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Last Desire 4

L x BB
von

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Rumikos Ratschlag

L war unruhig und konnte an nichts anderes denken als an die Tatsache, dass Beyond sich mit A traf. Zwar vertraute er ihm, aber es störte ihn trotzdem und er fühlte sich elend. Und je länger er alleine vor seinen Monitoren saß, desto schlimmer wurde es und so beschloss er, etwas gegen sein Gefühlschaos zu unternehmen und verabschiedete sich von Watari. Er ging direkt zu Rumiko und Jamie, die direkt im Haus nebenan wohnten. Statt Rumiko machte aber ihr Mann Jamie auf und dieser begrüßte ihn wie immer sehr herzlich mit einer Umarmung. Zugegeben, es war auch gar nicht mal so schlecht, mit Jamie zu sprechen. Zwar war dieser nicht gerade der Intelligenteste und auch geistig etwas zurückgeblieben, aber dennoch hatte er manchmal echt gute Ratschläge in Sachen Beziehung. Außerdem war er ein sehr unkompliziert denkender Mensch und sah viele Dinge ganz anders als L. „Hallo L! Wenn du Ruby suchst, die ist gerade noch einkaufen, sie kommt aber gleich zurück.“ Jamie führte ihn ins Wohnzimmer und bot ihm einen Tee an, den L natürlich nicht ablehnte. Wenig später kam der 24-jährige zurück und hatte ein Tablett dabei, welches er vorsichtig auf den Tisch abstellte, dann goss er L einen Tee ein, bevor er sich aufs Sofa setzte und ihn mit seinen großen und kindlich wirkenden Augen ansah. „Du siehst traurig aus, L. Hast du dich mit Beyond gestritten?“

„Nein, das ist es nicht.“ Der Detektiv begann, nach und nach Zucker in die Tasse zu geben, wobei er sich überlegte, wie er sein Problem so erklären konnte, dass Jamie es auch verstehen konnte. „Es ist so, dass Beyond sich mit jemanden trifft, den er früher sehr geliebt hat. Die beiden waren beste Freunde, aber sein bester Freund hat ihn nicht geliebt. Er… er starb schließlich vor Beyonds Augen und jetzt wurde er wieder zurückgeholt. Beyond trifft sich jetzt gerade mit ihm und das lässt mir keine Ruhe.“ Er wartete einen Moment, bevor er weitererzählte, da er Jamie die Zeit lassen wollte, es auch zu verstehen. Denn der Gute brauchte manchmal eine Weile, bis er so etwas auch ganz verarbeitet hatte. Manchmal musste man eben etwas Geduld mit ihm haben. „Wieso trifft sich Beyond mit ihm?“ „Um sich mit ihm auszusprechen. Das Problem ist aber, dass sein bester Freund damals in mich verliebt war und das Ganze ist für Beyond nicht einfach.“ Jamie dachte nach und schien wohl nicht ganz diese komplizierte Situation zu verstehen. Nun ja, L konnte es ihm auch nicht verdenken. Das Ganze war wirklich kompliziert und auch mehr als verrückt. „Und du bist traurig, weil du denkst, Beyond würde seinen besten Freund mehr lieben als dich?“

„So ungefähr ja. Zwar hat er mir gesagt, dass er sich für mich entscheiden wird, weil er mit mir glücklich ist, aber ich habe trotzdem Angst. Wenn es nach mir ginge, würde ich diesen Kontakt unterbinden und dafür sorgen, dass Beyond ihn nicht wieder sieht.“ Jamie dachte wieder nach und nickte dabei, dann aber schien er sich so ungefähr ein Bild gemacht zu haben und erklärte „Das darfst du aber nicht machen, L. Wenn du das tust, dann vertraust du ihm doch nicht.“ „Das weiß ich. Trotzdem fühle ich mich schlecht dabei.“

„Meine Mama hat mal gesagt: Wenn du etwas wirklich liebst, dann lass es frei. Wenn es zu dir zurückkommt, gehört es dir und wenn nicht, dann hat es dir nie gehört. Wenn Beyond zu dir zurückkommt, dann ist das doch ein Zeichen dafür, dass er dich mehr lieb hat und dann brauchst du auch keine Angst zu haben. Und wenn Beyond sagt, dass er bei dir bleiben will, dann meint er es auch so. Er sagt so etwas normalerweise nie, also ist das etwas ganz Besonderes!“ Aber trotzdem blieb das schlechte Gefühl und L wusste auch nicht, was er dagegen tun sollte. Schließlich aber wurde er wieder aus seinen Gedanken gerissen, als die Haustür geöffnet wurde und Rumiko mit den Einkäufen hereinkam. „Bin wieder da!“ rief sie und verschwand in die Küche. „Hallo Ruby!“ rief Jamie laut, damit seine zwei Jahre ältere Frau ihn auch hörte. „L ist hier zu Besuch!“ „Ich komm sofort.“ Wenig später, nachdem sie die Einkäufe ausgeräumt und einsortiert hatte, kam sie ins Wohnzimmer und grüßte L in ihrer üblich herzlichen Art und Weise. Hieß also, dass auch sie ihm eine Umarmung gab. „Was verschlägt dich denn ganz allein hierher? Ist Beyond gar nicht da, oder habt ihr euch gezankt? Oder hat er immer noch irgendwelche Schmerzen, nachdem die Couch gestern zusammengekracht ist?“ L verzog das Gesicht, als sie das erwähnte und sah sie mit einem strafenden Blick an. „Musst du das schon wieder erwähnen?“ „Entschuldige, aber du musst doch zugeben, dass es witzig ist. Ich hab jedenfalls noch nie gehört, dass zwei es so heftig getrieben haben, dass sie dabei die Couch zu Kleinholz verarbeitet haben.“

„Jetzt übertreib mal nicht gleich. Und nein, ich hab mich nicht gestritten.“ Er erklärte Rumiko noch mal in aller Ausführlichkeit die Situation, in der er sich gerade befand und wie es ihm dabei ging. Die schwangere Musiklehrerin betrachtete ihn eine Weile nachdenklich, nickte bedächtig und goss sich nun ihrerseits einen Tee ein. „Ich kann dich gut verstehen, L. Natürlich ist es eine echt beschissene Situation, wenn der Partner sich mit der ersten großen Liebe trifft, die er auf so tragische Weise verloren hat. Wenn die beiden sich wenigstens vernünftig getrennt hätten, dann bräuchte man sich ja eigentlich keine Sorgen zu machen, aber das ist ja nicht der Fall. Ich glaube, ich weiß schon, was du befürchtest. Beyond kam ja schon zu mir, um mich um Rat zu bitten. Es ging ja darum, dass er sich Sorgen machte und auch Angst hatte, dir vor den Kopf zu stoßen. Und du hast Angst, dass Beyond sich aus Mitleid für Andrew entscheiden könnte, weil dieser psychisch labil und schwer depressiv ist. So wie es sich anhörte, scheint sich Beyond damals sehr um ihn gekümmert zu haben und hat nun eben große Angst, seinen besten Freund erneut auf solch eine tragische Art und Weise zu verlieren.“ So ungefähr traf das den Nagel auf den Kopf. Manchmal schien es irgendwie so, als sei Rumiko besser eine Paartherapeutin geworden, statt Musiklehrerin an einer Grundschule. Aber sie hatte in Oxford Psychologie studiert und ihre Erfahrung mit schwulen Paaren kam ihr auch zugute, dass sie sich mit solchen Beziehungsproblemen hervorragend auskannte, auch wenn sie es selbst nicht erlebt hatte. Oder eben halt weil sie es bis jetzt noch nicht selbst erlebt hatte, war ihre Sichtweise oft anders und auch sachlicher. Sie hatte diese ganzen Beziehungsprobleme nie gehabt, weil Jamie ihre erste große Liebe war und er ihr nie einen Grund geliefert hatte, eifersüchtig zu werden. „Dass du diese Ängste hast, ist vollkommen normal, L. Das klingt verrückt, aber es ist der beste Beweis dafür, dass du Beyond liebst. Denn wenn es einen völlig kalt lässt, dass der Partner sich mit dem Ex trifft, dann ist es mit der Liebe auch nicht weit her. Und dass du dir insbesondere bei Beyond Sorgen machst, ist völlig verständlich. So wie ich ihn kenne, wird es ihm so oder so ziemlich schwer fallen, Andrew die Wahrheit zu sagen, weil er einfach so große Angst hat, ihn wieder zu verlieren. Freundschaft und Liebe sind zwei Sachen, die einfach nicht zusammenpassen. Wenn er diese Gefühle für Andrew nicht gehabt hätte und sie einfach nur Freunde wären, dann wäre es für dich ja erträglicher, weil du nicht befürchten müsstest, da könnte wieder etwas zwischen ihnen laufen. Aber… da Beyond ihn früher geliebt hat und nun als sein bester Freund da sein will, befürchtest du, dass es für ihn schwer sein wird, diese Grenze zwischen Freundschaft und Liebe zu ziehen und auch zu bewahren, nicht wahr? Schnell kann es passieren, dass man von freundschaftlicher Ebene auf die andere rutscht, ohne es zu merken und dann ist die Katastrophe da und genau der Fall trifft ein, den du eigentlich nicht haben willst. Nämlich, dass Beyond in Andrew nicht mehr einen Freund sieht, sondern den Menschen, den er liebt und dem er unbedingt helfen muss.“ Es war schon fast unheimlich, wie gut Rumiko ihn durchschauen konnte. Das war ja schon wirklich beängstigend. Aber sie hatte in allen Punkten Recht. Natürlich hatte er Angst, dass Beyond sich um Andrew kümmerte, um ihm mit seiner Depression zu helfen und er dann nicht mehr bloß freundschaftliche Gefühle empfand. Was, wenn er sich Andrew verpflichtet fühlte und sich deshalb für ihn entscheiden würde? Genau das war seine größte Angst und er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Er konnte Beyond ja schlecht den Kontakt zu Andrew verbieten. Erstens hörte dieser eigensinnige Sturkopf ja sowieso nie auf ihn und zweitens würde es nur zum Streit zwischen ihnen führen und das wollte er auch nicht. Also was sollte er tun und wie sollte er sich verhalten? Rumiko fuhr sich mit ihren grazilen Fingern durch ihr langes goldblondes Haar und dachte nach. Die ganze Sache war wirklich kompliziert und sie wollte L schon gerne helfen. Immerhin ging es um ihren Bruder Beyond, dem sie schon damals nach Andrews Selbstmord beigestanden hatte und ihm auch wie eine Ersatzmutter war. Sie wusste, dass die beiden eigensinnige Dickköpfe waren und oft ihre Meinungsverschiedenheiten hatten. Sie waren eben etwas schwierig und deshalb brauchten sie jemanden, der ihnen Ratschläge geben konnte, denn sonst würde es entweder einen heftigen Streit, oder eine anderweitige Katastrophe zur Folge haben. Schließlich aber sagte sie „Wenn ich dir einen Ratschlag geben soll: du solltest das alles erst einmal nur beobachten. Vielleicht machst du dir nur unnötig Sorgen und Beyond schafft es, ganz klar zwischen Liebe und Freundschaft abzugrenzen und vor Andrew klare Verhältnisse zu schaffen. In dem Falle hat sich das Thema doch von selbst erledigt. Ich hab ihm auch schon gesagt, dass er Andrews bester Freund, aber nicht sein Betreuer oder Therapeut ist. Er muss auch lernen, sich abzugrenzen und ganz klar zu sagen, dass er als Freund für ihn da sein wird, sich aber nicht rund um die Uhr um ihn kümmern und ihn immerzu aufbauen kann. Früher oder später würde er selbst daran kaputt gehen und dieser Andrew muss auch lernen, sich selber Hilfe zu suchen, wenn er so sehr mit seinen Depressionen zu kämpfen hat. Die ganze Situation ist nicht einfach, da stimme ich dir zu, L. Aber warte doch erst einmal ab, wie das Treffen ausgeht. Wenn Beyond es geschafft hat, Andrew die Wahrheit zu sagen und klare Verhältnisse zu schaffen, dann brauchst du dir doch keine Sorgen zu machen. Dann hat sich alles geklärt und alles ist super.“

„Und was, wenn Beyond es nicht schafft und er sich wieder von A so vereinnahmen lässt?“ Genau das war seine größte Sorge und er wusste auch nicht, was er in dem Fall tun sollte. Eben deswegen hoffte er ja auch auf Rumikos Ratschlag. „Wenn das wirklich so kommen sollte, musst du derjenige sein, der klare Grenzen zieht, L. Es kann nicht angehen, dass Beyond zwischen den Stühlen hin und her wechselt, weil er nicht konsequent sein kann. In dem Fall muss er eben mit harten Bandagen angefasst werden. Sag ihm ganz klar, dass du das nicht willst und dass du das auch nicht so hinnehmen möchtest. Und wenn du willst, werde ich dann auch noch mal ein paar Worte mit meinem Bruder sprechen, um ihm den Kopf zu waschen. Ihr beide seid so ein süßes Paar, da kann ich doch nicht mit ansehen, wie der Dummkopf alles in den Sand setzt!“ Es tat wirklich gut, mit Rumiko zu sprechen. Sie wusste immer eine Lösung und irgendwie hörte sich alles bei ihr immer so einfach an. „Also das heißt, ich soll erst einmal warten und Beyond muss klar Position beziehen, auch vor A.“

„Genau. Für eine funktionierende Beziehung ist es sehr wichtig, dass man einander vertraut und klar zueinander steht, auch vor anderen. Nun gut, dass du das nicht kannst, das ist eine ganz andere Geschichte. Bei dir stehen immerhin dein Ruf und deine Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, weil Beyond ein verurteilter Straftäter ist und er zudem in der Vergangenheit versucht hat, dich umzubringen. Aber das ist sowieso geklärt und Beyond versteht ja auch, wieso du öffentlich nicht zu ihm stehen kannst. Aber insbesondere er muss ganz klar zu dir stehen, eben weil er mit Andrew so eine schwierige Beziehung hatte und er ihn damals so sehr geliebt hat. Und wenn er das nicht kann, dann muss er es eben schnellstmöglich lernen, wenn er eure Beziehung nicht gefährden will. So sieht der Tatbestand nun mal aus.“ Damit atmete sie laut aus und lehnte sich zurück, wobei sie ihren Kopf auf der Lehne ablegte. „Mann, Mann, Mann… eure Beziehung ist aber auch wirklich total schwierig. Ohne Beziehungsratgeber wärt ihr sicher schon längst aufeinander losgegangen und hättet euch die Augen ausgekratzt.“

„Die Liebe ist eben nicht einfach, oder?“

„Kommt ganz auf die Menschen an, die zusammen sind. Bei mir und Jamie funktioniert alles wunderbar, weil er absolut unkompliziert und einfach gestrickt ist und ich von dem Rest der heterosexuellen Männer nichts wissen will, weil die sowieso nur alle schwanzgesteuerte Trottel sind, die entweder scharf auf mein Aussehen oder auf das Geld meiner Familie sind. Deswegen ist unsere Beziehung so einfach und problemlos, weil wir überhaupt keine Gründe hätten, einander zu misstrauen oder Sorgen zu haben. Aber bei euch beiden ist das ja was ganz anderes. Jeder einzelne von euch ist schon schwierig genug, aber zusammen wird das ja noch mal doppelt so schlimm. Dass ihr euch liebt und eure Rollen klar verteilt habt, ist ja schön und gut, so ist die Grundbasis für eine gute Beziehung geschaffen. Aber ihr seid vom Charakter her einfach schwierig. Keiner lässt sich gerne vom anderen unterbuttern oder herumkommandieren, ihr seid beide absolute Sturköpfe, kindisch und in manchen Sachen unverbesserlich. Tut mir leid, dass ich das jetzt sage aber ihr seid anstrengend. Und eure Beziehung wäre wesentlich unkomplizierter, wenn der andere viel ruhiger und gelassener wäre, um somit als ausgleichender Pol zu dienen. Doch das ist nicht der Fall. Ihr seid euch in der Hinsicht einfach viel zu ähnlich und das kann oft ein Problem werden. Eure Beziehung ist mit einem Doppelmagneten vergleichbar. Der äußere Teil ist verschieden gepolt. Du bist das Plus, Beyond das Minus. Deshalb zieht ihr beide euch an. Aber der innere Teil, nämlich der Kern des Magneten ist gleichgepolt, also entweder zweimal Plus, oder zweimal Minus. Das sorgt dafür, dass ihr euch anzieht, aber wenn ihr dann zusammen kommt, reagieren diese zwei gleichen Pole und sorgen dafür, dass ihr euch gegenseitig wieder abstoßt. Bei Jamie und mir ist es hingegen so, dass wir jeweils nur einen einzigen Pol haben, nämlich Plus und Minus und deshalb passen wir problemlos zusammen. Ihr beide seid schwierige Menschen und ihr macht euch vieles manchmal komplizierter, als es eigentlich ist und das ist das Kernproblem eurer Beziehung. Und da kann man auch nichts daran ändern, denn dann müsstet ihr euch von Grund auf ändern und das will keiner von euch. Deshalb wird es immer wieder Schwierigkeiten in eurer Beziehung geben. Aber daran wird eure Beziehung auch weiter wachsen. Denn ihr beide habt bis jetzt doch jede Krise gemeistert. Du hast es geschafft, Beyonds Herz zu öffnen und als Sam und Clear Beyond gefoltert und vergewaltigt haben, da seid ihr auch näher zusammengekommen. Und selbst als du gedacht hattest, ich hätte ein Verhältnis mit Beyond, da habt ihr euch auch wieder zusammengerauft und gelernt, ehrlich zueinander zu sein und euch gegenseitig zu vertrauen. Jede Krise, die auf euch zukommt, ist natürlich eine Herausforderung. Aber sie ist für euch auch eine Chance, für die Zukunft dazuzulernen, dass ihr die gleichen Fehler nicht mehr wiederholt.“ Es war wirklich eine gute Entscheidung gewesen, Rumiko um Rat zu bitten. Sie besaß das Talent, genau das auszusprechen, was andere so beschäftigte und sie fand dann immer eine Lösung für das Problem. Schließlich machte die Lehrerin eine kurze Pause und trank ihren Tee aus, dann verschwand sie in die Küche. „Verdammte Heißhungerattacken“, rief sie und man hörte, wie sie in den Schränken herumkramte. Wenig später kam sie mit einer Chipstüte zurück und tauchte die einzelnen Chips in Schokoladensoße. „Manchmal frage ich mich echt, was diese kleinen Satansbraten mit mir anstellen, dass ich einen Moment lang die ganze Zeit Salzstangen futtere und dann auch schon wieder Hunger auf Vanillepudding bekomme. Erst letztens war ich total verrückt nach sauren Gurken und hab kurz darauf einen Zuckerwürfel nach dem anderen gelutscht. Und dabei hab ich immer wieder gedacht, dass das so ein total schwachsinniger Schwangerschaftsmythos ist. Dafür kann ich seit gestern plötzlich keinen Kaffee mehr trinken, ohne dass mir schlecht wird. Und allein vom Fischgeruch wird mir anders. Als würden die Kleinen mir schon auf der Nase herumtanzen, bevor sie überhaupt geboren sind.“ Damit begann sie ihre Chips mit Schokoladensoße zu essen. Jamie sah das alles mit mehr Humor und lachte. „Ich finde es irgendwie lustig, dass Ruby so komische Heißhungerattacken kriegt.“

„Haha, sehr witzig“, gab sie genervt zurück. „Ich frag mich echt, wie ich das wieder runterkriegen soll, wenn das so weitergeht.“

„Dein Bauch wird doch eh größer werden, oder etwa nicht?“

„Ja dankeschön, dass du mich daran erinnerst, wie aufgequollen ich in ein paar Monaten aussehen werde. Sag doch gleich, dass ich wie ein fettes Walross aussehe. Na los doch! Ihr denkt doch alle, dass ich fett bin.“ Und damit brach sie in Tränen aus und begann heftig zu schluchzen. L sah sie ungläubig an und wusste gar nicht, was denn mit ihr los war und wieso sie auf einmal so am heulen war. Gerade war sie noch ganz normal gewesen. Jamie erklärte die Situation. „Das sind die Hormone. Ruby hat manchmal solche Gefühlsausbrüche. Dann ist sie manchmal total fröhlich und kann nicht aufhören zu lachen, dann ist sie plötzlich ganz böse und wird schnell sauer und dann ist sie total traurig und hört nicht auf zu weinen. Das geht gleich vorbei.“

„Ich weiß, ich bin anstrengend“, schluchzte sie und schob sich einen weiteren Schokochip in den Mund. „Es tut mir so leid, L.“

„Sch-schon in Ordnung. Es sind ja nur die Hormone.“

„Nur die Hormone? Denkst du etwa, ich bin eine hormongesteuerte Zicke, oder was?! Nur damit eines klar steht: nur weil du aussiehst wie so ein knuffiges Pandabärchen, hast du noch lange nicht das Recht, so mit mir zu reden. Ihr seid alle so gemein. Ich hasse euch!“ Und damit erhob sich Rumiko laut schluchzend, verließ das Wohnzimmer und schloss sich im Badezimmer ein. L blieb sprachlos sitzen und wandte sich an Jamie, der sich aber nicht sonderlich daran zu stören schien, was gerade passiert war. „Ist… ist sie öfter so?“ „Hin und wieder mal. Letztens hat sie eine Kassiererin angeschrieen, weil sie dachte, die Kassiererin würde sie schief angucken. Das legt sich aber schnell wieder. Manchmal frage ich mich, ob meine Mama auch so war, als sie schwanger war.“ Gute Frage. Insgeheim fragte sich L in diesem Moment auch, ob seine Mutter vielleicht auch so schräg drauf gewesen war. Na wenigstens brauchte er sich keine Sorgen zu machen, dass Beyond irgendwann mal so drauf sein könnte. Wäre ja was neues, wenn Männer schwanger werden könnten. Schließlich aber kam Rumiko nach ein paar Minuten wieder zurück. Inzwischen hatte sie sich wieder beruhigt und sie wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen weg. „Tut mir leid wegen meinem Gefühlsausbruch. So was passiert mir hin und wieder mal.“

„Schon gut, du kannst nichts dafür.“ Trotzdem nahm L es ihr ein klein wenig übel, dass sie ihn ein „knuffiges Pandabärchen“ genannt hatte. Schlimm genug, wenn sich Beyond die Frechheit herausnahm, ihn so zu nennen. Jetzt fing auch schon Rumiko damit an. Warum zum Teufel verglichen ihn alle immer mit einem Pandabär? Lag es vielleicht an seinen Augen? Tja, das war ihm wirklich ein Rätsel. Er bedankte sich schließlich für das Gespräch und verabschiedete sich von Rumiko und Jamie. Die schwangere Musiklehrerin begleitete ihn noch zur Tür und legte eine Hand auf seine Schulter. „Fall nicht direkt mit der Tür ins Haus, wenn er wieder zurückkommt, ja? Geh es langsam und vorsichtig an und dann wird er schon sagen, was los ist.“

„Okay, danke für den Ratschlag. Ich werde ihn beherzigen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-09-10T19:52:50+00:00 10.09.2014 21:52
Ein echt wundervolles Kapitel^^^^
Ich freue mich schon sehr auf das nächste Kapitel. *-*


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