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Last Desire 11

von

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Bei Samajim

„Nabi, mach bitte den Tee fertig. Ich glaube, unsere Gäste kommen langsam wieder zu sich.“

„Ist gut, Meister. Aber vorher nehmt Ihr endlich diese verdammte Zigarette aus dem Mund! Ich bin gerade erst mit dem Hausputz fertig und Ihr verteilt mal wieder überall die Asche und es stinkt nach Nikotin hier drin. Woher habt Ihr die überhaupt?“

„Gekauft.“

„Ich hab Euch doch schon gefühlte zweihunderttausend Mal gesagt, Ihr sollt mit dem Rauchen aufhören. Das ist nicht gesund und zudem eine schlechte Gewohnheit. Genauso wie es im Übrigen auch eine schlechte Angewohnheit ist, Euch den ganzen Tag auf die faule Haut zu legen, während ich mal wieder alles alleine machen muss. Ich bin Euer Diener und nicht Euer persönliches Kindermädchen. Also her mit der Zigarette, oder es gibt die nächsten drei Wochen nur Kohlsuppe.“

„Ist ja schon gut. Echt Mann, ich glaube du brauchst eine Frau. Oder einen Mann… bei dir bin ich mir bis heute noch nicht ganz sicher, ob dein Körper der eines Mannes oder der einer Frau ist.“ L öffnete die Augen und hörte ganz eindeutig zwei Männer miteinander reden. Und offenbar stritten sich diese gerade ein wenig. Na super, dachte sich der Detektiv. Vom einen Streit gleich zum nächsten. „Ihr seid doch auch nicht besser. Glaubt Ihr etwa, ich hätte Eure Schmuddelhefte nicht entdeckt? Und so etwas schimpft sich Pfarrer. Ihr seid ein alter Perversling und ein Sklaventreiber, Meister. Außerdem habe ich sowieso noch ein Hühnchen mit Euch zu rupfen. Wie oft habe ich Euch eigentlich schon gesagt, Ihr sollt damit aufhören, mit einem Sturmgewehr auf die Tauben im Dachgebälk zu schießen? Ich hab erst vor drei Tagen das Dach repariert nach Eurer letzten Schießerei.“

„Irgendwie muss ich doch diese verdammten Flugratten loswerden.“

„Ich hab gesagt, ich kümmere mich darum. Aber es stimmt wohl, was man sagt: einem alten Hund kann man keine neuen Tricks beibringen.“

„Und doch versuchst du es immer wieder…“ L sah sich um und bemerkte, dass er auf einer Couch lag. Liam lag auf einer Pritsche und trug Bandagen. Er war noch nicht bei Bewusstsein und auch Dathan war verarztet worden. An den Wänden hingen Bilder von Heiligen und Kruzifixe, außerdem roch es hier drin nach Zigaretten. Schließlich aber regte sich etwas, als nämlich Beyond zu sich kam und auch Liam und Dathan öffneten die Augen. Die erste Frage der anderen war natürlich „Wo… wo sind wir?“ „Im Pfarrhaus der St. Michael Kirche“, antwortete eine Stimme und sogleich betrat ein androgyn aussehender junger Mann mit schwarzen Haaren und türkisfarbenen Augen mit einem Tablett das Zimmer und stellte es auf dem Tisch ab. „Keine Sorge. Es ist alles in Ordnung und wir haben eure Verletzungen bereits verarztet. Aber ihr solltet euch vielleicht noch etwas schonen.“ Als Beyond ihn kurz angesehen hatte und sein Hirn wieder auf Hochtouren lief, erkannte er den jungen Mann und stellte fest „Du bist doch dieser Küster, oder?“ „Ja, das stimmt. Mein Meister kommt sofort und wird euch alles erklären. Ich…“

„Nabi!“ kam es aus einem anderen Raum und genervt verdrehte der Küster die Augen und wandte sich um. „Was ist, Meister?“ „Wir haben keine Twinkies mehr!“ „Ich weiß. Die waren ausverkauft. Ich geh morgen noch mal los. Und überhaupt: es gibt erst was Süßes, wenn Ihr endlich mal Eurer Pflicht als Pfarrer nachgeht!“ L und Beyond tauschten einander zweifelnde Blicke aus und fragten sich ernsthaft, was hier gerade vor sich ging und was das alles zu bedeuten hatte. Dann aber betrat ein groß gewachsener Mann mit langen goldblonden Haaren und strahlend blauen Augen den Raum, der etwas sehr Erhabenes ausstrahlte und überhaupt nicht zu der Person passte, die sie gerade gehört hatten. „So, das wäre alles“, sagte er zu dem jungen Mann und hatte ein amüsiertes und auch sehr schadenfrohes Lächeln auf den Lippen. „Da das ja geklärt ist, kannst du ja das Loch im Dach reparieren gehen.“

„Es gewittert aber draußen und beim letzten Mal, als ich das bei so einem Sauwetter gemacht habe, wurde ich zwei Mal vom Blitz getroffen!“

„Ach so ein kleiner Blitzschlag wird dich schon nicht umbringen. Und danach kannst du die Bücher zurück in die Bücherei bringen. Den Rest des Tages kannst du dir dann ausnahmsweise mal freinehmen.“ Wortlos verschwand der Küster und der Pfarrer setzte sich auf ein Sofa und goss sich eine Tasse Tee ein. „Reverend Kings“, sagte Dathan schließlich und schaffte es mit etwas Mühe, sich aufzusetzen, wobei er das Gesicht ein wenig vor Schmerz verzog und eine Hand auf den Verband presste, wo Evas Schwert ihn erwischt hatte. „Was hat das alles zu bedeuten?“ „Nun, wir waren von dem lauten Geschrei aufmerksam geworden und da hab ich eben erfahren, dass zwei Dauerstreithähne auf Kill Bill machen und für mächtig Durcheinander sorgen. Und da ihr beide ganz schön übel zugerichtet worden seid, haben wir euch hergebracht und verarztet. Ihr habt ganz schön was abgekriegt. Hätte Eva wirklich Ernst gemacht, wäre von euch nicht mehr viel übrig geblieben. Besonders von dir nicht, mein lieber Araphel. Aber sie hat dich schon immer ordentlich vermöbelt.“ Als Liam den Namen hörte, der ihm so verhasst war, da verfinsterte sich sein Blick und er sah mehr als schlecht gelaunt aus. „Woher kennen Sie meinen richtigen Namen?“ fragte er misstrauisch und seine roten Augen funkelten gefährlich. Er sah aus, als wollte er ihm am liebsten den Hals umdrehen, aber nach der heftigen Abreibung brachte er ganz sicher nicht die Kraft dazu auf. Der Pfarrer ließ sich davon überhaupt nicht verunsichern und gab in aller Seelenruhe etwas Zucker in seinen Tee. „Nun, wir kennen uns schon seit sehr langer Zeit. Immerhin kenne ich dich und deine Schwester schon seit eurer Geburt.“

„Dann sind Sie…“

„Ein Sefira. Hier für die Menschen heiße ich Samuel Kings, aber mein richtiger Name ist Samajim. Einige nennen mich auch Samajim den Alten.“ Samajim… bei diesem Namen klingelte doch was. Hatte Frederica nicht irgendwie erwähnt, dass hier in London ein Sefira mit diesem Namen lebte, der eine Art Asylheim für verfolgte Unvergängliche eingerichtet hatte und diese beschützte? Beyond war vollkommen irritiert und verstand gar nichts mehr, denn nun konnte er weder von diesem Küster, noch von diesem falschen Pfarrer den Namen und die Lebenszeit erkennen. Stimmte da etwas nicht mit seinem Augenlicht, oder hatten die beiden ihn irgendwie ausgetrickst? Auch Dathan war ziemlich verwirrt und stammelte „I-ich verstehe nicht ganz…“ „Die Sache ist auch ein klein wenig verworren und so wie ich Eva kenne, hat sie auch niemandem ein Sterbenswörtchen gesagt, sondern hat schön dichtgehalten, wie sonst auch.“ „Dann wissen Sie also alle Antworten“, kombinierte L sogleich und warf Liam einen kurzen Blick zu. „Sie wissen also, wer Dathan ist und was es mit Liams fehlenden Erinnerungen auf sich hat.“ „Selbstverständlich“, antwortete der Pfarrer und lehnte sich zurück, wobei diese erhabene Ausstrahlung die ganze Zeit unverändert blieb. Es war irgendwie merkwürdig. Als wäre er mit einem Male eine ganz andere Person als gerade eben noch, wo er mit dem Küster geredet hatte. „Und ehrlich gesagt war schon längst eingeplant gewesen, dass ihr hierher kommt. Ihr wollt Antworten haben, nicht wahr? Antworten, warum sich Eva so verhalten hat, warum Liam sich an nichts erinnert und was das alles mit dem Alpha-Proxy zu tun hat.“

„Das deckt es so ungefähr ab“, bestätigte der Serienmörder knapp und nickte. „Aber vorher würde ich gerne wissen, wieso ich auf einmal Namen und Lebenszeit nicht mehr sehen kann.“

„Es ist leicht, ein Shinigami-Augenlicht auszutricksen, wenn man weiß wie. Es war noch etwas zu früh für euch, auf meine Spur zu kommen weil ich wollte, dass Dathan die Chance bekommt zu erkennen, wer er wirklich ist und wie er seine Fähigkeiten einsetzen kann. Jede Errungenschaft ist eben größer, wenn man sie selbst erlangt und nicht, wenn man dorthin geschoben wird.“ Der Pfarrer bot ihnen Tee an, doch sie zögerten noch, weil sie nicht wussten, wie sie diesen Samajim einzuordnen hatten. Aber andererseits hatte er ihnen geholfen und konnte ihnen die gewünschten Informationen geben. Also nahmen sie das Angebot an und nachdem er eine Weile nachgedacht hatte, fragte L „Sie wussten, dass wir zu Ihnen kommen würden und haben Beyond absichtlich getäuscht, weil es sonst zu früh gewesen wäre, auf Ihre Spur zu stoßen, weil wir uns erst um Dathan kümmern sollten. Sehe ich das richtig? Wenn dem so ist, dann war alles geplant gewesen.“ Auch das bestätigte Samajim und das sorgte nicht direkt dafür, dass er vertrauenswürdiger wurde. „Wisst ihr, es gibt einen guten Grund für alles, was momentan geschieht. Denn ihr seid alle Figuren in einem Spiel, welches jederzeit aus den Fugen geraten könnte, wenn es nicht nach strengen Vorgaben verläuft. Es mag für euch nicht sonderlich angenehm klingen, aber streng genommen seid ihr alle Teil eines Plans und befindet euch bereits in einem Krieg, der schon andauerte, bevor es überhaupt die menschliche Rasse gab. Im Grunde gibt es in diesem Spiel zwei Spieler, die ihre Figuren ausspielen und versuchen, den Gegner zu schlagen. Auf der einen Seite ist der so genannte Unborn, der den Alpha-Proxy und dessen Untergebenen aufs Feld schickt, um euch zu töten. Und ich sorge dafür, dass ihr alle sicher übers Feld gelenkt werdet, um auf die andere Seite des Feldes zu gelangen, um den Feind zu besiegen.“

„Dann ging Jeremiels Entführung also auch auf Ihr Konto?“ Liam wurde mit jeder weiteren Sekunde immer ungehaltener, denn es war nicht gerade schön für ihn zu hören, dass er nichts Weiteres als eine Schachfigur für diesen zwielichtigen Pfarrer war und auch die anderen waren nicht sonderlich begeistert. Samajim nickte schließlich und sagte „Ja.“ Nun stand Liam auf und ging direkt auf den Pfarrer zu. Er sah wirklich danach aus, als wolle er ihm eine Abreibung verpassen und als er ihn am Kragen packen wollte, da ergriff Samajim lässig mit einer Hand Liams Handgelenk, verdrehte seinen Arm und zwang ihn zu Boden, ohne sich großartig anstrengen zu müssen. „Jetzt mach mal halblang, Junge. Ich bin zwar ein friedfertiger Zeitgenosse, aber ich lass mich definitiv nicht so behandeln, klar? Du solltest mal langsam etwas mehr Respekt vor Älteren haben. Wenn du Antworten auf deine Fragen haben willst, solltest du dein Gemüt etwas abkühlen und vernünftig nachfragen, bevor du dich wie ein Rüpel aufführst.“ Es war merkwürdig zu sehen, wie ein einfacher Pfarrer es schaffte, einen so furchteinflößenden und gut durchtrainierten Riesen wie Liam so mühelos in die Knie zwingen zu können. Dies musste für eine unglaubliche Kraft sprechen, die da in ihm schlummerte. Und dieser strenge Blick zeugte von großer Weisheit und Autorität. Liam sah ein, dass er keine Chancen gegen diesen Mann hatte und schaltete sogleich einen Gang runter und beruhigte sich. „Warum haben Sie zugelassen, dass sie Jeremiel entführen?“

„Weil mir Informationen fehlten. Ich weiß zwar, was das Ziel des Feindes ist, aber mir war nicht klar, was für eine Rolle Jeremiel dabei spielt und wozu er ihn unbedingt braucht. Aber mach dir keine Sorgen. Ich habe alles so weit durchgeplant, dass weder euch noch Jeremiel ernsthaft etwas zustoßen wird. Wir verfolgen dieselben Interessen und es liegt auch mir sehr am Herzen, euch zu schützen. Insbesondere dich, Araphel.“

„Ich heiße Liam“, gab der Mafiaboss mit bedrohlichem Unterton zu verstehen, was der Sefira ihm aber nachsah. „Nun gut, Liam“, korrigierte sich dieser und lächelte mild, wobei er einen Schluck Tee trank. „Die ganze Sache ist etwas kompliziert und nicht einfach zu überschauen. Am besten ist, wenn ich euch etwas zu unserem wahren Feind erzähle und wie die ganze Sache angefangen hat. Der Name des Unvergänglichen, der hinter all dem steckt und gemeinsame Sache mit dem Alpha-Proxy macht, heißt Elohim. Er ist anders als alle anderen Sefirot, weil er streng genommen kein Sefira ist. Denn als Sefira bezeichnet man ein Fragment von Ain Soph. Der Name ist euch ja inzwischen ein Begriff. Elohim ist aber kein solches Fragment so wie ich, Eva oder du, Liam. Er ist von Ain Soph selbst erschaffen worden und ist so mächtig, dass kaum ein Sefira gegen ihn ankommen kann. Selbst die großen Alten fürchten sich vor ihm, weil er so mächtig ist und haben schon damals versucht, ihn loszuwerden, weil sie verhindern wollten, dass er ihnen ihre Position streitig machen könnte. Es gab aber auch einige von uns, mit denen er sich gut verstanden hatte, denn eigentlich war er ein freundlicher und friedfertiger Geselle, der kein Interesse daran hatte, Macht über andere auszuüben. Alles, was er je wollte, war ein friedliches Leben ohne Gewalt. Er war ein sehr enger Freund von mir, genauso wie Hajjim. Oft kam Elohim zu mir, um zu reden und wir verstanden uns gut. Aber dann wurden die Anfeindungen der anderen großen Alten immer schlimmer und endeten schließlich in einem Attentatsversuch. Sie wollten ihn und seine Abkömmlinge ausrotten, um damit die größte Gefahrenquelle zu beseitigen. Elohim überlebte, fühlte sich aber von uns allen verraten und schwor uns Rache. Er würde nicht aufhören, ehe er jeden von uns vernichtet hat und alles, was wir aufgebaut haben. Sein erstes Opfer von ihm war sein bester Freund Hajjim und er tötete ihn ohne zu zögern. Im Augenblick seines Todes gelang es Hajjim jedoch, sich aufzuspalten und somit wurden zwei neue Sefirot erschaffen. Hajjims Ermordung war damit der Auftakt eines Krieges gewesen. Von Hass erfüllt begann Elohim eine Armee aufzustellen, um Krieg gegen uns zu führen. Wir rüsteten ebenfalls für den Krieg, aber es wurde zu einem einzigen grausamen Gemetzel. Elohim war zu stark und er hatte einen mächtigen Verbündeten. Man nannte ihn Araphel den Schlächter.“ Alle Augenpaare hafteten an Liam und dieser hatte seine bedrohliche Ausstrahlung verloren und wirkte fassungslos und verstand offenbar nicht, was das zu bedeuten hatte. Er hatte damals an Elohims Seite gekämpft, um die Unvergänglichen zu vernichten? Das konnte doch nicht sein. „Das… das ist völlig unmöglich.“ Doch Samajim ging nicht mal näher auf seine Worte ein, sondern erzählte weiter. „Ich selbst habe unsere Armee angeführt, zusammen mit Ahava der Barmherzigen. Doch leider hatte Elohim einen sehr mächtigen Diener, der über eine äußerst gefährliche Gabe verfügte. Dieser war Nabi, der auch von einigen „Nabi der Prophet“ genannt wurde, weil er damals auch als Botschafter Elohims fungierte. Er ist übrigens der recht zierliche junge Mann von vorhin, der gerade noch hier war. Als der Krieg immer grausamere Züge annahm und Elohim seinen Zorn sogar gegen seine eigenen Leute richtete, wechselte Nabi die Seiten und unterstützte uns, um seinen eigenen Schöpfer aufzuhalten. Mit seiner Hilfe gelang es uns, den Krieg für unsere Seite zu entscheiden und Elohim zu schlagen. Daraufhin wurde ihm und seinen Gefolgsleuten der Prozess gemacht. Und wie damals schon für euch Menschen, steht auf Hochverrat der Tod. Es hagelte an Todesurteilen, wo es nur ging und Ahava erkannte, dass dies nur ein letzter Vergeltungsschlag der großen Alten war, um ihre Feinde restlos zu vernichten. Ich teilte mit ihr diese Ansichten und so wollten wir dem ein Ende bereiten, als wir Ajin Gamur sprachen und ihm die Sache anders darlegten. Es war Tatsache, dass viele aus Angst Elohim gedient hatten und von ihm unter Druck gesetzt wurden. Auch Nabi fürchtete um sein Leben und hatte auch dieses riskiert, weil er das Richtige tun wollte. Dennoch wollten sie ihn hinrichten, weil es unverzeihlich war, sich gegen die großen Alten zu stellen. Als Berater konnte ich Ajin Gamur davon überzeugen, dass es ungerechtfertigt war, all diese Kriegsgefangenen der Reihe nach hinzurichten, ganz gleich ob sie tatsächlich gekämpft hatten oder nicht. Also wurde ihnen Asyl gewährt. Solange sie auf meinem Grund lebten, dürfe ihnen kein Leid zugefügt werden. Bei Nabi hingegen sah es anders aus. Durch seine Hilfe konnte Elohim viele unserer Leute töten und es klebte also trotz allem Blut an seinen Händen. Sein Todesurteil wäre also dennoch erfolgt, da machte ich ihn zu meinem Diener, um ihn vor der Hinrichtung zu retten. Nun war da noch Araphel der Schlächter, der wohl zu den Schlimmsten zählte. Seine Hinrichtung war schon beschlossen worden, bevor seine Gerichtsverhandlung überhaupt begonnen hatte.“ Beyond und L tauschten kurze Blicke aus und sahen zu Liam, der einfach nicht begreifen konnte, was er da hörte. Er war ein Kriegsverbrecher gewesen und hatte unzählige Unvergängliche grausam abgeschlachtet? Er hatte für denselben Kerl gearbeitet, der nun für die Proxy-Experimente verantwortlich war und hinter Jeremiels Entführung steckte? Das konnte doch nicht wahr sein. Dathan war ebenfalls beunruhigt und fragte „Und wie ging es weiter?“ „Ahava wollte ihn unter allen Umständen vor diesem Schicksal bewahren und gemeinsam gelang es uns, sein Leben zu retten. Sie bürgte für ihn und erklärte ihm, dass er nur deshalb so grausam sei, weil er nicht imstande war, so etwas wie Liebe oder Mitgefühl zu empfinden. Sie versprach, dass er sich bessern könnte, wenn er wenigstens einen Funken Licht in sich hätte. Es gelang ihr, Ajin Gamur zu überzeugen, das Todesurteil abzuwenden, allerdings geschah dies nur unter gewissen Bedingungen. Wenn Araphel es wagen sollte, sich jemals wieder gegen die großen Alten zu wenden, sich Elohim anzuschließen oder erneut versuchen sollte, Chaos und Zerstörung anzurichten, würde er sofort getötet werden und das Gleiche galt auch für seine Abkömmlinge, sollte er je welche erschaffen. Und auch Ahava würde hingerichtet werden. Zudem verlangte Ajin, dass Araphel unter Beobachtung stehen sollte, als Sicherheitsmaßnahme. Des Weiteren wurde auch Ahava bestraft, weil sie sich für einen Kriegsverbrecher einsetzte. Als sie nämlich einen Teil ihres Lichts Araphel überließ, fraß sich die Finsternis in ihr Herz und aus Liebe wurde Verzweiflung. Um zu gewährleisten, dass er keine Gefahr mehr darstellen oder den großen Alten einen Grund liefern konnte, ihn zu töten, löschte sie seine Erinnerungen und ließ ihn in den Glauben, er sei allein. Und als Ahavas reines Herz zusehends von Finsternis befallen wurde, „starb“ sie und wurde zu Eva. Durch das Licht, welches Araphel lernte, andere zu lieben und auch Gutes tun zu wollen, „starb“ sein altes Ich damit ebenso und wurde zu Liam. Ich wurde als Bewacher festgelegt. Meine Aufgabe bestand darin, Araphel zu bewachen und sicherzustellen, dass von ihm keine ernsthafte Gefahr mehr ausging. Und wenn, dann wäre ich autorisiert gewesen, ihn sofort zu töten. Ehrlich gesagt war ich sehr skeptisch, ob Ahavas Plan wirklich gelingen würde, aber zu meiner eigenen Überraschung stellte ich schnell fest, dass Araphel sich stark verändert hatte. Nachdem er eine Familie hatte, wurde er deutlich ruhiger und sozialer. Zwar steckte immer noch unglaublich viel Finsternis in seinem Herzen, aber es existierte dennoch genug Licht, welches ihm die Kraft gab, auch Gutes zu tun und sich um andere zu sorgen. Ja er verliebte sich sogar, was damals überhaupt nicht vorstellbar gewesen war. Bevor Ahava ihm einen Teil ihres Lichts gegeben hatte, war er ein grausames Monster gewesen, absolut blutrünstig und erbarmungslos. Er tötete die Männer genauso wie Frauen und Kinder und wurde von allen gehasst und gefürchtet. Ehrlich gesagt hatte ich leise Zweifel, dass aus dieser Bestie je etwas anderes werden könnte und ich gab ihm allerhöchstens hundert bis zweihundert Jahre, bis er wieder der Alte sein würde, wenn nicht sogar schon viel früher. Doch zu meiner Überraschung war dem nicht so. Dieser eiskalte Schlächter, den Ahava und ich vor der Hinrichtung bewahrt hatten, entwickelte ein großes Verantwortungsbewusstsein und er wurde zu einem Beschützer für jene, die ihm wichtig waren. Zum ersten Mal war ihm jemand auch wirklich wichtig. Er entwickelte Gefühle für andere und war mit einem Male wie verändert. Das war auch der Grund, warum die anderen Sefirot von ihren Vergeltungsplänen abgelassen haben, denn wäre er noch der Alte gewesen, dann hätten sie mit Sicherheit versucht, ihn zu töten.“ Liam sagte nichts, sondern starrte schweigend ins Leere. Er konnte einfach nicht fassen, dass er wirklich mal so ein grausames Monster gewesen war. Er war ein Kriegsverbrecher und hatte Unschuldige abgeschlachtet. Und doch hatte Eva ihn nicht aufgegeben. Sie hatte alles riskiert, jede Bestrafung auf sich genommen, ihm einen Teil ihres Lichts überlassen und seine Erinnerungen gelöscht, weil sie ihn beschützen wollte…
 

Eva hatte die Wahrheit gesagt…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-01-14T05:56:47+00:00 14.01.2015 06:56
Wieder ein super tolles Kapitel.
*seufzt*
Niemand sollte so eine schwere Bürde tragen. Armer Eva und zieht es trotzdem durch.
Von:  pri_fairy
2015-01-13T20:40:28+00:00 13.01.2015 21:40
Ein wundervolles Kapitel! :) Eva ist wirklich unglaublich-was sie alles auf sich genommen hat..


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