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Sonnengeliebte [16+]

Leseprobe
von

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Prolog

Aira. Eine Welt, die unserer Erde so ähnlich ist, und sich gleichzeitig in so vielen unterscheidet. Niemand weiß, wo sich genau diese Welt befindet – Am Ende des Universums, in einer anderen Dimension, vielleicht sogar nur in den Köpfen weniger, die sich diese Welt als Zeitvertreib geschaffen haben. Es kann sogar sein, dass sie unsere heutige Welt war, vor langer Zeit, doch Millionen von Jahre ließen keine Spur zurück. Wer weiß das schon?
 

Es leben auf Aira die verschiedensten Lebewesen, manche so fantasievoll, dass sie nur hier zu finden sind, andere unseren Wesen der Fantasie ähnlich - doch leben auch hier Menschen. Sie leben im größten Land dieser Welt, Desteral. Es zeichnet sich durch eine grenzenlose Unberührtheit aus, weite Wiesensteppen, klare Flüsse und immergrüne Wälder, wohin man auch blicken mag.
 

Doch beschäftigen sich die folgenden Geschichten nicht mit diesem wunderschönen Land, obgleich es ebenfalls grandiose Geschichten erzählen kann - Geschichten von starker Freundschaft, von Verrat, Leid und unsterblichen Liebe. Es mag sein, dass sich manche dieser Geschichten in gewisser Weise wiederholen, doch ist jede von ihnen einzigartig und wert, erzählt zu werden.

Die Geschichten, die ich euch nun erzählen möchte, spielen in einen Land im Norden Airas. Bei dem Land handelt es sich um eine Insel, die sich in viele Königreiche aufspaltet. Im Gegensatz zu Desteral ist die Insel klein und unscheinbar. Den meisten Menschen sind selbst ihre Bewohner vollkommen fremd, sie wissen nicht genau, was genau diesen Fleck Airas bewohnt und das, obwohl sie sich ähneln. Mathematisch gesehen, sind Menschen und die Wesen, die auf dieser Insel leben, sich zu 75 % gleich. Die anderen 25 % sind animalischen Ursprungs, man könnte meinen, es sind Menschen mit den Eigenschaften von Tieren; Manche von ihnen haben das Gehör einer Katze, andere die Fähigkeit alles mit der feinen Nase zu erschnüffeln. Eine weitere Gruppe von ihnen kann mit ihren Flügeln sogar frei in die Luft emporsteigen, während andere an das Wasser gebunden sind. Diese Wesen werden aufgrund dessen im Allgemeinen gerne „Tiermenschen“ genannt, sprechen sie doch eine ähnliche Sprache wie wir, nur sind sie von ihren tierischen Instinkten abhängig. Da das Wort für den ein oder anderen jedoch zu lang ist, kindisch klingen oder gar unsinnig vorkommen mag, nennen Gelehrte diese Wesen gerne Animo. Eine junge Frau mit den Eigenschaften einer Maus würde demnach als weiblicher Maus-Animo oder Mausfrau bezeichnet werden.
 

Animo lebten Jahrhunderte lang in vollkommener Isolation, da ihr Land ihnen alles bot, was sie brauchten. Sie haben sich stets aus den Konflikten und den großen Kriegen auf Aira enthalten – Wozu sollten sie schließlich Kopf und Kragen riskieren, wenn sie doch schon alles hatten, was sie brauchten? Erst nach einem großen Bürgerkrieg in ihren Land nahmen sie die Gelegenheit zum ersten Mal war, mit den Rest der Welt zu kommunizieren. Sie wollten so weitere Fehler in Zukunft vermeiden und aus den Fehlern der anderen lernen.

Obwohl sie die Möglichkeit haben, die Insel zu verlassen, lebt noch heute der Großteil der Animo in ihrem kleinen Paradies. Der Name dieses Paradieses ist Palooza.
 

Palooza wird von einem Zusammenschluss aller Königreiche regiert, das Parlament, an dem die regierenden Fürsten teilnehmen. Jedes Jahr ist ein anderes Königreich Hauptsitz dieses Parlaments und besitzt die stärkste Stimme. Meistens wird diese Stimme nicht genutzt, nur wenige Male in der Vergangenheit hat sie etwas Grundlegendes in Palooza verändert. Palooza spaltet sich insgesamt in vierzehn Königreiche, die sich je auf die verschiedenen Animo beziehen, die in diesen Königreich leben:
 

Im Norden befindet sich das Königreich der Lüfte, die Heimat der Vogel-Animo. Es befindet sich auf der Spitze des sogenannten Schlaufenberges, der weit hinauf in dem Himmel ragt. An seinem Fuße findet sich das Königreich der Schuppen, dessen Bewohner sich durch schuppige Hautpartien auszeichnet. Westlich davon liegt das Königreich der Dürre. Wie der Name vermuten lässt, leben hier Animo, die sich auf eine extreme Hitze spezialisiert haben und so gut wie keinen Regen kennen.
 

Im Osten von Palooza liegt das Königreich der Katzen mit seinen Katzen-Bewohnern. Ihre Nachbarn sind die Insekten-Animo und die Nagetier-Animo, die im Königreich des Krabbelns bzw. des Beißens leben. Hierbei leben die Insekten-Animo in einen großen Waldkomplex, der selbst wie ein gigantischer

Baum wirkt. Die Wiesenlandschaft um ihn bildet das Zuhause der Nager.

Im Süden befindet sich das Königreich der Tatzen, dass von verschiedenen Animo bewohnt wird. Reist man weiter in den Süden, kommt man in das Königreich der Träger, wo sich die Animo vor allen durch Hörner und Hufen auszeichnen.

Das Königreich der Nacht bildet das Ende der Insel; Es ist ein mächtiges, dunkles Gebirge mit unzähligen Höhlen, sodass die Sonne, trotz seiner Lage, nur selten die lichtscheuen Bewohner erreicht.
 

Der Westen von Palooza zeichnet sich durch die Königreiche des Eises, des Wandelns und des Rudels aus. Das eisige Königreich befindet sich isoliert von den anderen auf einer kleinen Insel. Nur wer sich an die kalten Bedingungen von Geburt an angepasst hat, kann überleben. Die Bewohner des Wandelns haben im Laufe der Zeit eine heteromorphe Lebensweise entwickelt, sodass sie zum Teil als sehr wassergebundene Animo aufwachsen und später erst vollkommen am Land leben können.

Im Königreich der Rudel leben verschiedene Animo, die meist den Wölfen und Hunden sehr ähnlich sind.
 

Die Meere rund um Palooza untergliedern sich ebenfalls in zwei Königreiche: Der Norden wird von den Meerestier-Animo regiert, während im Süden die Fisch-Animo leben – Demnach heißen die Königreiche des Meeres bzw. der Fische. Ganz Palooza ist, abgesehen von dem Königreich der Kälte, von einem Sandstrand umgeben, wo sich verschiedene Fischerdörfer und Häfen sich niedergelassen haben.
 

Alle Königreiche leben friedlich miteinander, doch gibt es zwischen einzelnen Königreichen verschiedene Konflikte aus der Vergangenheit, die eine perfekte Harmonie nahezu unmöglich machen. Der Ort, an dem das Parlament zusammenkommt, befindet sich im Herzen Paloozas, im Königreich der Tatzen, der Hügel der Union. Er ist auch der Geburtsort neuer Fürsten, die eines der Königreiche regieren dürfen, wenn das alte Fürstenhaus abgedankt hat.
 

Aufgrund ihrer Verschlossenheit sind die Animo und ihr Land die Geburtsstätte für viele Sagen, Mythen und Legenden geworden. Manche dieser Geschichten sind wahr, andere frei erfunden und wenige erzählen dabei einen Funken Wahrheit. Obwohl es von außen fremd und kompliziert erscheint, birgt dieses Volk bewährte Traditionen und Geheimnisse, die nur die wenigsten kennen. Manche dieser Geheimnisse sind grausam und unberechenbar, dass kaum einer sie verstehen mag. Doch gibt es auch Geheimnisse, die das Licht in die Welt zaubern.

Es war einer jener ersten Herbsttage, an den die Sonne zum letzten Mal hell erstrahlte. Bald würden die kalten Tage anbrechen und Wolken die Sonne die meiste Zeit verdecken. Eine junge Katzenfrau ging die einzige große Straße des kleinen Ortes mit den Namen Passion herunter: Obwohl es nahezu Herbstanfang war, wehte kein starker Wind, sodass ihre langen, schwarzen Haare angenehm mit jeden ihrer Schritte auf und ab tanzten. Sie trug einen langen, dunkelblauen Rock, mit weißen Blüten bestickt, und eine passende, blaue Bluse mit zarten Rüschen. Über ihre Schultern hatte sie eine helle Strickjacke gebunden, doch fand sie, dass es noch warm genug war, sie diente viel mehr zur Zierde. Immer wieder wippte ihr Katzenschweif hin und her während sie ein altes Volkslied summte. Sie hatte allen Grund, fröhlich zu sein, schließlich hatte sie vor wenigen Tagen ihren Abschluss als Köchin erhalten – Bald konnte sie endlich ihr unabhängiges Leben beginnen, in einen Café oder in einer Bäckerei anfangen, zu arbeiten. Sie war schon 21 Jahre alt, was für einen Tiermenschen ein recht spätes Alter war, um ins Berufsleben einzusteigen, begannen doch viele ihre Ausbildung schon mit 16 Jahren. Um ihre Unabhängigkeit gebührend zu feiern, wollte sie mit ihrer besten Freundin Sophie einen Kuchen backen und unter ihren Freunden verteilen.

„Magret!“, ihre pechschwarzen Katzenohren zuckten, als sie ihren Namen hörte. Magret entdeckte ihre Freundin vor dem Eingang des Marktplatzes. Sie lächelte, ehe sie schnellen Schrittes zu ihr lief: „Hallo!“
 

Ein buntes Treiben war auf dem Marktplatz der kleinen Stadt im Königreich der Katzen. Überall liefen die Einwohner umher, Kinder lachten, Händler verkauften ihren Waren, feilschten um den Preis. Es war kein Wunder, schließlich war dieser Markt der letzte in warmen Tagen und jeder nutzte das gute Wetter, um ein letztes Mal Licht zu tanken. Magret und ihre Freundin diskutierten eifrig über die Geschmacksrichtung des Kuchens, während sie all die grundlegenden Zutaten wie Eier, Mehl, Zucker und Butter kauften. Doch mit einem Mal blieb Magret inmitten der Menge stehen.

Sie hatte jemanden entdeckt. Es war ein junger männlicher Katzen-Animo, der an einen der Fischstände heftig diskutierte. Sie spitzte ihre Ohren, anscheinend ging es um die Qualität des Fisches. Die junge Frau spürte, wie sich etwas in ihrer Brust kurz zusammenzog, ehe ihr Herz umso schneller schlug. Instinktiv machte sie einen Schritt nach hinten, jederzeit bereit, schnell zu verschwinden. Ihr Blick wanderte von seinen harten Gesichtszügen und den auffällig grauen Katzenohren über seinen trainierten Körper: Man sah deutlich, dass er schon des Öfteren praktisch gearbeitet hatte, zeichnete sich wohl jeder Muskel unter den dünnen Stoff seines T-Shirts ab. Doch wirkte er dadurch keineswegs wie ein Kraftprotz, der mehr Muskeln als Hirn besaß. Nein, es schien Magret viel mehr, als würde sein Körper nur die Erfahrungen widerspiegeln, die er in den letzten Jahren gemacht hatte. Er trug dazu eine Jeans, die wohl schon einiges mit erlebt hatte, wucherte sie nur von feinen Rissen und geflickten Stellen. Seine Stiefel waren von seltsamen Flecken gekennzeichnet, als wäre er kilometerweit durch Schlamm gewandert.

„Ugh.“, Magrets Freundin gab ein angewidertes Geräusch von sich: „Ben Salis. Wie kannst du diesen Kerl nur attraktiv finden?!“

„Ich…Ich weiß nicht.“, war Magrets kurze Antwort, sie war immernoch von Ben fasziniert. Sie seufzte, denn seine grünen Augen leuchteten regelrecht während der Diskussion. „Er hat eine sehr starke Art, ich mag so etwas.“

Sophie schüttelte nur unmissverständlich den Kopf: „Der hat schon zwei Ausbildungen hinter sich und mehrere abgebrochen, er kann nur ein untreuer Schürzenjäger sein!“

„Nur, weil er sich nicht sofort für einen Weg entscheiden konnte, heißt das nicht, dass er untreu ist – Ich habe auch erst spät meine Lehre begonnen.“

„Bei dir war das auch etwas anderes.“, Sophie seufzte.

„Nein, war es nicht.“, Magret kniff leicht ihre hellgrünen Augen zusammen, ehe sie sich abwendete: Sie war sich sicher, hätte sie Ben noch eine Sekunde länger angestarrt, hätte er es sicher bemerkt. Sie wusste, sie war diesen Mann hoffnungslos verfallen und doch wollte sie dieses Gefühl nicht missen. „Na komm, lass uns die Pfirsiche für den Kuchen kaufen gehen.“, sagte sie, ehe sie zu einen der Fruchtstände ging.

„…Willst du ihn nicht zumindest mal sagen, dass du in ihn verliebt bist?“, schnellen Schrittes kam Sophie ihr nach.

„Nein.“

„Wieso nicht?“

„Es hat keinen Sinn.“

„Ach komm schon!“, Sophie stupste Magret liebevoll in die Seite: „Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, dass er anfängt zu lachen!“ In der nächsten Sekunde korrigierte sich ihre Freundin zugleich mit einen Schmunzeln: „Obwohl das wohl sehr unwahrscheinlich ist, ich habe den nämlich noch nie Lachen gesehen.“

Magret sah Sophie einen Augenblick an, ehe sie lächelte: „Du hast Recht, trotzdem wäre es ziemlich gemein.“ Sie seufzte kaum hörbar, dachte sie doch an das Geheimnis, dass sie mit sich herumschleppte. Obwohl es sie belastete, so konnte sie es doch niemanden erzählen. Sie nahm einen der Pfirsiche in die Hand und verlor sich sogleich in Gedanken: Nicht einmal Sophie hatte sie es erzählt, obwohl sie normalerweise jedes Geheimnis miteinander teilten. Ganz gleich wie traurig, peinlich, unsinnig oder wundervoll es war. Sie hatte dieses Geheimnis auch nicht ihren Eltern erzählt, obwohl sie sehr viel Verständnis zeigten. Ihrer älteren Schwester wollte sie es gar nicht erzählen, war sie doch stets etwas eingenommen. „Ich habe ihn schon längst gestanden, dass ich ihn verliebt bin.“, ihre Finger glitten mit leichten Druck über die samtige Haut der Frucht: „Und alles, was er dazu zu sagen hatte, war „Lächerlich.“.“
 

Wenn Magret an diesen Nachmittag dachte, schmerzte es erneut in ihrer Brust, so heftig und klar, als hätte sie sich gerade mit dem Küchenmesser geschnitten. Ben hatte sich zwar für die Muffins, die sie ihm extra gebacken hatte, bedankt, doch folgte ihren Geständnis nach nur ein Kopfschütteln und die Worte: „Lächerlich. Du solltest erst einmal gründlich nachdenken, bevor du so etwas aussprichst.“ Ohne eine Reaktion von ihr abzuwarten, hatte er sich im nächsten Augenblick umgedreht und er ließ die junge Frau verletzt stehen. Es war mehr als deutlich: Er erwiderte ihre Gefühle nicht. Vielleicht fand er sie sogar nicht attraktiv oder sie war ihm vom Charakter her zu langweilig - Wobei sie zuvor noch nie ein Wort miteinander gewechselt hatten. Doch in einer Kleinstadt wie Passion war es einfach, Dinge über eine bestimmte Person zu erfahren; Woher sollte Magret sonst auch wissen, welchen Namen Ben hatte? Sie wusste, er war genauso alt wie sie und hatte einen guten Schulabschluss gemacht, doch konnte er sich danach für keinen bestimmten Berufsweg entscheiden und hatte einige Dinge ausprobiert. Er konnte schreinern und wusste die Grundlagen eines Schneiders. Ihm missfiel die Malerei und das Blumenhandwerk, auch als Großbauer wollte er nicht leben. Nun plante er, Fischer zu werden. Die junge weibliche Katzen-Animo schämte sich fast, hinter einen Mann herzujagen wie ein junges Ding, das erst kürzlich Gefallen an das andere Geschlecht gefunden hatte. Sie war schon einige Male verliebt gewesen, manches ging gut, anderes schlecht aus, und doch hatten sie gemein, dass sie alle ein Ende gefunden haben.

Sie war eine junge Erwachsene und dennoch, in Magrets Augen war Ben eine faszinierende Person. So faszinierend, dass sie ihm schier hoffnungslos verfallen war…Würde es etwa erst ein Ende finden, wenn er die Stadt verlassen hat? Wenn er ein Fischer geworden war? Vielleicht war es der Grund, weshalb sie ihn nicht vergessen konnte…
 

Magret war so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie Sophies Grinsen nicht bemerkte – Es war ein bestimmtes Grinsen, was sie immer auf den Lippen hatte, wenn sie eine gute Idee hatte, Magret oder jemand anderes zu triezen. Sie stützte sich auf den Schultern der jungen Köchin ab und flüsterte ihr sanft ins Ohr: „Du stellst dir sicher gerade vor, wie Ben dich hemmungslos mit Küssen übersät und deinen Nacken-.“ Weiter kam sie nicht, denn Magret drückte ihr mit einer raschen Bewegung den Mund zu: „Tu – Ich - Nicht!!“, ihre Wangen wurden mit jeder Sekunde röter: „Du bist echt unmöglich, Sophie. Kinder könnten dich hören!“

Ihre Freundin kicherte zufrieden: „Ach ja~ Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass du dir keine heiße Nacht mit ihm wünschst.“ Sie biss in einen der Pfirsiche: „Wenigstens bist du nun wieder vollkommen da- Oh! Die sind wirklich gut! Was meinst du?!“

Magret sah ihre Freundin mit roten Wangen an: Sie hatte allen Grund dazu, auf sie wütend zu sein, wenn da nicht die Tatsache gewesen wäre, dass sie sich wirklich mal eine Nacht mit ihn vorgestellt hatte. Eine Nacht, so perfekt, dass sie jeden ihrer tiefsten Wünsche erfüllte. Doch wusste sie, dass diese Nacht nicht real war und wohl niemals passieren würde. So versuchte sie, die ganze Sache zu vergessen und biss in den Pfirsich in ihrer Hand, der schon von Druckstellen übersät war.
 

Im selben Moment betraten zwei Gestalten den Marktplatz, in Umhänge gehüllt, dass sie den Großteil ihrer Körper verdeckten. Die Stofffetzen waren in warmen Farben getaucht und mit Verzierungen bestickt. Die beiden Männer wirkten mit ihnen wie zwei Tagelöhner auf der Durchreise, doch ließ allein der weiche Stoff der Umhänge darauf schließen, dass es sich um Personen aus der höheren Schicht Paloozas handelte.

„Es ist schön hier.“, sagte der Größere der beiden und streckte sich ausgiebig, ehe er die Kapuze abnahm: „Hier fallen wir sicherlich nicht auf.“

„Fü- Verdammt noch mal, Salo!“, der andere junge Mann sah ihn mit einen scharfen Blick an: „Bist du denn verrückt?! Verdeck’ dich wieder!“

Doch konnte Salo daraufhin nur lächeln: „Beruhige dich Elias, wir waren noch nie in dieser Stadt, es wird einige Zeit dauern, ehe man uns erkennt.“, er zog seinen Begleiter die Kapuze vom Kopf: „Außerdem ist es viel zu heiß, wir bekommen noch einen Hitzeschaden unter den Dingern!“ Ehe Elias ein weiteres Wort sagen konnte, lief Salo mit einen Grinsen auf den Lippen los: „Na Komm, ich kaufe dir auch etwas zu trinken!“

Elias sah ihm nur mit einen Kopfschütteln nach, ehe er seinen Freund in die Masse folgte: „Du hast ja wohl auch keine andere Wahl…“ Er machte sich wirklich Sorgen, ob die beiden nicht doch erneut auffallen würden; Schließlich müssten Katzen-Animo eigentlich wissen, wer in einigen Jahren der Mann sein würde, der ihr Wohl im Parlament vertrat, oder etwa nicht? „Salo“ war niemand anderes als Fürst Salomon, der einzige Sohn und Nachfahre des regierenden Fürsten Talis. Obwohl er sich viel Mühe gab, ein guter Nachfolger zu sein, zog es den jungen Fürsten des Öfteren nach draußen und er verschwand für einige Tage – Manchmal sagte er dabei seinen Eltern Bescheid, doch meistens verschwand er einfach über Nacht. Es handelte sich dabei um eine Gewohnheit aller jungen Fürsten der Königreiche von Palooza, hatten sie doch nur eine Jugend, in der sie frei waren und tun und lassen konnten, was sie wollten. Sie würden bei Amtsantritt den Rest ihres Lebens gebunden sein – Würden es damit verbringen, ein Königreich zu regieren, sich einen adligen Partner suchen und mit ihm die nächste Generation gründen, auf das das Fürstentum in der Hand der Familie blieb. Das Schicksal ließ ihnen keine andere Wahl. Doch war es kein hartes Schicksal, in solch engen Verhältnissen geboren zu werden, sondern schlichte Tradition. Tradition, die sich schon so oft bewährt hatte, dass sie felsenfest und unerschütterlich schien.

Es war auch Tradition, dass jeder Fürst einen oder sogar mehrere Berater hatte, die den Fürsten in jeder Situation mit Rat und Tat zur Seite standen. Elias war Fürst Salomons erster Berater, sie kannten sich schon von Kindesbeinen an. So kam es auch, dass Salomon seinen besten Freund und Berater oft inmitten der Nacht weckte, um mit ihn aus dem nächstbesten Fenster zu klettern und zu verschwinden. Resignierend folgte der Berater den Fürsten durch die Menge: Es war manchmal nicht leicht, Berater und Freund gleichzeitig zu sein, wusste er doch, welchen Ärger sie bekommen konnten.
 

Salomon bezahlte gerade das versprochene Trinken und lächelte dabei. Zwar waren diese Ausflüge seinen Vater stets ein Dorn in Auge, doch wollte der 19-Jährige sie nicht missen; Schließlich waren sie eine echte Erholung im Alltag eines Fürsten. Er wusste, sein Vater würde sie dulden, solange er es nicht übertrieb und seinen Pflichten nachging, schließlich konnte er so sein Volk kennenlernen. Doch wann übertrieb er es? Das wusste er nicht und im Grunde seines Herzens war es ihn auch egal. Sein Volk war hier, nicht am Schreibtisch seines Vaters und auch nicht auf dem Übungsplatz vor dem Anwesen. So kam es in letzter Zeit öfters vor, dass er sich auch dann fort schlich, wenn er eigentlich etwas anderes zu erledigen hatte: Jetzt wären seine Kaligrafie-Stunden gewesen. „Wofür braucht ein Fürst eine Schönschrift? Ich kann schreiben und später habe ich sowieso meine Schreiber und Elias.“, dachte er kopfschüttelnd, ehe er seinen Freund das Trinken in die Hand drückte. Die beiden jungen Männer ließen sich auf einer kleinen Bank nieder und genossen das Schauspiel, das der Marktplatz ihnen bot.
 

Dann sah er sie. Salo spürte, wie sein Herz in der nächsten Sekunde schneller schlug und seine Katzenohren vor Nervosität zuckten: Es war eine wunderschöne weibliche Katzen-Animo mit langen, schwarzen Haaren. Sie lächelte liebevoll, auf eine Art und Weise, die Salomon wohl noch nie in seinen Leben gesehen hatte, denn auch er musste daraufhin lächeln. Mit einen Satz sprang der Fürstensohn auf, um ihr näherzukommen, ohne das sie ihn bemerkte. Es war ein leichtes, schließlich bot die Menge an Animo ihm eine gute Tarnung und so versteckte er sich hinter einer der vielen Stände. Die junge Frau hatte große, leuchtend grüne Augen und er konnte ihre Stimme hören: „Das machen wir ganz bestimmt nicht, Sophie!“

„Wow…“ Ihre Stimme kam ihn vor wie ein Harfenspiel, so fein und angenehm. Ein Harfenspiel, das er in jeder möglichen Tonhöhe hören wollte. Sie war wie Musik in seinen Ohren, doch zerstörte eine ihn wohlbekannte Stimme den Nachklang: „Was ist denn los?!“ Es war Elias, etwas schnaufend und außer Atem, kam der Aufsprung seines Freundes doch vollkommen überraschend für ihn. Salomon sah kurz zu ihm, doch dann wanderten seine Augen wieder zur jungen Frau. Sie war perfekt: Ihr Körper war überaus feminin und grazil, dennoch hatte man nicht das Gefühl, sie wäre zerbrechlich. Das Bedürfnis, sie wie ein kleines Mädchen zu beschützen, kam in ihn nicht auf. Er wusste intuitiv, diese Frau stand mit beiden Beinen im Leben und wusste, was sie wollte. Ihr langer Schweif hatte eine weiße Spitze, ansonsten war er vollkommen schwarz. Wohlgeformte Katzenohren und ein rundes Gesicht passten nahtlos zu ihren langen Haaren und den Augen…Was für Augen sie doch hatte. Ihn lag das passende Wort auf der Zunge, doch wollte es ihn nicht einfallen. Leise flüsterte er, während er sich an den Stand drückte: „Sie ist perfekt, meinst du nicht auch?“

„Eh?“, Elias verstand natürlich nicht, was er meinte. Er folgte den Blick seines Freundes: „Ah, du meinst die beiden Frauen. Welche soll perfekt sein?“

„Die Schwarzhaarige natürlich!“, Salomon schmunzelte: „Was soll ich mit schnöden blond?“

„Ihre Begleitung ist auch sehr hübsch.“, verteidigte Elias etwas Sophie, ohne sie dabei zu kennen.

„Dann kannst du sie ja nehmen!“

„Nein, Danke – Warte mal, was hast du vor?“

„Ganz einfach.“, ein kurzes Schnurren entfleuchte seiner Kehle: „Ich werde sie zu meiner Geliebten machen.“
 

Elias sah Salomon einen Moment lang skeptisch an, schüttelte dann den Kopf: „Das hast du schon sooft gesagt – Ein paar Worte mit ihr und du änderst deine Meinung wieder.“

Zugegebenerweise, es hatte schon die eine oder andere Frau in Salomons Leben gegeben. Diese konnte den Fürstensohn allein mit einen Blick mächtig durcheinander bringen, aber Kleinigkeiten schafften es immer wieder, dass er schnell auf dem Boden der Tatsachen zurückkam und das Interesse an ihr verlor. Keine Frau hatte es bislang geschafft, ihn vollkommen in ihren Bann zu ziehen. Keiner Frau war es gelungen, seine Lippen zu berühren, geschweige denn, hatte je das Schlafzimmer des Fürstensohnes gesehen. Abgesehen von seiner Mutter und den Hofdamen, versteht sich. Als Fürstensohn war er aufgrund seiner lockeren Art und seiner Nähe zum Volk beliebt. Er konnte jede Frau in seinem Königreich und über die Grenzen hinaus zu seinen machen, wenn er es denn wollte. Doch hatte er auch ein gutes Herz; Er war nicht wählerisch bei der Wahl seiner Geliebten, viel mehr wollte er verhindern, dass er einer Vielzahl an jungen Frauen das Herz brach, weil sie sich mehr erhofften. Dabei war die Bestimmung einer Geliebten mehr als klar.
 

Salomon sagte lächelnd „Pass auf.“, ehe er sich langsam aus seinen Versteck erhob und den Umhang öffnete. Sofort wurde der Blick auf sein Gewand frei, was aus reiner dunkelblauer Seide bestand und mit goldenen Knöpfen verziert war.

Innerhalb weniger Augenblicke begann sich ein leises Raunen durch die Menge zu ziehen: Anscheinend erkannten einige Katzen-Animo, wer sich an diesen wunderschönen Herbststag unter ihnen geschlichen hatte. Magret und Sophie bemerkten es dabei nicht; Sie waren zu sehr damit beschäftigt, einen Tee für den Kuchen auszusuchen. Der Fürstensohn bahnte sich seinen Weg durch die Menge – Dabei wichen die meisten Animo zurück, hatten sie doch Respekt vor den jungen Oberhaupt. Manche verbeugten sich sogar und sprachen ihn mit seinen vollen Namen an. Wenige Schritte vor den beiden Freundinnen blieb Salomon schließlich stehen und räusperte sich: „Entschuldigung?“
 

Magret und Sophie drehten sich um, keine Sekunde später entwich Sophies ein hohes „Oh mein Gott!“ aus ihrer Kehle: „Du bist- Du bist-.“

„Salomon Richard Ophius, Sohn von Talis Ophius, Fürst der Katzen-Animo.“, er lächelte, ehe er eine Verbeugung machte: „Ich hätte eine Frage – Wie sind eure Namen?“

Sophie hatte in jener Sekunde aufgehört zu atmen – So schien es Magret, sodass sie ihre Freundin sanft an sich drückte und am Ohr kraulte, ehe sie für beide antwortete: „Mein Name ist Magret Lily, ihr Name ist Sophie Conda, eure Hoheit.“

„Wirklich sehr schöne Namen- Oh! Darf ich euch meinen Berater Elias vorstellen?“, auf die folgende Handbewegung hin verdrehte der Berater nur die Augen und kam auf die drei zu – Er konnte es nicht leiden, wenn sein Freund ihn ungefragt in seine Pläne einspannte. „Elias, sei doch so gut und kümmere dich um Fräulein Conda, während ich mit Fräulein Lily rede.“

Salomon reichte im nächsten Augenblick Magret die Hand, doch schüttelte diese nur den Kopf: „Eure Hoheit, ich möchte Sophie ungern alleine lassen, können wir nicht auch hier und jetzt reden?“

Der Fürstensohn verengte seinen Blick leicht, ihn gefiel es, wie Magret reagierte. Er trat einen Schritt auf sie zu und nahm ihren rechten Arm: „Alles, was sie wollen, Fräulein Lily.“ Dann küsste er ihren Handrücken und eine Welle von Reaktionen ging durch die Menge.
 

Magret wurde in diesen Moment tatsächlich etwas rot im Gesicht; War es wohl der Traum jeder jungen Katzenfrau, dass der Fürstensohn - und damit baldiger Fürst - eine solch zärtliche Gestik zeigte. Seine Lippen fühlten sich auf ihrer Haut weich an und er sah sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen an. Die junge Frau spürte, wie ihr Herz heftig bis zum Hals schlug. Einerseits war ihr diese Situation furchtbar unangenehm, wenn nicht sogar peinlich: Die ganze Kleinstadt hatte ihre Augen auf sie gerichtet und schien nur darauf zu warten, was sie als nächstes sagen würde. Es war bekannt, dass Salomon Frauen den Hof machte, was nicht verwunderlich war, schließlich war er ein junger Mann. Doch hatte niemand es je gesehen…Bis jetzt.

Andererseits konnte Magret selbst gar nicht fassen, dass sie gerade einen „Sonnengruß“, einen Kuss auf den Handrücken, von Fürst Salomon erhalten hatte…Träumte sie gerade? Es gab eine Zeit, da hatte sie für ihn geschwärmt, für sein Lächeln, das gerade in jenen Moment nur ihr gebührte. Auch sie hatte sich ausgemalt, wie es wäre, das Objekt seiner Begierde zu sein, dass sein Blick nur allein ihr galt…

„Wie alt sind sie?“, Salomons Stimme drang in ihre Ohren.

„Ich bin 21, eure Hoheit.“, erwiderte sie und in seinen Augen funkelte es. Irgendetwas schien die Antwort in ihn ausgelöst haben. Doch was genau, das kam ihr nicht in den Sinn - Was war schon so Besonderes an ihrem Alter?

Magrets Augen holte für eine Sekunde tief Luft, denn im nächsten Augenblick ging Salomon auf die Knie, immernoch ihre Hand haltend. Er küsste ihre Fingerknöchel und sagte mit klarer Stimme: „Magret Lily, möchtest du meine Geliebte werden?“

„E-.“, für diese eine Sekunde war Magret sprachlos. Ihre grünen Augen weiteten sich und es fühlte sich so an, als ob ihr schlagendes Herz kurz davor war, aus der Brust zu springen. Sie hörte das Raunen in der Menge, das immer lauter zu werden schien und doch so unklar war. Dazu konnte sie Sophies überraschten Blick auf der Haut regelrecht spüren – Ihre beste Freundin schien ebenfalls keine Antwort darauf zu wissen. Oder wagte sie es einfach nicht, sie auszusprechen? Magret wollte klar nachdenken, doch gelang es ihr nicht, ihre Sinne schienen von tausenden Gedanken wie betäubt: Was sollte sie nun sagen? Was wollte sie? Was würde ein „Ja“ bedeuten? Was ein „Nein“? Sie schärfte ihren Blick und sah in das Gesicht des Fürstensohnes; Sie wusste, er erwartete eine Antwort, sie durfte ihn nicht warten lassen. Schließlich war keine Antwort auch eine Antwort. Für einen Moment schloss sie die Augen, um einen klaren Gedanken fassen zu können – Wieso war sie noch mal hier? Sie war die Zutaten für einen Kuchen kaufen, um ihren Abschluss zu feiern. Dabei hatte sie die ganze Zeit mit Sophie über den Geschmack diskutiert. Doch wenn sie ehrlich war, war dort ein weiterer Grund, weshalb Magret auf dem Markt gegangen war. Magret lächelte und hob ihre Lider: In ihren Blick kehrte langsam Klarheit zurück. Sie erinnerte sich daran, was sie wollte. Sie konnte es nahezu mit jedem Schlag ihres lauten Herzens spüren. Ihr Blick richtete sich auf den Fürstensohn und Magret lächelte liebevoll, ehe ihre Lippen ein einziges Wort formten: „Nein.“

„Wie konntest du nur den Antrag des Fürsten ablehnen?!“, die Stimme von Magrets Schwester Ramona hallte durch das ganze Haus der Familie Lily: „Jede gottverdammte Frau träumt davon - Bist du bescheuert!?“

„Mona, hüte deine Stimme!“, war die Antwort von Magrets Mutter, die das Haar ihrer jüngeren Tochter sanft streichelte: „Sie hatte sicher einen guten Grund gehabt, nicht?“

Doch Magret antwortete nicht, war sie doch zu sehr in Gedanken. Nach der Begegnung mit Fürst Salomon war sie sofort nach Hause geeilt, doch waren solche Gerüchte oft schneller als ein Paar flinke Katzenbeine einen tragen konnte, so verrückt es auch klingen mag. Es war mittlerweile Abend geworden und die junge Frau hatte seit jeher kein Wort gesagt.

„Ich verstehe es trotzdem nicht!“, Ramona trat wütend eines der Sofa-Kissen weg, sie ging schon die ganze Zeit in der Stube auf und ab: „Fürst Salomon hat noch nie einer Frau einen Antrag gemacht und du musstest auch noch so klug sein, ihn abzulehnen! Was ist, wenn er jetzt nie wieder einer Frau einen Antrag macht?!“

„Es ist Magrets Entscheidung, was sie mit ihren Leben macht.“, war Sophies Antwort, sie saß neben Magret und schien sich wieder gefangen zu haben: „Du weißt genau, ein Leben als Geliebte hat viele Regeln.“

„Na Und?! Es hat auch sehr viele Privilegien! Denk’ doch allein an die unzähligen Kleider!“

„Es könnte ja auch sein, dass Salomon sich nun einen Geliebten sucht.“, gab Sophie grinsend zurück: „Da fallen die Kleider weg.“

„Mona“ reagierte daraufhin mehr als angewidert: „Wie Widerlich! Lenk’ nicht vom Thema ab!“

In diesem Augenblick kam Magrets Vater in die Stube, mit einen Tablett dampfender Tassen: „So „Widerlich“ ist das gar nicht, es gab viele Fürsten mit Geliebten beider Geschlechter – Doch hat sie Recht, Sophie, du lenkst ab.“

Obwohl Magret erwachsen war, grub sie ihr Gesicht in die Schulter ihrer Mutter: Sie war so schrecklich durcheinander. Hatte Mona vielleicht Recht? War es ein Fehler gewesen, den Antrag abzulehnen? Schließlich bot er ihr eine Welt, die nur die wenigsten je sahen.

„Magret, möchtest du eine Tasse Tee?“, doch schüttelte sie daraufhin nur schwach den Kopf und flüsterte etwas heiser: „Ich bin müde.“

„Das macht die Aufregung.“, Magrets Mutter lächelte: „Keine Sorge, morgen ist wieder alles gut. Die Leute werden auch schnell vergessen haben, was heute passiert ist, du wirst schon sehen.“

Genau in diesen Moment sah Sophie sie mit großen Augen an – Sie wusste, es war eine Lüge.

„Doch vielleicht solltest du noch einmal über das Angebot nachdenken – Fürst Salomon hat ein gutes Herz, er wird dir sicher noch eine zweite Chance geben.“, war die Antwort des Vaters und Ramonas Gesicht hellte sich auf: „Ansonsten übernehme ich deinen Platz!“

„Oh~ Nein, du hast schon einen Platz im Leben.“, gab die Mutter zischend zurück, ehe sie auch den Vater einen ernsten Blick zuwarf: „Denkst du, das ist eine gute Idee?!“

„Wieso nicht? Sie ist im perfekten Alter.“

„Wieso?!“, ihre Stimme wurde lauter und sie legte ihre Katzenohren an: „Du verkaufst deine Tochter als Spielzeug eines Adligen!“ Dabei drückte sie Magrets Kopf an ihre Schulter.

„Ganz ruhig, Liebling, Ich habe nicht gesagt, sie solle es tun, nur, dass sie darüber nachdenken soll.“

„Trotzdem- Allein der Gedanke-.“, ihr Atem stockte kurz.

„Danke Mama.“, Magret schob ihre Mutter leicht von sich und setzte sich auf: „Ich bin sicher, er meint es nur gut, schließlich werden Geliebten gut bezahlt.“

„Genau – Du könntest das Geld sparen und später eine eigene Konditorei eröffnen, das hast du dir doch so sehr gewünscht.“

Magret nickte und ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Es war schon lange ihr Traum, eine eigene Konditorei zu eröffnen und jeden süßen Traum ihrer Kunden zu erfüllen. Der schöne Gedanke verflog jedoch schnell, als sie diese Wehmut wieder in sich spürte: Der Grund, warum sie Fürst Salomons Antrag abgelehnt hatte, war so unsinnig gewesen. Niemand könnte es je verstehen, da war sie sich sicher. Es ärgerte sie regelrecht, doch hatte es sie auch vor einer voreiligen Entscheidung bewahrt, die sie vielleicht bereut hätte.

Es war Ben. Der Katzen-Animo, der in ihrer Gedankenwelt schon seit Wochen einen festen Platz hatte, war der Grund gewesen, weshalb sie den Antrag abgelehnt hatte. Obwohl Ben auf ihr Geständnis so kalt reagiert hatte und ihr das Gefühl gegeben hatte, nicht gut genug zu sein. Wenn sie ehrlich war, war es vollkommener Unsinn gewesen, aufgrund dieser dummen Schwärmerei den Antrag eines attraktiven, gebildeten Mannes abzulehnen. Dieser Mann würde in einigen Jahren der mächtigste Mann von ganz Palooza sein. Doch Magret wusste, dieser Antrag war nichts anderes als eine Einladung zum Beischlaf mit Bezahlung gewesen. Obwohl die Wahrheit ziemlich unromantisch und kalt aussah, spürte sie nichtsdestotrotz ein erleichterndes Gefühl in ihrer Brust; Anscheinend war sie für den Fürstensohn gut genug. Schließlich war sie die Erste, die er je gefragt hatte.
 

Indes sprach Magrets Vater weiter: „Du würdest es ja auch nicht dein ganzes Leben tun – Wie alt ist Fürst Salomon nun? 19? Mit Mitte 20 wird er wohl sein Amt antreten und seine Geliebten entlassen.“

„Du wärst dann 27…“, Sophie rechnete laut, ehe sie lächelte: “Wenn ich dann immernoch arbeitslos bin, und glaub mir, das werde ich sein, dann fange ich in deiner Konditorei an, okay?!“

Daraufhin konnte Magret nur leise kichern: Sophie wusste mit ihren Späßen stets, sie aufzumuntern. „Okay.“

„Du musst dir aber bewusst sein, dass du, wenn du seine Geliebte wirst, vielleicht jede Nacht mit ihn schlafen wirst, auch wenn du nichts für ihn empfindest.“, sagte ihre Mutter, während sie ihr weiter über das Haar strich. Dabei seufzte sie leise. Anscheinend konnte sie sich immernoch nicht mit den Gedanken anfreunden, ihr jüngstes Kind als Geliebte eines Fürsten zu sehen. Das war was mehr als verständlich – Wer wollte schon die Mutter eines Objekts der reinen Begierde sein?

„Mir würde es sehr gefallen!“, erwiderte Ramona daraufhin mit einen tiefen Schnurren, ehe sie eines der Sofakissen ins Gesicht bekam.

„Wie können du und Magret bloß verwandt sein?!“, Sophie verlor langsam die Geduld mit ihr, unterbrachen ihre unnötigen Kommentare doch diese beklemmende Situation.

„Ach komm schon! Jede Frau träumt von diesen Mann, tu nicht so, als hättest du seinen Antrag locker hingenommen!“, Ramona warf das Kissen zurück auf Sophie, doch wehrte sie es erfolgreich ab: „Du hast ihn doch gesehen, er stellt mit seinen Körper die meisten Männer in unseren Altern vollkommen in den Schatten! Allein seine Haare-.“

„Trotzdem, es geht hier um Magret, nicht um dich oder mich!“

Magret sah den beiden Streithähnen zu und lächelte: Obwohl Sophie auch sehr für den Fürstensohn schwärmte, gab sie sich die größte Mühe, die junge Köchin bei der Entscheidung zu helfen. Sie senkte den Kopf und dachte an die Worte ihrer Mutter: Sie würde vielleicht jede Nacht mit ihn schlafen. Das war die Aufgabe einer Geliebten, sie diente zur körperlichen Unterhaltung des Fürstensohns. Es bereitete ihr Unbehagen, doch war nicht der Grund, dass sie etwa noch Jungfrau war; Sie hatte schon einige Erfahrungen gesammelt, was dies betraf. In ihr kam der Gedanke auf, dass sie vielleicht an Ben dachte, wenn sie mit dem Fürstensohn schlief, sich ihn vorstellte anstatt des Mannes, der sie gerade berührte. Ganz gleich, ob sie nichts für ihn empfand: Es wäre ungerecht Fürst Salomon gegenüber und nicht aufrichtig.

Doch vielleicht konnte sie so Ben vergessen? Die Möglichkeit bestand, auch wenn die Chance minimal war. Sie könnte sich womöglich sogar in den Fürsten verlieben. Doch dann würde sie in eine ähnliche Schwärmerei fallen wie jene, die sie nun festhielt. Nein, diese Liebe hätte ebenfalls keine Zukunft, schließlich war sie von Beginn an nicht echt und Magret würde vom Regen in die Taufe kommen. Leise seufzte sie, sie wusste sich nicht zu entscheiden. Leicht berührte sie ihre Brust, genau an der Stelle, unter der ihr Herz lag: Es schlug immernoch schneller als sonst. Sie konnte den Antrag von Fürst Salomon annehmen und versuchen, Ben zu vergessen. Doch wenn sie dabei ihr Herz an ihn verlieren würde, denn sie wusste, ihr Herz war unberechenbar, dann wäre es möglicherweise sogar noch schlimmer als jetzt. Sie konnte dennoch nicht ihr Leben lang einen Mann hinterher jagen, der rein gar nichts für sie empfand. Wie konnte sie nur Ben vergessen?
 

Es vergingen einige Tage und Magret hatte das Haus seitdem nicht verlassen – Nun gut, sie hatte es danach versucht. Doch sagten die Blicke der jungen Frauen, den sie dabei begegnete, alles. Eifersucht, Unmissverständnis und sogar Wut spiegelten sich in ihren Augen klar wieder. Magret wollte gar nicht wissen, was sie dachten, doch konnte sie hier und da ein leises „Verrückte!“ oder „Miststück!“ hören.

Nun saß sie auf dem Sofa im Wohnzimmer und hatte ihren Blick in einen Kochbuch versenkt: Sie las es nicht wirklich, schließlich suchte sie immernoch nach einer Entscheidung, doch allein das Buch auf ihren Schenkeln beruhigte sie etwas. Es war eine Gewohnheit, die sie sich im Laufe der Ausbildung angeeignet hatte, und ihr immer wieder ein Gefühl von Selbstfindung gab. Sophie hatte ihr immer wieder zur Beruhigung gesagt, dass die anderen Frauen in ihren Alter zum Teil dumme Puten seien, vollkommen hormongesteuert. Es würde eine Weile dauern, bis sie sich wieder beruhigen würden. Magret wusste, sie hatte Recht – Dennoch tat es weh und erschütterte sie immer wieder. Vorsichtig nippte sie an ihren Tee: Sie würde den ganzen Tag alleine sein, ihre Eltern gingen ihren Verpflichtungen nach und auch Mona war arbeiten. Immer wieder stellte die ältere Lily-Tochter ihrer Schwester seltsame Pläne vor, wie sie doch mit Magrets Hilfe die Geliebte des Fürstensohnes werden könnte – Sie waren zum Großteil mehr als unrealistisch. Mona war zwar nicht wirklich dumm, doch versuchte sie stets, den leichtesten Weg im Leben zu nehmen. Deshalb hatte sie auch in jungen Jahren eine Ausbildung als Floristin abgeschlossen; Die Arbeit war scheinbar relativ einfach und eine Stelle immer so gut wie sicher. Ihre Eltern wussten, sie würde immer wieder im Leben versuchen, einen neuen Weg einzuschlagen, deswegen waren sie sehr streng zu ihr und erlaubten ihr keine weitere Ausbildung. Sie würde es sonst zu nichts bringen, ihrer Meinung nach. Noch dazu sorgten sie dafür, dass Mona auch wirklich zur Arbeit ging, denn sie liebte es, ein paar Schichten einfach ausfallen zu lassen…

Es klingelte an der Tür und Magret stand auf – Wer würde das wohl sein? Sie tippte auf Sophie, denn ihre beste Freundin war in den letzten Tagen stets einige Stunden bei ihr und hatte versucht sie zu überreden, wieder auf die Straße zu gehen. Doch wollte Magret dies nicht, solange sie, oder besser gesagt ihr Herz, sich entschieden hat. Noch dazu sollte sich erstmal nahezu alle Frauen in Passion beruhigen. Sie schaute durch den Spion, der die Form einer Lily hatte, und entdeckte einen bunten Strauß Blumen.

„Dann ist es also Mona.“, murmelte sie, denn ihre große Schwester neigte auch dazu, sich die Arbeit einfach mit nach Hause zu nehmen. Sie öffnete die Tür und schluckte – Es war jemand vollkommen anderes.
 

„Fräulein Lily.“, Salomons Gesicht zierte ein breites Lächeln, als er sie erblickte. Er hatte eigentlich damit gerechnet, ein anderes Familienmitglied würde die Tür aufmachen. Deshalb hielt er einen bunten Strauß aus verschiedenen Blumenarten in seinen Händen: Für Frauen war er wunderschön und für die Männer ein Zeichen von Respekt. Der Blumenstrauß war riesig und größer als sein Kopf, weshalb Magret ihm durch den Spion nicht gesehen hatte. In derselben Sekunde machte sein Herz einen Satz, denn schon wieder konnte er in ihren grünen Augen versinken: „Sie sehen heute wundervoll aus.“

„D-Danke, eure Hoheit, eh-.“, Magret strich sich einige Haare aus den Gesicht, sie hatte sich aus Bequemlichkeit eine Hochsteckfrisur gemacht, doch sie geriet langsam durcheinander: „Was verschafft mir die Ehre, dass sie mich hier aufsuchen?“

Salomon lächelte und machte eine kurze Verbeugung: „Ich wollte sie sehen.“ Dann sah er zu ihr auf und seine Augen hatten einen undefinierbaren Glanz: „Sie brauchen mich nicht siezen – Sag’ einfach Salomon zu mir.“

Magret nickte daraufhin stumm und er überreichte ihr den Blumenstrauß: „Diese hier sind für deine Familie.“ Salomon erlaubte es sich einfach, auch Magret von diesem Moment an ebenfalls zu duzen. Er konnte in ihren Gesichtsausdruck ablesen, dass ihr das etwas komisch vorkam, sie wehrte sich jedoch auch nicht: „Vielen Dank…Salomon.“

Die weibliche Katzen-Animo nahm den Berg an Blumen an und stockte leicht: „Warten sie- Warte hier, ich stelle sie kurz ins Wasser-“ Salomon ging einige Schritte auf sie zu: „Darf ich mit reinkommen?“, doch schüttelte Magret den Kopf. Warum, das sagte sie ihn nicht, stattdessen schloss sie nur schnell die Türe, ehe ihm einfiel, dass er theoretisch das Recht hatte, in jedes Haus einzutreten.

So stand der Fürstensohn nur wenige Minuten vor der verschlossenen Türe. Er wurde in der kurzen Zeitspanne das Gefühl nicht los, Magret könnte die Chance genutzt haben und einfach nicht mehr auftauchen. Doch dem war glücklicherweise nicht so – Sie öffnete erneut die Türe und lächelte leicht unsicher: „Haben- Hast du Durst?“

Er erblickte in ihren schlanken, dünnen Fingern ein Glas mit Wasser. Dankend nickte er, ehe er es ihr abnahm. Dabei hielt er mit seiner linken Hand das Glas und behielt in seiner Rechten ihre Hand. Er nahm einen Schluck des Wassers, ehe er ihre Hand an sich zog und ihr einen Sonnengruß gab. Magret wurde darauf augenblicklich rot und er lächelte: „Du siehst süß aus, wenn du rot bist.“

Ihr Herz fing in der Sekunde an, heftiger zu schlagen: Sie war an sich Komplimente von Männern gewohnt, hatte schon unzählige von ihren früheren Beziehungen gehört. Doch immernoch schien es ihr jedes Mal wie eine kleine Lobeshymne. Leise erwiderte sie: „Danke.“

Dann atmete sie einmal tief ein; Sie wollte es endlich wissen, auch wenn es vielleicht ein wenig respektlos war: „Fürst Salomon, warum bist du wirklich hier?“

Salomons Gesicht zierte daraufhin ein zufriedenes, leichtes Lächeln. Er hatte insgeheim darauf gewartet, dass sie nachhakte. Magret schien ihn wie eine zarte Blume, die ihre Blütenblätter nur widerwillig zeigte und das gefiel ihn: Die meisten Frauen waren da offener. So sprach er die Wahrheit ohne zu Zögern offen aus: „Ich bin hier, um dich noch einmal zu bitten, meine Geliebte zu werden.“

„Ich habe doch „Nein“ gesagt.“, Magret zog ihre Hand weg und sah ihn mit ernsten Blick an.

„Ist das aber auch wirklich deine endgültige Antwort?“

„Ich-.“, sie setzte an, doch unterbrach der Fürstensohn sie schnell wieder:

„Warte-!“ Daraufhin lief er kurz zum Gebüsch, das vor dem Haus der Familie wuchs, und holte etwas hervor. Als er wieder vor ihr stand, überreichte er ihr drei einzelne Rosen, die in voller Blüte standen: „Diese hier sind nur für dich.“

Er lächelte: „Ich weiß, dass du dir sicher Gedanken um deine Zukunft machst – Das ist ganz normal. Doch ich verspreche dir, wenn du bei mir bist, wird es dir an nichts fehlen.“

Magret sah in seine Augen, dann senkte sie den Blick zu den Rosen: Ihr würde sicherlich an nichts fehlen. Das war ihr bewusst. Sie hätte alles, wovon eine Animo vielleicht ihr ganzes Leben lang träumten. Etwas würde jedoch immer fehlen: Aufrichtige Liebe. Dabei schien Fürst Salomon wirklich nett zu sein und sein gutes Herz schien nicht nur gespielt. Sie würde für ihm jedoch stets nur eines sein: Die Frau, an der er seine Lust auslassen konnte.

So schüttelte sie schnell den Kopf: „Ich habe mich noch nicht entschieden- Vielleicht wäre es auch besser, wenn du dich nach einer anderen Geliebten umsiehst.“

Salomons Blick weitete sich, doch berührte er vorsichtig eines ihrer Katzenohren und flüsterte: „Ich werde warten, lass’ dir ruhig Zeit.“ Er lächelte und schien ihrer Antwort wegen überhaupt nicht verstimmt: „Ich wünsche dir einen schönen Tag, Magret.“

„D-Danke, dir auch, Salomon…“, leise fügte sie hinzu: „Vielen Dank für dein Verständnis…und die Rosen.“

„Nichts zu danken!“, das waren seine letzten Worte, ehe er dem Haus den Rücken kehrte und die Tür langsam ins Schloss fiel.
 

Magret drückte sich an die Haustür: Ihr Herz schlug so schnell, dass sie es in der Stille hören konnte - War das gerade wirklich passiert? Es musste, denn die Dornen der Rosen bohrten sich in ihre Finger, je fester sie sie umklammerte. Er meinte es wohl wirklich ernst, Fürstensohn Salomon wollte sie als seine Geliebte haben - Doch war sie immernoch durcheinander, wusste nicht, ob das wirklich der richtige Weg war. Wenn sie sich auch vollkommen fremd waren, sie wollte Fürst Salomon nicht enttäuschen, schließlich war er der spätere Fürst und seine Macht unberechenbar. Die junge Köchin war sich sicher, irgendwann würde er das Interesse an ihr verlieren und das Thema wäre damit beendet. Sie senkte den Blick auf ihre Hände: Sie kannte die Bedeutung der drei Rosen, Mona musste die Blumensprache für ihre Floristinnenprüfung lernen. Drei Rosen bedeuteten „Ich bete Dich an.“ – Doch kannte Salomon die Bedeutung? Was, wenn er nicht das Interesse an ihr verlor?
 

Etwas abseits der Stadt stand eine kleine, dunkelblaue Kutsche mit zwei Pferden. Auf dem Kutschbock war eine verzierte Sonne eingraviert, die in gelben und orangen Farben warm leuchtete. Es handelte sich dabei um das Wappen des Königreichs der Katzen, das Zeichen der Fürstenfamilie. In dem Kutschenfenster konnte man rote Vorhänge aus Samt erkennen. Vor der Kutsche stand ein männlicher Katzen-Animo, der seine Zeit anscheinend mit Schnitzen vertrieb. Elias sah auf, als Salomon endlich den Weg hinauf kam: „Wie ist es gelaufen?“

„Sie hat abgelehnt.“, dabei lächelte er vollkommen glücklich, sodass seine Worte und seine Mimik überhaupt nicht zusammenpassten und sein bester Freund skeptisch die Augenbraue hob: „Wieso lächelst du dann?“

„Sie ist einfach perfekt.“, Salomon wippte fröhlich mit seinen Löwenschweif hin und her: „Die perfekte Geliebte.“

Elias seufzte leicht, er konnte ahnen, was Salomon nun vorhatte: „Dann wirst du sie wohl nun öfters besuchen?“

„Yap – So lange, bis sie Ja sagt.“, zufrieden schlug Salomon ihm etwas fester auf die Schulter: „Du kennst mich richtig gut!“ Er riss dann die Tür der Kutsche auf und holte ein frisches Gewand heraus: “Doch ich sag’s dir, sie ist es wert.“

Elias sah Salomon an: „Tut mir Leid, aber ich verstehe es nicht – Sie sieht aus wie jede andere Animo vom Stamm Birma auch – Warum bist so hinter ihr her?“ Er nahm seinen Freund das ausgezogene Hemd ab und legte es in der Luft zusammen: „Ich wette mit dir, noch zwei oder drei Treffen und du findest sie ebenfalls langweilig.“

„Oh~ Das bezweifle ich, mein Freund.“ Salomon hatte ein breites Grinsen und ein leises Schnurren entwich aus seiner Kehle: „Sie ist mehr als eine einfache Animo, das spüre ich.“

In Gedanken fügte der Fürstensohn noch hinzu, während er die Ärmel seines Seidenhemdes glattstrich: „Es ist so, als wolle man einen Engel in Versuchung führen – Das könnte sich wirklich interessant entwickeln…“

„Wenn du meinst.“, Elias hob die Schultern, ehe er das alte zusammengelegte Gewand in die Kabine legte und selbst auf dem Kutschbock stieg: „Wir sollten uns beeilen, sonst kommen wir wirklich zu spät zur Eröffnungsszene.“

„Ist gut!“, Salomon grinste und stieg indes in die Kabine: “Wir wollen ja meine Eltern nicht enttäuschen, ne?“
 

Zur selben Zeit war Ben ebenfalls schwer beschäftigt – Da seine Ausbildung zum Fischer erst in einigen Wochen begann, verdiente er seinen Lebensunterhalt als „Arbeitstier“ – Jemanden, der überall kleinere Jobs zugeteilt bekam, wenn jemand ausfiel oder eine Hand mehr benötigt wurde. Heute renovierte er als Hilfsarbeiter mit anderen jungen Männern ein Haus in der Mitte der Kleinstadt; Das Haus musste noch vor Einbruch der Kälte fertig werden.

Er war gerade dabei, ein dickes Brett anzuheben, als seine grauen Katzenohren zuckten: Seine Kollegen begannen - wie so oft - über Frauen zu reden. Es war nichts, was ihm wirklich interessierte, und er empfand so mancher Kommentar als beleidigend, doch erheiterten die Lügengeschichten seiner Kollegen die Plackerei. Es war mehr als offensichtlich, dass sie kaum Erfahrung mit dem anderen Geschlecht hatten. Ben wusste, er war ebenfalls nicht frei von Vorurteilen und glaubte an so manches Klischee – Jeder tat das. Er gab sich auch gerne der Oberflächlichkeit hin, besonders nach einem langen Arbeitstag bei einen gemütlichen Trinkgelage kamen aus seinem Mund ebenso verletzende Kommentare. Diese Art zu reden war in gewisser Weise sogar befreiend, doch versuchte der junge Animo stets, es zu vermeiden. Es zeugte davon, dass man sich nicht die Mühe gab, die Sache von jeder Seite zu betrachten.
 

„…Frauen sind wirklich ein Mysterium für sich!“, so der eine, der indes Ben zu sich winkte: „Habt ihr das mit den Mädchen am Markttag mitbekommen?!“

„Klar, wer nicht!“, so die Antwort eines Malers: „Sie hat den Antrag des Fürsten abgelehnt, ganz schön dreist! Glaubt ihr, er lässt sie einsperren?“

„Na“, der Kollege nickte Ben zu und begann, das Brett zu zersägen: „Ich denke viel eher, er holt sie sich einfach. So würde ich es zumindest machen!“

„Ich hab’ sie gar nicht gesehen – War sie denn wirklich heiß, wie man sagt?“, ein anderer blieb kurz mit der Schubkarre stehen und sah zu ihnen.

„Och, ich fand, sie sah ganz gut aus, aber nichts, wofür ich ein Ohr geben würde.“, meinte der eine, doch der Maler erwiderte: „Spinnst du?! Sie war total zum Anbeißen!“

„Das sagst du doch nur, weil der Fürst sie will – Sie wohnt schließlich nicht erst seit gestern hier!“

„Ach Quatsch!“

„Frauen sind immer attraktiver, wenn sie von einen anderen Mann begehrt werden.“, so Ben, ehe er ein fertiges Brett auf seine Schultern schwang und es zum Haus trug. Dabei fügte er hinzu: „Ich fand sie ganz hübsch.“ Es war für ihn ein komisches Gefühl, dass die Frau, die ihm vor ein paar Wochen gestanden hatte, sie wäre in ihm verliebt, nun in das Augenmerk des wohl mächtigsten Mann des Königreichs gefallen war. Doch war dies kein Grund für ihn, um sie zu kämpfen, schließlich war sie immernoch dieselbe, nur ein anderer Mann buhlte um sie.

Ob sie noch an ihm dachte…? Sie wirkte ziemlich verletzt, als er ihr so offen geantwortet hatte. Doch war es nichts als die Wahrheit – Sie konnte ihn nicht lieben, schließlich kannten sie sich nicht; Beim Geständnis hatte er zum ersten Mal ihren Namen gehört. Der junge Animo hatte sie sicher schon einige Male auf der Straße getroffen, doch noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Er war etwas überrascht gewesen, denn sie wusste erstaunlich viel über ihn. Doch war es, wenn er genauer darüber nachdachte, kein Wunder, so wie die Leute tratschten. Nein, Sie konnte ihn nicht lieben, schließlich waren sie so gut wie Fremde. Die „Liebe auf dem ersten Blick“ gab es seiner Meinung nach nicht, denn die Liebe hatte immer einen Grundstein, worauf sie aufbaute. Je fester dieser war, desto stärker war die Liebe.
 

…Konnte es sein, dass sie ihm missverstanden hatte? Nein, sicher nicht. Mit Schwung drückte Ben das Stück Holz an das Haus, ehe er es mit einen Hammer und ein paar Nageln befestigte. Er schnaufte kurz: Sie war sicher nur schüchtern, denn am Markttag hatte er sie gesehen, wie sie ihn angesehen hatte, ihn aus der Weite beobachtete. Für wenige Sekunden hatten sich ihre Blicke getroffen.

„Vielleicht ist sie so eine Art Stalkerin…?“, kam ihm der ungute Gedanke, doch sie wirkte zu ihrem Geständnis so durcheinander, dass es überhaupt nicht zu ihr passen würde. Er steckte seinen Hammer weg, um das nächste Brett zu holen.

„Weiß irgendwer ihren Namen?“, der Maler war es anscheinend leid, immer nur „sie“ zu sagen.

„Ich glaube, sie heißt Marianne.“

„Ich dachte Margarete!“

„Ihr Name ist Magret, oder?“

Ben nickte zustimmend: „Ja, Magret.“ Er schluckte kurz und fügte hinzu: „Magret Lily.“

„Ach sie war das?! Ich war mit der in einer Schulklasse! Wirklich hübsches Ding.“, so der Säger, ehe er weitermachte: „Dummerweise sehr bodenständig, ihre Freundinnen bekam man leichter ins Bett.“ Er lachte.

Ben musste lächeln: Wenn sie bodenständig war, dann war es kein Wunder, dass sie den Antrag des Fürstensohnes abgelehnt hatte. Schließlich sollte so etwas gut überlegt sein, eine „Geliebte“ zu sein war nichts anderes als die Liebesdienerin eines Adligen zu sein. Als hätten die anderen seine Gedanken gelesen, begann der Maler plötzlich: „Hey! Würdet ihr als Weib den Antrag annehmen? Muss schon ziemlich cool sein, bei den Reichen zu leben.“

„Klar! Die bekommen ja alles, was sie wollen!“

„Ja, dafür, dass sie nur etwas Spaß haben müssen – Ist wohl der bestbezahlte Job im Königreich, die sind fast zu beneiden.“

Ben seufzte, ehe er ein neues, gesägtes Brett zum Haus trug – Soviel Dummheit tat manchmal weh. Glaubten sie wirklich vollen ernstes, einer Frau, oder auch einen Mann, würde es immer Spaß machen, mit einem nahezu Fremden zu schlafen? Nein, oft spielten dort auch Gefühle und das eigene, körperliche Empfinden eine Rolle. Diese Arbeit konnte mit eine der schlimmsten sein, wenn der Fürst seine Dienerin wirklich nur als Objekt ansah. Von seltsamen Vorlieben mal abgesehen…
 

Der baldige Fischer konnte vollkommen verstehen, dass Magret den Antrag abgelehnt hatte. Er wusste, die meisten Frauen wären den Fürstensohn wohl um den Hals gefallen und hätten sich ihm schon auf offener Straße ganz hingegeben. Vielleicht konnte Ben sich sogar glücklich schätzen, dass Magret den Mut aufgenommen hatte, ihm ihre Liebe zu gestehen – Sie schien keine Frau zu sein, die ihren Gefühlen blind folgte.

Da kam ihm etwas in den Sinn – Sie wusste um seinen Standpunkt, doch sah sie ihm immernoch so sehnsüchtig nach. Als wäre das Geständnis nie geschehen…Hatte sie seine Antwort doch missverstanden? Glaubte sie, er wäre nicht an ihr interessiert? Dies entsprach sogar der Wahrheit - Ben war auch nicht wirklich an ihr interessiert. Doch lag das nicht an ihrer Person, sie schien eine wirklich nette junge Frau zu sein - Vielmehr wusste er, dass mit seiner Ausbildung als Fischer eine Beziehung die nächsten Jahre nahezu unmöglich sein würde. So brauchte er sich auch nicht darum bemühen, einen Partner zu finden.

Der Gedanke, dass er ihre Gefühle unnötig verletzt hatte, ließ ihn nicht los. Zugegebenerweise war ihn es des Öfteren passiert, dass seine Mitmenschen seine rationalen Antworten falsch verstanden hatten. Oft ließen sich diese Missverständnisse leicht aus der Welt schaffen. Das Schlimme dieses Mal war, dass vielleicht er der Grund war, weshalb sie den Antrag des Fürstensohns abgelehnt hatte. Wenn sie wirklich noch in ihm verliebt war, dann war er es, der ihre Zukunft im gewissen Rahmen entschied. Seine Worte schienen sie nahezu in Ketten zu halten. Ben wollte nicht, dass sie seinetwegen unglücklich blieb, so entschied er, sie aufzusuchen und ihr noch einmal alles zu erklären.

Seit Salomons Besuch waren zwei Tage vergangen. Die Blumen, die der Fürstensohn der jungen Köchin geschenkt hatte, blühten nun in ihrer ganzen Pracht. Der bunte Strauß stand auf der Kommode im Wohnzimmer, wohingegen die Rosen in Magrets Zimmer ihren Platz gefunden hatten. Magret hatte das Haus seitdem immernoch nicht verlassen – Zu groß war die Angst, dass die anderen Bewohner der Kleinstadt mitbekommen hatten, dass der Fürstensohn sie aufgesucht hatte. Sie würden die junge Animo erneut mit ihren Blicken strafen.

Sie wusste, es konnte so nicht ewig weitergehen, und so setzte sie sich einen Zeitrahmen. In drei Tagen musste sie eine Entscheidung gefällt haben - Wenn sie dann sich noch unsicher war, blieb ihr nur noch, einen vollkommen anderen Weg zu gehen. Sie würde Palooza verlassen. In den Ländern des großen Festlandes versuchen, Fuß zu fassen; schließlich war die paloozianische Küche dort noch vollkommen unbekannt. Der Plan rief in ihr gemischte Gefühle hervor, Erleichterung, Neugier, Angst und Trauer. Doch sie wusste, es müsste nicht für immer sein und sie konnte jederzeit nach Hause zurückkehren. Vielleicht gewann sie durch diese Reise endlich den klaren Kopf, den sie seit Tagen suchte. Vielleicht fand sie sogar etwas, was sie niemals erwartet hätte. Wer wusste das schon?
 

Es war zur Mittagszeit und Magret war dabei, das Essen zu kochen. Plötzlich klopfte es kurz an der Tür, dem ein starkes Klopfen folgte. Sie legte den Löffel zur Seite und rief „Ich komme!“, ehe sie mit Kochschürze und festgebundenen Haaren zur Tür eilte. Da sie mit den Gedanken noch beim Essen war, öffnete sie die Tür schnell und lächelte: „Was gibt’s?“ In der nächsten Sekunde schoss ihr die Röte in die Wangen und sie blinzelte – Stand da tatsächlich ihr Schwarm Ben?!

„Hallo.“, Ben räusperte sich kurz, ehe er nach unten sah und halblaut meinte: „Gabby, sitz!“

„Gabby“ war der Hund, den er bei sich hatte. Der Mischling schien über Magrets Anblick erfreut und wedelte fröhlich mit dem Schweif, doch nun legte er sich hin und steckte seinen Kopf zwischen die Vorderpfoten.

„H-Hallo…Ben…“, endlich gewann Magret genug Stimme, um ihn zu antworten: „Was bringt dich hierher? Oh! Wie unhöflich, möchtest du reinkommen?!“ Sie konnte hören, wie ihre Stimme leicht flatterte, genauso wie bei ihrem Geständnis.

Ben sah sie einen Moment an, ehe er nickend zustimmte: „Wenn es dir keine Umstände macht – Ich wollte mit dir noch mal über dein Geständnis reden.“ Er putzte sich die Schuhe ab und zog kurz an der Leine: „Soll Gabby-?“

Magret lächelte und winkte ab: „Nimm ihn ruhig mit rein…oder ist es eine Sie?“ Dabei vergaß sie vollkommen, dass ihr Vater eigentlich eine Hundeallergie hatte.

„Es ist ein Er.“, Ben folgte ihr durch den Flur und entdeckte in der großen Küche das Essen: „Ich hoffe, ich störe dich wirklich nicht.“ Man hätte erwarten können, dass die Arbeitsfläche ein einziges Chaos war, schließlich war Magret gerade voll im Gange, doch dem war nicht so. Stattdessen lagen alle Zutaten ordentlich vor, ebenso die Bretter und Messer. Mehrere Schüsseln und Töpfe bildeten ein kleines Labyrinth und kein einziger Fleck war zu sehen. Schnell band er Gabby an eines der Tischbeine und befahl ihn, ruhig zu sein, ehe er sich auf einen Stuhl setzte.

Magret schluckte indes und reichte ihm ein Glas Wasser: „Bitteschön – Was genau wolltest du denn besprechen…?“ Mit jeder Sekunde schlug ihr Herz schneller und sie vermutete, dass er ihre Liebe doch erwiderte – Obwohl das vollkommener Unsinn war. Wieso sollte er seine Meinung ändern? Dennoch, ihr Herz und ihre Gefühle für ihn waren in diesen Moment lauter als alles andere.

„Es ist so – Ich glaube, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt.“, begann er und Magrets Hoffnungen schwanden wieder dahin – War er etwa hier, um ihr zu erklären, weshalb er ihre Gefühle nicht erwiderte? Schnell griff sie nach einem Messer und einer Kartoffel, um sich abzulenken, etwas zu beruhigen. Es kam ihr wie eine wahr gewordene Fantasie vor, dass er in ihrer Küche saß und mit ihr sprach: „Oh Wirklich? Ich denke schon-.“

„Nein.“, er verneinte und sah ihr in die Augen: „Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht an dir interessiert bin oder Ähnliches. Es ist einfach nur so, dass du mich einfach nicht lieben kannst.“

„Was-? Du kennst mich nicht, du weißt doch gar nicht, wie es in mir aussieht!“, es sprudelte aus Magret regelrecht heraus; wie konnte er annehmen, zu wissen, was sie fühlte?! Es war eine Frechheit, nahm er sich doch das Recht, über und für sie zu entscheiden. Hatte sie sich in ihm so sehr geirrt?!

„Das ist der Punkt – Ich kenne dich nicht und ich bezweifle, dass du mich wirklich kennst.“, Ben setzte das Glas ab: „Du kennst nur die Geschichten über mich, die ihre Runde machen, doch mehr nicht.“

„Das ist wahr…“, leicht senkte die junge Frau den Kopf: „Dennoch, du hast eine ziemliche Anziehung auf mich, ist es da so schlimm, an Liebe zu denken?“

Ben lächelte: „Du bist sicher nur wegen deiner Gefühle verwirrt, das ist jeder Mal in seinen Leben, früher oder später.“ Magret wurde augenblicklich etwas rot – Obwohl er etwas Gemeines zu ihr gesagt hatte und sie quasi als Heranwachsende bezeichnete, löste das leichte Lächeln, was er ihr schenkte, ein Gefühl des Glücks aus. Sie schnaufte aus Trotz „Das glaube ich nicht.“, doch folgte dem ebenfalls ein Lächeln. Sie legte die Kartoffel in einen Topf mit Wasser und griff nach der nächsten. Die nächste Frage brannte ihr regelrecht auf der Zunge, so sprach sie schnell aus: „…Findest du mich denn attraktiv?“
 

Ben musterte sie daraufhin einige Augenblicke, doch wich er dann aus: „Ich glaube einfach nicht an die „Liebe auf dem ersten Blick“, verstehst du?“

Er konnte nicht zugeben, dass Magret eine schöne Frau war. Zwar nicht überirdisch schön, dass jeder Mann ihr nachsah, doch strahlte sie etwas Beruhigendes in ihrer Art aus. Er wollte vermeiden, dass sie sich noch mehr Hoffnungen machte, die doch vergebens waren.

Enttäuscht legte Magret die Ohren an: „Ich verstehe.“ Keine Antwort war auch eine Antwort und sie war sich sicher: Sie war einfach nicht sein Typ. Doch warum war er dann überhaupt hier? In ihrer Brust stach etwas heftig, nahm ihr für einen Augenblick den Atem: „Wieso hast du mir das nicht gleich gesagt?“

„Nun ja…“, Ben beugte sich nach unten, um Gabby zu kraulen: „Ich bin es nicht wirklich gewohnt, dass mir fremde Frauen ihre Gefühle gestehen. Man könnte sagen, ich war etwas überrascht.“ Dann sah er auf und lächelte erneut: „Bevor ich es vergesse: Du kannst hervorragende Muffins machen.“

„Oh…Danke.“, kurz schnurrte die junge Frau auf und hasste sich gleich dafür. Dieser Mann machte sie gleichzeitig unbeschreiblich glücklich und todunglücklich. Ein Wechselbad der Gefühle. Sie konnte es nicht verstehen: Wenn sie sich wirklich so fremd waren, warum war sie ihn dann so verfallen? War es sein Aussehen? Sie versuchte, Ben unbemerkt zu mustern: Er hatte einen Drei-Tage-Bart im Gesicht und seine dunkelgrünen Augen schienen sie zu verschlingen, während er sie ansah. Unter ihnen befanden sich leichte Augenringe, als hätte er eine schlaflose Nacht hinter sich. Ihretwegen? Höchstunwahrscheinlich. Seine mittellangen grauen Haare schienen seit einiger Zeit nicht geschnitten worden sein, denn sie wuchsen langsam nach allen Seiten. Er trug ein einfaches Shirt und eine Hose, doch waren sie beide sauber – Oft hatte Magret ihn beim Arbeiten beobachtet, mit Dreck und Staub am ganzen Körper. Ihr Herz schlug für einen Moment noch schneller. Sein sicheres Auftreten hatte eine viel größere Anziehung auf ihm als Fürst Salomon, der sie mit Blumen und Komplimenten überhäuft hatte. Sie bereute es nicht, den Antrag abgelehnt zu haben.
 

Ben sprach währenddessen weiter: „Ich war sehr geschmeichelt von deinen Geständnis, doch wer wäre das nicht?“, kurz ging er sich durch die wilden Haare: „Es tut mir Leid, wenn ich deine Gefühle verletzt haben sollte, das wollte ich wirklich nicht.“

Magret nickte leicht: „Schon in Ordnung.“

„Ich weiß ja, dass der Fürstensohn um dich wirbt und ich dachte, ehe du eine falsche Entscheidung meinetwegen triffst, kläre ich–.“

„Au!“

„Huch? Alles okay?!“, er sprang auf und nahm ihr das Messer aus der Hand.

Magret hatte sich die Klinge ausversehen in die Finger gerammt, als sie seine Worte gehört hatte: Er wusste, dass Fürst Salomon um sie warb. An sich war es logisch, wahrscheinlich wusste die gesamte Stadt es. Dennoch, sie wollte für ihn nicht nur die Frau sein, „die der Fürstensohn als seine Geliebte wollte“. Der Gedanke verletzte sie, denn ihr Geständnis und ihre Gefühle hatten somit scheinbar keinerlei Bedeutung mehr.

„Wa- Warte, das geht schon!“, sie wurde rot vor Verlegenheit, als sie von dem Gedanken abkam und ihren Fehler wirklich realisierte: „Normalerweise bin ich nicht so ungeschickt.“ Dann drehte sie sich von ihm weg und hielt ihre Wunde unter das kalte, fließende Wasser.

Ben nickte kurz und legte das Messer zur Seite. Er sah, dass es nur kleine Schnittwunden waren, nichts Schlimmes, und setzte seinen Satz fort: „Ich wollte dir nur eben erklären, dass wir uns beide nicht kennen und ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass du mich liebst.“ Kurz atmete er ein: „Ich wollte dir auch den Vorschlag machen, mit mir und Gabby einen Spaziergang zu machen, damit du siehst, wie ich wirklich bin, aber du kochst ja gerade.“

„Willst du zum Essen bleiben!?“, schnell kam Magrets Antwort, fast schien es, als hätte sie Angst, dies wäre eine einmalige Chance.

„Oh, nein Danke.“, er lächelte höflich und reichte ihr ein Küchentuch, dass sie ihre Hand abtrocknen konnte: „Ich möchte mich wirklich nicht aufdrängen.“

Magret nickte. Sie konnte sich vorstellen, dass er sie alleine kennenlernen wollte, nicht auch noch ihre ganze Familie mit dazu: „Würdest…Würdest du mich dann morgen um die selbe Zeit abholen?“

„Gerne.“, Ben ging langsam zum Tischbein, woran Gabby gebunden war. Er hoffte inständig, dass durch diesen Spaziergang Magret verstehen würde, was sie für ihn empfand und so möglicherweise den Antrag des Fürstensohnes doch noch annehmen würde, wenn sie denn wirklich wollte. Wer weiß, vielleicht fand er in ihr auch jemanden, mit dem er wirklich reden konnte, bis er seine Reise antrat. Auf dem Kopf gefallen schien sie nicht.

Magret führte ihn zurück zur Haustür: „Vielen Dank, dass du vorbeigekommen bist.“

„Kein Problem, ich finde, so etwas ist wichtig– Dann sehen wir uns wohl morgen.“

„Ja, bis morgen!“, sie winkte ihn noch kurz zu, als er mit seinen Hund begann, loszulaufen. Schließlich schloss sie die Tür mit einen leisen Klicken und seufzte lächelnd: Sie konnte es kaum erwarten.
 

Der nächste Mittag nahte und Ben holte Magret ab. Die beiden gingen einen Weg abseits der Stadt entlang – Er konnte verstehen, dass sie sich innerhalb der Stadt noch unwohl fühlte, auch ihm war aufgefallen, wie verrückt manche auf den Antrag reagiert hatten. Die Situation musste schwer für sie sein, schließlich träumten manche Frauen ihr Leben lang davon, die Geliebte des Fürstensohns zu werden, und Magret hatte ihn einfach eine Abfuhr erteilt. Frauen konnten noch viel grausamer als Männer sein, wenn sie wollten, und handelten aufgrund ihrer Gefühle oft übertrieben. Doch Magret war nicht so.

Er merkte, dass sie wirklich mit beiden Beinen auf dem Boden stand. So war es umso süßer für ihn, dass sie scheinbar vollkommen in ihn vernarrt war.

Obwohl sie noch etwas schüchtern war, konnte er sich wunderbar mit ihr unterhalten – Sie waren sich ähnlich, auch sie konnte sich erst nicht entscheiden, welchen Weg sie im Leben gehen wollte. Ben war kein Animo, der Freundschaften fürs Leben schloss – Durch seinen häufigen Berufswechsel kannte er zwar viele Leute, doch war er auch nicht allzu traurig, wenn es hieß, Abschied zu nehmen. Einen „besten Freund“ besaß er nicht, doch musste das seiner Meinung nach auch nicht sein, schließlich würde er bald in See stechen, und vielleicht fand er einen Seelenverwandten unter den Fischern. Dennoch, er genoss die Zeit mit Magret. Sie war auf ihre Weise klug und eine echte Abwechslung zu den etwas dumpfen Arbeitstieren, mit dem er die letzte Zeit verbracht hatte.
 

Magret war gerade dabei, Gabby einmal kräftig durchzukraulen – Der Hund genoss diese Streicheleinheiten sehr, auch den Spaziergang mit den beiden, war er doch die meiste Zeit allein zu Hause, wenn Ben arbeiten war. Gabby war schon seit jeher Bens Begleiter gewesen, seit seinen zehnten Nimmerstraum besaß er diesen Hund. Es wunderte die junge Frau sehr, dass Ben sonst scheinbar keine Freunde besaß, nur Bekanntschaften, doch lag das vielleicht an seiner rationalen Art. Leise seufzte sie und grub ihre Nase in das Fell des Hundes: Seine klare Denkweise machte ihn nur noch attraktiver für sie, obwohl er dadurch einen ziemlich fiesen Humor hatte. Scheinbar ließ Ben nur ungern Gefühle zu; er redete ungern über sie. Doch, da war sich Magret sicher, lag das nur daran, dass sie sich nicht gut genug kannten. Viele Personen vertuschten ihre wahren Gefühle, um nicht verletzt zu werden. Es war allzu verständlich, auch sie tat es des Öfteren gegenüber Leuten, deren erster Eindruck ihr nicht gefiel. Ben war nichtsdestotrotz sehr offen ihr gegenüber: Es war eine ungewohnte Offenheit, die schon fast radikal auf sie wirkte.

Die Spaziergänge mit Ben wurden zu einen alltäglichen Ritual für sie – Sie vergaß schon nach den ersten Nachmittag, dass sie sich nach drei Tagen hätte entscheiden sollen bzw. wollen. Zu angenehm war diese Zeit, die sie mit diesen jungen Animo verbrachte, es war wie ein wahr gewordener Traum. Je öfter sie mit ihm spazieren ging und sie über alles Mögliche redeten, desto mehr verschwand ihre Angespanntheit, die sie wegen der Gerüchte in der Stadt hatte. Tatsächlich schienen die Bewohner von Passion zu akzeptieren, dass sie den Antrag abgelehnt hatte, seitdem sie mit Ben unterwegs war, und einige Wochen vergingen.
 

Sie erfuhr allerlei über Ben Meo Salis: Er war nicht in Passion geboren, sondern war wegen einer Ausbildung hierher gekommen. Seine Eltern standen nicht immer vollkommen hinter ihm, doch war es ihm egal, schließlich war er nahezu erwachsen. Sie wären nicht das beste Vorbild gewesen, so seiner Meinung nach. Obwohl Ben praktisch veranlagt war, war er keineswegs unintelligent: Er interessierte sich für die Politik in den anderen Königreichen, liebte es, zu diskutieren, ob es klug war, die Grenzen zum großen Festland zu lockern. Seiner Meinung war es ein Fehler und es würde eines Tages zu Problemen führen, doch Magret war zuversichtlich und interessierte sich selbst für die fremden Kulturen. Er mochte ruhige Streichmusik und Gebäck mit Früchten - Daraufhin begann Magret, ihn jeden Tag ein Blech Muffins mit Fruchtstücken zu backen.

Natürlich konnte Ben die ganzen Muffins nicht alleine essen. Er verteilte sie gerne unter seinen Kollegen und Magret wusste das. Auf die Tatsache hin, dass Magrets beste Freundin Sophie ihm absolut nicht ausstehen konnte, erwiderte er bloß mit einen Lächeln: „Sie ist wohl in dich verliebt, was?“

Magret konnte darauf nur lächeln, erinnerte es sie doch an ein Geheimnis, welches die beiden Freundinnen teilten.

Ben und Magret verbrachten fast jeden Nachmittag zusammen und dennoch, trotz der gemeinsamen Zeit, hatte Magret das Gefühl, dass Ben wie ein Buch war, dass sich nur schwer öffnen ließ. Obwohl das abschreckend wirken sollte, war es aber der Grund, weshalb sie nur noch mehr Zeit mit ihn verbringen wollte. Sie wusste, bald würde er nicht mehr da sein, so wollte sie jeden Moment auskosten. Noch dazu hoffte sie, endlich eine Antwort auf ihre Herzensfrage zu finden.
 

Die Zeit war wundervoll, doch konnte Magret dennoch nicht vergessen, dass sie die Begierde des Fürstensohns Salomon war. Es war schier unmöglich, denn der Adlige ließ es sich nicht nehmen, mindestens einmal in der Woche in die Kleinstadt zu fahren und die junge Frau erneut zu fragen, ob sie nicht seine Geliebte sein wolle. Dabei überschüttete er sie mit Geschenken; Er brachte ihr Rosen, Schokolade von der feinsten Sorte und Kleider, die mit jeden Mal aufwändiger und teurer wurden. Die junge Katzenanimo fragte sich dabei, woher er ihre Kleidergröße kannte. Die Antwort war schnell gefunden – Er wusste es von der Person, die ihm auch stets die vielen Rosen verkaufte. Nachdem sie einen weiteren Antrag abgelehnt hatte, stapfte sie wütend in das Zimmer ihrer großen Schwester: „Kannst du bitte aufhören, dich in mein Privatleben einzumischen?!“

Ramona sah von ihren Buch auf, doch hatte sie dabei ein zufriedenes Grinsen im Gesicht: „Wieso denn das, kleine Schwester?“, sie fügte mit einen leisen Schnurren hinzu: „Freu’ dich doch, dass er dir so viele Geschenke macht.“

„Ich freue mich aber nicht!“, sie schnaufte: „Je mehr Geschenke er mir macht, desto eher macht er sich Hoffnungen und hat etwas in der Hand, dass ich zustimmen muss!“

„Ist das so schlimm? Dein Kerl ist ohnehin in zwei Wochen weg.“

„Lass’ Ben aus dem Spiel!“, leise fauchte Magret auf: „Gerade, weil er in zwei Wochen weg ist, will ich mir auch noch Gedanken um den Fürstensohn machen müssen!“

„Oh man, du scheinst ja diesen langweiligen Kerl echt zu mögen.“, Ramona zog eine Schnute: „Ich will doch nur, dass du glücklich bist - Außerdem kauft Fürst Salomon die Rosen stets bei mir, das ist gut für das Geschäft.“

„Das ist mir vollkommen egal und glücklich bin ich erst recht nicht.“, die junge Köchin legte die Ohren an: „Ich warne dich, hör auf, oder ich sage Mum und Dad, was du gerne in deinen „Überstunden“ so mit den Auszubildenden treibst.“

Ramona zuckte auf die Tatsache hin deutlich zusammen, dann seufzte sie resignierend: „Okay, ich werde Fürst Salomon nicht mehr helfen, dich umstimmen.“

„Danke.“, antwortete Magret daraufhin trocken – Sie kannte ihre große Schwester nur allzu gut, sie würde es zwar die nächsten zwei Wochen bleiben lassen, doch sobald Ben Palooza verlassen hatte, würde sie wieder von vorne beginnen – In der Hoffnung, sie oder zumindest ihre kleine Schwester würde in den Genuss des Adels kommen. Von diesen unzufriedenen Gedanken verstimmt, legte sie den Bund von orangen Rosen auf die Kommode ihrer Schwester. Die Rosen waren eine blühende Art, Begeisterung zu zeigen, bedeuteten sie doch in der Blumensprache „Ich stehe in Flammen“. Doch ließ Magret dies eiskalt, wenn sie daran dachte, dass Ben bald fort sein würde.
 

Zwar schenkte Salomon Magret ein ganzes Meer an Blumen, doch verblassten diese gegen den Strauß wilder Blumen, den Ben ihr eines Abends urplötzlich überreichte. Sie steckte sich eine der Blumen in das Haar, ehe die beiden in die Nacht zogen, um in der kleinen Bar der Stadt zu tanzen, zu trinken und vor allen über die unterschiedlichsten Dingen zu reden. Dabei trug sie eines ihrer Lieblingskleider – Zwar hätte sie atemberaubend in den Gewändern von Fürst Salomon ausgesehen, doch wollte sie unter keinen Umständen, dass Ben glaubte, sie gäbe seinen Werben wegen eines Stück Stoffes nach.
 

Die ständigen Versuche des zukünftigen Fürsten waren ohnehin ein häufiges Thema der beiden. So saßen sie an der Theke und Magret seufzte: „Ich wünschte, er würde einfach aufhören.“

„Hast du dich denn wirklich vollkommen entschieden?“, Ben nahm einen Schluck seines Bieres.

„Ich…Ich denke.“

„Denken ist nicht wissen.“

„Das weiß ich selbst!“, Magret lächelte: „Seine Anträge wirken bloß immer so unreal für mich, ich werde noch einmal gründlich darüber nachdenken müssen.“

Ja, sie würde darüber nachdenken, doch nicht jetzt – Erst, wenn Ben Palooza verlassen hatte. In diesen Augenblick wollte sie nur eines, nämlich die schöne Zeit mit ihrem Schwarm genießen.

Ben erwiderte daraufhin nichts, sodass sie schnell das Thema wechselte, ehe er begann, die Vorzüge und die Nachteile des Geliebte-Daseins aufzuzählen: „Es ist zu schade, dass du zum Nimmerstraum fährst – Ich hätte dich gerne als Mensch gesehen.“ Dabei wurde sie leicht rot, weil sie in diesen Moment vollkommen ehrlich war.

Der Nimmerstraum war ein Zeitpunkt der Schwäche für Animo, auch wenn er nur einen einzigen Tag dauerte. Er trat alle fünf Monate ein und bedeutete, dass Animo mit den Lauf des Mondes für einen Tag ihre tierischen Eigenschaften verloren. So verloren die Hasen-Animo und Wolfs-Animo sie bei Vollmond, wohingegen Katzen-Animo bei Neumond ihren Nimmerstraum hatten. Dementsprechend sahen die Animo aus wie Menschen, auch wenn sie ihre Sinne dabei einbüßen mussten. Am folgenden Tag war der Zauber vorbei und sie wurden wieder normal. Ben in dieser schwachen Phase zu sehen, ihm einen einzigen Tag als verletzlichen Menschen zu sehen, das hätte Magret ein Gefühl von Vertrauen und Nähe gegeben; für gewöhnlich war der Nimmerstraum auch ein Anlass, mit der Familie zusammenzukommen. Doch um sich an die raue Kälte möglichst schnell zu gewöhnen, wurden die jungen Männer zumeist zu diesen Ereignis auf See geschickt.

„Ach~ So besonders ist das nicht.“, Ben lächelte: „Denk’ dir einfach die Ohren weg, das trifft das schon ganz gut.“

„Trotzdem.“, Magret rührte mit den Cocktail-Löffel in ihren Getränk herum: „Du hättest den Nimmerstraum bei uns verbringen können – Wenn du denn wolltest…“

„Danke - Vielleicht komme ich auf dein Angebot irgendwann zurück.“ Im nächsten Augenblick reichte er Magret seine Hand: „Hast du vielleicht Lust, etwas zu tanzen?“

„Gerne.“, vorsichtig legte sie ihre Hand in seine, ehe er sie zur Tanzfläche führte.
 

Die beiden tanzten tatsächlich eine ganze Weile, bis spät in die Nacht. Die Uhr schlug schon drei Uhr in der Frühe, als Ben mit ihr zu ihren Platz an der Theke zurückging, da nun keine Musik mehr gespielt wurde. Er konnte es sehen, ihre Augen strahlten in dem dämmrigen Licht regelrecht vor Glück.

„Du kannst echt gut tanzen!“, die junge Animo schnurrte und nahm einen Schluck ihres Getränks. Es war gerade mal ihr drittes in den vielen Stunden, die sie nun schon hier waren, doch wirkte sie trotzdem etwas überdreht – Etwa seinetwegen? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen, vielmehr hatte sie einfach nur Spaß. Dabei konnte er es nicht leugnen, die Zeit mit ihr bereitete ihm ebenfalls Freude. Sie hatte wirklich etwas sehr Beruhigendes an sich.

„Weißt du Ben, warum der Nimmerstraum diesen Namen trägt?“, begann sie nach einer kurzen Stille.

„Man sagt, unsere Vorfahren haben den Namen gewählt, weil sie seit je her unbedingt Menschen sein wollten, um von den anderen Völkern akzeptiert zu werden – Wie ein Traum, der nimmer wahr wird.“

Magret nickte und lehnte ihren Stirn an seine Schulter, ehe sie leise sagte: „Du bist mein Nimmerstraum, Ben.“

„Huh?“, der baldige Fischer sah seiner Freundin ins Gesicht: Sie war knallrot und hatte die Augen geschlossen. Doch betrunken war sie nicht, was hatte sie bloß?

„Ich mag dich sehr.“, vorsichtig sah sie auf: „Sogar noch mehr als früher, wo wir nun soviel Zeit miteinander verbracht haben-.“ Ihre Stimme stockte und die nächsten Worte fielen regelrecht aus ihr heraus: „Ich…Ich finde es sehr schade, dass du Passion verlässt, nein ganz Palooza…“

Der Blick des jungen Animo verengte sich, ehe er seine Arme hob und sie vorsichtig umarmte: „Magret, ganz ruhig.“ Er konnte es an ihrer Mimik und ihrer Körperhaltung deutlich erkennen – Der baldige Abschied machte der jungen Frau schwer zu schaffen. Das verriet auch ihre Stimme; sie zitterte und es fiel Magret schwer, höflich zu bleiben. Vorsichtig berührte er ihr linkes Ohr: „Es ist doch kein Abschied für immer.“

„Ich weiß, aber du bist ein halbes Jahr weg…“

„Das vergeht schneller als du denkst, glaub’ es mir.“, er lächelte, um sie aufzumuntern: „Sobald ich zurück bin, machen wir einen Spaziergang mit Gabby, okay?“

„Okay…“, er spürte, wie Magret ihre Hände auf seine Brust legte und leise seufzte: „Doch was ist, wenn ich nicht mehr da bin?“

Bens Ohren zuckten in diesen Moment kurz – Sprach sie damit die Sache mit den Fürsten an? Unmerkbar schnaufte er auf, denn der Gedanke, seine Gesprächspartnerin an dieser Nervensäge zu verlieren, gefiel ihm nicht – In seinen Augen war Fürstensohn Salomon zu aufdringlich, was Magret anging. Schließlich konnte er jede Frau auf dieser großen Insel haben – Warum ausgerechnet Magret? Sie war viel zu klug und liebevoll für den Posten einer Geliebten: „Dann…“

Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sie immernoch in seinen Arm hielt. Das war nicht seine Art, für gewöhnlich mochte er auch solche Berührungen nicht. Langsam schloss er die Augen: Was machte er sich bloß vor? Er mochte sie auch, sehr sogar. Sie gab ihm etwas, was ihm sehr lange fehlte. Ein Gefühl von unbeschwerter Vertrautheit. Sie war eine „wahre Freundin“.
 

Er konnte es ihr sagen. Ihr sagen, dass er sie auch lieb gewonnen hatte. Wie er eigentlich über die Geliebten-Sache dachte. Doch machte es keinen Sinn: In wenigen Tagen begann seine Ausbildung als Fischer. Er war dann monatelang weg und eine gerade begonnene Beziehung wäre nur ein Nerven zerreißender Kraftakt für beide. Sie würde nur leiden. Er würde nur leiden. Wer wusste schon, ob sie sich wirklich liebten und ein blindes Vertrauen entwickeln konnten? Sie kannten sich schließlich erst seit wenigen Wochen, was sagte ihnen, dass sie ein gutes Paar waren?

Nein, für das Glück der beiden, war es besser, sie blieben nur Freunde. Wenn sie als die Geliebte von Fürst Salomon anfangen würde, so würde er es akzeptieren und sich für sie freuen, schließlich konnte sie so später ihren Traum leben, eine eigene Konditorei eröffnen. Leise sprach er: „Dann werde ich die schöne Zeit mit dir nie vergessen.“ Er ließ sie los und strich ihr flüchtig über die Wange: „Du bist eine wundervolle Animo, du hast alles Glück der Welt verdient, egal wie es aussieht.“

Magret kicherte daraufhin leicht verlegen: „Ach Ben…Das ist so süß…“ Sie beugte sich ihm vor und schnurrte leise: „Was, wenn ich das Glück schon gefunden habe…?“

Sie zog an seinem Hemd und schloss die Augen. Sie wollte ihm küssen; es brannte ihr auf der Seele, schließlich war die Zukunft furchtbar ungewiss. Vielleicht war dies der einzige Moment, wo sie noch ihre Antwort finden konnte, ehe er verschwand. Die Antwort auf ihre Herzensfrage. Plötzlich konnte sie fühlen, wie er auch ihr näher kam. Für den Hauch einer Sekunde konnte sie seinen Atem an ihren Schnurrbarthaaren spüren. Ihr Herz setzte vor Aufregung einen Moment aus, dann berührte er ihren Rücken und drückte sie an sich, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken: „Du kannst manchmal echt niedlich sein.“
 

Magret hätte bestürzt sein müssen, doch schnurrte Ben in diesen Moment vergnügt. In der darauffolgenden Sekunde wurde sie sich auch ihrer Dummheit bewusst und rot im Gesicht: Man küsste nicht einfach jemanden gegen seinen Willen. Egal wie gut man miteinander befreundet war. Hätte Ben den Kuss jedoch erwidert, so hätte sie ihre Herzensantwort gehabt. Diese Chance war jedoch minimal gewesen, schließlich war er überhaupt nicht so eine Art von Animo – Was hatte sie sich nur dabei gedacht?! Der Abschied schien wirklich mehr an ihr zu knabbern, als sie wahrhaben wollte.

Sanft und doch verlegen lächelte sie: „Danke.“ Immerhin hatte sie einen Kuss bekommen und er sie nicht ein weiteres Mal verletzt, indem er radikal ehrlich war. Immer wieder musste sie sich in Gedanken eingestehen, dass sie durch den baldigen Abschied wirklich etwas durcheinander war.
 

Seit den Abend in der Bar waren zwei Tage vergangen. In gut einer Woche würde Ben im Morgengrauen die erste Kutsche in die nahe Hafenstadt nehmen, um seine Ausbildung als Fischer zu beginnen. Endlich würde seine Warterei ein Ende haben und er für ein halbes Jahr auf See sein, um neue Erfahrungen zu sammeln und vielleicht seine Berufung zu finden.

Obwohl sich Magret für ihn freute, so konnte sie die Bitterkeit daran nicht vergessen – Ihre Faszination für Ben war in der gemeinsamen Zeit noch mehr gestiegen. Sie konnte es nicht leugnen, sie war nur noch mehr verliebt, doch wusste sie, dass es keinen Sinn hatte; Er konnte sie wohl leiden, doch zeigte er keine Anzeichen dafür, dass da mehr war. Sie war für ihn eine gute Gesprächspartnerin, eine gute Freundin, nicht mehr und nicht weniger. Magret war nicht dumm, sie hätte ihm fragen können, was er für sie empfand, um endgültig Klarheit zu bekommen. Doch ihre Angst, ihm wieder miss zu verstehen oder sogar eine wirkliche Abfuhr zu bekommen, war zu groß. So wollte sie die letzten Tage lieber in dieser Schwärmerei verbleiben, ehe sie dann ihren Blick auf ihre eigene Zukunft richtete. Sie beinhaltete wohl eine Entscheidung, die ihr ganzes Leben verändern konnte: Sollte sie Salomons Geliebte werden oder nicht?
 

Es war ein bewölkter Nachmittag, als es an der Tür schellte. Da Magret allein zuhause war und niemanden erwartete, konnte sie sich schon denken, wer draußen vor der Tür stand. Mit einen leichten Seufzen zupfte sie ihre Kleidung noch einmal zu Recht, ehe sie die Pforte öffnete und in ein ihr vertrautes Gesicht blickte: „Hallo Salomon.“

„Hallo Magret.“, der Fürstensohn lächelte sie an: „Du siehst wieder bezaubernd aus.“ Schnell nahm er ihre rechte Hand und drückte ihr einen Kuss auf den Handrücken. Der „Sonnengruß“ war die einzigste Berührung, die die beiden miteinander teilten, so genoss der Fürstensohn ihm in vollen Zügen: „Hast du über mein Angebot nachgedacht?“

Magret schüttelte den Kopf: „Nein, noch nicht-.“, erneut war sie etwas rot im Gesicht, während sie ihre Hand sanft wegzog: „Hatte ich nicht gesagt, ich sage dir deshalb Bescheid…?“

Salomon nickte zustimmend: „Das stimmt – Doch dann kann ich nicht in deinen großen grünen Augen versinken.“ Seine Worte waren nicht nur Süßholzraspeln; Immer wieder schien es Salomon, als könnte er in ihnen ertrinken, je länger er ihr in die Augen ansah. Ein Gefühl, dass er bei keiner Frau zuvor gespürt hatte.

Er kam ihr einen Schritt näher: Zwar konnte er sie besuchen und ihren Handrücken küssen, doch in ihr Haus eintreten oder einen anderen Bereich ihres Körpers berühren durfte er nicht. Er wusste, wenn er wollte, konnte er es jederzeit von ihr einfordern, schließlich würde er bald der mächtigste Mann dieses Königreichs sein. Doch wollte Salomon dies nicht – Er wollte, dass Magret aus vollen Stücken seine Geliebte wurde, sie sich ihm vollkommen hingab, ohne jeden Zweifel oder einen Gefühl von Unbehagen.

Die Befürchtung seines Beraters Elias hatte sich dabei nicht bewahrheitet: Er stand schon so oft vor ihrer Tür und hatte einige Worte mit ihr gewechselt, doch konnte er dennoch nicht genug von ihr bekommen. Sie war wirklich wie ein Engel, ein perfektes Wesen, das er ergründen wollte. Andere Frauen, die um ihn geworben hatten, oder die er auf Bankette und Festen gesehen hatte, waren nichts im Vergleich zu dem, was er in Magret sah.

Salomon wusste, sie würde ihm niemals lieben und auch er würde wohl kaum ein inniges Gefühl für sie entwickeln. Doch konnte er sich bis zu seiner Verlobung mit einer Adligen nicht vorstellen, eine andere Frau in Lust vergehen zu lassen. Allein mit Magret wollte er dieses Erlebnis teilen – Er spürte es mit jeder Faser seines Körpers, sie war allein dafür geschaffen. In seinen Augen war keine andere Animo es wert, seine Partnerin in dieser Intimität zu sein.

Erst, wenn sie vollkommen seinem Werben widerstand, würde er sie aufgeben. Es schien jedoch zu seinem Glück in weiter Ferne, schließlich ließ Magret immer wieder zu, dass er sie besuchte. Noch nie hatte sie ihn fortgeschickt. Nichtsdestotrotz, der Wunsch, wenigstens ihr Haar kurz zu berühren, wurde in ihm immer stärker, ließ sie ihm doch gewissermaßen bei offener Hand verhungern.

Er hob langsam seine Hände: „Darf ich dich für einen Augenblick umarmen?“ Dies sagte er in vollkommener Ruhe, wobei seine Lippen ein breites Lächeln zierten.

Die Augen von Magret weiteten sich, für einen kurzen Moment überlegte sie, ob sie es zulassen sollte. Ihre Antwort war ein kurzes Nicken – Schließlich würde sie so Fürst Salomon nicht beleidigen und konnte noch dazu herausfinden, wie er sich anfühlte. Vielleicht half es ihr, sich zu entscheiden. Sie spürte, wie er ihre linke Hand nahm, um sie zu sich zu ziehen. Fest umschloss er sie und berührte ihre langen schwarzen Haare. Sie konnte sein leises Flüstern hören: „Du riechst wundervoll.“

Magret zog für einen Augenblick die Luft ein – Sie betrog Ben. Nein, das stimmte nicht. Schließlich waren sie nicht zusammen, nur Freunde. Ben würde es akzeptieren, wenn sie die Geliebte von Salomon werden würde, schließlich konnte sie so ihren Traum leben. Eine unglaubliche Zeit würde ihr bevorstehen. Dennoch – Warum tat es so weh? Warum verkrampfte sie sich so? Schnell drückte sie ihren Kopf an Salomons Brust und sog den warmen und süßlichen Geruch ein. Auch er roch gut und sie konnte sein Herz schlagen hören, ruhig und gleichmäßig. War er denn gar nicht nervös? Sie spürte, wie er sanft über ihre Ohren strich: „Ich verspreche dir, dir wird es an nichts fehlen – Werde meine Geliebte, Magret Lily.“

„Salomon….“, sie flüsterte und drückte sich leicht von ihm weg: „Nicht jetzt, ich…“ Tief atmete sie ein und versuchte, ihrer Stimme einen Klang von Ernsthaftigkeit zu geben: „Ich bin glücklich verliebt, ich kann nicht deine Geliebte werden.“

Salomon sah sie daraufhin an – Er war über ihre Antwort nicht überrascht, denn er wusste von Ben. Ramona hatte ihm beim Blumenkauf alles erzählt, auch, dass sie ihrer kleinen Schwester versprochen hatte, ihm nicht mehr zu helfen. So war der Fürst dieses Mal ohne ein Geschenk gekommen. Der junge Adlige fand in Magrets Schwester eine hilfreiche Komplizin, doch konnte er sich niemals vorstellen, sie anstatt Magret zu wählen. Dafür war sie zu vorlaut.

Er wusste auch, dass Ben die Gefühle von Magret nicht erwiderte, doch dies ihr auf die Nase zubinden wäre mehr als gemein gewesen. So entschied er sich, sie von dieser Schwärmerei mit einen klaren Verstand und simpler Logik zu befreien, um eine endgültige Antwort von ihr zu erhalten: „So? Ich denke, du wärst als meine Geliebte glücklicher.“

„Das bezweifle ich.“, ihr Blick verengte sich: „Ich liebe diesen Mann.“ Magret spürte, wie ihr Herz einen Satz machte, als sie diese Worte sagte; Es war das erste Mal, dass sie es ausgesprochen hatte.

„Ist er denn auch in dich verliebt?“, scheinbar ahnungslos hakte Salomon nach: „Oder hast du nur dein Herz an ihm verloren?“

„Er…“, sie stockte kurz – Wenn sie jetzt Salomon anlog, verlor sie mit Sicherheit die Möglichkeit, später noch seine Geliebte zu werden. Lügen hatten meistens keinen Sinn, so blieb ihr nichts als die Wahrheit. Mit einen knirschenden Unterton antwortete sie: „Er erwidert meine Gefühle wohl nicht.“

„Das tut mir Leid.“, ohne jeglicher Schadenfreude oder Ironie war Salomons Antwort. Selbst wenn er dieses Gefühl von unerwiderter Liebe nicht kannte, er konnte sich vorstellen, wie sehr es schmerzen musste. Sanft legte er seine Hand auf ihrem Kopf, zwischen die beiden Katzenohren: „Doch er ist es sicher nicht wert, dass er dein Glück in seinen Händen hält, wenn er deine Gefühle nicht erwidert.“

„Du…Du kennst ihm doch gar nicht!“, wütend drückte Magret seine Hand weg: „Es ist mir egal, dass er meine Liebe nicht erwidert, ich bin an seiner Seite glücklich!“ Ein schwaches Knurren entwich ihrer Kehle: Wie konnte der Fürstensohn es wagen, so etwas zu sagen?! Ihm war wohl jedes Mittel recht, damit Magret endlich ja sagte und seine Geliebte wurde. Dabei verstand sie selbst nicht, wieso er einen solchen Narren an sie gefressen hatte.

Salomons Gesicht zierte indes ein sanftes Lächeln: „Du hast wohl immernoch die Hoffnung, dass er dir seine Liebe gesteht, was?“ Dabei war dem Fürsten bewusst, dass Ben in wenigen Tagen Palooza verlassen würde. Die Chance war demnach sehr gering, dass er es noch tun würde.

„Und wenn schon-.“, Magret wurde rot, denn seine Frage erinnerte sie daran, dass sie sich wegen Ben wie eine Heranwachsende benahm. Nur allzu gern warf sie seinetwegen jegliche Vernunft und Logik über Bord: „Er weiß, dass ich ihm liebe und hat mir erklärt, was für ihm Liebe ausmacht. Wenn ich die Vorraussetzungen nicht erfülle, dass er sich in mich verliebt, dann werde ich das akzeptieren.“

„Ach so ist das…Doch hat er dir jemals gesagt, dass du ihm wichtig bist? Als einfache Freundin?“ Zwar sah Salomon in ihren Augen die Fassungslosigkeit aufsteigen, doch sprach er die Worte aus, die sie wohl nie hören wollte: „Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass du nur ein Zeitvertreib für ihm sein könntest?“

„Nein-!“, Magret stieß ihm mit ganzer Kraft von sich weg: „Ben ist nicht so jemand! Er spricht ohnehin kaum über seine Gefühle-!“ Der Gedanke, für Ben nur ein temporäres Vergnügen zu sein, verletzte sie. Was war, wenn er sein Versprechen nicht hielt? Er sich nie wieder meldete?

„Ben?“, Salomon verengte seinen Blick und verschränkte die Arme vor der Brust: „Selbst wenn „Ben“ kaum über seine Gefühle spricht, ein einfaches „Danke, dass du da bist.“ ist doch nicht zuviel verlangt, oder?“

„Es gibt eben schweigsame Animo.“, Magret legte die Ohren an: „Ihr Männer redet ohnehin kaum über so etwas.“

In diesem Moment lachte Salomon laut auf: „Wie Recht du hast!“ Es ärgerte Magret, doch vor allem irritierte es sie, schließlich waren sie gerade dabei, eine Diskussion zu führen: „Er braucht mir auch nicht sagen, dass ich ihm wichtig bin – Dass ich bei ihm sein darf, ist Beweis genug.“

„Mmm…Das klingt logisch.“, zustimmend zuckte Salomon kurz mit seinen Schweif: „Doch widerlegt das nicht, dass du nur ein Zeitvertreib für ihm bist – Du bist für ihm wichtig, die Zeit totzuschlagen.“ Ehe Magret darauf etwas erwidern konnte, hob er die Hand: „Lass mich aussprechen.“

Der Löwen-Animo ging einen weiteren Schritt auf sie zu und sah ihr in die Augen: „Ich weiß zwar nicht, wie lange du diesen Ben schon kennst und ihr zusammen Zeit verbringt, doch lass’ mal dein Herz beiseite und denke scharf nach: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er je deine tiefsten Gefühle erwidern wird?“

Magret legte die Ohren an und ihr Blick funkelte vor Wut, weil der Fürst sich die Frechheit nahm, ihre Beziehung zu Ben in Frage zu stellen. Doch diese Wut verpuffte augenblicklich und sie senkte den Blick: Im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass er Recht hatte. In einer Woche würde Ben weg sein. Sie kannten sich erst seit einigen Wochen und obwohl sie eine schöne Zeit zusammen hatten, so hätte Ben ihr sicher schon längst etwas gesagt, wenn er mehr in ihr sah. Sie wirklich nicht verlieren wollte. Schließlich war er sicher kein Animo, der solch wichtige Dinge bis zum letzten Augenblick aufschob - Solche rührenden Dinge passierten ohnehin nur in kitschigen Liebesromanen, nie im wahren Leben. Sie wusste, Ben würde ihre Gefühle nie vollkommen erwidern. Darüber hinaus würde sie vielleicht nur dann über ihm hinwegkommen, wenn sie selbst einen Schlussstrich zog, anstatt ihn einfach geschehen zu lassen. Sonst würde sie vielleicht ihr ganzes Leben damit verbringen, auf etwas zu hoffen, was hoffnungslos war. Die Köchin spürte, wie Salomon sie an den Schultern nahm und sah auf.

Mit ruhiger Stimme antwortete er: „Lass’ einen Mann nicht dein Glück bestimmen – Dafür bist du selbst verantwortlich.“ Er lächelte und berührte ihren Schweif vorsichtig mit seinen: „Geh’ in dich, dann werden dir deine Gefühle klar sein.“

„In Ordnung.“, Magret musste selbst leicht lächeln, als sie sein Lächeln sah. Dass der erste Satz etwas Selbstironisches hatte, fiel ihr in diesem Moment nicht auf, zu beruhigend waren seine Worte: „Danke…“

„Nichts zu danken!“, Salomon wendete sich von ihr ab: „Ich werde in fünf Tagen wiederkommen und wer weiß, vielleicht hast du ja dann eine Antwort für mich?“ Er zwinkerte ihr zu: „Einen schönen Tag, Fräulein Lily.“

„Bis dann…Salomon.“, mit einen leisen Klicken fiel die Tür ins Schloss. Magret atmete tief ein: Sie wusste, er hatte Recht. Alles, was sie von Ben erwarten konnte, war eine Freundschaft, auch wenn es einen stechenden Schmerz in ihrer Brust hinterließ. Oder war er vielleicht doch im Unrecht? Sie wollte es herausfinden, um sich endgültig sicher zu sein.

Eine halbe Woche verging und Magret und Ben machten einen kleinen Bummel durch das Zentrum der Kleinstadt. Dort befand sich auch der Marktplatz, auf dem Magrets Misere mit den Fürstensohn begann. An jenen Tag war dieser jedoch wie leergefegt, weil kein Markttag war. Ben brauchte noch einige Kleinigkeiten für seine lange Ausbildungsreise, noch dazu musste er seine Jacke von der Schneiderin abholen; er hatte sich der Kälte wegen extra ein zusätzliches Fell einnähen lassen.

Er spürte, dass mit Magret etwas nicht stimmte, schon die ganze Zeit war sie schweigsamer als sonst. War der Abschied in gut drei Tagen so belastend für sie? Auch wenn es gemein war, so fand Ben diese Anhänglichkeit von Magret schon fast süß. Doch wusste er, dass dies nur daher rührte, dass sie in ihm ziemlich verschossen war, und sie an sich eine junge, bodenständige Frau war. Er war sich sicher, lang würde sie ihm nicht nachtrauern. Er wollte ihr dennoch helfen, schließlich war es einer der letzten Tage, die sie zusammen verbringen konnten. Er ihre angenehme Stimme hören konnte.

Ruhig fragte er sie, als die beiden beim Stadtbrunnen standen: „Ist alles in Ordnung?“

„Was? Oh, ja.“, Magret lächelte ihm sanft an: „Ich bin nur etwas in Gedanken.“

„Woran denkst du denn gerade?“, dabei stellte er den schweren Einkaufskorb auf dem Rand des Brunnens ab.

„Ben, ich…“, die junge Animo seufzte und senkte den Kopf: „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll-.“

„Einfach raus damit.“, Ben lehnte sich an den Steinbrunnen: „Sonst nagt es ununterbrochen an dir und das muss es nun wirklich nicht.“

Zögerlich nickte sie: „Ich…Ich habe mich entschieden.“

„Entschieden? Oh-.“, sofort wusste er, worauf sie hinauswollte: Die Sache mit den Fürstensohn. Leicht schluckte er, ehe er weitersprach: „Wie hast du dich entschieden…?“
 

„Ich werde den Antrag annehmen und Salomons Geliebte.“, die Worte kamen aus ihren Mund mit einer gewissen Schwere, sodass sie den Kopf senkte: „Ich wusste nicht, ob ich es dir sagen sollte-“

Sie belog Ben in diesem Moment ein kleines bisschen. Sie war sich immernoch unsicher, doch hatten Salomons Worte ihr die Augen geöffnet. Egal, wie sie sich entschied, Ben würde fortgehen und seinen neusten Traum leben. Er würde eines Tages wieder kommen, und sie irgendwann auch, wenn sie sich für das Geliebtenleben entschied; schließlich hatte jede Frau als Geliebte irgendwann ausgedient. Sie konnten dann immernoch Freunde sein, vielleicht sogar mehr, denn dann waren beide vollkommen erwachsen und standen mit beiden Beinen im Leben. In diesem Augenblick wurde Magret klar, wie wichtig diese Chance war – Wenn sie wirklich mit sich selbst vollkommen im Reinen war und ihre Schwärmerei vergessen konnte, konnte sie Salomons Geliebte werden. Sie würde dann mit einem Mann schlafen, der schon eine gewisse Anziehungskraft auf sie hatte, und ein Leben führen, wovon die meisten nur träumen konnten.

In wenigen Jahren würde sie dann zurück nach Passion gehen und ihre eigene Konditorei eröffnen können. Sie würde Ben vielleicht wiedersehen und sie konnten noch einmal von vorn beginnen. Sie spürte es, in diesem Augenblick war Magret ihrer Entscheidung so nah wie nie zuvor in den vergangen Wochen.
 

„Nein, tu das nicht!“, plötzlich wurde Magret von Bens Worten aus ihrer Gedankenwelt gerissen.

Was…?“ Etwas irritiert sah sie ihm daraufhin an: Hatte sie gerade richtig gehört?

„Magret, werde nicht die Geliebte von Fürst Salomon.“ Ben berührte sie an den Schultern und sah ihr in die Augen: „Ich bitte dich, du hast besseres verdient.“

Die junge Frau sah ihren Freund direkt in die Augen: Hatte er nicht gesagt, er würde ihre Entscheidung akzeptieren? Sonst hatte er ihre Gedanken zu Fürst Salomon und dem Geliebten Dasein ziemlich locker genommen, doch nun war er mehr als angespannt und das Dunkelgrün in seinen Augen brannte. Sie erwiderte ruhig: „Aber Ben, es ist eine einmalige Chance für mich.“ Dabei legte sie ihre rechte Hand auf seine Brust. Sein Herz raste förmlich, so lächelte sie, um ihn zu beruhigen: „Es ist lieb, dass du dir Gedanken machst, doch meine Entscheidung steht fest.“

„Das kann nicht dein Ernst sein! Du willst wirklich die Schlampe von diesem Fürstensohn werden?!“

„Ben!“, sie konnte gerade nicht glauben, was sie hörte: Ben hatte sie quasi beleidigt. Noch dazu schien seine lockere Art, mit dem Thema umzugehen, vollkommen verflogen zu sein: Hatte er sie etwa die ganze Zeit belogen? Wie ehrlich war er wirklich zu ihr gewesen, wenn er schon bei einen so wichtigen Thema log?
 

Doch war es auch das, was Magret wollte; sie wollte wissen, ob sie ihm etwas bedeutete, sei es als Freundin oder sogar mehr. War Ben etwa eifersüchtig? Bedeutete sie ihm so viel? Oder machte er sich bloß Sorgen als ihr Freund, Gesprächspartner? Es war eine Charaktereigenschaft, die Magret an ihm so liebte, er tat alles mit einer gewissen Leidenschaft, sei es das Spielen mit Gabby oder die Arbeit auf dem Bau. Es fesselte sie immer wieder. Auch in diesen Moment.

Um sich sicher zu sein, wollte sie herausfinden, ob er mehr für sie empfand. So sprach sie es geradewegs aus, ganz gleich, wie gemein es war: „Warum regst du dich nun so darüber auf? Schließlich bestand immer die Möglichkeit dazu, dass ich den Antrag annehme.“

Ben zuckte nervös mit den Ohren und kniff die Augen zusammen: „Ich dachte, du würdest ihm nicht annehmen – In meinen Augen bist du viel zu klug für so einen Posten.“

„Oh…“, Magret wurde für eine Sekunde rot, kam das Kompliment doch eher überraschend für sie. Dennoch schüttelte sie den Kopf: „Ben…Es ist meine Entscheidung.“
 

„Das weiß ich, aber-.“, der baldige Fischer schluckte hart. Er konnte es ihr nicht sagen. Er wusste, er würde ihre Zukunft zerstören, wenn er es ihr sagte. Dennoch, dass sie tatsächlich die Geliebte von Fürst Salomon werden würde, verursachte in seiner Brust ein brennendes Stechen. Ein unerträgliches Stechen, das mit jeder Sekunde schlimmer zu werden schien. Er konnte nicht sagen, dass er sie mochte. Das ging nicht, denn in drei Nächten würde er fort sein. Er würde sie alleine lassen, sie warten lassen - Bis die Sehnsucht sie womöglich zerfraß und eine vollkommen andere aus ihr machte. Er würde ihr weh tun und darüber hinaus die Chance nehmen, später ihren Traum zu leben. Er würde ihren Traum zerstören, und das alles nur, weil er den Gedanken nicht ertragen konnte, dass ein anderer Mann sie anfasste. Jede einzelne Nacht, wenn dieser es wollte, und doch würde sie in diesen fremden Augen nur ein Gegenstand sein. Nie die Animo, die Ben in ihr sah.

Doch was war Magret für ihn? Das wusste er selber nicht so ganz. Es war ein Dilemma, aus dem der junge Katzen-Animo kein Ausweg finden konnte. Er ließ ihre Schulter los und sah auf. Seine Stimme bebte: „Ich will das nicht!“

„Warum willst du das nicht?!“, Magret sah ihm mit Sorge an, schien Ben doch vollkommen irrational zu reagieren – Hatte sie es etwa übertrieben?

„Das brauchst du nicht wissen, vertraue mir einfach.“, erwiderte Ben und nahm ihre Hand: „Wenn du mich wirklich so liebst, wie du immer sagst, dann wirst du seinen Antrag nicht annehmen.“

„Was?!“, Magret sah ihren Schwarm fassungslos an: „Du kannst doch nicht einfach ohne logische Erklärung über meinen nächsten Lebensabschnitt entscheiden!“

„Manche Dinge brauchen keine Erklärung, verdammt!“

„Nein-.“, sie schüttelte den Kopf und riss ihre Hand aus seiner: „Es tut mir Leid Ben, aber ich werde Salomons Antrag annehmen- Wenn du mir nicht einmal erklären kannst, warum dir das so missfällt, braucht es dich auch nicht zu interessieren!“ Sie atmete tief ein: „Beruhige dich erstmal-“, dem fügte sie ein leises „Leb’ wohl.“ hinzu, ehe sie sich von ihm abwendete.

„Magret, Warte!“, Ben wollte ihre Hand noch greifen, doch war sie einen Katzensprung schneller und lief die einzige Hauptstraße entlang. Tief seufzend ging er sich durch die Haare: Er hatte es verbockt. Er konnte es nur verbocken, doch wollte er, dass sie glücklich ist. So musste er akzeptieren, dass Magret eine Geliebte wurde und konnte nur hoffen, er hatte sie als Freundin nicht verloren. Vielleicht hatte sie Recht, vielleicht musste er sich erst einmal beruhigen und sich vollkommen klar werden, was Magret für ihn war, was sie werden konnte und was sie nie sein würde.
 


 

Wie versprochen kam Salomon fünf Tage nach seinen letzten Besuch zum Haus der Familie Lily. Es war ein regnerischer Morgen, sodass er in seinem Umhang gehüllt die Türschwelle betrat und die Klingel betätigte. Immer, wenn das Läuten der vielen verschiedenen Glocken ertönte, schlug sein Herz für einen Augenblick schneller, denn gleich würde er sie sehen - Die perfekte Geliebte, die es noch zu erobern galt. Stets hatte sie ein Lächeln auf den Lippen, wenn sie ihn an der Tür begrüßte. Selbst wenn er ihr manchmal auf die Nerven ging mit seinen Besuchen, so war sie doch immer auf eine Art und Weise freundlich, die nicht übertrieben war oder künstlich wirkte.

Doch dieses Mal war es anders – Nur zögerlich ging die Tür auf und im nicht allzu großen Spalt konnte er Magret erkennen: Sie war in einer Decke gehüllt. Ihre langen schwarzen Haare waren durcheinander und ihre Augen waren rot umrandet. Hatte sie geweint? Oder nächtelang nicht geschlafen? Doch vor allem fehlte das Lächeln auf ihren Lippen. Leise sagte sie: „Hallo…Salomon.“

„Oh Magret.“, er beugte sich zu ihr herunter, um sie besser betrachten zu können: „Bist du krank? Soll ich wieder gehen?“ Sanft legte er seine linke Hand auf ihren Kopf und streichelte sie vorsichtig, da schüttelte Magret den Kopf: „Nein, ich bin nicht krank, ich bin nur etwas…durcheinander, wenn man es so will.“

„Möchtest du darüber reden?“, Salomons Stimme war gefüllt von Sorge, sah sie denn so schrecklich aus? Magret öffnete die Tür ganz, ehe sie ihm antwortete: „Ich glaube, das interessiert dich nicht…Möchtest du reinkommen? Sonst wirst du krank.“

„Warum sollte das mich nicht interessieren?“, Salomon bekam ein breites Grinsen: „Schließlich sind es die Gefühle einer schönen Frau.“ Er folgte ihr langsam ins Wohnzimmer: „Vielen Dank, das ist nett von dir!“ Er befreite sich aus seinem Umhang und hängte ihm an einen der Huthaken. Dann setzte er sich ihr gegenüber in den Sessel, während Magret auf dem Sofa Platz genommen hatte.

Es war schon seit gut zwei Tagen ihr Quartier; es hatte sie sehr mitgenommen, dass Ben ihr nicht erklären konnte, weshalb er nicht wollte, dass sie Salomons Geliebte wurde. Sie wusste nun, in ihm ruhten Gefühle für sie. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als das er sie aussprach oder in einer Tat umsetzte. Doch war Ben bislang nicht gekommen und in zwei Tagen würde er vollkommen aus ihren Leben verschwinden. Reumütig zu ihm zurückzukehren konnte sie jedoch auch nicht, schließlich hatte sie an sich nichts falsch gemacht.

War es zu viel verlangt? Alles, was sie wollte, war ein…

„Weil ich dich gerne hab.“

Oder „ich will meine freie Zeit mit dir verbringen.“,

„.Ich will dich als Freundin nicht verlieren.“,

„Du bist mir wichtig.“

„Ich brauche dich.“

Es gab so viele Dinge, die er hätte sagen können, sodass sie beruhigt gewesen wäre. Doch kam nur ein „Ich will das nicht.“ von seinen Lippen, ohne jegliche Erklärung. Für einen rational denkenden Animo mehr als armselig. Sie ließ den Kopf sinken, da strich Salomon ihr sanft über die Wange - Leicht erschreckte sie sich, hatte sie doch nicht gemerkt, dass er aufgestanden war: „Magret, bitte lass’ mich wissen, was dich beschäftigt – Ich ertrage diesen Anblick nicht.“ Seine sonst vor Fröhlichkeit strahlenden Augen waren nun tiefbraun, kein Funke sprang in ihnen. Sie seufzte und drehte den Kopf zur Seite: „Ich habe versucht, herauszufinden, ob Ben mich nur als Zeitvertreib brauchte oder etwas für mich empfindet.“

„Anscheinend lief das Ganze nicht so gut aus, hm?“

Die Köchin schüttelte den Kopf: „Er will nicht, dass ich deine Geliebte werde, aber er kann mir nicht sagen, wieso. Ich habe die Hoffnung, wenn ich ihm meide, gibt er sich noch einen Ruck-.“, sie kniff die Augen zusammen: „Doch anscheinend bin ich ihn nicht so wichtig, dass er das noch aus der Welt schaffen will, ehe er übermorgen fährt.“

„Magret…“, Salomon lächelte und drückte sanft ihr rechtes Ohr: „Es sind noch gut zwei Tage, du solltest die Hoffnungen nicht so schnell aufgeben.“

„Nein-.“, in ihr wurde ein Schluchzen laut: „Ben ist jemand, der Unklarheiten schnell beseitigt, er wäre mir sicher nachgelaufen, wenn ich ihm wirklich etwas bedeuten würde.“

„Oh.“, darauf wusste Salomon nicht zu antworten – Vielleicht wollte er es unbewusst auch nicht, schließlich war Ben der Grund, weshalb er seit Wochen keine endgültige Antwort von Magret erhalten hatte.

Indes sprach Magret weiter: „Ich habe mein Herz an jemanden verloren, der mich zwar als Freundin schätzt und sich um mich sorgt, doch wohl niemals zu seinen Gefühlen stehen würde…oder zu mir…“, die letzten Worte sprach sie leise aus.

Salomon betrachtete die junge Frau vor sich genau: Das, was Ben gesagt hatte, musste sie schwer getroffen haben. Vielleicht wurde ihr jedoch auch nur in diesem Augenblick etwas klar, was sie stets versucht hatte, auszublenden. Was es auch war, es schien sich durch ihren ganzen Körper zu ziehen, denn die schöne, junge Frau, die sich seinen Wort widersetzt hatte, um ihre Freundin zu beschützen, wirkte in jenem Moment zerbrechlich wie Porzellan. Vorsichtig setzte sich Salomon neben Magret und umarmte sie: „Sieh das nicht so schwarz, er hat sicher seine Gründe, wenn auch idiotische.“ Sanft drückte er seine Nase an ihren Kopf, nahm ihren lieblichen Geruch auf, strich ihr durchs Haar: „Doch er hat dich nicht verdient, wenn er deine Gefühle nicht erwidert.“ Dann schnurrte er, leise.

Salomons Worte klangen dieses Mal wie Balsam für Magret. Er hatte Recht – Wenn Ben nicht einmal den Mut aufwies, ihr zu sagen, was er auf freundschaftlicher Basis für sie empfand, so war er ihre Liebe nicht wert. Es schmerzte. Wie sehr wünschte sich Magret nur, er hätte gesagt, er sei schwierig oder mit seinen Gefühlen etwas ungeschickt. Dann hätte sie ihm verzeihen können. Doch jetzt…Sie sah zu Salomon auf und meinte leise: „Danke.“ Zum Glück war niemand zuhause, denn dass sich die jüngere Lily-Tochter an einen fast Fremden ausweinte, war doch ein seltsames Bild. Ramona hätte sicher ein unsinniger Kommentar gegeben. Sie spürte, wie Salomon ihre beiden Hände in seine nahm und ihre langen Finger vorsichtig streichelte: „Magret Lily…“, seine Stimme war ruhig und voller Wärme: „…Ich verspreche dir bei allen 14 Königreichen von Palooza, ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit du Ben und diese verwirrenden Gefühle vergisst. Nur, bitte, werde meine Geliebte.“ Salomon sah sie tief mit seinen Augen an: Sie spiegelten seinen Wunsch, Magret bei sich zu haben, und die Sorge um sie vollkommen wieder. Das immerzu freundliche Leuchten war hingegen nahezu untergegangen, nur hier und da kam ein Funken zum Vorschein, für den Bruchteil einer Sekunde.

Die junge Birma-Animo verlor sich für einen Moment in ihnen, ehe sie leicht den Kopf senkte: Sollte sie es wirklich tun? Andererseits: Was hatte sie schon zu verlieren? Sie stand vor einen neuen Lebensabschnitt und der Mann, für den ihr Herz schlug, gab es möglicherweise gar nicht. Ben war wohl wirklich nur eine Schwärmerei und ihr Herz hatte ihm wohl mehr angedichtet, als sie jemals zugeben wollte. Er würde höchstwahrscheinlich nie ihre Gefühle teilen.

So sah die junge Katzen-Animo auf und lächelte den Fürsten an: „Ja, Salomon, ich will deine Geliebte sein.“

Plötzlich musste sie lachen, denn der Fürstensohn umarmte sie daraufhin stürmisch, sodass beide auf die Sitzfläche des Sofas umkippten: „Super! Du weißt gar nicht, wie glücklich mich das macht!“

Doch fing er sich im nächsten Moment wieder und stand vom Sofa auf, um vor ihr auf die Knie zu gehen. Erneut gab er ihr einen Sonnengruß, ehe er sie leicht zu sich zog: „Ich danke dir, Magret Lily.“ Er lächelte und berührte sie sanft am Hals: „Ich werde mein Wort halten, das verspreche ich dir.“

Ehe sich die junge Frau versah, küsste er sie auf dem Mund. Sie schloss die Augen – Der Kuss fühlte sich liebevoll an und war der erste von vielen.
 

Als die Sonne an diesen Tag unterging, betrat ein anderer junger Mann die Türschwelle des Familienhauses. Es handelte sich dabei um niemand anderen als Ben, der in seiner rechten Hand einen Strauß Blumen hatte – Lilien, in verschiedenen Formen und Farben. Bevor er die Türklingel drückte, gab er ein tiefes Seufzen von sich. Er wusste, er konnte Magrets Gefühle nicht erwidern. In keiner einzigen Weise. Er wollte, dass sie glücklich wird, und das konnte sie nur, wenn sie ihren Traum ausleben konnte. Wenn dies bedeutete, dass sie das Lustspielzeug eines anderen werden musste, um sich diesen Traum erfüllen zu können, so musste er das akzeptieren. Tolerieren – Akzeptieren würde er es nie. Dafür war Magret in seinen Augen eine zu kluge und liebevolle Frau. Es schmerzte ihm, dass er ihr nicht sagen konnte, dass er sie mochte. Doch hätte er seinen eigenen, jetzigen Traum aufgeben müssen, wenn er diese drei Worte aussprechen wollte. Mit ihr eine Beziehung beginnen wollte – Denn eine Fernbeziehung war in seinen Augen nur schmerzhaft. Doch ihretwegen seinen Traum aufzugeben, so wusste er, das würde sich Magret selbst nie verzeihen. Schließlich liebte sie es, ihm bei der Arbeit zuzusehen und sie bewunderte ihm sogar dafür, dass er stets selbstbewusst seinen eigenen Weg ging. So war alles, was er konnte, sich bei ihr für die heftige Reaktion zu entschuldigen und sie um Verzeihung zu bitten, auf das sie noch Freunde bleiben konnten. Vielleicht hatte er ja Glück und sie entschied sich doch noch um, sodass er sie in seinen Pausen der Ausbildung sehen konnte.

Wie die Haustür nun aufging, sah er in das Gesicht von Magrets Schwester Ramona, die hämisch grinste: „So so…Der Herr Herzensbrecher traut sich auch einmal hierher – Du bist Ben, stimmts?“

Ben spürte sofort, weshalb sich Magret so gerne über ihre ältere Schwester beschwerte. Ihr Grinsen konnte überhaupt nichts Gutes bedeuten, sicher wollte sie die unbequeme Lage für ihren Vorteil ausnutzen. Er nickte: „Ja, Ben Salis, ich würde gerne zu deiner Schwester Magret.“

Ramona wollte gerade antworten, da wurde sie aus dem Türrahmen geschubst: „Du bist still!“ Er kannte die andere junge Frau, es war die beste Freundin von Magret, Sophie. Die Frau, die ihm nicht ausstehen konnte.

„Hey, ich will die frohe Nachricht verkünden!“, maulte Mona, doch zuckten alle zusammen, als die Mutter nach ihr rief: „Ramona, du kommst sofort hierher!“

„Ach man.“ Ramona warf ihm noch einen letzten Blick zu, ehe sie verschwand.

Erleichtert seufzte Sophie, ehe sie ihre Arme vor der Brust verschränkte: „Was willst du hier, Ben?“

„Ich möchte mit Magret reden – mich entschuldigen.“, der junge Mann fühlte sich wie in einem Kreuzverhör: „Ich weiß, ich habe Mist gebaut, aber ich möchte mit Magret in Reinen sein, ehe ich auf See fahre. Bitte.“

Sophies Mimik veränderte sich trotz seiner Worte überhaupt nicht. Sie blinzelte nur einmal kurz, ehe sie den Kopf schüttelte: „Es tut mir Leid, aber dafür bist du zu spät, sie ist nicht mehr hier.“

„Wie meinst du das?!“, sein Herz begann, schneller zu schlagen.

„Sie wurde heute Morgen von Fürst Salomon abgeholt – Wir sind gerade dabei, ihre Sachen für den Umzug zu packen.“, Sophie wusste von Magrets Versuch, Bens Ehrlichkeit mithilfe einer Notlüge hervorzulocken; dass ihre beste Freundin den Antrag jedoch wirklich so schnell annahm, hatte selbst sie überrascht: „Nanu?“ Leicht legte sie den Kopf schief, denn Bens Gesicht schien wie entgleist: „Du weißt doch, sie wollte den-.“

„Antrag annehmen…Verdammt…“, fügte Ben hinzu - seine Stimme klang in diesem Augenblick kalt und doch voller Schmerz.

Er war zu spät gekommen. Nun konnte er sich nicht einmal von Magret verabschieden. Ihr sagen, dass es ihm leid tat, dass er so ungehalten reagiert hatte. Dass er die gemeinsame Zeit sehr genossen hat, weil er sie mochte. Warum fiel es ihm bloß so schwer, diese Worte zu sagen? Verdammt. Dieses Wort schien in seinen Gedanken zu rotieren: Verdammt. Verdammt. Verdammt. Warum war er nur so ein rationaler Vollidiot gewesen?! Am liebsten hätte er in diesen Moment laut aufgeschrien, doch hielt er sich unter Kontrolle - Ben sah nur noch einmal zu Sophie auf, murmelte ein leises „Danke dir“ und wendete sich ab, um den Heimweg anzutreten.

Magret auf diese Weise, selbst „nur“ als gute Freundin, verloren zu haben, dies konnte er sich niemals verzeihen.

An diesem Nachmittag wurde Magret Teil einer Welt, die nur die wenigsten kannten und dennoch immer wieder von ihr träumten. Das Anwesen der Fürstenfamilie Ophius war gigantisch und schien wie von selbst zu strahlen. Fast konnte sie es nicht glauben - Dieses majestätische Schloss sollte nun für die nächsten Jahre ihr Zuhause sein.

Wie Salomon ihr die Hand reichte, damit sie aus der hohen Kutsche steigen konnte, vergaß sie ihre Manieren, ihn dabei anzusehen. Sie konnte ihren Blick einfach nicht von der neuen Umgebung abwenden: Sie erkannte einen großen Garten, indem unzählige Bäume und Blumen blühten. Sie blühten in den unterschiedlichsten Farben und verströmten dabei einen zarten und doch betörenden Duft in der Luft. Durch den Garten führte einerseits eine sandige Straße für die Kutschen, doch waren dort auch feine Kieselwege, die sich immer mehr in der Tiefe des Gartens verloren.

Noch dazu befand sich innerhalb des Gartens ein eingezäunter Bereich. Es schien so eine Art Trainingsanlage zu sein, denn dort standen Zielscheiben und Puppen aus Holz, die schon ziemlich ramponiert aussahen. Der dichte Rasen musste einem Sandboden weichen und war an einigen Stellen blutverschmiert.

Hinter dem Schloss befand sich ein Wald, der so tief war, dass er das Licht schon nach wenigen Bäumen verschluckte. Es schien ein Mischwald zu sein, denn zwischen den meterhohen Laubbäumen konnte sie vereinzelt Fichten erkennen. Nur wenige Meter neben dem Schloss befand sich eine helle, freundliche Scheune, deren Höhe die der meisten Familienhäuser übertraf. War es etwa so eine Art überdachter Bauernhof? Es war gut möglich, schließlich musste der Adel auch etwas essen und die Nähe bot nur Vorteile. Vor der Scheune lief ein junger Katzenanimo, der versuchte, die Hühner wieder einzutreiben.

Wie Salomon Magret dabei zusah, wie sie mit ihren hellgrünen Augen alles beobachtete, musste er lächeln: Sie wirkte in diesem Moment wie ein kleines Katzenmädchen, das zum ersten Mal auf dem Jahrmarkt war. Die Augen, die er so liebte, strahlten vor Neugier und trotz Magrets erwachsener Haltung konnte er deutlich spüren, dass sie genau jetzt am liebsten alles erkundigt hätte. So drückte er sanft ihre Hand, die er immer noch hielt, und schmunzelte: „Keine Sorge, wenn du willst, führe ich dich gleich morgen einmal um das ganze Anwesen.“ Dann zog er sie zu sich und schnurrte vergnügt: „Doch gehe erst mal mit den Kammerdamen mit, sie werden dir helfen, ein passendes Kleid für das Bankett auszusuchen.“

„…Bankett?“, Magret wendete sich von der funkelnden Welt ab und sah Salomon verwundert an: „Was denn für ein Bankett?“ In ihren Augen spiegelte sich die Sorge wieder, dass sie in einem falschen Moment auf dem Anwesen eingetroffen war: „Darf ich daran überhaupt teilnehmen…?“

Doch grinste Salomon nur zufrieden, ehe er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Hand gab und sie leicht in die Richtung zweier junger Damen schubste, die ähnlich angezogen waren: „Klar darfst du das! Schließlich wird es dir zu Ehren veranstaltet!“

„Wa-Was?!“, mehr als überrascht sah Magret den Fürstensohn an, ehe sie von den Kammerdamen an die Hände genommen wurde. Die eine der Damen lächelte sie liebevoll an: „Wie heißen Sie?“

„Magret- Magret Lily.“

„Keine Sorge, Fräulein Lily, es ist ganz normal, dass man für die erste Geliebte eines Fürstenangehörigen ein Bankett veranstaltet.“

„Ja…aber dauert es nicht unheimlich lange, so ein Bankett vorzubereiten?“, vorsichtig stieg Magret die vielen Stufen zum Anwesen hoch; sie glänzten in der Nachmittagssonne angenehm und schienen aus hellen Marmor zu bestehen.

„Sehr richtig – Wir sind schon seit Sonnenaufgang dabei, es vorzubereiten.“, sagte die andere, ohne eine Miene zu verziehen.

„Dann muss er sich wohl sehr sicher gewesen sein, dass ich heute den Antrag annehme…Männer!“, sagte die zukünftige Geliebte daraufhin und konnte nur den Kopf schütteln. Doch erwiderte die erste Dame daraufhin: „Oh~ Das verstehen sie falsch, Fräulein Lily! Fürstensohn Salomon hat dieses Bankett jedes Mal angeordnet, bevor er sich auf den Weg zu Ihnen machte.“

Die Zweite nickte zustimmend: „Wenn Sie den Antrag abgelehnt hatten, haben wir das Essen dennoch gegessen, und die vielen Überreste in den umliegenden Dörfern verteilt – Auf Fürstensohns Salomons Wunsch hin.“

„Oh…“, Magret spürte, wie sie rot wurde: Sie war einerseits peinlich berührt, dass sich die Bediensteten stets solche Mühe ihretwegen machen mussten, doch andererseits auch von Salomons Großzügigkeit überwältigt. Leicht schluckte sie und entschuldigte sich bei den beiden Kammerdamen, doch konnten diese nur lächeln und versicherten ihr, dass sie noch lernen würde, was das Leben einer Geliebten ausmachte.
 

Indes stand Salomon immer noch an derselben Stelle vor dem Anwesen und sah Magret nach. Zufrieden gab er ein Seufzen von sich: Nach langen Wochen war sie endlich sein. Die Frau, die er begehrte, war seine Geliebte und er würde sie nicht so schnell wieder gehen lassen. Für nichts auf der Welt.

Er hatte es ihr versprochen, er würde ihr helfen, Ben und ihre Gefühle seinetwegen zu vergessen. Doch bei ihrer Reaktion auf das Anwesen und die neue Umgebung war er sich sicher, dass dies nicht allzu lange dauern würde.

„Sie ist hier.“, sagte Elias, der zu Salomon gekommen war: „Da werden die Dörfer aber enttäuscht sein, wenn das Festessen ausbleibt.“ Er kratzte sich am Hinterkopf, konnte der Berater doch noch nicht ganz glauben, dass sein Freund am Ende doch Recht behalten hatte: „Du bist wohl ziemlich happy, was?“

„Das kannst du laut sagen!“; Salomon schnurrte und schlug Elias freundschaftlich auf dem Rücken: „Sei doch so gut und sag’ den anderen, wir werden das Bankett hier abhalten.“

„Was? Im Garten?! Aber so etwas wird für normal im Ballsaal abgehalten und das weißt du!“

Salomon nickte zustimmend: „ Ja, das weiß ich – Doch heute ist ein so schöner Tag und Magret kann sich so die Umgebung anschauen.“

Skeptisch zog Elias die Augenbraue hoch, doch schlug er eine seiner Hände keine Sekunde später ins Gesicht: „Ach Salo…“

Er wusste, es war Salomons vollkommener Ernst, den ganzen Ballsaal quasi nach draußen zu verlagern, sodass jeder Bewohner des Anwesen Platz nehmen konnte. Unabhängig davon, dass der Ballsaal der größte Raum des Anwesens war und es allein an die hundert Bedienstete gab – Was sich sein Freund in den Kopf gesetzt hatte, war ihn nur schwer wieder auszureden: „…Du bist unmöglich, das gibt bestimmt Ärger mit deinen Vater.“

„Soll er nur toben, ein Essen an der frischen Luft ist nie falsch.“ Salomon machte eine Handbewegung, als wolle er seinen besten Freund wie ein Huhn scheuchen: „Na los, je früher du allen Bescheid gibst, desto eher können wir anfangen – Ich mache mich solange fertig.“

„Ist gut!“, waren Elias letzten Worte, ehe er die vielen Stufen hoch eilte. Der Fürstensohn lächelte, doch schweifte er mit seinen Blick ab: Ihm war bewusst, dass sein Vater die Idee sicher nicht gut finden würde. Dennoch, seine erste Geliebte war auch ein wichtiger Teil seines Lebens, sodass der regierende Fürst des Katzenreiches nicht allzu böse auf seinen Sprössling sein durfte. Schließlich war es eine wichtige Erfahrung und Teil des Fürstentums. Er konnte nur davon profitieren.
 

Magret fand sich in einem violetten, elegant eingerichteten Zimmer wieder. Sie stand vor einen großen Spiegel mit vergoldeten Rand und leichten Verzierungen; die jüngere der beiden Kammerdamen war gerade dabei, sie zu schminken. Es war ein komisches Gefühl für sie, von oben bis unten bedient zu werden. Würde das nun ein fester Bestandteil ihres Lebens werden? Sie wusste es nicht und traute sich auch nicht, die beiden Kammerdamen danach zu fragen. Was, wenn heute eine Ausnahme war und sie sie damit beleidigen würde? Hinter ihr stand die ältere Kammerdame, die dabei war, ihr den Schmuck anzulegen und dem Kleid den letzten Schliff zu geben: „Okay, wir sind nun fertig, Fräulein Lily.“ Wie die junge Katzen-Animo nun die Augen öffnete, bekam sie zunächst einen kleinen Schrecken und wich instinktiv einen Schritt nach hinten. Sie erkannte sich nicht wieder. Ihre Lippen waren tiefrot und ihre Augen wirkten durch die langen, dichten Wimpern riesig. Leichtes Rouge umspielte ihre Wangen und die Nase. Ihre Haare waren leicht gelockt und fielen ihr mit einem leichten Schimmer vereinzelt ins Gesicht. Um ihren Hals hing eine zierliche Perlenkette, die in Smaragdfarben funkelte und so die Farbe ihrer Augen betonte.

Magret berührte vorsichtig den zarten Seidenstoff ihres Kleides: Es war wunderschön. Jedes kleine Mädchen stellte sich wohl so ihr erstes Ballkleid vor. Das Korsett war weinrot und betonte ihre feminine Figur, sodass ihre Schultern und ihr Dekolleté als erstes ins Auge fielen. Es lief spielerisch in einem ebenso roten Rock, der sich in mehrere Falten auftrennte. Unter diesem Rock befand sich noch ein weiterer, elfenbeinfarbener Unterrock, der unzählige Rüschen warf und nahezu durchsichtig war. Um Magrets Hüfte war ein elfenbeinweißes Samttuch gebunden und sie trug schneeweiße Strümpfe, ihre roten, hochhackigen Schuhe waren mit Rosen besetzt. Mit einen sanften Lächeln sagte die Ältere der Bediensteten: „Das Tuch um ihre Hüften dient als Symbol für ihre Unschuld. Es wird nachher gegen den Reif getauscht.“

„…Reif?“, fragte die baldige Geliebte, ohne ihren Blick vom Spiegel zu wenden.

„Ja, das ist das Symbol für eine Geliebte – Zwar haben wir eine feste Kleiderordnung, doch bei mehreren Geliebten ist es schwierig, sie zu unterscheiden.“

„Oh…Ich verstehe.“

„Sie dürfen sich geehrt fühlen, Fürstensohn Salomon hat in der letzten Zeit viele Anträge von vielen schönen Frauen bekommen – Doch er wollte stets nur sie.“

Magret nickte, war ihr das doch schon längst bewusst. Immer noch von den Anblick überwältigt, senkte sie die Lider, ehe sie leise aufseufzte: Sie war zugegebener weise etwas nervös, war es doch ihre erste, adlige Veranstaltung. Würde sie sich angemessen benehmen können? Wie viele Adlige würden kommen? Magret schluckte, denn ihr wurde klar, dass sie wohl auch mit den regierenden Fürsten Talis Ophius, Salomons Vater, essen würde. Sie konnte spüren, wie ihr Herz mit jeder Sekunde heftiger schlug…

„Seien sie unbesorgt, Fräulein Lily.“, die jüngere der Kammerdamen fasste vorsichtig nach Magrets Hand: „So ein Bankett ist nichts anderes als ein großes Essen.“

Die andere nickte zustimmend: „Sie brauchen überhaupt nicht nervös zu sein – Fürst Salomon wird ihnen sicher nicht von der Seite weichen.“ Dann öffnete sie die Tür: „Höchstwahrscheinlich erwartet er sie schon ungeduldig.“
 

Die Kammerdamen hatten Recht – Das Bankett war nicht weniger als ein großes Festessen. Ein wirklich sehr großes: Wie die vielen unterschiedlichen Leckereien vor ihr auf dem meterlangen Tisch standen, wusste Magret nicht, was sie zuerst essen sollte. Salomon half ihr dabei und piekste zunächst ein Stück Gänsebraten auf, ehe er sie anlächelte: „Sag „Ah“!“

Brav gehorchte die Köchin ihm, ehe sie zufrieden schnurrte: „Das ist wirklich gut! Mit Lavendel, richtig?“

Salomon lachte: “Ich weiß es nicht – Unser Chefkoch verrät die meisten seiner Rezepte nicht, er lebt für das Kochen!“

„Es schmeckt auf jeden Fall sehr gut…“, leise fügte Magret hinzu: „Ich wünschte, ich könnte ihm mal über die Schulter schauen…“

Salomon musste lächeln: „Da lässt sich sicher etwas einrichten.“ Dann piekte er mit seiner Gabel eine Olive auf und ließ sie in seinem Mund verschwinden.

Die junge Katzen-Animo nahm ihre Gabel in die Hand und piekste ebenfalls etwas Neues auf, ehe sie ihren Blick auf die leeren Plätze ihnen gegenüber richtete. „Ehm…“, Sie wusste nicht so ganz, wie sie den Fürstensohn ansprechen sollte, schließlich waren sie nun am Hofe: „Fürst Salomon, wo sind der Fürst und die Fürstin?“

„Du meinst meine Eltern? Vater ist auf dem Hügel der Union, um ein neues Gesetz zu verabschieden. Wie gewöhnlich weicht meine Mutter ihm nicht von der Seite.“ Salomon zuckte gelassen mit den Schultern: „Du wirst sie noch früh genug kennenlernen, kannst es eigentlich gar nicht vermeiden – Als meine einzige Geliebte wirst du mich bei den meisten Dingen begleiten, wie Parlamentsfesten oder den Banketten bei Herzögen.“

„Oh…“, Magret sah den Fürstensohn fasziniert an. Anscheinend hatte eine Geliebte mehr Verpflichtungen, als sie vermutet hatte. Sie diente nicht nur, um den Fürst zu körperlich befriedigen und ihm zu unterhalten. Sie war auch eine Begleiterin – Natürlich nur solange, wie der Fürst seine zukünftige Partnerin fürs Leben kennenlernte. Als die Köchin doch daran dachte, dass manche Fürsten einen ganzen Harem an Frauen als Geliebten hatten, wurde ihr mulmig zumute: Hieß das etwa, die Fürsten konnten sich dementsprechend die richtige Geliebte für den richtigen Moment aussuchen? Als wären sie ein Accessoire? Was war das doch für eine widerliche Vorstellung…

In diesem Augenblick hätte sie Salomon am liebsten mit unzähligen Fragen durchbohrt, doch der Fürstensohn sprach weiter: „Dieses Bankett ist bloß Tradition und ich wollte es so schnell wie möglich hinter mich haben.“

Er lächelte sie an und strich mit seiner linken Hand über ihre Wange: „Schließlich habe ich solange darauf gewartet, dich bei mir zu haben. Ich werde nicht auch noch Tage damit verschwenden, dass Vater und Mutter zurück sind und dich erst dann offiziell zu meiner Geliebten machen.“ Er fügte hinzu: “Nachher läufst du mir noch weg!“, dann folgte ein Lachen. Schnell legte er die Gabel beiseite und reichte ihr die Hand: „Erweist du mir die Ehre, Magret?“
 

Die junge Katzenanimo sah ihm in seine bernsteinfarbenen Augen, ehe sie sanft nickte. Schließlich hatte sie ihm schon längst zugestimmt - Ihre Entscheidung stand fest. Das, was nun folgte, war nur eine Notwendigkeit. Ein traditionelles Schauspiel, nichts weiter. Dennoch schlug ihr Herz in diesem Augenblick einen Satz höher. Vorsichtig legte sie ihre Hand in seine und ließ sich hochziehen. Salomon nickte darauf seinen besten Freund Elias zu: Der Berater erhob sich ebenfalls, mit seinen Glas Wein und einen kleinen Löffel. Während Elias mit den Löffel gegen das Glas schlug, als wolle er einen Toast ausbringen, führte der Fürstensohn seine Geliebte in die Mitte des Rasens, sodass alle Anwesenden sie sehen konnten.

Er atmete tief ein und wartete, bis es vollkommen still war. Nur noch der Wind war sanft in den Kronen der umliegenden Bäume zu hören. Dann sagte er: „Magret Lily…Bei allen vierzehn Königreichen von Palooza und den unsterblichen Sternen am Horizont, du bist die, die ich begehre.“ Leise setzte ein Violinenspiel ein – Es schien im ersten Moment fröhlich, doch der Nachklang war leise und schwermütig. Salomon verengte kurz den Blick, hatte er das traditionelle Violinenspiel doch zuletzt vor mehr als zehn Jahren gehört. Es war ihm, als wäre den Fürsten stets bewusst gewesen, dass sie das Leben der Animo zum Teil zerstörten, die sie als Geliebten gewählt hatten. Die meisten wurden natürlich aus freien Stücken zu Geliebten, dennoch, es gab auch Fürsten, die nahmen sich einfach, was sie wollten. Noch dazu hatten die jungen Frauen und Männer mit Vorurteilen zu kämpfen. Schrecklichen Vorurteilen…Das wollte Salomon nicht. Er wollte Magret, keine Frage, doch gleichzeitig wollte er ihr ein wundervolles Leben bieten, dafür, dass sie mit ihm diese intime und zugleich unvollständige Beziehung einging…Dieses Violinenspiel war wie eine offene Lüge. Der fröhliche Part überspielte die Härte des Geliebten-Daseins.

Behutsam packte der Fürstensohn Magret an den weißen Seidentuch, dass um ihre Hüften hing, und zog sie zu sich: „Du wirst meine Geliebte sein und mir deine Unschuld darbieten, auf das wir eins werden.“ Er zog mit einer heftigen Handbewegung das Seidentuch ab und warf es zu Boden: „Hast du das verstanden…?! So reiche mir deinen linken Arm.“

Magret sah Salomon daraufhin eine Sekunde an – Diese fordernden Worte hatte er emotionslos gesagt. Wie auswendig gelernt. Anscheinend gehörten sie ebenfalls zur Zeremonie, sie passten auch nicht zu der freundlichen Art des Fürstensohnes. Kurz nickte sie und reichte dann ihm ihren linken Unterarm: „Ich werde deine Geliebte sein, Fürst Salomon.“

Der Fürstensohn zog daraufhin aus seiner Samtweste einen schmalen Reif: Er war vollkommen silbern und besaß eine etwas größere Plakette, auf dem ihr Name in geschnörkelter Schrift eingraviert war. Vorsichtig legte er Magret ihm an und sah ihr dabei tief in die Augen: „So sei es dann. Diese Verbindung mag niemand trennen, nicht einmal der Tod.“ In der nächsten Sekunde hob der Fürstensohn Magret hoch, sodass sie auf quietschen musste, und gab ihr einen langen Kuss auf die Lippen. Die junge Katzenfrau spürte, wie ihr die Schamröte ins Gesicht stieg, küsste er sie doch vor dem gesamten Hof. Dennoch, sie wusste, dies würde ein Teil ihres Lebens sein - Ein Teil jeden Tages der nächsten Jahre. Leise fragte sie sich, ob sie sich je daran gewöhnen würde, auch wenn Salomon kein schlechter Küsser war.
 

Wie Salomon sie wieder nach unten gesetzt hatte, lächelte er und gab ihr einen weiteren Kuss auf die Wange: „Ich werde heute Nacht-“

Weiter konnte Salomon nicht sprechen, denn es waren laute Schreie zu hören. Verwundert sah er auf: Es handelte sich dabei um die Wachen, die am Tor des Eingangs standen: „Haltet ihn!“

„Du hast hier keinen Zutritt!“, die beiden Wachen taten sich schwer, mit ihren Waffen den Eindringling zu verfolgen, der einige Meter vor ihnen lief, geradewegs auf das Garten-Bankett zu.

„…Ben?“, Salomon sprach seinen Namen als erstes aus und zog dabei eine Augenbraue nach oben: Anscheinend wollte der Fischer sich doch noch bei Magret entschuldigen. Warum sollte er sonst in das Anwesen des Katzenfürsten einbrechen und sein Leben riskieren? Dennoch, es war zu spät, seine Liebste zu holen – Schließlich war sie gerade eben die Geliebte von ihm geworden.

„…Ben!“, mehr als überrascht sah Magret ihm an, als der grauhaarige Katzen-Animo vor den beiden zu stehen kam, vollkommen außer Atem: „Ben, was machst du denn hier?! Musst du nicht morgen nach-.“

„Ja-!“, Ben ließ sie nicht aussprechen, anscheinend war er mehr als aufgeregt: „Ja, aber ich musste dir noch sagen, dass es mir Leid tut!“ Er sah Magret mit einen Gesicht an, dass tausend Bände sprach: Er war verletzt und enttäuscht, seine Augen flackerten vor Angst. Seine Katzenohren waren angelegt und auch seine Schnurrhaare zuckten nervös. Ob es an ihr lag, oder an seinen Verhalten, das wussten weder Magret noch Ben selbst so genau. Atemlos sprach er weiter: „Magret, vergib mir, dass ich so ein verdammter Idiot war! Bitte, komm mit mir-.“, es folgte eine kleine Pause: „Ich- Ich brauche dich.“

„Ben-.“, mehr konnte Magret nicht sagen, denn sie war gerührt. Der rationale Katzenanimo, in dem sie solange verliebt war, hatte den weiten Weg auf sich genommen, um sich bei ihr zu entschuldigen. Er hatte sich in Gefahr gebracht, nur um sie zu sehen, und war über seinen Schatten gesprungen. So stand er vor ihr und war vollkommen ehrlich, ohne jeden lästigen rationalen Gedanken. Seine Gefühle sprachen nun zu ihr. Das war alles, was sie sich je von ihm gewünscht hatte. Dennoch, es war zu spät.

Mit einen leichten Schmunzeln umfasste Salomon Magrets Hüfte und lächelte Ben an: „Tut mir Leid, aber du kommst zu spät – Sie ist nun offiziell meine Geliebte und ich gebe sie auch nicht so schnell wieder her.“ Im nächsten Moment kamen auch die Wachen an, doch gab Salomon mit einen kurzen Kopfschütteln den Befehl, den Eindringling nicht zu ergreifen, als wolle er sagen „noch nicht.“
 

Ben schluckte hart und sah fragend zu Magret, doch nickte diese nur zustimmend. Wieder schossen ihn einige Flüche im Kopf herum, denn die weite Reise war umsonst gewesen. Es war alles aus und vorbei, und das nur, weil er die Logik über seine Gefühle für Magret gestellt hatte. Wie aus einem Reflex ballte er eine Faust und senkte den Kopf: Am liebsten hätte er den Fürsten in diesem Moment eine harte Rechte verpasst und wäre mit Magret durchgebrannt, verschwunden, doch hatte dies keinen Sinn. Er würde mit Sicherheit seinem Kopf verlieren und vielleicht rächte sich der ach-so-freundliche Fürstensohn an seiner Geliebten. Nein, Magret durfte nichts geschehen. Der Fischer hatte sich schon einmal vollkommen wie ein Idiot genommen, nun durfte er sich nicht von seinen Gefühlen fehlleiten lassen. Sonst hätte er auf ganzer Linie versagt.

Immerhin konnte er Magret endlich sagen, was er für sie empfand. Er musste nicht mit dieser Last leben. Doch zu wissen, dass er die letzte Chance vertan hatte, mit Magret auch in den nächsten Jahren zusammen zu sein, brannte in seinem ganzen Körper wie Feuer. Würde sie nach ihrem Geliebten-Dasein noch dieselbe sein? Es war genauso ungewiss wie die Zukunft an sich. Vorsichtig hob er erneut den Kopf: „Wehe dir, du machst sie nicht glücklich.“

Salomons Gesicht zierte ein Grinsen und er umarmte Magret vorsichtig: „Keine Sorge, das werde ich – Schließlich habe ich gleich erkannt, was ich an sie habe.“

Ben fauchte auf: „Du Verdammter-.“, da packten ihm die Wachen und zerrten ihm Richtung Tor, In seiner Verzweiflung rief er ihr nach: „Magret, pass’ auf dich auf!“

Magret nickte und formte mit ihren Händen ein Rohr: „Du auch Ben! Viel Glück bei deiner Ausbildung!“ Dann seufzte sie und ließ zu, dass die Wachen ihren Schwarm vom Anwesen brachten. Sie wendete ihren Blick nicht ab und doch wusste sie, es war das einzig richtige. Schließlich konnte sie nicht mit ihm zusammen sein, auch wenn er sie mochte. Sie hatten beide ein neues Leben vor sich. Ein Leben, was keinen Platz für den anderen zuließ.

Da spürte sie, wie Salomons Hände von ihren Körper glitten. Vorsichtig beugte er sich zu ihr herunter und flüsterte: „Lauf ihm nach, doch komme vor Sonnenuntergang zurück.“ Magret sah mehr als verwundert zum Fürstensohn auf, doch dieser lächelte nur: „Sei nicht so überrascht, ich weiß doch, du magst ihm. Du bist doch nicht mein Eigentum oder so etwas.“ Er zwinkerte ihr zu: „Doch glaube es mir, so eine Fernbeziehung ist zum Scheitern verdammt, die funktionieren nie.“

Im nächsten Moment fiel Magret ihren Partner um den Hals, den Tränen nahe: „Danke-! Danke Salomon! Das vergesse ich dir nie!“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange, dann nahm sie ihre Beinen in die Hand und lief Richtung Tor: Sie musste sich beeilen, wenn sie Ben noch erwischen wollte.
 

Der Fürstensohn sah ihr dabei nur mit einen Lächeln nach. Zwar konnte er sein Versprechen an Magret, dass sie ihre Gefühle für Ben vergisst, nicht einhalten. Schließlich waren sie in diesem Augenblick wohl so stark wie nie. Doch er hatte sein Ziel erreicht: Sie war seine Geliebte und sie würde eine einzigartige Bindung mit ihm eingehen, die Ben für immer fremd sein würde. Alleine das war für Salomon Grund genug, vollkommen glücklich zu sein und er freute sich schon auf die Zeit mit Magret, die Ben nicht haben würde. Der Fürstensohn drehte sich zu seinem Hofstaat um, der sich die ganze Zeit über relativ ruhig verhalten hatte. Zu spannend war dieser Augenblick gewesen, prallten doch gewissermaßen Magrets neues und ihr altes Leben aufeinander.

Der Löwen-Animo klatschte in die Hände: „Na kommt, der Abend ist noch jung und meine Geliebte kommt gleich zurück, also feiern wir!“ Er gab’ den Musikern ein Handzeichen: „Spielt mir etwas Fröhliches! Magret soll sich hier wie zuhause fühlen!“

Salomon setzte sich neben Elias, der ihm wiederum nur trocken ansah: „Du bist zu nett für diese Welt, Salo.“

„Findest du?“

„Wenn dein Vater davon erfährt…“

„…wird er mich für das Garten-Bankett wohl wirklich anschnauzen, da hast du Recht.“ Der baldige Fürst griff nach seinem Weinglas: „Doch dafür, dass ich meine Geliebte wie eine Animo behandele, und nicht wie ein Lustobjekt ohne eigenen Willen, dagegen kann er nichts sagen.“

„Ich hoffe es.“, der Berater seufzte: „Dennoch, du bist wirklich viel zu nett, ich werde als dein Berater später viel zu tun haben, fürchte ich.“

Daraufhin konnte Salomon nur lachen.
 

Indes lief Magret den langen Weg, der vom Anwesen der Fürstenfamilie Ophius führte, entlang. Zumindest versuchte sie es, doch es war schwer, in dem Abendkleid zu laufen, ohne es dabei nicht zu zerreißen. Atemlos blieb sie für einen Moment stehen und rief Bens Namen; sie konnte ihn sehen, doch war er viel zu weit weg.

„Ben! Bitte warte doch!“

Hörte er sie etwa nicht? War sie etwa so außer Atem? Oder wollte er sie sogar nicht hören und ignorierte sie? Wieder nahm sie die Beine in die Hand und begann, zu laufen. Dabei rief sie erneut seinen Namen und tatsächlich blieb er stehen. Er drehte sich langsam zu ihr um und kam ihr sogar ein Stück entgegen: „Ben!“

Überglücklich, ihn noch erreicht zu haben, umarmte sie ihn und begann zu schnurren. Sie legte ihre schwarzen Katzenohren an und sagte: „Ein Glück, du bist stehen geblieben!“
 

Der Katzen-Animo erwiderte ihre Umarmung nicht, obwohl er hätte glücklich sein müssen, dass die Frau, die er mochte, ihn nachgelaufen war. Nein, das war eine Lüge – Er mochte Magret nicht nur, er liebte sie, auch wenn seine Liebe zu ihr noch sehr schwach war. Doch sie in den Armen des Fürstensohnes zu sehen, allein das hatte ihn zutiefst verletzt. Er gab seiner aufblühenden Liebe zu ihr keine Chance - Schließlich gehörte sie jetzt jemand anderes. Leise flüsterte er: „Beruhige dich erst einmal und sag’ mir dann, was du willst.“

Magret nickte und atmete einmal kurz ein, ehe sie ihm in die dunkelgrünen Augen sah: „Ben, ich liebe dich, nur dich.“

Ben lächelte daraufhin, doch war es kein erleichtertes Lächeln: „So, du liebst mich also- Warum hast du dann den Antrag angenommen?“

„Weil- weil ich dachte, dass du meine Gefühle nicht erwiderst!“, Magret krallte sich an Bens Hemd fest: „Du warst auch nicht gekommen, um dich nach deinen Ausbruch zu entschuldigen und da dachte ich, ich sei dir einfach nicht wichtig…“, leise fügte sie hinzu: „Nur eine Bekanntschaft…“

„Wenn du mir nicht wichtig gewesen wärst, hätte ich dann soviel Zeit mit dir verbracht?“, vorsichtig legte Ben seine Hand auf ihren Kopf und strich ihr durchs Haar: „Ich habe in den letzten Wochen mit dir mehr Zeit verbracht als mit jeden anderen Animo.“ Er seufzte, denn die junge Frau schien sich langsam aufzulösen, im letzten Licht des Tages deuteten sich ihre Tränen an. Anscheinend hatte er ihre Gefühle für ihn, die solange an ihr genagt hatten, wieder geweckt: „Ich gebe zu, ich hätte offener zu dir sein sollen, doch ich wollte dich nicht verletzten – Morgen werde ich für ein halbes Jahr auf See sein, ich wollte nicht, dass du vor Sehnsucht zergehst…“

Da sah Magret ihn mit einen traurigen Lächeln an, ehe sie ihn fester umarmte: „Ach Ben…Wir waren beides ziemliche Idioten.“

„Magret…“, er flüsterte ihren Namen leise und umarmte sie vorsichtig. Mit einem tiefen Zug nahm er ihren Geruch auf, er war wie Geborgenheit in Duftform, obwohl er sich mit den Geruch des Adels vermischte. Sie hatte Recht: Die beiden waren Idioten gewesen, doch glaubte er immer noch, dass er der Größere der beiden war. Sanft berührte er mit seinen Fingern ihren Hals, ehe er halblaut sagte: „…Ich mag dich mehr als jeden anderen Animo, den ich in meinen ganzen Leben getroffen habe…Ich brauche dich wirklich.“

„Ich brauche dich auch.“, Magret lächelte und sie fügte hinzu: „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wenn es sein muss, würde ich auch ein ganzes Jahr auf dich warten.“

Der Fischer seufzte: „Das sagst du jetzt, aber ein halbes Jahr kann verdammt lang sein...Was, wenn ich dich unglücklich mache? Du sollst deine Zeit nicht mit Warten verschwenden, es gibt schließlich nicht nur mich auf der Welt.“

„Sag’ doch so etwas nicht!“, die junge Katzenfrau schlug ihn kurz auf die Brust: „Wir wissen doch gar nicht, wie wir in einen halben Jahr fühlen – Vielleicht entfacht die Distanz unsere Liebe sogar und unsere gemeinsame Zeit wird dafür umso schöner- Oh-.“, sie wurde rot, weil sie merkte, wie kitschig ihre Worte klangen. Doch konnte Ben daraufhin nur schmunzeln: „Du hast Recht- Wollen wir es versuchen?“

„Was versuchen?“, Magret wusste für einen Augenblick nicht, worauf ihr Schwarm hinaus wollte.

„Ich möchte mit dir eine Beziehung eingehen.“, vorsichtig strich er ihr unters Kinn: „Auch wenn wir uns die meiste Zeit nicht sehen können.“

Magrets hellgrüne Augen weiteten sich vor Glück, doch stotterte sie: „B-Ben-! Was…Was ist mit Salomon?! Wenn ich-“

Ben hatte einen seiner Finger auf ihre Lippen gelegt: „Das können wir nicht ändern, ich möchte dich auch nicht in Gefahr bringen.“ Mit leicht scharfen Unterton fügte er hinzu: „Versuche gar nicht, diesen Geliebtenvertrag irgendwie aufbrechen zu wollen-! Man weiß nie, wie diese Adligen so ticken!“ Dann lehnte er seine Stirn an ihre und schnurrte: „Ich…vertraue dir, ganz. Schließlich hast du mir deine tiefsten Gefühle geschenkt, was will ich mehr?“

Magrets Augen füllten sich mit Tränen: Obwohl sie eine Fernbeziehung mit ihm führen musste, hatte Ben endlich ihre Gefühle erwidert. In diesem Augenblick schien es ihr, als wäre eine unglaublich schwere Last von ihr gegangen, als wären die Ketten, die ihr Herz festhielten, endlich verschwunden. Ohne ein weiteres Wort drückte sie ihm einen Kuss auf die Lippen auf, sodass der Fischer seine Freundin noch inniger umarmte. Leise flüsterte er: „Ich werde jeden Tag an dich denken, versprochen.“

Magret liefen unzählige Tränen über die Wangen, sodass ihre Schminke verlief. Sie sah ihn tief in seine Augen und sagte leise: „Ich werde auch jeden Tag an dich denken.“

Die beiden wussten, es würde mehr als schwer werden. Nicht nur wegen der Distanz, dass Magret nun eine Geliebte war, erleichterte ihr Zusammensein keineswegs.

Dennoch, sie wollten es zumindest versuchen. Schließlich war es in der paloozianischen Geschichte Geliebten nie verboten worden, eine Beziehung außerhalb des Fürstenanwesens zu führen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Ireilas
2012-10-15T18:47:57+00:00 15.10.2012 20:47
Koooooooooooooommmiiiiiiiii! :D
*mit Yne wink*

Also anfangs sah es ja irgendwie so aus, als würde sich Magret mit der Zeit schon noch einleben können, in das "adelige" Leben ^^
Auch wenn das Leben einer Geliebte sehr hart klingt o_o
Weißes Band wird heruntergerissen, Reif symbolisiert die Ergebenheit... da kann man froh sein, sich in Salomons Hände zu befinden xD°

Ich dachte schon, es wird so typisch wie bei Filmhochzeiten, wo die "wahre Liebe" noch im letzten Moment in die Zeremonie reinplatzt und "nicht schuldig!" ruft- achso, Moment... "Stoppt die Hochzeit!"

Da kam Ben aber sowas von zu spät |D°
Das hat was gutes, aber auch ein echtes Problem.
Zum einen ist Magret nun abgelenkt, während Ben das halbe Jahr von ihr getrennt ist. Auf der anderen Seite muss die Salomon bedienen, egal, ob sie will oder nicht. |D Bzw. vielleicht lässt Salo ihr sogar die Wahl, aber... zwei Männer haben ist sicher etwas unangenehm :/

Ich bin seeehr gespannt, wie es weiter geht! Sie ist einen Vertrag eingehalten und den kann man doch nicht einfach zu brechen, oder? Weder sie, noch Salomon.
Das wird noch sehr interessant. :D

*Keks aus der Schüssel hebt und echte Kekse reintut*

Yne starrt mich an... <<

Tschüü!
Von:  Ireilas
2012-07-05T08:10:37+00:00 05.07.2012 10:10
KOMMI!!

> „Das kann nicht dein Ernst sein! Du willst wirklich die Schlampe von diesem Fürstensohn werden?!“
„Ben!“, sie konnte gerade nicht glauben, was sie hörte: Ben hatte sie quasi beleidigt.

Haha xD
Ja aber, es stimmt doch, oder? Irgendwo ist es die Wahrheit xD

> Sie war in einer Decke gehüllt. Ihre langen schwarzen Haare waren durcheinander und ihre Augen waren rot umrandet. Hatte sie geweint? Oder nächtelang nicht geschlafen? Doch vor allem fehlte das Lächeln auf ihren Lippen.

Ich kann mir die Szene so richtig gut vorstellen - im ersten Moment sogar witzig, dann ernst. :c

> So sah die junge Katzen-Animo auf und lächelte den Fürsten an: „Ja, Salomon, ich will deine Geliebte sein.“
Plötzlich musste sie lachen, denn der Fürstensohn umarmte sie daraufhin stürmisch, sodass beide auf die Sitzfläche des Sofas umkippten: „Super! Du weißt gar nicht, wie glücklich mich das macht!“

DAAWWW... glaube ich xD

> Als die Sonne an diesen Tag unterging, betrat ein anderer junger Mann die Türschwelle des Familienhauses. Es handelte sich dabei um niemand anderen als Ben, der in seiner rechten Hand einen Strauß Blumen hatte – Lilien, in verschiedenen Formen und Farben.

FUUU-
(Das war so klar ><)

> Magret auf diese Weise, selbst „nur“ als gute Freundin, verloren zu haben, dies konnte er sich niemals verzeihen.

Mir tut Ben leid; solche Szenen, so dumme Gründe und Entscheidungen, wegen unterdrückten Wörtern gibt es in real ja wirklich. |D Vielleicht nicht in so extremen ausmaß, doch idiotisch sind sie trotzdem. xD

*Ben patpat* :c

Aber... ob Tracy und Sunny von dem stürmischen Leben ihrer Eltern bescheid wissen? ;D
Das kann ja noch ziemlich spannend werden - irgendwie müssen die zwei sich schließlich finden!
Freu mich aufs nächste Kapitel ^-^
Von:  Ireilas
2012-06-10T16:03:51+00:00 10.06.2012 18:03
NEUS KAPITEL! :D

"In drei Tagen musste sie eine Entscheidung gefällt haben - Wenn sie dann sich noch unsicher war, blieb ihr nur noch, einen vollkommen anderen Weg zu gehen. Sie würde Palooza verlassen. In den Ländern des großen Festlandes versuchen, Fuß zu fassen; schließlich war die paloozianische Küche dort noch vollkommen unbekannt."

Auch eine Möglichkeit, Problemen den Rücken zu zudrehen xD
Vielleicht würde nach zehn Jahren Gras über die Sache gewachsen sein :P
Wobei ein Restaurant mit Animo-Kost sicher was besonderes ist.
Vergiss China-Retaurant, Palooza-Restaurant ist In! :D

"„Oh…Danke.“, kurz schnurrte die junge Frau auf und hasste sich gleich dafür. Dieser Mann machte sie gleichzeitig unbeschreiblich glücklich und todunglücklich. Ein Wechselbad der Gefühle."

Jaja, die Liebe...

"Seine mittellangen grauen Haare schienen seit einiger Zeit nicht geschnitten worden sein, denn sie wuchsen langsam nach allen Seiten. [...]"

Also, am Aussehen kann es nicht wirklich nur liegen. Es sei denn, Magret steht auf harte Arbeiter xD

"Dennoch, sie wollte für ihn nicht nur die Frau sein, „die der Fürstensohn als seine Geliebte wollte“. Der Gedanke verletzte sie, denn ihr Geständnis und ihre Gefühle hatten somit scheinbar keinerlei Bedeutung mehr."

Daww, verstehe ich. D:

"„Ich wollte dir auch den Vorschlag machen, mit mir und Gabby einen Spaziergang zu machen, damit du siehst, wie ich wirklich bin, aber du kochst ja gerade.“
„Willst du zum Essen bleiben!?“"

Haha xD

"Gabby war schon seit jeher Bens Begleiter gewesen, seit seinen zehnten Nimmerstraum besaß er diesen Hund. Es wunderte die junge Frau sehr, dass Ben sonst scheinbar keine Freunde besaß, nur Bekanntschaften, doch lag das vielleicht an seiner rationalen Art"

Na ja, der Hund ist des Menschen- und Tiermenschen bester Freund. :D

"Tatsächlich schienen die Bewohner von Passion zu akzeptieren, dass sie den Antrag abgelehnt hatte, seitdem sie mit Ben unterwegs war, und einige Wochen vergingen."

Diese Variante ist doch noch besser als weg zu reisen und das erste Palooza-Restaurant zu gründen xD

"Er mochte ruhige Streichmusik und Gebäck mit Früchten - Daraufhin begann Magret, ihn jeden Tag ein Blech Muffins mit Fruchtstücken zu backen."

MUFFINS!

"Natürlich konnte Ben die ganzen Muffins nicht alleine essen. Er verteilte sie gerne unter seinen Kollegen und Magret wusste das."

MUFFINS für alle!

"Auf die Tatsache hin, dass Magrets beste Freundin Sophie ihm absolut nicht ausstehen konnte, erwiderte er bloß mit einen Lächeln: „Sie ist wohl in dich verliebt, was?“
Magret konnte darauf nur lächeln, erinnerte es sie doch an ein Geheimnis, welches die beiden Freundinnen teilten."

ö__ö < Mein Blick, als ich diesen Absatz las. xD

"Er brachte ihr Rosen, Schokolade von der feinsten Sorte und Kleider, die mit jeden Mal aufwändiger und teurer wurden."

Hmmm... ich frage mich, ob man das zu seinen Vorteil nutzen kann...
*Hand an Kinn reib*
Ich denke da an so etwas, wie Kleider wieder weiter verkaufen xD

"Nachdem sie einen weiteren Antrag abgelehnt hatte, stapfte sie wütend in das Zimmer ihrer großen Schwester: „Kannst du bitte aufhören, dich in mein Privatleben einzumischen?!“"

Böse Schwester! ò_ó

"„Ich warne dich, hör auf, oder ich sage Mum und Dad, was du gerne in deinen „Überstunden“ so mit den Auszubildenden treibst.“"

°O°

"[...] für gewöhnlich war der Nimmerstraum auch ein Anlass, mit der Familie zusammenzukommen. Doch um sich an die raue Kälte möglichst schnell zu gewöhnen, wurden die jungen Männer zumeist zu diesen Ereignis auf See geschickt."

Die Bräuche und Sitten Paloozas sind in solch einzigartigen Dingen besonders spannend. :D

"„Man sagt, unsere Vorfahren haben den Namen gewählt, weil sie seit je her unbedingt Menschen sein wollten, um von den anderen Völkern akzeptiert zu werden – Wie ein Traum, der nimmer wahr wird.“"

Geil ^^

"Magret nickte und lehnte ihren Stirn an seine Schulter, ehe sie leise sagte: „Du bist mein Nimmerstraum, Ben.“"

Die darauf folgende Szene ist so süß und traurig :')

"In seinen Augen war Fürstensohn Salomon zu aufdringlich, was Magret anging. Schließlich konnte er jede Frau auf dieser großen Insel haben – Warum ausgerechnet Magret? Sie war viel zu klug und liebevoll für den Posten einer Geliebten: „Dann…“"

Hör' ich da etwa Eifersucht heraaus~? ;D

"Was machte er sich bloß vor? Er mochte sie auch, sehr sogar. Sie gab ihm etwas, was ihm sehr lange fehlte."

Oh! Jetzt kommts:

"Ein Gefühl von unbeschwerter Vertrautheit. Sie war eine „wahre Freundin“."

Daw. |D

"Ihr Herz setzte vor Aufregung einen Moment aus, dann berührte er ihren Rücken und drückte sie an sich, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken: „Du kannst manchmal echt niedlich sein.“"

Herrlich beschrieben! xD

"Er wollte, dass Magret aus vollen Stücken seine Geliebte wurde, sie sich ihm vollkommen hingab, ohne jeden Zweifel oder einen Gefühl von Unbehagen."

Ich bin mir nicht sicher, doch wenn sie nach der langen Zeit ihm noch immer nicht "völlig ergeben" war... wird es nie geschehen. xD

"„Lass’ einen Mann nicht dein Glück bestimmen – Dafür bist du selbst verantwortlich.“
„In Ordnung.“, Magret musste selbst leicht lächeln, als sie sein Lächeln sah. Dass der erste Satz etwas Selbstironisches hatte, fiel ihr in diesem Moment nicht auf, zu beruhigend waren seine Worte: „Danke…“"

N' langes Gespräch, was die da führen. Salomon hat am Ende doch ein wenig recht ^^°

---

Sehr interessant, ich bin schon gespannt, wie die Beziehung zwischen den dreien weiter geht. :)
Von:  Ireilas
2012-05-22T15:21:14+00:00 22.05.2012 17:21
Kommi schreib schreib :3

Wiedereinmal sehr gut geschrieben!
Keine Fehler, keine merkwürdigen Sätze! (im Gegensatz zu mir xD)

Wie sich Magret stehts "weigert" - eine Supafrau ^-^
Ohne Liebe macht sowas ja auch gar kein Spaß. Da heißt es "hier, aufm Bett, jetzt!" und du seufzt "Na schön, bitte."
lol

Hier jetzt die Stelle, wo es bei mir geklickt hat:
"Etwas abseits der Stadt stand eine kleine, dunkelblaue Kutsche mit zwei Pferden. Auf dem Kutschbock war eine verzierte Sonne eingraviert, die in gelben und orangen Farben warm leuchtete. Es handelte sich dabei um das Wappen des Königreichs der Katzen, das Zeichen der Fürstenfamilie. In dem Kutschenfenster konnte man rote Vorhänge aus Samt erkennen. Vor der Kutsche stand ein männlicher Katzen-Animo, der seine Zeit anscheinend mit Schnitzen vertrieb. Elias sah auf, als Salomon endlich den Weg hinauf kam: „Wie ist es gelaufen?“

Mein Gedanke war "Oh mein Gott... habe ich gerade den düsteren Spoiler herausgefunden...? O___O"

Mehr dazu in der nächstbesten ENS, wenn du so willst. c:

Freu mich auf weitere Kapitel!
Von:  Ireilas
2012-05-20T10:52:53+00:00 20.05.2012 12:52
Dass du mir nicht gesagt hast, dass da neue Kapitel sind! xD
Du sagtest "Ich schreibe gerade", nicht, dass sie längst oben sind! Schäm dich! xD

Wie immer hast du das geschehen wundervoll eingefangen ^^
Ich war überrascht, um wem sich die Geschichte dreht, ehrlich oo

Bin sehr gespannt, wie sie Ben doch noch für sich gewinnen will; am Ende dachte ich mir, sie kommt mit Salomon zusammen und Ben will typisch Mann "die Frau haben, die er jetzt nicht mehr haben kann" xD
Ahaha, aber das Salo einen Korb kriegt! Obwohl er sich sooo ins Zeug gelegt hat! Wird witzig, weiter zu lesen xD

Supi ^-^


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