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Nothing to lose

Arkham Origins
von
Koautoren:  PunkinPie abgemeldet

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Ist das der berühmte Aha-Moment, wo man kapiert, dass man wirklich verrückt ist?

Als du plötzlich, wie aus dem Nichts, meine Mutter erwähnst, fällt mein Grinsen endgültig in sich zusammen und mir entgleiten die Gesichtszüge. Mir ist natürlich klar, dass du meine Polizeiakte kennst und damit auch dass, was das GCPD über meine Vergangenheit weiß. Aber dass du es ohne Vorwarnung einfach so ansprichst, macht mich sprachlos.

Viel zu langsam und viel zu spät bekomme ich meine Mimik wieder unter Kontrolle, doch den entsetzten und verletzten Ausdruck in meinen Augen kann ich nicht einfach mit einem dünnen Lächeln überspielen. Auch noch nach so vielen Jahren tut es weh, wenn es um meine Mutter geht - wie ich Weihnachten eindrucksvoll bewiesen habe.

Ich muss hart schlucken und kann deinem forschenden Blick nicht lange stand halten. Ich wende den Kopf ein Stück zur Seite und starre stur an dir vorbei.
 

Na, da sieh mal einer an. Das großspurige Mundwerk bleibt geschlossen und du schaust äußerst pikiert an mir vorbei. Beinahe verletzt, würde ich sagen. Wenn das mal Nichts ist.

Mit einem genüsslichen Grinsen mache ich mir meine Notizen und setze die Brille wieder auf, ehe ich dich gespielt mitfühlend ansehe.

"Das Thema Familie scheint Ihnen sehr nahe zu gehen, Edward. Lassen Sie uns darüber sprechen."

Ich tippe mir kurz nachdenklich mit dem Stift an die Unterlippe, bevor ich die entscheidende Frage stelle.

"Glauben Sie denn, dass der Commissioner für Sie das sein könnte, was Ihr Erzeuger niemals war - ein Vater? Oder halten Sie es für eine fixe Idee, einen Wunschtraum, den Gordon gar nicht teilt?"
 

Mein Blick flackert wieder zu dir und ich sehe dich einen Moment mit einer Mischung aus Erstaunen und Verunsicherung an. Viel zu spät realisiere ich in diesem Moment, das du in meinem Gesicht anscheinend wie in einem offenen Buch lesen kannst. Ich muss härter werden, damit mir dieses Thema in Zukunft nicht mehr so zu Herzen geht.

"Nein ...", sage ich schließlich mit dünner und fast schon brüchiger Stimme.

Meine Arme verschränke ich fester vor dem Oberkörper und sinke ein wenig in mich zusammen. Mir ist klar, dass diese sehr abweisende und defensive Körperhaltung ein weiterer Nagel zu meinem seelischen Sarg ist, aber ich kann es nicht verhindern.

Ich will nicht über meine Familie reden und am allerwenigsten mit dir. Ich traue dir nicht über den Weg, weswegen ich mit Sicherheit nicht freiwillig über meinen Vater, meine Mutter oder Gordon spreche werde.
 

Mein Mund ist schon halb offen, weil ich einen gehässigen Kommentar abgeben will, aber ich überlege es mir anders. Vielleicht ist das der Zeitpunkt, um den Psychiater herauszukehren und zu versuchen, dich auf andere Wege zu erreichen. So amüsant es auch ist, mich verbal mit dir zu messen - eine wirkliche Antwort bekomme ich davon nicht.

"Sehen Sie, Edward", setze ich also ruhig an. "Sie sind hier, weil Ihnen geholfen werden soll. Wie wollen Sie denn Fortschritte mit der Therapie machen, wenn Sie entweder Witze reißen, unverschämt sind oder vollkommen abblocken? Sie sind doch besser als diese ganzen anderen Verrückten, meinen Sie. Wieso zeigen Sie das nicht durch ein bisschen Kooperation und reden mit mir?"

Na, das klingt doch absolut plausibel. Ich würde mir den Mist abkaufen.
 

"Ich bin nicht verrückt", rutscht es mir raus, ehe ich es verhindern kann.

Auch nach vier Wochen in Arkham kann ich es nicht leiden, wenn man mich mit Irren wie Joker in einen Topf wirft. Ich bin wirklich empfindlich bei diesem Thema. Wenn ich recht darüber nachdenke, bin ich bei ziemlich vielen Themen empfindlich. Das muss ich auch unbedingt ändern.

Die Worte von Commissioner Gordon kommen mir wieder in den Sinn, dass ich mich auf die Therapie einlassen soll. Ich werfe dir einen prüfenden Blick zu. Ich traue dir nicht über den Weg, weswegen sich mein Wille, mich dir gegenüber zu öffnen, stark in Grenzen hält.

Ich denke einen Moment über deine Worte nach und frage mich, was es überhaupt bringen würde, wirklich mit dir zu reden, anstatt mich immer nur verbal zu duellieren.

"Ich weiß wirklich nicht, was Gordon für ein Interesse an mir hat ...", sage ich dann leise und löse ein wenig die Verkrampfung in meinen verschränkten Armen.
 

Du bist zumindest nicht verrückter als ich, denke ich mit einem Schmunzeln und blicke nach unten auf meinen Notizblock, um mich zu fassen. Darüber werde ich mit dir ganz sicher nicht philosophieren.

Dass du scheinbar tatsächlich gewillt bist, auf meinen Vorschlag einzugehen, schockiert mich fast ein bisschen. Keine Sekunde nehme ich dir ab, dass sich die Wogen geglättet haben. Du lenkst einfach nur ein, weil du dir irgendwie einen Vorteil erhoffst. Aber gut. Wir müssen wohl Beide unsere Rolle zu spielen beginnen, denn ich kann mir nicht leisten, dass irgendjemand misstrauisch wird, was ich eigentlich mit meinem Patienten mache.

"Aber er ist Ihnen grundsätzlich nicht unsympathisch? Sonst würden Sie sich doch nicht darauf einlassen, obwohl Sie nicht wissen, was er will", fahre ich also in meinem typischen Reden-wir-über-Ihre-Gefühle-Tonfall fort.
 

Ich halte deinem Blick stand und versuche irgendwo in deinen fast schon tot wirkenden Augen etwas zu finden, was mir Aufschluss darüber gibt, was du vor hast. Aber ich finde sehr zu meinem Bedauern nichts. Müde fahre ich mir über das Gesicht und halte den Kopf gesenkt.

Werde ich vielleicht wirklich langsam paranoid?

Gehöre ich vielleicht wirklich hier nach Arkham?

Sehe ich schon Gespenster, weil ich mir gedanklich die verrücktesten Dinge ausmale die dich betreffen?

Bisher konnte ich mich gut auf mein Gefühl verlassen, wem man trauen kann und wem nicht. Und bei dir hatte ich von Anfang an ein richtig mieses Gefühl. Ich seufze lautlos und hebe vorsichtig den Blick.

"Gordon meinte nur, er wollte mich besuchen, um mich besser kennen zu lernen. Keine Ahnung, was ich davon halten soll ..."
 

Die Worte scheinen sogar der Wahrheit zu entsprechen, was einen ganzen Haufen Fragen aufwirft. Wenn du selbst keine Ahnung hast, was Gordon eigentlich von dir will, dann brauche ich auch nicht versuchen, es aus dir herauszubekommen. Vielleicht brauche ich den Commissioner persönlich auf meiner Couch, wenn er irgendwelche Verbrecher »besser kennen lernen« will.

"Aber Sie scheinen nicht abgeneigt zu sein", stelle ich fest.

Was ich da vorhin von meinem Fenster aus beobachtet habe, sah zumindest nicht so aus, als hättest du großartig bei dem Gespräch gelitten.

"Ist es ungewohnt, dass jemand derart freundschaftlich mit Ihnen umgeht?"
 

Ein bisschen hilflos zucke ich mit den Schultern und weiß nicht wohin ich sehen soll. Mein Blick wandert unruhig hin und her. Diese Situation fühlt sich sehr unangenehm an und doch irgendwie auch wieder nicht. Irgendwo ganz tief in meinen Gehirnwindungen ist da diese kleine Stimme, die mir zuflüstert, dass es gut wäre, ein bisschen emotionalen Ballast abzuwerfen.

"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll ...", murmle ich nach einem kurzen Moment des Zögerns leise. "Er hat sich sogar bei mir entschuldigt", füge ich hinzu und sehe dich mit deutlicher Unsicherheit im Blick an.

Irgendwie ist es mir peinlich, tatsächlich mal ehrlich dir gegenüber zu sein.

Ist das der berühmte Aha-Moment, wo man kapiert, dass man wirklich verrückt ist?
 

Dir ist anzusehen, dass du dich hin- und hergerissen fühlst. Einerseits willst du mir natürlich auf Teufel komm raus nichts anvertrauen - andererseits scheint es dir sogar gut zu tun, genau das zu machen. Wenn das mal keine hervorragende Ausgangssituation ist.

"Überrascht Sie das so sehr?", frage ich und kritzle nebenbei auf meinen Block. "Glauben Sie nicht, dass Sie eine Entschuldigung verdient haben?"

Das ist in der Tat eine interessante Frage. Mir gegenüber trägst du zwar ziemlich dick auf, aber ich bezweifle, dass dein Selbstbewusstsein wirklich so groß ist. Du scheinst zwar ziemlich arrogant zu sein, aber in deinem Inneren bist du wohl nicht so sehr im Reinen mit dir selbst.

"Warum schreckt es Sie so ab, wenn Jemand freundlich zu Ihnen ist?"
 

Um etwas Zeit zu gewinnen, raufe ich mir die Haare und sehe dann hoch zur Zimmerdecke.

"Nein ...", sage ich langsam und plötzlich erscheint das Bild meines Vaters von meinem inneren Auge, wie er langsam ausblutet. "Keine Entschuldigung ... Nicht von Gordon ..."

Langsam senke ich den Blick und sehe dich an. Keine Ahnung, was du in meinen Augen sehen kannst, aber ich fühle mich momentan ziemlich entblößt und das gefällt mir nicht besonders. Diesen Seelen-Striptease konnte ich noch nie besonders gut.

"Tja ...", murmle ich leise und atme tief durch. "Liegt vermutlich daran, dass ich das nicht kenne ..."
 

"Nun, so Leid es mir tut, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, wenn es um Gordon geht. Ich habe keine Ahnung, was der Mann mit Ihnen zu schaffen hat."

Damit habe ich gerade tatsächlich meine Unwissenheit zugegeben, aber es kann nicht schaden, einen Schritt auf dich zuzumachen. Therapie ist eben ein Geben und Nehmen. Vor allem, wenn man ein Ziel vor Augen hat.

"Haben Sie überhaupt Niemanden, der für Sie da ist? Oder bilden Sie sich das ein?"

Ich mustere dich eingehend.

"Sie scheinen mir die Menschen mit großem Eifer von sich zu stoßen. Vielleicht kennen Sie es nicht, weil Sie es einfach nicht zulassen."
 

"Willkommen im Club ...", murmle ich leise mit einem dünnen ironischen Grinsen.

Ich habe zwar eine Ahnung, weswegen Gordon vorhin hier aufgekreuzt ist, aber solange ich mir nicht vollkommen sicher bin, werde ich mich hüten, auch nur ein Wort darüber zu verlieren.

Er wird über Barbara reden wollen, weswegen er sicherlich nicht unabsichtlich immer wieder das Gespräch auf sie gelenkt hat. Er will vermutlich wissen, was wirklich Alles zwischen uns passiert ist.

Bei deinem prüfenden Blick senke ich wieder den Kopf.

"Na ja ...", beginne ich vorsichtig, löse die Verschränkung meiner Arme und knete ein bisschen unschlüssig meine Hände. "Es gab Jemanden ... Aber das ist Geschichte ..."
 

Etwas überrascht sehe ich dich an.

Ernsthaft?

Du hattest Jemanden?

Ich hätte dich für einen kompletten Einzelgänger gehalten, der keinen anderen Menschen auch nur ansatzweise an sich heran lässt. Dass du mir so offen von diesem »Jemand« erzählst, überrascht mich doch ein bisschen.

"Geschichten sind dazu da, um erzählt zu werden", sage ich freundlich. "Wie ging es Ihnen mit dieser Person? Und wie empfinden Sie jetzt, da es vorbei ist?"
 

Ein wenig irritiert hebe ich wieder den Kopf an und sehe dich zweifelnd an. Mir ist bisher nie in den Sinn gekommen, überhaupt mit irgendeiner Person über Barbara zu sprechen. Vermutlich kannst du mir auch ansehen, wie unwohl ich mich gerade in meiner Haut fühle.

"Wir haben uns im GCPD kennen gelernt ...", fange ich nach einem Moment des Schweigens an zu erzählen.

Ich kann dir dabei nicht in die Augen sehen und betrachte lieber den Fußboden.

"Als ich dort noch gearbeitet habe. Sie hat ..."

Ich unterbreche mich schnell. Besser, wenn ich mich möglichst vage halte.

"Es hat den Alltag ein bisschen erträglicher gemacht, auch wenn es nicht gerade einfach war. Aber es ist vorbei und das ist auch gut so", ende ich, auch wenn ich mir meine letzten Worte selber nicht abkaufe.
 

Interessant. Du hattest also eine Liebelei am Arbeitsplatz. Dabei hätte ich dich als Jemanden eingeschätzt, der in seiner Arbeit sehr gründlich und professionell ist. Dass du mit einer deiner Kolleginnen etwas angefangen hast, wirft ein ganz anderes Licht auf dich.

Ich verziehe ein bisschen das Gesicht. Allein der Gedanke, mit einer der dumpfen Schwestern hier auszugehen, ist mir zuwider. Nein, danke, da bleibe ich lieber schön für mich und schlage mich nicht mit irgendeiner Frau herum, die sich in meine Arbeit einmischt.

"Haben Sie beide sich denn einvernehmlich getrennt? So eine Trennung hinterlässt immer Spuren, wenn nur einer der Partner unglücklich mit der Situation war."
 

"Na ja ... Mehr oder weniger ...", murmle ich leise und gehe mir fahrig durch die Haare. "Es war ... irgendwie ziemlich kompliziert."

Ich mache eine Pause, die mir schon nach wenigen Sekunden endlos lang vorkommt.

"Es war eigentlich auch keine richtige Beziehung. Es war mehr ... Ach, ich weiß auch nicht ..."
 

Nachdenklich lege ich eine Hand an mein Kinn und betrachte dich. Entweder geht dir diese Sache wirklich nahe oder du hast einen Oscar verdient. Ich hoffe mal auf Ersteres.

"Aber es scheint auch keine unbedeutende Affäre gewesen zu sein", stelle ich gelassen fest. "Sie hängen augenscheinlich sehr an dieser Person. Auch wenn Sie es sich selbst nicht richtig erklären können. Haben Sie sich mal mit ihr ausgesprochen?"
 

"Keine Ahnung, was es war ... Vielleicht Freundschaft mit Extras oder so ...", erwidere ich ausweichend.

Es fühlt sich sehr unbehaglich für mich an, überhaupt darüber zu sprechen. Vor allem, da ich selber nicht weiß, was es nun überhaupt war.

Kann man den gelegentlichen Austausch von Berührungen und Körperflüssigkeiten überhaupt Beziehung nennen?

Meine Gedanken wandern kurz zu dem Moment im Gotham General, als Barbara mir ziemlich unmissverständlich mitgeteilt hat, dass für sie die Sache beendet ist. Als ich mich daran erinnere, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe, muss ich mir notgedrungen eingestehen, dass es mich wirklich tiefer getroffen hat, als ich es mir bisher eingestanden habe.

Ich sehe dich einen Moment unschlüssig an. Eine wirkliche Aussprache hatten Barbara und ich nie. Es war ja eigentlich auch nichts Ernstes. Dachte ich zumindest bisher. Schließlich schüttle ich langsam den Kopf und sehe reichlich betreten zu Boden.
 

"Ja, mit extra Gefühlen", meine ich trocken.

Den konnte ich mir nun wirklich nicht verkneifen. Ich bin auch nur ein Mensch. Etwas halbherzig versuche ich mich an einem entschuldigenden Lächeln.

"Es scheint mir aber, dass so eine Aussprache dringend nötig gewesen wäre. Sie wirken nicht sonderlich glücklich mit dem Vorgefallenen."

Ich räuspere mich dezent.

"Würde Ihnen vielleicht gut tun, wenn Sie sich mit der Dame noch einmal richtig unterhalten. Ich könnte vermitteln, wenn Sie das möchten."

Und vor allem könnte ich ein bisschen tiefer in deine Seele schauen, wenn ich einem Gespräch mit deiner Verflossenen beiwohne. Da schlage ich doch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Ich bekomme, was ich will, und du denkst, dass du bekommst, was du willst. Was mir unweigerlich Sympathiepunkte einbringt und wiederum noch mehr dazu beiträgt, dass ich bekomme, was ich will. Klingt doch großartig.



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