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Meine Creepypastas

Paranormale (Horror) Geschichten
von

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Dathan

Ich war noch an der High School, als ich Dathan Lumis Kinsley das erste Mal traf. Er sah unheimlich und düster aus. Wie jemand, der in kürzester Zeit in der Schule einen Amoklauf plante und jetzt schon überlegte, wen er als ersten umbringen sollte. Um ehrlich zu sein, hat er mir allein schon vom Aussehen her Angst eingejagt. Kein Wunder, denn Dathan trug stets einen Mundschutz, wie ihn die Chirurgen bei einer OP trugen. Seine roten Augen schienen wirklich jeden Menschen mörderisch anzufunkeln und dieser raue Emo Look beschönigte diese Tatsache auch nicht besonders. Dathan war ein sehr schweigsamer Typ, der nicht sehr viele Freunde hatte. Besonders nicht in seiner Klasse. Nur dieser neue Mitschüler Koishi Kazami, dessen Eltern aus Japan hierher gezogen waren, verstand sich sehr gut mit ihm und schien seine Eigenheiten zu akzeptieren. Ich hatte ihn als einen sehr stillen und missmutigen Schüler kennen gelernt, der sehr gute Noten aber ein sehr miserables soziales Betragen innerhalb der Klasse hatte. Dabei engagierte er sich sogar sozial und half am Wochenende in der Suppenküche im Obdachlosenheim. Es war dieser Kontrast zu seiner unheimlichen und bedrohlichen Erscheinung und seinem sozialen Engagement für die Ärmsten, die mich an ihn so faszinierte. Und das war wahrscheinlich auch der Grund, warum ich ihn diesen einen Tag ansprach, als er gerade dabei war, seine Tasche aus dem Schließfach zu holen. Allein schon der Blick, mit dem er mich mit diesen roten Augen anstarrte, hätte selbst einen Kampfhund in die Flucht gejagt. Doch irgendetwas in mir wollte ihn weiter kennen lernen. Ich wollte mehr über ihn wissen, dabei wusste ich nicht mal warum. Als ich ihn ansprach, habe ich ziemlich gestottert und mir wäre fast das Herz in die Hose gerutscht. So wie er mich anstarrte, dachte ich gleich: Jetzt nimmt er den Mundschutz ab und dann beißt er mir den Kopf ab wie einer Fledermaus. Doch überraschenderweise riss er mir nicht den Kopf ab sondern stellte sich mir mit dieser rauen und tiefen Stimme vor, die sich fast so schlimm wie die von Jeff the Killer aus diesen Hörspielen anhörte. In dem Moment lief es mir eiskalt den Rücken hinunter, als er sprach aber ich freute mich, als er mir anbot, gemeinsam mit ihm und Koishi in der Schulkantine zu essen. Gerne nahm ich das Angebot an und obwohl ich für gewöhnlich nie in der Kantine esse, da das Essen fürchterlich schmeckt, trafen wir uns später an einem relativ kleinen Tisch. Dathan saß immer alleine an diesem Tisch, weil die meisten Schüler Angst vor ihm hatten. Ja sogar die Lehrer fürchteten sich vor ihm, auch wenn sie das niemals offen zugeben würden. Es dauerte auch eine Weile, bis wir endlich ins Gespräch kamen. Ich musste schon den Anfang machen und beschwerte mich darüber, wie mies das Kantinenessen doch sei und sowohl Dathan und Koishi pflichteten mir bei. Die beiden schienen es wohl nicht gewohnt zu sein, dass sich ein Mädchen zu ihnen gesellte. Schließlich aber schaffte es Koishi, ein vernünftiges Gespräch aufzubauen. Er erzählte mir, dass er und seine Familie vor knapp vier Jahren hier eingewandert seien, nachdem sein Vater in Japan seinen Job verloren hatte. Sich an ein neues Land und an eine neue Sprache zu gewöhnen, war für ihn nicht sonderlich schwer gewesen. Schon seit er ein kleiner Junge war, hatte er für die USA und besonders für Kalifornien geschwärmt und außerdem war er ein kleines Sprachtalent. Was ihm jedoch erhebliche Schwierigkeiten bereitete, war die Klasse. Die meisten waren ausländerfeindlich und hatten ziemlich viele Vorurteile gegen Asiaten, insbesondere gegen Chinesen und sie wollten nicht wirklich kapieren, dass Japan mit China nichts am Hut hatte. Deswegen hatte er außer Dathan keinen Freund an dieser Schule. Dabei war Koishi echt sympathisch, um nicht zu sagen niedlich. Er war ziemlich klein, gerade mal 1,55m und neben Dathan, der fast an 1,90m rankommt, wirkt er schon fast wie ein Zwerg. Er war auch ganz anders als Dathan. Koishi hatte immer ein liebenswürdiges und niedliches Lächeln auf den Lippen, war höflich und hilfsbereit und er liebte Ausdruckstanz. Dathan hingegen schien eine Art dunkle Aura wie ein dichter Nebel zu umgeben, die wirklich jeden auf Abstand hielt. Ein bisschen erinnerten mich die beiden an die zwei aus „The Mighty“, wobei Dathan aber kein beschränkter Riese und Koishi auch kein kränkliches Genie war….

Meist waren es Koishi und ich, die zusammen quatschten, Dathan seinerseits hielt sich mehr abseits. Entweder war er etwas schüchtern oder er wusste einfach nicht, worüber er mit mir reden sollte. Im Nachhinein denke ich eher, dass es an seiner Angst lag. Auch wenn er überhaupt nicht danach aussah, hatte er Angst, auf andere Menschen zuzugehen und ihnen zu vertrauen. Vielleicht, weil er so oft enttäuscht worden war. Nach der Mittagspause mussten wir wieder in unsere Klassenräume gehen. Hier trennten sich unsere Wege und ich bot Dathan und Koishi an, dass wir uns mal fürs Kino verabreden könnten. Die beiden haben mich so komisch angesehen, als hätte ich sie nach einer schnellen Nummer auf der Toilette gefragt. Das war das erste Mal, dass ich Dathan so überrascht gesehen habe und ehrlich gesagt, fand ich das irgendwie liebenswert an ihn, trotz dieses rauen Erscheinungsbildes.

Tatsächlich trafen wir uns direkt nach der Schule im alten Kino, welches bereits ziemlich heruntergekommen war, wo man aber noch sehr preiswert Filme sehen konnte. Dathan verspätete sich ein wenig, da er Schwierigkeiten hatte, noch auf die Schnelle einen Babysitter für seine kleine Schwester zu finden. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, dass er überhaupt Geschwister hatte. Als ich ihn aber danach fragte, wich er mir nur aus, so als wolle er mir keine persönlichen Fragen beantworten und mir blieb nichts anderes übrig, als dies zu akzeptieren. Der Film, den wir uns ansahen, war schon etwas älter aber da er mit Brad Pitt und Morgan Freeman war, dachte ich eigentlich, dass es ein richtig cooler und spannender Thriller wird. Oder zumindest ein guter Actionfilm aber wie sich herausstellte, war es ein ziemlich deprimierender Film mit dem Titel „Sieben“. Er erinnerte mich ein Stück weit an „Schweigen der Lämmer“, nur war die Atmosphäre so bedrückend und das Ende so furchtbar traurig, dass ich mir im Nachhinein gewünscht hätte, wir hätten einen lustigeren Film gesehen. Geheult habe ich zwar nicht, was bei sehr ergreifenden Filmen wie etwa Forrest Gump oder Hachiko mit Richard Gere ziemlich oft passiert, aber danach wollte ich einfach nur nach Hause und meine Eltern in den Arm nehmen.

Da es ziemlich spät war und Dathan mit dem Bus gekommen war, bot ich ihm an, ihn nach Hause zu fahren. Ich hatte das Glück, dass mir meine Eltern ihren Wagen geliehen haben und ich wollte mich auch ein Stück weit erkenntlich zeigen, weil Dathan die Getränke spendiert hatte. Wieder zögerte er, aber dann stieg er doch ein und lotste mich durch die Stadt bis zu einem gemütlichen kleinen Hafen, wo doch tatsächlich ein Hausboot stand! Ein richtiges und dazu auch noch unverschämt schickes Hausboot. Dathan erzählte, dass er es von seinen Eltern geerbt habe, die vor knapp einem halben Jahr bei einem Flugzeugabsturz verunglückt waren. Seitdem lebe er mit seiner vierjährigen Schwester Christie und seiner Cousine Clarissa auf dem Hausboot. Clarissa war eine junge Architektin und unverschämt hübsch. Sie sah Dathan überhaupt nicht ähnlich, ganz im Gegensatz zu der kleinen Christie, die ebenso wie ihr großer Bruder rote Augen und schwarzes Haar hatte. Christie kam sofort den Steg heruntergeeilt und lief mit ausgestreckten Armen auf Dathan zu. Die Kleine war einfach goldig und da sie offenbar unbedingt wollte, dass ich mit ins Haus kam, parkte ich den Wagen etwas weiter vom Steg entfernt und sah zum ersten Mal ein Hausboot von innen.

Das Hausboot war ungewöhnlich groß und schick, es sah auch nicht ganz so wirklich wie ein Boot aus sondern wie eine Art große Hütte auf einem Floß. Außerdem war es ein klein wenig… altmodisch und schlicht, doch das Innere hat mich schließlich völlig überzeugt. Es gab Strom, ein Badezimmer, Zimmer für jeden, eine Küche und was sonst noch nötig war (außer einem Dach und einem Keller natürlich). Okay, es gab ein Dach, aber keines dieser Ziegeldächer. Es war eher eine Dachterrasse, wo man im Sommer sitzen und frühstücken konnte.

Für den Winter war man auch gut vorbereitet. Das Hausboot wurde beheizt und hier wohnten Dathan, seine kleine Schwester und seine Cousine das ganze Jahr über. Und wenn sie mal Tapetenwechsel brauchten, dann konnten sie jederzeit mit dem Haus davonschwimmen. Das musste ein wirklich tolles Gefühl sein.

Die kleine Christie präsentierte stolz die Zeichnungen, die sie gemacht hatte (die ich aber leider überhaupt nicht entziffern konnte) und sagte immer wieder „Tulu“ oder so. Dathan erklärte mir ein wenig verlegen, dass seine kleine Schwester ein Wesen namens „Cthulhu“ meint. Dieses Ding sei Hauptbestandteil einer ganzen Romanreihe, die er gerade las. In seinem Zimmer hing auch ein Poster von diesem Vieh. Es sah aus wie ein Fischmensch mit Tintenfischkopf und Drachenflügeln auf den Rücken. Ein etwas seltsamer Geschmack für einen Teenager, wo doch die meisten Jungs aus unserem Jahrgang bloß Football und Bumsen im Kopf hatten. Dathan schien zu bemerken, dass ich mit diesen Sachen nicht wirklich viel anzufangen wusste, also versuchte er schnell das Thema zu wechseln und bedankte sich für den netten Nachmittag und dass ich ihn nach Hause gebracht hatte. Ich nahm seine Hand und sagte ihm „Ich würde gerne wieder vorbeikommen und dich besuchen.“

Tatsächlich kamen wir uns in den nächsten Wochen etwas näher und ich schaffte es, Dathan ein wenig gesprächiger zu machen. Wir trafen uns immer öfter und manchmal, wenn Clarissa zu einer Präsentation musste, passten wir gemeinsam auf Christie auf. Ich gebe es offen zu, ich habe mich schließlich ein wenig in Dathan verliebt. Vielleicht war ja auch das der Grund, warum er mich so faszinierte. Im Nachhinein ist das schwer zu sagen aber ich denke, es lag ein Stück weit daran. Und was Koishi betraf, so freundeten wir uns beide auch an, wobei es bei ihm um einiges einfacher war als bei Dathan. Aber egal in welcher Situation wir auch waren, er nahm niemals seinen Mundschutz ab. Er schien ihn immer zu tragen, wenn er nicht alleine war. Ich war mir auch nicht sicher gewesen, ob ich ihn darauf ansprechen sollte, da ich Sorge hatte, dass er sich sofort wieder verschließen würde. Also nahm ich in der Pause Koishi beiseite und ging mit ihm in eine Ecke, wo wir ungestört miteinander reden konnten. „Sag mal Koishi, warum trägt Dathan eigentlich dieses Ding im Gesicht?“

„Dathan wurde auf seiner alten Schule schwer misshandelt und im Gesicht entstellt. Und das will er verstecken, damit die Leute nicht noch mehr Angst vor ihm haben.“ Koishi selbst wusste leider nicht viel über Dathans Vergangenheit. Lediglich, dass Dathan zuvor auf eine katholische Grundschule ging und von den Lehrern als auch von den Schülern gemobbt und schwer misshandelt wurde wegen seiner roten Augen. Schließlich hätten sie ihm Lauge oder Säure ins Gesicht geschüttet und einen Teil seines Gesichts und seines Körpers verätzt. Seitdem verstecke er auch sein Gesicht, weil er sich schämt. „Der einzige Halt, den er noch hat, ist seine kleine Schwester Christie. Dathan liebt sie über alles und deswegen ist auch seine Cousine hierher gezogen, damit sie sich um die Kleine kümmern kann.“ So wie ich von Koishi erfuhr, liebte Dathan kleine Kinder überhaupt und hatte mal vorgehabt, Erzieher zu werden. Doch da alle Menschen Angst vor ihm hatten, würde sich dieser Traum wohl niemals für ihn verwirklichen. Es musste wirklich schwer für Dathan sein, ein normales Leben zu führen mit dieser Entstellung und diesen Augen. Ich fasste mir schließlich ein Herz und besuchte Dathan am Wochenende in seinem Hausboot. Clarissa war in ihrem Arbeitszimmer beschäftigt und die kleine Christie spielte gerade mit einem komischen Stofftier, das ein wenig wie dieses Fischmenschmonster aussah, welches als Poster an Dathans Zimmerwand hing. Als ich Dathan darauf ansprach, wurde er ein wenig verlegen. „Christie mag Cthulhu und deshalb habe ich ihr dieses Stofftier genäht.“

„Du kannst nähen? Das ist ja cool. Ich krieg noch nicht mal einen Knopf angenäht.“

„Es ist nichts wirklich Besonderes….“ Dathan war ein schrecklich bescheidener Mensch. Aber das war es auch, was ich an ihm so sympathisch fand. Schließlich fanden wir uns in seinem Zimmer wieder, wo ich seine Regale unter die Lupe nehmen durfte. Sein Musikgeschmack war mehr als breit gefächert, kann ich sagen. Angefangen von „Skillet“ über „Simple Plan“ bis hin zu „The Birthday Massacre“ und Songs von „Porcelain Black“. Seine Büchersammlung hingegen ließ sich in zwei Kategorien einordnen: Lovecraft und Stephen King. Er war wirklich ein leidenschaftlicher Sammler von Horrorgeschichten und wie er mir im Vertrauen erzählte, faszinierte ihn dieser Mythos aus Lovecrafts Geschichten. Seine Familie sammle seit langer Zeit nicht nur die Lovecraftgeschichten sondern habe auch eine Kopie des „Kitab Al’Azif“ seit langer Zeit im Familienbesitz. Ich konnte mit dem Namen nichts anfangen und musste deshalb nachfragen. Dathan erklärte mir, dass das „Kitab Al’Azif“ das arabische Original zum Necronomicon sei, welches ein geisteskranker Araber geschrieben hat. Mit dem Buch könne man Dämonen beschwören und Tote zurückholen. Außerdem enthalte es alle Informationen über verschiedene Götter und Dämonen. Also eine Art Satansbibel auf Arabisch. Dathan wollte es mir jedoch nicht zeigen, da er in dieser Hinsicht etwas abergläubisch war. Er war der Ansicht, dass man so ein Gefahrengut besser nicht anrühren sollte, da es sonst schlimme Konsequenzen haben würde. Diese Ansichten werde ich wohl niemals mit ihm teilen, weil ich nicht an übernatürliche Dinge glaube. Ich glaube auch nicht, dass ein Fischmenschmonster tief im Atlantik schläft und in 10.000 Jahren die Welt ins Chaos stürzen wird. Dazu müsste ich erst mal an einen Gott glauben, was ich auch nicht tue. Wenn Dathan Spaß daran hat, dann soll man ihm das auch gönnen.

Ich blieb das ganze Wochenende bei ihm und wenn wir nicht gerade redeten, dann schwammen wir ein wenig im Wasser und spielten mit Christie. Normalerweise würde ich ja lieber eine Shoppingtour oder ein Cafebesuch vorziehen, aber aus Rücksicht auf Dathan verzichtete ich lieber darauf. Er ließ sich nicht gerne in der Öffentlichkeit blicken und ein Cafebesuch würde automatisch bedeuten, dass er den Mundschutz abnehmen und damit seine Entstellungen zeigen musste und das wollte ich ihm lieber nicht antun. Selbst vor mir nahm er niemals den Mundschutz ab. Das änderte sich schließlich, als wir nach vier Monaten ein Paar wurden und wir uns das erste Mal küssten. Sein Gesicht war von Narben bedeckt, die wie Geschwüre aussahen, seine Haut war wie Leder und von seinen Lippen war auch nicht viel übrig geblieben aber um ehrlich zu sein war mir das egal. Ich liebte ihn so wie er war und deshalb liebte ich ihn auch mit diesen Narben, die er im Gesicht, aber auch am Hals und auf der Brust hatte. Es tat mir unendlich in der Seele weh, all diese Verbrennungen und Narben zu sehen, die er von seiner alten Schule davongetragen hatte. Ich konnte auch nicht fassen, wie grausam Menschen sein konnten und umso sprachloser war ich, dass Dathan das einfach so hinter sich lassen konnte. Er schien wirklich alles ertragen zu können. Die kalten Blicke in der Schule, die Tatsache, dass er von manchen Leuten mit Steinen beworfen wurde und dass die Kinder Gerüchte über ihn erzählten, dass er ein gefährlicher Psychopath wäre. Über all das konnte er hinwegsehen und die Schikanen ertragen, solange er noch seine Familie hatte. Doch dann geschah etwas Schreckliches, was sowohl Dathans Leben als auch aller anderen für immer veränderte. Etwas, das das Fass endgültig zum Überlaufen brachte und die Schikanen gegen Dathan auf den Höhepunkt trieb. Eines Tages erhielt ich die Nachricht, dass sich ein schrecklicher Unfall auf dem Hausboot ereignet hatte und dabei Koishi als auch Clarissa und die kleine Christie ums Leben gekommen waren. Dathan, der verzweifelt versucht hatte, seine kleine Schwester zu retten, war selbst mit nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Als ich ihn im Krankenhaus besuchen ging, erzählte er mir unter Tränen, dass die Jungs aus seiner Klasse die Leine gekappt und das auf dem Wasser treibende Hausboot angezündet hätten. Clarissa und Koishi waren von den Flammen eingeschlossen worden, nur Christie hatte er noch aus dem Haus retten können. Sie waren ins Wasser gesprungen und wollten an den Steg hochklettern, doch die Jungs hatten sie immer wieder zurückgestoßen und schließlich gewaltsam unter Wasser gedrückt. Dathan hatte schließlich das Bewusstsein verloren und später erfahren, dass Christie ertrunken war. Und während er mir das erzählte, vergoss er unzählige Tränen und konnte selbst nicht fassen, was passiert war. Dann aber, für einen kurzen Moment sah ich etwas in seinen rubinroten Augen aufblitzen, das mir wirklich Angst einjagte: Brennender Zorn. In diesen Moment spürte ich, dass bei Dathan nun die goldene Grenze überschritten war und er sich diese Schikanen nicht mehr gefallen lassen würde. Und genau das machte mir Sorgen. „Dathan“, sagte ich und nahm seine Hand. „Was hast du nun vor?“

„Sie werden für das bezahlen, was sie getan haben. Sie alle werden dafür bezahlen.“ Zuerst schreckte ich einen Moment zurück, doch dann nahm ich seine Hand nur noch fester in die meine. „Bitte Dathan, sei vernünftig und überlasse das besser der Polizei. Du machst dich nur selbst unglücklich.“ Doch dann sah er mich mit einem kühlen und zugleich leeren Blick an, nahm seinen Mundschutz ab und fragte mich ganz ruhig und langsam „Ich habe diese Hölle lange genug erduldet. Mir war es egal, solange sie die Finger von meiner kleinen Schwester und meinen Freunden lassen. Jetzt reicht es….“
 

Dathan kam die nächste Woche nicht zur Schule und auf meine Anrufe reagierte er nicht. Er schrieb mir per SMS, dass er alleine sein wollte und eine Auszeit brauchte, um das alles zu verarbeiten. Ich konnte das verstehen, aber ich machte mir Sorgen um ihn, besonders nach diesen Worten, die er im Krankenhaus zu mir gesagt hatte.

Ungefähr zwei Wochen nach dem Brand starben drei Schüler aus Dathans Klasse unter sehr merkwürdigen Umständen. Colin Reery rutschte in der Dusche auf dem nassen Boden aus und schlug sich dabei den Hinterkopf so heftig an der Duscharmatur, dass er dabei starb. Josh Dragson fiel betrunken in den Goldfischteich und ertrank, während Michael Grimes einen elektrischen Schlag bekam, als er sich in der Badewanne rasierte. All diese Unfälle waren selbstverschuldet und Fremdeinwirkung war völlig ausgeschlossen. Trotzdem kam mir sofort der Gedanke, dass Dathan etwas damit zu tun haben könnte. Immerhin hatten all diese Unfälle mit Wasser zu tun und seine kleine Schwester war ertrunken. Ich rief Dathan noch mal an und bat ihn, sich mit mir zu treffen. Wir verabredeten uns im Eiscafe und ich war entsetzt, als ich sah, in welchem Zustand Dathan war. Er war ziemlich blass, hatte dunkle Augenringe und er hatte zudem deutlich abgenommen. „Dathan, wie geht es dir?“

„Es ging schon mal besser…. Aber ich glaube, ich werde nicht mehr in die Schule gehen. Nicht zu diesen Leuten.“

„Das verstehe ich. Aber sag mal, hast du schon gehört, dass drei von ihnen bei Unfällen ums Leben gekommen sind?“

„Ja… aber das ist mir auch völlig egal. Sie alle bekommen die Strafe, die sie verdienen.“ Dathan war alles andere als gesellig und gesprächig sowieso nicht. Deswegen endete unser Treffen früher als geplant und so musste ich wohl oder übel wieder nach Hause gehen. Aber ein schlechtes Gewissen hatte ich schon dabei. Am nächsten Tag erfuhr ich von Beverly Higgins, dass Kathy und Ronny bei einer gemeinsamen Bootstour verunglückt und ertrunken wären, weil sie keine Rettungswesten dabei hatten. Und genau am selben Tag war Ashley im strömenden Regen vor einen LKW überfahren worden. Die Todesfälle häuften sich immer weiter. Die Polizei ermittelte schon in dem Fall, aber wie sollten sie gegen irgendjemanden ermitteln, wenn all diese Todesfälle Unfälle ohne Fremdverschulden waren? Für mich stand fest, dass Dathan irgendwie darin verwickelt war. Nur wie zum Teufel hatte er das bloß angestellt? In den nächsten Tagen erreichte ich Dathan weder auf dem Handy, noch über Telefon. In der Schule ließ er sich nicht blicken und meine schlimmste Befürchtung war, dass er inzwischen auf der Flucht vor der Polizei war. Die Unfallserie in der Klasse nahm kein Ende. Beverly bekam eine Lungenentzündung und erstickte, als sich in der Lunge Wasser sammelte. Kira ertrank im Schwimmbad, als sie einen Wadenkrampf bekam und die Clique, bestehend aus Roy, Johnny, Ricky und Thomas ertranken, als sie im Vollsuff ihren Wagen ins Meer steuerten und die Wagentür nicht öffnen konnten. Schließlich waren alle aus Dathans Klasse verstorben und die Polizei war völlig ratlos. In der Schule lief eine Trauerfeier zu Gedenken der 30 verstorbenen Schüler, einschließlich Dathan und Koishi. Aber ich konnte einfach an nichts anderes denken, als daran, dass Dathan etwas mit diesen Todesfällen zu tun haben könnte. Auch wenn die Autopsieberichte etwas anderes sagten, ein Teil von mir war sich sicher, dass Dathan Rache genommen hat für den Tod von Christie, Clarissa und Koishi. Eines Tages erhielt ich eine SMS von Dathan, in der er mich bat, zum alten Kino zu kommen, wo wir uns das erste Mal verabredet hatten. Es war bereits dunkel, als ich das Kino erreichte, trotzdem sah ich, in welch schlechter Verfassung Dathan eigentlich war. Er sah aus, als hätte er seit längerer Zeit nichts mehr gegessen, geschweige denn, dass er überhaupt geschlafen hatte. Wir fielen uns sofort in die Arme und ich konfrontierte ihn sofort mit dem Tod all seiner Klassenkameraden und verlangte zu wissen, was eigentlich passiert war. Doch Dathan schüttelte nur den Kopf und sah mich traurig an. „Es tut mir Leid, aber ich muss von hier verschwinden.“

„Ist etwa die Polizei hinter dir her? Haben sie dich etwa in Verdacht?“

„Ich will nicht, dass du in irgendwas mit hineingezogen wirst. Deswegen müssen wir uns voneinander verabschieden.“

„Das… das kannst du doch nicht tun. Dathan, wir finden sicher irgendeine Lösung aber lauf nicht davon.“

„Tut mir Leid, aber ich kann einfach nicht länger hier bleiben.“ Dathan holte eine Kette hervor, die als Anhänger einen silbernen Schmetterling hatte. Diese war sein letztes Geschenk an mich. Er verabschiedete sich und verschwand dann in die Nacht. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen, geschweige denn etwas von ihm gehört. Als ich nach Hause zurückkehrte, wartete dort meine Mutter mit der Polizei. „Schatz, diese Herren sind von der Polizei und sie möchten dir ein paar Fragen stellen.“

„Wir haben erfahren, dass Sie eine Beziehung mit Dathan Kinsley hatten, ist das richtig?“

„Ähm ja… ist etwas passiert?“

„Es sind nur ein paar Fragen, keine Sorge.“

„Verdächtigen Sie etwa Dathan, dass er etwas mit den Unfällen seiner Mitschüler zu tun hat?“ Der Polizist sah mich überrascht an, was mich ein wenig verunsicherte. „Wieso sollten wir? Dathan Kinsley ist tot. Man hat seine Leiche zusammen mit der seiner kleinen Schwester gefunden. Sie sind beide im Meer ertrunken.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  elysahria
2015-01-12T05:53:29+00:00 12.01.2015 06:53
Wirklich traurig :,( die Klassenkameraden waren so schlimm!!
Das hast du echt gut geschrieben

Lg ari
Von:  _Supernaturalist_
2013-05-03T17:55:20+00:00 03.05.2013 19:55
Ich liebe Dathan!*_* (Mhm, Konkurrenz für Happy Sally würde ich meinen... O.O") Aber ist wirklich toll und die Geschichte ist einfach so traurig, vorallem das Ende... Eine wirklich tolle Story mit einem tollen Charakter!


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