blick.

„Wie scharfsinnig von dir“, gab er zurück. „Und jetzt beweg dich endlich!“

Ohne etwas zu erwidern, stand Remus auf – es kostete ihn ziemliche Anstrengung, doch wenigstens schaffte er es diesmal. Vermutlich hatte er sich den Knöchel verstaucht, so weh, wie es noch immer tat. Snape beobachtete ihn, als er ein paar Schritte nach vorn humpelte, und er hörte ihn genervt seufzen.

„Ich hätte dich mit diesen Viechern zurücklassen sollen…“

Remus lächelte bitter.

„Warum bist du überhaupt zurückgekommen?“

Er blickte sich suchend um, immerhin musste sein Zauberstab hier irgendwo noch liegen. Snape machte keine Anstalten, ihm zu helfen, also zog er sein Bein hinter sich her. Die Antwort ließ ebenfalls auf sich warten.

„Lumos“, murmelte der Slytherin schließlich und Remus warf ihm einen dankbaren Blick zu, der selbstverständlich ignoriert wurde.

Anscheinend hatte da jemand eins und eins zusammengezählt. Snape mochte nicht sonderlich sympathisch sein, doch seine Klugheit konnte man ihm nicht absprechen.

Remus Augen wanderten über das Moos, folgte dem dünnen Lichtstrahl, den Snapes Zauberstab warf – und er spürte nur noch Erleichterung, als er seinen eigenen entdeckte. Er bückte sich mit verzerrter Miene, schloss seine Finger um den Stab und richtete sich dann wieder auf. Snape löschte das Licht sofort, was wohl auch besser war, angesichts dessen dass sie sich immer noch im Verbotenen Wald befanden.

Stille.

„Ähm…“, räusperte sich Remus, da die Situation langsam unangenehm wurde. „Ich weiß nicht, wie wir zurückkommen…“

Snape schnaubte.

„Großartig“, murrte er dann, was wohl bedeutete, dass er es auch nicht wusste.

„Vielleicht…sollten wir…einfach losgehen?“

„…“

Snape warf ihm einen finsteren Blick zu, ehe er sich abwandte und irgendeine Richtung einschlug. Remus seufzte innerlich, während er Schritt zu halten versuchte – es gelang ihm nicht. Er strauchelte immer wieder und je öfter er seinen schmerzenden Fuß belasten musste, desto mehr fiel er zurück. Vermutlich war es dem anderen egal, ob er nachkam oder nicht. Remus atmete tief durch, ehe er es sich überlegte und seinen Stolz schluckte.
 

„Snape!“

Der Angesprochene blieb stehen, sah ihn so herablassend an, dass Remus seinen Entschluss noch mal überdachte.

„Was?“, wurde er unfreundlich angezischt.

„…ich…also…ich brauche deine…ähm….Hilfe.“

„Vergiss es!“

„Ich kann kaum laufen!“, empörte sich Remus.

„Das ist nicht mein Problem“, kam es kaltschnäuzig zurück.

„Ich halte dich auf.“

„Dann gehe ich eben allein weiter!“

„…bitte.“

„…“

„…“

„Schön!“, blaffte Snape ihn schlussendlich an. „Aber glaub nicht, dass ich dich stütze…zeig mir die Wunde!“

Remus hob eine Braue, gehorchte aber, auch wenn ihm der schroffe Befehlston missfiel. Er setzte sich ins feuchte Moos, legte dann seinen Knöchel frei, der mittlerweile dick angeschwollen war. Snape verengte die Augen, ehe er sich neben ihn kniete und etwas murmelte, das wie eine Beschwörung klang. Remus zog die Brauen zusammen, unterbrach den anderen aber nicht, als dieser fortfuhr und mit seinem Zauberstab, an dessen Spitze sich ein helles Leuchten gebildet hatte, über die Schwellung glitt. Tatsächlich wurde es besser, bis er nur noch ein taubes Kribbeln fühlte. Es war nicht angenehm, aber er konnte den Fuß nun ohne Schmerzen belasten.

„Du kannst Heilzauber wirken?“, fragte er erstaunt und Snape zuckte mit den Schultern.

„Nicht annähernd so wirksame wie Madame Pomfrey“, brummte er, ohne ihn anzusehen. „Hör auf mich voll zu quatschen und beweg dich! Ich will hier nicht noch länger rumsitzen!“

Unfreundlich wie immer, aber was erwartete Remus auch? Leise seufzte er, ehe er nickte und neben ihm weiterging.

„Danke.“

„Das sagtest du bereits. Spar dir den Atem.“

„…du hast mir noch immer nicht gesagt, warum du mich doch nicht zurückgelassen hast“, überging Remus die harsche Antwort und er war sicher, dass Snape soeben die Augen verdrehte.

„Herrgott, Lupin!“, grollte er. „Hast du nichts Besseres zu tun, als mich mit sinnlosen Fragen zu nerven?“

„…außer hier rumzuirren und zu hoffen, dass uns diese Viecher nicht finden? Nein. Nicht wirklich“, gab er unberührt zurück und sah ihn von der Seite her an. „Also?“

Eine Weile kam gar nichts, dann rümpfte der Slytherin die Nase.

„Bilde dir nichts drauf ein. Potter und Black hätten die Schuld auf mich geschoben, wenn dich Hagrids kleine Lieblinge ausgesaugt hätten…ich wollte mir Ärger ersparen. Das ist alles.“

Remus hob eine Braue; die Ausrede war doch ziemlich fadenscheinig, auch wenn er diesen Gedanken nicht aussprach. Es war wohl das Klügste, wenn er es dabei beließ, anstatt sich noch mehr bissige Kommentare anhören zu müssen. Dass Snape ihn, trotz seiner Abneigung gegen ihn, nicht zurückgelassen hatte, sprach für diesen. Vielleicht war er ja gar kein so mieser Kerl, wie Remus angenommen hatte…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Na, ob er da Recht hat... ;)
Boney ist übrigens eine Uroma von Fang... ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Lichtregen
2015-08-13T16:34:12+00:00 13.08.2015 18:34
Hihi, ein schönes Kapitel.
Filch am Anfang war einfach klasse, den hast du richtig gut getroffen. So fies, wie wir ihn kennen. xD Hagrids Art ist auch toll, liebenswert, aber stark, wie ein großer Teddy mit einem Hang zu gefährlichen Kreaturen.
Snape erinnert mich gerade am Anfang der Szene extrem an Draco im ersten Buch, der auch gelangweilt, aber doch ängstlich ist, und trödelt. Und dann bringt Snape doch fast einen „Deine Mudda…“-Spruch. ;-)
Ey, ich bepiss mich so vor Lachen! Die Szene mit den Vampirfledermäusen und Hagrids Beschwichtigungen… ich kann nicht mehr. xD Und dann wieder Peter… der ist auch echt zu nichts zu gebrauchen. Aber ohne ihn wäre es auch nur halb so lustig und sie wären nie getrennt worden.
Die Szene, in der Lupin hinfällt und auf Snapes Hilfe hofft, hast du sehr lebendig beschrieben. Es war fast, als wäre ich direkt dabei gewesen. Besonders bildhaft vor Augen hatte ich das Bild von Snape vor mir, der sich verpisst. xD Und dann ist er zurück mit dieser fadenscheinigen Begründung. xD Aber immerhin hilft er Lupin nach einigem Drängeln. Ich bin auch beeindruckt von Snapes Heilkünsten. :)
Hihi, erstes Abenteuer der beiden überstanden. Dann kann ja die nächste Etappe folgen, auf das du dich schon wie ein Honigkuchenpferd freust. ;)
Insgesamt ein Kapitel mit viel Handlung und Action, über das mir nicht mehr zu sagen einfällt, als dass es mich sehr gut unterhalten hat. :D


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