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Down Hill 2: Efrafa

von

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Verletzte Gefühle

Der Rothaarige mit der Fliegerbrille wandte sich zu Mello, als dieser ihn ansprach und sah ihn mit seinen dunkelbraunen Augen an. Ja, es war ohne Zweifel Matt… Irrtum ausgeschlossen. Irgendwie kam ihm dies in diesem Moment mehr wie ein verrückter Traum vor. Vier Jahre lang hatte er vergeblich nach Matt gesucht und versucht, ein Lebenszeichen von ihm zu erhalten. Und jetzt? Jetzt standen sie sich einfach gegenüber, als hätte es diese vier Jahre nie gegeben. Noch nie war Mello so erleichtert wie in diesem Moment gewesen, Matt wiederzusehen. „Matt…“ Doch anstatt mit Freude und Erleichterung reagierte der Angesprochene mit einem eisigen Blick, den er Mello zuwarf. „Geh wieder auf die Quarantänestation zurück“, wies dieser ihn an und wandte sich um. „Ich hab jetzt keine Zeit fürs Babysitten.“ Wie vom Donner gerührt stand Mello da und konnte nicht fassen, was Matt da gesagt hatte. Sie sahen sich nach vier Jahren wieder und dann noch an einem solchen Ort und alles, was sein bester Freund ihm sagte, war nur, dass er wieder verschwinden sollte? „Matt, was ist denn verdammt noch mal los mit dir?“ rief er und wollte sich ihm schon in den Weg stellen, da stieß Matt ihn beiseite und zog eine Pistole. Als zwei Männer um die Ecke kamen, die offenbar auf der Flucht waren und verletzt waren, verfinsterte sich Matts Blick und er schoss. Er traf die Männer in den Kopf und tötete sie damit sofort. Diese Aktion schockte Mello umso mehr und für einen Moment war er sich nicht sicher, ob ihn seine Augen nicht vielleicht täuschten und ein ganz anderer Mensch vor ihm stand. Matt wirkte auf einmal so fremd auf ihn… so kalt und skrupellos. Kurz darauf kam aus derselben Richtung wie die Männer die Frau mit den Rastalocken und dem Gesichtstattoo, die Mello schon gesehen hatte. Es war Christine. Sie hatte einen Mann bei sich, der stark humpelte und offenbar eine Schusswunde am Bein hatte. „Boss, der hier ist als Letzter übrig. Was sollen wir mit ihm machen?“ Wortlos richtete Matt seine Pistole auf die Stirn des Mannes und feuerte ohne zu zögern ab. „Wir nehmen keine Gefangenen“, erklärte er in einem kalten Ton. „Gefangene bedeuten eine erhöhte Gefahr für uns. Schick Hiram nach Efrafa I, er soll dort die Lage prüfen. Morph soll derweil herausfinden, ob Konngara weitere Angriffe plant.“ „Verstanden, Boss.“ Damit schulterte Christine ihr Maschinengewehr und ging. Mello stand immer noch wie erstarrt da und konnte nicht glauben, was er da gerade erlebt hatte. Matt hatte gerade eben einfach so drei Menschen erschossen, ohne mit der Wimper zu zucken. Und Christine hatte ihn Boss genannt. „Matt, was zum Teufel wird hier gespielt und wieso hat sie dich Boss genannt? Warum hast du diese Typen abgeknallt und was ist hier los? Antworte mir!“ Damit packte Mello ihn am Arm, doch Matt riss sich sogleich wieder los und stieß ihn von sich. „Ich hab gerade nicht die Nerven für diesen Kindergarten, Mello. Ob du es noch nicht mitgekriegt hast, aber unser Stützpunkt wird gerade angegriffen und da hab ich weitaus bessere Dinge zu tun, als mich mit dir herumzuärgern.“ Doch das wollte der 24-jährige nicht zulassen. Er wollte endlich wissen, was hier gespielt wurde und warum sich Matt so seltsam verhielt. Das war doch nie und nimmer er. „Was ist mit dir los, verdammt? Was soll dieses Getue hier bitte?“

„Wir reden später.“ Das war alles, was Matt noch zu sagen hatte. Er ging den Gang runter und Mello sah, wie mehrere Leute ihm folgten und wie Matt ihnen lautstark Anweisungen gab wie ein Offizier seinen Untergebenen. Das alles war so konfus, dass er wirklich gar nichts mehr verstand und kurzerhand beschloss er, ihm zu folgen. Er sah auch nicht ein, wieso er hier noch weiter auf der Krankenstation bleiben sollte wie ein kleiner Junge. Erstens war er ein Jahr älter als Matt und zweitens fühlte er sich sowieso wieder fit genug und von Fieber merkte er auch nichts mehr. Und jetzt, wo er Matt endlich wieder sah, wollte er auch nicht einfach so tatenlos herumsitzen, nachdem er vier Jahre vergeblich auf der Suche gewesen war. Er wollte endlich Antworten haben, insbesondere für Matts kaltherziges Verhalten ihm gegenüber. Es konnte doch nicht sein, dass er selbst nach vier Jahren immer noch sauer wegen diesem Streit gewesen war. So nachtragend war Matt einfach nicht. Oder lag ein anderer Grund vor? Wenn ja, welcher? Mello verstand es einfach nicht und lief deshalb Matt hinterher. Sie erreichten eine Art große Halle, wo mehrere schwer bewaffnete Leute standen. Matt ging direkt zu einem Mann hin, der dunkelrotes Haar, etwas zynische Gesichtszüge und pechschwarze Augen hatte. Er trug einen beigefarbenen Hut mit schwarzem Band. Er hatte einen recht lässigen Kleidungsstil und allein schon vom Gesicht her erkannte Mello, dass er Japaner war. „Morph, wie ist die Lage?“

„Da kommt gleich noch eine Staffel auf uns zu. Sie haben zwei Maschinengewehre und einen Flammenwerfer.“

„In Ordnung. Christine soll mit ihrer Einheit in Stellung gehen. Auf mein Kommando wird das Feuer eröffnet. Wie verläuft die Evakuierung?“

„Soweit ganz gut. Birdie bringt Leaks, Echo und die anderen in die Sicherheitsräume.“

„In Ordnung. Du gibst uns zusammen mit Rhyme, Vinny und MacKenzie Rückendeckung.“

„Hab verstanden, Boss.“ Schon wieder „Boss“. Wieso nannten sie Matt denn so? War er etwa vielleicht… Nein, völlig ausgeschlossen. Zwar waren ihm so einige Sachen zuzutrauen, aber nie und nimmer war er der Anführer von dem Laden hier. Das war einfach nicht Matts Art. Doch irgendwie schien er in einer verkehrten Welt zu sein, denn er sah tatsächlich, wie Matt Anweisungen erteilte und jeder sie auch befolgte. Das alles war so verrückt, dass er für einen Moment wirklich ernsthaft mit dem Gedanken spielte, dass das hier vielleicht ein Traum war und er noch tief und fest schlief. Ja, das wäre vielleicht eine logischere Erklärung als die Tatsache, dass Matt jetzt plötzlich zum Oberboss dieses Ladens mutiert war. Lärm ertönte und sogleich wurde er am Kragen gepackt und hinter einem Container gezogen. Es war der Typ mit dem Hut. „Steh da nicht so blöd rum, wenn du nicht abgeknallt werden willst. Entweder gehst du in Deckung, schnappst dir ne Knarre oder verschwindest von hier.“

„Kann mich mal jemand aufklären, was hier abläuft?“

„Die aus Konngara greifen mal wieder an. Wäre auch verwunderlich gewesen, wenn es mal nicht so wäre. Und du bist dann also der Rookie, den sie hergeschleppt haben, was?“

„Ja. Und wer bist du bitteschön?“

„Morphius Black, Morph geht aber auch.“ Damit drückte der Japaner ihm eine Beretta in die Hand. „Ich hoffe du kannst mit einer Waffe halbwegs umgehen. Schieß auf jeden, der eine Waffe auf uns richtet und gib ihnen Saures, bevor sie es mit uns machen können.“ Damit zog Morph selbst zwei Glocks und hielt sich bereit. Und kaum, dass die Tür geöffnet wurde und mehrere bewaffnete Männer hereinstürmten und eine Gewehrsalve hereinbrach, erwiderten die Efrafanier das Feuer und auch Mello schoss. Es war total verrückt und so wirklich konnte er das nicht glauben. Das hier war das ausbruchsicherste Gefängnis der Welt, in welchem es keine Wachen gab und hier drin herrschten Szenen wie im Krieg. Was war denn bloß los mit diesem Gefängnis? Das war ja schlimmer als im Ghetto. Es gelang ihm schließlich, einen der Konngara-Bewohner in die Brust zu treffen, andere wurden von Christines Maschinengewehr niedergemäht. Erbarmungslos regneten die Kugeln auf die Feinde nieder, bis dann der Flammenwerfer zum Einsatz kam. „Zurück!“ rief Matt und kam mit zwei anderen aus der Deckung hervor und wich vor den Flammen zurück. „Schmort in der Hölle, scheiß Efrafa-Pack!“ rief der Angreifer und lachte wie ein Wahnsinniger, als er eine Feuerwelle auf seine Feinde losließ. Die Flammen waren gewaltig und es war so heiß, dass einem die Augen brannten. Aufgrund der enormen Hitze schaffte es kaum jemand, Gegenwehr zu leisten und dann breitete sich langsam aber sicher das Feuer aus, als es auf brennbare Dinge übergriff. Morph sprang auf und eilte davon und zuerst glaubte Mello, der Kerl hätte irgendwie Schiss gekriegt, doch dann bemerkte er, wie der Japaner zu einer Art Sicherungskasten lief und diesen öffnete. Kurz darauf aktivierte sich eine Sprinkleranlage. Dieser plötzliche Regenschauer sorgte für Verwirrung bei den Konngara-Bewohnern und das nutzte Christine aus. Sie rannte zu dem Pyromanen hin, schlug ihm das Gewehr ins Gesicht und schoss ihm in die Schläfe. Ehe sich Mello versah, hatten die Efrafanier den Kampf gewonnen und alle Eindringlinge erschossen. Matt begann nun zusammen mit zwei anderen, die Waffen aufzusammeln, die die Toten bei sich hatten. Als das Feuer gelöscht war, schaltete Morph die Sprinkleranlage aus. „Okay Leute, hier wären wir fertig. Christine, Clyde, Bane und Sniper, wir werden die Tore prüfen. Morph, schnapp dir ein paar Leute, die sollen hier aufräumen.“

„Alles klar, Boss.“ Damit kam Morph zu Mello hin und legte eine Hand auf seine Schulter. „Komm, pack mal mit an. Wir müssen den Müll hier wegschaffen.“ Damit schnappten sie sich die Leichen und schleiften sie zu einer Tür, die ein wenig an die eines Speiseaufzugs erinnerte. Morph öffnete sie und hievte den ersten Leichnam hoch und warf ihn runter. Mello erstarrte, als er erkannte, was die Leute vorhatten: sie wollten die Toten den Schacht hinunter ins Hell’s Gate werfen. Allein bei dem Gedanken daran musste er sich wieder an die Bilder erinnern, die er dort unten gesehen hatte. „Was ist?“ fragte Morph ihn. „Hast du Schiss vor den Leichen?“ „Ihr wollt die da runterwerfen?“

„Klar, wo sollen die denn sonst hin?“ entgegnete der Japaner. „Beerdigungen sind in einem unterirdischen Knast dummerweise nicht möglich, also entsorgen wir sie sofort. Wenn sie hier liegen bleiben, setzt irgendwann die Leichenfäulnis ein und binnen kürzester Zeit haben wir hier eine Seuche am Hals. Versuch die dann mal in den Griff zu kriegen. Also stell dich mal nicht so an und mach hinne. Sonst sind wir hier noch den ganzen Tag beschäftigt.“

„Brauchst mich nicht gleich so anzumachen.“

„Ach ja?“ fragte Morph und begann sich nun eine Zigarette anzuzünden. „Soweit ich gehört habe, ist das doch deine größte Spezialität, oder nicht?“ Mello warf nun selbst den Toten den Schacht hinunter und wandte sich an Morph. Er hatte keine Ahnung, was für ein Problem dieser Kerl mit ihm hatte und was diese Feindseligkeit sollte, aber er hatte keine Lust, sich das auch noch gefallen zu lassen. „Was willst du damit sagen, hm?“ Der Japaner blies ihm den Zigarettenrauch ins Gesicht und erklärte „Dass ich im Gegensatz zu dir meine Freunde nicht verprügle oder sie als Schwuchteln beschimpfe. Ist mir scheißegal, wer du bist und was du bisher in diesem Gefängnis erlebt oder gesehen hast. Glaub bloß nicht, du könntest hier Mitleid heucheln mit deiner Geschichte, das interessiert hier niemanden. Wir alle haben Verluste gemacht und sitzen größtenteils unschuldig im Gefängnis. Viele haben ihre Familie verloren und werden sie nie wiedersehen. Ehepartner, Verwandte, Kinder… Und Typen wie du, die meinen, einen auf einsamen Rebell zu machen, gehören nicht hierher. Wenn du es nicht auf die Kette kriegst, dich hier unterzuordnen und dich der Lebensweise von Efrafa anzupassen, hast du hier nichts verloren, so sieht es aus.“ Nun reichte es Mello endgültig und er schlug mit der Faust gegen die Wand. „Was zum Teufel hast du für ein Problem mit mir? Ich kenn dich nicht mal und schon machst du mich von der Seite an oder was?“ Dieser Morph ging ihm ziemlich auf den Zeiger und am liebsten hätte er ihm eine reingehauen. Woher nahm der sich denn bitte das Recht, ihn herumzukommandieren und ihn so dermaßen anzumachen? Er kannte ihn erst seit ein paar Minuten und konnte ihn jetzt schon nicht leiden. Morph funkelte ihn finster an und packte ihn am Kragen. Da der Kerl fast so groß wie Rhyme war, musste Mello schon zu ihm hochschauen. Für einen Asiaten war Morph ziemlich groß geraten. „Ich sag dir, was mein Problem ist: wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann sind das Leute, die andere Menschen für etwas verurteilen, für das sie niemals verurteilt werden sollten. Damit meine ich nicht nur das Kira-Regiment, das selbst Leute aus dem Weg räumt, die nicht in die Vorstellung einer perfekten Welt passen, sondern auch Leute wie du, die meinen, sie müssten andere zusammenschlagen und an die KEE verpfeifen, nur weil sie schwul sind.“ Wie bitte? Was hatte der sich denn bitteschön zusammengereimt? Nun platzte Mello endgültig der Kragen. „Was geht dich das denn bitteschön an, was in meinem Privatleben abläuft?“

„Weil Matt ein guter Freund von mir ist und ich ihn beschützen will. Nicht nur, weil er hier das Sagen hat, sondern weil ich auch an ihn glaube. Er hat verdammt viel gelitten. Nicht zuletzt wegen dir.“

„Was hab ich denn bitte damit zu tun?“

„Wegen dir ist er doch erst hier in Down Hill gelandet!“ Mello erstarrte und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Er konnte nicht glauben, was Morph da gesagt hatte und woher der sich denn bitte diese Behauptung rausnahm, dass er für Matts Inhaftierung verantwortlich gewesen war. Nun verlor er endgültig die Beherrschung und schlug zu. Er verpasste Morph einen direkten Faustschlag ins Gesicht und hätte wahrscheinlich noch mal zugeschlagen, wenn ihn da nicht jemand gepackt hätte. Es war Rhyme, der offenbar schon wieder zurück war. „Leute, wir wollen uns doch nicht streiten“, rief er und versuchte die angespannte Situation mit einem Lächeln zu überspielen. „Wir haben doch gerade erst die Konngaras bekämpft, da sollten wir uns nicht auch noch untereinander bekämpfen.“

„Ich sag dir nur eines“, sprach Morph weiter und hob seinen Hut auf, der ihm bei dem Schlag vom Kopf gefallen war und setzte ihn wieder auf. „Wenn du deine homophoben Sprüche nicht für dich behältst, dann wirst du hier nichts mehr zu lachen haben. Lass dir das mal gesagt sein. Und wenn du dich mit dem Shutcall von Efrafa anlegst, dann legst du dich mit uns allen an.“ Damit ging Morph und Mello blieb mit Rhyme zurück und musste das erst mal verdauen. Dann aber ballte er die Hand zur Faust und schlug gegen die Wand. Dabei war es ihm vollkommen egal, dass es ziemlich wehtat. „Was zum Teufel ist sein Problem?“ „Morph meint es nicht böse“, versuchte der Weißhaarige zu beschwichtigen und klopfte Mello auf die Schulter. „Es ist nur so, dass er sehr feste Prinzipien hat und für diese nach Down Hill gekommen ist. Er hat eben seine Geschichte, genauso wie wir alle und Matt ist ein sehr wichtiger Freund für ihn. Sie sind sozusagen beste Freunde. Ich werde noch mal mit ihm reden.“ Beste Freunde? Ja aber… ich bin doch Matts bester Freund. Oder etwa nicht? Irgendwie fühlte sich Mello elend und er vernahm ein flaues Gefühl in der Magengegend. Zuerst verhielt sich Matt komplett schroff und abweisend ihm gegenüber und jetzt war er als bester Freund auf einmal abgeschrieben worden? Wieso nur? Hatte Matt ihn etwa tatsächlich komplett aus seinem Leben gestrichen? Was hatte er denn falsch gemacht, dass so etwas passieren musste? Er verstand das alles nicht und musste unbedingt mit Matt reden. „Rhyme, wo finde ich Matt? Ich muss mit ihm reden.“ Der Weißhaarige nickte und lief los. „Komm mit, ich bring dich hin. Alleine verläufst du dich hier nur.“ Mello folgte ihm durch eine Reihe von Gängen, bis sie zu einem Tor kamen, welches gerade verschlossen wurde. Matt unterhielt sich gerade mit zwei schwer bewaffneten Männern und machte einen sehr beschäftigten Eindruck. Zielstrebig ging er direkt zu ihm hin. Fest entschlossen, sich nicht schon wieder abwimmeln zu lassen und die Sache endlich zu klären. „Matt, ich will jetzt endlich Antworten haben!“ Der 23-jährige drehte sich um und warf Mello einen recht frostigen Blick zu. „Kein Grund, deswegen gleich so ein Theater zu veranstalten“, meinte er nur und steckte seine Pistole ein. „Also was willst du?“

„Kannst du dir das nicht denken?“ rief Mello wütend. „Ich suche dich seit knapp vier Jahren, nachdem du spurlos verschwunden bist und kaum, dass wir uns wiedersehen, verhältst du dich so komisch. Was genau wird hier eigentlich gespielt und wieso nennen dich alle hier Boss?“

„Weil ich der Shutcall von Efrafa bin“, erklärte Matt und machte Mello damit endgültig sprachlos. Matt war ein Häftlingsboss? War das hier irgendwie so etwas wie versteckte Kamera oder was war hier los? Das war doch nie und nimmer Matt. Es sah ihm doch überhaupt nicht ähnlich, plötzlich hier einen auf Boss zu machen und so etwas hier zu machen. „Ja, der Witz war gut“, meinte Mello schließlich und zwang sich zu einem Lachen, aber Matt lachte nicht. Es war sein voller Ernst gewesen. „Ich bin vor knapp vier Jahren hergekommen. Kurz, nachdem ich die Wohnung nach unserem Streit verlassen habe, wurde ich nahe der Gasse zwei Häuser weiter niedergeschlagen und bin hier drin aufgewacht. Ich bin dann zusammen mit einigen anderen am Point Zero aufgewacht und von Sigma und Scarecrow Jack verschleppt worden. Nachdem sie über mich hergefallen sind, wollten sie mich zu einem Pet machen. Echo hat mir zur Flucht verholfen, indem er sich für mich geopfert hat. Ich bin dann nach Efrafa gekommen, habe den Untergrund ins Leben gerufen und bin nun der Shutcall.“ Wie bitte? Matt war fast direkt vor der Haustür niedergeschlagen und verschleppt worden? Das würde zumindest erklären, warum das Handy dort gelegen hatte. Mello starrte ihn fast schon fassungslos an. „Matt… ich…“

„Wenn dieser Streit nicht gewesen wäre, dann wäre ich jetzt nicht hier, klar? Weißt du, ich hab mir schon einige Dinge von dir anhören müssen. Und für vieles hätte ich wirklich mal etwas sagen sollen, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. Aber ich hätte nie damit gerechnet, dass du mich mal verprügeln würdest.“

„Es tut mir ja leid, Matt. Ich hab damals überreagiert und ich hatte auch ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber ich war eben halt so geladen, weil du mir unterstellt hast, ich wäre schwul. Das hat mich so aufgeregt.“

„Und deswegen wirst du gleich so ausfallend und schlägst mich zusammen? Im Ernst, mir reicht es mit dir. Du wirst dich doch sowieso nicht ändern und du kapierst es einfach nicht.“

„Was denn?“ Matt wandte sich zum Gehen, doch Mello hielt ihn fest. Sie sahen sich das erste Mal nach vier Jahren wieder und das erste, was sie taten, war, sich zu streiten. Nach all der Zeit war Matt immer noch wütend auf ihn und genau das wollte Mello jetzt endlich geklärt haben. „Matt, du bleibst jetzt hier, verdammt! Ich hab vier Jahre nach dir gesucht und ich will das jetzt endlich zwischen uns beiden klären. Also…“ Ein heftiger Faustschlag traf Mello direkt ins Gesicht und warf ihn zu Boden. Er konnte nicht fassen, dass Matt ihn gerade wirklich geschlagen hatte. „Sprich nie wieder in diesem Ton mit mir. Und überhaupt: was willst du denn bitteschön noch klären? Es ist doch alles gesagt worden. Wir sind nichts weiter als Freunde, die ab und zu miteinander Sex haben. Und damit hat sich die Sache.“ Diese Worte hatten etwas Schmerzhaftes und Bitteres an sich, als Matt sie aussprach. Sie hinterließen bei Mello den unangenehmen Geschmack einer Zurückweisung. Es tat weh, so etwas von Matt zu hören und seine Brust schnürte sich schmerzhaft zusammen. Und als Matt ging und ihn einfach zurückließ, musste Mello erkennen, dass seine schlimmste Angst wahr geworden war. Der Streit von vor vier Jahren war endgültig zu viel gewesen. Und Matt würde ihm diese Worte so schnell nicht verzeihen. Natürlich sah er Matt immer noch als Freund an. Er erkannte irgendwie auch keinen Grund, warum es anders sein sollte. Aber dennoch tat es ihm so unendlich im Herzen weh, dass Matt ihm das gesagt hatte. Warum nur? Warum schmerzte es so sehr, wenn Matt seine Worte von damals wiederholte und eigentlich genau das aussprach, was er immer gedacht hatte? Sie waren Freunde, die ab und zu mal Sex hatten… nicht mehr und nicht weniger. Doch jetzt hatte Mello das Gefühl, als würden diese Worte nicht mehr exakt das wiedergeben, was er wirklich fühlte. Mutlos sank er auf dem Boden zusammen und lehnte mit dem Rücken zur Wand. Irgendwie verstand er das alles nicht mehr. Er verstand sich selbst nicht mehr und ihm war einfach nur zum Heulen zumute. „Scheiße…“ Schritte kamen näher und als er aufsah, erkannte er, dass es Rhyme war. Mitfühlend senkte dieser den Blick, dann aber reichte er Mello die Hand, um ihm hochzuhelfen. „Gleich ist Essenszeit. Na komm, gehen wir erst mal und lassen den Dingen ihre Zeit. Das beruhigt sich schon wieder.“

„Vier Jahre…“, murmelte Mello und stand auf, hielt aber den Blick gesenkt. „Vier Jahre sind vergangen und er hat mir bis heute noch nicht verzeihen können.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-05-03T09:19:15+00:00 03.05.2015 11:19
Autsch ... das tut echt weh =(
Die beiden haben einen wirklich schweren Start. Na kein Wunder. Nach 4 Jahren mit gebrochenen Herz reagiert man ja nicht anders. Aber trotzdem ein cooles Kapital.

LG^^Alien^^
Von:  San-Jul
2015-05-01T11:57:08+00:00 01.05.2015 13:57
Wow,
armer Mello, allerdings kann man auch Matt verstehen und ach man, ich weiß gar nicht, was man dazu sagen soll.
Lg


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