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Von Abenteuern und dergleichen

Die Geschichte eines Hobbitmädchens
von

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Zögern und Hadern


 

Sollte ich dich durch mein Leben oder meinen Tod schützen können, werde ich es tun. – Aragorn
 

Faramir wusste, dass er sich feige verhielt, aber er brachte es nicht über sich, auch die letzte Hürde zwischen ihm und Goldfranse zu überwinden. Ihr seine Gefühle aufrichtig zu gestehen, um sie dann für Jahre nicht mehr zu sehen, das erschien ihm, als steche er sich einen Dolch ins Herz und drehe ihn herum und herum und herum…

Also verschwieg Faramir das Wichtigste in dem Wissen, Goldfranse damit schon wieder zu verletzen, und verbrachte die Tage der Reise bis nach Osgiliath in gepeinigtem Schweigen. An den Reisevorbereitungen beteiligte er sich nur halbherzig. Eómer sprach ihn nicht darauf an. Wahrscheinlich konnte er sich alles denken. Immerhin hatte er sich lange genug mit all dem auseinander setzen müssen.

In Osgiliath verbrachten die Ringgefährten und ihre Freunde noch mehrere friedliche Tage. König Aragorn musste sich als erster lösen, um wieder seinen herrschaftlichen Pflichten im vollen Umfang nachzugehen. Die Anderen brachen wenige Tage später in Begleitung von König Eómer und den Seinen auf. Bis zu jenem Punkt, an dem die Delegation der Elben und Zwerge und die Reisegesellschaft König Eómers einander auf dem Weg nach Minas Tirith begegnet waren, wollten sie noch gemeinsam reisen. Danach würden Merry und Pippin mit dem König nach Edoras reiten, um von dort aus die Heimreise anzutreten, während Legolas, Gimli und Goldfranse zunächst Lóthlorien ansteuern wollten.

Der Tag der Trennung rückte immer näher und es fühlte sich endgültig und zerstörerisch, ja, mörderisch an. Faramir fand keinen Schlaf, verlor den Appetit und sprach kaum ein Wort mit irgendjemandem. Am letzten Abend vor der Trennung legte sich Faramir schon früh unter seine Decken, das Gesicht der Dunkelheit zugewandt. Er konnte hören, wie Goldfranse mit den Kindern König Eómers lachte, aber es klang traurig und kraftlos für ihn. Das war nicht das glockenhelle, warmherzige Lachen, das ihn immer wieder bis in seine Träume verfolgt hatte. Das tat ihm physisch weh, drehte den Dolch in seinem Herzen wieder herum…

Jemand setzte sich seufzend hinter ihm auf den Boden. Minuten lang schwieg diese Person und Faramir war sich nicht sicher, ob es sich um seinen Vater oder um seinen besten Freund handelte. Schließlich erklang Pippins Stimme.

„Ich musste Juweline versprechen, gut auf dich aufzupassen. Hoch und heilig sollte ich ihr schwören, dich wieder ins Auenland zurück zu bringen…“

Faramir schwieg und blieb reglos. Dass seine Mutter sich schrecklich um ihn sorgte, wenn er auf Reisen ging, wusste er.

„Wir sind in einen grässlichen Streit geraten, weil ich den Schwur nicht leisten konnte“, fuhr Pippin leise fort. „Du bist ein Hobbit und Hobbits gehen ihre eigenen Wege – und Tuks erst recht. Du wirst einmal der Tuk und Taín sein und damit zum Nördlichen Rat gehören. Da wäre es nur logisch, mehr über den Norden Mittelerdes zu lernen. Juweline hat darauf gesagt, dass du noch genug Zeit dafür hast, wenn du älter bist. So schnell werde ich die Ämter ja nicht an dich abtreten. Zumindest in dem Punkt waren wir einer Meinung“, gluckste Pippin leise.

Wieder setzte Schweigen ein. Faramir wusste nicht, was er sagen oder tun sollte. Sein Gefühl sagte ihm, dass das hier auch für seinen Vater eine harte Prüfung war.

„Ich habe ihr etwas gesagt, was ich gelernt habe, als ich damals mit Frodo und den Anderen unter Lebensgefahr einmal quer durch Mittelerde gereist bin: Das Leben steckt voller Überraschungen. Es hält sich nicht an Erwartungen oder Pläne. Und manchmal erweisen sich Dummheiten als das Wichtigste, was man je getan hat.“ Faramirs Haare wurden liebevoll zersaust. „Ich bin damals meinem Herzen gefolgt und ich würde es jedes Mal wieder tun.“

Ohne eine Antwort auf seinen Monolog abzuwarten, stand Pippin wieder auf und kehrte zum Lagerfeuer seiner Freunde zurück. Faramir lauschte ihren Stimmen, ohne den Worten Beachtung zu schenken. Diese Stimmen waren so voller Gewissheit und Wärme. Nichts konnte sie wanken lassen. Pippins Stimme stand der seiner Gefährten dabei in nichts nach. Pippin war erfüllt von Zuversicht und Vertrauen. Doch Faramir fragte sich die ganze Zeit, wie er sich dieses Vertrauens würdig erweisen sollte…
 

Der Abschied der Ringgefährten war herzlich und nicht im Mindesten wehmütig. Wie auch schon beim Abschied von König Aragorn mangelte es keinem von ihnen an Zuversicht und Hoffnung. Aus einem Grund, der Faramir verborgen blieb, waren sie alle sich sicher, einander irgendwann wieder zu sehen.

Goldfranse hatte sich bereits von den Rohirrim verabschiedet und ging nun von einem Hobbit zum nächsten. Merry und Pippin schlossen sie fest in die Arme und gaben ihr einige väterliche Reiseratschläge mit auf dem Weg. Pippin blickte dabei mehrfach in die Richtung seines Sohnes, der etwas abseits stand. Faramir bemerkte diese Blicke, doch er war noch immer unsicher.

Goldfranse und Eómer verabschiedeten sich mit einer langen, innigen Umarmung voneinander und flüsterten einander etwas zu.

Dann trat Goldfranse auf Faramir zu. Er kam ihr entgegen, haderte jedoch, wie er sie umarmen sollte. Es fühlte sich entsetzlich falsch an, als sie die Arme umeinander legten. Goldfranse erzitterte, er konnte es deutlich spüren, aber er löste die Umarmung und wandte sich fluchtartig ab. Ohne sich noch mal umzudrehen, bestieg er sein Pony und lenkte es hinter den Pferden der Rohirrim her.
 

Sie waren nicht einmal eine halbe Stunde unterwegs, als Faramir sein Pony zügelte und den Blick seines Vaters suchte. Merry, Pippin und Eómer waren ganz in seiner Nähe geblieben und hatten sofort ihre Ponys ebenfalls gezügelt. Pippin nickte seinem Sohn lächelnd zu.

Eómer lenkte sein Pony dicht an Faramirs heran und bot seinem Freund die Hand zum Einschlagen. „Wehe dir, wenn du sie unglücklich machst!“

„Habe ich nicht vor“, erwiderte Faramir mit belegter Stimme und ergriff Eómers Unterarm. „Und du…?“

„Das dritte Rad am Wagen werden und es mir obendrein mit Eówyn verscherzen?“ Eómer schüttelte grinsend den Kopf. „Das ist eure Reise, mein Freund. Genießt sie.“

Faramir brachte nicht mehr als ein Nicken zustande, nahm seine Zügel wieder auf und trieb sein Pony zurück. Das Ufergebiet des Anduín war hier eben. Er würde Legolas, Gimli und Goldfranse nicht verfehlen können. Dennoch trieb er sein Reittier zur Eile an. Er hatte schon viel zu lange gezögert!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lula-chan
2019-07-16T06:20:41+00:00 16.07.2019 08:20
Hm. Interessant. Na das kann ja was werden. Ich bin gespannt. Ein tolles Kapitel. Gut geschrieben. Das kam echt gut rüber. Hat mir gefallen.

LG


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