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Fehlende Erinnerung

Wenn das Leben falsch ist
von

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Traumgesicht

Verblüfft blickte sie auf das schlecht eingewickelte Päckchen hinunter, welches er ihr in die Hände gedrückt hatte. Verblüfft und beinahe sogar ungläubig, aber auch freudig und mit jeder Sekunde neugieriger. Er war selbst verblüfft, wie schnell ihre Wut darüber, dass er mal wieder unerlaubt in ihre Wohnung eingedrungen war und sie obendrein auch noch geweckt hatte, verraucht war. Doch beim Anblick des Leuchtens in ihren Augen wuchs in ihm die Freude ebenfalls. Ein stolzes Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

„Du hast doch nicht etwa geglaubt, ich hätte deinen Geburtstag vergessen, oder?“

„Das nicht, aber dass du mir sogar etwas schenkst…“

„Es war gar nicht so einfach, etwas zu finden. Die Anderen waren da auch nicht gerade hilfreich. Happy wollte dir einen Fisch schenken und Gildartz hat mich in einen Laden geschickt, wo sie lauter stinkendes Zeug verkaufen.“

Sie musste lachen. „Das war wahrscheinlich ein Parfümladen, oder?“

„Ja, genau so hieß das!“, erinnerte er sich und allein beim Gedanken an diesen Laden wurde ihm beinahe wieder schlecht.

„Für deine empfindliche Nase muss das wirklich hart gewesen sein“, kicherte sie. „Und was haben die Anderen dir geraten?“

„Gazille hat mir eine Schraube gegeben, Gray, dieser Idiot, hatte selber keine Ahnung, Cana wollte mir ein ganzes Fass Bier andrehen und Mira hat mich in einen Laden mit lauter Kleidern geschickt. Aber du hast doch schon so viele Klamotten und ich habe sowieso keine Ahnung davon.“

Schon wieder musste sie kichern, aber er wusste ganz genau, dass es nicht herablassend gemeint war. Dafür kannte er sie viel zu gut. „Meine Klamotten suche ich mir wirklich lieber selbst.“

Eifrig nickte er und fuhr fort: „Levy hat mir geraten, dir ein Buch zu schenken, aber davon hast du doch auch schon so viele. Ich wollte dir keines schenken, das du schon hast.“

„Wow, du hast dir wirklich viele Gedanken gemacht“, murmelte sie verlegen und blickte erneut auf das Päckchen hinunter. „Darf ich es aufmachen?“

„Natürlich!“ Er verspürte große Aufregung, als sie sich daran machte, den Faden aufzuknoten, mit dem er das Bündel zusammen geschnürt hatte. Hoffentlich gefiel ihr, was er letztendlich ausgesucht hatte.

Als sie das Geschenk schließlich geöffnet hatte, hielt sie inne und blickte schweigend darauf hinab. Sie schwieg so lange, dass er wieder unsicher wurde, weshalb er ins Plappern geriet: „Du schreibst doch so viel, also dachte ich mir, es wäre nützlich, wenn du etwas mehr Pergament hast. Und Schreibfedern nutzen sich bei dir auch so schnell ab. Das hier sind magische Schreibfedern. Die hier korrigiert Rechtschreibfehler und die hier lässt sich mit der Rückseite ganz sauber wieder löschen. Und die ist auch toll, bei der kannst du die Farbe der Tinte entscheiden! Die da kann in anderen Sprachen schreiben und-“

Er wurde in seinem Redeschwall unterbrochen, als sie ihn stürmisch umarmte. „Das ist das schönste Geschenk, das ich jemals bekommen habe!“, versicherte sie ihm flüsternd und ihr warmer Atem streifte seine Brust.

Ein wohlig warmes Gefühl machte sich in ihm breit, das nichts mit seiner Magie zu tun hatte. Stürmisch erwiderte er die Umarmung und richtete sich dann auf, ohne die Umarmung zu lösen, sodass er seine Freundin mit in die Höhe zog. Sie zuckte nicht zusammen, verkrampfte sich nicht, sie hielt sich einfach so lange fest, bis sie Beide festem Boden unter den Füßen hatten.

„Dann können wir ja jetzt feiern gehen!“, jubelte er.

Jetzt lachte sie wieder, ausgelassen und glücklich. Die Wärme in seinem Inneren breitete sich noch weiter aus. „Zuerst muss ich mich anziehen, dann können wir feiern gehen!“

Er stimmte in ihr Lachen ein und gemeinsam lachten sie immer lauter und ausgelassener und er hatte das Gefühl, als würde alles um ihn herum nur noch aus Glück bestehen…
 

Langsam öffnete Natsu die Augen und blickte zur hölzernen Decke seiner kleinen Hütte hinauf. Neben ihm murmelte Happy im Schlaf: „Charly, wollen wir uns einen Fisch teilen?“ Dann erklangen wieder nur die leisen Schnarcher des Ekceed.

Doch es waren nicht Happys Schnarcher und auch nicht sein Murmeln, was Natsu geweckt hatte. Es war ein seltsam bohrendes Gefühl, das irgendwie mit dem zusammen hing, was er soeben geträumt hatte. Dieser Traum war so real, kam ihm wie eine Erinnerung vor, aber warum konnte er das Gesicht der Frau nicht sehen, welche er in dieser Traumerinnerung beschenkt hatte?

Er versuchte, an all die Frauen und Mädchen zu denken, welche er in seinem Leben kennen gelernt hatte, aber auf keine passte diese Traumsituation. Erza und Wendy waren gute Freundinnen, aber nicht solche Freundinnen. Das war irgendwie etwas anderes gewesen. Etwas Besonderes. Etwas Wichtiges.

Seufzend drehte Natsu sich in seiner Hängematte. Er war es schon so sehr gewohnt, in dieser instabilen Position zu schlafen, dass sein Körper ganz automatisch das Gewicht ausbalancierte. Er fühlte sich irgendwie seltsam. Unzufrieden. Unvollständig. Etwas stimmte nicht. Etwas war falsch. Ihm schwirrte von all dem Gegrübel der Kopf!

Vielleicht hatte er gestern etwas Seltsames gegessen. Oder es waren die Nachwirkungen der langen Zugreise. Er würde sich morgen mal von Wendy untersuchen lassen, falls der Schlaf nichts bringen sollte.

Mit dieser Entscheidung im Hinterkopf schloss er die Augen wieder und ließ sich von Happys Schnarchern in den Schlaf lullen, bis er wenige Minuten später ebenfalls schnarchte.

Verwirrungen

- Mirajane: Der leere Platz -

Es war ein ganz normaler Tag in der Gilde. Mirajane wischte den Tresen sauber und beobachtete mit einem breiten Lächeln das turbulente Treiben ihrer Kameraden. Wendy schmökerte in dem Buch, welches sie von Polyushka bekommen hatte, die Stirn vor Konzentration gerunzelt, während die Lippen sich lautlos bewegten – oder vielleicht murmelte Wendy tatsächlich vor sich hin, aber das war in all dem Getümmel hier nicht zu hören.

Am selben Tisch saßen Natsu und Gazille und lieferten sich wieder einmal ein Wettessen. Seltsam war nur, dass Natsu dieses Mal zu verlieren schien, dabei waren die Beiden normalerweise gleichauf. Aber es war früher Nachmittag, vielleicht hatte Natsu ja schon einiges gegessen, überlegte Mira.

Pantherlily übte mitten auf einem leer stehenden Tisch mit seinem Schwert, während Happy ihn beinahe bewundernd und Charly ihn eher kritisch beobachteten, Happy mit dem obligatorischen Fisch in der Hand, welchen er garantiert bereits Charly zu schenken versucht hatte. Stolz wie eine Mutter stand Erza daneben und gab dem Ekceed Tipps.

Jet und Droy rauften sich um einen Auftrag, Gray stand unbeteiligt neben ihnen – wieder einmal bis auf die Unterhose nackt – und suchte selbst nach einem Auftrag. Juvia stand anhimmelnd neben ihm.

Es war ein ganz normaler Tag. Alles war wie immer. Laut und turbulent.

Und doch schien etwas nicht zu stimmen. Mirajane konnte es nicht einmal genau festmachen. Nachdenklich glitt ihr Blick zu einem Barhocker direkt vor ihr. Er war leer, auf dem rechts davon saß Levy und las in einem dicken, handgeschriebenen Buch, links saß Cana und frönte ihrem geliebten Bier. Mirajane versuchte, sich zu erinnern, ob heute schon jemand auf diesem Hocker gesessen hatte – oder überhaupt jemals mal. War dieser Hocker immer leer gewesen? Irgendwie kam es ihr jetzt so vor, aber das wirkte falsch. Als würde etwas oder jemand fehlen…

„Mira-chaaaan!“

Die Weißhaarige wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Jason vom Magiermagazin mit leuchtenden Augen auf den Tresen zugeeilt kam, wie immer mit Fotoapparat, Notizblock und Stift bewaffnet. Lächelnd wandte Mirajane sich dem Fairy Tail versessenen Reporter zu, um seine Fragen bezüglich der Gildenneuigkeiten zu beantworten – und als Jason sich auf dem zuvor leeren Platz niederließ, fielen alle Gedanken darum in Vergessenheit.
 

- Levy: Das unfertige Buch -

Stirn runzelnd las Levy nun schon zum dritten Mal das Manuskript, welches sie gestern in ihrem Zimmer gefunden hatte. Sie hatte keine Ahnung, woher sie das eigentlich hatte. Es war ihr nur zufällig aufgefallen, als sie auf ihrem überfüllten Schreibtisch etwas ganz anderes gesucht hatte. Dabei hatte es ganz offensichtlich an einem vor Tinte und Wasser sicheren Platz in der Mitte des Tisches gelegen, als hätte sie es mit Bedacht dorthin gelegt. Als hätte man ihr mit diesem Manuskript einen Schatz anvertraut. Nur konnte sie sich gar nicht mehr erinnern, von wem und wann sie dieses Werk erhalten hatte.

Es wirkte ein wenig ungelenk, es gab Passagen, die zu hektisch dahin flossen und dabei mit Details geizten, dann gab es wieder Stellen, die zu bemüht in ihrer Detailverliebtheit wirkten. Sprachlich zeugte es von sehr viel Lektüre, an einigen Stellen war die wörtliche Rede vielleicht zu gestelzt, aber der Wortschatz war vielfältig und passend. Die Charaktere waren liebevoll ausgearbeitet, die Handlung spannend, doch das Ende wirkte merkwürdig lose. Als hätte der Verfasser sich nicht entscheiden können, wie er sein Werk abschließen sollte. Alles in allem ein eindeutiges Erstlingswerk, aber mit sehr viel Potenzial.

Aber warum war es nicht überarbeitet und beendet worden? Und wer hatte es überhaupt geschrieben? Wie war es in Levys Besitz gelangt?

Seufzend ließ Levy von dem Buch ab und rieb sich die Schläfen, ehe sie nach ihrem Tee griff, der schon lange nicht mehr warm war. Um sich von ihren verwirrenden Grübeleien abzulenken, ließ sie den Blick durch die Gilde schweifen. Als sie sah, wie sich Jet und Droy stritten, rutschte sie von ihrem Barhocker, um ihnen Einhalt zu gebieten. Und während sie sich ihren Teamkollegen näherte, geriet das unfertige Buch wieder in Vergessenheit. Als Levy sich in den Streit einmischte und ihn schlichtete, wusste sie schon nicht mehr, dass auf ihrem soeben verlassenen Platz ein Manuskript lag.
 

- Gray und Juvia: Die eingebildete Rivalin -

„Gray-sama, lass’ uns alleine einen Auftrag annehmen!“, schlug Juvia enthusiastisch vor.

„Die, die wir alleine machen könnten, sind viel zu langweilig“, brummte Gray, der schon eine Weile ratlos vor dem Brett mit den Aufträgen stand. „Für die spannenden Aufträge bräuchten wir ein größeres Team.“

„Aber Juvia möchte nicht von ihrer Rivalin in der Liebe gestört… werden.“

Verwirrt blickte Gray auf die Wassermagierin hinunter, die genauso irritiert aussah. „Was für eine Rivalin?“

„Hat Juvia Rivalin gesagt?“

„Ja, hast du. Wer soll das sein?“

Unschlüssig blickte Juvia auf das Auftragsbrett und griff dann ganz langsam, als befände sie sich in einer Trance, nach einem Auftrag, bei dem eine Bunny-Tänzerin gesucht wurde. Irgendetwas klingelte da auch bei Gray.

„Juvia… was für eine Rivalin?“, drängte er.

„Juvia weiß es nicht…“

„Du hast doch nicht etwa Erza oder Wendy gemeint?“, fragte Gray äußerst skeptisch. Erza war wie eine ältere Schwester, Wendy wie eine jüngere. Es war undenkbar, dass Juvia sie als Rivalinnen betrachten könnte, was sie Gray auch gleich mit einem Kopfschütteln bestätigte.

„Juvia…“, begann Gray langsam, doch dann fiel sein Blick auf einmal auf einen verlockend klingenden Auftrag. Er nahm ihn ab und zeigte ihn seiner Kollegin. „Was hältst du davon?“

Sie studierte den Auftrag und blickte dann mit leuchtenden Augen zu ihm auf. „Gray-sama möchte diesen Auftrag mit Juvia zusammen erledigen?“

Gray zuckte mit den Schultern und wich einen Schritt zurück, weil Juvia ihm auf einmal sehr nahe war. „Warum nicht. Brechen wir in einer Stunde auf? Ohne den Feuerfreak können wir ja den Zug nehmen.“

Eifrig nickte Juvia und drehte sich dann schnell um, damit sie, wie sie murmelnd erklärte, alles für das Date einpacken könnte. Nun noch sehr viel verwirrter blickte Gray ihr nach. Ein Date? Hatten sie sich nicht soeben für einen Auftrag verabredet? Wie kam Juvia denn auf ein Date? Manchmal war sie schon seltsam. Wahrscheinlich hatte sie sich diese seltsame Rivalin auch nur eingebildet.
 

- Erza: Die komischen Missionen -

Pantherlilys Schwertkunst war beeindruckend. Ein anderer Stil, als Erza ihn praktizierte, aber geboren aus Notwendigkeiten. Präziser. Schneller. Kräfte sparend. Mit dieser Technik und genug Übung würde der Ekceed seine Nachteile ausgleichen können. Ein würdiges Mitglied von Fairy Tail!

Zufrieden über diese Entwicklung begab Erza sich zu den Aufträgen. Morgen wollte sie wieder mal losziehen. Einige ihrer Schwerter sollten mal wieder zum Schmied und dafür brauchte sie Geld. Ein bisschen mehr zu haben, würde auch nicht schaden, denn vielleicht hatte der Schmied auch gleich ein gutes neues Schwert zur Auswahl.

Als sie ihren Blick über die Missionen schweifen ließ, stutzte Erza. Warum hatte sie denn ganz unten angefangen? Verwirrt blinzelnd richtete sie ihren Blick ans obere Ende der Wand, wo die anspruchsvolleren und dadurch auch besser bezahlten Aufträge hingen. Und wieder wanderte ihr Blick langsam nach unten, während sie die Aufträge geistig aussortierte: Zu gefährlich. Zu langwierig. Zu kämpferisch. Zu dreckig…

Moment! Warum diese Kriterien? Woher kam das? Hatte sie ihre Aufträge immer nach diesen Punkten ausgewählt?

Sicherlich, in letzter Zeit hatte sie einige eher harmlose Aufträge ausgeführt, aber das hatte sie getan, weil sie mit den Anderen zusammen gewesen war. Mit Natsu, Gray, Wendy, den Ekceed und…

Und?

Und?!

Energisch schüttelte Erza den Kopf und griff nach einem Auftrag von ganz oben. Sie brauchte mal wieder etwas Forderndes, das würde ihre Gedanken hoffentlich wieder klären!
 

- Wendy: Der fehlende Geruch -

Frustriert klappte Wendy ihr Buch zu und ließ den Blick schweifen. Aus irgendeinem Grund konnte sie sich nicht konzentrieren. Etwas lenkte sie ab. Es fühlte sich an, als wäre ihre Umgebung aus dem Gleichgewicht geraten. Aber wieso? Es war doch alles wie immer. Das Wettessen zwischen Natsu und Gazille. Die Ekceed. Mirajane an der Theke, von Jason umschwärmt. Cana, die ihr Bierfässchen tätschelte… Alles war wie immer, oder nicht?

Nein. Da fehlte etwas. In all dem Geruchswirrwarr, für das Wendy wie jeder Drachentöter ein besonderes Näschen hatte, fehlte etwas. Aber was?

Verwirrt stand Wendy mit ihrem Buch unterm Arm auf und ging hinüber zu Charly, die sich gerade von Pantherlily abwandte. „Charly, gehen wir nach Hause?“

Die weiße Katzendame nickte zustimmend und sprang von der Bank.

„Charly, willst du den Fisch wirklich nicht?“, fragte Happy hoffnungsvoll. Wendy musste ein Lächeln unterdrücken. Sie wollte sich bei der Angelegenheit nicht einmischen, aber sie fand es schon irgendwie niedlich, wie sehr Happy sich um ihre Freundin bemühte und wie sehr diese versuchte, sich ihre Zuneigung für den blauen Kater nicht anmerken zu lassen.

Kritisch musterte Charly den Fisch, ehe sie ergeben seufzte, als würde sie ein großes Opfer auf sich nehmen. „Also gut, aber der reicht dann auch erst einmal für eine Weile.“

Mit einem Strahlen überreichte Happy den Fisch und verabschiedete sich dann überschwänglich von ihnen. Gemeinsam machten Wendy und Charly sich auf den Heimweg. Aus dem Augenwinkel sah Wendy das Lächeln auf den Lippen ihrer Freundin, aber sie sagte wie immer nichts dazu. Wenn Charly sich dafür bereit fühlte, würde sie Happys Zuneigungsbekundungen erwidern. Dass Happy warten konnte, hatte er mit seiner bisherigen Ausdauer ja bewiesen.

„Du, Charly…“, begann Wendy nachdenklich, als ihr die Sache mit dem Geruch wieder einfiel. Charly gegenüber konnte sie das erwähnen. Sie würde das verstehen. Vielleicht konnte sie sogar helfen. „Ist dir auch etwas in der Gilde aufgefallen?“

„Was genau meinst du?“, fragte Charly aufmerksam.

„Der Geruch war irgendwie… unvollständig. Ich kann es nicht richtig erklären“, gab Wendy verunsichert zu.

„Der Geruch…“, murmelte Charly. „Ich habe nicht so eine gute Nase wie du. Mir ist nichts aufgefallen.“

„Vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet“, versuchte Wendy zurückzurudern. Jetzt war es ihr doch peinlich, das angesprochen zu haben.

„Nein. Du hast so eine feine Nase. Der Nase von euch Drachentötern konnten wir immer vertrauen“, widersprach Charly rigoros. „Wenn da etwas nicht gestimmt hat, dann muss auch irgendetwas sein.“

„Aber was?“

„Ich habe nicht den leisesten Schimmer…“

Wendy schwieg und blickte geknickt zu Boden. Irgendwie hatte sie gehofft, Charly hätte vielleicht eine Antwort. Aber bei so ungenauen Erklärungen brauchte sie sich eigentlich nicht wundern.

Charlys Hand schob sich in ihre Hand und drückte diese tröstend. Erleichtert erwiderte Wendy den Druck, denn sie wusste genau, was er bedeutete: Charly nahm diese Sache ernst, auch wenn sie sich keinen Reim daraus machen konnte. Es war beruhigend für Wendy, damit nicht alleine zu sein!
 

- Gazille: Der abgelenkte Konkurrent -

„Oi, Salamander!“ Grimmig blickte Gazille über seinen großen Stapel leerer Teller hinweg zu Natsu, dessen eigener Stapel mittlerweile eindeutig kleiner war. „Schwächelst du etwa?“

Die Reaktion des Drachentöters war noch sehr viel merkwürdiger als dessen mangelnde Fresslust. Er stand ruckartig auf, murmelte etwas von wegen, er hätte keinen Appetit mehr, und verließ einfach die Gilde.

Verwirrt blickte Gazille ihm hinterher. Was war bloß in diesen Feuerkopf gefahren? Normal war er ja nie gewesen – wohl eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme in diese Gilde hier –, aber gemessen an seinen sonstigen Standards war dieser Auftritt beinahe besorgniserregend. Ob er krank war? Wie konnte ein Drachentöter denn keinen Appetit haben?

Grübelnd schob Gazille sich eine weitere Hühnerkeule in den Mund. Wenn er so darüber nachdachte, dann verhielt Natsu sich schon seit einigen Tagen seltsam. Es war ihm vorher nicht richtig aufgefallen, aber nach dieser Sache stimmte es ihn doch nachdenklich.

„Vielleicht unterbeschäftigt“, murmelte Gazille schließlich, ergriff einen Teller mit einem riesigen Steak und verschlang es im Ganzen, ehe er aufsprang, um sich einen Auftrag zu besorgen.
 

- Happy: Das abgebrannte Haus -

Eigentlich müsste Happy glücklich sein. Charly hatte seinen Fisch angenommen. So oft schon hatte er versucht, ihn ihr zu geben, aber sie hatte immer abgelehnt. Tatsächlich war Happy auch glücklich gewesen, er hatte richtiges Herzklopfen gehabt – bis er gesehen hatte, wie Natsu sein Wettessen mit Gazille unterbrach und die Gilde verließ. Eilig war er seinem besten Freund hinterher geflogen und hatte ihn beim Namen gerufen, aber erst nach dem fünften oder sechsten Mal war Natsu stehen geblieben, um Happy aufholen zu lassen.

Schweigend hatte er sich danach wieder in Bewegung gesetzt und auch jetzt noch schwieg er, während Happy ihm durch Magnolia folgte. Normalerweise verließen sie auf dem Weg nach Hause recht schnell die Straßen, aber jetzt gingen sie am Kanal entlang genau durch die Stadt durch. Happy überlegte, ob er Natsu nach dem Grund für diesen Kurswechsel fragen sollte, aber er hatte das Gefühl, dass er ohnehin keine Antwort bekommen würde.

Ob Natsu gelangweilt war? Aber warum hatte er sich dann keinen lustigen Auftrag ausgesucht? Oder grübelte er mal wieder zu viel über Igneel nach? Dann hätte er sich doch mal wieder auf die Suche nach seinem Ziehvater gemacht, oder nicht? Außerdem wirkte Natsu weder gelangweilt noch wegen Igneel geknickt, sondern eher… verwirrt und… besorgt? Weswegen denn?

Nun wollte Happy doch nachfragen, aber genau in dem Moment blieb Natsu stehen und wandte dem Kanal den Rücken zu, um auf ein niedergebranntes Gebäude blicken zu können. Happy schenkte der Szenerie wenig Beachtung. In einer so großen Stadt wie Magnolia konnte es schon mal passieren, dass ein Haus abbrannte. Ein defekter magischer Herd oder ein aus den Augen gelassener Feuerherd. Nicht schön anzusehen, aber nichts Besonderes.

Und doch sah Natsu die Ruine an, als erwartete er von ihr Antworten auf brennende Fragen. Er ballte mehrmals die Hände zu Fäusten und seine Miene wurde immer angestrengter.

„Natsu…“, begann Happy zögerlich und machte einen Schritt auf seinen Freund zu. Mit dem Fuß stieß er gegen etwas und stolperte.

Natsu ging in die Hocke und half ihm auf. „Alles in-“ Natsu brach jäh ab und griff an Happy vorbei nach dem Ding, welches den Ekceed zu Fall gebracht hatte. Eine halb verbrannte Schreibfeder. Nur ansatzweise war noch zu erkennen, dass sie mal in allen Farben geleuchtet hatte.

„Natsu, was ist damit?“, fragte Happy verwirrt.

„Eine Schreibfeder“, erwiderte Natsu dumpf, obwohl ihm klar sein musste, dass Happy das nicht gemeint hatte, ließ die Feder wieder fallen und machte sich mit großen Schritten auf den Heimweg. Es wirkte beinahe, als wäre er auf der Flucht.

Ratlos blickte Happy ihm hinterher. Natsu hinterher zu eilen, würde nichts bringen, das wusste der blaue Kater instinktiv. Noch einmal betrachtete er das abgebrannte Haus, suchte nach irgendeinem Hinweis für Natsus seltsames Verhalten. Doch letztendlich musste er erfolglos den Heimweg antreten…

Anfall

Schweigend stand Natsu am Eingang zur Gilde und nahm all die Eindrücke in sich auf. Die Gerüche. Die Farben. Das Lärmen. Seine Erinnerung sagte ihm, dass alles wie immer war. Doch dieses Gefühl – dieses bohrende, stechende, hämmernde, quälende Gefühl – verschwand einfach nicht. Etwas war falsch. Jemand fehlte. Diese Person hatte kein Gesicht, keine Stimme, keinen Geruch, aber sie fehlte. Natsu spürte es mittlerweile mit jeder Faser seines Körpers.

„Natsu?“ Happys Stimme klang kläglich, war nur noch eine winzige Nuance von einem Wimmern entfernt. Natsu wusste, dass er seinen kleinen Freund verängstigte, aber dieses Gefühl war zu überwältigend, als dass er es weiterhin ignorieren konnte. Er konnte nicht mehr so tun, als wäre alles in Ordnung.

„Tut mir Leid“, murmelte Natsu und tätschelte sachte den Kopf des Ekceed, wandte den Blick jedoch keine Sekunde lang von dem Bild vor ihm ab. Das Bild der Gilde, turbulent wie eh und je…

Was war das bloß? War er krank? Hatte er Fieber und bildete sich all das nur ein? Oder träumte er womöglich sogar nur? Vielleicht war es nur eine Auswirkung eines magischen Angriffs – aber sein letzter Auftrag mit einer Kampfsituation war schon eine ganze Weile her.

Zähne knirschend ballte er die Hände zu Fäusten. Warum bemerkte es keiner der Anderen? Warum war er alleine mit diesem grauenhaften Gefühl? Wieso konnte keiner sehen, wie falsch das alles hier war?!

Nur langsam, beinahe wie in Trance betrat Natsu das Gebäude, das ihm so vertraut war und nun doch so fremd auf ihn wirkte. Dieses Gebäude, das auf einmal unvollständig war.

„Hey, Natsu!“ Mit ihrem strahlenden Lächeln begrüßte Mirajane ihn, als wäre alles in Ordnung – dabei war rein gar nichts mehr in Ordnung. Natsus gesamte Welt war aus dem Gleichgewicht geraten! „Das Übliche?“

„Kein Hunger“, erwiderte Natsu knapp, die Hände noch immer zu Fäusten geballt. Immer wieder sah er sich um in der irrwitzigen Hoffnung, vielleicht doch einen Hinweis für sein seltsames Gefühl zu finden. Immer noch vergeblich.

Seine Antwort brachte Mirajane tatsächlich aus dem Tritt. Sie blickte ihn an, wie sie Natsus Meinung nach sowieso drein sehen müsste: Als stünden sie kurz vor einem gähnenden Abgrund! Auch einige der Anderen hatten es gehört. Cana hatte den Blick von ihrem Bierkrug erhoben und wirkte auf einmal wieder stocknüchtern. Gazille schien das Essen im Halse stecken geblieben zu sein und Reedus stieß einen seiner magischen Farbtöpfe um.

„Kein Hunger?“, echote Mirajane und nun trat ein beinahe flehender Ausdruck in ihre Augen, als würde sie hoffen, dass er sie nur veralbern wollte. „Ach… du hast wahrscheinlich schon gegessen und willst einen Auftrag abholen, oder? Du warst schon länger nicht mehr weg und ich habe-“

„Nein!“, unterbrach Natsu sie ruppig. „Kein Auftrag!“

„Oi Natsu!“, schaltete sich nun auch Gray ein, die Stirn gerunzelt. Er schien tatsächlich besorgt zu sein. „Was ist denn mit dir los? Du verhältst dich schon eine Weile merkwürdig!“

„Ich verhalte mich merkwürdig…“, wiederholte Natsu gedehnt und ließ den Blick schweifen. Mittlerweile beobachtete ihn die halbe Gilde. Erza trat neben Gray, ganz offensichtlich ebenfalls besorgt. Laxus beugte sich über die Brüstung des Bereichs der S-Klasse-Magier, auf dem Gesicht ein Ausdruck purer Verwirrung.

„Seht ihr es denn nicht?!“, platzte es aus Natsu heraus und machte eine hektische Geste, die die gesamte Gilde einschloss. „Seid ihr alle blind?!“

„Natsu, jetzt beruhige dich doch erst einmal-“, begann Levy, stockte jedoch, als Gazille ihr eine Hand auf die Schulter legte. Kritisch musterte der Metall-Drachentöter Natsu einige Sekunden, bis er aufgekaut hatte, dann stand er auf und trat direkt vor ihn.

„Was ist los mit dir, Salamander? Was sollen wir nicht sehen?“

„Die Person!“, schrie Natsu, nunmehr der Mittelpunkt der ungeteilten Gildenaufmerksamkeit. „Sie fehlt! Sie sollte hier bei uns sitzen! Wir sollten ihre Stimme hören und sie riechen können! Aber. Sie. Ist. Nicht. Da!!!“

„Hier fehlt niemand“, erwiderte Gazille achtlos.

Natsu hatte mit aller Macht versucht, dagegen anzukämpfen, aber diese Ignoranz war zu viel für ihn. Ehe er noch mal darüber nachdenken konnte, wie aberwitzig sein Verhalten doch war und dass hier doch einer seiner Kameraden vor ihm stand, holte er bereits Luft und hätte Gazille wohl tatsächlich angegriffen, wenn er nicht von hinten von einem harten Schlag getroffen worden wäre.

Sein Feuer erlosch wieder und er torkelte nach vorn in Gazilles kampfbereit gehobene Arme. Sein Blickfeld verschwamm, doch als er in sich zusammen sackte und sich dabei drehte, konnte er noch Meister Makarov erkennen, dessen Hand gerade wieder auf Normalgröße schrumpfte.

„Sie ist nicht da“, lallte Natsu benommen. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

Hilferuf

In der Gilde herrschte gedrückte Stimmung. Seit Natsus Anfall – Ausraster, Zusammenbruch oder wie auch immer man es nennen sollte – waren drei Tage vergangen. Polyushka und Wendy hatten den Feuer-Drachentöter mit allen ihnen bekannten Mitteln untersucht und mit Levys Hilfe sogar unzählige alte Medizinbücher konsultiert. Ohne Ergebnis. Seit drei Tagen lag Natsu auf dem Krankenlager, gefangen in einer Art Fieberwahn. Meistens war er bewusstlos und wälzte sich dabei unruhig strampelnd und murmelnd auf seinem Bett herum. Wenn er mal wach wurde, fragte er immer, wo ‚sie’ war. Nie nannte er einen Namen. Nie konnte er es erklären. Doch er fragte jedes Mal aufs Neue nach dieser Person, auf deren Fehlen er vor drei Tagen lautstark hingewiesen hatte.

Keiner konnte sich einen Reim daraus machen, wen er meinen könnte. Niemandem war je etwas aufgefallen. Nur eine zunehmende Verdüsterung von Natsus Laune war ihnen allen – und besonders dem armen Happy – in den letzten Wochen aufgefallen.

War Natsu Opfer einer perfiden, langsam wirkenden Magie geworden? War das womöglich eine Spätfolge eines seiner ungezählten Kämpfe? Oder war er wirklich einfach nur krank? Doch wieso gab es dann keinerlei klare Diagnose durch Wendy und Polyushka, zwei ausgesprochen versierte Heilmagier, womöglich sogar die besten, die man in ganz Fiore finden konnte?

Fieberhaft ging Mirajane die Aufzeichnungen von Natsus letzten Aufträgen durch, doch nirgends konnte sie einen Hinweis entdecken, der vielleicht bei der Lösung dieses Rätsels weiter geholfen hätte.

Gray und Erza saßen brütend an einem Tisch. Seit dem Zusammenbruch ihres Teamkollegens hatten sie kaum gesprochen, geschweige denn gegessen. Die ganze Zeit wachten sie hier und sahen hin und wieder im Raum hinter der Theke nach, wo Natsu untergebracht worden war.

Manchmal saß Happy bei ihnen, meistens harrte er jedoch an Natsus Lager aus. Unter Tränen hatte er ihnen von allem erzählt, was ihm in letzter Zeit aufgefallen war. Von dem abgebrannten Haus und der Schreibfeder und von Natsus unruhigem Schlaf. Makarov hatte besagtes Haus gemeinsam mit einigen anderen Gildenmitgliedern untersucht, wieder vergeblich.

Seufzend verließ Wendy den Krankenraum und gesellte sich zu Erza und Gray. Sie wusste genau, was die Beiden beschäftigte, denn ihr ging es nicht anders: Warum war ihnen nichts aufgefallen? Sie hatten von allen Gildenmitgliedern am meisten Zeit mit ihm verbracht. Wie hatte ihnen entgehen können, wie schlimm es um den Drachentöter stand?

„Immer noch nichts gefunden“, gestand sie kleinlaut.

Besänftigend klopfte Erza ihr auf die Schulter, sagte jedoch nichts. Worte waren in dieser Situation fehl am Platz. Irgendwie waren sie sich da einig. Als würden sie es spüren. Dabei waren sie doch so unterschiedlich.

„Hey, Fairy Tail!“ Überrascht blickten alle zum Eingang, wo Sting, Rogue und Yukino von Säbelzahn standen. Ihnen war die Verwirrung über den Anblick, der sich ihnen bot, nur zu deutlich anzusehen.

„Da sind wir schon mal bei Fairy Tail und dann ist hier tote Hose“, stellte Lector missbilligend fest. „Eine Enttäuschung!“

„Frosch denkt das auch“, meldete sich der zweite Ekceed der Säbelzahn-Gilde zu Wort

Sting bedeutete seinem Partner, ruhig zu sein, und ging dann mit großen Schritten auf Makarov zu, der auf seinem Lieblingsplatz neben der Theke saß und bis eben noch mit finsterer Miene gegrübelt hatte.

„Meister Makarov, was ist hier los?“

„Natsu ist… krank… oder was auch immer das zu bedeuten hat“, erklärte Makarov düster.

„Krank?“, wiederholte Rogue verblüfft. „Ist er ansprechbar? Wir sind nämlich seinetwegen hier.“

„Nicht wirklich. Er hat nicht auf unsere Beruhigungsversuche reagiert und spricht auch nicht auf irgendwelche Medikamente oder Behandlungen an. Die meiste Zeit schläft er“, schilderte Wendy, die genau wie Gray und Erza aufgestanden war, um das Gespräch der Gildenmeister mitverfolgen zu können.

Verwirrt kratzte Sting sich am Hinterkopf. „Ich habe noch nie von einem Drachentöter gehört, der krank wird, von dem Problem mit den Fahrzeugen mal abgesehen. Ich dachte immer, wir seien gegen so etwas immun.“

„Dachte ich auch“, seufzte Wendy geknickt.

„Wieso seit ihr Natsus wegen hier?“, wechselte Makarov das Thema.

„Das ist eine längere Geschichte, aber im Kurzen könnte man sagen, dass wir geschickt wurden“, antwortete Sting, nun wieder mit zugleich ernster und verwirrter Miene.

„Vorgestern ist eine junge Frau in unserer Gilde aufgetaucht, blond, etwa so groß“, fuhr Rogue fort und deutete seine Brusthöhe an. „Sie wirkte ganz schön abgerissen, als wäre sie durch die Wildnis gerannt. Verletzt war sie auch. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, aber sie wollte nicht, dass wir uns um ihre Wunden kümmern. Sie hat Yukino gepackt und sie angefleht, ihr zu helfen.“

„Sie schien auf der Flucht zu sein und hatte wohl schon einiges durchgemacht“, übernahm Yukino den Gesprächsfaden. „Sie hat immer wieder gesagt, sie sei gelöscht worden und wir sollten sie zu euch bringen, damit ihr euch erinnert. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen und habe versucht, sie zu beruhigen.“

„Und dann sind auch schon einige Heilmagier aufgetaucht. Sie haben die Fremde betäubt und sich bei uns entschuldigt. Sie sei aus einer Nervenheilanstalt für magische Psycheschäden entlaufen. Wir haben sie ziehen lassen“, beendete Sting die Geschichte.

„So etwas kann leider vorkommen, deshalb gibt es ja solche Anstalten“, bestätigte Wendy das Erzählte, doch ihr war anzusehen, dass sie nicht an einen Zufall glaubte. Erst brach Natsu zusammen und redete von einer fehlenden Person, an die sich keiner erinnern konnte, und dann erzählten Sting und Rogue diese Geschichte von einer Person, die sich Fairy Tail ins Gedächtnis rufen wollte.

„Könnt ihr uns zu dieser Heilanstalt bringen?“, fragte Erza, die zum selben Schluss wie ihre Teamkollegin gekommen war.

„Leider wird das nichts bringen“, gestand Sting angemessen schuldbewusst. „Wir haben dem Ganzen zuerst nicht viel Beachtung geschenkt, weil es solche Fälle ja schon ein paar Mal in unserer Stadt gegeben hat. Erst als Yukino den Schlüssel in ihrer Tasche bemerkt hat, wurden wir stutzig.“

Die Stellargeistmagierin zog einen silbernen Schlüssel mit dem Emblem einer kleinen, blauen, annähernd menschenähnlichen Figur aus ihrer Tasche. „Sie muss ihn mir zugesteckt haben, als sie sich an mich geklammert hat. Zuerst habe ich geglaubt, er wäre vielleicht Diebesgut, also habe ich den Stellargeist gerufen, um ihn zu fragen, wem er gehört. Leider kann er nicht sprechen, aber ich habe ihn gut genug verstanden, um herauszufinden, dass das Mädchen seine rechtmäßige Partnerin ist.“

„Eigentlich sind magische Artefakte in solchen Heilanstalten verboten, daher wurden wir misstrauisch und haben sie aufgesucht, um das Mädchen noch mal zu befragen. Doch dort wusste niemand etwas von diesem Mädchen und auch die von uns beschriebenen Heilmagier, die sie bei uns abgeholt hatten, konnten wir dort nirgendwo entdecken. Nicht einmal ihre Gerüche konnten wir dort wahrnehmen. Spätestens da war uns klar, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, also sind wir hierher gekommen.“

Nachdenklich nickte Makarov mehrmals, ehe er sich etwas vorbeugte und Yukino noch genauer in Augenschein nahm. „Könntest du uns diesen Stellargeist zeigen?“

„Ja, aber soweit ich ihn verstanden habe, will er, dass ich euch den Schlüssel danach gebe. Er will hier bei Fairy Tail bleiben, wo er seiner Meinung nach hingehört.“

„Dabei habt Ihr doch keinen Stellargeistmagier in Eurer Gilde, oder, Meister Makarov?“, warf Sting ein.

„Weder heute noch in der Vergangenheit“, bestätigte Makarov und beobachtete aufmerksam, wie Yukino den Schlüssel zog und das Tor des Hundes öffnete. Eine kleine, hellblaue Rauchwolke quoll von der Stelle auf, auf die Yukino mit dem Schlüssel gedeutet hatte, und dann erschien eine kleine Gestalt, gerade einmal auf Augenhöhe mit einem Ekceed, mit hellblauem, ansatzweise hundeähnlichen Körper und einer Nase, die an eine Mohrrübe erinnerte. Als der Stellargeist die Fairy Tail Magier erkannte, sprang er auf die Hinterbeine und streckte mit einem hektischen „PLU!“ die Pfoten nach ihnen aus, als würde es sie anflehen wollen.

„Plue!“ Alle fuhren herum, als sie Natsus Stimme vernahmen. Der Drachentöter sah geschwächt aus, aber in seine Augen war eine von Grauen erfüllte Klarheit getreten, als hätte Natsu sich an etwas sehr Wichtiges erinnert.

Mit wenigen Schritten war Natsu bei ihnen und vor dem Wesen namens Plue zu Boden gegangen, um es in seine Arme zu ziehen. „Du bist Plue! Du bist Lucys Stellargeist! Du und Loki und Taurus und all die Anderen… Lucy… Wir haben Lucy vergessen!“

„Natsu, wer ist Lu-“ Gray brach ab, die Augen vor Schock geweitet, denn Natsu, der Plue noch immer an sich drückte und dabei immer wieder den Namen Lucy murmelte – Natsu, der Unbezwingbare, der nie aufgab, nie verzagte, sich nie erschüttern ließ –, weinte.

Und auch wenn keiner von ihnen verstand, was nun eigentlich hinter all dem steckte, so war ihnen doch klar, dass Natsu sich nun endlich an diese fehlende Person erinnern konnte. Doch warum nur er? Was war mit ihnen allen geschehen…?

Unbezwingbar

Blauer Himmel. Gelbe Sonne. Grünes Gras.

Der Geruch von frischem Pergament. Der Staub von alten Büchern. Der Duft herrlichen Essens.

Das Rauschen des Flusses. Das dröhnende Lachen einer gesamten Gilde.

Wie lange war es her, dass sie all das gesehen, gerochen und gehört hatte? Wochen? Oder sogar Monate? Wann hatte sie es zu Säbelzahn geschafft? Wie viele Tage waren seitdem verstrichen?

Ein schwaches Seufzen kam über Lucys Lippen, als ihr klar wurde, dass sie schon vor langer Zeit aufgehört hatte, die Tage ihrer Gefangenschaft und Folter zu zählen. Sie hatte jedwedes Zeitgefühl verloren. Jede Sekunde in diesem Kerker hier kam ihr wie eine Ewigkeit vor.

Dabei hatte alles ganz harmlos angefangen. Guter Dinge war sie einen Tag nach ihrem Geburtstag für einen Auftrag aufgebrochen. Sie hatte ihn alleine erledigen wollen. Es war ja keine große Sache gewesen. Dafür hätte sie nicht einmal eine Nacht außerhalb von Magnolia verbringen müssen.

Doch noch auf der Zugfahrt in die Nachbarstadt war sie betäubt worden. Vage erinnerte sie sich daran, wie sie ein Huschen hinter sich wahrgenommen hatte, dann das kribbelnde Gefühl, das sie verspürte, wenn jemand Magie wirkte – und dann hatte eine bleierne Müdigkeit sie ergriffen und sie war vornüber gesackt.

Als sie wieder zu sich gekommen war, hatte sie sich genau dort befunden, wo sie auch jetzt war: In der Mitte eines steril weißen Raumes an den Handgelenken an Ketten hängend.

Ein alter Mann war damals bei ihrem ersten Erwachen in diesem Raum aufgetaucht und hatte ihr von seinen großen Plänen erzählt. Pläne, die sie nicht im Mindesten verstanden hatte. Nur zwei Dinge hatte sie damals begriffen: Er wollte an ihren Stellargeistern herumexperimentieren und er hatte die Erinnerungen ihrer Freunde an sie mit Hilfe seiner Magie gelöscht. Eine ähnliche Magie, wie Doranbolt von der Wache des Rates sie verwendet hatte, um sich unter dem Namen Mest bei Fairy Tail einzuschleichen. Nur dass dieser Mann damit lediglich die Erinnerungen an etwas ganz Bestimmtes löschen konnte.

Lucy hatte sich geweigert, bei diesen Experimenten mit zu machen. Weder Versprechungen noch Folter hatten sie dazu bringen können. Ihre Stellargeister waren ihre Freunde, ihre Gefährten. Mit ihnen hatte sie schon so vieles erlebt, sie hatten ihr schon so oft geholfen. Niemals könnte Lucy sie derartig hintergehen. Loki hatte einschreiten wollen, aber Lucy hatte das Tor des Löwen mit Gewalt wieder geschlossen, um ihn zu schützen.

Seit damals hatte sie es nur ein einziges Mal hier heraus geschafft, als es ihr gelungen war, ihren Gefängniswärtern eine tiefe Ohnmacht vorzugaukeln. Man hatte sie heraus getragen und in diesem Moment hatte sie die Chance ergriffen und war geflohen. In die nächste Stadt, wo sie nach der nächsten Gilde gefragt hatte. Ihr war ein Stein vom Herzen gefallen, als sie erfahren hatte, dass es sich bei der Gilde um Säbelzahn handelte. Denn Blue Pegasus oder Lamia Scale hätte sie es nicht so eindringlich begreiflich machen können wie Säbelzahn. Immerhin hatte Säbelzahn mit Yukino auch eine Stellargeistmagierin. Ihr hatte sie Plue anvertrauen können. Ihre einzige Chance, die magische Löschung aufzuheben und Natsu und die Anderen zu erreichen...

Seit dem Fluchtversuch waren Lucys Haftbedingungen sogar noch mehr verschärft worden. Sie bekam weniger Nahrung und Wasser und wurde härter denn je gefoltert. Ihre Peiniger verloren die Geduld. Daraus schloss Lucy, dass schon sehr viel Zeit vergangen sein mochte – und so sehr jeder weitere Tag sie auch körperlich schwächte, so sehr wuchs ihre Hoffnung auf Rettung jeden Tag ein Stückchen mehr.

Magische Löschung hin oder her, sie glaubte nicht daran, dass Natsu und die Anderen sie vollständig vergessen hatten! Zu viel hatten sie gemeinsam erlebt, zu viel miteinander geteilt. Das waren nicht einfach nur Erinnerungen. Das waren tiefe, feste Gefühle. Zwischen den Mitgliedern von Fairy Tail gab es eine Verbundenheit, an deren Scheitern Lucy nie im Leben glauben könnte. Wenn sie an dieser Verbundenheit zweifeln würde, dann hätte sie nichts mehr, was sie jetzt noch am Leben erhalten würde.

Die Tür wurde mit einem leisen Quietschen geöffnet und dann hörte Lucy die schlurfenden Schritte ihres Peinigers. Nicht einmal seinen Namen kannte sie. Weder wusste sie, woher er kam, noch was er eigentlich vorhatte. Er schwafelte immer wieder von einer Entdeckung, die angeblich das Bild der Magie revolutionieren sollte. Ob er ganz klar im Kopf war? Es war schwer zu sagen. Seine Pläne klangen wahnwitzig, aber wenn er mal alle Gewalt beiseite ließ und auf andere Weise versuchte, Lucy zur Aufgabe zu zwingen, fühlte sie sich oft mehr in Bedrängnis als durch Schmerzen.

„Du hast wohl gehofft, wenn du ihnen etwas vorstammelst, würden die Mitglieder von Säbelzahn nach Magnolia gehen, nicht wahr?“, schnarrte die rheumatische Stimme des Alten in Lucys Ohren.

Die Schritte hielten inne. Allein schon der faulige Geruch, der ihr in die Nase stieg, verriet Lucy, dass er direkt vor ihr stand. Doch sie hielt den Blick gesenkt. Selbst den Kopf zu heben erschien ihr im Moment als Mammutaufgabe.

„Aber das sind sie nicht“, höhnte er weiter. „Sie haben dich für eine Irre gehalten und inzwischen denken sie überhaupt nicht mehr an diesen Vorfall mit dir. Keiner kennt dich mehr. Nicht einmal deine eigenen Eltern würden sich an dich erinnern, wenn sie noch leben würden.“

Der weiße Boden zu ihren Füßen schien auf einmal zu flimmern. Das Pochen in ihrem Kopf nahm zu und gleichzeitig verkrampfte sich ihr Herz beim Gedanken an ihre Eltern. Viel zu wenig gute Zeit hatte sie mit ihnen gehabt.

„Auch deine sogenannten Freunde erinnern sich nicht an dich“, fuhr der Greis fort. „Du bist hier vollkommen alleine. Keiner wird dich finden. Du wirst nicht einmal vermisst! Aber wenn du endlich aufgibst, wird sich das ändern. Dann lasse ich dich zurück zu deiner Gilde und sie werden sich wieder an dich erinnern. Lediglich deine Erinnerungen an mich und alle Erinnerungen an deine Stellargeister werde ich löschen. Ein kleiner Preis, findest du nicht?“

Jetzt erst sammelte Lucy ihre Kräfte und hob den Blick. Der verhutzelte Mann schien für einen Moment dem Irrglauben anheim zu fallen, sie würde endlich tun, was er verlangte. Ein gieriges Leuchten war hinter seinen dicken Brillengläsern zu erkennen und die knorrige Hand schloss sich so fest um den Gehstock, dass sie zitterte.

Doch dann nahm er Blickkontakt mit Lucy auf und das sagte ihm alles, was er für heute wissen musste. Nichts desto trotz sprach Lucy das Offensichtliche aus: „Ich glaube weiterhin an meine Freunde! Sie werden mich finden und befreien! Ihre Magie ist machtlos gegen das, was die Mitglieder von Fairy Tail verbindet!“

„Närrin!“, giftete der Mann und Speicheltropfen flogen Lucy ins Gesicht. Die Wut verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Mehrmals schlug er ihr mit dem Gehstock in den Bauch. Bei jedem Schlag beschimpfte er sie weiter.

Er hörte erst auf, als sie Blut spuckte. Keuchend trat er zurück, drehte sich um und ging zur Tür des sterilen Verlieses. An der Tür blickte er voller Abscheu zu ihr zurück. „Dass ausgerechnet jemand wie du mit solch einem Schatz gesegnet worden ist! Eine lausige Magierin und dumm noch dazu. Du verdienst die Stellargeister nicht!“

„Vielleicht bin ich eine lausige Magierin“, gab Lucy müde zu und senkte den Blick wieder. Blutstropfen waren zu ihren Füßen zu erkennen. Jeder Atemzug fiel ihr schwer, dennoch sprach sie weiter. „Ich bin nicht so stark wie Natsu oder so geschickt wie Wendy… Aber ich stehe nicht hinter ihnen zurück, wenn es um meine Freunde geht! Und genau das verdienen Stellargeister. Sie sind Freunde und ich werde sie niemals ausliefern. Lieber… sterbe ich…“

„Wenn du so weiter machst, wird es bald dazu kommen“, zischte der Alte, dann erklang wieder das Quietschen der Tür und Lucy war erneut alleine in ihrem Gefängnis.

Müde schloss Lucy die Augen. So fehlgeleitet er auch war, in einer Sache hatte er Recht: Sie hatte nicht mehr viel Zeit. Sie konnte selbst spüren, wie ihre Kräfte versagten. Sie war unterernährt, bekam gerade einmal genug Wasser, damit sie überlebte, und litt unter gefährlichem Schlafmangel. Ganz zu schweigen von all den Verletzungen, die man ihr hier zugefügt hatte. Vielleicht hatte sie nur noch Tage, höchstens Wochen.

Wenn Natsu und die Anderen nicht bald hier auftauchten, würde sie sterben.

Falls sie nicht auftauchten!

Erinnerungsfetzen

-Erster Tag: Die Rede-

Makarov räusperte sich und ließ den Blick über die Mitglieder seiner Gilde schweifen. Seine Schützlinge. Seine Kinder. Die Erinnerung sagte ihm, dass sie bis auf Gildartz vollzählig waren. Sogar Laxus und seine Gruppe des Donnergottes waren zugegen. Aber zu wissen, dass da noch jemand sein sollte und dass dieser jemand mittels Magie aus ihrer aller Erinnerung gelöscht worden war, war eine sehr bittere Pille für den Gildenmeister.

Wie hatte ihm nach allem, was er bereits erlebt und gelernt hatte, so etwas passieren können? Wer hatte ihn eines seiner Kinder vergessen lassen können? Würde er sich jemals wieder an sie erinnern? Diese Fragen fraßen sich regelrecht in ihn hinein, seit er gestern erfahren hatte, was es mit Natsus Verhalten auf sich hatte.

Natsu… Makarov ließ den Blick zum Feuer-Drachentöter wandern, der in einer dunklen Ecke alleine saß und den Blick auf den Schlüssel des Hundes gesenkt hielt. Noch immer wirkte er geschockt, auch wenn er nicht mehr weinte. Er hatte sich gestern noch untersuchen lassen und Wendy und Polyushka hatten keinerlei Anzeichen für eine Erkrankung feststellen können. Seitdem war er nicht mehr verpflichtet, im Krankenlager zu bleiben.

Dennoch hatte er in der Gilde übernachtet, hatte hier vor sich hin gegrübelt und dabei niemals den Schlüssel losgelassen, welchen Yukino ihm nach der einstimmigen Entscheidung der anderen Anwesenden überlassen hatte.

Während Makarov den Jungen beobachtete, hob dieser den Schlüssel an seine Nase und atmete dessen Geruch mit geschlossenen Augen ein. Für einen Moment grub sich ein Schmerz in Natsus Gesichtszüge, wie Makarov es noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Nicht einmal Lisannas scheinbarer Tod hatte solch einen Schmerz verursacht. Im nächsten Augenblick glättete sich die Miene des Magiers wieder und er lehnte sich zurück, tiefer in den Schatten, den Blick aber immer noch auf den Schlüssel gesenkt.

Tief holte Makarov Luft und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Rest der Gilde. Einige wussten bereits Bescheid, andere hatten Gerüchte gehört, wieder andere waren vollkommen ahnungslos. Lange hatte Makarov überlegt, ob und wie er ihnen von dem erzählen sollte, was er gestern erfahren hatte. Würde es helfen, wenn sie davon wussten? Konnte das zur Rettung ihres Kameraden beitragen, über dessen Verbleib sie keinerlei Hinweise hatten?

Letztendlich hatte er entschieden, dass sie alle ein Recht darauf hatten. Diese Lucy war ihre Kameradin. Sie alle waren von dieser Magie betroffen. Sie alle hatten Erinnerungen an ein Familienmitglied verloren. Es war nicht richtig, so etwas Wichtiges vor ihnen zu verschweigen. Insbesondere dann nicht, wenn sie Lucy finden wollten!

Makarov räusperte sich erneut und erhob endlich das Wort. Kurz und bündig schilderte er ihnen, was sie gestern von den Mitgliedern von Säbelzahn erfahren hatten. Dabei deutete er auf Sting, Rogue und Yukino, die neben ihm am Tresen saßen. Mochten sie anfangs nur verwirrt ob dieser seltsamen Geschichte gewesen sein, jetzt waren ihre Mienen todernst.

„Wir wissen immer noch nicht, was genau geschehen ist. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, wer Lucy gefangen hat und wo er sie festhält. Wir wissen nicht einmal, wann genau Lucy verschwunden ist.“

„Doch!“

Alle drehten sich zu Natsu um. Er hatte sich erhoben und in seinen Augen lag ein Lodern, das beinahe manisch war. Wut lag darin. Wut auf Lucys Entführer oder auf die Gildenmitglieder, die sich noch immer nicht an Lucy erinnern konnten? Makarov befürchtete Beides.

„Vor einem Monat war ihr Geburtstag. Wir haben ihn hier mit ihr gefeiert. Jeder von euch hat sich eine Überraschung für sie ausgedacht. Wir haben mit ihr zusammen gesungen, getanzt und gelacht.“

Aus den Augenwinkeln konnte Makarov das vielfältige Gefühlsspektrum in den Mienen seiner Schützlinge erkennen. Einige wirkten schuldbewusst und beschämt, andere einfach nur verwirrt. Aber keiner wagte es, Natsu zu unterbrechen. Es hatte sich schon herum gesprochen, dass Natsu vor einigen Tagen beinahe Gildenmitglieder angegriffen hätte, weil ihnen nicht aufgefallen war, dass jemand fehlte.

„Am Tag nach ihrem Geburtstag ist Lucy zu einem Auftrag aufgebrochen. Sie hat Levy ihr erstes fertiges Buch gegeben und dann ist sie gegangen. Ich wollte eigentlich mitgehen, aber sie wollte das nicht. Und dann… war sie weg…“

Makarov spürte ein Zögern bei Natsu. Irgendetwas an dieser Geschichte schien Natsu schwer zu bedrücken. Ob Natsu sich die Schuld für Lucys Verschwinden gab? Glaubte er, er hätte all das verhindern können, wenn er mit Lucy mitgegangen wäre? Wie viele Selbstvorwürfe quälten ihn jetzt wohl? Der Anblick stach Makarov ins Herz.

Drückendes Schweigen senkte sich auf die Gilde. Natsu ließ den Blick schweifen, doch alle mieden den Augenkontakt mit ihm. Schließlich gab er ein verächtliches Schnauben von sich und verließ mit langen Schritten die Gilde. Als er die schweren Tore hinter sich zuschlug, zuckten einige zusammen, doch noch immer sagte keiner ein Wort.

Es kam Makarov wie eine Ewigkeit vor, ehe er es endlich schaffte, den Kloß in seiner Kehle runter zu schlucken. „Wie gesagt: Es gibt keine Anhaltspunkte über Lucys Entführung, aber es steht fest, dass sie existiert. Womöglich können wir alle uns wieder erinnern, wenn wir Lucy finden. Ob es schon vorher eine Möglichkeit dazu gibt, wie es bei Natsu der Fall war, weiß ich nicht, aber wir sollten keine Zeit darauf verschwenden, danach zu suchen. Stattdessen will ich, dass ihr alle – jeder nach seinen Fähigkeiten – bei der Suche nach Lucy helft. Geht in alle Städte von Fiore, haltet Augen und Ohren offen, sucht nach Hinweisen über Erinnerungsmagie und über Personen, die wie Lucy aussehen. Morgen brecht ihr auf, bis dahin bereite ich mit einigen anderen eine detaillierte Beschreibung von Lucy vor. Dank unseren Freunden von Säbelzahn wissen wir, wie sie aussieht.“

Sting und Rogue erwiderten Makarovs dankbares Nicken. „Auch wir werden euch helfen. Ihr habt damals Säbelzahn auf einen neuen Weg geholfen, da ist das das Mindeste“, erklärte Rogue, wofür Makarov ihm ein weiteres dankbares Nicken schenkte, ehe er sich wieder an seine Gilde wandte.

Viele wirkten jetzt entschlossen, anderen stand immer noch die Schuld ins Gesicht geschrieben. Wahrscheinlich würde das selbst dann noch so bleiben, wenn Lucy wieder bei ihnen war. Einen Kameraden vergessen zu haben – Magie hin oder her – war selbst für Makarov eine bislang unerkannt große Schande.

„Lucy gehört zu unserer Gilde. Sie ist unsere Kameradin, unser Familienmitglied… Und wir lassen keine Familienmitglieder im Stich!“

Für Makarov fühlten sich diese Worte wie ein Befreiungsschlag an – als würde er sich damit ganz offiziell gegen diesen fremden Zauber stemmen – und es ging nicht nur ihm so: Die gesamte Gilde brach ihn zustimmendes Gebrüll aus. Keiner von ihnen würde die Hände in den Schoß legen. Gemeinsam würden sie Lucy finden und diese dumme Magie besiegen!
 

-Zweiter Tag: Das Buch-

„Vater ist bereits informiert. Er meinte, er würde mal seine Kontakte abtasten“, erklärte Cana mit einem Seufzen und ließ sich neben Mirajane nieder, die eine Liste anfertigte. Vor seiner Abreise sollte jeder sich bei Mirajane melden, einen Kommunikationslacrima und eine Beschreibung von Lucy in Empfang nehmen und sagen, wo und wie er nach Hinweisen suchen wollte. Sie wollten den Überblick über diese Suche behalten.

Zudem wollte Makarov, wenn alle anderen Gildenmitglieder aufgebrochen waren, Kontakt zu Lamia Scale und Blue Pegasus aufnehmen, um sie um Hilfe zu bitten. Auch Sting und Rogue würden ihre Gilde dann auf die Suche nach Lucy schicken. Sie waren eine besonders große Hilfe, da ja noch mehr Mitglieder von Säbelzahn dabei gewesen waren, als Lucy dort aufgetaucht war, und sich daher daran erinnern konnten, wie genau sie aussah.

Zu Mirajanes anderer Seite saß Levy, welche die Beschreibung von Lucy mit einem Runenzauber vervielfältigte. Sie wirkte seltsam fahrig und wischte sich immer wieder über die Augen. Die ganze Sache schien ihr besonders nahe zu gehen.

„Levy, ich denke, wir haben genug“, sagte Cana behutsam und langte um Mirajane herum, um eine Hand auf die Schulter der Kleineren zu legen.

Erschrocken zuckte Levy zusammen, blickte auf, nickte hastig und sprang dann auf. Ihr Zauber unterbrach sich mitten in der Herstellung einer weiteren Beschreibung, aber es waren ohnehin schon so viele, dass es wahrscheinlich auch für die anderen Gilden reichen würde.

„Ich denke, ich gehe raus an die frische Luft“, erklärte Levy mit einem unüberhörbaren Zittern in der Stimme.

Besorgt blickten Cana und Mirajane ihr hinterher, ehe sie einander ansahen. Wortlos nickte Cana und stand ebenfalls auf, um ihrer Freundin folgen zu können. Unter den Bäumen neben dem Gildengebäude fand sie Levy. Sie hatte sich zusammen gekauert und hielt etwas an ihre Brust gedrückt. Die Tränen rannen in Strömen über ihre Wangen.

„Was-?“, setzte Cana an, verstummte jedoch, als ihr Blick auf das fiel, was Levy an sich klammerte. Ein Buch mit schlichtem braunen Einband, wohl ursprünglich ein Notizbuch. Es schien handbeschrieben zu sein und unter dem Titel stand der Name der Verfasserin: Lucy Heartfilia.
 

-Dritter Tag: Der Geruch-

Nie zuvor war die Gilde so leer gewesen. Eine bedrückende Leere. Sie schien durch Wendys Körper ins Herz zu sickern und dessen Schläge zu erschweren. Bleiern lastete sie auf ihren schmalen Schultern.

Zusammen gekauert saß sie auf ihrem Barhocker und ließ den Blick stumpfsinnig durch die verwaiste Halle wandern. Seit sie von Lucy erfahren hatte, hatte sie mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Diese Lucy war ihre Kameradin, ihre Freundin. Magie hin oder her, so etwas zu vergessen, kam Wendy unverzeihlich vor.

Umso mehr wünschte sie sich, Lucy zurückholen zu können, aber sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie sie finden sollte. Beinahe alle Gildenmitglieder hatten sich bereits auf die Suche gemacht. Auch Gray und Erza waren aufgebrochen, um ihre Kontakte anzuzapfen. Nur Wendy war hier geblieben. Makarov hatte es befohlen, weil er wollte, dass sie mit Polyushka in der alten Gildenbibliothek nach Hinweisen über solch eine Magie suchte. Also war Wendy neben Mirajane und Cana, welche die Suchenden koordinierten, und Natsu die Einzige, die zurück geblieben war.

Mirajane und Cana wollte sie nicht stören und Natsu… Nicht einmal Happy traute sich noch, sich ihm zu nähern. Es war, als würde eine Wolke aus Wut um ihn herum wabern – und obwohl diese Wut eher gegen ihn selbst gerichtet zu sein schien, schreckte sie auch Andere ab. Anders konnte Wendy es nicht beschreiben.

Ob Lucy diese Wolke durchbrechen könnte? Wäre sie in der Lage, Natsu wieder zur Besinnung zu bringen? Was für eine Beziehung existierte wohl zwischen Natsu und Lucy? War sie derart intensiv, dass Natsus Gefühle für Lucy die Erinnerungsmagie hatten brechen können? Oder hatte das andere Gründe?

Wie Lucy wohl roch? Wendy schloss die Augen und versuchte zum wiederholten Male, sich wenigstens an ein winzigkleines Detail zu erinnern. Anhand dessen, was Wendy in der Beschreibung über Lucy gelesen hatte, konnte sie sich einen mädchenhaften Geruch vorstellen, aber eher nicht verspielt, eher etwas damenhaft. Keine Kräuterdüfte, eher klassische Blumendüfte. Vielleicht Rosen und dazu noch etwas anderes. Womöglich Pfirsichblüten?

Wendy schnupperte, dann schüttelte sie den Kopf. Nein, keine Pfirsichblüten und auch keine Rosen. Apfelblüten. Ja, das war es!

Erschrocken öffnete Wendy wieder die Augen. Auf einmal schlug ihr das Herz bis zum Hals. Sie rutschte vom Barhocker herunter. Beinahe hätten die Knie ihren Dienst versagt.

„Wendy, was ist los?“

Wendy drehte sich zum Barhocker neben ihrem herum, auf welchem Charly und Happy saßen. Sie hatte die Beiden ganz vergessen. Sorge stand ihnen in die Gesichter geschrieben.

„Apfelblüten“, hauchte Wendy leise und jetzt gaben ihre Beine tatsächlich unter ihr nach. Der Geruch schien durch ihre Poren zu strömen. Mit einmal mal war er wieder da. Sonst gab es nicht die kleinste Erinnerung, aber da war dieser Geruch!

„Apfelblüten… Apfelblüten…“
 

-Vierter Tag: Die Wut-

Gray und Erza waren erst seit zwei Tagen unterwegs, aber sie hatten jetzt schon das Gefühl, die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu suchen. Es gab keinerlei Anhaltspunkte dafür, wo genau Lucy sein könnte – und das wäre wahrscheinlich alles eher anspornend als entmutigend, wenn sie sich an Lucy erinnern könnten. Wenn sie wüssten, was für ein Mensch Lucy war, was für Vorlieben sie hatte, was für Macken, Stärken und Schwächen. Wie sie zu ihr standen. Das war die Frage, die Erza am meisten beschäftigte. Hatte sie Lucy so wenig Aufmerksamkeit geschenkt, dass sie sie so leicht hatte vergessen können?

Natsu hatte ihnen noch verraten, dass Lucy der Gilde etwa neun Monate vor der S-Klasse-Prüfung beigetreten war. Wenn Erza sich jetzt in Erinnerung rief, was in dieser Zeit alles geschehen war, wurde ihr ganz schlecht. Hatte Lucy Anteil gehabt an der Rettungsmission für Erza? Hatte Lucy damals auch ihr Leben in diesem Turm riskiert?

„Darüber nachzudenken, bringt nichts“, durchbrach Grays Stimme die düsteren Gedanken.

Erza hob den Blick. Der Eismagier sah grimmig aus, beinahe finster. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und öffneten sich wieder. Sie zitterten sogar ein wenig. Auch ihm schien es schwer zu fallen, ruhig zu bleiben, wenn auch aus anderen Gründen.

„Du bist wütend“, stellte Erza ruhig fest. Irgendwie half es ihr, ihre Gedanken zu ordnen, indem sie sich auf Grays Gefühle konzentrierte. „Auf denjenigen, der Lucy entführt hat?“

„Sie ist eine Magierin von Fairy Tail“, erwiderte Gray gepresst.

„Ein Angriff auf sie ist also im Grunde auch ein Angriff auf uns“, schlussfolgerte Erza. „Ein Angriff auf die gesamte Gilde.“

Auch ohne Antwort wusste Erza, dass sie Recht hatte. Sie konnte diese Wut nur zu gut nachvollziehen. Nun, da sie darüber nachdachte, spürte sie auch in sich selbst diese Wut. Ihr war bisher nur nicht bewusst gewesen, wie sehr sie ihr zugesetzt hatte.

Wieder legte sich Schweigen über sie. Jeder hing seinen eigenen finsteren Gedanken nach. Jeder weitere Schritt durch den Wald kam Erza wie ein Kampf mit sich selbst vor. Sie wollte ihre Wut am liebsten heraus schreien, so viel machte sie ihr zu schaffen. Aber diese Wut würde Lucy nicht retten. Sie mussten sich zusammen reißen!

Was mochte Lucy bereits alles durchgemacht haben, während sie darauf gehofft hatte, dass sie sie fanden? Laut den Magiern von Säbelzahn hatte sie sich in einem furchtbaren Zustand befunden. War sie gefoltert worden? Aber weswegen?

Ob es wieder daran lag, dass sie eine Stellargeistmagierin war?

Abrupt blieb Erza stehen. So abrupt, dass sie beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. Überrascht blieb Gray stehen und drehte sich zu ihr herum, aber Erza sah ihn gar nicht an.

Woher war dieses ‚wieder’ in ihren Gedanken gekommen? Und warum war sie sich dabei sicher, dass es richtig war, so zu denken?

„Erza, was ist los?“

„Lucy ist eine Stellargeistmagierin“, murmelte Erza, immer noch benommen von ihrem gedanklichen Stolperstein.

„Ja, sie kann Stellargeister beschwören“, erwiderte Gray gedehnt. Er schien zu bemerken, dass Erza etwas beschäftigte. „Wie diesen Hund… und Loki…“

Erzas Kopf ruckte hoch. Ihr Blick traf auf Grays und obwohl keiner von ihnen ein Wort verlor, wusste sie in diesem Augenblick, dass ihnen Beiden ein winziger Durchbruch gelungen war. Sie hatten sich an etwas in Bezug auf Lucy erinnert. Es mochte nur ein kleines Detail sein, nur ein einziges Puzzleteil, aber es war ein Anfang!
 

-Fünfter Tag: Das Zuhause-

Wie in Trance stand Happy da und betrachtete das abgebrannte Haus. Der Schutt davor war bereits aufgeräumt worden, nur noch die verkohlte Fassade kündete von dem, was hier geschehen war.

Happy war sich nicht klar, wieso er hierher gekommen war. Er war ganz in Gedanken gewesen, betrübt von Natsus seltsamen Verhalten und bedrückt, weil er sich immer noch nicht an die verschwundene Kameradin erinnern konnte. Er war einfach losgelaufen. Eigentlich hatte er nach Hause gehen wollen, um eine Weile alleine zu sein.

Und dann war er hier gelandet.

Zuhause.

Happy kamen die Tränen. Er konnte nicht sagen, weswegen, aber er konnte die Tränen auch nicht mehr zurückhalten…
 

-Sechster Tag: Die Spur-

Natsu wusste schon nicht mehr, wie oft er an diesem Schlüssel geschnuppert hatte. Er roch gar nicht mehr richtig nach Lucy. Ganz schwach war ihr Eigengeruch noch daran wahrzunehmen, aber was auch immer mit Lucy geschehen war, auf dem Schlüssel hafteten jetzt die Gerüche von Blut und Schweiß. Jedes Mal, wenn Natsu seine Nase daran hielt, zog sich alles in ihm vor Qual zusammen.

Wie sollte er Lucy auf diese Weise finden und retten?

Aber er konnte sich auch nicht den Anderen anschließen. Sie wollten Lucy auch finden und retten, aber sein Gefühl sagte ihm, dass sie mit dieser Methode Lucys knapp bemessene Zeit verschwendeten – und dass ihre Zeit knapp bemessen war, dessen war er sich aus irgendeinem Grund vollkommen sicher. Es musste einen anderen Weg geben, Lucy zu finden. Eine besseren. Danach suchte Natsu nun bereits seit sechs Tagen und er hatte ihn immer noch nicht gefunden. Das trieb ihn beinahe in den Wahnsinn.

Ruckartig stand Natsu auf und verließ seine dunkle Ecke. Es war mitten in der Nacht. Wendy und die Ekceed saßen am Tresen und waren dort eingeschlafen. Die Wind-Drachentöterin hatte den Kopf auf ein riesiges Buch gebettet. Von Mirajane und Cana gab es keine Spur. Wahrscheinlich schliefen sie im Raum hinter der Theke.

Lautlos durchschritt Natsu die Gilde und sog dabei alle Details in sich auf, die ihn an Lucy erinnerten. Der Schlüssel in seiner Hand. Der leere Barhocker neben Wendys. Das Buch, das ihn an Lucys Buch erinnerte. Die verkohlte Schreibfeder, die Happy gestern mitgebracht hatte. Der Geruch, der noch ganz schwach in der Luft hing. Das Lachen in seinen Ohren…

Natsus Schritte wurden länger. Schneller.

Länger.

Schneller!

Auf einmal wusste er, was er tun musste.

Er hatte sich an Lucy erinnert, weil er auf sein Herz gehört hatte. Er würde sie auf demselben Weg finden, egal wie unlogisch das klang. Er würde loslaufen und er würde nicht eher innehalten, bis er sie gefunden hatte!

Spurensuche

„Das ist ein Scherz, oder?“

Ungläubig starrte Gray auf den Kommunikationslacrima in Erzas Hand hinunter, welcher ihnen Mirajanes Gesicht und Oberkörper zeigte.

Die Weißhaarige schüttelte mit steinerner Miene den Kopf. „Ich wünschte, es wäre so.“
 

Weiter, weiter, weiter!

Er kannte jetzt den Weg!

So würde er sie finden und befreien!
 

„Wir müssen Natsu folgen!“, beharrte Wendy und blickte geradezu flehend zu Cana und Mirajane auf. „Noch kann ich seinem Geruch folgen, aber wenn wir zu lange warten, verfliegt er!“

Die beiden Magierinnen standen noch vor dem Kommunikationslacrima. Sie sahen einander unsicher an, dann seufzte Mirajane bedrückt. „Was ist, wenn wir damit Zeit verlieren?“
 

Seine Instinkte! Darauf musste er vertrauen!

Diese Instinkte hatten ihm schon einmal geholfen, Lucy zu retten. Damals, als sie von Phantom Lord entführt worden war, ohne dass einer von ihnen es gewusst hatte. Er hatte nach ihr gesucht und sie hatte sich im Vertrauen auf ihn vom Turm gestürzt.

Irgendwo dort draußen wartete und vertraute sie auf ihn. Er durfte dieses Vertrauen nicht enttäuschen!
 

Gray und Erza blickten einander an. Was sollten sie jetzt tun?

Wenn Natsu einfach blindlings losgestürmt war, würden sie kostbare Zeit verlieren. Zeit, in der Lucy weiterhin in Gefangenschaft ausharren und wer-weiß-was erdulden musste. Aber was war, wenn Natsu das gelungen war, was sie alle bisher nicht geschafft hatten? Was war, wenn er eine richtige Spur hatte?
 

„Natsu!“

Die Stimme hallte in seinem Kopf wider, während er immer weiter rannte. Vor seinen Augen hatte er die Szene von damals, wie sie den Turm hinunter gestürzt war.

Es waren nur Sekunden gewesen. Herzschläge.

Wäre er damals zu spät gewesen, wäre sie vor seinen Augen gestorben. Er hätte sie damals verlieren können.

Um eben das zu verhindern, hatte er seinem Körper alles abverlangt. Auch heute würde er ihm alles abverlangen, denn er durfte auch heute auf gar keinem Fall zu spät kommen – und er hatte schon zu viel Zeit verschwendet.
 

Angespannt saß Happy auf einem der Barhocker und beobachtete, wie Wendy eine hitzige Diskussion mit Cana führte, während Mirajane den Kommunikationslacrima nutzte, um Meister Makarov zu verständigen.

Eine weiße Pfote legte sich auf seine Schulter und Charlys Stimme drang ungewohnt sanft an seine Ohren. „Happy, tu’ nichts Unüberlegtes.“

Happy presste die Lippen aufeinander und kämpfte gegen die Tränen an. Das abgebrannte Haus kam ihm in den Sinn. Und das Gefühl, das er letztes Mal bei dessen Anblick gehabt hatte. Das war sein Zuhause gewesen…
 

Gazilles Kopf ruckte hoch. Tief sog der Drachentöter die Luft ein.

Verwirrt blickte Pantherlilly zu seinem Partner auf. Bislang hatte er nicht einschätzen können, was Gazille über die Sache mit Lucy dachte. Zumindest hatte Gazille nicht lange gezögert, sich an der Suche zu beteiligen, aber Bestürzung oder Sorge waren ihm nicht anzumerken.

„Worüber denkst du nach?“, fragte Pantherlilly.

„Über Salamander“, knurrte Gazille ungewohnt nachdenklich. „Er hat sich zuerst an sie erinnert. Sie steht ihm nahe. Wahrscheinlich kennt er sie ziemlich gut.“

„Und?“

Abrupt drehte Gazille sich um und machte sich auf den Rückweg. Pantherlilly musste rennen, um mit seinen wesentlich kürzeren Beinen hinterher kommen zu können.

„Er kennt sie ziemlich gut“, wiederholte Gazille simpel und beschleunigte seine Schritte.
 

Die Luft schien in seinen Lungen zu brennen. Er konnte sich nicht erinnern, sich jemals zuvor körperlich derartig verausgabt zu haben. Ihm schwindelte vor Erschöpfung.

Doch er rannte weiter. Er weigerte sich, der Schwäche seines Körpers nachzugeben. Das kam nicht in Frage! Nicht hier und nicht jetzt!
 

„Du sollst nur warten, bis der Meister sich mit Vater beraten hat“, beschwor Cana die Jüngere. „Vater kennt Natsu von uns allen am besten. Er wird uns sagen können, was mit Natsu ist.“

„Ich weiß das auch so“, erwiderte Wendy stur. „Er hat eine Spur! Wir müssen ihm folgen!“

„Es gibt keine Garantie dafür“, widersprach Mirajane besorgt. „Er hat sich in den letzten Tagen so seltsam verhalten. Es kann genauso gut sein, dass er einfach kopflos losgerannt ist.“

„Nein, niemals! Natsu würde das Leben eines Kameraden niemals riskieren!“

Erschrocken drehten sich alle zu Happy um. Bislang hatte der blaue Ekceed eisern geschwiegen, aber auch er schien an seine Grenzen gestoßen zu sein. Er stand aufrecht auf dem Barhocker und hatte die Flügel ausgebreitet.
 

Angestrengt blickte Gildartz auf den kleinen Kommunikationslacrima hinunter. Die Tatsache, dass man ausgerechnet von ihm eine so schwer wiegende Entscheidung verlangte, drückte stärker auf seine Schultern als jedes Untier, das er jemals zuvor erledigt hatte. Gewiss, Natsu war wie ein Sohn für ihn, aber er hatte ihn in den letzten Wochen nicht erlebt. Wie sollte er entscheiden, ob sie Natsu vertrauen konnten oder nicht?

„Gildartz, wir brauchen deine Entscheidung“, drang Makarovs leicht verzerrt klingende Stimme aus dem Kristall. „Sollen wir alles auf eine Karte setzen und Natsu folgen?“

„Ich war nicht dabei, Meister Makarov. Weder habe ich gesehen, wie er war, als er noch unter dieser Magie stand, noch habe ich erlebt, wie er sich in den letzten Tagen verhalten hat. Ihr verlangt eine gefährliche Ferndiagnose von mir.“

„Aber du bist der Einzige, dessen Urteil ich in dieser Sache vertrauen kann, selbst wenn er nicht alles aus erster Hand kennt“, erwiderte Makarov unerbittlich.

Wieder verfiel Gildartz in Schweigen, während er sich alle Erlebnisse mit Natsu in Erinnerung rief. Wie sollte er entscheiden?
 

„Sollen wir ihnen wirklich nicht folgen?“

Zutiefst verunsichert blickte Mirajane zum Horizont, vor dem die Silhouetten der beiden Ekceed und der Drachentöterin schon längst nicht mehr auszumachen waren.

„Wir müssen die Kommunikation aufrecht erhalten. Charly hat einen Lacrima mitgenommen, sie wird Happy sicher einholen, immerhin muss er Wendy tragen“, argumentierte Cana, aber auch sie klang verunsichert.

„Aber wir wissen noch nicht, wie Meister Makarov und Gildartz entschieden haben.“

„Nein, aber ich ahne es…“
 

Stöhnend wuchtete Natsu sich in die Höhe und hob den Blick. Er hatte sich vollkommen verausgabt und letztendlich hatte die Erschöpfung ihren Tribut gefordert. Der Aufprall mit dem Erdboden war dank der weichen Erde kaum der Rede wert, doch er hatte Natsu dennoch für einige Sekunden oder vielleicht auch Minuten außer Gefecht gesetzt.

Er schob sich in eine sitzende Position und blickte sich um. Wo war er hier und wie lange war er überhaupt schon unterwegs? Als er aufgebrochen war, hatte die Sonne im Zenit gestanden, jetzt war es dunkelste Nacht.

Benommen rieb Natsu sich den Kopf. Nach wie vor war er sich sicher, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, aber ihm wurde jetzt auch bewusst, dass er sich über Stunden hinweg wie in einem Rausch befunden hatte. Die Angst davor, Lucy zu spät zu erreichen, hatte ihn schneller vorangetrieben, als zehn wütende Erzas es jemals vermocht hätten.

Im Nachhinein war es dennoch unvernünftig gewesen. Wie sollte er Lucy ganz alleine retten, wenn er sich derartig verausgabte? Ließ er sie auf diese Weise nicht auch irgendwie im Stich?

Einige Minuten wartete er noch, bis er sich wieder etwas kräftiger fühlte, dann stemmte er sich mühsam in die Höhe. Sein ganzer Körper war bleischwer und obendrein von zahlreichen Kratzern und Prellungen übersäht. Die musste er sich zugezogen haben, während er durch die Wildnis gestürmt war.

Vorsichtig versuchte er sich an einem Schritt. Er schwankte, sein Fuß knickte um…

Und dann war auf einmal jemand neben ihm und legte sich seinen rechten Arm um die Schultern, um ihn zu stützen. „Du bist ein echter Vollidiot, Natsu.“

„Gray… was-?“

„Glaubst du wirklich, wir würden dich alleine losstürmen lassen?“ Hinter Gray tauchte Erza auf, die Arme grimmig vor der gepanzerten Brust verschränkt. „Sie ist auch unsere Kameradin.“

„Genau!“, erklang es zweistimmig von oben und im nächsten Moment landete Wendy vor ihnen. Happy und Charly trudelten gerade so noch zu Boden, ehe ihre Flügel sich auflösten. Wild entschlossen trat Wendy auf sie zu. „Ich kümmere mich um deine Verletzungen und um deine Erschöpfung, Natsu, und dann machen wir uns gemeinsam auf die Suche!“

„Wie habt ihr mich gefunden?“, fragte Natsu belämmert.

„Du bist nicht der Einzige mit einer guten Nase, Salamander.“

Überrascht drehte Natsu sich nach links, wo Gazille und Pantherlilly aus dem Unterholz brachen, letzterer in seiner großen Form, wohl um mit Gazille Schritt halten zu können.

„Du auch?“ Natsu war überwältigt.

„Die gesamte Gilde ist auf dem Weg hierher, Natsu“, erklärte Charly, die einen Kommunikationslacrima in Händen hielt. „Meister Makarov und Gildartz haben entschieden, dir zu vertrauen.“

Todesschwelle

Sie trug ein wunderschönes Kleid, geschmückt mit Perlen und Kunstblumen. Es brachte ihre grazile Figur ausgezeichnet zur Geltung. Die blonden Haare waren kunstvoll hoch gesteckt und der Schmuck passte perfekt zum Kleid. Doch die wahre Schönheit ging von dem warmen Lächeln in ihren Augen aus…

Erschöpft hob Lucy den Blick. Vor ihr verschwamm immer wieder alles. Die Luft schien zu flimmern und die Farben wechselten andauernd. Manchmal konnte sie gar nichts mehr sehen, selbst wenn sie die Augen geöffnet hatte – oder es zumindest glaubte.

Ihr Körper war am Ende, das wusste Lucy schon seit einer Weile. Vielleicht seit Stunden, vielleicht seit Tagen. Ihr Zeitgefühl hatte sie lange vor allem anderen verloren.

Stramm saß er an seinem Schreibtisch und studierte seine Unterlagen. Die Stirn gefurcht. Der Schnurrbart wackelte manchmal entrüstet. Der Anzug saß wie immer tadellos, die Haare waren streng zurückgekämmt worden. Das Papier knisterte, ansonsten war es gespenstig still in dem großen Raum…

Schmerzen spürte sie nicht mehr. Irgendwann war sie einfach an einen Punkt gelangt, an dem ihr ganzer Körper von Taubheit erfüllt worden war. Seitdem gab es keine Schmerzen und auch kein Kälte- oder Wärmeempfinden mehr. Hunger und Müdigkeit waren verschwunden. Ja, ihr gesamter Körper schien sich aufgelöst zu haben.

Dennoch wusste sie, dass es schlimm um sie stand. Sie konnte kaum noch richtig atmen und selbst das Bewegen ihres Kopfes erforderte äußerste Konzentration. Ihre Sinne versagten, allen voran ihr Tastsinn, doch auch ihre Augen und Ohren gaben nach und nach ihren Dienst auf.

Kalt und grau wirkten die Grabsteine. Sie waren klein und schmucklos. Schlicht und bescheiden sollten sie eigentlich sein, aber hier und jetzt hinterließen sie ein hohles Gefühl. Das Gefühl, eine Waise zu sein. Das Gefühl, keine Eltern, keine Familie zu haben…

Lautlos bewegten sich Lucys Lippen, formten immer wieder einen einzigen Namen. Den Namen desjenigen, auf dessen Erscheinen hier sie immer noch wartete. Immer hatte sie ihm vertrauen können, immer war er gekommen, um sie zu retten. Es war unmöglich, dass er es dieses Mal nicht tat. Sie wusste, dass er kommen würde – also musste sie bis dahin durchhalten, denn er vertraute auch ihr!

Sie fiel vom Turm, entfloh ihrem Entführer. Der Erdboden rückte mit jedem Herzschlag näher, hart und todbringend. Aber sie hatte keine Angst. Nur Vertrauen…

Ihre Gilde hatte sie nicht vergessen. Nicht ganz und gar. Lucy hatte ihnen ein Zeichen geschickt und sicher würden sie bald allesamt hier sein und sie retten. Jeden Moment konnte es soweit sein. Dann würden sie und ihre geliebten Stellargeister endlich hier raus kommen. Sie würde zurück nach Hause kommen und ihr altes Leben wieder aufnehmen!

Die Landschaft zog atemberaubend an ihrem Fenster vorbei, aber alles, wofür sie Augen hatte, waren ihre Teamkollegen. Wie sie miteinander lachten, wie sie stritten, wie sie einander immer nahe waren, selbst wenn sie so taten, als könnten sie einander nicht leiden. Aufträge mit langen Zugfahrten waren ihr aus diesem Grunde zu den liebsten geworden…

Die eisigen Finger des Todes schlossen sich immer fester um ihren Körper. Sie setzten nach und nach alle Körperfunktionen außer Gefecht. Immer wieder verschluckte sie sich an ihrem eigenen Speichel. Ihre Lunge stand kurz vorm Kollaps und ihr Herz schien nicht mehr in der Lage zu sein, ihren Körper ausreichend mit sauberem Blut zu versorgen. Selbst ihr Gehirn schien zu versagen. Jeder Gedanke fühlte sich zäh, beinahe schmerzhaft an.

Es half nur, sich immer weiter an den einen Gedanken zu klammern: Bald waren sie hier! Bald war sie frei!

Sie lag leblos am Boden, blass und immer noch mit Zeichen der Übermüdung. Der Anblick stach ihr ins Herz und sogar noch tiefer. Das hätte sie selbst treffen können. Sie hätte auch all ihre Freunde sterben sehen können, wenn dieses Mädchen nicht gewesen wäre. Alles zu verlieren, was einen ausmachte – wie lebte man nach so einem Verlust weiter? Wie hatte sie es geschafft? Wieso hatte sie sich für etwas geopfert, das ihrer eigenen Zeit nicht helfen konnte? Im Grunde war die Antwort einfach, aber es wollte dennoch nicht in ihren Kopf, dass sie selbst so weit getrieben werden könnte. Sich selbst sterben zu sehen, war zu surreal.

Und doch lag zu ihren Füßen ihr eigener Leichnam und auf den Lippen dieses Leichnams lag ein erleichtertes Lächeln. Weil dieses Mädchen nun endlich wieder Frieden hatte. Es war mit seinen Freunden wieder vereint. Was war das für eine Welt, in der ein Mädchen sich sogar über den Tod freuen konnte, weil er es mit seinen Freunden wieder vereinte…?

Was würde mit ihren Stellargeistern geschehen, wenn sie nicht mehr durchhalten konnte? Keiner hier war ein Stellargeistmagier und jemand, der diese Magie nicht beherrschte, konnte einen Stellargeist nicht einfach in diese Welt zwingen. Wenn Loki und die Anderen in der Welt der Stellargeister blieben, waren sie fürs Erste weiterhin sicher. Doch was geschah, wenn sie irgendwann einen anderen Stellargeistmagier fanden? Wenn dieser die Schlüssel bekam, würde er die Geister – Lucys Kameraden – womöglich in Verträge zwängen, die es ihnen unmöglich machten, den Experimenten dieses Irren zu entgehen.

Der Gedanke war grauenhaft, setzte ihrem erschöpften Herzen derartig zu, dass sie nach Luft schnappen musste. Sie durfte nicht aufgeben! Für Loki und die Anderen musste sie weiter durchhalten.

Der Blick in die Halle der Gilde war das Schönste, was sie kannte. All die Gesichter. Das Gelächter, die Stimmen, die Gerüche, die Farben. Hier in dieser Halle wirkte alles richtig. Hier hatte ihr Leben im Grunde erst richtig angefangen. Hier wollte sie ihr ganzes Leben verbringen…

Röchelnd hing sie in ihren Ketten. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich und ihr blieb immer wieder die Luft weg. Vor ihren Augen wurde es schwarz, dann flackerte es, dann herrschte wieder völlige Schwärze.

War es das? Sollte sie wirklich so schwach sein? Was würden Natsu und die Anderen denken, wenn sie hier nur noch ihren Leichnam fanden? Würden sie ihr das jemals verzeihen können? War sie dann überhaupt des Zeichens auf ihrer Hand würdig?

Sie fiel und fiel und fiel. Und sie schrie. Schrie aus Leibeskräften. Schrie einen einzigen Namen. Schrie den Namen des Mannes, der ihrem Leben die entscheidende Wende ermöglicht hatte. Er hatte ihr ein Zuhause gegeben, eine Familie, Freunde.

Sie könnte sich alles nur eingebildet haben. Sie könnte sich soeben in den Tod gestürzt haben und womöglich würde es nicht ein einziger aus ihrer neuen Familie erfahren. Doch das war unmöglich. Irgendwie spürte sie das einfach…

Der Boden unter ihren Füßen bebte. Mühsam blinzelte sie mehrmals. Selbst ihre Augenlider gehorchten ihr kaum noch, aber schließlich konnte sie wieder den Raum um sich herum erkennen, doch er wirkte irgendwie anders als bisher. Die Wände schienen zu wackeln.

Er würde da sein und sie auffangen. Er würde sie retten und zurück nach Magnolia bringen. Nach Hause. Zu ihrer wahren Familie. Wenn es überhaupt irgendeine Sicherheit auf der Welt gab, dann diese eine. Niemals würde er sie ihm Stich lassen. Allein der Gedanke war schon ein Verrat an ihm…

Zuerst glaubte sie, ihre Ohren würden gleich endgültig den Dienst versagen und wie bei einem letzten Aufbäumen alles noch mal besonders laut an ihr Gehirn weiter leiten. Doch bildete sie sich all die Schreie und Rufe um sich herum wirklich ein? Waren da nicht Stimmen, die ihren Namen riefen? Lucy versuchte angestrengt, zu lauschen, aber allmählich versank alles in einem Rauschen und ihre Augen fielen ihr auch wieder zu.

Nur noch wenige Meter. Wenn er jetzt nicht zu ihrer Rettung kam, würde sie aufprallen und in Sekundenbruchteilen sterben. Ein schneller, schmerzloser Tod. Zuerst fand sie diesen Gedanken tröstlich, aber dann musste sie daran denken, wie viel ihr dann entgehen würde. Wie viele Missionen sie verpassen würde. Wie viele Abende in der Gilde. Wie viele Morgen, wenn sie sich mal wieder über Eindringlinge in ihrer Wohnung aufregte. Nein! Er würde kommen und sie vor diesem viel zu frühen und viel zu trostlosen Tod bewahren!

In ihrer unmittelbaren Nähe war eine starke Erschütterung. Dann hörte Lucy wie durch eine dämpfende Schicht Schritte und hektische Atemzüge. Irgendwo ganz in der Nähe erklang eine vertraute Stimme, die Lucys Körper erneut aufbäumen ließ. Sie mobilisierte ihre allerletzten Reserven und öffnete wieder die Augen.

Vor ihr stand Natsu. Das Gesicht von Grauen erfüllt, aber das spielte keine Rolle für Lucy. Er war es wirklich. Er hatte sie gefunden. Er hatte sie nicht vergessen.

Sie wollte seinen Namen sagen, aber sie hatte keinerlei Energie mehr dafür. Die Füße rutschten unter ihrem Körper weg, sodass ihr gesamtes Gewicht an den Handgelenksfesseln hing. Schon Sekundenbruchteile später wurde sie hoch gehoben und dann ließ auch der Zug an ihren Handgelenken nach.

Sie lag in Natsus Armen. So wie damals…

Starke Arme umschlangen ihren Körper. Es brauchte vielleicht nur noch eine Herzschlagdauer, bis sie am Boden aufschlagen würde, aber in dem Moment, da sie diese Arme spürte, hatte sie endgültige Gewissheit. Federleicht fühlte sie sich. Sie würde leben! Er hatte sie gerettet! Ihr Vertrauen in ihm war kein Wunschdenken. Niemand würde ihr das jemals einreden können!

Urvertrauen

Erschöpft seufzend ließ Makarov sich auf seinem Lieblingsplatz nieder. Nach einer äußerst strapaziösen Sitzung beim Rat war er sofort hergekommen. Das und die vorangegangenen Tage hatten ihn völlig ausgelaugt, sowohl körperlich als auch mental.

„Also Meister, was habt Ihr herausgefunden?“, fragte Erza ernst. Genau wie beinahe alle anderen Gildenmitglieder stand sie abwartend vor ihm.

Sie alle konnten sich jetzt wieder an Lucy erinnern. Mirajane hatte geweint, als sie es Makarov über dem Kommunikationslacrima erzählt hatte. Selbst Laxus, der den Drahtzieher hinter all dem zum Rat befördert hatte, hatte aufgewühlt gewirkt. Obwohl in seinem Fall wohl eher die Wut ob dieses unverhohlenen Angriffs auf die Gilde vorgeherrscht hatte. So verhielt es sich in der gesamten Gilde, soweit Makarov das bisher überblicken konnte: Entweder waren die Mitglieder wütend oder schuldbewusst. Makarov konnte Beides nur zu gut nachvollziehen.

„Lucys Entführer nennt sich selbst Lorik“, begann Makarov grimmig. „Er gehörte mal zu einer Gilde, die sich die Erforschung der Magie zum Ziel gesetzt hat. Vor zwanzig Jahren wurde die Gilde aufgrund gesetzeswidriger Experimente verboten. Damals verschwanden einige der damals bekannten Mitglieder von der Bildfläche. So auch Lorik.“

„Ein verrückter Wissenschaftler also“, fasste Gray es düster zusammen.

„Genau so wirkte er auch auf mich“, meldete sich Laxus zu Wort, die Miene angewidert verzogen.

„Und was genau wollte er dabei ausgerechnet von Lucy?“, fragte Mirajane.

„Er hat sich eingebildet, er könnte mit Hilfe von Stellargeistern einen Weg zu unerschöpflicher Magie finden“, erklärte Makarov weiter. „Er hat wohl vor Lucy bereits an anderen Stellargeistmagiern herumexperimentiert. Dank seiner Fähigkeit, die Erinnerungen an eine Person zu löschen, konnte er seine Machenschaften bisher immer vertuschen.“

„Wenn Lucy ihm nicht entkommen und zu Säbelzahn gelangt wäre, wäre ihm das womöglich auch dieses Mal gelungen“, murmelte Erza bitter.

„Wie geht es Lucy jetzt?“, wechselte Makarov das Thema, der nicht wollte, dass seine Schützlinge schon wieder in Schuldgefühlen untergingen. So gut er sie alle auch verstehen konnte, diese Schuldgefühle machten auch nichts ungeschehen.

Wie aufs Stichwort ging in diesem Moment die Tür auf und Polyushka betrat die Halle. Ihre Miene war so undurchschaubar wie eh und je, doch auf Makarov wirkte sie ernster und verschlossener als sonst schon. Als die Heilerin die Blicke um sich herum bemerkte, hielt sie inne.

„Sie lebt“, beantwortete sie schlicht die Frage, die allen in Gesicht geschrieben stand. „Mehr schlecht als recht, aber sie lebt. Es grenzt an ein Wunder, dass sie den Blutverlust, die Gifte, den Nahrungs-, Wasser- und Schlafmangel und die Infektionen so lange überlebt hat, aber sie hat durchgehalten. Doch ich weiß immer noch nicht, ob sie es schaffen wird. Ihr Körper hat mehr durchgemacht, als ich heilen könnte. Vieles wird nur die Zeit heilen können.“

Makarov musste sich zusammenreißen, um Haltung zu bewahren. Um sich herum hörte er vielfach Zähneknirschen, aber auch schweres Atmen. Der Gedanke, was Lucy alles durchgemacht hatte, setzte allen hier zu. Nach allem, was Makarov von Mirajane erfahren hatte, hatte Lucys Anblick viele Gildenmitglieder vollkommen aus der Bahn geworfen.

„Es wird Zeit, dass ich sie auch besuche“, entschied Makarov und richtete sich wieder auf. „Danke für deine Hilfe, Polyushka.“

„Als ob ich da hätte Nein sagen können“, brummte die Heilerin und verließ die Halle mit der knappen Ankündigung, sie werde morgen wieder nach der Patientin schauen.

Nachdem er den Anderen bedeutet hatte, in der Halle zu bleiben, ging Makarov ins Behandlungszimmer. Lucy lag im Krankenbett, aber allzu viel konnte der Gildenmeister nicht von ihr erkennen, weil Natsu vor ihrem Bett saß.

Der Drachentöter wirkte schrecklich erschöpft, aber er wandte nie den Blick von seiner Kameradin ab. Seltsamerweise wirkte er jetzt weder schuldbewusst, noch wütend, noch verzweifelt. Stattdessen schien er voller Zuversicht zu sein. Wieder einmal schien er mehr zu wissen als alle anderen Gildenmitglieder. Makarov fragte sich, ob der Zauber von Lorik immer noch latent wirkte und vor ihnen ein besonderes Detail in Bezug auf Natsus und Lucys Freundschaft verbarg.

„Sie hält durch, Meister“, erklärte Wendy, die sich von ihrem eigenen Schlaflager erhob.

Makarov brachte sie mit einem kurzen Wink dazu, sitzen zu bleiben. Die Drachentöterin war noch immer schwer erschöpft. Die lebensrettenden Sofortmaßnahmen hatten ihr viel abverlangt. Beinahe zu viel. Dass Lucy dennoch in einer so kritischen Verfassung war, sagte viel über ihren Zustand bei ihrer Befreiung aus.

„Die Infektionen haben wir im Griff und die Gifte konnten wir absaugen“, fuhr Wendy pflichtschuldig fort. „Aber… es könnte… bereits zu viel für ihren Körper gewesen sein…“

„Unsinn“, widersprach Natsu und drehte endlich den Kopf in Makarovs und Wendys Richtung. „Lucy wird wieder gesund. Sie hat so lange durchgehalten, weil sie wusste, dass wir sie befreien. Sie wird jetzt nicht sterben. Sie weiß, dass wir auf sie warten.“

Das klang mehr nach Wunschdenken als nach Vernunft, aber etwas an der Art, wie Natsu es sagte, verlieh auch Makarov Zuversicht. Ja, seine Kinder waren allesamt zäh. Sie ließen sich nicht so einfach unterkriegen. Auch Lucy nicht.

Es tat gut, sich an diesem Glauben festzuhalten…
 

Tage und Nächte verstrichen, ohne dass Lucy erwachte. Die Infektionen verheilten und ihr Körper wurde dank der Nährlösungen, die man ihr einflößte, wieder kräftiger, aber jedweder Versuch, sie aufzuwecken, scheiterte kläglich.

Nach zwei Wochen kam Polyushka zu dem Schluss, dass das Trauma der Monate langen Folter zu viel für Lucys Psyche gewesen sein musste – und der Geist ließ sich nicht so einfach heilen, wie sie bitter anmerkte. Sie müssten sich mit der Möglichkeit auseinander setzen, dass Lucy vielleicht nie wieder aufwachen würde.

Keiner wollte das wahrhaben, aber die meisten zweifelten Polyushkas medizinisches Urteil nicht an. Immerhin hatte die Heilerin jahrzehntelange Erfahrungen. Solch eine Prognose fällte sie unter Garantie nicht leichtfertig.

Der Einzige, der weiterhin unermüdlich an Lucys Seite ausharrte, war Natsu. Selbst nach drei Wochen saß er jeden Tag neben ihrer Schlafstatt. Er schlief neben ihrem Bett, er aß neben ihrem Bett. Nie sprach er zu ihr, wie die Anderen es anfangs immer wieder versucht hatten. Nie ergriff er ihre Hand. Er saß einfach nur neben dem Bett und beobachtete Lucy mit Argusaugen. Manch einer in der Gilde glaubte mittlerweile daran, dass Natsu vielleicht einer Art Wahnsinn verfallen war.

Nicht einmal darum scherte Natsu sich. Er erklärte weiterhin seine Überzeugung, dass Lucy wieder aufwachen würde. Doch die Zuversicht, welche diese Worte anfangs in den Anderen geweckt hatten, war schon längst der zunehmenden Verzweiflung gewichen.

Die Besuche an Lucys Krankenlager wurden seltener. Viele waren einfach nicht in der Lage, sich weiterhin mit diesem Anblick zu konfrontieren. Nur wenige hielten dem stand und besuchten die Kameradin tagtäglich.
 

Wortlos betrachtete Natsu wie immer Lucys Gesichtszüge. Der Sonnenuntergang zauberte ein mysteriöses Lichtspiel auf diese Züge. Jede Kontur wirkte verschwommen und schien mit ihrer Umgebung zu verschmelzen. Als würde Lucys Gesicht sich in Luft auflösen.

Benommen blinzelte Natsu und schüttelte den Kopf, um dieses Trugbild aus seinem Kopf zu kriegen. Er war erschöpft, aber er wollte nicht schlafen. Nicht jetzt.

Heute hatten wieder nur Gray, Erza, Wendy, Happy und Charly einen Besuch hier abgestattet. Es war Tage her, seit auch jemand anderes hier gewesen war. Die meisten hatten sich irgendwann angewöhnt, an Lucys Bett nur noch zu wispern, als würde sie im Sterben liegen. Nur das alte Team, mit dem Natsu und Lucy so viele Aufträge ausgeführt hatten, ließ sich nicht beirren – und Natsu wusste, dass Lucy das spürte.

Dabei war das alles für ihn genauso verwirrend wie für alle anderen. Er hatte keine Ahnung, woher er diese Gewissheit nahm. Sie war einfach da. Und sie bewahrte ihn davor, dem Wahnsinn anheim zu fallen. Ohne diese Gewissheit würden ihn die Schuldgefühle regelrecht zerfressen…
 

Als Natsu aus dem Schlaf schreckte, war es stockfinster. Er hatte gar nicht bemerkt, wann er eingeschlafen war. Schnell richtete er sich auf seinem Stuhl wieder gerade auf und betrachtete erneut Lucys Gesicht, welches in der herrschenden Dunkelheit nur noch zu erahnen war.

Und dennoch fiel Natsu sofort auf, dass etwas anders war. Es war ihm unmöglich, diese Andersartigkeit zu artikulieren, dennoch war er sich ihrer gewiss. Und genauso sicher wusste er, was er jetzt zu tun hatte.

Ganz vorsichtig stand er auf und schob den Stuhl fort, ehe er sich auf Lucys Bettkante setzte. Behutsam – als bestünde sie aus Glas – zog er Lucys Körper in seine Arme. Er bettete ihren Kopf an seiner Brust, stützte ihren Körper auf seinem Schoß ab und schlang einen Arm um ihren Rücken, damit sie in dieser halb sitzenden Position verharrte. Dann drückte er behutsam sein Gesicht in ihre Haare und atmete ihren Geruch ein.

Ob nur Minuten oder doch Stunden verstrichen, wusste er nicht, doch er konnte spüren, wie sich der Rhythmus von Lucys Körper veränderte. Ihr Herzschlag wurde mehrmals schneller und wieder langsamer und ihre Augen zuckten unter den Lidern. Die Glieder zuckten immer wieder, die Hände ballten sich zu Fäusten und die Lippen bewegten sich lautlos, formten Namen.

Schließlich drückte Natsu sie noch ein wenig enger an sich und lehnte seine Stirn vorsichtig gegen Lucys Stirn. Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht. Der Zeitpunkt war gekommen. Das wusste er jetzt mit völliger Gewissheit.

„Lucy“, wisperte er kaum hörbar. „Wach’ auf.“

Und ohne ein weiteres Zögern schlug sie die Augen auf und blickte in die seinen mit einem solchen Urvertrauen, als wäre sie schon tausendmal in seinen Armen aufgewacht…

Überbleibsel

Seufzend rutschte Lucy von dem Bett, welches sie so lange gehütet hatte. Sie fühlte sich immer noch etwa schlapp, aber Wendy und Polyushka waren sich einig, dass sie wieder aufstehen und einen normalen Tagesrhythmus aufnehmen durfte. Nur von Missionen war sie fürs Erste immer noch freigestellt.

Endlich wieder in ihren eigenen vier Wänden wohnen, darauf freute Lucy sich bereits. Hier in der Krankenstation fühlte sie sich wie auf dem Präsentierteller. Ständig kamen Gildenmitglieder hierher und entschuldigten sich bei ihr. Dabei wollte Lucy das gar nicht hören. Das Einzige, was für sie zählte, war, dass sie alle letztendlich nach ihr gesucht hatten. Natsu mochte den Zauber als einziger tatsächlich gebrochen haben, aber die Anderen hatten ihrem Hilferuf genauso Gehör geschenkt wie er. Ohne die Hilfe der Anderen hätte Natsu sie nicht retten können. Aber es war egal, wie oft Lucy das sagte, die meisten Gildenmitglieder hatten immer noch Schuldgefühle und packten sie deshalb in Watte. Dem endlich für eine Weile zu entfliehen, erschien Lucy wie ein Paradies.

Langsam zog Lucy sich das Kleid an, das Mirajane ihr ausgeliehen hatte, hängte sich ihre Tasche mit den Schlüsseln an den Gürtel des Kleides und ergriff ihr Manuskript. Letzteres hatte Levy ihr gestern zusammen mit einer langen Liste an Kritikpunkten und Verbesserungsvorschlägen übergeben. Im Grunde würde Lucy das gesamte Buch noch mal überarbeiten müssen, aber sie freute sich auf diese Arbeit. Sie würde diese Ruhe gut gebrauchen können. Die Schlüssel hatten vom ersten Tag ihres Erwachsens an auf ihrem Nachttisch gelegen. Natsu hatte ihr erzählt, dass Gray und Erza das gesamte Labor auf den Kopf gestellt hatten, um diese Schlüssel zu finden. Auch Plues Schlüssel hing wieder an der Tasche.

Die Straßen waren ruhig, als Lucy sich auf den Heimweg machte. Es war noch früher Morgen, die Dämmerung hatte gerade erst eingesetzt. Eigentlich hätte Lucy sich noch mal untersuchen lassen sollen, aber sie hatte es einfach nicht mehr im Bett ausgehalten. Keiner in der Gilde hatte mitbekommen, dass sie gegangen war. Wahrscheinlich würden sie ihr das übel nehmen, aber das nahm Lucy in Kauf. Die Anderen mussten wieder lernen, sie nicht rund um die Uhr in Watte zu packen.

Wieder auf vertrauten Pfaden zu wandeln, war ein gutes Gefühl. Vorsichtiger als sonst balancierte Lucy an der Kante des Kanals und sog die frische Luft mit tiefen Atemzügen ein. Sie war jetzt wieder frei! Keine Folter mehr, keine höhnischen Bemerkungen, keine Kälte und kein Hunger. Die Schmerzen und Erniedrigungen hatten ein Ende. Ihr Leben würde endlich wieder ganz normal weiter gehen…

Es fühlte sich an, als würde Lucy plötzlich ins Leere treten. Stocksteif blieb sie stehen und starrte die ausgebrannten Gemäuer hinauf. Ihr Zuhause. Fort. Verbrannt. Fort!

Die Beine gaben unter ihrem Körper nach. Tränen, die sie bislang immer zurückgehalten hatte, brannten in ihren Augen.

Im Grunde war es gar nicht weiter verwunderlich. Dieses Monster von einem Wissenschaftler hatte sie Wochen lang ihrer Freiheit beraubt und sie mit allen bekannten Mitteln gefoltert, um seine wahnwitzigen Ziele zu verfolgen. Er hatte die Erinnerungen ihrer Freunde an sie gelöscht, um nicht gestört zu werden. Ihr Haus abzubrennen, um auch ihre gegenständlichen Spuren zu verwischen, war da noch das harmloseste Verbrechen.

Und doch… Es war ihr Zuhause! Hier hatte sie sich alles aufgebaut. Ihr Ruhehort. Ihre Schreibstube… Die Briefe an ihre Mutter, die Geschenke ihres Vaters, die Fotos aus ihrer Kindheit, die Notizen für ihre Geschichten, ihre Missionsaufzeichnungen, die Geschenke ihrer Freunde. Alles fort. Vernichtet. Für immer…

Zitternd schlang Lucy die Arme um den Körper. So viel hatte sie schon entbehren müssen. So viel hatte man ihr weg genommen. Ihre Freiheit. Ihre Würde. Selbst die Geborgenheit ihrer Gilde. Und nun auch noch ihr Zuhause!

„Lucy…“

Natsus Atem ging stoßweise. Er musste hierher gerannt sein, als er entdeckt hatte, dass sie ihr Krankenlager verlassen hatte. In seinen Augen erkannte Lucy eine tiefe Sorge, die früher nie da gewesen war.

Genau diese Sorge war es, die ihren Tränen freien Lauf ließ. Alles hatte sich verändert. Alle behandelten sie anders. Sie hatte im Grunde beinahe ihr gesamtes Leben verloren!

„Warum hast du mir nichts gesagt?“, krächzte Lucy kläglich. „Das ist mein Zuhause! Du hättest es mir sagen müssen!“

Schuldbewusst nickte Natsu, während er sich ihr weiter näherte. „Ich weiß… Aber ich konnte nicht. Du warst krank…“

„Hör’ auf damit!“ Ihr gequälter Schrei ließ ihn zusammen zucken und innehalten, aber das war Lucy egal. Alles, was sich bisher in ihr aufgestaut hatte, brach sich jetzt Bahn. „Ich bin entführt und gefoltert worden, aber ich habe es überlebt und bin wieder bei euch! Ich will nicht, dass ihr mich anders behandelt! Ich will nicht, dass ihr mich in Watte packt und mir so etwas Wichtiges verschweigt!“

Es war schockierend, wie Natsu langsam in sich zusammen schrumpfte. Er unternahm nicht den geringsten Versuch, sich zu rechtfertigen, sondern ließ alles über sich ergehen. Es machte Lucy regelrecht krank, ihn so zu sehen.

„Verschwinde!“, klagte sie heiser und wischte sich erfolglos über die Augen. „Lass’ mich alleine!“

„Nein“, widersprach Natsu langsam und setzte sich auf einmal wieder in Bewegung. Ehe Lucy sich dagegen wehren konnte, war er vor ihr in die Hocke gegangen und hatte sie in seine Arme gezogen. „Ich lasse dich nicht alleine, Lucy. Niemals. Nicht weil du schwach bist und in Watte gepackt werden musst. Du hast durchgehalten. Du hast an uns geglaubt und deine Stellargeister beschützt. Das ist stark. Stärker als alles, was ich jemals geschafft habe… Ich lasse dich nicht alleine, weil du meine Kameradin bist. Ich lasse dich nicht alleine, weil ich das noch niemals getan habe!“

Es war, als würden diese Worte einen Knoten in Lucys Brust lösen – als würde ihr eine Binde von den Augen genommen werden. Ihr anfänglicher Widerstand erlahmte. Stattdessen drückte sie sich an Natsus Brust und weinte sich das Elend von der Seele.

Die ganze Zeit hatte sie versucht, das Erlebte einfach zu verdrängen. Sie hatte den Anderen übel genommen, wie sehr sie unter ihrem Zustand gelitten hatten. Sie hatte nicht daran erinnert werden wollen, was ihr angetan worden war. Dabei war es das Schlimmste, was ihr jemals widerfahren war. So etwas konnte gar nicht spurlos an einem vorbei gehen. Und sie durfte innerhalb ihrer Gilde schwach sein. In der Gilde war sie doch sicher. Dort kümmerten sich alle um sie. Auf ihre eigene unbeholfene Art und Weise hatte jedes einzelne Gildenmitglied ihr das zu erklären versucht, aber erst jetzt begriff Lucy es.

Behutsam schloss Natsu die Arme fester um ihren unter Schluchzern bebenden Körper, umfing sie mit seiner Wärme. Es war die reinste Wohltat für Lucy, so von ihm gehalten zu werden.

„Wir sind alle für dich da, Lucy. Du bist unsere Kameradin und wir sind dir alle dankbar, dass du so lange durchgehalten hast. Deshalb werden wir dich auch niemals alleine lassen, egal wie schwer das alles auch für uns ist“, erklärte er leise.

„Es war mein Zuhause!“, würgte Lucy erneut hervor und schlug schwach gegen Natsus Brust. „Das habe ich mir aufgebaut!“

„Wir werden es wieder aufbauen.“ Natsus warmer Atem blies sanft in ihre Haare. Von allen Seiten drang seine Wärme langsam in sie ein und vertrieb die Verzweiflung wieder, hinterließ stattdessen eine wohltuende Ruhe. „Und bis dahin bin ich dein Zuhause…“

Traumgesicht

Mit aller Kraft stieß Natsu die Tür auf, die ihm eine der Wachen hier gewiesen hatte, als er ihn nach ihr gefragt hatte. Sie… Seine Kameradin. Seine Freundin.

So vieles hatte er mit ihr zusammen erlebt. Sie hatten einander mehrmals das Leben gerettet, hatten zusammen für ihre Freunde und für ihre Gilde gekämpft, hatten sich übermenschlichen Gegnern und unlösbaren Aufgaben gestellt. Sie hatten miteinander gelacht, hatten einander unterstützt.

Obwohl sie noch ein verhältnismäßig neues Mitglied der Gilde war, war sie für Natsu nicht mehr aus seinem Leben weg zu denken. Das Loch, welches sie dabei hinterlassen würde, wäre tiefer als jede Schlucht der Welt…

Der süßliche Geruch von Blut stieg ihm in die Nase, vermischt mit den scharfen Gerüchen von Schweiß und Urin. Eigentlich war Natsu hart im Nehmen. Schon oft hatte er Blut gerochen und gesehen – aber der Gedanke, dass das ihr Blut war, drehte ihm beinahe den Magen um.

Tief holte er Luft, dann betrat er den Raum. Ein großer, weißer Raum, beinahe leer von einem Tisch abgesehen, auf welchem sich einige Instrumente befanden, über deren Funktion Natsu lieber nicht nachdenken wollte.

Und genau in der Mitte des Raumes war sie.

Mit Ketten hing sie an ihren Handgelenken. Die Fesseln hatten sich tief in die Haut gegraben, aber das waren noch harmlose Wunden im Vergleich zu den Striemen, Schnitten und Platzwunden. Sogar Brandwunden erkannte Natsu und seltsam schwülstige Wunden, die womöglich von irgendeiner Substanz herrührten.

Unter all den Wunden und dem Dreck war die Haut unnatürlich weiß und die Knochen staken vor Magerkeit skelettartig hervor.

Erschüttert stand Natsu da und betrachtete seine beste Freundin, unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren.

So viel hatte sie erlitten, während er sie vergessen hatte. So viel hatte sie durchgestanden…

Als sie den Kopf anhob, wäre Natsu beinahe zusammen gezuckt. Allein diese kaum merkliche Bewegung schien sie anzustrengen. Der Blick ihrer braunen Augen war trüb, beinahe bar jeden Lebens. Nur ein kleiner Funke war übrig geblieben, ein kleiner, doch starker Funke, der sich weigerte, zu ersticken – und als sie ihn erkannte, loderte der Funke auf, wurde zu einer starken, warmen Flamme voller Vertrauen und Dankbarkeit.

Natsus Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Sie hatte gewartet! Sie hatte darauf vertraut, dass er sie rettete. So wie damals beim Turm von Phantom Lord! Sie hatte auf ihn gewartet!

Die rissigen Lippen bewegten sich lautlos, formten zwei Silben, dann wurde der Blick plötzlich leer und der gesamte Körper erschlaffte. Natsu sprang vor und fing sie auf…
 

Benommen blinzelte Natsu, ehe er sich stöhnend aufrichtete und dann seinen schmerzenden Kopf rieb. Er war aus der Hängematte gefallen. Die vielen Nächte, die er an Lucys Krankenlager verbracht hatte, hatten ihn wohl aus der Übung gebracht, was das Schlafen in einer Hängematte betraf.

Oder vielleicht war es auch der Traum gewesen, der ihn so unruhig gemacht hatte…

Langsam stand er auf, schüttelte die schmerzenden Glieder aus und verließ dann auf Zehenspitzen den Raum, um Happy nicht zu wecken, der bisher ungestört weiter geschnarcht hatte. Der kleine Kater hatte in den letzten Wochen auch eine Menge durchgemacht, er hatte sich etwas Erholung verdient!

Im Nebenraum lag Lucy auf einem provisorischen Feldbett. Sie hatte nicht mehr in der Gilde oder im Wohnheim schlafen wollen, deshalb hatte Natsu ihr angeboten, vorübergehend hier zu wohnen, bis sie wieder etwas Eigenes gefunden hatte.

Tief sog Natsu die Luft ein. Der Raum war erfüllt von Lucys Geruch. Kein Blut haftete ihm mehr an, er war wieder rein und frisch und lebendig. Allein dieser Geruch war schon die reinste Wohltat für Natsu, dessen Gedanken nach diesem Traum immer noch ganz durcheinander waren.

„Kannst du auch nicht richtig schlafen?“

Überrascht zuckte Natsu zusammen, als Lucy sich aufrichtete und zu ihm blickte. Sie wirkte müde, aber sie nahm es ihm nicht übel, dass er sie beobachtet hatte.

„Du auch nicht?“, stellte er eine Gegenfrage und trat zu ihr.

„Ich habe drei Wochen lang durchgeschlafen und danach eine Weile nur das Bett gehütet. Früher konnte ich besser schlafen. Nach Missionen…“

„Wenn du wieder Missionen machst, kannst du sicher auch wieder besser schlafen“, sagte Natsu zuversichtlich und setzte sich neben Lucy. „Dann kannst du auch Geld für eine eigene Wohnung sparen. Hier gefällt es dir ja nicht besonders, glaube ich.“

„Doch, hier gefällt es mir“, widersprach Lucy leise und zu Natsus Überraschung lehnte sie sich an seine Schulter. Für einen Moment zögerte er, dann legte er einen Arm um ihren Körper.

„Das ist schön“, murmelte er und blickte zum Fenster, unschlüssig, was er jetzt sagen sollte.

Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen und es dauerte einige Minuten, bis Natsu klar wurde, dass er gar nichts sagen musste. Es war ein angenehmes Schweigen – und es war ein gutes Gefühl, Lucy so nahe zu sein.

„Danke, dass du dich an mich erinnert hast“, sagte Lucy ohne Vorwarnung.

Unwillkürlich schlang Natsu den Arm fester um sie. Bei seiner Erwiderung war seine Stimme leicht belegt. „Danke, dass du durchgehalten hast.“

„Danke, dass du mich gerettet hast“, krächzte Lucy und Natsu spürte, wie sie erzitterte.

Einem Instinkt folgend lehnte er seine Wange gegen ihre Haare, um ihr näher zu sein. Seine nächsten Worte waren nur ein Wispern, ganz alleine für Lucy bestimmt. „Danke, dass du mir vertraut hast!“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 1 - "Verwirrungen" am 14. Dezember 2014

Es fühlte sich an, als wäre ihre Umgebung aus dem Gleichgewicht geraten. Aber wieso? Es war doch alles wie immer. Das Wettessen zwischen Natsu und Gazille. Die Ekceed. Mirajane an der Theke, von Jason umschwärmt. Cana, die ihr Bierfässchen tätschelte… Alles war wie immer, oder nicht?
Nein. Da fehlte etwas. In all dem Geruchswirrwarr, für das Wendy wie jeder Drachentöter ein besonderes Näschen hatte, fehlte etwas. Aber was?
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 2 - "Anfall" am 21. Dezember 2014

Was war das bloß? War er krank? Hatte er Fieber und bildete sich all das nur ein? Oder träumte er womöglich sogar nur? Vielleicht war es nur eine Auswirkung eines magischen Angriffs – aber sein letzter Auftrag mit einer Kampfsituation war schon eine ganze Weile her.
Zähne knirschend ballte er die Hände zu Fäusten. Warum bemerkte es keiner der Anderen? Warum war er alleine mit diesem grauenhaften Gefühl? Wieso konnte keiner sehen, wie falsch das alles hier war?!
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 3 - "Hilferuf" am 28. Dezember 2014

Sting bedeutete seinem Partner, ruhig zu sein, und ging dann mit großen Schritten auf Makarov zu, der auf seinem Lieblingsplatz neben der Theke saß und bis eben noch mit finsterer Miene gegrübelt hatte.
„Meister Makarov, was ist hier los?“
„Natsu ist… krank… oder was auch immer das zu bedeuten hat“, erklärte Makarov düster.
„Krank?“, wiederholte Rogue verblüfft. „Ist er ansprechbar? Wir sind nämlich seinetwegen hier.“
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 4 - "Unbezwingbar" am 4. Januar 2015

„Vielleicht bin ich eine lausige Magierin“, gab Lucy müde zu und senkte den Blick wieder. Blutstropfen waren zu ihren Füßen zu erkennen. Jeder Atemzug fiel ihr schwer, dennoch sprach sie weiter. „Ich bin nicht so stark wie Natsu oder so geschickt wie Wendy… Aber ich stehe nicht hinter ihnen zurück, wenn es um meine Freunde geht! Und genau das verdienen Stellargeister. Sie sind Freunde und ich werde sie niemals ausliefern. Lieber… sterbe ich…“ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 5 - "Erinnerungsfetzen" am 11. Januar 2015

Happy war sich nicht klar, wieso er hierher gekommen war. Er war ganz in Gedanken gewesen, betrübt von Natsus seltsamen Verhalten und bedrückt, weil er sich immer noch nicht an die verschwundene Kameradin erinnern konnte. Er war einfach losgelaufen. Eigentlich hatte er nach Hause gehen wollen, um eine Weile alleine zu sein.
Und dann war er hier gelandet.
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Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 6 - "Spurensuche" am 18. Januar 2015

„Natsu!“
Die Stimme hallte in seinem Kopf wider, während er immer weiter rannte. Vor seinen Augen hatte er die Szene von damals, wie sie den Turm hinunter gestürzt war.
Es waren nur Sekunden gewesen. Herzschläge.
Wäre er damals zu spät gewesen, wäre sie vor seinen Augen gestorben. Er hätte sie damals verlieren können. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 7 - "Todesschwelle" am 25. Januar 2015

Die eisigen Finger des Todes schlossen sich immer fester um ihren Körper. Sie setzten nach und nach alle Körperfunktionen außer Gefecht. Immer wieder verschluckte sie sich an ihrem eigenen Speichel. Ihre Lunge stand kurz vorm Kollaps und ihr Herz schien nicht mehr in der Lage zu sein, ihren Körper ausreichend mit sauberem Blut zu versorgen. Selbst ihr Gehirn schien zu versagen. Jeder Gedanke fühlte sich zäh, beinahe schmerzhaft an.
Es half nur, sich immer weiter an den einen Gedanken zu klammern: Bald waren sie hier! Bald war sie frei! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 8 - "Urvertrauen" am 1. Februar 2015

Sie alle konnten sich jetzt wieder an Lucy erinnern. Mirajane hatte geweint, als sie es Makarov über dem Kommunikationslacrima erzählt hatte. Selbst Laxus, der den Drahtzieher hinter all dem zum Rat befördert hatte, hatte aufgewühlt gewirkt. Obwohl in seinem Fall wohl eher die Wut ob dieses unverhohlenen Angriffs auf die Gilde vorgeherrscht hatte. So verhielt es sich in der gesamten Gilde, soweit Makarov das bisher überblicken konnte: Entweder waren die Mitglieder wütend oder schuldbewusst. Makarov konnte Beides nur zu gut nachvollziehen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 9 - "Überbleibsel" & Prolog - "Traumgesicht" am 8. Februar 2015

Wieder auf vertrauten Pfaden zu wandeln, war ein gutes Gefühl. Vorsichtiger als sonst balancierte Lucy an der Kante des Kanals und sog die frische Luft mit tiefen Atemzügen ein. Sie war jetzt wieder frei! Keine Folter mehr, keine höhnischen Bemerkungen, keine Kälte und kein Hunger. Die Schmerzen und Erniedrigungen hatten ein Ende. Ihr Leben würde endlich wieder ganz normal weiter gehen… Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, damit ist diese Geschichte beendet. Der eine oder andere wird vielleicht auf ein eindeutigeres Ende bezüglich NaLu gehofft haben - obwohl das hier schon eindeutig genug ist, wie ich finde -, aber es hätte einfach nicht zum Stil von Fairy Tail gepasst, dem ich aller Experimentierfreudigkeit zum Trotz treu bleiben wollte.
Ich hoffe sehr, dass allen, die bis hierhin durchgehalten haben, Spaß beim Lesen hatten, und ich danke allen Kommentarschreibern von Herzen. Es hat mir großen Spaß gemacht, diese FF zu schreiben und hochzuladen und mittlerweile finde ich den Gedanken reizvoll, vielleicht irgendwann eine weitere Fairy Tail FF zu schreiben.
Für all jene, die auch für andere Fandoms zu haben sind, möchte ich hiermit ankündigen, dass ich wohl im Verlauf des März 2015 eine FF zum Fandom "Der Herr der Ringe" veröffentlichen werde. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich den einen oder anderen meiner hiesigen Kommentarschreiber dort wieder sehen würde.
Bis dahin!
Yosephia Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von: abgemeldet
2016-02-07T08:53:44+00:00 07.02.2016 09:53
Ooc? Wo? O_O Du hast meiner Meinung nach dein Ziel mit dieser FF erreicht - eine Charakter-Studie. Und die Charaktere sind dabei sehr IC geblieben. Besonders gut fand ich, dass sie ihre schrillen Eigenarten behalten haben, aber nicht überzogen wirkten. Der Humor von FT ist ja schon sehr... eigen manchmal, da ist es - finde ich - schwer, die Charaktere dann in einer FF nicht total bescheuert wirken zu lassen. ;) Ich könnte dir aber nicht sagen, welchen Charakter ich am besten getroffen fand - sie waren alle gut getroffen. Natsu war in seiner stürmischen Art so als Hauptcharakter der Geschichte sehr überzeugend. Bei Lucy hat man ja doch einiges an Entwicklung mitbekommen, da fand ich es am Ende irgendwie... komisch. Ich weiß nicht, inwiefern einen so ein Erlebnis prägt - ich fand ihren Zusammenbruch sehr realistisch, aber ansonsten schien es mir, als wäre sie doch sehr schnell darüber hinweg gekommen. Schade fand ich, dass die Stellargeister gar keine Rolle mehr gespielt haben. Ich hätte es gut gefunden, wenn sie wenigstens noch einen Anschiss von Loki bekommen hätte :P Immerhin wollte der sie ja noch retten.

Dennoch: Die Handlung ist interessant (wenn auch natürlich nicht 100% neu, aber darauf kam es ja nicht an!) und dein Stil ist gewohnt angenehm zu lesen. (Ein paar kleinere Fehler waren drin, aber nichts gravierendes!)
Was mir allerdings noch fehlen würde, ist eine klare Genre-Kennzeichnung. Man KANN rauslesen, dass Natsu und Lucy mehr verbindet als Freundschaft - die Frage ist jetzt nur: ist das gewollt von dir, dass es so offen bleibt? Ist es Gen und es ist wirklich eine intensive Freundschaft? Oder ist es Absicht, dass die beiden doch sehr nah wirken? (Für mich persönlich ist da keine Romanze drin, aber was mir schon alles als Romanze verkauft wurde, wo ich noch Freundschaft sehe... xD Da frag ich dann doch lieber nach, ich bin so unromantisch XD)

Ja, ansonsten bleibt mir nicht viel zu sagen... außer dass ich gar nicht gesehen hab, dass ein Nachwort da ist :O Uiuiui, muss ich noch lesen gehen. Ich lese immer als ePub auf dem eReader, da sieht man keine Nachwörter. :D"
Von:  Silencer
2015-02-12T15:18:24+00:00 12.02.2015 16:18
Kommentar zum letzten Kapitel:
Ich finde das Ende sehr gelungen. Dass es mit einem Traum endet wie es angefangen hat rundet alles schön ab. Und wie du bei deinem Nachwort schon gesagt hast: das "offene" Ende ist einfach mehr Stil von Fairy Tail ^^

Ich möchte dir noch zum Schluss ein großes Lob aussprechen:
Dein Schreibstil ist außerordentlich gut. Er ist locker und flüssig und du hast keine Rechtschreibfehler. Da du deine Kapitel eher kurz gehalten hast, konnte man es locker durchlesen ohne gelangweilt zu sein oder die Aufmerksamkeit zu verlieren. Außerdem gefällt mir, dass du jedes Kapitel in einen anderem Stil geschrieben hast. Und wie ich bereits erwähnte, hast du die Charaktere wirklich sehr gut getroffen (und ich finde, das kann auch nicht jeder behaupten).

Es hat mir Riesenspaß gemacht deine Geschichte zu lesen und ich sage nur: mach weiter so ;)
Von:  fahnm
2015-02-11T21:03:19+00:00 11.02.2015 22:03
Starkes Kapitel.

Deine Geschichte war wirklich gut.
Von:  fahnm
2015-02-11T21:00:42+00:00 11.02.2015 22:00
Ein Tolles Kapitel
Von: abgemeldet
2015-02-10T18:29:46+00:00 10.02.2015 19:29
Ein wirklich schönes Kapitel^^
Die Story war wirklich tiefgründig und fantastisch. *grinst*

LG^^Alien^^
Von: abgemeldet
2015-02-10T18:28:39+00:00 10.02.2015 19:28
Das Kapitel war großartig :3
Von:  Silencer
2015-02-08T20:08:47+00:00 08.02.2015 21:08
Was mir an diesem Kapitel gefällt, ist, dass nicht gleich nach der erfolgreichen Rettung auf Anhieb alles voller Friede ist, sondern dass es auch ernste Nachwirkungen geben kann (bzw. gibt). Und ich finde es toll, dass du das Verhältnis zwischen Natsu und Lucy nicht kitschig beschrieben hast. Die Tatsache, dass er sie, während sie schlief, nicht ansprach und berührte, trifft auf Natsus Charakter zu, finde ich. Aber dass er sich schlussendlich doch dazu durch gerungen hatte sie zu berühren, dass fand ich sehr rührend und passend.
Ich bin schon sehr auf dein folgendes Kapitel gespannt :)
Von:  Silencer
2015-02-08T20:02:08+00:00 08.02.2015 21:02
Ein wehmütiges Kapitel, aber passend zu Lucys Situation. Ich finde es toll, dass die ganze Gilde (oder auch nur unsere berüchtigt, beliebte Truppe) zu Lucys Rettung beigetragen hat und nicht nur Natsu allein, aber dass dennoch er allein Lucy vorfindet und rettet. Ich hätte gerne erfahren, wie die Rettungsaktion erfolgte. Aber ich denke, das wäre schwer zu beschreiben gewesen, vor allem weil diese Geschichte ja nicht auf Kampf und Aktion ausgelegt ist, nicht wahr? ^^
Ich frage mich nur, wie sie schlussendlich Lucy gefunden haben? Lag es allein an Natsus Instinkten?
Von:  Silencer
2015-02-08T19:53:54+00:00 08.02.2015 20:53
Die Absätze, mit den Sprüngen von Natsu zu den anderen Charakteren, sind sehr gelungen. Sie machen das Lesen locker und leicht. Und es ist toll, dass das Team wieder zusammenkommt :)
Von:  Silencer
2015-02-08T19:48:32+00:00 08.02.2015 20:48
Auch hier gefällt es mir sehr gut, dass du die Ansicht der verschiedenen Charaktere einbezogen hast. Und das noch eingeteilt in Tagen :)


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