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Down Hill 1: Arrival

Welcome to Hell
von

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Ankunft in Down Hill

Das Erste, was er wahrnahm, waren die heftigen Kopfschmerzen. Er lag auf einem harten und kalten Boden, es roch leicht muffig und die Luft war kühl. Irgendwie erinnerte ihn dieser Geruch an einen Keller. Ein Keller? Moment mal, da stimmte doch etwas nicht. Was zum Teufel suchte er denn auf dem Boden eines Kellers? Als er die Augen öffnete, war das Nächste, was ihm auffiel, das künstliche Licht und die kalten fensterlosen Betonwände. Scheiße, dachte er sich und setzte sich auf. Sein Rücken tat weh, was wohl ein Zeichen dafür war, dass er schon etwas länger hier lag. Sein Kopf hämmerte regelrecht und ihm wurde kurzzeitig wieder schwarz vor Augen. Übelkeit überkam ihn und ihm wurde schwindelig, weshalb er erst mal sitzen blieb, um seinen Kreislauf langsam wieder in Gang zu bringen. Selten hatte er sich so beschissen gefühlt wie jetzt. Außer vielleicht, wo er vor knapp drei Jahren in eine heftige Schlägerei geraten war, als er nach Matt gesucht hatte. Doch warum war er in so einer miserablen Verfassung, wieso war er hier und vor allem: wo zum Teufel war er überhaupt? Der 24-jährige versuchte angestrengt zu rekonstruieren, was denn alles passiert war, bevor er das Bewusstsein verloren hatte, aber das war aufgrund seiner Kopfschmerzen und seiner anfänglichen Benommenheit nicht gerade einfach. Er erinnerte sich noch, dass er in einer Bar gewesen war, um etwas zu trinken. Dabei hatte er eine Schlägerei mit einem Rocker angefangen und hatte sich danach weitergeschleppt, nachdem er selbst ein paar heftige Schläge kassiert hatte. Wenn seine Erinnerung ihn nicht trog, dann war er durch die Hintertür rausgegangen und in einer Gasse gelandet. Tja und dann? Dann waren da diese komischen Anzugtypen mit den Sonnenbrillen gekommen, die wie eine Parodie von Agent Smith aus den Matrixfilmen aussahen. Dann hatten sie ihm eins über den Schädel gezogen und das hatte ihm endgültig sein Bewusstsein geraubt. Vorsichtig fasste er sich an die Stelle, wo ihn der Schlag getroffen hatte und zuckte zusammen, als der Schmerz wieder da war. Verdammt noch mal, warum zum Henker hatten ihn diese Drecksäcke niedergeschlagen und verschleppt? So wie die ausgesehen hatten, mussten es irgendwelche Regierungsfritzen sein. Zumindest sprachen die Anzüge und das Erscheinungsbild dafür. Ob es die CIA war oder der Secret Service? Mit Sicherheit. Denen sah es doch eh ähnlich, dass sie aus heiterem Himmel Leute verschleppten und sie irgendwo einsperrten. Meist kamen sie dann mit irgendwelchen Terrorverdächtigungen und so einem Schwachsinn. Oder aber es war die die KEE, was so viel wie „Kiras Eliteeinheit“ bedeutete. Diese war vor dreißig Jahren ins Leben gerufen worden und machte es sich zur Aufgabe, „gefährliche Individuen“ augenblicklich aus dem Verkehr zu ziehen, ohne richterlichen Beschluss und ohne Begründung. Viele der Menschen, die sie verschleppt hatten, waren nie wieder gesehen worden. Reinste Sowjetmethoden, wie Mello fand. Aber wenn er von denen verschleppt worden war, was wollten sie von ihm und wo hatten sie ihn hingebracht? Er sah sich um und bemerkte, dass es eine Art großer Raum war, in dem gut und gerne 50 bis 100 Menschen Platz hatten. Links gab es einen Gang, wo auf dem Schild Westblock und darunter Asylum stand. Rechts ging es zum Ostblock, wo man Efrafa I und direkt darunter Helena geschrieben hatte. Mit diesen ganzen Namen konnte er auch nichts anfangen und er war sich nicht ganz sicher, wohin er gehen sollte, noch wo er war. Alles, was er sonst fand, war eine Art riesiges Graffiti an der Wand, welches aber eher aussah, als wäre es getrocknetes Blut. Jemand hatte WELCOME TO HELL geschrieben. Oh super… das hatte er jetzt wirklich gebraucht. Irgendwie hatte er nicht gerade ein gutes Gefühl bei der Sache. „Große Klasse… wo zum Teufel bin ich denn?“

„Eine durchaus berechtigte Frage für jemanden, der gerade erst hier angekommen ist.“ Mello zuckte zusammen, als er plötzlich diese Stimme hörte und drehte sich um. Das Herz blieb ihm vor Schreck fast stehen, als er einen Mann sah, der einen langen khakifarbenen Kapuzenmantel trug und dessen Gesicht hinter einer Maske versteckt war, welche ein abartiges Grinsen zierte. Er sah aus, als wäre er einem Horrorfilm oder einer Gruselgeschichte entsprungen. Sein brünettes Haar war zerzaust und was auffiel, war eine lange Haarsträhne an der linken Seite, durch die sechs Perlen gezogen waren. Neben ihm stand ein schwarzhaariger Mann von ungefähr 26 bis 27 Jahren, dessen Augen etwas Listiges besaßen. Im Gegensatz zu dem anderen Typ sah er recht normal aus, hatte eine türkisweiß gestreifte Strickjacke und eine hellgrünes Shirt und eine bequeme Jeanshose an. Er hatte an der rechten Seite eine lange Haarsträhne, durch die ebenfalls sechs bunte Perlen gezogen waren, allerdings in der gegensätzlichen Farbe zu seinem Begleiter. Mello kam langsam auf die Beine und wich zwei Schritte zurück, um den Abstand zu ihnen zu vergrößern. In dieser seltsamen Situation konnte er nicht wirklich abschätzen, was sie mit ihm vorhatten. Und bei seiner miserablen Kondition hatte er ohnehin kaum eine Chance gegen die beiden. „Und wer seid ihr bitteschön?“ „Gefühl ist alles, Namen sind Schall und Rauch“, antwortete der Schwarzhaarige und ein kühles und leicht angriffslustiges Lächeln spielte sich auf seine Lippen. „Du kannst mich Horace nennen, Horace Horrible. Und das ist Kaonashi. Betrachte uns ruhig als kleines Begrüßungskomitee.“ Horace Horrible? Kaonashi? Was waren das denn bitte für bescheuerte Namen? Offenbar benutzten sie genauso wie er einen Decknamen. Nur klärte das immer noch nicht wirklich die Frage, wer genau sie eigentlich waren. „Und wo sind wir hier bitteschön? Seid ihr die Typen gewesen, die mich hergeschleppt haben?“

„Schön wäre es, dann wären wir wenigstens einmal draußen gewesen“, meinte Horace und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Kao und ich sind schon seit einer ganzen Weile nicht mehr oben gewesen.“

„Du wurdest ins Gefängnis gebracht“, erklärte Kaonashi. Seine Stimme klang tief und rau und irgendwie konnte Mello nicht anders als daran zu denken, dass das vielleicht ein gestörter Psychopath war. Zumindest sah der Kerl ganz stark danach aus. „Besser gesagt in ein ganz spezielles Gefängnis, welches es bisher nur einmal auf der Welt gibt. Hast du schon mal von Down Hill gehört?“ Down Hill? Mello musste seine grauen Zellen anstrengen, um sich zu erinnern, was das noch mal war, aber der Schlag hatte wohl ziemlich ordentlich gesessen, denn das Denken fiel ihm nicht gerade leicht. Das merkten auch die beiden anderen und so erklärte Kaonashi es ihm. „Down Hill ist ein gigantischer unterirdischer Gefängniskomplex. Hier werden Schwerverbrecher, Rebellen, Feinde des Systems aber auch Leute mit ungeklärter Identität eingeliefert und für den Rest ihres Lebens hier eingesperrt. Down Hill ist einzigartig, weil es das einzige Gefängnis ohne Leitung ist. Zwar bekommen wir regelmäßig Vorräte geliefert und es gibt auch Schmuggelrouten, aber hier findest du nirgendwo einen Wärter oder Gefängnisdirektor. Down Hill wird von den Insassen selbst geleitet, zumindest mehr oder weniger. Hauptsächlich herrschen hier die verschiedenen Gruppen, die sich mit der Zeit gebildet haben.“ Na toll. Dann war er also tatsächlich von der Regierung verschleppt und hierher gebracht worden. Wahrscheinlich deshalb, weil es keine Hinweise auf seine wahre Identität gab. Außer Matt kannte niemand seinen wahren Namen. Und jetzt war er in Down Hill gelandet. Dem unterirdischen Gefängnis, aus welchem noch niemals der Ausbruch gelungen war. Zumindest, wenn man den Gerüchten Glauben schenken konnte. Im Grunde war das doch nur die moderne Version von Alcatraz. „Na großartig. Das wird ja immer besser. Na was soll’s. Ich verschwinde von hier.“

„Da bist du nicht der Erste, der das gesagt hat“, meinte Kaonashi und lachte trocken. „Aber niemand entkommt lebend aus Down Hill.“

„Das werden wir ja sehen.“ Horace verschränkte die Arme und lächelte abfällig. Es war allzu offensichtlich, dass er Mello nicht für voll nahm und sich über seine Fluchtgedanken amüsierte. „Hoffnung ist ein Jagdhund ohne Spur“, meinte er nur und so langsam merkte Mello, dass es offenbar seine Art war, berühmte Dichter zu zitieren. „Aber wenn du unbedingt dein Glück versuchen willst, dann bitte. Jeder, der es versucht hat, ist bisher umgekommen.“ „Dafür wurde Down Hill konzipiert“, ergänzte Kaonashi nickend. „Es ist ein Ort ohne Wiederkehr. Zwar können wir uns innerhalb des Gefängnisses frei bewegen, aber raus kommt keiner. Das ist das Problem. Eine feste Burg ist unser Gott, und am festesten, im Schutz der Erde, das Burgverlies. Aber irgendwann gewöhnt man sich daran, dass es hier weder Tageszeit noch Jahreszeit gibt. Im Grunde ist es egal ob drin oder draußen, wir sind in jeder Hinsicht Gefangene. In Zeit und Raum, in unserem Körper und im Zeitgeist, ja sogar als Freigeist. Für die meisten Gefängnisinsassen ist das Gedächtnis hier die einzige Aussicht, die sie noch haben. Nur jene, die im Kerker geboren wurden, beklagen sich nicht über das Leben hier, denn sie kennen die Freiheit nicht. Für sie ist das Leben im Gefängnis ihre Freiheit. Wir haben schon immer in einem Gefängnis gelebt, nur hat sich jetzt eben für dich die Definition von Gefängnis geändert, gleich mitsamt deiner neuen Wohnsituation.“

„Als ob mich das großartig interessiert“, schnaubte Mello und funkelte Kaonashi feindselig an. Er konnte sich nicht helfen, aber irgendwie beschlich ihn das Gefühl, als hätte der Kerl nicht mehr alle Latten am Zaun. Wahrscheinlich war das irgendein gestörter Psycho, der sich einen Spaß erlauben wollte, weil er anscheinend nichts Besseres zu tun hatte. Stattdessen begann er hier irgendeinen Schwachsinn zu reden und plötzlich einen auf philosophisch zu machen, indem er über die Definition von Gefängnissen redete. Aber wenigstens machte dieser Typ keine Anstalten, ihn anzugreifen, genauso wenig wie dieser Horace Horrible. So wie es aussah, kannten sich die beiden schon recht lange und waren wohl als Team unterwegs. „Und wo genau befinde ich mich jetzt?“

„Am so genannten Point Zero“, antwortete Horace. „Das ist der Ort, wo alle Neuankömmlinge aufwachen. Es wird deshalb auch Ebene 0 genannt. Von hier aus gelangst du nach unten in Ebene -1, welches auch das Hell’s Gate genannt wird. Allerdings würde ich nicht dort hingehen, wenn ich du wäre. Wie der Name schon sagt, ist da unten die Hölle los. Dort werden all die Leichen heruntergeworfen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben. Zwar war ich noch nie dort gewesen, aber Gerüchten zufolge sollen es Berge von ihnen sein. Im Hell’s Gate gibt es weder Aufzug noch Treppe. Bist du einmal unten, kommst du nie wieder raus. Einzig ein kleiner Luftschacht führt wieder raus, nur den wirst du da unten bei den miserablen Lichtverhältnissen kaum finden. Außerdem haben sich diese ganzen giftigen Verwesungsgase so aufgestaut, dass du eh verrecken wirst, wenn du zu lange dort unten bist.“

„Als ob ich auch vorhätte, nach unten zu gehen, wenn der Weg in die Freiheit nach oben führt.“

„Du wirst dich wundern, auf welche Schwachsinnsideen so manche kommen“, meinte Horace nur mit einem beiläufigen Schulterzucken. „Jedenfalls gelangst du von hier aus entweder in den Ost- oder Westblock. Im Ostblock findest du den Stützpunkt Efrafa I. Die Insassen bilden sich aus inhaftierten Soldaten, Rebellen und anderen Schwerkriminellen zusammen. Sie sind bis an die Zähne bewaffnet und je nachdem, ob du Freund oder Feind bist, können sie einem echt unangenehm werden. Vor allem, wenn man von dem Monster absieht, welches sie sich halten. Stimmt’s, Kao?“ Kaonashi nickte und ergänzte „Im Ostblock liegt auch die Festung Helena. Es ist genau wie das Asylum ein Gefängnis in einem Gefängnis. Es wird von Frauen geleitet und bewohnt und Männer haben dort keinen Zutritt. Die Frauen haben sich dort verschanzt, um sich vor den ständigen Überfällen der Männer zu schützen. Das Asylum im Westblock war anfangs mal ein zusätzliches Gefängnis für besonders gefährliche Kriminelle gewesen, allerdings sind die dort recht schnell ausgebrochen und treiben teilweise hier irgendwo noch ihr Unwesen. Die meisten sind in die oberen Ebenen übergegangen, einige haben sich längst gegenseitig abgemurkst. Das Asylum ist derzeit fast verlassen, nur ein paar Häftlinge hausen dort noch.“

„Und wie komme ich nach oben?“

„Über den Ost- und Westblock gibt es je einen Aufzug und eine Treppe. Hier am Point Zero gibt es dummerweise nichts davon, nicht mal einen Luftschacht, weshalb die Luft hier auch besonders miserabel ist.“ Aha, das hieß dann also, er musste entweder in den Ost- oder Westblock gehen, um nach oben zu gelangen. Nun musste er sich entscheiden, in welche Richtung er gehen sollte. Nach Osten oder Westen? Im Osten lag ein schwer bewaffneter Stützpunkt mit gefährlichen Kriminellen und dann gab es noch eine Art Festung. Nicht gerade der beste Ort, um alleine und unbewaffnet da reinzuspazieren. Wenn er entdeckt wurde, konnte es problematisch werden. Also war es klüger, über den Westblock nach oben zu gelangen, wenn es dort nicht so viele Insassen gab wie im Ostblock. „Danke für die Info, aber ab jetzt komm ich allein zurecht. Ich werde im Westblock mein Glück versuchen.“

„Wenn ich du wäre, würde ich nicht dort hingehen“, riet ihm Kaonashi und lehnte sich mit dem Rücken zur Wand, wobei er die Arme verschränkte. „Im Westblock treiben zwei Monster ihr Unwesen und die lieben den Geschmack von Frischfleisch.“ Doch das interessierte Mello nicht wirklich. Auch wenn seine Kopfschmerzen noch ziemlich unangenehm waren, aber er fühlte sich dennoch durchaus in der Lage, sich gegen zwei Insassen wehren zu können. Er hatte sich schon oft genug geprügelt, um zu wissen, wie er seinen Gegner ausschalten konnte. So schnell nahm es keiner mit ihm auf. Und überhaupt: warum sollte er sich von irgendwelchen Freaks etwas sagen lassen? „Wieso sollte ich auf einen Typ hören, der sein Gesicht hinter einer Maske versteckt? Oder bist du so hässlich?“ Horaces Gesicht verfinsterte sich und er wollte schon auf Mello losgehen, aber Kaonashi hielt ihn zurück und lachte. Es war ein eiskaltes Lachen, welches dem 24-jährigen einen Schauer über den Rücken trieb. „Du siehst nur eine Maske und einen Freak, aber du erkennst nicht, was dahinter liegt. Viele Menschen tragen eine Maske. Für manche ist sie ein Mittel zum Schutz, für andere ist sie ein Mittel zum Zweck. Außerdem ist die Maske als Lüge viel besser zu ertragen als das wahre Gesicht dahinter. Erst hinter ihrer Maske sind die Menschen wirklich sie selbst, so sagte schon Edgar Allan Poe.“ Der hat sie doch nicht mehr alle beisammen, dachte Mello und wandte sich ab. „Du hast echt zu viel Knastluft geatmet. Mir reicht’s, ich mach die Biege.“ Damit machte er sich auf den Weg und Kaonashi sah ihm nach. „Dann wünsche ich viel Glück bei deiner Flucht“, rief der Maskierte ihm hinterher, doch es war nicht zu überhören, dass diese Worte nicht wirklich ernst gemeint waren. Naja, er nahm Mellos naive Ansichten auch nicht sonderlich ernst. Und auch Horace winkte ihm noch mit einem amüsierten Grinsen hinterher und rief „So schreite in dem engen Bretterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus. Und wandele mit bedächtiger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle.“ Damit verschwand Mello in den Gängen, die zum Westblock führten.
 

Kaonashi und Horace sahen ihm noch nach, machten aber nicht die Anstalten, ihm zu folgen. Stattdessen machten sie sich in die andere Richtung auf, nämlich zum Ostblock. „Was denn?“ fragte Horace und schmunzelte amüsiert. „Du willst ihn allen Ernstes zu den Cohan-Brüdern spazieren lassen?“ „Es ist seine Entscheidung und nicht meine“, erklärte Kaonashi und ging voran. „Schon merkwürdig. Zuerst machst du dich extra auf den Weg hierher, um das Begrüßungskomitee zu spielen, was ja nun überhaupt nicht deine Art ist, erteilst ihm Ratschläge, was dir noch weniger ähnlich sieht und überlässt ihn dann seinem Schicksal? Mein Lieber, ich bin zwar Psychologe, aber bei dir gerät man stets ins Ungewisse.“

„Steht auf meiner Maske vielleicht so etwas wie Kinderbetreuung? Wenn er meint, er kommt zurecht, dann soll er sehen, was er von seiner maßlosen Fehleinschätzung hat. Die wird ihm in Down Hill noch früher oder später den Kopf kosten. Insbesondere, wenn er Sigma und Scarecrow Jack über den Weg läuft, was definitiv der Fall sein wird. Der soll erst mal seine Lektion lernen.“

„Aber trotzdem wundert es mich, dass du dich für ihn interessierst. Hab ich da etwa einen Grund, eifersüchtig zu werden?“

„Mach dich nicht lächerlich“, gab Kaonashi zurück und blieb stehen, wobei er die Hände in den Manteltaschen vergraben hatte. „Und jetzt hör auf, mich mit diesem Schwachsinn zu nerven. Wenn ich diese Maske nicht tragen würde, dann würdest du ja nur wieder mein Gesicht analysieren, um herauszufinden, was mir gerade durch den Kopf geht.“ Horace kassierte einen Knuff gegen den Oberarm, reagierte darauf aber mit einem Lachen und ging weiter. Nach kurzem Zögern folgte Kaonashi ihm. „Schauspieler und Psychologen sind eh gefährliche Gesellen“, fügte der Maskierte hinzu. „Schauspieler verstellen sich, um den Betrachtern etwas vorzugaukeln, was nicht da ist und Psychologen enthüllen den Menschen ihr wahres Selbst. Und fatal ist die Mischung aus beidem, so wie in deinem Fall.“

„Na jetzt sei nicht so miesepetrig, Kao. Ich frag mich sowieso gerade, was Clockwise wohl gerade macht.“

„Mit Sicherheit wieder seine Disneyfilmchen gucken oder sich vergebens als Koch versuchen, obwohl er so gut wie du und ich weiß, dass er das besser sein lassen sollte. Als Koch ist er eine einzige Katastrophe. Aber ich hab eh noch was vor, du gehst schon mal zurück.“ Horace hob erstaunt die Augenbrauen. „Was hast du vor?“ „Ich werde mich mit Nine und Eleven treffen. Nine bat mich ja, ihn zu informieren, wenn dieser Mello auftaucht und ich hab so das Gefühl, als hätte er irgendetwas vor.“

„Woher kennt er ihn denn überhaupt?“

„Sie stammen angeblich aus dem gleichen Waisenhaus, bevor es geschlossen wurde.“

„Ach ja, da war doch was. So wie dieser eine Typ, der vor einer Weile hergekommen ist, was? Ist mir dennoch ein Rätsel, was an denen so besonders sein soll, aber mein Gott… unser Waisenhaus war ja auch nicht wirklich das, was man als normal bezeichnen konnte. Genauso wenig wie unsere Adoptivfamilie.“ Hier aber packte Kaonashi Horace grob am Arm und stieß ihn gegen die Wand. Und da Horace wegen der Maske nicht erkennen konnte, was seinem Freund gerade durch den Kopf ging, war er für einen kurzen Moment erschrocken. Insbesondere, da er dessen aggressive und impulsive Ader kannte. „Wag es nie wieder zu sagen, dass wir von denen adoptiert worden sind, klar? Wir waren nie deren Familie, sondern nur ihre Testobjekte. Du hattest ja noch Glück gehabt, aber die Helmstedters waren niemals unsere Familie und werden es auch niemals sein.“

„Ist ja gut“, rief Horace beschwichtigend und befreite sich wieder aus dem Griff. „Ich weiß, dass das blöd ausgedrückt war. Und du müsstest ja eigentlich wissen, dass ich sie genauso sehr verachte wie du.“ Als sie die Treppe erreichten, trennten sich ihre Wege. Während Kaonashi die Treppe nahm, ging Horace zur Öffnung des Luftschachts, kletterte hoch und rief „Fiver!“ Ein leises Poltern war zu hören und er sah dann auch schon einen ca. 17-jährigen blondhaarigen Jungen vorsichtig um die Ecke blicken, der große türkisfarbene Augen hatte. Er strahlte übers ganze Gesicht und winkte ihm zu. Horace grüßte zurück. „Bring mich zurück.“ Stumm nickte der Junge und wies ihn mit einer winkenden Handbewegung, ihm zu folgen. Für gewöhnlich nahm Horace immer den Luftschacht, nachdem Kaonashi ihm dies angeraten hatte. Denn diese Wege waren die sichersten und außerdem waren ja Fiver und sein Begleiter Sezru da. Sie waren die Einzigen, die sich in diesem gigantischen Labyrinth auskannten und einen sicher zum Zielort bringen konnten. Also machte sich Horace mit Fivers Führung auf den Rückweg und während er durch die Luftschächte kroch, in denen man locker aufrecht sitzen konnte, musste er wieder an Mello denken und konnte sich dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen. Er konnte schon verstehen, wieso Kaonashi ein gewisses Interesse an ihm hatte. Mello war so wie er damals, als er noch im Waisenhaus gelebt hatte…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  San-Jul
2015-04-26T13:03:49+00:00 26.04.2015 15:03
Wow, richtig gut. Wetten, dass Matt dieser "Nine" ist ;)

Von: abgemeldet
2015-04-25T15:38:19+00:00 25.04.2015 17:38
Ein spitzen Kapitel^^


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