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Die Geflügelte Schlange - Aufstieg

* * make love, not war * * - Teil 1
von

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30. Verhandlungen

Der Feldherr der Tetraosi und die beiden Oberbefehlshaber der Verbündeten warteten bereits vor einem der beiden Zelte, die man zwischen dem Lager der Hannaiim und der Stadtmauer von Tetraos aufgestellt hatte. Zwei Ratgeber des Throns waren bestimmt worden, im Namen der Tetraosi zu sprechen und Barida hatte sich deren Gefolge aus Schreibern und Boten angeschlossen, um sich selbst ein Bild von dem neuen Birh-Melack machen zu können. Es war nicht einfach gewesen, den Kriegsrat dazu zu überreden, persönlichen Verhandlungen zuzustimmen. Auch mit dem vorherigen Birh-Melack habe man nur schriftlich verkehrt, die Zusage persönlicher Verhandlungen würde nur unnötige Kosten mit sich bringen. Also hatte Barida schließlich die Opferpriester des Upar-Tempels bestochen, um günstige Vorzeichen für Verhandlungen zu erhalten, denn sie war äußerst neugierig auf den neuen Birh-Melack. Sie wollte den Mann sehen, dem es gelang, eine wilde Söldnermeute, die auf ihren überfälligen Sold wartete, zu zähmen.
 

Sie hatte schon gelegentlich Oshey zu Audienzen empfangen. Sie waren meist wortkarg und recht steif gewesen, wenn auch eigenartig attraktiv mit ihren dunkel geschminkten Augen und der meist schwarzen Kleidung. Einen Osheyprinzen hatte Barida jedoch noch nie gesehen, denn die meisten Oshey, die bis nach Tetraos gelangten, waren Handwerker, Karawanenführer und dergleichen, gelegentlich auch Leibwächter, die dann die langen lackierten Schwertscheiden im Gürtel trugen für ihre ebenso langen Schwerter.
 

Über die Ebene ritten fünf Männer heran, einer von ihnen mit einem auffälligen gelben Helmbusch, der metallene Teil des Helms war jedoch zum größten Teil mit einem bunten Tuch umwickelt. Zwei weitere Reiter trugen ähnlich bunte Turbane und wie bei dem offensichtlichen Anführer flatterten schwarze Mäntel über den langen, weiten Untergewändern. Außerdem war da noch ein Südländer mit einem Raubtierfell über der schwarzhäutigen Schulter und ein Mann mit braunem Turban und braunem Mantel. Sie alle trugen Schwerter an den Seiten aber bis auf den Helm des Birh-Melack waren keine Rüstungsteile zu erkennen. Auf die Entfernung sah zunächst keiner dieser Männer wie ein Oshey aus, doch beim Näherkommen erkannte Barida, daß der Anführer mit dem Helmbusch und die beiden Männer mit bunten Turbanen die Augen schwarz umrandet hatten. Auch die Schwerter dieser drei waren viel länger als die der beiden anderen. Und der Anführer war bartlos, offenbar noch ein Jüngling, anscheinend jünger als ihr eigener Sohn, mit weißen Augenbrauen und außergewöhnlich hellen Augen. Bevor die Männer das Zelt erreicht hatten und abstiegen, ging Barida mit den Schreibern hinein und überließ es ihrem Feldherrn, den Birh-Melack und seine Männer zu begrüßen.
 

Anscheinend war einer der älteren Männer der Wortführer, wohl der Südländer mit dem roten Turban, denn der Sprecher hatte einen hörbaren Südlerakzent und eine tiefe Stimme, die keinem vielleicht vierzehnjährigen Jüngling gehören konnte. Dieser Oshey-Prinz war also nur eine Marionette, die vielleicht von dem vorherigen Birh-Melack bewegt wurde. Etwas enttäuscht setzte Barida sich zwischen die Schreiber, die Kapuze ihres Umgangs so weit über ihr Gesicht gezogen, daß es sicher im Schatten lag, und beobachtete, wie die beiden Verhandlungsparteien am Tisch Platz nahmen. Ein Diener reichte Becher mit aromatisiertem Wasser, die Ankömmlinge tranken schweigend.
 

Und endlich neigte der trotz seiner Jugend schon sehr hochgewachsene Birh-Melack kurz den Kopf vor dem Feldherrn der Tetraosi und sagte: "Herrren, ich heiße Amemna Darrashy und bin derr Birrh-Melack des Söldnerrheerres. Ich möchte euch mich und meine Männerr als Kämpferr für Tetrraos anbieten." Ohne Zweifel hatte er vorhin vor dem Zelt gesprochen. Seine von dem leichten Südlerakzent gefärbte aber sehr angenehme Stimme klang wie die eines erwachsenen Mannes. Das hübsche, völlig bartlose Gesicht paßte aber gar nicht dazu. Bei einem Osheyprinz war es undenkbar, daß er verschnitten war, doch sein Aussehen ließ nur diesen Schluß zu. Barida betrachtete den Birh-Melack mit neuem Interesse. Auch seine Haare, deren Spitzen unter dem tuchumwickelten Helm hervorlugten, waren so weiß wie seine Augenbrauen, aber die Farbe seiner Haut unterschied sich nicht von der seiner Osheybegleiter. Verglichen mit den anderen Männern seiner Delegation, die bis auf einen der Oshey die breiten Schultern von Schwertkämpfern hatten, war der Birh-Melack eher hochgewachsen und schmal, seine Hände sehr schlank. Wie es wohl wäre, von diesen anscheinend kräftigen aber feingliedrigen Händen massiert zu werden, zu spüren, wie sie über den Körper strichen?
 

Der Birh-Melack pries derweil die Tugenden seiner überaus gehorsamen Birh-Mellim, ihre Kampferfahrung und Schlagkraft und verwies auf die intimen Einsichten in den Heeresapparat der Hannaiim, den sie durch ihren früheren Dienst gewonnen hätten und der sich im Kampf gegen Hannai als sehr dienlich erweisen könnte. Gelegentlich wurden seine Angaben durch Zahlen oder knappe Bemerkungen des älteren Oshey neben ihm ergänzt, der sehr kultiviert sprach. Vielleicht war das der vorherige Birh-Melack der Söldner. Er wirkte wie ein Ratgeber oder Lehrer des Jüngeren und hatte die Haltung und Statur eines wahrhaften Kriegers.
 

Auch der Südländer und der fünfte Mann, der offenbar ein Nordstädler war, machten auf Nachfrage Angaben zu den Truppenstärken der Reiter und Fußsoldaten, der dritte Oshey dagegen, ein magerer, neben seinem großgewachsenen Birh-Melack klein wirkender Mann, schwieg, auch wenn er dem Gespräch aufmerksam folgte. Was mochte seine Funktion sein? Der Südländer war offenbar ein Anführer der Reiterei, der Nordstädler ein Anführer der Infantrie, dieser schmächtige Mann aber schien noch nicht einmal ein Kämpfer zu sein, trotz des Schwertes, daß er an seiner Seite trug. Er wirkte eher wie ein vergeistigter Gelehrter.
 

"Wieviel Geld blieben die Hannaiim euren Truppen schuldig?" wollte Baridas Finanzminister wissen, nachdem der Birh-Melack darauf hingewiesen hatte, daß noch Gelder ausstünden, die die Männer natürlich erwarteten, und mit deren Bezahlung man sich ihre Treue sichern könne.
 

Der Berater des Birh-Melack beantwortet die Frage ohne zu zögern. Es war eine stattliche Summe und dazu würde der weitere Unterhalt der 579 Mann starken Truppe kommen. Aber Barida wollte mehr über diesen Birh-Melack wissen, den seine Männer als Halbgott verehrten, nach dem was ihr Spion gesagt hatte; der aussah wie ein hübscher Jüngling aber die Stimme und den Verstand eines erwachsenen Mannes hatte; dessen Wangen mit zarteren Härchen bewachsen waren, als die ihres sechzehnjährigen Sohnes, der aber größer war als die meisten anderen Männer, die nun mit ihm am Tisch saßen. Außerdem wirken die hellgrauen Augen und die weißen Augenbrauen in dem dunklen Gesicht so wunderbar exotisch. Um diesen Birh-Melack zu besitzen, würde Barida das ganze Söldnerheer kaufen müssen, aber das würde sie, grob geschätzt, kaum mehr kosten als der rothaarige Ostler seinerzeit.
 

Es wurden erneut Getränke gereicht, dann wurde die Delegation der Söldner gebeten, in einem benachbarten Zelt zu warten, damit sich die Tetraosi beraten konnten. Die Söldner erhoben sich. Wie sein Lehrer hatte auch der Birh-Melack die auffällig aufrechte Haltung eines Oshey-Schwertkämpfers. Dabei bewegte er sich mit einer geschmeidigen Kraft, die Barida an ein großes, hungriges Raubtier denken ließ. Wonach ihn wohl hungerte? Sie freute sich schon darauf, das herauszufinden.
 

Als die Söldner das Zelt verlassen hatten, begannen der Feldherr und die anderen Männer das Für und Wider der Beschäftigung dieser Söldnertruppe für den Krieg gegen Hannai zu diskutieren. Barida hatte ihre Entscheidung getroffen, aber sie ließ die Männer reden, denn angesichts des überzeugenden Vortrags des Birh-Melack schien sich abzuzeichnen, daß zumindest der Feldherr vom Wert dieser Söldner überzeugt war, aber fürchtete, bei Barida deswegen gegen Mauern zu rennen, da ihre söldnerfeindliche Haltung allgemein bekannt war. Sollten die Männer sich also Argumente zurechtlegen, sie zu überzeugen, dann konnte Barida eine Menge Geld sparen und den Unterhalt der Söldner der reich gefüllten Staatskasse auferlegen, ohne ein schlechtes Gewissen deswegen haben zu müssen.
 

"Majestät", begann da schon der Kriegsminister, "diese Söldner würden uns mit ihrer Erfahrung eine unschätzbare Hilfe sein, wenn wir den Krieg Hannai vor die Haustür tragen wollen."
 

Barida versuchte, all ihr Mißfallen an bewaffneten Auseinandersetzungen in ihre Worte zu legen: "Müssen wir denn diesen Krieg wirklich fortsetzen? Sollten wir nicht damit zufrieden sein, daß wir so glimpflich davongekommen sind?"
 

"Nein, das sollten wir nicht, Majestät", widersprach der Feldherr energisch.
 

Der Kriegsminister brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. "Wir müssen die jetzige Situation ausnutzen", erklärte er der Regentin dann. "Der Feldherr der Hannaiim ist mit seinen städischen Truppen geflohen, deren Selbstbewustsein ist also gründlich untergraben. Dagegen sind unsere Truppen und Verbündeten so stark wie nie, dazu kommt das Söldnerheer, das sicherlich keine freundschaftlichen Gefühle für die Hannaiim hegt. Wir haben also alle Vorteile auf unserer Seite. Laßt uns gegen Hannai ziehen. Die Voraussetzungen sind so günstig wie nie."
 

Barida wiegte zögernd den Kopf. "Ich verstehe eure Argumente. Auch muß der König natürlich eine feste Hand zeigen gegen diesen feigen Angriff. Aber können wir uns den Kriegszug, noch dazu mit einem Söldnerheer, überhaupt leisten?"
 

Nun nickte der Finanzminister eifrig. "Aber ja, Majestät. Gerade wenn wir noch vor der Regenzeit in den Krieg ziehen, kommt uns dieses neue Söldnerheer gar nicht so teuer. Wenn der Kampf gegen Hannai vorbei ist, werden die Söldner entlassen und sie suchen sich woanders eine neue Anstellung. Allein die Einnahmen aus den Fischerdörfern reichen, um diesen Kriegszug zu tragen."
 

"Aber ihr plant doch nicht, Hannai zu belagern, nicht wahr?" vergewisserte Barida sich.
 

Da konnten ihre Berater sie beruhigen. Eine vernichtende Schlacht wolle man schlagen, den Hannaiim zeigen, daß die Tetraosi nicht mit sich spielen ließen, damit die Hannaiim auf Jahrzehnte nicht wieder wagten, sich mit ihnen anzulegen, aber es sollte kein langer Feldzug werden.
 

"Und sollen wir etwa eine Garnision für die Söldnertruppe bauen? Wir können sie unmöglich innerhalb der Mauern von Tetraos unterbringen, egal wie diszipliniert sie sein mögen", sprach Barida den nächsten Punkt an, der ihr am Herzen lag.
 

Die Minister und der Feldherr nickten dazu, ebenso die Vertreter der Bundesgenossen. Einer der beiden meinte dann: "Wieso bleiben sie nicht in ihrem Lager? Wenn der Feldzug nach Hannai ohnehin bald unternommen werden soll, wäre es das einfachste."
 

"Und damit sie nicht brüskiert sind, können wir ihren Birh-Melack mit seinem Gefolge ja in den Palast einladen", meinte der Kriegsminister ergänzend.
 

Barida lächelte wohldosiert. Alles nahm den gewünschten Verlauf. "Das klingt akzeptabel. Dennoch werdet ihr verstehen, daß mir eine Entscheidung in dieser Sache nicht leicht fällt." Barida verstummte und keiner der Ratgeber wagte, auch nur laut zu atmen, während sie vorgeblich das Wohl Tetraos gegen ihre persönlichen Befürchtungen abwog. Als sie entschied, genug geschwiegen zu haben, seufzte sie ein "In Ordnung", und: "Wollt ihr die Söldner dann bitte von ihrer Anstellung in Kenntnis setzen?"
 

Die Delegation der Tetraosi war sichtlich erleichtert über diese Entscheidung ihrer Regentin. Ein Bote wurde zum anderen Zelt geschickt, kam kurz darauf jedoch allein zurück. "Der Birh-Melack sagte, er wolle einen offiziellen Vertrag mit dem König schließen. Über die Dauer des Dienstes, die Besoldung und Unterbringung nebst Verpflegung und Wasserversorgung möchte er eine schriftliche Erklärung", erklärte der Bote.
 

Nun gestattete Barida sich ein breiteres Lächeln. Offensichtlich war der Birh-Melack nicht dumm. Doch wenn er auf einen Vertrag bestand, würde er sich ebenfalls schriftlich zu seinen Leistungen verpflichten müssen. Die beiden Minister berieten sich über den Wortlaut des Vertrages und diktierten ihn dann einem der anwesenden Schreiber. Auf Baridas Wunsch wurde neben den üblichen Bedingungen auch die Verpflichtung zu unbedingtem Gehorsam gegenüber dem König und seinen Vertretern ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen. Eine genauere schriftliche Fixierung ihrer persönlichen Wünsche vermied sie jedoch. Die würde sie dem hübschen Birh-Melack lieber persönlich in ihren Gemächern offenbaren.
 

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