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Feder und Schwert

Ein Hörspiel
von

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Szene 4

~Kulisse: Auf der Straße, Autoverkehr.
 

Mona (leicht unnatürlich betont, Hall): Guten Morgen! Zeit aufzustehen, Seth!

Es bleiben noch dreißig Minuten und siebenundvierzig Sekunden bis Sie im Büro Ihrer Lektorin zu erscheinen haben.

Keine Zeit zu vertrödeln!
 

Ein Auto fährt nahe vorbei.
 

Seth (murmelt): Oh, dieser verdammte Wecker...

(nach kurzer Pause) Wenigstens kann ich mir heute das Taxi sparen, es ist ja nicht weit...
 

Schritte auf Stein.
 

Erzähler: Das Verlagsgebäude erhob sich gläsern einige Stockwerke gen Himmel und schien mit seiner imposanten Fassade einen abschreckenden Eindruck Besucher hinterlassen zu wollen.

Schritte halten inne. Eine Schiebetür öffnet sich. Erneute Schritte auf Parkett, die Schiebetür schließt sich im Hintergrund.

Für Seth jedoch war dieser Gang geschäftliche Gewöhnlichkeit, sodass seine Füße beinahe ohne sein Zutun den Weg an der Rezeption vorbei, hin zum Büro seiner Lektorin fanden.
 

Klopfen an einer Bürotür.

Kurze Stille.

Öffnen der Tür.
 

~Kulisse: Ein kleines Büro mit Teppichboden.
 

Denice (schnell): Ah, Seth! Fünf Minuten zu spät, gar nicht schlecht, für deine Verhältnisse.

Na los, setz' dich, ich habe nachher noch einen anderen Termin. Dir scheint die Zeit ja nicht so im Nacken zu sitzen.
 

Tür wird geschlossen, Schritte auf Teppich. Seth setzt sich.
 

Seth (verteidigend, schlicht): Wenn ich die ganze Nacht an einem Manuskript geschrieben habe, fällt es mir nun einmal schwer, unsere frühmorgendlichen Termine wahrzunehmen.
 

Denice (schnell, tadelnd): Aber dafür hast du jetzt ja deinen Wecker, nicht war? Also keine Verspätungen!
 

Kurze Pause. Geräusch eines Papierstapels, der mit der Kante auf den Tisch geklopft wird, um die Blätter zu ordnen.
 

Denice (etwas unbehaglich): Ich habe mir den Anfang deines neuen Manuskripts angesehen.

Was soll ich sagen? Ich bin nicht sicher, ob ich dieses Skript vor der Programmkonferenz vertreten kann.
 

Seth (ernst, leicht erschrocken): Was soll das heißen?
 

Denice (ernst): Du bist zwar einer unserer Hausautoren und dazu wohl bemerkt noch einer derjenigen, denen wir im letzten Jahr den höchsten Absatz zu verdanken haben. Aber in dieser Form können wir das Manuskript nicht verlegen. Die Chancen auf Erfolg scheinen ziemlich schlecht zu stehen und wir können uns momentan keine großen Sprünge leisten.
 

Seth (ernst, verbissen): Was veranlasst Sie zu dieser Annahme?
 

Denice (sich erklärend): Die Leute wollen Gesellschaftskritik, sie wollen etwas lesen, das sie unmittelbar angeht. Und dieses Skript ist einfach – viel zu fern.
 

Seth (verbissen): Das letzte Manuskript war ebenfalls ein Experiment und es hatte durchschlagenden Erfolg.
 

Denice (ausweichend): Ja, natürlich. Aber wie groß ist die Chance, dass das ein zweites Mal funktioniert?

„Der Sünder“ war natürlich ein fantastisches Werk – aber es hatte Gegenwartsbezug. Den kann ich in diesem Manuskript leider nicht entdecken.
 

Seth (sich verteidigend): Die Idee schien auf der Pressekonferenz gut angekommen zu sein.
 

Denice (lacht): Ja, du bist ein guter Redner, Seth. Du kannst verkaufen, was immer du willst. So bin ich dir ja auch das erste Mal auf den Leim gegangen. Aber ich frage mich, ob auch das Werk an sich letzten Endes den Kritiken Stand halten kann.
 

Seth (leicht drohend): Wie würde es auf die Öffentlichkeit wirken, wenn ich das Skript anderweitig verlegen ließe?
 

Denice (ernst, sehr bedauernd): Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht versuchen will, das Buch in unser Programm aufnehmen zu lassen. Ich fürchte nur, dass ich es in seiner jetzigen Form kaum vertreten kann.
 

Seth (holt Luft, um etwas zu sagen).
 

Denice (fährt dazwischen): Die Idee ist gut! Es wundert mich überhaupt nicht, dass sie auf der Pressekonferenz Anklang gefunden hat. Ich meine nur, dass du die Umsetzung noch einmal überdenken solltest.
 

Seth (trocken): Gut.
 

Stühlerücken, als Seth aufsteht.
 

Seth (bitter): Auf Wiedersehen.
 

Denice (einlenkend, bedauernd): Seth...!
 

Schritte. Öffnen der Bürotür, Tür fällt hinter Seth ins Schloss.
 

~Kulisse: Die Eingangshalle des Verlags: sehr geräumig und beinahe leer, Parkett.
 

Lilian (ruft, fröhlich): Seth!
 

Schritte verstummen.

Längere Pause.
 

Lilian (lacht): Hier drüben!
 

Erzähler: Erst jetzt, da er den Kopf zur Seite wandte, entdeckte Seth Lilian an einer entfernten Tischgruppe sitzend und ihm zuwinkend.

Rasch hatte sie sich erhoben, war zu ihm hinüber geeilt und hatte sich bei ihm eingehakt, um ihn aus dem Gebäude zu begleiten.
 

Parallel zur folgenden Konversation: Schritte auf Parkett. Eine Schiebetür öffnet sich und schließt sich.
 

~Kulisse: Die Stadt an der Hauptstraße zur Mittagszeit.
 

Schritte.
 

Lilian (irritiert): Was machst du denn für ein Gesicht?
 

Seth (abweisend): Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden, das ist alles.

(nach kurzer Pause, freundlicher)

Was machst du eigentlich hier? Musst du nicht arbeiten?
 

Lilian (lächelt): Doch doch! Ich habe mit einer Kollegin die Schicht getauscht, ich wusste ja, dass du hier einen Termin hast.

Da ich allerdings nicht wusste, wann du fertig bist, habe ich einfach so lange hier gewartet, bis du vorbei kamst.
 

Seth (leicht gerührt): Womit habe ich denn das verdient?
 

Lilian (fröhlich, frech): Ach, einfach nur so. Immerhin hast du dich die letzten Tage über nur in deiner Wohnung verkrochen. Da konnte ich doch nicht zulassen, dass du mir wieder entwischst!
 

Seth (schmunzelt): Nun ja, ein paar Minuten kann ich sicher für dich freimachen.
 

Lilian (lacht): Hoffentlich auch ein bisschen mehr als nur ein paar Minuten. Ich habe nämlich vor, dich zu mir nach Hause zu entführen und uns was Schönes zu kochen.
 

Seth (frech): Oh, das lasse ich mir natürlich nicht entgehen.
 

Lilian (kess): Na, das will ich wohl auch hoffen!

(nach kurzer Pause, erschrocken)

Warte kurz, wo habe ich eigentlich meinen Schlüssel...?
 

Schritte verstummen abrupt. Lilian beginnt, ihre Taschen zu durchwühlen.

Dramatisches Geräusch...

Ein Ziegel zerschellt auf dem Bordstein.
 

Lilian (schreit erschrocken auf).
 

Herzklopfen im Hintergrund.
 

Seth: Lilian! Alles in Ordnung?
 

Lilian (perplex): J... Ja, ich glaube schon...
 

Seth (murmelt, irritiert): Ein Dachziegel...?
 

Lilian (schluchzt leise): Wieso immer ich...?



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