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Last Desire 4

L x BB
von

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Ein gebrochenes Herz

Beyond war mit gemischten Gefühlen in die Bar gegangen und fragte sich, ob er wirklich das Richtige tat. Zwar hatte L ihm gesagt, er würde ihm vertrauen, aber es war für ihn trotzdem quälend zu wissen, dass Beyond sich mit seiner ersten großen Liebe traf. Und natürlich hatte der Serienmörder ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber, aber er machte sich auch Sorgen um Andrew. Er hatte gestern so unglücklich und traurig gewirkt, dass ihn einfach nicht das Gefühl los ließ, als wäre da etwas, was seinen alten Freund beschäftigte. Als er die Bar betrat, war es noch recht früh und dementsprechend noch nicht viel los. Trotzdem saßen bereits die üblichen Paare turtelnd auf ihren Stammplätzen. Na wenigstens war Colin nicht da. Wahrscheinlich traute der sich erst mal nicht mehr hierher, nachdem er befürchten musste, dass „Mama Ruby“ von seinem Ausrutscher erfahren hatte. Denn bei solchen Sachen verstand sie keinen Spaß, insbesondere als sie erfahren hatte, was Beyond zugestoßen war, als er an Clear und Sam geraten war. Auch wenn sie für gewöhnlich ein sehr geselliger und friedlicher Mensch und die wohl beliebteste Person in der Bar war, so wusste wirklich jeder, dass es gefährlich war, sich mit ihr anzulegen. Denn für sie gab es drei Regeln, die sie aufgestellt hatte und die man besser befolgen sollte: 1. Jamie war absolut tabu, 2. keiner fasste ihre Freunde oder Leute unerlaubt an, die unter ihrem Schutz standen. Und 3. waren Kinder allgemein tabu und das galt für alle. Und wer es wagte, gegen diese drei Regeln zu verstoßen, der konnte sein blaues Wunder erleben. Denn in der Hinsicht verstand Rumiko überhaupt keinen Spaß und machte auch keine Kompromisse. Er grüßte den Kellner Toby und bestellte sogleich eine Cola, allerdings merkte er, dass dieser ein wenig verstimmt war und so fragte er „Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Hattest du etwa schlechten Sex?“ „Sehr witzig“, gab Toby zurück und seufzte theatralisch. „Dir rennen die süßen Männer ja sowieso schon alle hinterher und dann triffst du dich ausgerechnet mit Andy. Dabei habe ich schon letztens eine Abfuhr von ihm bekommen.“

„Jetzt sag bloß nicht, er ist derjenige, in den du unglücklich verliebt bist!“

„Natürlich ist er das. Manchmal ist es mir echt ein Rätsel, wie du nur so viele Verehrer haben kannst.“ Diese Frage stellte sich Beyond auch oft genug, war aber bis jetzt noch nicht so wirklich auf eine Antwort gekommen. Vielleicht vermutete man bei ihm, dass er der Typ war, der eine raue Schale, aber einen weichen Kern hatte. Oder die warmen Brüder standen nun mal auf Kerle, die absolut unausstehlich waren. Er hatte schon längst aufgehört, sich diese Frage zu stellen. Die Männer waren ihm in der Hinsicht manchmal genauso ein Rätsel wie die Frauen. „Wir sind nur gute Freunde“, erklärte Beyond schließlich, da er merkte, dass Toby wohl ziemlich eifersüchtig war. „Damals im Waisenhaus waren wir sehr eng befreundet und ich gebe zu, dass ich damals Gefühle für ihn hatte. Aber inzwischen habe ich ja schon jemand anderen und ich will mit Andy einfach nur unsere Freundschaft wieder aufleben lassen.“ „Na wenn du meinst, Hase.“ Manchmal, wenn Toby so wehleidig drauf war, dann nannte er Beyond gerne mal „Hase“, aber das störte den Serienmörder nicht sonderlich. Die meisten aus der Bar sprachen sich so an, deshalb hatte es auch keine große Bedeutung. Rumiko wurde von allen ja auch immer „Herzchen“ oder „Mama Ruby“ oder auch kurz „Mama“ genannt. Und auch Jamie war keine Ausnahme. „Kopf hoch, Toby. Du findest schon irgendwann den Richtigen. Wieso versuchst du es denn nicht mal mit diesem Jacob Hillary? Rumiko meinte letztens, dass er wohl mal ein Auge auf dich geworfen hätte.“

„Echt?“ rief der Kellner überrascht und sah Beyond mit großen Augen an. Dieser versicherte ihm, dass Rumiko das wirklich gesagt hatte und das war zumindest ein Lichtblick für den armen Toby, der immer nur Pech mit den Männern hatte, während sein Zwillingsbruder sogar schon verheiratet war. Nachdem er wieder alleine war, setzte sich Beyond auf seinen Platz und wartete. Er hatte Andrew eine SMS geschrieben, dass er um halb sechs Uhr in der Bar warten würde, aber so wie es aussah, schien sich sein alter Freund etwas zu verspäten. Ob irgendetwas dazwischengekommen war? Hoffentlich hatte er keine Riesendummheit begangen. Ach was, die Leute im Institut würden sich sicherlich gut um ihn kümmern und dafür sorgen, dass er nicht schon wieder versuchte, sich umzubringen. Oder hatte er vielleicht Probleme mit diesem Mikrochip in seinem Kopf und konnte deshalb nicht kommen? Beyond war schon gerade dabei, sein Handy zu nehmen und Andrew anzurufen, da wurde die Tür geöffnet und er sah ihn auch schon hereinkommen. Er wirkte ein wenig abgehetzt und war außer Atem. Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, sah er Beyond auch schon am Tisch sitzen und ging zu ihm hin. „Entschuldige, dass ich zu spät bin, aber die Besprechung mit Dr. Brown hatte leider etwas länger gedauert.“

„Schon in Ordnung, so lange warte ich ja auch noch nicht. Du hättest dich jetzt auch nicht so abhetzen müssen.“ Beyond entging nicht, dass da etwas nicht mit Andrew stimmte. Nicht nur, dass er im Gesicht verletzt war, er schien auch körperlich Schmerzen zu haben, allerdings versuchte er, sich nichts anmerken zu lassen. Was war mit ihm passiert? Ob er Ärger gehabt hatte? Andrew bestellte sich ein alkoholfreies Bier und zog erst einmal seine Jacke aus. „Alles in Ordnung mit dir?“ fragte Beyond, als er sah, dass Andrew sich kurz auf die Unterlippe biss, da er wohl Schmerzen hatte. „Irgendwie siehst du aus, als hättest du dich geprügelt.“ Für einen Moment, aber auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zuckte der Rothaarige zusammen und sah wirklich wie geprügelt aus, aber dann gewann er seine Fassung wieder und lächelte wie sonst immer. „Ich hatte einen kleinen Streit mit Dr. Brown gehabt, das ist alles. Ich hab mich nicht an seine Anweisungen gehalten und das Projekt in Gefahr gebracht und dabei ist er eben etwas wütend geworden. Aber das ist schon in Ordnung.“ Doch Beyond sah ihn mit einem prüfenden Blick an. Es war ein ähnlicher Blick, wie auch L ihn hatte, wenn er seinen Verdächtigen gegenüber saß. Und er merkte sofort, dass es seinem alten Freund unangenehm war. „Es ist wirklich nichts“, betonte Andrew und nahm ein Schluck Bier. „Du machst dir echt zu viele Sorgen, okay?“

„Aber du sagst mir Bescheid, wenn irgendetwas ist. Versprichst du mir das?“ Andrew versprach es, aber Beyond ahnte, dass sein alter Freund es nur tat, um ihn ruhig zu stellen. Irgendetwas verschwieg der doch, das wusste er sofort. Er verschwieg doch immer alles, genauso wie damals. „Sag mal Beyond, wie geht es dir denn eigentlich? Das war ja gestern schon ziemlich viel auf einmal gewesen, oder? Immerhin sehen wir uns nach zehn Jahren wieder und das muss ja schon ein echter Schock für dich gewesen sein.“ Beyond schwieg einen Moment, denn es stimmte ja. Dass Andrew plötzlich wieder da war, war natürlich ein Schock für ihn gewesen, aber das konnte er ihm schlecht sagen. „Ich gebe zu, ich hab erst mal wirklich an meinen Verstand gezweifelt, aber ich freue mich natürlich, dass du wieder lebst, Andy. Und natürlich musste ich das alles erst einmal verdauen, aber ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist.“ Die Erleichterung war seinem alten Freund deutlich anzusehen und natürlich freute sich Andrew, so etwas von Beyond zu hören. „Das freut mich zu hören. Du hör mal, wollen wir nachher noch einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft machen? Ich wollte gerne mal das weite Meer sehen.“

„Streng genommen ist es ja der Ozean, aber klar! Kein Problem.“ Beyond wusste, dass sein alter Freund schon immer mal ans Meer wollte. Es war ein heimlicher Traum von ihm gewesen und wenn es ihn ein wenig aufmunterte, dann konnten sie ruhig einen kleinen Abstecher machen. Nachdem sie ihre Getränke bezahlt hatten, machten sie sich auf den Weg zur Bushaltestelle. Während sie warteten, schwelgten sie in alten Erinnerungen und erzählten witzige Anekdoten von früher. Und zudem konnte Beyond noch eine recht neue Geschichte erzählen, nämlich die Beinahekatastrophe, die sich kurz vor Rumikos Trauung zugetragen hatte. „Jamie hatte schon als Kind heftig gestottert, konnte das Problem aber in den Griff bekommen. Allerdings war er an diesem einen Tag so durch den Wind gewesen, dass er kaum ein Wort hervorbrachte. Ich hab ihm schließlich eine von meinen Beruhigungstabletten gegeben, damit er etwas ruhiger wird. Das Ergebnis war allerdings, dass er komplett aus den Latschen gekippt ist und nicht mal mehr vernünftig stehen konnte.“ Andrew lachte, als er das hörte und wollte natürlich sofort wissen, was dann passiert war. Auch Beyond hatte seinen Spaß an der Geschichte und erzählte „Nun, Terry hatte dann den Einfall, ihm Aufputschmittel zu geben, um den Beruhigungsmitteln entgegenzuwirken. Im Endeffekt war er wieder halbwegs auf den Beinen gewesen, allerdings hat man ihm schon angesehen, dass er ein wenig high war. Und dann rief noch Rumiko vom Friseur aus an, um zu schauen, ob auch alles in Ordnung war. Nun, sie hat natürlich gemerkt, dass Jamie auf Drogen war und hat uns ordentlich zusammengefaltet. Sie sagte wortwörtlich „Habt ihr Flitzpiepen den Schuss nicht gehört? Ich heirate gleich und ihr habt nichts Besseres zu tun, als meinen Verlobten zuzudröhnen? Ich schwöre euch, wenn wegen euch Spaßvögeln die Hochzeit ins Wasser fällt, dann ramm ich euch die Sonntagszeitung da rein, wo keine Sonne scheint und das so tief, dass ihr zwei Wochen lang nur Buchstaben scheißen könnt!“ Die war auf 180 und hätte uns am liebsten erwürgt. Aber letzten Endes ist alles noch gut ausgegangen und Jamie hat sogar seinen Treueschwur hinbekommen, ohne auch nur ein Mal zu stottern.“ Sie lachten beide und Beyond erzählte noch mehr witzige Geschichten, die ihm mit Rumiko passiert waren. So auch, als sie im Klassenzimmer während des Unterrichts einen Heulkrampf bekommen hatte wegen ihrer Schwangerschaftshormone. Und auch als der Bus kam und sie zwei Plätze gefunden hatten, hörte Beyond nicht auf zu erzählen. Es war eine wunderbar ausgelassene Stimmung und alle Sorgen und Probleme waren vergessen. Sie waren genauso wie damals unzertrennliche Freunde, die sich jeden Blödsinn erzählen konnten. Und er sah auch, dass dieser unglückliche Ausdruck in Andrews Augen verschwunden war. Das war wenigstens ein Trost für ihn und es war ihm auch wichtig, dass sein bester Freund endlich aus seiner Depression herauskam und sich besser fühlte. Was der jetzt brauchte, waren einfach mal ein paar schöne und unbeschwerte Momente im Leben, damit er nach dieser jahrelangen Isolation endlich wieder aus seinem Tief herauskam. Schließlich, nach einer knapp halbstündigen Busfahrt hatten sie den Hafen erreicht und inzwischen war es auch dunkel geworden. Es war an diesem Abend etwas milder als sonst und die Lichter der Häuser, der Schiffe und der Laternen spiegelten sich im Wasser wieder. Eine traumhafte Atmosphäre und Andrew schien sich sichtlich wohl zu fühlen. Sie gingen nebeneinander her und es war etwas ruhiger geworden. Beyond, der nach dem gestrigen Schock wieder einigermaßen Ordnung in sein Gefühlschaos bringen konnte, war dennoch etwas unruhig. Denn obwohl da diese so entspannte Atmosphäre zwischen ihm und Andrew herrschte, gab es etwas, das er nicht vergessen durfte. Er musste Klarheit schaffen, wie es mit seinen Gefühlen aussah und ob er wirklich endgültig mit Andrew hatte abschließen können, oder ob er ihn nach all der Zeit doch noch liebte. Und er musste wissen, ob sein bester Freund nach zehn Jahren immer noch in L verliebt war. Früher oder später musste er die Wahrheit sagen, auch wenn es unangenehm war, aber er hatte Angst. Nicht nur allein davor, wie sein bester Freund reagieren könnte, sondern auch davor, dass dieser wieder in seine Depressionen verfiel und erneut Selbstmord beging.

Schließlich, als sie eine Weile gelaufen waren, setzten sie sich auf eine Bank und betrachteten das offene Meer und den sternenklaren Himmel. „Wirklich traumhaft“, murmelte Andrew und seufzte, während sein Lächeln etwas Verträumtes angenommen hatte. „Die ganze Zeit hatte ich mir gewünscht, das Meer zu sehen und jetzt… Dafür hat sich das Warten auf jeden Fall gelohnt, findest du nicht?“

„Zugegeben, es ist schon schön. Aber in der Nacht sieht man ja nicht gerade viel.“

„Ach was, die Nacht macht es doch gerade erst so romantisch. Und ich habe dann das Gefühl, als würde alles Negative ausgeblendet werden und es treiben sich auch nicht so viele Leute herum.“

„Ja, außer die Triebtäter und andere Kriminelle.“

„War ja klar, dass das wieder von dir kommt, Beyond. Du hast echt keinen Sinn für Romantik.“

„Warum denn auch? Ich hab nun mal nicht den Sinn für so etwas so wie du. Du hast mich schon damals mit deiner Poesie eingeschläfert.“ Und als wäre das eine Aufforderung gewesen, sprang Andrew von seinem Sitz auf und stellte sich direkt vor Beyond hin. Er räusperte sich, richtete seinen Schal und holte fast schon dramatisch tief Luft und man sah ihm an, dass er gleich wieder irgendetwas zitieren würde. Und tatsächlich trug er sogleich überzeugend und dennoch theatralisch dramatisch wie schon damals vor:
 

„Geh auf, du holde Sonn'! Ertöte Lunen,

Die neidisch ist und schon vor Grame bleich,

Dass du viel schöner bist, obwohl ihr dienend.

Oh, da sie neidisch ist, so dien' ihr nicht!

Nur Toren gehn in ihrer blassen, kranken

Vestalentracht einher: wirf du sie ab!

Sie ist es, meine Göttin! meine Liebe!

O wüsste sie, dass sie es ist! –

Sie spricht, doch sagt sie nichts: was schadet das?

Ihr Auge red't, ich will ihm Antwort geben. –

Ich bin zu kühn, es redet nicht zu mir.

Ein Paar der schönsten Stern' am ganzen Himmel

Wird ausgesandt, und bittet Juliens Augen,

In ihren Kreisen unterdes zu funkeln.

Doch wären ihre Augen dort, die Sterne

In ihrem Antlitz? Würde nicht der Glanz

Von ihren Wangen jene so beschämen,

Wie Sonnenlicht die Lampe? Würd' ihr Aug'

Aus luft'gen Höh'n sich nicht so hell ergießen,

Dass Vögel sängen, froh den Tag zu grüßen?

Oh, wie sie auf die Hand die Wange lehnt!

Wär' ich der Handschuh doch auf dieser Hand,

Und küsste diese Wange!“
 

„War ja klar, dass du mal wieder mit Romeo und Julia ankommst. Du Poet hättest besser Schauspieler werden sollen. Talent hast du jedenfalls dazu.“ Andrew verbeugte sich tief und hatte sichtlich Spaß dabei. Er strahlte übers ganze Gesicht und erklärte „Schauspieler würde ich jetzt nicht werden. Aber ich liebe einfach diese Ästhetik. Aber während ich für Shakespeare geschwärmt habe, da hast du ja nur den „Faust“ im Kopf gehabt.“ Damit setzte er sich wieder zu Beyond und sah wirklich sehr glücklich in diesem Moment aus. So hatte der Serienmörder seinen besten Freund nur selten gesehen und als dieser auch noch seine Hand ergriff, da spürte er, wie sein Herz schneller schlug. Ihre Blicke trafen sich und für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Und dann, ehe sich Beyond versah, beugte sich Andrew zu ihm herüber und küsste ihn. Für einen Augenblick war der Serienmörder wie erstarrt und wusste nicht, was da gerade mit ihm geschah. Es war nicht so, dass es ihm unangenehm war so wie bei Clear, aber er wusste trotzdem, dass es falsch war. Und deshalb wollte er es auch nicht und so drückte er Andrew entschieden von sich. „Was… was machst du da?“ rief er fassungslos und stand auf und spürte erst jetzt, wie verletzt er eigentlich war. Er hatte gehofft, dass er und Andrew wieder Freunde sein könnten und jetzt so was. „Verdammt noch mal Andy, warum machst du schon wieder den gleichen Fehler wie damals? Ich will nicht mehr dein Ersatz für L sein, versteh das endlich. Damals haben wir beide eine Riesendummheit begangen und uns mit dieser Scheißidee nur gegenseitig unglücklich gemacht. Und ich dachte, wir hätten das geklärt!“ Andrew sah genauso verletzt aus wie Beyond und schaute ihn ebenso fassungslos an wegen dieser heftigen Reaktion. Er sah so unendlich traurig in diesem Moment aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. „Nein Beyond, es… es ist nicht so wie du denkst“, versuchte er zu erklären und stand nun ebenfalls auf, dann ergriff er seine Hand. „Ich habe damals einen schrecklichen Fehler begangen, das weiß ich selbst. Aber ich habe endlich verstanden, wen ich wirklich liebe. Nämlich dich! Ich habe mich irgendwann in dich verliebt, aber als mir klar wurde, dass ich alles nur kaputt gemacht habe mit meinem Verhalten, da… da bin ich eben vom Dach gesprungen, weil ich mir solche Vorwürfe gemacht habe. Aber als Dr. Brown mich mit dem Gedankenschaltkreis zurückgeholt hat, da dachte ich, dass dies womöglich eine zweite Chance sein könnte und wir beide noch mal von vorne beginnen können.“

„Komm doch zur Vernunft, Andy“, rief Beyond und riss sich von ihm los. „Du liebst mich doch gar nicht, sondern L. Du siehst in mir doch nur L und damit machst du schon wieder den gleichen Fehler.“

„Warum reagierst du so heftig?“ fragte Andrew mit Erschütterung in der Stimme und er verstand nicht, warum der BB-Mörder so abweisend reagierte. Er war vollkommen verunsichert und sank schon fast zusammen. Beyond konnte es ihm nicht länger verschweigen und so erklärte er „Ich bin in einer festen Beziehung, Andy. Es gibt da bereits jemanden, den ich liebe und ich will ihn nicht einfach so aufgeben, versteh das doch. Ich bin gerne für dich als Freund da, aber mit uns beiden kann einfach nichts werden. Es ist zu viel zwischen uns beiden passiert und in zehn Jahren ändern sich manche Gefühle eben. Entschuldige Andy, es tut mir wirklich leid, aber ich kann das nicht tun.“ Andrew, der das wohl erst einmal verdauen musste, setzte sich wieder auf die Bank und ließ den Kopf sinken. Er wirkte so furchtbar unglücklich und verletzt, dass es einem schon das Herz gebrochen hätte, ihn nur zu sehen. Zwar versuchte er wie so oft, sich nichts anmerken zu lassen und einfach zu lächeln, doch er schaffte es einfach nicht. Stattdessen wirkten seine Augen vollkommen leer und Tränen flossen seine blassen Wangen hinunter. Er war vollkommen am Boden zerstört. „Du… du liebst bereits jemand anderen?“

„Es tut mir Leid.“ Beyond setzte sich zu ihm und wollte zuerst einen Arm um seine Schultern legen, sah dann aber davon ab, weil es sonst alles nur noch schlimmer gemacht hätte. „Du warst tot und… ich war ganz alleine. Aber dann habe ich jemanden getroffen und er konnte mich so lieben wie ich war und er hat mir beigestanden. Es ist nicht so, dass du mir vollkommen egal geworden bist, Andy. Ich sorge mich immer noch um dich und ich will auch für dich da sein, egal was es auch ist. Du bist mein bester Freund und du warst es, der Ryuzaki erschaffen hat, damit ich nicht immer Angst vor meiner anderen Seite haben musste. Du hast mir beigestanden, als es mir damals schlecht ging und du hast mich als einziger Mensch wirklich verstanden. Deshalb möchte ich für dich da sein und dir helfen, wenn du irgendetwas hast. Aber… ich möchte es als dein bester Freund tun.“ „Und… wer ist es?“ fragte Andrew und sah Beyond an. Diesem schnürte es die Brust zusammen, als er sah, wie unendlich traurig und hoffnungslos er war. Als wäre jeglicher Lebenswille aus seinem Körper gewichen. Er konnte ihm die Wahrheit nicht sagen. Schlimm genug, dass er Andrew wieder mal so wehtun musste, da konnte er ihm diese grausame Wahrheit nicht antun. „Du kennst ihn nicht“, log er und senkte den Blick. „Ich habe ihn kurz vor meinem Abgang aus dem Waisenhaus getroffen, ihn aber erst vor knapp vier oder fünf Monaten wiedergetroffen und dann sind wir uns näher gekommen.“ „Verstehe“, murmelte Andrew tonlos und atmete tief durch. Er sammelte sich und dann fand er die Kraft wieder zum Lächeln. Und dieses Lächeln schmerzte Beyond fast noch mehr, als wenn sein alter Freund unglücklich aussah. „Es ist schön zu hören, dass du jemanden gefunden hast, mit dem du glücklich bist, Beyond. Du hast Recht, das mit uns beiden hätte so oder so keinen Sinn gehabt, es ist einfach zu viel passiert. Entschuldige bitte den Ausrutscher. Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen.“ „Andy…“

„Nein, nein! Schon gut. Ich… ich habe nicht das Recht, so etwas von dir zu verlangen und ich will dich auch nicht quälen, oder deine Beziehung gefährden. Ich freue mich wirklich, dass du endlich dein Glück gefunden hast, nachdem ich dir immer nur wehgetan habe.“ Damit stand Andrew auf und wandte sich zum Gehen. Beyond fühlte sich furchtbar und kam sich so mies vor, dass er ihm so vor den Kopf gestoßen hatte. Aber er hatte es ihm einfach sagen müssen. Er musste ganz klar zu L stehen und Position beziehen, so wie Rumiko ihm gesagt hatte. Nur so konnte ihre Beziehung standhalten. Und egal wie er sich auch entschieden hätte, es hätte in jedem Falle jemandem das Herz gebrochen. Natürlich fühlte er sich schrecklich, dass es ausgerechnet Andrew sein musste, der sowieso schon so viel durchgemacht hatte. Aber es war falsch, ihm aus Mitleid falsche Hoffnung zu machen. Das würde ihm letzten Endes nur noch mehr wehtun.

„Du hör mal Beyond, ich geh am besten ins Institut zurück. Die warten sicher schon auf mich. Aber… wir treffen uns ein anderes mal wieder, okay?“ Doch als er gehen wollte, da hielt Beyond ihn am Arm zurück. „Andrew…“ Er klang besorgt und man sah die Angst in seinen Augen. Es war derselbe Blick, wie er ihn vor zehn Jahren hatte, als er mit ansehen musste, wie sein bester Freund in den Tod sprang. Und genauso wie damals nannte er ihn nicht mehr bei seinem Spitznamen, sondern bei seinem richtigen Namen. „Ich lass dich so nicht gehen. Lass mich dich wenigstens zum Institut begleiten.“

„Wozu denn? Etwa weil du denkst, ich würde mich umbringen?“

„Ich hab schon ein Mal meinen besten Freund verloren, ich will das nicht noch mal!“ Andrew senkte den Blick, als er bemerkte, dass auch Beyond unglücklich mit dieser Situation war. Am liebsten hätte er ihn weggeschickt und betont, dass alles in Ordnung war. Aber er konnte ihm nichts vormachen. Nicht mehr. Und er wusste, dass Beyond sich nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen würde. Andrew seufzte niedergeschlagen, dann sagte er nach einer Weile „Also gut. Wenn es dir so wichtig ist, dann kannst du mich begleiten.“ Da kein Bus direkt dorthin führte, fuhren sie mit dem Taxi. Das Institut lag etwas abgeschieden und war deshalb etwas schwierig zu finden, man konnte es aber dennoch gut erreichen. Es sah aus wie ein ganz normales Institut, aber irgendwie hatte Beyond kein sonderlich gutes Gefühl dabei. Auch als sie aus dem Taxi ausstiegen und zum Eingang gingen, verstärkte sich dieses Gefühl nur noch. Schließlich öffnete sich die Tür und ein ca. 35-jähriger Mann von knapp 1,88m Größe, der nicht gerade sympathisch auf den BB-Mörder wirkte, trat ihnen entgegen. Dank seines Shinigami-Augenlichts sah er sofort, dass der Mann James Brown hieß. Das war also der Leiter des Instituts? Dem würde Beyond noch nicht einmal seine Socken anvertrauen, so viel stand fest. „Wer ist das?“ fragte der Mann in einem nicht gerade freundlichen Ton und verschränkte die Arme. Andrew ging zu ihm hin und hielt den Blick gesenkt. Allein von der Körpersprache ließ sich erahnen, dass dieser Kerl ihn nicht wirklich gut behandelte und sämtliche Alarmglocken begannen bei Beyond zu klingeln. „Mein alter Freund, von dem ich dir erzählt habe. Beyond, das ist Dr. Brown. Er leitet das Institut und hat mir den Gedankenschaltkreis eingesetzt und mich bei meiner Reha unterstützt.“ Es folgte nicht einmal ein Händedruck. Beide Parteien wussten sofort, dass sie einander überhaupt nicht ausstehen konnten, auch wenn das verschiedene Gründe hatte. „Sehr freundlich, dass Sie Andrew hergebracht haben. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch.“ Und damit verschwand Dr. Brown mit Andrew ins Innere des Gebäudes und Beyond blieb noch eine Weile stehen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit diesem Dr. Brown. Es war mehr als offensichtlich, dass der Kerl etwas im Schilde führte und mit Sicherheit hatte er Andrew auch geschlagen und ihm wahrscheinlich noch Schlimmeres angetan. Ich muss sofort zurück und mit L sprechen. Vielleicht kann er etwas über diesen Dr. Brown herausfinden. Ich muss Andrew schnellstmöglich von diesem Kerl wegholen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Andrew tut mir wirklich leid. Da wird er von diesem Widerling Dr. Brown systematisch abhängig gemacht und manipuliert und dann bricht Beyond ihm auch noch das Herz. Nun gut, dass dieser Beyond liebt, lässt sich schwer sagen. In seinem instabilen Zustand ist es auch möglich, dass er sich bloß einredet, Beyond zu lieben, weil dieser in all den Jahren der einzige Mensch war, der ihm die Kraft zum Weiterleben gegeben hat, nachdem er durch den Schaltkreis zurückgeholt wurde. Bleibt nur zu hoffen, dass Beyond und L ihn schnellstmöglich aus den Fängen des Doktors befreit! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2014-09-08T13:34:33+00:00 08.09.2014 15:34
Oh fein ein neues Kapitel^^
Es war großartig und schreib bitte schnell weiter.


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