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Quand je suis lá, je suis sans soucis

Wenn ich dort bin, bin ich ohne Sorge
von

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~Fredericus Rex~

~Fredericus Rex~
 

Es war der 31. Mai 1740…
 

Totenstille herrschte im Schlafgemach des Königs. Friedrich ging stumm auf und ab, wagte nicht zum Bett zusehen in dem Friedrich Wilhelm lag. Es war eine drückende Luft im Raum. Warm, ja fast stickig. Nirgends war ein kühler Lufthauch zu spüren. Und doch hangen die Bediensteten die Fenster mit dunklen Tüchern ab. Seit Tagen und Wochen ging es dem Herrscher Preußens immer schlechter. Er konnte seit Wochen nicht mehr reiten, geschweige denn sich ohne seinen Gehstock fortbewegen. Letzten Endes musste er im Rollstuhl bewegt werden. Als selbst dies nicht mehr möglich war, auf Grund seines hohen Gewichts, lag er nur noch im Bett. Gicht- und Podgaranfälle beherrschten den Mann, der nichts lieber gehabt hatte, als Ordentlichkeit, Sauberkeit und Disziplin. Und selbst von diesen Tugenden ließ er in seinen letzten Tagen nicht ab. Vieles war auf sein Essverhalten und seiner erblichen Veranlagung zurückzuführen. Friedrich Wilhelm selbst hatte angeordnet dass ein Sarg am Fußende seines Bettes stehen sollte. Dort stand dieser nun, seitdem er an das Bett gefesselt war. Die Ärzte versuchten verzweifelt ihn weiter am Leben zu erhalten, aber es war zwecklos. Es ging mit ihm zu Grunde.
 

Sophie Dorothea saß am Bettrand und sah auf ihren Gemahl herab. Schon jetzt war ihr Gewand in schwarz gehüllt. Auch wenn sie nie viel Liebe für ihren Mann empfunden hatte, so hatten sie dennoch 14 Kinder bekommen, auch wenn der Herrgott viele von ihnen schnell wieder zu sich geholt hatte. Am anderen Ende des Bettes stand der Pastor bereit um ihm die letzte Segnung zu geben. Ich selbst stand in einer Ecke des Raums und zitterte. Immer wenn ein Herrscher meines Landes dahinschied, bemerkte ich es an meinem eigenen Körper. Ich war blasser als sonst und nahm alles um mich herum leicht verschwommen wahr. Wie, als wenn Watte in meinen Ohren jegliches Geräusch dämpfen würde und mir kalter Schweiß meinen Körper hinablief.
 

„Wie lange habe ich noch zu leben?“ fragte der König leise. Sein Körper war aufgeschwemmt und er schwitzte sehr. Die Ärzte sprachen von Wassersucht die sich in seinem gesamten Körper ausgebreitet hatte und nun auch die Lunge und das Herz befiel.

Er litt entsetzlich, das konnte man ihm anmerken.

Niemand antwortete auf die Frage des Königs. Und doch bedeutete diese Aussage mehr als tausend Worte. Diese Nacht würde der König nicht überleben. Es war Friedrich Wilhelms Frau die ihm endlich antwortete. „Euer Herz steht schon fast still.“
 

Der König hatte schon mit seinem Leben abgeschlossen. Und doch klammerte er sich verzweifelt daran. Er schlug sich auf die linke Brust als versuche er sein Herz so antreiben zu können. „Ihr müsst jetzt all euren Feinden vergeben und euch aussöhnen. Sonst werdet ihr nicht zur ewigen Seligkeit gelangen.“ Sagte Sophie Dorothea zu ihm. Er willigte in die Aussöhnung ein, jedoch sollte sie erst ausgesprochen werden, wenn er wirklich tot sei. Dann herrschte wieder schweigen.
 

Friedrich Wilhelm schloss die Augen und lehnte sich in sein Kissen. Ganz so als würde er schlafen. Aber es waren keine Atemgeräusche zu hören. Selbst mir blieb in diesem Moment kurz das Herz stehen. Ich verlor fast den Halt, den ich mir an einem Stuhl suchte. Ich krallte mich in das Polster und versuchte weiter zu atmen. Dies geschah immer wenn mein König starb. Ich starrte wie gebannt auf den scheidenden König, hoffte auf eine Regung von ihm.
 

Der Arzt neben dem Bett fasste an die Halsschlagader des Königs und wie aus Reflex zuckte dieser zusammen und ich zog schlagartig die Luft in meine Lungen ein. Er öffnete wieder die Augen. Mein Kronprinz sah kurz zu mir herüber. Auch er ahnte was bald geschah. Und er wusste auch, wie es mir gerade ging. Friedrich konnte sehen, wie sehr ich litt.
 

„Bis hierher bin ich schon eine Leiche.“ Er tastete etwas unterhalb seines Bauches seine Beine ab. Seine Atmung war schon sehr flach, unregelmäßig und seine Haut wirkte bläulich. Dann sah er zu seinem ältesten Sohn.

„Fritz…“. So hatte er ihn nicht mehr genannt seit er ein Knabe gewesen war. Friedrich näherte sich seinem Vater. Stolz, aber auch Trauer lag in diesen jungen Augen. Nun war er der gehorsame Junge, den sich der König immer gewünscht hatte.
 

„Ich verspreche euch der erste Diener meines Volkes zu sein.“ Er nannte es schon sein Land, sein Volk. Friedrich wusste, welch große Verantwortung nun auf ihm lastete. Ich schlug die Augen nieder. Jetzt, am Totenbette, hatten sich Vater und Sohn endlich ausgesöhnt. Und doch lächelte der König. „Warum hat er nicht so mit mir geredet als noch Leben in mir war?“ Friedrichs Miene war versteinert. War es die Trauer die ihn nun doch übermannt hatte oder war es der Umstand allein, dass er nun die Bürde hatte ein ganzes Land zu regieren?
 

Wieder herrschte langes Schweigen. Dass der König immer wieder wegnickte und wieder aufschreckte, wiederholte sich noch ein- zwei Mal. Friedrich Wilhelm sah zu einem Fenster hinaus. Einige Sonnenstrahlen drangen durch einen Spalt zwischen den verhangenen Fenstern.

Es war, als spräche er nicht mehr zu uns, nein, sondern so, als spräche er zum Sesenmann selbst. Er stemmte sich leicht nach vorn, wie ein letztes Aufbäumen bevor der letzte Atem diesen Körper verließ.

„Tod... ich fürchte mich nicht vor dir.“, murmelte er. Dann sank er zurück in die Kissen, der Kopf knickte leicht zur Seite und es wurde still. Mir blieb genug Kraft auf eigenen Beinen stehen zu bleiben und nicht weg zu sacken. Der König war Tot. Auch wenn ich ihn nie gemocht hatte, so hatte er ein reiches Land hinterlassen. Sein Sohn und alle, die im Raum waren, neigten vor Ehrfurcht den Kopf.
 

Noch am selben Tag wurde der neue König ausgerufen. Friedrich wurde feierlich als neuer König in Preußen gekrönt. Ich selbst, nach einiger Zeit der Abwesenheit wieder gestärkt an Lebenskraft nahm an dieser Feier selbstverständlich auch Teil. In alle Himmelsrichtungen des Landes waren Boten ausgesandt worden mit der Nachricht, dass er König tot und sein Sohn die Krone und die Regierung übernommen hatte.

Im königlichen Blau der Preußen, im königlichem Gewand und der weißen Perücke setzte ich persönlich meinem neuen König die Krone auf das Haupt und alle Versammelten knieten vor dem neuen König Friedrich II in Preußen nieder. Dies war das erste Mal seit langem, dass er wieder ohne sich zu verstellen lächelte.
 

Von den Zwängen seines Vaters befreit und nun sein eigener Herr zu sein war wie der letzte Schritt seiner Befreiung gewesen zu sein. Binnen kurzer Zeit verlegte er seinen Wohnsitz von Reinsberg nach Berlin um. Wie beseelt machte er sich daran, gutes für sein Volk zu tun, wie er es seinem Vater versprochen hatte.
 

Aber auch sein Volk hatte sehr große Erwartungen, Hoffnungen und Zuversicht. Doch nicht nur sein Volk, auch Europa versprach sich viel von diesem König der, noch bevor er gekrönt worden war, schon berühmt war. Gerade durch den Fluchtversuch war er in aller Munde gewesen.



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