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Down Hill 2: Efrafa

von

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Schwieriger Start

Sie steuerten einen großen Raum an, der offensichtlich eine Gefängniskantine war. Viele Plätze waren schon besetzt und es wurde sich teilweise lautstark unterhalten. Rhyme stellte sich in einer Warteschlange an und nahm sich ein Tablett, dazu Teller und Besteck und ein Aluminiumbecher, da es hier offenbar keine Gläser gab. Mello tat es ihm gleich. Aufmerksam sah sich der 24-jährige um und fragte „Sind die alle hier Bewohner von Efrafa?“ „Ja“, antwortete der Weißhaarige. „Momentan zählen wir knapp 200 Mitglieder allein in Efrafa II. In Stützpunkt No. 1 in Ebene 0 sind noch mal 100. Alle von denen haben sich dem Untergrund angeschlossen und kämpfen aktiv. Es gibt aber auch einige, die nicht aktiv kämpfen, sondern stattdessen andere wichtige Aufgaben innehaben. Einige von ihnen wirst du schon noch kennen lernen. Und mit den Regeln wirst du auch recht schnell vertraut werden. Das Leben hier ist ziemlich gut strukturiert und es geht zwar laut zu, aber Schlägereien oder Streitigkeiten sind hier nicht allzu häufig. Meist werden sie rechtzeitig beendet, bevor es eskalieren kann.“ Langsam kamen sie in der Warteschlange weiter vor, bis dann jemand nach vorne ging. Es war Matt und er hatte Echo in Begleitung. Die beiden gingen einfach vor, ohne sich anzustellen und ließen sich als Nächstes bedienen. Bevor Mello fragen konnte, was das sollte, erklärte Rhyme es ihm. „Hier gibt es auch Leute mit Privileg. So zum Beispiel der Shutcall, Dr. Helmstedter, Echo, Christine und Morph. Sie sind die wichtigsten Leute hier im Untergrund und Echo bekommt Sonderrechte, weil er Matt das Leben gerettet hat und unter seinem besonderen Schutz steht. Außerdem kann er sich nicht allzu gut orientieren.“

„Ist Matt eigentlich immer so kaltherzig?“

„Naja, es kommt drauf an… Heute ist er schlecht gelaunt, weil wir wieder mal einen Angriff aus Konngara hatten. Aber ansonsten ist er bei Feiern auch immer dabei und man kann Spaß mit ihm haben. Es ändert aber nichts daran, dass er hier als Shutcall das Sagen hat und das auch den anderen klar machen muss. Hier gibt es nämlich so einige, die scharf auf seinen Posten sind. Aber keiner traut sich an Morph und Christine vorbei. Die beiden sind quasi seine Leibwächter und seine Stellvertreter.“ Morph und Christine. Die beiden waren nach Matt die wichtigsten Personen in Efrafa und Kaonashi hatte gesagt, man könne ihnen vertrauen. Nur wirkten sie nicht gerade vertrauenswürdig auf Mello. „Was genau ist denn der Untergrund eigentlich? Irgendeine Art Geheimorganisation im Knast oder wie?“ Rhyme musste überlegen, wie er das am besten erklären konnte. Schließlich waren sie als Nächste bei der Essensausgabe. Es gab Gemüsereis mit Schnitzel. Als Nachtisch gab es einen Apfel. Sie setzten sich direkt neben Christine, die wie immer einen sehr ernsten Blick hatte und ihre Jacke ausgezogen hatte. Erst jetzt sah Mello, dass nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihre Arme tätowiert waren. Es waren auch Tribal Tattoos, aber vor allem las er je zwei verschiedene Schriftzüge. Auf ihrem rechten Unterarm las Mello die Worte Honora Jacentes, was so viel wie „Ehre den Gefallenen“ auf Latein bedeutete und auf ihrem linken standen die Worte „Never Forget“. „Hi Christine“, grüßte Rhyme sie. Die Frau mit den Rasterlocken hob den Blick und grüßte kurz zurück. Offenbar schien sie an einem Smalltalk nicht sonderlich interessiert zu sein, doch dann richtete sie überraschend das Wort an Mello. „Du kannst gut zielen“, bemerkte sie und trank einen Schluck Wasser. „Und im Umgang mit Waffen hast du offenbar auch schon Erfahrung, oder?“

„Ja, ich bin schon mal hin und wieder in eine Schießerei geraten, als ich Geldgeschäfte für die Mafia abgewickelt habe.“

„Wenn du hier in Efrafa bleibst, könnte ich dich gut in meiner Gruppe gebrauchen. Vorausgesetzt natürlich, du kannst Regeln einhalten und Befehle zuverlässig ausführen.“ Bot Christine ihm gerade wirklich einen Job an und zeigte Interesse an seinen Fähigkeiten? Das verwunderte ihn schon, da sie ja immerhin bei seiner nächtlichen Rundtour mit einem Maschinengewehr auf ihn gezielt hatte. Aber da es offenbar wichtig war, hier in Efrafa eine Aufgabe zu haben, um seinen Beitrag zu leisten, war das doch eine gute Gelegenheit. Und Christine schien hier sehr viel Einfluss zu haben. „Klar, kein Problem“, sagte er schließlich und nickte. „Aber sag mal… was genau ist der Untergrund eigentlich?“

„Wir sind eine Gruppe, die aktiv auf einen Ausbruch aus Down Hill hinarbeitet“, erklärte Christine ihm. „Und wenn uns dies gelungen ist, werden wir das Regime stürzen und die Willkür der KEE beenden und dafür sorgen, dass Down Hill dichtgemacht wird. Das sind die Hauptziele. Wir sind quasi eine Widerstandsgruppe in einem Gefängnis. Ins Leben gerufen wurde sie von unserem Shutcall.“

„Und wieso bist du hier?“

„Das ist eine lange Geschichte“, antwortete sie und man sah ihr sofort an, dass sie nicht darüber sprechen wollte. „Ich habe Verbrechen begangen, für die ich ursprünglich die Todesstrafe bekommen sollte, aber stattdessen wurde ich nach Down Hill gebracht.“

„Ich hab gehört, du bist auch Shutcall. Stimmt das?“

„Ja. Ich hab vorher in der Festung Helena gelebt und bilde die Frauen im Nahkampf und im Schusswaffengebrauch aus. Als Matt mich dann gebeten hat, in Efrafa zu bleiben und mich dem Untergrund anzuschließen, bin ich dieser Bitte nachgekommen. Ich leite zusammen mit Hiram die Frontlinie.“

„Hiram?“

„Er ist meist im ersten Stützpunkt und ist quasi meine Stellvertretung. Ich kenne ihn schon lange vor meiner Zeit hier in Down Hill. Wir sind quasi Kollegen gewesen.“ Christine hatte ihren Teller leer gegessen, stand dann mit dem Teller auf und entschuldigte sich kurz. Mello begann nun selbst zu essen und merkte erst jetzt, wie hungrig er eigentlich war. Rhyme hingegen schien nicht sonderlich viel Appetit zu haben. „Wenn du übrigens noch Hunger haben solltest, kannst du dir noch einen Nachschlag holen. Reis, Kartoffeln und Nudeln bekommen wir genug.“

„Wie werden die ganzen Lebensmittel überhaupt nach Down Hill geliefert?“

„Es gibt spezielle Aufzüge“, erklärte Christine, die mit ihrem Teller zurückgekommen war. „Insgesamt gibt es drei. Einer liefert die Lebensmittel hier nach Efrafa, einer nach Konngara und der dritte hält quasi in der Mitte zwischen den beiden Lagern. Dieser wird dann nach Core City gebracht. Die Lieferungen enthalten die wichtigsten Grundnahrungsmittel für die Insassen. Wasser müssen wir aus der Leitung nehmen, aber es ist so sauber, dass man es ohne Bedenken trinken kann. Luxusgüter wie frisches Gemüse und Fleisch, Obst oder Alkohol, Tabak, Kaffee und dergleichen werden geschmuggelt. Im Grunde genommen funktioniert das so: die Wärter, die vor 15 Jahren getötet wurden, verfügten über Karten, mit denen sie Bestellungen aufgeben können. Die Geräte dafür sehen wie EC-Automaten aus. Über diesen kann man bis zu einem gewissen Rahmen Bestellungen pro Monat durchführen und diese werden dann ins Gefängnis geliefert. Die Besitzer dieser Karten sind sozusagen die Schmuggler. Diese verkaufen ihre Waren in Down Hill und lassen sich mit Stoff, Gift oder Koffern bezahlen.“ Als sie bemerkte, dass Mello mit den drei Begriffen nicht wirklich etwas anfangen konnte, erklärte sie es. „Stoff bedeutet im Knastjargon Alkohol, Gift sind alle Arten von Drogen und Koffer sind Zigarettenschachteln.“

„Und wieso wird hier nicht mit Geld gezahlt?“

„Wozu denn? Hier kann man mit Geld nichts anfangen und die Menge, die man an den drei Dingen hereinschmuggeln kann, ist äußerst gering und auch nicht alle Karten sind dafür freigeschaltet. Nur knapp vier Karten sind dafür autorisiert. Und da Stoff, Gift und Kippen eben die beliebtesten Konsumgüter unter den Insassen sind, wurden sie als Zahlungsmittel eingeführt.“

„Und wer hat alles solche Karten?“

„Eine Karte ist in unserem Besitz, eine in Konngara, eine hat Big Daddy, der Leiter des Rotlichtviertels in Core City und eine ist im Besitz des Shutcalls von Core City, nämlich Kaonashi. Die fünfte ist verschollen. Mit diesen fünf Karten kann man sich auch eine Waffe oder andere technische Geräte liefern lassen. Eigentlich sind diese Karten hier die Lebensquelle von Down Hill. Nur taugen die Karten nicht zum Ausbruch.“ Ja, das wäre auch sonst etwas zu einfach gewesen. Nur stellte sich Mello jetzt die Frage, ob man nicht vielleicht über die Luftschächte oder die Aufzüge rauskommen konnte. Es war zumindest eine Idee. Doch diese wurde von Christine direkt abgeschmettert. „Du wärst nicht der Erste, der diesen Gedanken hatte. Tatsächlich haben vor fünf Jahren zwei Frauen versucht, über den Fahrstuhl nach draußen zu kommen. Allerdings fährt der Fahrstuhl normal nur bis zur dritten Ebene, nämlich in die Todeszone. Er kann nur von außerhalb des Gefängnisses noch höher fahren. Den Schacht hinaufklettern funktioniert auch nicht. Erstens sind die Wände so glatt, dass sie keine Haltemöglichkeiten bieten, außerdem werden bei Kontakt sofort Stromschläge durchgeleitet, die dich sofort töten. Und die Flucht durch den Lüftungsschacht ist ebenfalls zwecklos. Innerhalb des Gefängnisses sind sie sehr groß, aber ab der dritten Ebene sind sie nicht größer als der Durchmesser von Arnold Schwarzeneggers Armen in seinen besten Jahren. Da passt kein Mensch durch. Und selbst wenn, der Schacht führt lediglich bis zum Generator in der dritten Ebene.“ Dann hieß es also, man musste durch die Todeszone, um nach draußen zu kommen. Irgendwie war das recht vorhersehbar gewesen. Wer auch immer die Anlage gebaut hatte, er war ein Profi. „Und was genau erwartet einen dann in der Todeszone?“

„Darüber gibt es nur spärlich Informationen. Automatische Schussanlagen, Giftgas, Feuer, Sprengfallen… Außerdem ist die Todeszone wie ein gigantisches Labyrinth aufgebaut und viele der Türen sind geschlossen und lassen sich nicht öffnen. Und wenn man den falschen Weg läuft, stirbt man. Diese Informationen haben wir durch unzählige Versuche zusammengetragen, als es mehrere Leute versucht haben, die Todeszone zu überlisten. Aber Fakt ist: der richtige Weg hindurch ist durch die Türen versperrt. Folglich also kann man nicht lebend hindurch, sondern landet automatisch in einer Sackgasse.“ Das hieß dann also: sie mussten einen Weg finden, erst mal an den Fallen vorbeizukommen und dann die Türen zu öffnen. Danach stiegen zumindest die Chancen, hier rauszukommen. „Aber zerbrich dir mal nicht so schnell den Kopf darüber“, sagte Christine schließlich und aß dann auch schon ihre zweite Portion auf. „Erst mal solltest du dich mit den Bewohnern von Efrafa besser bekannt machen. Rhyme, Echo und Morph kennst du ja schon bereits, genauso wie Birdie und Dr. Helmstedter.“

„Was ist eigentlich mit diesem Morph los? Ist er irgendwie mit dem falschen Fuß aufgestanden oder wie darf ich sein Verhalten verstehen?“ Mello erklärte ihr die Situation und so wie Christine aussah, verwunderte sie dieses Verhalten nicht. Nachdem sie gegessen hatte, holte sie eine Zigarettenschachtel hervor, nahm sich eine heraus und zündete sie an. „Es ist eben so, dass Morph was gegen homophobe Leute hat. Er hat da so seine Erfahrungen gemacht.“

„Ist er etwa schwul?“

„Das solltest du ihn lieber selber fragen. Ich tratsche nur ungern über das Privatleben anderer. Ist nicht meine Angelegenheit und ich hab auch nicht das Recht dazu, darüber zu reden. Aber wenn es stimmt und du hast was gegen Schwule, dann solltest du das nicht so laut herausposaunen. Hier gibt es einige, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung sind, eben weil ein Mangel an Frauen da ist. Und da wirst du dir nicht gerade Freunde machen.“ Wenn das stimmte und Morph war schwul, dann erklärte das sein Verhalten vorhin. Naja, vielleicht konnte er diese Angelegenheit noch irgendwie klären. Als die Essenszeit vorüber war, erhoben sich nach und nach alle von ihren Plätzen und verließen den riesigen Saal. Mello, der irgendwie keinen Plan hatte, wohin er gehen sollte, wollte sich erst mal an Rhyme halten, doch der musste sich entschuldigen. „Ich muss zu Dr. Helmstedter. Er wartet sicher schon auf mich.“ Doch ihm war deutlich anzusehen, dass er lieber nicht gehen wollte und inzwischen verstand Mello auch wieso. Dieser Doktor war nichts Weiteres als ein perverser Sadist. Und fraglich war, ob Rhyme überhaupt wusste, was der Kerl für ein Mensch war. „Kaonashi hat gesagt, der Kerl würde Experimente an Menschen durchführen. Stimmt das?“ Als er den Namen erwähnte, weiteten sich Rhymes Augen vor Schreck und hastig schaute er sich um, als wolle er sichergehen, dass niemand sie gehört hatte. „Was hat er dir gesagt?“

„Nicht viel. Nur dass ich mich vor dem Doktor in Acht nehmen und nur dir, Morph oder Christine vertrauen soll.“ Irgendetwas wusste Rhyme, was er nicht sagen wollte, das sah man deutlich. „Er hat Recht. Dr. Helmstedter ist sehr gefährlich und du kannst dir nicht vorstellen, wie weit seine Macht im Gefängnis reicht. Auch, dass er Experimente an Menschen durchführt, ist wahr. Aber sprich nicht mehr von Kaonashi, okay? Zumindest nicht hier.“

„Wieso?“

„Weil er ein Feind ist, deshalb. Wenn du so locker von ihm sprichst, gerätst du noch in Verdacht, mit ihm gemeinsame Sache zu machen und das wäre lebensgefährlich für dich. Er hat schon zwei Mal einen Anschlag verübt, der nur knapp vereitelt werden konnte. Deshalb solltest du lieber vor den anderen Stillschweigen über ihn bewahren. Der Einzige, mit dem du eventuell darüber reden könntest, wäre Morph, weil er vieles nicht ganz so eng sieht wie die anderen.“ Damit verschwand Rhyme und irgendwie hatte Mello das Gefühl, als würde der Kerl vor ihm weglaufen. Etwas ratlos verließ er nun den Saal und fragte sich, wohin er jetzt gehen sollte. Er beschloss einfach mal, sich etwas umzusehen. So fand er auch vielleicht raus, an wen er sich wenden konnte. Also ging er ein wenig durch die Gänge und fand nach einer Weile eine Art Aufenthaltsraum, wo ein paar Männer zusammen saßen und Karten spielten. Dann fand er eine Art Werkstatt und ein Lager. Schließlich aber gelangte er in ein Zimmer, wo er Morph fand, der mit einem Buch in der Hand auf einem Sofa saß und Echo etwas vorlas. Er unterbrach aber sofort, als er Mello sah und sein Blick wurde ernster. „Was willst du?“

„Ich…“

„Mello will sicher wissen, wo er sein Quartier hat“, meldete sich Echo sofort, bevor Mello die Chance bekam, weiterzusprechen. „Da er ja aus der Quarantänestation raus ist, bekommt er ja jetzt sein Zimmer.“

„Ah verstehe“, murmelte der Rothaarige und klappte das Buch zu und erhob sich. „Ich komm gleich wieder, Echo. Dann lese ich das Kapitel zu Ende.“

„Ach was, ich komm eben mit. Ist doch eh langweilig, hier herumzusitzen.“ Damit erhob sich der Blinde und nahm Morphs Hand, um sich besser zurechtzufinden. Mello entging nicht, dass er dabei übers ganze Gesicht strahlte und irgendwie eine sehr vertraute Atmosphäre zwischen den beiden herrschte. „Dann komm mal mit, Neuer“, sagte Morph nur und ging zusammen mit Echo zur Tür. „Ich zeig dir, wo du dein Quartier hast.“ Also folgte Mello ihm und merkte, dass Morph immer noch ziemlich kühl ihm gegenüber war und ihm diese Sache mit Matt offenbar sehr übel nahm. Und genau das wollte er jetzt klären. „Du hör mal, Morph… Nur um das endlich klarzustellen: ich hab Matt nicht an die KEE verpfiffen. Ich hab nicht mal gewusst, dass er verhaftet wurde. Stattdessen hab ich die letzten vier Jahre damit verbracht, nach ihm zu suchen, bis ich hier gelandet bin, okay?“

„Und wieso machst du dir die ganze Mühe, wenn er doch nur ein Freund ist?“

„Ich hab Matt im Waisenhaus versprochen, auf ihn aufzupassen und er ist der einzige Mensch, der mir wichtig ist, kapiert?“

„Dafür scheinst du ihn nicht sonderlich gut zu behandeln, findest du nicht? Weißt du, ich glaube du erkennst nicht, wie sehr du mit deinen Aktionen genau die Menschen von dir stößt, denen du wichtig bist und im Grunde machst du dir alles nur selber kaputt. Erklär mir mal eines: was ist denn bitte so schlimm daran, vom anderen Ufer zu sein?“

„Na weil das unnormal ist und ich find es irgendwie unvorstellbar, auf andere Kerle zu stehen.“ Natürlich klang das aus seinem Mund vielleicht nicht ganz so überzeugend. Immerhin hatte er ja eine Sexbeziehung zu Matt gehabt und er rechnete auch damit, dass Morph genau damit argumentieren würde. Doch stattdessen schwieg dieser nur eine Weile lang, dann blieb er stehen und drückte Echos Hand fester. „Du hast doch echt keine Ahnung“, sagte er schließlich. „Leute wie du verurteilen die Menschen einfach so und prangern sie für etwas an, für das sie nichts können und machen es sich sehr bequem. Aber du erkennst nicht, was du damit anrichtest.“

„Wieso? Bist du etwa schwul?“

„Und wenn es so wäre?“ fragte Morph und sah ihn finster an. „Du nennst das vielleicht abartig, aber glaubst du, man sucht sich das aus? Ich hab es mir jedenfalls nicht ausgesucht. Du kommst mit deinen Vorurteilen schnell daher und benutzt deinen besten Freund als Matratze, weil dir gerade danach ist. Und wenn du die Schnauze voll von ihm hast, stößt du ihn von der Bettkante, ohne auch nur eine Sekunde an Matts Gefühle zu denken.“ Damit ging Morph weiter und bog den Gang nach links ab und kam schließlich zu einer Tür, die er aufschloss und dann öffnete. Der Raum war nicht gerade der größte, besaß aber ein Bett, einen Schrank, einen Tisch und es hingen ein paar Poster an der Wand. Es sah aus, als würde hier schon jemand wohnen. Als Morph Mellos irritierten Blick sah, erklärte er „Der vorherige Bewohner ist tot. Wurde von einem Konngaraner abgeknallt. Und da sich der ganze Aufwand nicht lohnt, belassen wir die Zimmer so. Ich zeig dir eben noch den Waschraum und die Duschen.“ Damit ging die Tour weiter und schließlich öffnete Morph eine Tür, auf der „Laundry“ stand. Er fand dort mehrere Waschmaschinen und Berge von Wäsche. „Es gibt hier zwei Waschräume und in jedem Raum stehen zehn Maschinen. Jeder bekommt einen Tag zugeteilt, an welchem er waschen darf. Da du Sonntag hergekommen bist, ist der Sonntag auch dein Waschtag, also heute. Der Duschraum ist zwei Türen weiter.“ Damit ging Morph zur übernächsten Tür und öffnete sie. Sie fanden mehrere Gemeinschaftsduschen. „Es gibt hier zwei Gemeinschaftsduschen und eine Einzeldusche. Die Einzeldusche ist für die Frauen. Wir haben hier auch heißes Wasser, allerdings würde ich an deiner Stelle früh aufstehen, da die Duschen recht schnell besetzt sind. Wenn viel Betrieb ist, solltest du dich beeilen, da sonst der ganze Ablauf gestört wird. Essenszeiten sind um 8 Uhr, 13 Uhr und 18 Uhr. Nachtruhe ist von 22:30 Uhr bis 5:30 Uhr. Während der Zeit werden Nachtwachen eingeteilt, da wir auch nachts mit Angriffen rechnen müssen. Als Neuer wirst du dich mit Christine abwechseln. Da heute dein erster Tag ist, fängt deine erste Schicht ab morgen an und geht von 22:30 Uhr bis 2 Uhr, danach löst Christine dich ab. Ihr könnt aber auch zwischendurch die Schicht tauschen, das müsst ihr dann aber untereinander abklären.“ Morph brachte Mello zurück zu seinem Zimmer und erklärte ihm, er müsse noch seine Kleidergrößen bei ihm abgeben, damit er eigene Kleidung bekam. Das waren ziemlich viele Infos auf einmal, aber zumindest hatte Mello schon mal ein paar Dinge, an die er sich halten konnte. Schließlich verabschiedete sich Morph, wobei Echo aber noch sagte „Wenn du willst, kannst du ja mitkommen. Morph ist echt der beste Vorleser, den du finden wirst.“ Doch Mello lehnte mit der Erklärung ab, dass er noch mal nach Matt sehen wollte. „Der ist gerade im ersten Stützpunkt, um dort alles zu regeln. Er wird wahrscheinlich erst am Abend wieder zurück sein.“ Nun, in dem Fall nahm Mello dann schließlich das Angebot an, nachdem Echo ihn fast schon stürmisch bedrängte. Also gingen sie wieder zurück zum Aufenthaltsraum. Doch mit einem Male hatte Mello irgendwie ein ganz seltsames Gefühl. Eine Gänsehaut überkam ihn, als er einen lauten, rasselnden Atem hörte. Auch Echo hörte ihn und blieb stehen, wobei er sich an seinen japanischen Begleiter klammerte und dabei zitterte. „M-Morph…“ Dessen Augen weiteten sich und langsam wanderte seine Hand zu einer der Glocks, die er bei sich trug. Auch Mello blieb stehen und erstarrte, als er diesen vertraut klingenden Atem hinter sich spürte. Langsam drehte er sich nach hinten und sah in die pechschwarze Finsternis, die sich unter der Kapuze verborgen hatte. Es war dieses unheimliche Wesen aus dem Hell’s Gate.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-05-03T09:20:57+00:00 03.05.2015 11:20
Ohi ein klasse Kapital ^-^
Jetzt taucht schon wieder Umbra auf. Spannend.

LG^^Alien^^


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