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Last Desire: After Story II

A Goddamn Chaos
von

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Ajin vs. Arbeitsamt

Ajins Laune war auf dem absoluten Tiefpunkt und wäre da nicht sein Versprechen an Frederica gewesen, dann hätte er das alles sofort abgeblasen und erst einmal richtig Randale gemacht. Ja, am liebsten hätte er den Laden erst mal komplett kurz und klein geschlagen, um so richtig Dampf abzulassen. Dann fühlte er sich wenigstens besser und hatte dann auch nicht diese ganze Wut im Bauch. Aber daraus wurde erst mal nichts. Stattdessen musste er zum Arbeitsamt und diesen Schwachsinn über sich ergehen lassen, von dem er jetzt schon wusste, dass es totaler Nonsens war. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, dass er diese Demütigung über sich erlassen musste, nein er hatte auch noch einen Aufpasser an der Backe. „Musstest du unbedingt mitkommen?“ grummelte er und sah zu Rea, die ihn begleitete und fröhlich grinste wie immer. Na wenigstens die hatte ihren Spaß bei der ganzen Sache. Gut gelaunt erklärte sie „Frederica hat mich darum gebeten. Sie hat ja keine Zeit und sie sagte, dass wenigstens einer dich begleiten sollte, wenn du zum Arbeitsamt gehst.“

„Um sicherzugehen, dass ich keine Randale mache, oder weil sie sichergehen will, dass ich mich nicht drücke?“

„Ich schätze mal beides. Verständlicherweise. Aber Kopf hoch, Großvater. Das wird schon werden. Und nur weil du jetzt einen Menschenjob annehmen willst, denkt doch niemand schlecht von dir. Im Gegenteil! Wir sind alle stolz auf dich und wir wollen dir alle helfen, auch Mama!“ „Trotzdem… ich brauch keinen Aufpasser. Ich bin immerhin Gott.“ Als aufmunternde Geste klopfte sie ihm auf die Schulter und nahm seine Hand. Nachdem sie sich mit ihren Geschwistern besprochen hatte, waren alle der Meinung, dass es tatsächlich das Beste wäre, wenn sie mitging. Immerhin hatte sie von allen sieben den besten Draht zu Ajin. Da würde es auch leichter gehen, ihn zu beruhigen, wenn er die Beherrschung verlieren sollte. „Und versuch bitte, dich mit deinen Gemeinheiten ein klein wenig zurückzuhalten.“ „Ich bin nicht gemein, ich bin nur schonungslos ehrlich.“ Schließlich hatten sie das Arbeitsamt erreicht und nach einem kurzen Gespräch mit der Dame an der Rezeption gingen sie hoch in die erste Etage, wo Ajins Sachbearbeiter warten würde. Auf dem Weg dahin schärfte Rea ihm aber noch ein, sich unauffällig zu verhalten. „Kein Mensch wird dir abkaufen, dass ich deine Enkelin bin, deshalb bin ich entweder deine Schwester oder deine Cousine.“ „Das brauchst du mir nicht zu erklären. Ich weiß schon, was ich tue, also überlass das mir. Ich mag zwar das letzte Mal vor knapp zwei oder dreitausend Jahren hier gewesen sein, aber so ganz weltfremd bin ich nicht, klar?“ Sie warteten vor Raum 105 und wurden schließlich nach knapp einer halben Stunde Wartezeit von einem gewissen Mr. Chapman hereingebeten. Dieser Kerl war ungefähr das, was man sich unter einem Verkäufer im TV Shopping Kanal vorstellen würde. Eine starke Ausstrahlung, ein absolutes Verkäuferlächeln und dennoch komplett seelenlose Augen, als wäre sein Charakter so falsch wie der Großteil seines Körpers. Und Ajin brauchte kein Gott zu sein, um zu wissen, dass der Schmierlappen ein Toupet trug. Es sah aus wie ein behaarter Putzlappen und am liebsten hätte er dem Kerl angeraten, sich doch gleich eine Glatze rasieren zu lassen. Das sah immerhin besser aus, als sich die letzten Haare quer über die Halbglatze zu kämmen, oder sich Toupets oder Haarimplantate zuzulegen. Und in seinen Augen sah der Kopf von diesem Chapman aus, als wäre darauf ein Tier gestorben. Wer kaufte denn auch heute noch bitteschön so potthässliche Toupets? Obwohl noch kein Wort gesagt hatte, hasste Ajin diesen Kerl abgrundtief und hätte ihm am liebsten dieses falsche Grinsen mit einer Drahtbürste aus dem Gesicht gescheuert. Allein dieses dämliche Grinsen war für ihn schon blanke Provokation, vor allem bei seiner eh schon ziemlich schlechten Laune. Trotzdem versuchte er sich zusammenzureißen. Immerhin hatte er es ja versprochen. Außerdem wollte er mit seiner Enkelin keinen Streit. Ebenso wenig wie mit Frederica, wenn die erfuhr, dass er sich mal wieder wie die komplette Axt im Walde aufgeführt hatte. Naja, er konnte ja seine Gemeinheiten immer noch in Gedanken laut aussprechen. Das hob zumindest etwas seine Stimmung. „Guten Tag, ich bin Mr. Chapman, Ihr Sachbearbeiter.“ Das weiß ich auch so, immerhin steht das dick und fett auf deinem Namensschild, an der Tür und noch zusätzlich auf dem Schild auf deinem Schreibtisch. Und als wäre das nicht schon genug, trägst du auch noch ein Namensschild an deinem Hemd. Ich kann lesen, Arschloch… Ajin zwang sich zu einem Lächeln und gab ihm zur Begrüßung die Hand. Dabei drückte er aber aufgrund seiner angestauten Aggressionen so fest zu, dass er dem Kerl fast die Hand brach. „Ajin Gamur, freut mich.“ …NICHT!!! Auch Mr. Chapman, dessen Hand ziemlich schmerzte, machte gute Miene zum bösen Spiel und lachte. „Na da hat ja jemand einen kräftigen Händedruck.“ Ich zeig dir gleich einen kräftigen Händedruck, dachte Ajin und grinste in sich hinein. Dann bleibt von deinen Schmiergriffeln nämlich nichts mehr übrig. „Und das ist dann wahrscheinlich Ihre Freundin?“

„Meine Schwester“, konterte Ajin, woraufhin Mr. Chapman hastig eine Entschuldigung aussprach. Der Sachbearbeiter räusperte sich und begann nun auf seiner Tastatur zu tippen. „Also Mr. Gamur. Sie wollen sich arbeitssuchend melden?“ „Sonst wäre ich ja wohl kaum hier, oder?“ Wieder versuchte es Mr. Chapman mit einem Lächeln, aber das war genauso falsch wie seine Haare. Immer wieder starrte Ajin auf dieses hässliche Teil und spielte mit dem Gedanken, es ihm einfach vom Kopf zu reißen und es aus dem Fenster zu schmeißen. Oder noch besser: es in eine dicke fette Tarantel zu verwandeln. Das wäre ein Spaß. „Auch wieder wahr. Also erst einmal bräuchte ich ein paar Daten von Ihnen. Wie war noch mal Ihr Name?“

„Ajin Gamur.“

„Interessanter Name.“

„Kommt aus dem Hebräischen.“

„Dann sind Sie also jüdisch?“

„Nur weil mein Name mit dem Judentum in Verbindung steht, bin ich noch lange kein Jude, Sie Rassist!“ Ermahnend stieß Rea ihn in die Seite. Genervt seufzte der Unvergängliche und murmelte eine kurze Entschuldigung vor sich hin und daraufhin machte Mr. Chapman weiter und bohrte noch weiter in diesem Thema rum, als wäre es nicht schon schlimm genug. Aber offensichtlich war er da bereits vollkommen schmerzfrei. Naja, er hatte aber auch in seiner gesamten Laufbahn keinen wütenden Ajin Gamur erlebt. Darum ahnte er auch nicht, auf welch dünnem Eis er sich da gerade bewegte. „Haben Sie Immigrationshintergründe?“

„Was soll die Frage?“

„Na Gamur ist nicht gerade ein amerikanischer Name…“

„Ach und Sie finden, dass New Leipzig ein amerikanischer Name für eine Stadt ist, oder wie? Und wie gesagt: nur weil ich einen jüdischen Namen habe, bin ich noch lange kein Ausländer, Sie…“ Wieder stieß Rea ihn in die Seite und Ajin atmete laut aus. „Ich bin Amerikaner, nur zur Info. Meine Urgroßeltern sind während des Holocausts aus Deutschland geflüchtet, also ein bisschen mehr Verständnis, wenn ich bitten darf.“ Und diese Frage entwaffnete den Sachbearbeiter sofort und ihm war anzusehen, dass ihm dies nun mehr als peinlich war. „Entschuldigen Sie, Mr. Gamur. Ich wollte keine Wunden aufreißen.“ Naja, vielleicht war es nicht gerade richtig, dass er diesem Möchtegernsachbearbeiter so eine Geschichte auftischte, aber das war eben seine Art, sich zu rächen. Wenn schon nicht auf seine übliche Art und Weise, dann eben mit solchen Mitteln. Und er brach auch nicht sein Versprechen. Wenn es beschissen lief, dann war das nicht seine Schuld, sondern die von diesem Vollidioten Walter Leslie Chapman. Oh wie gerne würde er ihn mit seinem Namen ärgern… Schließlich musste Ajin seine Papiere vorlegen, die er sich einfach mal eben erschaffen hatte. Er hatte sich inzwischen schon eine gute Vergangenheit zurechtgeschustert und wirklich alles arrangiert. Zeugnisse, Klassenfotos, Erinnerungen der vermeintlichen Mitschüler, Geburtsurkunden und Steuer-ID. Alles, was der Durchschnittsmensch eben brauchte. Oder eben auch nicht brauchte… Für ihn war so etwas nicht mal im Geringsten eine großartige Herausforderung. Er konnte die Realität und die Geschichte so hinbiegen, wie er es gerade wollte. Das war eben der Vorteil, wenn man Gott war. Manchmal hatte er sogar mit dem Gedanken gespielt, einfach mal zum Joke Schwarzenegger zum Präsidenten zu machen. Das wäre seiner Meinung nach der Brüller schlechthin gewesen. Aber einen besseren Präsidenten als Clinton würde es seiner Meinung nach sowieso nie geben. Nur er war dreist genug, um sich von der Praktikantin einen blasen zu lassen und das dann auch noch auffliegen zu lassen. Neben Nixon mit seiner Watergate-Affäre sein absoluter Favorit. Nach und nach begann Mr. Chapman die Daten im System zu übernehmen. „Also gut, Mr. Gamur. Was haben Sie nach Ihrem Schulabschluss gemacht?“ Tja, die Frage hatte er sich auch gestellt. Und zugegeben, es war nicht einfach gewesen. Was genau machte ein Mensch, der keinen Plan hat, was er nach der Schule machen sollte und der keinerlei Ziele verfolgt und dennoch keine Lust zum Arbeiten hatte? In dem Fall gab es nur eine richtige Antwort: „Ich hab BWL studiert.“

„Eine Ausbildung haben Sie nicht.“

„Nee. Hatte keinen Plan, was ich machen soll. Da hat mich meine Familie bequatscht, ich solle es mal mit einer Beratung versuchen.“

„Genau. Wir bieten auch einen Berufsorientierungstest an, um zu bestimmen, welche Berufe theoretisch für Sie infrage kommen könnten. Dazu werden Sie einen Fragebogen bekommen, den Sie wahrheitsgemäß ausfüllen und anhand der Ergebnisse werden wir herausfinden, welche Berufe für Sie infrage kommen könnten.“

„Na dann mal her damit…“ Nachdem Mr. Chapman noch eine gefühlte Ewigkeit auf seiner Tastatur herumgetippt hatte, wurde Ajin ein Fragebogen überreicht. „Sie können den Test auch gerne zuhause ausfüllen und ihn dann zuschicken. Wir werden uns dann die nächsten Tage melden, wenn wir den Test ausgewertet und ein ungefähres Profil erstellt haben.“ Ich wette, der Kerl will mich bloß loswerden, damit er sich um den nächsten hoffnungslosen Fall kümmern kann, dachte Ajin und knirschte unmerklich mit den Zähnen. Oh wie gerne würde er jetzt alles kurz und klein schlagen und diesem Lackaffen den PC um die Ohren hauen, ihm sein Toupet in den Rachen stopfen und ihn dann aus dem Fenster befördern. Ajin grinste nur und fragte frech „Muss ich unbedingt gehen? Jetzt, wo ich schon mal hier bin, kann ich doch eben den Test ausfüllen, finden Sie nicht?“

„Na das nenne ich mal engagiert.“ Nein du Flachzange, das nennt man einfach „zu faul für den ganzen Aufwand“, dachte Ajin, aber er verkniff sich diese Antwort und bevor er sich dem Fragebogen widmete, wandte er sich an Rea. „Ich komm schon klar. Warum gehst du nicht in das Cafe gegenüber? Ich werde schon kein Chaos anrichten und es würde sowieso nur langweilig werden, wenn du hier die ganze Zeit wegen mir wartest. Wenn hier schon jemand den Scheiß mit mir absitzen muss, dann er, denn er wird dafür ja auchbezahlt.“

„Ist gut. Aber bitte reiß dich zusammen. Ich komm dich gleich wieder abholen, wenn du den Fragebogen ausgefüllt hast und fertig bist.“ Damit verließ Rea den Raum und Ajin hatte endlich sein Ziel erreicht. Endlich konnte er diesen Schwachsinn ausfüllen, ohne dass sie ihm dabei über die Schulter sah und ihm noch in die Parade fuhr. Zugegeben, manche Fragen waren wirklich mehr als dämlich und sorgten nicht gerade dafür, dass seine Motivation großartig gefördert wurde. Zum Beispiel die Frage „Worin liegen Ihre Stärken?“ Na das war ganz einfach: Das Sagen zu haben, Kritisieren, physische Stärke, großes Allgemeinwissen, Ausdauer und Belastbarkeit, gutes Aussehen, Charme, Charisma, Kreativität (im Bestrafen von Leuten) und vor allem Durchsetzungsfähigkeit! Tja und worin lagen seine Schwächen? Auch hier war die Antwort einfach: „Cheesecake, meine Familie, meine Freundin.“ Und nach kurzem Überlegen fügte er noch „mangelnde Kritikfähigkeit“ und „sehr geringe Aggressionstoleranz“ hinzu. Als Nächstes wurden Fragen gestellt, die den Umgang mit Kunden betraf. Auch als gefragt wurde „Sind Sie teamfähig?“, antwortete er wahrheitsgetreu „Ja, solange ich hier das Sagen habe!“ Oder auch Situationsfragen wie „Wie handeln Sie, wenn Sie kritisiert werden?“ beantwortete er einfach mit „Ich sorg dafür, dass er nicht mehr in der Lage sein wird, mich jemals wieder zu kritisieren.“ Mit den Antworten selbst hatte er kein Problem. Immerhin hatte dieser Schwachkopf Chapman ja gesagt, er solle ehrlich antworten. Also schön, jetzt wurde gefragt, als welchen Typ er sich ansah. Nachdem er kurz gegrübelt hatte, kreuzte er den dominanten Chef an. Aber manchmal gab es in dem Test auch Auswahlmöglichkeiten, die überhaupt nicht seinen Vorstellungen entsprachen. So zum Beispiel auf die Frage „Sind Sie eher A: ein Idealist, B: ein Realist“, da schrieb er einfach „C: Ein Misanthrop“. Er hasste diese Fragen, wo man schon vorgefertigte Antworten hatte. Vor allem, weil diese auch noch größtenteils nicht wirklich auf ihn zugeschnitten waren. Naja, was war von so einem dämlichen Menschentest auch anderes zu erwarten? Er war genauso beschränkt, wie diese felllosen Primaten. Da war so etwas ja ziemlich vorhersehbar. Naja, sein bescheuerter Sachbearbeiter war ja auch ein hervorragendes Beispiel von seiner Theorie, dass es neben dem Homo Sapiens auch den so genannten Homo Absurdus gab. Es ging immer weiter mit dem Test und schließlich folgte noch ein Einstellungstest, der auch das Allgemeinwissen abfragte. So zum Beispiel, wer Amerika entdeckt habe. Er konnte darüber nur lachen, denn er ahnte, was für eine Antwort erwartet wurde. Columbus natürlich. Aber das konnte sich dieser Schwachmat in seine falschen Haare schmieren. Er wusste es nämlich besser. „Leif Eriksson, der übrigens in Neufundland gelandet ist. Euer Kolumbus hat sich da knapp 492 Jahre verspätet, Sie Genie…“ Als dann auch noch nach seinen Interessen gefragt wurde, begann er sich ernsthaft zu fragen, welchen Sinn dieser Test denn hatte und ob er wirklich so hilfreich war, wie angepriesen wurde. Dem Arbeitsamt traute er ohnehin nicht über den Weg und das hatte nicht unbedingt mit seiner derzeitigen Situation zu tun. Er traute nämlich nichts, was von Menschen entwickelt wurde. Denn er wusste, dass es immer einen Haken an der ganzen Sache gab. Und auch hier gab es einen, das wusste er jetzt schon. Während er den Test ausfüllte, beschäftigte sich sein erkorener Lieblingsfeind Mr. Chapman damit, sich durch das Haus zu telefonieren, um sich die Zeit zu vertreiben. Na solange er Ajin nicht noch mehr auf die Nerven ging, konnte es diesem egal sein. Also Interessen… Tja, was gab es denn da Feines, was er eintragen konnte? „Cheesecake essen, schlafen, den Ton angeben, Chaos zu verbreiten, Zeit mit meiner Freundin zu verbringen, andere zu verarschen, mich über die potthässliche Matte meines Sachbearbeiters zu beömmeln, die er allen Ernstes als Toupet bezeichnet.“ Naja… noch ehrlicher konnte man doch wirklich nicht sein, oder? Nachdem er wirklich jede einzelne Seite aus diesem Fragebogen ausgefüllt hatte, knallte er diesen seinem Sachbearbeiter vor die Nase und wartete, dass dieser endlich sein Telefonat beendete und ihm dann sagte, was Sache war. Aber der Kerl hörte nicht auf zu telefonieren. So wartete Ajin sichtlich genervt und verschränkte die Arme. Plötzlich ging eine kurze Vibration durch seine Hosentasche und er bemerkte, dass er eine Nachricht von Rea auf seinem Handy erhalten hatte. Eine weitere Bedingung von Frederica war gewesen, dass er sich auch auf die Kommunikationswege der Menschen beschränkte, immerhin befolgten auch Ain und Elohim die Gebräuche der Vergänglichen. Er sah sofort, dass Rea ihm ein Foto geschickt hatte. Es zeigte sie und Dathan, den sie offenbar zufällig im Cafe begegnet war und gleich zusammen mit ihm ein Selfie gemacht hatte. Noch so eine bescheuerte Angewohnheit der Menschen: sie fotografierten sich selbst bei jeder nächstbesten Gelegenheit, als ob sie ihre Visagen nicht schon oft genug vor der Linse gehabt hätten. Darunter hatte sie geschrieben „Immer schön lächeln nicht vergessen!“ Zwar verzog er die Mundwinkel, doch es sah nicht wirklich nach einem Lächeln aus. Und zur Antwort schrieb er Ich bin Gott, hol mich hier raus, verdammt!!! Aber Rea würde darüber nur lachen und es als kleinen Scherz abtun. Schließlich hatte Mr. Chapman sein Telefonat beendet und war sichtlich zufrieden. „Na das ist ja wunderbar, Mr. Gamur. Da waren Sie ja schnell fertig. Und? Wie fanden Sie den Test?“ Ganz im Ernst? Ich würde ihn dir da reinschieben, wo keine Sonne scheint und das so tief, dass du die nächsten drei Jahre nur Buchstaben scheißen kannst. Das halte ich von deinem Test, dachte sich Ajin, aber er verkniff sich diese Antwort lieber und murmelte nur „War ganz okay.“

„Hatten Sie irgendwo Schwierigkeiten?“ Ja, diesen Schwachsinn überhaupt ernst zu nehmen. „Nein, nicht wirklich. Der Test war wie gesagt recht einfach.“

„Dann ist ja gut. Okay, wir werden den Test dann auswerten und Ihnen in den nächsten Tagen das Ergebnis per Post zukommen lassen. Wenn Sie Fragen haben, können Sie jederzeit gerne anrufen.“ Ach wirklich? Gut, dann werde ich dich mal um drei Uhr morgens anrufen und fragen, ob dein Toupet vielleicht aus Hundefell besteht. Ajin musste bei diesem Gedanken grinsen und er stellte sich bildhaft die Reaktion dieses Blödmanns vor, wenn er ihn wirklich beim Wort nahm. Das wäre wirklich zu herrlich. „Okay. Vielen Dank, Mr. Chapman. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch.“ Damit reichte Ajin ihm zum Abschied die Hand, doch sein Sachbearbeiter zögerte. Mit Sicherheit tat ihm immer noch die Hand weh. Na hoffentlich ist der Gute Linkshänder, dachte Ajin. Sonst hat er nämlich ein Problem, wenn er sich heute Abend einen runterholen will. Schließlich aber gab Mr. Chapman ihm die Hand und wieder drückte Ajin ordentlich zu, wobei er sich aber sein freundliches Lächeln bewahrte. Nun, für andere hätte es in diesem Moment eher wie das Lächeln eines Psychopathen gewirkt, kurz bevor er ein Blutbad anrichtete. Und das schien auch sein Sachbearbeiter so langsam aber sicher zu merken. Schließlich verließ Ajin das Büro und war heilfroh, als er endlich das Arbeitsamt verlassen konnte. Er ging in das Cafe gegenüber, wo Rea wartete und sich mit Dathan unterhielt. Zu Ajins Freude schien es seinem jüngsten Enkel sehr gut zu gehen und das besserte auch gleich seine Stimmung ein klein wenig. „Hey mein Junge, gut schaust du aus. Wie geht es dir denn?“ „Ganz gut, Großvater“, antwortete Dathan ein klein wenig schüchtern und lächelte. „Ich hab gehört, du hattest einen Termin beim Arbeitsamt. Und? Wie war es denn?“

„Frag nicht“, knurrte Ajin, als er wieder daran dachte. „Es ist mir echt ein Rätsel, was sich die Menschen bei solch einem Schwachsinn gedacht haben. Naja. Es ist, wie es ist. Ich hab diesen bescheuerten Berufsorientierungstest gemacht und bin mal gespannt, welchen Job die mir allen Ernstes zutrauen.“ „Ach, das wird schon werden“, meinte Dathan und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Ich hab es lange Zeit auch ohne Kräfte geschafft und als normaler Mensch gelebt, dann schaffst du das auch. Und sieh es doch mal so: auf die Weise kannst du Frederica beweisen, dass du es wirklich ernst meinst und das wird eurer Beziehung auch ganz gut tun.“ Ajin setzte sich schließlich zu den beiden dazu und bestellte zwei Stück Cheesecake und einen Espresso bei der Kellnerin. Wenn er schon mal hier war, konnte er auch mal etwas Zeit mit seinen Enkeln verbringen. „Und wie läuft es mit dir und deiner Menschenfreundin?“

„Ganz gut. Naja zugegeben, es ist mit Ezra und Sheol gerade nicht einfach, weil sie beide eben in einer schwierigen Phase stecken. Aber ich versuch so gut es geht zu helfen, nur hab ich irgendwie das Gefühl, Sheol nimmt mich nicht sonderlich ernst.“

„Du musst da mal ein wenig mehr auf den Tisch hauen, mein Junge. Ansonsten hat der Bengel keinen Respekt vor dir. Solange du dich nicht durchsetzen kannst, wird das nichts. Aber das schaffst du schon. Immerhin kommst du zu einem gewissen Teil nach mir, da wirst du schon einen Weg finden, um diesem Frechdachs zu zeigen, wer hier der Chef ist. Teenies muss man zeigen, wie die Rangordnung im Rudel ist. Das gilt sowohl im Tierreich, als auch für die Menschen.“ Naja, vielleicht war der Vergleich nicht ganz so gut, aber Ajin hatte da auch nicht ganz Unrecht. Etwas unsicher lächelte Dathan. „Mag sein, dass du Recht hast, Großvater. Aber es ist leider nicht so einfach wie man denkt.“

„Wir haben alle unsere Probleme. Aber wenn gar nichts mehr geht und deine Eltern gerade nicht da sein können, kannst du auch gern zu mir kommen. Wozu hat man denn sonst Großeltern?“ Und damit tätschelte Ajin seinem jüngsten Enkel den Kopf. „Du machst das schon. Das weiß ich.“
 

Einige Tage später kam das Ergebnis des Tests per Post. Natürlich war Ajin gespannt, welchen Job das Arbeitsamt ihm nach den Antworten zutraute, die er gegeben hatte. Und das Ergebnis war seiner Meinung nach eine einzige Verarschung:
 

1. Fahrlehrer

2. Busfahrer

3. Polizist

4. Security und Personenschutz

5. Kaufmann für Dialogmarketing

6. Paketzusteller

7. Straßenbauarbeiter

8. Sozialpädagoge

9. Zahnarzt

10. Gynäkologe

11. Lehrer

12. Fleischer



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-04-05T17:16:32+00:00 05.04.2015 19:16
Haha XD Das Kapital fetzt. Einfach toll. =D


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