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Lehrer - Schüler - Verhältnis

H&M
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Sooo, es geht weiter! Tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat... Aber besser spät als nie^^' Ich hab nun auch schon einige Kapitel geschrieben, muss sie aber noch mal beta lesen. Sie kommen also nach und nach. Ich hoffe, es liest überhaupt noch jemand die Story und hat seine/ihre Freude daran^^

PS: Ich habe ALLE Kapitel noch mal neu hochgeladen, weil ich nun doch ein paar Dinge anpassen musste, damit es zusammenpasst (aber wirklich nur Kleinigkeiten). Außerdem habe ich versucht noch ein paar Rechtschreibfehler zu korrigieren. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Vielen Dank für eure Kommentare! Und viel Spaß nun beim nächsten kapitel^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sorry, nun hat es doch wieder viel länger gedauert, als ich wollte... Ich komm einfach nicht mehr so oft zum Schreiben, werde mich aber weiterhin bemühen euch weitere Kapitel zu liefern, denn ich möchte die Geschichte gerne irgendwann zum Abschluss bringen!
Danke auch für eure Kommentare zum letzten Kapitel, freue mich immer darüber^^ Und nun viel Spaß beim weiterlesen! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Dafür gibt's dann heute gleich zwei Kapitel^^ Komplett anzeigen

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Neue Bekanntschaften

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Ein Blick auf die andere Seite

Die türkishaarige Schönheit, die Haruka auch für den Rest des Tages im Kopf herum schwirrte, saß währenddessen noch im Kunstraum und beendete gerade die letzte Stunde. Sie hatte sich immer noch nicht ganz von dem Schock erholt, den sie bei dem Anblick von der Scene im Klassenzimmer erhalten hatte. »Was ist nur los mit mir? Warum krieg ich dieses Bild nicht mehr aus meinem Kopf? Und wieso würde ich diesen Jungen für diese Tat am liebsten umbringen?!« Sie war schon bevor sie den Blonden und das Mädchen im Klassenzimmer erwischt hatte völlig durcheinander gewesen. Schon beim ersten Augenkontakt mit diesem Jungen wurde ihr auf einmal ganz anders zu Mute und das nicht im negativen Sinne. Und genau das irritierte sie so sehr. Nicht nur, dass sie sich zu einem Schüler hingezogen fühlte, was allein schon Katastrophal wäre, nein, auch noch zu einem Jungen. Einem Mann! Sie war lesbisch und das ohne Wenn und Aber. Wie konnte sie sich also von diesem Typen nur so aus der Fassung bringen lassen? Sie war so verunsichert darüber gewesen, dass sie ihn die ganze Stunde über dafür bestrafte, obwohl er doch gar nichts getan hatte. Naja, diese durchdringenden Blicke von ihm waren auch schuld daran. Dass er sie mit seinen wundervoll, leuchtend blaugrünen Augen auszuziehen schien, hatte sie in den Wahnsinn getrieben. Und ihn dann auch noch mit diesem Mädchen beim Sex zu erwischen, war einfach zu viel für sie. Nicht nur, dass sie unglaublich wütend war, nein, sie war auch noch eifersüchtig! Seufzend schlug sie sich die Hände vors Gesicht. Die Schüler hatten mittlerweile den Raum verlassen, so dass niemand ihre Verzweiflung mitbekam. ... Langsam stand sie auf und sammelte ihre Unterlagen zusammen, dann verließ auch sie den Raum. Nach einem kurzen Aufenthalt im Lehrerzimmer ging sie über den Schulhof zu einem anderen Gebäude, wo sie schon sehnsüchtig erwartet wurde.

„Mama! Da bist du ja!“ schrie ein kleines Mädchen und rannte freudestrahlend auf sie zu.

Michiru bückte sich und erwiderte die stürmische Umarmung der Kleinen.

„Na, mein Schatz. Wie war der erste Schultag?“

„Toll! Ich hab ein Mädchen kennengelernt, die ist ganz nett! Zuerst war es gar nicht schön, denn da waren ein paar Jungs, die wollten mir mein Armband wegnehmen aber Ruka-chan hat sie vertrieben und dann haben wir zusammen von meinem Essen gegessen. Mama, du musst mir morgen unbedingt noch mehr zu essen mitgeben! Sie hat gesagt, du bist eine Spitzenköchin und sie konnte gar nicht genug davon bekommen! Und dann hat sie gesagt, sie ist meine Freundin!“ erzählte sie aufgeregt.

Michiru war echt überrascht. Das war das erste Mal, dass sie ihre Tochter so voller Euphorie erlebte. Die Kleine war sonst immer sehr ruhig und in sich gekehrt. Und jemand der schnell Freunde findet, war sie eigentlich auch nicht.

„Wow, du musst mir diese Ruka-chan unbedingt mal vorstellen. Lass uns aber noch mal zu der Stelle zurückkommen in der dir irgendwelche Jungs dein Armand wegnehmen wollten, ja? Weißt du wer die waren? Ich werde sofort mit deiner Lehrerin reden. Ich hab dir gleich gesagt, dass es keine gute Idee ist, es in der Schule zu tragen. Vielleicht solltest du es doch lieber zu Hause lassen.“

„Aber ich möchte es nicht abnehmen. Und du brauchst auch nicht mit meiner Lehrerin reden. Ruka hat das schon gemacht. Die Jungs haben ganz Doll Ärger bekommen und sich dann sogar noch bei mir entschuldigt.“

„Wirklich? Ich muss mich unbedingt bei ihr bedanken. Sie scheint ja ziemlich mutig zu sein, wenn sie die Jungs ganz alleine vertreiben konnte und es dann auch noch der Lehrerin gesagt hat. Ist sie vielleicht noch hier?“

Michiru sah sich um aber es waren kaum noch Schüler auf dem Hof.

„Nein, sie geht nicht in meine Klasse. Und wo ihre ist, weiß ich nicht.“

„Ach so. Naja, ich werde sie schon noch kennenlernen. Und ich mach dir morgen gerne noch etwas mehr zu essen. Aber hatte sie denn gar nichts dabei?“

„Nein. Sie hatte sich vor ihrer Lehrerin versteckt, dort wo die Jungs mir das Armband wegnehmen wollten und mich dann gerettet. Als ich mein Essen raus geholt habe, hat ihr Magen ganz laut geknurrt und dann haben wir uns meins geteilt. Ich glaube aber, sie war immer noch nicht ganz satt.“

Das fand die Türkishaarige jetzt aber merkwürdig. Bekam dieses Mädchen etwa nicht genug zu essen zu Hause? Und sie hatte nicht mal was für die Pause?

„Wieso hat sie sich eigentlich vor ihrer Lehrerin versteckt? Hat sie was angestellt?“

„Weiß ich nicht. Das wollte sie mir nicht sagen nur, dass sie ziemlich böse auf sie war.“

„Na, hoffen wir mal, dass sie nicht allzu schlimmes angestellt hat. Wollen wir dann langsam mal nach Hause?“

„Ja.“

Michiru richtete sich wieder auf und nahm Hotaru an die Hand. Gemeinsam gingen sie Richtung Bushaltestelle und fuhren dann mit dem Bus nach Hause. Sie wohnten in einer kleinen Zweieinhalbzimmer Wohnung, ganze eineinhalb Stunden Busfahrt von der Schule entfernt. Sichtlich geschafft kamen sie nach einer weiteren halben Stunde Einkaufens dort an.

„Wie war dein Tag überhaupt? Gefällt dir die neue Arbeit?“ fragte Hotaru ihre Mutter, die dabei war die Lebensmittel in den Kühlschrank und die Schränke einzusortieren.

„Ja, war ganz in Ordnung. Einer der Schüler macht mir ‘n bisschen Sorgen aber sonst ist es ganz gut gelaufen.“

Das war nicht mal die halbe Wahrheit aber sie würde ihrer sechs jährigen Tochter bestimmt nicht erzählen, wie es wirklich war. Ihr ging das Gesicht dieses Jungen immer noch nicht aus dem Kopf, genauso wenig wie das Bild in dem Klassenzimmer.

„Wieso macht er dir Sorgen?“

„Ach, das ist nicht so wichtig. Hast du schon Hunger?“

Hotaru sah ihre Mutter skeptisch an. Das war jetzt schon das zweite Mal heute, dass sie diese Ausrede hörte. Erst bei Haruka und jetzt bei ihr.

„Ja, ein bisschen.“ antwortete sie ihr schließlich.

„Gut, dann werde ich jetzt Essen machen. Du kannst ja schon mal mit den Hausaufgaben anfangen.“

„Is gut.“

Damit ging sie in ihr Zimmer und ließ Michiru allein zurück. Michiru versuchte sich aufs kochen zu konzentrieren, was ihr aber einfach nicht gelingen wollte. Fieberhaft suchte sie nach einer plausiblen Erklärung für ihr Verhalten. Schlussendlich machte sie einfach die feinen Gesichtszüge und, für einen Mann, doch eher Schmächtige Statur des Jungen für diese Anziehung zu ihm verantwortlich. Ja, das musste es sein. Nie im Leben könnte sie sich Vorstellen etwas mit einem Mann zu haben und schon gar nicht mit einem Schüler, das verstieß nun wirklich gegen all ihre Prinzipien. Damit, und mit dem Versprechen sich nicht noch einmal so von diesem Kerl verunsichern zu lassen und sich ihm gegenüber ab jetzt ganz professionell zu verhalten, schaffte sie es doch das Thema endlich beiseite zu schieben. Sie aß mit ihrer Tochter zu Abend, half ihr noch bei den Hausaufgaben und machte sich dann daran den Lehrplan für den nächsten Tag vorzubereiten.
 

Haruka hatte den ganzen Nachmittag auf der Rennstrecke verbracht. Erst spät abends kam sie erschöpft zu Hause an. Das Motorradtraining war für sie ganz und gar nicht gut gelaufen. Zwar hatte sie ihre Standardleistung bringen können aber vor ihren Augen erschien immer wieder diese Lehrerin. Und da war sie auch jetzt noch. Haruka ließ sich erst mal auf die Couch fallen und seufzte tief. »Verdammt! Wie kann eine Lehrerin nur so scharf aussehen? Die Kerle hatten Recht, die sieht wirklich nicht älter aus als Anfang zwanzig. ... Hhmm, ob ich irgendwie ihr richtiges Alter rauskriegen kann? … Quatsch! Völlig egal, wie alt sie ist! Ich darf sowieso nichts mit ihr anfangen! ... Außerdem hasst sie mich. Und oh Gott, dann hat sie mich auch noch mit diesem Mädchen erwischt! Ich will lieber gar nicht wissen, was die jetzt von mir denkt.« Eigentlich machte sie sich nie Gedanken darüber, wer was über sie denken könnte aber bei dieser Frau, war irgendwie alles anders. Haruka stand schnell von dem Sofa auf, um nicht weiter darüber nach zu denken. Sie bestellte sich noch schnell was zu essen und machte dann den Fernseher an. Beim Essen viel ihr auf einmal wieder das kleine schwarzhaarige Mädchen ein und das ließ augenblicklich ein Lächeln in ihrem Gesicht erscheinen. Es war zwar ziemlich untypisch für sie die Gesellschaft eines Kindes ertragen zu können aber die Kleine fand sie schon irgendwie süß. Und das Essen war wirklich köstlich gewesen, viel genießbarer als das, was sie sich jetzt rein zog. Mit den Gedanken an das Kind, konnte sie sogar etwas die Gedanken an die Lehrerin vertreiben, auch wenn es verwirrend für sie war überhaupt an die Kleine denken zu müssen, war es immer noch weniger frustrierend, als an den türkishaarigen Engel zu denken. Gleich, nach dem sie aufgegessen hatte, ging sie ins Bett und war froh darüber Morgen kein Japanisch Unterricht zu haben.

Am nächsten Morgen wurde Haruka natürlich wieder von ihrem verhassten Wecker geweckt, doch heute schaffte sie es besser aufzustehen. Das allererste, was ihr durch den Kopf schwirrte, war ihre neue Lehrerin und machte sie augenblicklich hellwach. Kurz musste sie überlegen, ob sie das alles vielleicht nur geträumt hatte aber den Gedanken verwarf sie gleich wieder. Eigentlich wollte sie es auch gar nicht nur geträumt haben. Gut, einige Dinge würde sie am liebsten rückgängig machen aber die Vorstellung, dass sie die Türkishaarige nicht wieder sehen würde, gefiel ihr nicht sonderlich, obwohl diese sie hasste und ihr komplett den Verstand raubte. Auch Hotaru würde sie wirklich gerne wieder sehen. »Hhmm, vielleicht besuch ich sie heute doch wieder.« Die Sportlerin war inzwischen aufgestanden, hatte geduscht, sich angezogen und stand jetzt in ihrer Küche. Mit einem finsteren Blick sah sie in den Kühlschrank hinein. Er war so gut wie leer, genauso wie die restlichen Schränke in diesem Raum. Wozu besaß sie eigentlich eine so große Küche, wenn sowieso nichts drin war? Mies gelaunt schlug sie die Tür wieder zu. Sie entdeckte zu ihrer Freude noch einen Apfel auf der Arbeitsplatte, griff ihn sich und verschlang ihn auf dem Weg nach unten zu ihrem Motorrad in die Tiefgarage. Sie kam doch tatsächlich wieder pünktlich in der Schule an und machte sich sofort auf dem Weg zum Sportunterricht. Auf dem ganzen Weg dorthin sah sie sich ständig um. Einerseits hatte sie Angst etwas Türkisenes entdecken zu können andererseits konnte sie es gar nicht erwarten. Aber sie fand nichts, also kam sie etwas enttäuscht aber auch erleichtert auf dem Sportplatz an. Nachdem sie sich schnell umgezogen hatte ging auch gleich das Lauftraining los. Dabei vergas sie sämtliche Gedanken um die Lehrerin und war nur noch in ihrem Element. Die Unruhe um sie herum bekam sie gar nicht mit. Der Sportlehrer war kurz verschwunden, da er noch etwas erledigen musste. Nicht einer der Jungs machte noch seine Übungen. Alle klebten sie, wie bettelnde Hunde am Zaun, der den Sportplatz vom Schwimmplatz trennte. Es war heute ziemlich warm und Haruka war schon etliche Runden um den Platz gerannt also wollte sie eine kleine Pause einlegen. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie völlig allein war. Sie sah sich um und lief dann zu der Schar Jungs rüber, die sich alle um den besten Platz am Zaun prügelten. Die andere Seite war nämlich größtenteils mit Hecken bepflanzt und nur an wenigen Stellen hatte man eine gute Durchsicht.

„Sagt mal, was treibt ihr da eigentlich?“ fragte Haruka in die Menge.

„Nichts, gar nichts, Tenoh-kun.“

„Genau! Lauf du einfach weiter, das hat dich überhaupt nicht zu interessieren.“

Haruka war augenblicklich sauer.

„Ihr habt sie ja wohl nicht mehr alle! Los beiseite!“ fauchte sie jetzt.

Die Jungs sahen sich einmal kurz an, dann in die funkelnden Augen der Rennfahrerin. Sie waren einstimmig der Meinung, dass es besser wäre, sie nicht herauszufordern und machten ihr Platz.

„Aber du hast gesagt, du willst nichts von ihr also halt dich auch dran.“ sagte einer der Jungs, der auch gestern im Klassenraum anwesend war und ihr von der neuen Lehrerin berichtet hatte.

Haruka verstand seine Worte nicht richtig und sah durch den Zaun. »Heilige Scheiße!« Sie bekam sofort ganz große Augen und klebte jetzt mindestens genau so dicht am Zaun, wie die Jungs eben noch.

„Der Wahnsinn, oder? Gibst du jetzt endlich zu, dass sie heiß ist?“ grinste der Junge von eben und sah auch wieder hindurch.

Haruka musste erst mal schlucken. Da war es wieder, das Verlangen. In ihr machte sich eine unbändige Hitze breit und ihr Herzschlag wurde immer schneller.

Auf der anderen Seite des Zaunes stand natürlich die türkishaarige Lehrerin, in einem hautengen Badeanzug. Sie hatte zwar noch eine Hotpants an und eine dünne Sweatshirtjacke drüber aber die war offen und so hatte man trotzdem eine umwerfende Aussicht. Haruka hatte wirklich Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten.

„Na, was is? Jetzt sag doch was.“ bohrte der Typ weiter und rüttelte leicht an ihrer Schulter.

„Was?“

Haruka hatte überhaupt nicht zugehört und sah ihn überrascht an.

„Jetzt bereust du’s, dass du sie uns überlassen hast, nicht wahr? Aber mach dir keine Sorgen, wir kümmern uns schon um sie.“ grinste er dreckig.

Das Verlangen nach der Lehrerin wandelte sich plötzlich in Hass gegen diesen Kerl um. Sie schlug seine Hand von ihrer Schulter und sah ihn wütend an.

„Das wirst du schön bleiben lassen, hast du verstanden! Keiner von euch wird sie anrühren, sonst kriegt er es mit mir zu tun!“

„Sag mal, geht’s noch? Du wolltest sie doch gar nicht!“

„Genau, sie ist schließlich nicht dein Eigentum!“

„Und du hast doch schon so viele!“

Die Jungs fingen alle an wild durcheinander zu schreien und Haruka ein Vorwurf nach dem anderen an den Kopf zu werfen. Die machte das nur noch wütender und ließ sämtlich Schranken in ihr fallen. Sie griff sich den Typen der eben noch seine Hand auf ihrer Schulter hatte und zog ihn zu sich ran.

„Ich sag das jetzt nur noch einmal, ihr lasst eure Finger von ihr! Sie ist eine Lehrerin und dazu noch viel zu schade für irgendeinen von euch Pennern!“

„Ach, aber für dich nicht, oder was?“ presste er hervor und versuchte Harukas Griff zu lösen.

„Du hast uns überhaupt nichts zu sagen!“

„Hältst dich wohl für was Besseres, nur weil du ‘n bisschen Motorrad fahren kannst, was?“

„Keine Ahnung was die Frauen an der so toll finden, die is doch noch nicht mal ‘n richtiger Kerl.“

„Ja, ich finde es wird Zeit, dass die mal kapiert, dass sie nicht die Größte is!“

„Genau!“

Einige der Jungs bewegten sich langsam auf sie zu. Haruka reagierte lieber bevor sie es taten und holte aus. Sie traf den Jungen, den sie inzwischen losgelassen hatte voll ins Gesicht, der viel nach hinten, direkt in die Arme von zwei anderen Jungs. Jetzt rannten einige zu ihr und hielten sie fest. Ein weiterer holte aus und wollte ihr einen Schlag in den Magen verpassen, doch Haruka tritt ihm direkt in den Magen und er ging schreiend zu Boden.

„Hey, was ist hier los?“ hörte die Sportlerin plötzlich eine ihr nur allzu bekannte Stimme hinter sich.

Sie wurde losgelassen und das so abrupt, dass sie zu Boden fiel.

„Ähm, gar nichts, Kaioh-sensei.“ stotterten die Jungs vor sich hin.
 

Michiru hatte Gebrüll und Schreie von der anderen Seite vernommen und schob jetzt die Büsche beiseite um durchzusehen.

„Wo ist euer Lehrer?“

„Ähm, also ... der wollte kurz was erledigen.“

Auf einmal schien der Haufen Jungs ziemlich nervös zu sein. Der zu Boden gegangene Schüler richtete sich wieder auf und kam so in Michirus Blickfeld. Die hielt vor Schreck die Luft an. »Oh nein, nicht der schon wieder! Ganz ruhig, Michiru. Nicht wieder ausrasten. Er kann gar nichts dafür.« versuchte sie sich zu beruhigen.

„Ist alles in Ordnung?“ fragte sie leicht nervös an den Blonden gerichtet.
 

Haruka drehte sich um und bereute es sofort, dies getan zu haben. Sie blickte sofort in zwei meeresblaue Augen und bekam augenblicklich weiche Knie. Dieser Badeanzug ließ wirklich nicht mehr viel der Fantasie übrig und Haruka wurde mehr als nur heiß.

„Klar, Sensei! Wir haben Tenoh-kun nur ein paar Übungen gezeigt.“ tat einer der Kerle unschuldig und legte Haruka freundschaftlich einen Arm um die Schultern. Das brachte sie in die Realität zurück.

„Fass mich nicht an, du Drecksack!“ fauchte sie ihn an und befreite sich von ihm.

Schnell drehte sie sich um und ging.

„Hey, ich bin noch nicht fertig!“ rief die Lehrerin ihr hinter her.

Doch Haruka ging einfach weiter.
 

„Vergessen Sie es, Sensei. Tenoh-kun lässt sich von niemandem was sagen.“

„Ihr werdet euch jetzt sofort wieder eurem Unterricht widmen, verstanden?“

„Jawohl, Kaioh-sensei!“ kam es im Chor zurück.

Die Jungs zuckelten langsam davon, nur Michiru blieb wo sie war und sah weiterhin dem Blondschopf hinterher, der wieder begann seine Runden zu drehen.

»Dieser Kerl ist doch wirklich unmöglich!« Sie konnte aber aus irgendeinem Grund überhaupt nicht wütend auf ihn sein. Stattdessen starrte sie ihn weiter an und merkte gar nicht, wie genau sie ihn musterte. Er trug die normale Sportuniform der Jungs, also kurze Hose und T-Shirt, genau wie alle anderen. Diese langen Beine konnte sie aber einfach nur Umwerfend finden und diese Muskeln..... »Oh Gott, hör auf damit! Er ist ein Mann! Und dein Schüler!« Sie schüttelte wild mit dem Kopf, drehte sich dann um und setzte ihren eigenen Unterricht fort. Hätte sie noch weiter hingeschaut, wäre ihr vielleicht die Beule vorne im T-Shirt aufgefallen aber so weit war sie mit ihrem Blick leider noch nicht gekommen.
 

Haruka konnte sich nur schwer aufs Laufen konzentrieren. Nun war ihr Verlangen wieder komplett entflammt und nicht mal rennen schaffte es, es zu löschen, egal wie schnell sie auch lief. »Verdammt, ich will diese Frau! Warum nur muss sie meine Lehrerin sein?« Sie war so frustriert und besessen von ihrem Lauf, dass sie überhaupt nicht mit bekam, dass ihr Sportlehrer zurückkam. Erst nach dem dritten Mal rufen folgte sie der Anweisung des Trainers. Auch für den Rest der Stunde schaffte Haruka es nicht, sich zu beruhigen und sah immer wieder zu dem Zaun zurück. Doch leider war aus der Entfernung nicht viel zu erkennen. Das Ende der Stunde nahm sie dankend an. Sie hatte sich dieses Mal wirklich völlig verausgabt. Ihre Atmung hatte sie überhaupt nicht mehr unter Kontrolle und bekam wohl zum ersten Mal in ihrem Leben Seitenstechen. Nicht mal die kalte Dusche hatte die Gedanken um die Lehrerin aus ihrem Kopf vertreiben können und so ging sie nicht weniger aufgewühlt und erregt zur nächsten Stunde. Kurz dachte sie sogar daran, sich wieder irgendein Mädchen zu greifen aber sie riss sich zusammen. Die Physikstunde schien ewig zu dauern. Sehr viel von dem Unterricht bekam sie aber nicht mit. Immer wieder tauchte das Bild von der Türkishaarigen in ihrem Badeanzug vor ihr auf und brachte sie regelrecht zur Verzweiflung. ...... Endlich klingelte es. Schnell stand sie auf und verließ den Raum. Auf dem Flur kamen ihr wieder unzählige Mädchen entgegen, die gerade danach schrien von ihr flach gelegt zu werden also flüchtete sie auch aus dem Gebäude. Auf dem Hof angekommen sah sie die kleineren Nebengebäude und überlegte nicht lange. Zielstrebig ging sie darauf zu. Sie wusste zwar nicht, ob sie die Kleine dort finden würde aber dann könnte sie sich immerhin noch dort verstecken. Sie ging um die Ecke und blieb erst mal stehen. Dort, nur ein paar Meter weiter, saß Hotaru im Graß und war gerade dabei ihr Essen auszupacken. Unwillkürlich bildete sich ein Lächeln auf Harukas Lippen und sie entspannte sich.

„Hey, Taru-chan!“ machte Haruka sich bemerkbar und ging auf die Kleine zu.

„Ruka!“

Hotaru war sofort aufgesprungen und lief auf die große zu.

„Du bist wirklich gekommen!“ war sie einfach nur begeistert und umarmte Harukas Bein, denn mehr erreichte sie nicht.

„Hab ich doch versprochen.“

Sie legte eine Hand auf die schwarzen Haare der Kleinen und lächelte sie an.

„Aber du hast nicht gesagt wann, deswegen wusste ich nicht, ob du kommst.“

„Na, jetzt bin ja da.“

„Mhm, ja. Wollen wir wieder zusammen essen? Meine Mama hat heute extra noch mehr gemacht.“

„Also das brauchst du mich nicht zu fragen. Du glaubst gar nicht, wie hungrig ich schon wieder bin.“

„Dann komm.“

Hotaru griff nach Harukas Hand und zog sie hinter sich her. Sie setzten sich wieder ins Gras und die Kleine reichte der Sportlerin eine der Boxen.

„Was denn, deine Mutter hat gleich so viel gemacht? Sie muss mir doch nicht gleich ein eigenes Mittagessen zusammenstellen. Da krieg ich ja ein schlechtes Gewissen.“

„Ach, was. Meine Mama hat das gerne gemacht.“

„Vielleicht sollte ich ihr Geld dafür geben?“ redete Haruka mehr mit sich selbst als der Kleinen.

„Das würde sie sowieso nicht annehmen. Sie hat gesagt, jemandem der so großen Hunger hat und ihr Essen so gerne mag, dem macht sie gerne was.“

„Richte deiner Mutter ein Dankeschön von mir aus, ja?“

„Okay, mach ich.“

„Was hättest du eigentlich mit dem ganzen Essen gemacht, wenn ich nicht aufgetaucht wäre?“

„Weiß ich nicht. Ich hatte so gehofft, dass du kommst. Und jetzt ist es ja egal.“

„Stimmt. Und ich werd garantiert alles aufessen.“

Das tat sie wirklich. Sie konnte sich echt nicht daran erinnern jemals so etwas Leckeres gegessen zu haben. Sie aß sogar noch wieder den Rest von Hotarus essen, als die nicht mehr wollte.

„Oh Mann, das war gut!“ seufzte sie und legte sich mit den Händen hintern Kopf verschränkt ins Gras zurück.

„Du kannst echt viel essen, Ruka-chan.“

„Na, ich bin ja auch viel größer als du.“

„Meine Mama ist auch groß aber so viel wie du, würde sie nie schaffen.“

„Dann hab ich eben ‘nen größeren Magen als sie. Außerdem schmeckt es so gut, wie soll ich da aufhören. Naja, und wirklich gefrühstückt hab ich auch nicht.“

„Wieso nicht?“

„Ich hab vergessen einzukaufen und so musste ich mich mit nur einem Apfel zufrieden geben.“

„Du hast es vergessen?“ fragte Hotaru verwundert und kicherte dann etwas.

„Hey, ich bin voll mit dem Training beschäftigt, da vergisst man das schon mal.“ verteidigte sie sich.

„Training? Was für ein Training?“ wurde die Kleine neugierig.

„Motorradtraining. Du hast hier nämlich die Ehre mit dem berühmtesten, talentiertesten, erfolgreichsten und bestaussehendsten Rennfahrer ganz Japans zu speisen.“ grinste Haruka arrogant.

„Oh, wirklich? Du fährst Motorrad? Und sogar richtige Rennen?“

Hotaru war ziemlich beeindruckt und sah sie mit großen Augen an.

„Ja, tu ich.“

„Darf ich das mal sehen?“

„Klar darfst du. Das nächste Rennen ist aber erst in ein paar Wochen also wirst du noch etwas warten müssen.“

„Schade.“

„Aber ich kann dir gerne mal mein Motorrad zeigen und wenn du ganz lieb bist, darfst du dich sogar mal drauf setzen.“

„Ja, bitte! Ich bin wirklich ganz brav, versprochen!“

„Okay. Wollen wir gleich gehen?“

Hotarus Blick wurde traurig und wanderte zu Boden.

„Aber ich darf nicht vom Gelände gehen.“

„Wir müssen doch nur zum Parkplatz und ich verspreche, du bist pünktlich zum Unterrichtsbeginn wieder hier.“

Hotaru war nicht so begeistert davon. Sie würde bestimmt riesen Ärger bekommen und Haruka auch. Und vielleicht würde sie sie dann nicht mehr wieder sehen dürfen, wenn ihre Mutter das auch noch rausbekam. Offensichtlich war in ihrem Gesicht abzulesen wie sie darüber dachte, denn Haruka lächelte sie verständlich an.

„Wir können das auch ein anders Mal machen. Sag einfach Bescheid.“

Hotaru nickte Dankbar. Die Sportlerin schloss ergeben die Augen und genoss ein wenig die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.

„Was machst du denn sonst noch so?“ fragte Hotaru wenig später.

„Was ich sonst noch so mach? Du meinst, außer Schule, Motorradfahren und kleine Mädchen um ihr Mittagessen bringen?“ fragte Haruka grinsend zurück.

Das schwarzhaarige Mädchen nickte lachend.

„Tja, also ... eigentlich liebe ich alles was mit Geschwindigkeit zu tun hat, laufen zum Beispiel. Ansonsten findest du mich vorm Fernseher oder im Bett. ... Oh, und wenn ich die Zeit und Ruhe dafür finde, spiel ich Klavier.“

„Du spielt Klavier? Was spielst du denn so?“

„Eigentlich alles Mögliche. Das was mir durch den Kopf geht. Lass mich von meinen Gefühlen leiten. Nach Noten spiel ich eigentlich nie.“

„Meine Mama macht das auch so. Sie kann ganz toll Violine spielen.“

„Ach echt? Cool. Eine spitzen Köchen und Violinistin? Langsam werde ich neugierig.“

„Vielleicht kann ich sie dir ja mal vorstellen. Sie hat gesagt, sie möchte dich auch mal kennenlernen.“

„Wirklich? Was hast du ihr denn von mir erzählt?“

„Nur, dass du mich gestern gerettet hast und wir zusammen gegessen haben.“

„Wahrscheinlich hält sie mich für eine sechsjährige, oder?“

„Ähm, keine Ahnung. Dein Alter hab ich gar nicht erwähnt.“

„Vielleicht ist das auch besser so, nachher findet sie es gar nicht witzig, dass du mit ‘ner siebzehnjährigen deine Pause verbringst.“

„Hhmm, ich glaub nicht, dass sie was dagegen hätte. Heißt das denn, du kommst noch mal her?“

Hoffnung machte sich in der Kleinen breit und ihre Augen bettelten Haruka geradezu an.

„Also wenn du mir jeden Tag so ein Festmahl mitbringst, wirst du mich überhaupt nicht mehr los. Außerdem, ist deine Anwesenheit wirklich sehr beruhigend. Ich komm Morgen wieder, wenn du willst.“

„Ja, auf jeden Fall!“

„Gut.“ lächelte Haruka, dann richtete sie sich auf und streckte sich.

„Wie spät ist es eigentlich?“

„Ähm, ... oh, wir haben nur noch fünf Minuten.“ wurde Hotaru bei dem Blick auf ihre Armbanduhr traurig.

„Dann werd ich wohl mal langsam zurückgehen.“

Sie stand auf und Hotaru ebenfalls.

„Hey, nicht traurig sein. Wir sehen uns gleich Morgen wieder, Taru-chan.“

„Okay, bis Morgen dann.“ lächelte die Kleine nun wieder.

Haruka legte ihr noch einmal die Hand aufs schwarze Haar, dann drehte sie sich um und ging langsam zurück über den Hof. In den letzten Stunden konnte sie sich wieder besser auf den Unterricht konzentrieren und fuhr so auch relativ entspannt nach Hause.

Offenbarung

Michiru war nicht so entspannt. Sie hatte für nicht eine Sekunde den blonden Sportler aus ihrem Kopf bekommen und war so doch etwas gereizt. Im Unterricht war sie mehr als nötig streng und konnte sich selbst dafür immer weniger leiden, was sie dann noch gereizter werden ließ. Zu allem Überfluss klebte ihr jetzt auch noch ein viel zu aufdringlicher Kollege an den Hacken. Sie war auf dem Weg um Hotaru abzuholen und einer der Geschichtslehrer lief ihr schon seit dem Lehrerzimmer hinterher. Er war bestimmt schon Mitte oder Ende dreißig, hatte eine ziemlich stattliche, große Figur, kurze braune Haare und ein markantes Gesicht mit drei Tage Bart. Für Hetero Frauen war er wohl ganz gut aussehend aber sie fand den Typen einfach nur eklig. Es war mehr als offensichtlich, dass er was von ihr wollte, so wie alle Männer an der Schule, wie sie festgestellt hatte.

„… und da sich unsere Fächer so gut ergänzen, hatte ich Gedacht wir könnten …“

So redete er schon die ganze Zeit auf sie ein, um sie davon zu überzeugen wie sinnvoll und vorteilhaft es doch wäre mit ihm Zeit zu verbringen. Michiru reichte es jetzt aber und unterbrach ihn.

„Hören Sie Kohara-sensei, ich habe wirklich nicht viel Zeit. Meine Tochter wartet auf mich und eigentlich unterrichte ich auch kein Modernes Japanisch. Ich mache lediglich die Vertretung, da mich der Direktor darum gebeten hat und das ein Nebenfach von mir gewesen ist. Also bitte entschuldigen Sie mich jetzt.“

Michiru war gar nicht überrascht den geschockten Ausdruck auf seinem Gesicht zu finden. Die meisten Männer reagierten so, wenn sie ihre Tochter erwähnte. Es war wirklich ‘ne gute Methode um sie los zu werden. Naja, zu ihrem Bedauern verschreckte es aber auch die meisten Frauen. Aber in diesem Fall, war sie wieder mehr als froh die Kleine zu haben.

„Oh, Sie … Sie haben eine Tochter?“ stotterte der Mann ungläubig.

„Ja, habe ich. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Feierabend, Kohara-sensei.“ sagte Michiru und ließ ihn einfach da stehen.

Endlich den Kerl los, kam sie bei ihrer Tochter an, die auch gleich angelaufen kam.

„Mama!“

„Hey, meine Kleine. Alles in Ordnung?“

„Ja. Mama, sie is heute wirklich wieder gekommen und sie hat gesagt, dass sie auch morgen wieder kommt!“

Michiru nahm sie gleich an die Hand und unterhielt sich im Gehen mit ihr weiter.

„Ich nehme an, du sprichst von Ruka-chan, oder?“ fragte sie lächelnd nach.

„Genau, sie war die ganze Pause über bei mir.“

„Hat ihr denn mein Essen wieder geschmeckt?“

„Ja, und wie. Sie hat alles aufgegessen und sogar von mir noch was.“

„Sie hat alles gegessen? Die muss ja wirklich Hunger gehabt haben.“

„Ja, Ruka is echt komisch. Weißt du was sie gesagt hat? Dass sie vergessen hat einkaufen zu gehen und dass sie gar nichts zu essen mehr zu Hause hat. Ihr Frühstück war nur ein Apfel heute Morgen.“ lachte Hotaru vergnügt.

Also Michiru fand das jetzt alles andere als komisch. Warum musste das Mädchen selbst einkaufen? Sie machte sich jetzt wirklich große Sorgen um sie und würde umgehend mit deren Eltern reden müssen.

„Hotaru-chan, kennst du ihren ganzen Namen? Dass sie nicht genügend zu essen bekommt finde ich wirklich Besorgnis erregend. Ich würde gerne mal mit ihren Eltern reden.“

„Ruka wohnt aber gar nicht mehr bei ihren Eltern.“

»Oh Gott, wohnt das arme Kind etwa im Heim? ... Aber dann könnte sie sich doch niemals diese Schule hier leiste. Es sei denn, sie hat auch ein Stipendium erhalten.«

„Weißt du denn wo sie wohnt?“

„Nein. Ach, und ich soll dir Danke sagen.“

„Danke? Wofür?“

„Dafür, dass du ihr extra was zu essen gemacht hast. Sie wollte dir schon Geld dafür geben aber ich hab gesagt das brauch sie nicht.“

„Das ist richtig. Sie brauch wirklich nicht dafür bezahlen.“

»Woher sollte sie denn auch das Geld nehmen? Wenn sie sich so schon nicht selbst was zu essen leisten konnte.«

„Mama, weißt du was sie noch gesagt hat? … Sie spielt Klavier.“

„Sie spielt Klavier, wirklich?“

Das überraschte sie jetzt aber. Wo und wann hat sie das denn gelernt, und von wem? Musiklehrer waren schweineteuer, wie sie selbst wusste.

„Ja, und sie fand es cool, dass du Violine spielst. Sie möchte dich unbedingt mal kennenlernen.“

„Das würde ich auch gerne.“

Sie waren inzwischen bei der Bushaltestelle angekommen und stiegen in den vorgefahrenen Bus ein. Es dauerte wieder ewig lange bis sie zu Hause ankamen.

„Ich muss wirklich langsam mal anfangen mich nach einer neuen Wohnung umzusehen. Diese Fahrerei ist ja nicht auszuhalten.“ seufzte Michiru nachdem sie in der Küche angekommen war.

„Eine neue Wohnung?“ fragte Hotaru aufgeregt.

„Ja, diese hier ist wirklich zu weit weg von der Schule.“

„Das stimmt. So früh aufzustehen ist blöd.“

„Da hast du Recht.“ lachte Michiru über den Gesichtsausdruck der Kleinen.

„Mama, wieso hast du eigentlich kein Auto?“

„Tja, ich bin leider nie dazu gekommen einen Führerschein zu machen. Und ich fürchte, das könnten wir uns sowieso nicht leisten.“

„Ach so. Ich wette Ruka is ganz schnell in der Schule.“

„Wie? Aber ich dachte, du weißt nicht wo sie wohnt.“

„Tu ich auch nicht. Aber mit dem Motorrad ist sie sicher gaaaanz schnell.“ betonte die Kleine vergnügt.

„… Bitte was für ein Motorrad denn?“ war Michiru völlig verwirrt.

„Na, ihrs.“

„Sie hat ein Motorrad? … Hotaru, wie alt ist Ruka?“ fragte sie nach kurzem Überlegen skeptisch nach.

„Siebzehn.“

„Siebzehn???“ war sie geschockt.

Sie hatte sich also vollkommen um sonst Sorgen gemacht. Stattdessen hatte sie eine Siebzehnjährige bekocht, wahrscheinlich sogar eine ihrer Schülerinnen!

„Wieso hast du mir das denn nicht gleich gesagt? Und wieso triffst du dich mit einer Siebzehnjährigen? Die darf doch nicht mal auf euer Gelände.“

„Bist du jetzt böse?“ fragte Hotaru ängstlich.

Michiru kam auf ihre Tochter zu, die sich auf einen der Stühle am kleinen Küchentisch gesetzt hatte.

„Ich bin nicht böse auf dich, Hotaru-chan. Nur etwas besorgt.“ sagte sie mit einem sanften lächeln.

„Ruka ist wirklich ganz nett und ich möchte sie weiterhin sehen. Bitte Mama, darf ich?“

Hotaru flehte ihre Mutter mit ihren großen Kulleraugen an, wie sollte sie da nicht weich werden?

„Na schön, du darfst. Aber jetzt möchte ich sie erst recht kennenlernen.“

„Danke Mama!“ strahlte die Kleine und umarmte ihre Mutter stürmisch.

„Is ja schon gut. Und jetzt geh und mach deine Hausaufgaben.“

„Okay.“ freute sich die Kleine immer noch und lief in ihr Zimmer.

Michiru begann derweil etwas zu essen zu machen und fragte sich was das für ein komisches Mädchen sein musste, welches ihre Pause mit einem Grundschulkind verbrachte, es nicht schaffte sich selbst zu versorgen und auch noch Motorrad fuhr. Sie versuchte nicht weiter darüber nachzudenken und dieses Mädchen konnte sie auch problemlos vergessen. Ganz anders sah das bei dem blonden Jungen aus. Egal wie sehr sich Michiru diesen Abend auch versuchte abzulenken, sein Gesicht und sein Körper wollten einfach nicht aus ihrem Kopf verschwinden, genau so wenig wie die Tatsache, dass sie sich offenbar wirklich in einen Kerl verguckt hatte.

Am nächsten Morgen wurde sie ziemlich unsanft von ihrem Wecker geweckt. Obwohl sie eigentlich gerne früh aufstand war diese Zeit doch eindeutig zu früh. Erst die warme Dusche schaffte es, sie wach zu machen. Danach weckte sie ihre Tochter und bereitete das Frühstück vor.

„Mama, machst du für Ruka-chan auch wieder Mittagessen?“ fragte Hotaru noch etwas verschlafen beim Frühstück.

„Also ich weiß nicht. Müsste sie es nicht eigentlich schaffen sich selber was zu machen? Sie könnte sich auch problemlos etwas aus der Kantine holen oder sich was kaufen.“

Michiru fand den Gedanken ein Erwachsenes Mädchen mit Essen zu versorgen irgendwie überhaupt nicht witzig. Zumal sie ja auch noch die Kosten dafür trug. Den Vorschlag, dass sie ihr Geld dafür gab, fand sie jetzt gar nicht mehr so verkehrt.

„Aber sie mag es doch so gerne. Bitte Mami, sonst kommt sie vielleicht nicht mehr.“

„Also wenn sie nur wegen dem Essen zu dir kommt, ist das vielleicht auch besser so.“

Die kleine Hotaru zog einen Schmollmund und begann traurig in ihrem Essen herumzustochern.

„Also gut, von mir aus. Ich werde auch für sie etwas machen.“ seufzte Michiru.

Hotaru dagegen freute sich riesig und aß jetzt genüsslich ihr Frühstück auf. Die lange Busfahrt war wieder eine Tortur, auf die Michiru nur zu gerne verzichtet hätte. Die Busse waren randvoll und ein Sitzplatz hatte sie heute auch nicht ergattern können. Genau wie die letzten zwei Tage raste kurz bevor sie ihr Ziel erreichten ein Motorradfahrer in einem mörderischen Tempo an ihnen vorbei. Es war für Michiru wirklich ein Wunder, dass dieser noch lebte, so wie der fuhr. Sie war der Meinung, dass der Fahrer die Schuluniform ihrer Schule getragen hatte also musste er auch ein Schüler von ihr sein. Das Wort "Schüler" erinnerte sie wieder daran, dass sie heute den blonden Sportler unterrichten musste und ließ sie augenblicklich nervös werden. Sie brachte ihre Tochter noch bis zur Klasse und machte sich dann erst zum Lehrerzimmer und dann zu ihrem Unterricht. Modernes Japanisch würde sie zum Glück erst in der vierten Stunde haben.
 

Haruka hatte es gestern doch tatsächlich noch geschafft einzukaufen und hatte so heute Morgen auch mal gefrühstückt. Gut drauf war sie aber dennoch nicht. Wie auch? Es war immer noch viel zu früh für ihren Geschmack und der bevorstehende Japanisch Unterricht verbesserte ihre Laune nicht gerade. Und jetzt kamen auch noch die Jungs mit denen sie sich gestern angelegt hatte auf sie zu. Sie saß bereits im Klassenraum an ihrem Tisch und beachtete die Typen gar nicht.

„Hey, Tenoh-kun! Ich hoffe, du hast inzwischen begriffen, dass du dich von Kaioh-sensei fernhältst. Oder sollen wir dir nochmal ‘ne Abreibung verpassen?“

„Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern eine Abreibung erhalten zu haben. Ihr wart es doch, die wie Mädchen geschrien haben!“ grinste sie überheblich.

„Was hast du gesagt?“

„Ihr habt mich schon richtig verstanden. Wie kommt ihr überhaupt darauf, dass sie auch nur einen von euch unreifen Typen an sich ranlassen würde? Die spielt wirklich nicht in eurer Liga Jungs.“ sagte Haruka arrogant.

„Ach, aber in deiner schon, oder wie?“

„Mit dir kann die doch erst recht nichts anfangen! Die will ‘nen richtigen Kerl und nicht so was … Halbes wie dich.“

„Genau, also halt dich fern von ihr!“

Jetzt wurde Haruka wieder wütend und erhob sich.

„Ich sag das jetzt nur noch einmal, verstanden? Keiner von euch wird sie anrühren!“ drohte sie und sah wirklich zum Fürchten aus.

„Das hast du nicht zu bestimmen, Schlampe!“

Haruka wollte gerade auf ihn losgehen, wurde aber festgehalten.

„Hey, ganz ruhig Leute. Beruhigt euch lieber, bevor der Lehrer noch kommt. Tenoh-kun, du hast schon genug Abmahnungen also lass das lieber.“

Takuya war dazu gestoßen und versuchte die Stimmung zu entschärfen. Die Jungs warfen Haruka noch ein paar abfällige Blicke zu und gingen dann zu ihren Plätzen. Haruka riss sich von ihm los und ließ sich nicht weniger wütend auf ihren Stuhl fallen.

„Was ist denn mit dir los? So leicht lässt du dich doch sonst nicht provozieren.“ fragte Takuya und setzte sich ebenfalls.

„Ich weiß auch nicht. Diese Frau macht mich einfach wahnsinnig.“ stöhnte Haruka und ließ ihren Kopf in die Hände fallen.

„Welche Frau?“ fragte der Junge irritiert.

„Sag mal, kriegst du überhaupt nichts mit? Die Lehrerin natürlich!“

„Die Lehrerin? Du meinst Kaioh-sensei? Was hat sie denn getan?“

Haruka sah ihn an, als wäre er ein Außerirdischer oder so.

„Du hast wohl überhaupt keine Augen im Kopf, oder? Hast du sie dir mal angesehen?“

„Ja gut, sie sieht wirklich toll aus aber das ist doch noch lange kein Grund so durchzudrehen.“

„Toll? Du leidest echt an Geschmacksverirrung! Sie ist mit Abstand die schönste Frau dieses Planeten!“

„Du übertreibst. Also wenn du nicht von der Schule fliegen willst, vergiss sie. Und wegen der Typen da vorne brauchst du dir echt keine Sorgen machen. Du weißt doch, dass die nur dumme Sprüche klopfen. Die würden sich im Leben nicht trauen Kaioh-sensei anzusprechen.“

„Ja, da hast du wohl recht. Aber vergessen kann ich sie einfach nicht. Glaub mir, ich versuch nichts anderes mehr.“ seufzte Haruka.

Takuya kam nicht dazu etwas darauf zu erwidern, da der Lehrer in die Klasse kam. Schenkte ihr aber noch einen aufmunternden Blick. Die ersten Stunden vergingen schnell, etwas zu schnell für Haruka. Jetzt würde es nur noch wenige Minuten dauern, ehe sie die Klasse betreten würde. Die dritte Stunde war vorbei und Haruka starrte nur noch die Tür an. Ihr Herz raste bereits und sie konnte einfach nicht ihr Bein stillhalten. Auf einmal stellte sich jemand direkt vor ihren Tisch, so dass ihr die Sicht verhindert wurde. Sie achtete nicht auf die Person und sah einfach an ihr vorbei die Tür wieder an.

„Tenoh-kun?“

Genervt hob Haruka den Kopf. »Oh, Schande! Was will die denn jetzt?« Es war das Mädchen, welches sie vor zwei Tagen hier in der Klasse verführt hatte.

„Was denn?“ fragte sie nicht weniger genervt.

„Ähm, … ich w … wollte dich fragen, ob … wir nicht zusammen essen wollen, in der Pause.“

Sie war doch etwas eingeschüchtert von dem Blick der Blonden.

»Bitte nicht schon wieder! Warum können die mich mit diesem Kram nicht mal in Ruhe lassen?«

„Sorry, bin schon verabredet.“

Das war dieses Mal nicht mal gelogen.

„Was? Mit wem?“

Die Schüchternheit des Mädchens schien sich in Eifersucht umgewandelt zu haben und sah mit verärgertem Blick auf Haruka hinab.

„Das geht dich überhaupt nichts an.“

„Aber ich dachte…“

„Was dachtest du? Das wir nach der kleinen Nummer jetzt etwa zusammen sind oder so? Ich bitte dich, das hatte rein gar nichts zu bedeuten. Wir haben‘s nicht mal zu Ende gebracht und so überragend war es jetzt auch nicht also interpretier da bloß nicht so viel rein.“

Das Mädchen vor ihr war sichtlich geschockt. Sie kämpfte bereits mit den Tränen und schien ziemlich wütend zu sein.

„Du bist ein riesen Arschloch, Tenoh-kun!“ schrie sie ihr ins Gesicht und verpasste ihr eine satte Ohrfeige.

Autsch! Ja, sie hatte schon fast damit gerechnet. Wütend stampfte das Mädchen zu ihrem Platz zurück, so dass sich Haruka wieder der Tür zuwenden konnte, und hätte fast einen Herzinfarkt bekommen! »Das darf doch nicht wahr sein! Oh Gott, bitte nicht! Diese Frau hat echt ein verdammt schlechtes Timing!«
 

In der Tür stand natürlich Michiru, die vor wenigen Sekunden den Klassenraum betreten hatte. Sie hatte nur den letzten Satz des Mädchens und die Ohrfeige mitbekommen und sah doch etwas irritiert aus. »Was war das? Wieso hat sie ihn geschlagen? Was hat er getan?« Michiru war wirklich neugierig. Als Lehrerin hatte sie zwar durch aus das Recht und wahrscheinlich auch die Pflicht nachzufragen aber sie hatte sich vor dem Unterricht geschworen diesen Jungen heute einfach zu ignorieren, damit sie nicht wieder anfing ihn unnötig zu bestrafen. Also ging sie zum Lehrerpult und begann mit dem Unterricht. Es war echt eine Qual. Sie schaffte es zwar ihn einfach links liegen zu lassen aber er hörte einfach nicht auf sie anzustarren und das machte sie Wahnsinnig! Das schlimmste daran war, dass ihr diese Blicke mehr als gefielen und sie hätte sie nur zu gerne erwidert, was sie noch mehr verwirrte. Zu allem Überfluss hatte der Junge auch noch seine Hausaufgaben nicht gemacht und dabei ist sie doch wieder "ein wenig" streng geworden. Am liebsten würde sie diesen Kerl einfach umbringen! Wieso nur machte er sie so verrückt? Sie kannte ihn doch gar nicht und offenbar war er ein riesen Arsch, der mit jedem Mädchen sofort ins Bett sprang (oder aufm Tisch im Klassenzimmer!), also warum fand sie ihn so anziehend? Nach einer Ewigkeit, wie es ihr vorkam klingelte es endlich und noch bevor sie den Unterricht beendete, sprang der Blonde auf und verließ den Raum, genau wie in der letzten Stunde. Sie hätte wirklich gerne gewusst, warum er das tat. Seine Blicke waren mehr als eindeutig also warum lief er dann weg vor ihr? War es, weil sie seine Lehrerin war und er doch noch so viel anstand besaß sich nicht auf so etwas einzulassen? Eigentlich hätte sie ihn nicht als jemandem eingeschätzt, der auf Regeln, egal welcher Art, Rücksicht nahm. Sie beendete die Stunde schnell und begab sich dann ins Lehrerzimmer.
 

Haruka flüchtete natürlich sofort zu Hotaru. Dieses Mal war sie sogar noch vor ihr da. Sie ließ sich ins Gras fallen und lehnte sich hinter ihr an die Wand des Gebäudes. Ihr Herzschlag hatte sich immer noch nicht wieder beruhigt und heiß war ihr auch wieder mächtig geworden. Schon nach wenigen Minuten kam die kleine Schwarzhaarige um die Ecke gelaufen und fing sofort an zu strahlen, als sie Haruka entdeckte.

„Ruka!“ rief sie und warf sich ihr um den Hals.

„Hey, nicht so stürmisch. Du wirfst mich ja um.“

„Ich freu mich so, dass du wieder da bist.“

„Hab ich doch gesagt.“

Die Kleine löste sich von ihr und setzte sich neben die Große an die Wand.

„Hier, meine Mama hat dir auch wieder was zu essen gemacht.“

„Dann richte ihr wieder ein Danke aus, ja? Ich finde immer noch ich sollte dafür bezahlen, wenn sie wüsste wie alt ich bin, würde sie mit Sicherheit ‘nen Anfall bekommen.“ redete sie mehr mit sich selbst.

„Ich hab ihr gestern gesagt, wie alt du bist.“

„Was? Und sie hat mir trotzdem was gemacht? Wieso?“

„Ich hab sie darum gebeten, weil du das doch so gerne magst. Sie war zwar auch ziemlich überrascht aber sie hat mir erlaubt dich weiterhin zusehen. Aber sie möchte dich unbedingt kennenlernen.“

„Das kann ich gut verstehen. Mach dir aber nicht allzu große Hoffnungen, dass sie mich mag. Ich bin nicht gerade ein geeignetes Vorbild für dich und das wird ihr wohl schon nach zwei Minuten klar sein.“

„Aber ich mag dich also wird sie dich auch mögen.“ bestimmte Hotaru für sich, obwohl sie sich nicht ganz sicher war, ob es auch wirklich so sein würde.

„Na, wenn du meinst. Du kennst sie besser als ich.“

Die Beiden machten sich übers Essen her und Haruka war wieder hin und weg. Hotaru konnte sich nur amüsieren über die Freude der großen.

„Ruka? Sag mal, hast du einen Freund oder eine Freundin?“ fragte die Kleine etwas später.

Haruka blinzelte sie ein paar Mal verwundert an. »Freundin? Wieso fragt die mich nach ‘ner Freundin? Die kann doch unmöglich schon was von Lesben wissen, oder doch?«

„Äh nein, keines von beiden. Aber wieso fragst du mich, ob ich eine Freundin habe? Ich mein, es ist zwar richtig, dass ich auf Frauen stehe, aber woher weißt du davon?“

„Meine Mama hat mir davon erzählt.“

„Ach ja?“

»Welche Mutter erzählt ihrer sechs jährigen Tochter etwas über Homosexualität?« Haruka kam diese Frau immer merkwürdiger vor. Sie machte ihr was zu essen und erlaubte ihrer Tochter Zeit mit ihr zu verbringen, obwohl sie wusste, dass sie siebzehn war und jetzt auch noch das.

„Ja, und ich dachte mir schon, dass du nur Mädchen magst.“ lächelte die Kleine.

„Du hast es dir gedacht? … Sag mal, du bist doch wirklich erst sechs, oder?“

„Ja, bin ich. Wieso?“

„Naja, ich hab das Gefühl du kapierst schon mehr als manch Erwachsener.“

Hotaru sah sie nur verwirrt an als würde sie nicht so ganz verstehen was Haruka meinte.

„Ach was, ist eigentlich auch egal.“ winkte Haruka ab und widmete sich wieder ihrem Essen zu.

Hotaru hatte jetzt schon genug gegessen also gab sie den Rest ihrer großen Freundin, die auch gleich alles verschlang. Die Pause ging mal wieder viel zu schnell um und so musste Haruka wieder zurück. Traurig ließ Hotaru sie gehen aber nur mit dem Versprechen, dass sie Morgen wieder kommen würde.

Haruka kam natürlich auch am nächsten Tag zu ihr und auch die weiteren Tage in den nächsten Wochen. Es war das Einzige, was sie ein wenig von der Lehrerin ablenken konnte. Sie hatte das Gefühl, dieses Verlangen nach ihr wurde immer stärker und unerträglicher. Nicht in einer Stunde, konnte sie sich auf den Unterricht konzentrieren, so dass sie mit jedem Tag schlechter wurde. Ihre Hausaufgaben machte sie auch nie, dafür hätte sie ja darauf achten müssen, was sie aufbekam.
 

Michiru verzweifelte währenddessen langsam an diesem Jungen. Mit der Zeit viel ihr es zwar etwas leichter einfach über ihn hinweg zusehen aber da seine Noten immer weiter absackten, konnte sie ihn nicht länger ignorieren. Wenn er den Kurs nicht bestand, würde man sie dafür verantwortlich machen und das konnte sie überhaupt nicht gebrauchen. Des Weiteren hatte sie versucht herauszufinden wer wohl diese Ruka sein könnte. Wenn sie siebzehn war und auf diese Schule ging, müsste sie sie eigentlich aus dem Unterricht kennen. Aber ein Mädchen mit dem Namen Ruka gab es nicht im letzten Jahrgang und auch nicht in den Anderen. Ruka musste also eine Abkürzung oder ein Spitzname sein. Sie wusste nicht, ob Hotaru den ganzen Namen von diesem Mädchen wusste und wollte auch nicht danach fragen. Seitdem ihre Tochter ihr auch noch erzählt hatte, dieses Mädchen würde lesbisch sein, war ihr Interesse noch mehr gestiegen aber da auch sie eine Schülerin war, wollte sie so wenig wie möglich von ihr wissen. Dieses Mädchen zu vergessen war, im Vergleich zu dem Jungen, sogar sehr einfach. Es waren jetzt drei Wochen vergangen, seitdem sie hier angefangen hatte und wenn sie nicht langsam mal anfing diesem Jungen Modernes Japanisch beizubringen, würde es zu spät sein. Sie saß im Lehrerzimmer und dachte Fieberhaft darüber nach, wie sie ihm helfen konnte, ohne mit ihm ganz alleine in einem Raum reden zu müssen, ohne ihn überhaupt ansprechen zu müssen. Doch ihr wollte einfach nichts einfallen. Seufzten ließ sie ihren Stift aufs Papier fallen und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.

„Was ist los Kaioh-sensei, haben sie ein Problem?“ fragte eine Kollegin ein paar Plätze weiter.

„Ach, einer meiner Japanisch Schüler droht durch den Kurs zu fallen und ich weiß nicht wirklich, wie ich ihm helfen kann.“ seufzte sie noch einmal.

„Oh, worin genau liegt denn das Problem? Versteht er den Inhalt nicht oder ist es was anderes?“

„Tja, wenn ich das wüsste. Er passt einfach nicht im Unterricht auf, macht nie seine Hausaufgaben, wenn ich ihm im Unterricht eine Frage stelle, kann oder will er sie nicht beantworten und in den Tests beantwortet er auch nicht eine Frage.“

„Oje, das hört sich ja fast so an, als würde er den Unterricht verweigern. Um welchen Schüler handelt es sich denn? Vielleicht kenne ich ihn ja.“

„Sein Name ist Tenoh Haru....“

„Ach, Tenoh-san, dann geben Sie sich keine Mühe. Da kommen Sie niemals ran.“ wurde sie gleich von der Lehrerin unterbrochen.

„Wie meinen Sie das? Ich kann ihn doch nicht einfach durchfallen lassen.“

„Ihnen wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Dieses Kind macht immer was es will. Schon seitdem sie hier auf die Schule gekommen ist. Der Direktor hat sie nur noch nicht von der Schule geworfen, weil sie sehr viel Geld und Ruhm in diese Schule bringt. Ich glaube auch, dass er ein heimlicher Fan von ihr ist. … Naja, und eigentlich ist sie sehr intelligent, zeigt es aber nicht besonders oft.“

Die Worte der Frau brauchten einige Minuten bis sie Michirus Gehirn verarbeitet hatten. »SIE???«

„Ähm, Entschuldigung aber wieso "sie"?“ fragte sie dann auch gleich entsetzt nach, nur für den Fall, dass sie sich verhört hatte.

„Oh, das wussten Sie noch nicht? Ich sag ja, sie bringt nur Unruhe in diese Schule. Das war ihr erster Regelverstoß, den sie bis heute aufrechterhält. Sie ist ein Mädchen, und nur durch eine mir völlig unbegreifliche Sondergenehmigung vom Direktor, darf sie die Schuluniform der Jungs tragen.“

Michiru saß nur völlig perplex da und starrte mit offenem Mund und großen Augen ihre Kollegin an. »Ein Mädchen?! Eine Frau?! Das is jetzt nicht wahr, oder? Das kann doch gar nicht sein! Das wär mir doch aufgefallen! Oh mein Gott, wie konnte ich das nur übersehen?!« In der Türkishaarigen wirbelten gerade sämtliche Gefühle durcheinander. Endlich verstand sie woher diese Anziehung kam und war einerseits richtig froh, dass sie sich doch nicht in einen Kerl verguckt hatte, andererseits machte diese Tatsache alles nur noch komplizierter. Wie sollte sie sich denn jetzt noch zurückhalten können? Es war offensichtlich, dass die Blonde etwas von ihr wollte und lesbisch war und jetzt konnte sie sich auch endlich eingestehen, dass sie sie auch wollte. Aber sie war ja immer noch ihre Schülerin und auch noch jünger als sie. Minderjährig! Oder war sie vielleicht schon achtzehn? Das musste sie auf jeden Fall herausbekommen…

„Kaioh-sensei, ist alles in Ordnung?“

„Äh … ja, klar. Tut mir leid.“

Sie schüttelte kurz mit dem Kopf, um wieder klar denken zu können. Dann drang auch der Rest von dem was die Frau erzählt hatte zu ihr durch.

„Sie sagten eben noch sie würde viel Geld und Ruhm in die Schule bringen, wie war denn das gemeint? Hat sie so reiche Eltern?“ fragte Michiru dann hinterher.

„Nein, hat sie nicht. Das ist auch das Einzige, was mich zumindest ein bisschen nachvollziehen lässt, warum sie so ist, wie sie ist. Ich habe gehört ihre Eltern sollen schon vor vielen Jahren ums Leben gekommen sein. Aber sie hat wohl eine Menge Geld von ihnen geerbt und ist außerdem ein berühmter Rennfahrer. Haben sie noch nie etwas von ihr gehört? Man findet ihr Gesicht in jedem Klatschmagazin.“

„Nein, so etwas lese ich eigentlich nicht.“

»Aber ich werd mir nachher auf jeden Fall eins kaufen!«

„Naja, ist wohl auch besser so. Wirklich positives steht da nicht drinnen, obwohl in letzter Zeit ist es ziemlich ruhig um sie geworden. Sie hat schon länger keinen Skandal mehr ausgelöst.“

„Skandal? Was hat sie den für Skandale ausgelöst?“

„Ach, da ging es eigentlich immer um irgendwelche Affären von ihr. Welche Frau sie nun schon wieder rumgekriegt hatte oder was sie unverschämtes schon wieder gesagt hatte.“

„Wow. Sie meinen also, sie würde sich so wieso nichts von mir sagen lassen, oder?“

„Richtig. Obwohl, bei ihrem Aussehen vielleicht ja doch. Aber passen Sie auf, dieses Mädchen ist unberechenbar und schreckt vor nichts zurück. Nachher kommt sie Ihnen noch näher, als Ihnen lieb ist. Und sollte sie etwas tun was sie nicht wollen, findet sie sicher einen Weg ohne Schaden davon zu kommen, während sie alles verlieren. Also lassen sie dieses Mädchen am besten in Ruhe.“

Das gab Michiru wirklich zu denken. Sollte sie sich doch auf sie einlassen und sei es auch nur für eine Nacht, könnte sie es gegen sie verwenden und das würde sie ihren Job kosten. Eventuell sogar noch viel mehr. Wahrscheinlich würde ihre Tochter auch noch das Stipendium verlieren und sie müsste auch die Schule verlassen. Das könnte sie sich niemals leisten. Dass sie diesen Job so kurz nach ihrem Studium erhalten hatte, war reine Glückssache gewesen und das Geld hatte sie mehr als nötig gehabt. Aber war diese Tenoh denn wirklich so ein schlechter Mensch, dass sie so etwas machen würde? Ihr gegenüber war sie niemals verletzend gewesen, naja eigentlich hatte sie ja nicht mal mit ihr geredet, außer ein paar Worten vielleicht. Im Unterricht ließ sie ja alles mit sich machen und sagte nie ein Wort dazu, und Fragen beantwortete sie ja auch nicht. Hätte sie nicht mitbekommen, wie sie andere, und vor allem die Mädchen behandelte, würde sie sogar behaupten, sie sei schüchtern. Aber warum sollte jemand, der so im Rampenlicht stand und eine Frau nach der anderen abschleppte, ihr gegenüber schüchtern sein? Das wollte für sie sogar nicht zusammenpassen. Sie kam nicht mehr dazu, ihrer Kollegin zu antworten, da es zur nächsten Stunde klingelte. Und natürlich war ihr nächstes Unterrichtsfach Modernes Japanisch, in der Klasse, mit der Person, die sie jetzt gar nicht mehr erwarten konnte, zu sehen. Heute würde sie es sich nicht nehmen lassen, sie ganz genau anzusehen. Sie wollte sich wirklich sicher sein, dass sie ein Mädchen war, nicht dass es am Ende doch nicht stimmte.

Verwirrung

Haruka saß schon genauso nervös wie immer im Klassenzimmer und wartete, dass die Türkishaarige durch die Tür trat. Sie hatte wieder keine Hausaufgaben gemacht und dabei hatte sie wirklich versucht in der letzten Stunde aufzupassen. So langsam wusste sie nicht mehr, was sie machen sollte. Lange konnte das ja nicht mehr gut gehen. Sie hatte auch schon daran gedacht, ob es vielleicht möglich wäre die Klasse zu wechseln, in der Hoffnung einen anderen Japanisch Lehrer zu bekommen, aber eigentlich wollte sie das gar nicht. Obgleich es sie um den Verstand brachte diese Frau zu sehen, liebte sie es. Dieser Engel schien sie süchtig zu machen und gleichzeitig wollte sie nur noch weg, wenn sie da war. Weg, weil sie nicht näher ran durfte und, weil sie ihr irgendwie Angst einjagte. Warum hatte diese Frau so viel Macht über sie? Alles ließ sie sich von ihr gefallen und konnte sich überhaupt nicht wehren. Nicht mal andere schafften es sie aus ihrem Kopf zu vertreiben. Seitdem sie das Mädchen hier in der Klasse überfallen hatte, hatte sie keinen Sex mehr gehabt. Nicht, weil sie keine Möglichkeit dazu gehabt hätte oder sie nicht wollte, nein, sie konnte einfach nicht. Jedes Mal, wenn sie ein anderes Mädchen ansah, kam ihr das Gesicht der Lehrerin in den Sinn. Sie wollte kein anderes Mädchen mehr als sie und solange sie nicht bekam, was sie wollte, konnte sie sich auch auf nichts anderes mehr konzentrieren. Sogar auf ihr Motorradtraining wirkte sich ihre Verzweiflung aus. Normalerweise half ihr das alles zu vergessen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Jetzt wurde sie immer unkonzentrierter dabei. Sie wäre beim letzten Training sogar fast aus der Kurve geflogen, nur in letzter Sekunde hatte sie es geschafft das schlimmste zu verhindern und war so, mit nur leichten Prellungen und einigen Kratzern davongekommen. So war sie jetzt nicht nur unglaublich nervös, sondern hatte auch noch Schmerzen. … Und dann trat ihre Lehrerin durch die Tür. Haruka hatte das Gefühl sie würde mit jedem Tag schöner werden. Doch irgendwas war anders heute. Sie sah nicht wie sonst starr geradeaus, sondern traf auf einmal direkt ihren Blick. Vor Schreck hielt Haruka die Luft an und sah nur noch in diese wundervollen blauen Augen. Sie hatte nicht die geringste Ahnung wie lange dieser Augenkontakt hielt aber da sie schon zu ersticken drohte, musste es lange gewesen sein. Wie die Lehrerin mit dem Unterricht begann, bekam sie gar nicht mit. Auch nicht, worin es Inhaltlich in dieser Stunde ging. Irgendetwas musste passiert sein, denn die Schönheit benahm sich vollkommen anders als sonst. Ihre Blicke waren immer herablassend und angst einflößend gewesen, wenn sie sie doch mal ansehen musste, jetzt schienen ihre Blicke sie förmlich einzuladen und wie magisch anzuziehen. Das Ganze ließ sie mehr als unsicher werden und brachte sie völlig durcheinander. Sie konnte überhaupt nichts damit anfangen und anstatt, wie sonst jeder ihrer Bewegungen zu folgen, starrte sie nun ihren Tisch an. Die ganze Zeit über spürte sie diese blauen Augen auf sich liegen und hatte tierische Angst ihnen zu begegnen. Diese Doppelstunde schien sich bis ins Unermessliche zu ziehen und Haruka drehte langsam durch.
 

Michiru schaffte es einfach nicht ihren Blick wieder von der Blonden abzuwenden. Wie konnte sie nur so dämlich sein und sie für einen Mann halten? Jetzt war es für sie ganz offensichtlich, dass sie ein Mädchen war. Diese feinen Gesichtszüge und sportliche, aber schlanke Figur, konnten doch niemals einem Mann gehören! Sie erinnerte sich an jede einzelne Stunde zurück, in der sie sie gesehen hatte, und ihr wollte einfach nicht in den Kopf, wie ihr das nicht hatte auffallen können! Normalerweise war sie ein sehr aufmerksamer Mensch und bekam viele Dinge mit, die andere übersahen, aber dieses Mal, muss sie wirklich ein Brett vorm Kopf gehabt haben. Naja, vielleicht hatte sie die Wahrheit auch einfach nicht sehen wollen. Was sollte sie denn jetzt machen? Sie war ihre Schülerin! Eigentlich durfte sie nicht einmal daran denken, was mit ihr anzufangen, aber ihre Gedanken hielten nicht still und so starrte sie die Blonde weiterhin an. Da es draußen immer noch ziemlich warm war, trugen die meisten Schüler auch noch ihre Sommeruniform, genau wie die Sportlerin. Sie trug also nur ein kurzärmliges Hemd und Michiru versuchte die ganze Zeit die Brust darunter zu erkennen. Man musste wirklich schon genau hinsehen, um sie zu bemerken, besonders weil die Blonde sich nach vorne, über ihren Tisch gebeugt hatte und das weite Hemd so einfach keine Konturen preisgab! Sie fragte sich auch, ob sie sie vielleicht extra versteckte oder es gar nicht nötig war. Obwohl, warum sollte sie sie verstecken, wenn doch alle wussten, dass sie ein Mädchen war? Der Gedanke ihr dieses lästige Stück Stoff vom Leib zu reißen, wurde immer reizvoller für sie. Die anderen Schüler versorgte sie mit vielleicht doch etwas zu schwierigen Aufgaben aber so waren sie allesamt beschäftigt und sie konnte sich voll und ganz auf die Blonde Konzentrieren. Dass sie schon wieder ihre Hausaufgaben nicht abgab kommentierte sie heute nicht, wegen dieser Sache hatte sie bereits etwas anderes geplant. Für sie waren die zwei Stunden auch etwas zu lang gewesen und so war sie froh als es endlich klingelte. Die Sportlerin wollte schon wieder aufspringen und verschwinden, aber nicht heute!

„Tenoh-san, Sie warten bitte noch. Ich muss etwas mit Ihnen besprechen.“ sagte Michiru noch bevor sie ihren Platz richtig verlassen hatte.
 

Das entsetzten war Haruka Buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Sie konnte einfach nicht glauben, was sie gehört hatte. Sollte sie wirklich bleiben? Ganz alleine mit ihr in einem Raum? Wo niemand sonst war, der sie daran hinderte zu nehmen, was sie wollte? Oh Gott! Alle anderen um sie herum verließen langsam den Raum, während sie vollkommen erstarrt auf ihrem Platz saß. Ihre Lehrerin wartete geduldig bis auch der letzte Schüler den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch und sah sie die ganze Zeit mit einem Blick an, den Haruka einfach nicht deuten konnte.

„Sie wissen sicher, worum es geht, oder?“ wurde sie gefragt.

Haruka nickte nur vorsichtig. Zum Sprechen war ihr Mund viel zu trocken.

„Gut, dann erklären Sie mir doch jetzt bitte mal, warum Sie nie Ihre Hausaufgaben machen oder sonst irgendein Interesse an meinem Unterricht zeigen. Ich habe mir Ihre alten Arbeiten angesehen, Sie waren zwar noch nie überragend in Modernem Japanisch aber Sie schienen sich immerhin Mühe gegeben zu haben, weshalb ich nicht verstehe, warum Sie jetzt gar nichts mehr tun.“

Haruka hatte keine Ahnung wie sie aus der Sache wieder rauskommen sollte.

„Ähm, ... ich ... ich ... keine Ahnung.“ brachte sie schließlich hervor.

„Das ist keine Antwort.“

»Danke, das weiß ich selbst!« Haruka hielt diesem Blick der Schönheit einfach nicht mehr stand und, dass er sie so verunsicherte, machte sie wütend.

„Ich hab einfach keinen Bock auf dieses öde Fach, also lassen Sie mich in Ruhe!“ fauchte sie und stand auf.

Sie wollte so schnell wie möglich raus hier.

„Warten Sie. Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass Ihnen dieses Fach einfach zu langweilig ist. Sie waren ja schon vorher nicht besonders gut darin. Ich habe nicht vor, auch nur einen meiner Schüler durchfallen zulassen, also werde ich Ihnen helfen.“

Verwirrt von dieser Aussage drehte sich Haruka, die schon fast bei der Tür war, wieder um. »Sie will was? Wie?«

„Wie bitte meinen Sie das?“

„Ganz einfach, ich gebe Ihnen ein wenig Nachhilfe.“ lächelte sie sie an.

Haruka schluckte. Und das nicht nur wegen dem, was die Frau gesagt hatte. Das war das allererste Lächeln, was diese Frau ihr schenkte und es verpasste ihr am ganzen Körper eine Gänsehaut. Dann endlich drangen ihre Worte zu ihr durch. »Nachhilfe? Etwa ganz alleine mit ihr? Das geht auf keinen Fall!«

„Ich brauche keine Nachhilfe! Dieses Fach ist einfach ätzend und ich werde bestimmt nicht noch mehr Zeit damit verschwenden, also stecken sie sich Ihre dämlich Hilfe sonst wohin!“

Das süße Lächeln wandelte sich wieder in einen finsteren Blick um. Haruka hätte sich am liebsten die Zunge abgehackt. Sie wollte das Lächeln zurück.

„Wenn Sie sich nicht von mir helfen lassen wollen, wird es jemand anderes tun. Ich sagte schon, dass ich Sie nicht durchfallen lasse und ich glaube, Sie selber wollen das auch nicht. Also schlucken Sie Ihren falschen Stolz schon herunter und lassen sich helfen. Und Sie müssten lediglich Ihrer Pause dafür opfern.“

„Meine Pause? Ich werde bestimmt nicht meine Pause damit verbringen mit Ihnen Japanisch zu büffeln! Da hab ich was Besseres vor!“

Sie wollte wirklich nicht die Pause mit Hotaru verlieren. Es war die einzige Zeit in der sie die Kleine sehen konnte.

„Ich habe ja bereits gesehen, womit Sie Ihre Pause verbringen. Wenn sie nicht gleich von der Schule fliegen wollen, verschieben Sie solche Aktivitäten lieber auf nach der Schule und verbringen ihre Pause mit lernen.“

Das hat sie jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Verdammt! Haruka hatte es doch so schön geschafft die Sache zu verdrängen.

„Womit ich meine Pause verbringe, geht Sie einen Scheißdreck an!“ schrie Haruka fast.

„Nicht wenn Sie gegen Regeln verstoßen.“

Gott, diese Frau trieb sie echt in den Wahnsinn! Und warum blieb sie die ganze Zeit nur so verdammt ruhig?

„Also sind Sie jetzt fertig mit Ihrem Widerstand? Ich habe keine Zeit dieses Gespräch bis in die Ewigkeit zu verlängern. Ich erwarte, dass Sie Morgen in der großen Pause hier erscheinen.“ bestimmte die Türkishaarige und stand von ihrem Stuhl auf.

Haruka stand einfach nur geschockt da und beobachtete sie dabei, wie sie ihre Sachen einsammelte.

„Und wenn ich mich weigere?“ fragte sie aus Verzweiflung.

„Dann wird das Konsequenzen für Sie haben.“

„Ach, und welche bitte?“

„Wollen Sie das wirklich herausfinden? Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an. Es ist Ihr letztes Jahr an dieser Schule und sie wollen doch nicht die ganze Zeit umsonst hergekommen sein, oder? Ich werde Ihnen schon nicht allzu viel abverlangen also denken Sie gründlich darüber nach, ob Ihnen das Ihr falscher Stolz wirklich wert ist.“

Sie bewegte sich auf Haruka zu, weiter an ihr vorbei, doch als sie genau neben ihr war, blieb sie noch mal stehen und sah sie von unten verführerisch an.

„Sie brauchen nicht solche Angst zu haben, ich beiße nicht.“ grinste sie und ging dann weiter durch die Tür nach draußen.

»Was bitte war das denn jetzt?« Haruka war vollkommen verwirrt. »Wieso hat sie mich so angesehen? Was sollte dieser Blick? … Oh Gott, was mach ich denn jetzt nur?« Verzweifelt ließ sie sich auf einen der Stühle in der ersten Reihe fallen und versuchte sich erst mal wieder zu beruhigen.
 

Michiru grinste immer noch. Sie hatte es einfach nicht lassen können, die Blonde so zu verwirren. Es sah einfach zu süß aus, wie sie verzweifelt einen Ausweg zu suchen versuchte. Sie hatte natürlich maßlos übertrieben mit ihrer Drohung. Eigentlich hatte sie überhaupt kein Recht, sie zur Nachhilfe zu zwingen und vor allem ihre Pause zu streichen, aber sie wollte ihr unbedingt näher kommen. Wenigstens um herauszufinden was für ein Mensch sie wirklich war und ob sie vielleicht nicht doch etwas riskieren könnte. Naja, das tat sie eigentlich jetzt schon. Wenn die Blonde jetzt zum Direktor laufen würde und ihm von diesem Gespräch erzählte, wäre sie mit Sicherheit ihren Job los. Aber daran dachte sie im Moment nicht. Ihr Weg führte sie zunächst zum Lehrerzimmer zurück, wo zu ihrem Entsetzen der Geschichtslehrer Kohara mal wieder auf sie wartete. Der Kerl ließ einfach nicht locker, trotz der Erwähnung, dass sie eine Tochter besaß und ihrer inzwischen mehr als deutlichen versuche ihm klar zu machen, dass sie nichts von ihm wollte, lief er ihr ständig hinterher und war voll überzeugt davon, sie würde seine Anwesenheit genießen.

„Ah, Kaioh-sensei, da sind Sie ja. Sie sind aber heute spät dran. Gab es irgendwelche Probleme?“

„Nein Kohara-sensei, alles in Ordnung. Und sie haben Recht, ich bin sehr spät dran, also muss ich auch sofort los. Bis Morgen dann.“

So schnell sie konnte verließ sie den Raum wieder. Hinter der verschlossenen Tür hörte sie noch ein "warten Sie" aber Michiru dachte gar nicht daran und ging mit großen Schritten aus dem Gebäude über den Hof. Dort verlangsamte sie ihre Schritte ein wenig und atmete erleichtert aus. In ihren Augenwinkeln bewegte sich in der Ferne etwas, wodurch sie ihren Kopf in die Richtung drehte. Auf dem Parkplatz setzte sich gerade jemand auf sein Motorrad. Michiru traute ihren Augen kaum. Es war tatsächlich die blonde Sportlerin. »Na sieh mal einer an. Dann ist sie also diejenige, die jeden Morgen an unserem Bus vorbeirast, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her. … Interessant.« Sie beobachtete noch wie sie den Motor aufheulen ließ und dann in Wahnsinns Geschwindigkeit vom Parkplatz fuhr. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht, ging sie weiter zur Grundschule, wo Hotaru schon ungeduldig wartete.

„Mama! Wo bleibst du denn? Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!“ rief die Kleine und rannte auf sie zu.

„Tut mir leid, mein Schatz. Ich hatte noch etwas zu besprechen.“

Sie drückte ihre Tochter ganz fest an sich und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Wieso bist du denn so glücklich?“ fragte Hotaru neugierig.

„Was? Wie kommst du darauf?“

„Na, du lächelst ganz Doll, deswegen.“

„Ach, ich freu mich einfach dich zu sehen. Außerdem ist doch so ein schönes Wetter.“
 

So ganz kaufte Hotaru ihrer Mutter das nicht ab. Es war schließlich schon seit Wochen schönes Wetter und sie sah sie ja jeden Tag. In den letzten Tagen und Wochen hatte sie das Gefühl ihrer Mutter würde es nicht so gut gehen. Sie benahm sich zwar nicht anders als sonst, schien aber irgendwie mit den Gedanken wo anders zu sein. Manchmal musste sie sie ganze drei Mal rufen, bis sie reagierte und erst gestern hatte sie das Abendessen völlig verkocht, obwohl ihr das sonst nie passierte. Umso merkwürdiger fand Hotaru es nun, dass sie überglücklich wirkte.

„Was ist, hast du Lust noch in den Park zu gehen?“ wurde sie in ihren Gedanken unterbrochen.

„Au ja!“ strahlte die Kleine.

Also völlig egal was es gewesen ist, dass ihre Mutter so glücklich gemacht hatte, es sollte ruhig noch ein wenig länger anhalten.
 

Michiru nahm sie an die Hand und gemeinsam machten sie sich auf den Weg in den Park. Sie gingen eine Weile spazieren bis sie an einem Spielplatz vorbei kamen, den Hotaru unbedingt in Beschlag nehmen wollte. Während die Kleine los zum Sandkasten lief, setzte sich Michiru auf eine der Parkbänke. Sie beobachtete wie ihre Tochter vergnügt spielte und strahlte noch mehr, als die sich zu zwei anderen Kindern traute. Für sie war es einfach unglaublich wie viel Selbstbewusstsein die Kleine in ein paar Wochen entwickelt hatte. Diese Ruka schien ihr wirklich mehr als gut zu tun. Sie war viel offener und redseliger geworden, sogar ein bisschen frecher. Früher hatte Hotaru alles gemacht und ohne Widerworte akzeptiert was Michiru ihr sagte, heute war sie auch mal anderer Meinung. Es war zwar ein wenig schwieriger geworden aber sie freute sich darüber. Sie hatte sich schon immer Sorgen darüber gemacht, dass die Kleine so still war und keine Freunde fand. Jetzt brauchte sie das wohl nicht mehr zu tun. Ein wenig wunderte sie sich zwar immer noch darüber, dass diese Ruka ihre Pause mit einer sechs jährigen verbrachte, aber sie war ihr auch dankbar dafür. Das war auch der einzige Grund warum sie ihr weiterhin etwas zu essen für die Pause machte. Hätte sie nicht so einen positiven Einfluss auf ihre Tochter, würde sie niemals so einen Aufwand betreiben. Sie musste ja nicht nur mehr Lebensmittel kaufen, sondern auch noch morgens länger in der Küche stehen. Noch dazu schien dieses Mädchen ein Vielfraß zu sein. Sie verschlang das Dreifache von dem, was sie ihrer Tochter machen müsste. Hotaru hatte sie zwar als schlank beschrieben aber so ganz glauben konnte sie das nicht. Selbst wenn sie es damals gewesen war, heute müsste sie eigentlich schon kugelrund sein.

„Mama!“

Michiru wurde aus ihren Gedanken gerissen, als das schwarzhaarige Mädchen plötzlich vor ihr stand.

„Ja?“

„Ich krieg langsam Hunger. Können wir nach Hause?“

„Oh, du hast Recht. Es ist schon ziemlich spät geworden. Dann wollen wir uns mal auf den Weg machen.“

Sie nahm ihre Tochter wieder an die Hand, und seufzte bei dem Gedanken noch so lange mit diesem blöden Bus fahren zu müssen. Am liebsten wär sie in ein Taxi gestiegen aber dafür reichte ihr Geld einfach nicht.

„Mama, hast du schon eine neue Wohnung gefunden? Ich hab überhaupt keine Lust mehr auf den langen Weg.“

Die kleine sprach ihr aus der Seele.

„Nein, leider nicht, mein Schatz. Ich bemüh mich wirklich, aber das ist nicht so einfach. Ein wenig wirst du dich noch gedulden müssen.“

Sie sah wirklich jeden Tag die Wohnungsanzeigen in der Zeitung durch aber entweder waren die Preise unbezahlbar für sie, die Wohnung viel zu klein oder genauso weit weg von der Schule, wie ihre jetzige Wohnung. Außerdem hatte sie auch überhaupt keine Zeit sich mal ein Objekt genauer anzusehen. Als sie durch die Straße zur Bushaltestelle gingen, kamen sie an einem Kiosk vorbei.

„Warte mal, Hotaru-chan. Ich werd mir gleich die neue Zeitung mitnehmen, vielleicht finde ich dieses Mal etwas Passendes darin.“

Hotaru nickte heftig und folgte ihrer Mutter in den Laden hinein. Die Kleine rannte sofort zu den Kinder Zeitschriften hin und sah sich um. Michiru griff sich die aktuelle Zeitung und wollte zu ihr gehen, als ihr plötzlich ihre begehrte Schülerin entgegen grinste. Abrupt blieb sie stehen und blinzelte ein paar Mal. Dann sah sie sich um, als würde sie etwas Verbotenes vorhaben und schlich sich schließlich zu der Zeitschrift, auf dessen Cover die Sportlerin abgebildet war. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, als sie das Magazin in die Hand nahm und das gesamte Bild zu sehen bekam. Die Blonde trug ihren Rennfahreranzug und grinste cool in die Kamera. Michiru hätte dahin schmelzen können, so heiß fand sie das Bild.

„Mama?“

Erschrocken zuckte die Türkishaarige zusammen und presste sich die Zeitschrift vor die Brust, als wolle sie sie verstecken.

„Ja?“ fragte sie nervös.

„Darf ich die hier haben, bitte?“

Hotaru hielt ihr eine Zeitschrift nach oben und sah sie mit Hundeblick an.

„Ähm, ja natürlich.“

Die Kleine strahlte und lief zur Kasse. Erleichtert atmete Michiru aus und sah noch Mal das Bild an. So sehr sie es versuchte, sie konnte sich einfach nicht mehr davon trennen, also nahm sie die Zeitschrift mit zur Kasse. Sie legte sie mit der Tageszeitung auf den Tresen und nahm auch noch ihrer Tochter die Zeitschrift ab, die die Kleine verzweifelt versuchte selbst oben drauf zu legen, aber dafür war sie einfach zu klein. Nachdem sie alles bezahlt hatte, gab sie ihrer Tochter ihre zurück und ließ die anderen in ihrer Tasche verschwinden. Nun machten sie sich wirklich auf den langen Nachhauseweg und kamen auch irgendwann dort an.
 

Haruka war stinksauer, völlig verwirrt und total deprimiert. Wie konnte diese Frau es wagen ihr ihre Pause mit Hotaru wegzunehmen?! Und was zum Teufel sollte dieser Blick? Sie war über Stunden mit dem Motorrad quer durch die Straßen gerast, bekam aber einfach den Kopf nicht frei. Die Vorstellung so lange mit der Türkishaarigen in einem Raum zu sein, ganz alleine, war durchaus verlockend für sie und wenn sie nicht so ‘n wahnsinnigen schiss davor hätte, würde sie sogar mit Freuden auf ihre Pause verzichten. Aber sie hatte schiss, besonders nach diesem seltsamen Blick. Was hatte diese Lehrerin nur mit ihr vor und vor allem, was würde sie selbst tun? Könnte sie sich beherrschen oder bestand die Möglichkeit, dass sie einfach über sie herfiel? Noch dazu hielt sie die Lehrerin ja immer noch für einen Mann, das vermutete sie zumindest. Seufzend brachte sie ihre Maschine zum Stehen und ließ den Kopf hängen. »Warum nur hab ich solche Angst vor der Frau? Sie ist schließlich ‘nen ganzen Kopf kleiner und hat bei weitem nicht so Einfluss wie ich. .... Ach, verdammt!« Sie nahm sich den Helm vom Kopf und stieg von dem Motorrad ab, dann machte sie sich langsam zum Fahrstuhl auf, der in ihre Wohnung führte. Oben angekommen warf sie den Helm aufs riesige Sofa und ließ sich in ihrem Zimmer sofort in ihr Bett fallen. Nicht mal ausziehen wollte sie sich, nur die Schuhe streifte sie sich von den Füßen und lag einfach nur da, bis sie endlich eingeschlafen war.

Natürlich wurde sie am nächsten Morgen von ihrem verhassten Wecker geweckt und musste sich wirklich zusammen reißen ihn nicht gegen die Wand zu werfen. Mühsam quälte sie sich hoch und blieb erst mal an der Bettkante sitzen. Sie dachte ernsthaft darüber nach den Tag zu schwänzen und sich einfach wieder hinzulegen. Aber sie könnte sich ja schlecht jeden Tag vor der Lehrerin drücken und eigentlich wollte sie sie ja auch wieder sehen. Also stand sie doch auf und schleppte sich ins Badezimmer, um zu duschen. Viel zu lange stand sie dort unter dem warmen Wasserstrahl und musste sich wieder ohne Frühstück aus der Wohnung hetzen.
 

Michiru war todmüde. Sie hatte wirklich mühe ihre Augen offen zu halten und, dass sie auch dieses Mal in dem überfüllten Bus stehen musste, machte es auch nicht besser. Dadurch, dass sie gestern so spät nach Hause gekommen waren, hatte sich alles noch weiter nach hinten verschoben. Bis spät in die Nacht hatte sie Hausaufgaben kontrolliert, den Unterricht für heute zusammengestellt und auch noch zusätzliche Aufgaben für ihre Nachhilfeschülerin rausgesucht. Und dann hatte sie es auch nicht lassen können einen Blick in die Zeitschrift zu werfen. Es war ein reines Motorsportmagazin in dem es ausschließlich um irgendwelche Rennen, Motorräder oder Autos ging, also etwas, was sich Michiru niemals im Leben gekauft hätte, wäre da nicht diese eine Person auf dem Cover drauf gewesen. Und auch in der Zeitschrift fand die Türkishaarige haufenweise Bilder von der Blonden, die sie sich am liebsten Eingerahmt hätte. Nur die Bilder auf denen sie mit irgendeinem anderen Mädchen in ihrem Arm abgebildet war, hätte sie in der Luft zerreißen können und das waren auch nicht gerade wenige. Irgendwie hatten diese Bilder sie unsicher werden lassen. Die Sportlerin war schon mit so vielen Mädchen zusammen und konnte wirklich jede haben, warum sollte sie sich also ausgerechnet für sie interessieren? Okay, sie war schön, das war ihr Bewusst, aber die Mädchen auf den Fotos waren auch nicht gerade hässlich und zu dem auch noch einige Jahre jünger als sie. Sie würde sogar behaupten einige von denen waren nicht älter als vierzehn oder fünfzehn. Aber das Gestarre von der Blonden hatte sie sich bestimmt nicht eingebildet, trotzdem hatte sie nicht auch nur eine Andeutung gemacht. Auf diesen Fotos und auch in den paar Interviews machte das Mädchen auch einen völlig anderen Eindruck auf sie, als den, den sie im Unterricht von ihr bekam. In den Interviews nahm sie kein Blatt vor dem Mund, sagte immer was sie dachte, egal wen oder was sie damit beleidigte. Auf den Fotos wirkte sie stark, selbstbewusst und durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Im Unterricht sagte sie gar nichts, ließ sich von ihr herum schubsen und sogar erniedrigen. Sie flüchtete vor ihr, sobald die Stunde vorbei war und verlor sofort die Beherrschung, als sie gestern einfach nur mit ihr reden wollte. Dieses völlig widersprüchliche Verhalten verstand sie überhaupt nicht. Sie war sich sicher, die Rennfahrerin aus der Zeitschrift hätte ohne mit der Wimper zu zucken sich an sie heran gemacht und nicht locker gelassen, bis sie sie ins Bett bekommen hätte. Wieso tat sie es denn nicht auch in Wirklichkeit? Sie hatte ja gesehen, dass sie sich bei anderen Mädchen auch nicht zurück hielt. Lag es also an ihr? Daran, dass sie ihre Lehrerin war und sie diese Grenze einfach nicht überschreiten wollte, oder durfte? Wenn es so war, konnte Michiru wohl einpacken. Ihr war sowieso nicht ganz klar, was sie von diesem Mädchen wollte. Eine Beziehung mit der kam ja wohl überhaupt nicht in Frage. Schließlich hatte sie eine Tochter und was sollte die junge Rennfahrerin, die selbst fast noch ein Kind war, damit anfangen können? Und warum sollte sie überhaupt Interesse an einer Beziehung mit der Sportlerin haben? Sie war arrogant, eingebildet, egoistisch, kannte nicht den Ansatz von Manieren und Monogamie schien ein Fremdwort für sie zu sein. Trotzdem war da diese unglaubliche Anziehung und sie sah einfach göttlich aus. Der Typ für One-Night-Stands war Michiru eigentlich nicht, dennoch hätte sie dieses Mal wohl eine Ausnahme gemacht. Allein der Gedanke daran mit der Blonden..... »Oh Gott! Hör auf darüber nachzudenken! Das ist doch verrückt! Und führt zu überhaupt nichts! Sie ist immer noch deine Schülerin, also schlag dir das aus dem Kopf!« Zum Glück kam der Bus endlich an der Haltestelle an und sie flüchtete geradezu mit Hotaru daraus. Sie brachte ihre Tochter noch bis in ihre Klasse und ging dann zum großen Gebäude rüber. Der Vormittag verlief ohne Zwischenfälle ab und so kam die Pause doch ein wenig zu schnell für Michiru. Inzwischen fand sie ihre Idee der Großen Nachhilfe zugeben alles andere als gut. Sie hätte den Rat ihrer Kollegin beherzigen und das Mädchen einfach in Ruhe lassen sollen. Aber nein, sie hatte es ja nicht lassen können und jetzt musste sie irgendwie damit klar kommen. Insgeheim hoffte sie, die Blonde würde wirklich nicht das Geringste auf ihre Drohung legen und einfach nicht aufkreuzen. Dabei fiel ihr ein, dass sie heute Morgen überhaupt nichts von einem vorbei rasenden Motorrad mitbekommen hatte. Schwänzte sie also oder war sie nur zu spät gekommen? Michiru saß bereits in dem Klassenzimmer und wurde immer nervöser.

Nachhilfe

»Jetzt geh schon rein, verdammt!« Wie zur Salzsäule erstarrt stand Haruka vor der Tür und traute sich einfach nicht hinein. Sie wollte da unter keinen Umständen rein und trotzdem konnte sie es gar nicht erwarten. Ihre Hand lag schon halb auf der Klinke, wollte sich aber einfach nicht weiter bewegen. Sie wünschte sich gerade nichts sehnlicher, als bei Hotaru im Gras zu sitzen und genüsslich das Essen ihrer Mutter zu verschlingen. Der Gedanke daran, wie die Kleine sehnsüchtig auf sie wartete und dann voller Enttäuschung feststellen musste, dass sie nicht kommen würde, tat ihr unendlich leid. Was, wenn sie nie wieder mit ihr reden wollte und sie dafür sogar hassen würde? Das versetzte der Großen einen schmerzhaften Stich ins Herz. Ihr war die Kleine wirklich wichtig geworden und sie wollte sie nicht mehr verlieren. Wäre diese Lehrerin nicht so unendlich schön und würde ihr nicht komplett den Verstand vernebeln, wenn sie in ihrer Nähe war, würde sie sie über alle Maße hassen und umbringen für das, was sie ihr antat. Aber sie verzehrte sich geradezu nach der Anwesenheit der Türkishaarigen, also musste sie sich wohl für eine entscheiden. Und so drückte sie doch die Klinke herunter und betrat mit rasendem Herzen den Klassenraum.
 

Kaum, dass die Blonde den Raum betreten hatte, verflogen Michirus Nervosität, Zweifel und Vorsätze. Sie freute sich richtig, dass sie gekommen war und fand es einfach nur süß, wie sie da unsicher an der Tür stand. Sie war zwar nicht freiwillig gekommen aber dennoch musste es ja bedeuten, dass ihr zumindest die Schule nicht ganz egal war.

„Es freut mich, dass Sie doch gekommen sind, Tenoh-san. Bitte setzten Sie sich doch.“ lächelte sie sie freundlich an.
 

Oh Gott, dieses Lächeln riss Haruka komplett den Boden unter den Füßen weg. Ohne auch nur ein Wort zu sagen ging sie zu einem der Tische gegenüber dem Lehrerpult und setzte sich. Sie wagte es nicht der Lehrerin in die Augen zu sehen und starrte einfach nervös ihre Tischplatte an.

„Gut, dann wollen wir mal anfangen. Zunächst einmal, wüsste ich gerne, wo genau Ihr Problem liegt. Ich habe hier Ihre letzten Arbeiten liegen und Sie haben nicht mal versucht auch nur eine Frage zu beantworten. Verstehen Sie die Aufgaben nicht, liegt es an der Fragestellung oder wollten Sie sie wirklich nicht beantworten? So ganz nachvollziehen kann ich das nicht. Dass Sie hier sind beweist mir, dass Ihnen doch was an ihren Noten liegt also bitte erklären Sie mir das.“

Na toll! Was jetzt? Sie konnte ihr ja schlecht sagen, dass allein sie der Grund dafür war, dass sie sich überhaupt nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte und nicht mal wusste welches Thema sie gerade durch nahmen. Diese Frau war einfach Ablenkung pur. Sogar jetzt hatte sie Probleme sich auf ihre Worte zu konzentrieren und ihr nicht in den Ausschnitt der Bluse zu starren – die für ihren Geschmack doch etwas zu weit auf geknöpft war, um ein vernünftiges Gespräch mit ihr führen zu können. Haruka riss sich zusammen und atmete noch mal tief durch.

„Ich ... ich hab ... einfach Probleme … Ihrem Unterricht zu folgen.“

Das war zumindest die Wahrheit, verriet aber nicht den Grund dafür. Hoffentlich fragte sie nicht weiter nach.
 

Also lag es wirklich an ihr. Wie sollte Michiru ihr denn helfen, wenn sie der Grund für ihre schlechten Noten war? Es war wirklich eine dämliche Idee ihr Nachhilfe geben zu wollen, das würde ihr wohl auch nichts bringen. Aber es musste doch einen Weg geben ohne, dass sie die Klasse wechselte oder in dem Kurs durchfiel. Michiru würde wirklich zu gerne wissen, warum genau sie sie so sehr ablenkte. Lag es nur an ihrem Aussehen oder könnte noch mehr dahinter stecken? … Oder war es vielleicht etwas ganz anderes? Was wenn es an ihrer Art zu unterrichten lag? Sie hatte das Mädchen ja nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst und sie ziemlich links liegen gelassen. Wie konnte sie überhaupt annehmen die Sportlerin sei an ihr Interessiert? Wahrscheinlich hasste sie sie! Und nur sie allein war schuld daran! »Das hast du jetzt davon, sie nicht gleich als Frau erkannt zu haben! Wirklich ganz toll gemacht!«

„Sie können natürlich auch die Klasse wechseln, wenn Ihnen das lieber ist. Aber ich denke, wir sollten erst mal sehen, ob ich Ihnen nicht doch helfen kann. Vielleicht können Sie mir ja besser folgen wenn wir alleine sind und Sie die Möglichkeit haben, gleich nachzufragen. Sie können mich jederzeit darum bitten etwas zu wiederholen oder anders zu formulieren. Ihre Entscheidung.“
 

Haruka verstand überhaupt nicht wieso diese Frau auf einmal ihr Verhalten ihr gegenüber um hundertachtziggrad gewendet hatte. Warum war sie plötzlich so nett zu ihr und wollte ihr sogar helfen? Bis gestern hätte sie noch ihren Arm darauf verwettet, dass die Lehrerin sie hasste und überhaupt nicht ausstehen konnte. Also was könnte nur passiert sein, dass sie auf einmal so anders war? Harukas Angst wandelte sich langsam in Neugierde um. Sie hatte erwartet, die Lehrerin würde sie zu dieser Nachhilfe zwingen, um sie noch mehr zu foltern, aber offensichtlich lag sie da falsch. Vielleicht war das jetzt ihre Chance den Engel genauer kennenzulernen und eventuell sogar ein wenig Japanisch zu lernen. Sie hatte wirklich die Nase voll davon sich vor dieser Schönheit komplett zum Idioten zu machen und wollte ihr Beweisen, dass sie durchaus auch einen Verstand besaß. Sie musste es nur irgendwie schaffen ihr Verlangen zu kontrollieren und mehr darauf achten was ihr Gegenüber sagte, und nicht tat oder trug. Das konnte doch wohl nicht so schwer sein! Hoffnungen zwischen ihr und der Lehrerin könnte jemals mehr laufen, machte sie sich aber nicht. Für sie stand fest, diese Frau stand eindeutig auf Männer und ihre Lehrerin war sie ja schließlich auch noch. Normalerweise wäre das zwar kein Hindernis für sie gewesen aber bei dieser Frau, traute sie sich einfach nicht, es auch nur zu versuchen.

„Ich möchte die Klasse nicht wechseln. Also versuchen wir’s.“

Ein strahlendes Lächeln bildete sich wieder auf den Lippen der Türkishaarigen und Haruka wurde ganz komisch zu mute.

„Wundervoll. Ich habe Ihnen ein paar Aufgaben zusammengestellt. Wir sollten sie für den Anfang wohl gemeinsam durchgehen.“

Die Lehrerin stand mit ein paar Zetteln in der Hand auf und steuerte den freien Platz neben Haruka an. »Oh, bitte nicht näher kommen!« Aber das tat sie und rückte den Stuhl sogar noch etwas dichter an ihren Tisch heran, damit sie beide in die Unterlagen sehen konnten. »Ganz ruhig bleiben. Konzentriere dich einfach auf die Aufgaben und komm ja nicht auf die Idee sie anzusehen!« Das war aber alles andere als einfach. Es kostete sie einiges an Kraft ihre Aufmerksamkeit nicht der Lehrerin zu widmen, also nicht nur ihrem Körper, sondern ihrer Stimme. Irgendwie bekam sie es aber doch einigermaßen hin und je mehr Zeit verging, desto einfacher wurde es für sie. Sie hätte zwar trotzdem nichts lieber getan, als diese wundervollen Lippen zu küssen aber es war auch richtig interessant der Frau zuzuhören. Die Angst vor ihr verlor sie komplett und traute sich bei allem nachzufragen, was sie nicht verstand oder einfach noch mal hören wollte. Sie hätte echt niemals erwartet, dass die Türkishaarige so nett, freundlich und hilfsbereit war. Ab und zu erhielt sie auch wieder so komische Blicke und Andeutungen von ihr, die Haruka völlig aus der Fassung brachten, aber sie versuchte es zu ignorieren, da sie absolut nichts damit anzufangen wusste und sich weiter konzentrieren wollte. Ein weiteres Hindernis dafür dies einzuhalten war ihr Magen. Sie hatte Hunger. Richtig Hunger! Sie hatte schon drei Stunden Sport hinter sich und gefrühstückt hatte sie ja auch nicht. Der Gedanke an das himmlische Essen vor dem Hotaru jetzt völlig alleine Sitzen musste, ließ ihr das Wasser im Mund zusammen laufen. Ihr Magen hatte wohl irgendwann keine Lust mehr still vor sich hin zu leiden und fing laut an zu knurren. Haruka wäre am liebsten im Boden versunken. Dass die Lehrerin auch noch anfing zu lachen, machte das Ganze auch nicht besser und ließ sie sogar leicht rot werden.
 

„Entschuldige. Wir sollten es für heute vielleicht gut sein lassen. Die Pause ist noch nicht ganz vorbei also haben Sie noch genug Zeit sich etwas zu essen zu holen.“

Michiru musste sich wirklich zusammen reißen nicht weiter zu lachen oder der Blonden um den Hals zu fallen. Sie fand es einfach unglaublich süß, wie sie auch noch rot wurde. Die Nachhilfe war wirklich ein voller Erfolg gewesen. Nicht nur, dass sie es geschafft hatte, ihr ein wenig zu helfen, nein, sie konnte sogar mit ihr reden. Gut, es waren nur Themen zum Unterricht gewesen aber sie hatte immerhin mal ihre Stimme in ganzen Sätzen und normaler Tonlage zu hören bekommen. Und was für eine Stimme das war! Dieser sanfte, raue Ton war einfach unwiderstehlich. Er hatte sie auch dazu verleitet die Große wieder ein bisschen zu verwirren und verführerisch anzusehen. Sie wusste es war keine gute Idee aber es war fast schon ein Zwang. Leider ging die Blonde nicht darauf ein, was vermutlich auch besser so war. Aber ein wenig enttäuscht war sie schon darüber. Hieß das jetzt die Blonde hatte wirklich kein Interesse an ihr oder wollte sie nur nichts mit einer Lehrerin anfangen?

„Wirklich?“ fragte ihre Schülerin auf einmal.

„Ja. Ich gebe zu auch ein wenig hungrig zu sein also machen wir Morgen weiter. Ich schlage vor, dass Sie erst etwas Essen und dann herkommen sobald Sie fertig sind. Mit vollem Magen lernt es sich doch besser.“ lächelte sie.

„Gut, einverstanden. Also dann bis Morgen, Kaioh-sensei.“

Die Sportlerin stand auf, schenkte ihr sogar ein zaghaftes Lächeln und verließ dann den Raum. Michiru sah ihr einfach nur hinter her. Das war das allererste Mal, dass sie ihren Namen in den Mund nahm. Und das kurze Lächeln hatte ihr doch tatsächlich ein Kribbeln im Bauch verpasst. Mit einem Gefühl, als könnte sie schweben, stand sie auf, kramte ihre Sachen zusammen und machte sich dann auf in die Cafeteria, um auch noch was zu essen.
 

Nachdem Haruka die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte sie sich noch kurz dagegen und atmete erleichtert aus. Dann stieß sie sich von dieser ab und rannte los. Ohne Rücksicht auf Verluste lief sie aus dem Gebäude über den Hof zu dem Grundschultrakt. Sie hoffte inständig ihre kleine Freundin dort noch anzutreffen und dass sie nicht allzu sauer oder traurig sein würde. Viel zu schnell lief sie um die Ecke und wäre beinahe mit einem Baum zusammen gekracht, konnte aber gerade noch so eben und eben ausweichen.

„Taru-chan!“ rief sie erleichtert, als sie die Kleine im Gras entdeckte.

„Ruka!“

Die Schwarzhaarig sprang auf und rannte Haruka mit tränennassen Augen entgegen. Die Große bückte sich bevor sie bei ihr war und fing sie in ihren Armen auf.

„Ich dachte schon du kommst nicht mehr!“ heulte die Kleine richtig.

„Tut mir leid. Meine Lehrerin hat mich zum Nachsitzen verdonnert. Hey, beruhige dich. Jetzt bin ja hier.“

Hotaru löste sich schniefend von ihr, nickte einmal und zog sie dann hinter sich her zu der Stelle, an der sie das Essen hingestellt hatte.

„Hast du etwa auch noch nichts gegessen?“ fragte Haruka verwundert.

„Ich wollte auf dich warten.“

„Das musst du wirklich nicht, okay? Du kannst ruhig ohne mich anfangen.“

Sie setzten sich beide ins Gras. Haruka verlor keine Sekunde und griff sich gleich das für sie extra zubereitete Essen und schlang es hinunter.

„Warum musstest du überhaupt Nachsitzen?“ fragte Hotaru, die sich wieder beruhigt hatte und jetzt auch etwas aß.

„Das war eigentlich weniger ein Nachsitzen als vielmehr eine Nachhilfe. Ich bin ‘ne totale Niete im Modernen Japanisch und sie versucht mir zu helfen.“

„Ach so. Heißt das, du musst da öfter hin?“ fragte die Kleine vorsichtig.

„Ja, leider. Ich fürchte, ich kann nur noch ein paar Minuten der Pause mit dir verbringen. Sie hat mir erlaubt noch was zu essen aber dann muss ich zu ihr.“

„Etwa jeden Tag?“

„Ja.“

Hotaru sah überhaupt nicht glücklich darüber aus.

„Das finde ich blöd.“

„Ja, ich bin auch nicht begeistert darüber. Aber wir können uns ja wenigstens noch kurz sehen und gemeinsam essen.“

So ganz unglücklich konnte Haruka nicht sein. Eigentlich freute sie sich riesig darauf ihre Pause mit der Türkishaarigen verbringen zu können, jetzt wo die so nett zu ihr war. Und die Kleine konnte sie ja trotzdem noch kurz sehen. Für sie hätte es also gar nicht besser laufen können.

„Ich will aber die ganze Pause mit dir verbringen. Deine Lehrerin ist doof!“

Haruka musste sich ein Lachen verkneifen. Die Kleine sah wirklich süß aus, wenn sie sauer war.

„Hey, nimm ’s nicht so schwer. Du hast mir doch erzählt, du hättest eine neue Freundin in deiner Klasse gefunden. Verbring doch einfach den Rest der Zeit mit ihr. Sie wird sich bestimmt darüber freuen.“

Die Kleine schmollte einen Augenblick. Sie würde trotzdem lieber die Pause mit Haruka verbringen. Ihre neue Freundin konnte sie ja den ganzen Schultag über sehen, auch wenn sie schon gerne mit ihr spielen würde aber sie hatte ja sowieso schon so wenig Zeit mit der Großen und wollte die nicht noch kürzer machen. Aber sie konnte wohl nichts dagegen tun.

„Na gut. Aber essen tun wir auf jeden Fall noch zusammen, oder?“

„Natürlich. Ich kann doch unmöglich auf das Essen deiner Mutter verzichten. Glaub mir, ich bin schon völlig abhängig davon.“

Jetzt konnte die Kleine doch wieder lächeln und gab der großen auch noch den Rest ihres Essens. Kaum das Haruka den letzten bissen hinunter geschluckt hatte, läutete es zur nächsten Stunde. Sie verabschiedete sich schnell von der Kleinen und lief dann zurück über den Hof, um noch rechtzeitig zum Unterricht zu kommen.
 

Die letzte Stunde war vorbei und Michiru war immer noch auf Wolke sieben. Dieses blonde Mädchen hatte ihr doch tatsächlich völlig den Kopf verdreht, obwohl sie eigentlich gar nichts gemacht hatte. Das was man über eine Person in irgendwelchen Zeitschriften erfahren konnte war wirklich völliger Blödsinn. Jedenfalls hatte sie nicht viel von dem wilden Aufreißer zu Gesicht bekommen. Im Gegenteil. Sie war nett und höflich, zumindest dieses Mal. So ganz schlau wurde sie noch nicht aus ihr. Gestern hatte sie sie schließlich noch angeschrien und heute hatte sie nicht einmal rum gezickt, und sie sogar kurz angelächelt. Sie wollte auf jeden Fall herausfinden welche dieser vielen Seiten denn nun die wirkliche Tenoh Haruka beschrieb und hoffte inständig noch mehr von ihr zu erfahren. Sie war gerade beim Lehrerzimmer angekommen und öffnete die Tür.

„Ah, Kaioh-sensei. Schön dass ich Sie noch treffe. Ich würde gerne noch etwas mit Ihnen bereden.“

»Oh nein, nicht der schon wieder! Der will mir doch jetzt nicht noch den Tag verderben!«

„Tut mir leid, Kohara-sensei, aber ich muss los. Also könnten wir das nicht auf Morgen verschieben?“

„Aber Sie haben es gestern schon auf heute verschoben, da Sie ja nicht warten konnten und in der Pause heute waren Sie auch nicht auffindbar. Außerdem ist die Reise doch schon in zwei Wochen also.....“

„Warten Sie. Was denn bitte für eine Reise?“ unterbrach Michiru ihren Kollegen verwirrt.

„Hat Ihnen der Direktor etwa noch nichts davon erzählt? Es findet jedes Jahr am Ende des Sommers eine fünftägige Kulturreise des Abschlussjahrgangs statt und für gewöhnlich organisieren die Geschichts- und Japanisch Lehrer den Ablauf und alles darum herum. Da Sie die Vertretung für Tanaka-sensei sind, dachte ich, Sie würden ihn auch in dieser Hinsicht vertreten.“

„Äähhh.....“

Michiru war echt geschockt. Der Direktor hatte nicht ein Wort über diese Reise verloren, erst Recht nicht, dass sie mitfahren musste. Sie wüsste überhaupt nicht, wo sie ihre Tochter lassen sollte, wenn sie da mit musste. So eine Reise war wirklich das letzte was sie gebrauchen konnte. .... Obwohl, die Abschlussklasse? Das würde ja bedeuten ihre Lieblingsschülerin würde auch dabei sein. Ganze fünf Tage in denen sie sie fast von morgens bis abends sehen und vielleicht auch etwas intensiver mit ihr reden konnte? Das Klang wirklich sehr verlockend.

„... Also, ich weiß nicht. Ich werde gleich morgen den Direktor darauf ansprechen. Ich gebe Ihnen dann Bescheid, wenn ich weiß, ob ich mitfahre oder nicht. Also einen schönen Feierabend, Kohara-sensei.“

Die Türkishaarige hatte sich schon ihre Sachen geschnappt und wartete gar nicht darauf, was ihr Kollege sonst noch zu sagen haben könnte. Es wurde ihr wieder irgendetwas hinterher gerufen aber sie hörte gar nicht hin. Stattdessen machte sie sich schnell auf den Weg zu ihrer Tochter. Sollte sie wirklich auf diese Reise mit müssen, musste sie sich wegen ihr etwas einfallen lassen. Wenn der Direktor es verlangte, hatte sie überhaupt keine Möglichkeit abzulehnen, genauso wenig, wie sie damals ablehnen konnte die Vertretung in Modernem Japanisch zu übernehmen. Eigentlich wäre sie schon genug mit den anderen Fächern ausgelastet gewesen aber da sie neu war und den Job auf jeden Fall behalten wollte, hatte sie gar keine andere Wahl gehabt. Sie bekam nicht mal zusätzlich Geld dafür. Und sie fand sowieso schon, dass sie völlig unterbezahlt war. Schließlich war dies eine der Renommiertesten Privatschulen Japans und sie konnte sich nicht mal eine vernünftige Wohnung leisten. Naja, immerhin durfte ihre Tochter die Schule besuchen ohne, dass sie auch nur einen Yen dafür bezahlen musste. So hatte eben alles seinen Preis. Sie kam bei der Grundschule an, wo sie ihre Tochter freudestrahlend empfing und machte sich gemeinsam mit ihr auf den langen Heimweg.
 

„Hey, Tenoh-kun? Die Stunde is vorbei.“

„Was?“

Verwirrt blickte Haruka auf und sah in das freundliche Gesicht Takuyas. Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass die letzte Stunde beendet wurde. In ihren Gedanken war sie die ganze Zeit bei ihrer Lehrerin gewesen.

„Du benimmst dich echt seltsam in letzter Zeit. Die ganzen letzten Wochen warst du nur noch gereizt und in ‘ner totalen depri Stimmung. Und jetzt träumst du vor dich hin mit ‘nem breiten Lächeln im Gesicht? Darf ich fragen was dich so in Hochstimmung versetzt hat? Dann leg ich mir ‘nen Vorrat davon an.“ grinste er.

„Wirklich witzig, Niwa-kun. Es ist überhaupt nichts passiert. Darf ich nicht einfach mal gut drauf sein?“

Eigentlich sollte das wieder gereizt klingen aber dafür sah sie viel zu fröhlich aus. Stattdessen stand sie auf, um aus seinem Blickfeld zukommen aber er folgte ihr nach draußen.

„Klar darfst du gut drauf sein. Ich wollte ja nur wissen warum, weil das nicht gerade oft in letzter Zeit vorkommt. Ist dir eigentlich klar, dass dein Fanclub schon völlig durchdreht, weil du dich so merkwürdig aufführst. Da fällt mir ein, ich hab dich ewig nicht mehr mit irgend ‘nem Mädchen gesehen. Bist du auf einmal Abstinenz geworden?“

„Mein Fanclub? Meinst du etwa diese nervigen Hühner, die nichts Besseres zu tun haben, als mir ständig hinterher zu Dackeln?“

„Seit wann stört dich das?“

„Das is mir schon immer auf die Nerven gegangen. Ich hab ja gerne mein Spaß mit denen aber warum können die mich danach nicht einfach in Ruhe lassen?“

„Du hast wohl vergessen, dass das Frauen sind, was? Die wollen immer mehr. Naja, alle bis auf dich natürlich. Aber das beantwortet nicht meine Frage, warum du so merkwürdig geworden bist. Hat das etwa immer noch was mit Kaioh-sensei zu tun?“

Haruka bekam bei der Erwähnung ihres Namens ein solches Grinsen im Gesicht, dass wohl jeder darauf gekommen wär, dass Takuya genau ins Schwarze getroffen hatte.

„Oh Mann, Tenoh-kun! Du hast doch nicht wirklich ‘ne Lehrerin flach gelegt, oder? Wenn das raus kommt, fliegst du eiskalt von der Schule, und die Frau gleich mit! Musste das den unbedingt sein?“

„Alter, jetzt beruhigt dich mal wieder. Ich hab überhaupt nichts getan. Sie gibt mir nur ‘n bisschen Nachhilfe in Japanisch.“

Der Junge blieb vor Schreck stehen und sah ihr ungläubig hinterher. Erst nach einigen Sekunden löste er sich aus seiner starre und holte wieder zu ihr auf.

„Nachhilfe? Seit wann geben Lehrer denn Einzelunterricht? Wie hast du das denn hingekriegt?“

„Gar nicht. Sie hat mich dazu gezwungen. Ich hab noch versucht zu protestieren aber sie hat mir gar keine andere Wahl gelassen und mir einfach die Pause gestrichen.“

„Ach echt? Darf sie das überhaupt? Und wieso hast du protestiert? Ich mein, ‘ne bessere Chance an sie ran zu kommen gibt’s doch gar nicht. Oder willst du sie gar nicht mehr?“

„Doch klar. Aber hast du nicht mitbekommen, wie die mich behandelt hat? Ich dachte, die Frau hasst mich und würde mich nur quälen wollen. Außerdem steht doch wohl fest, dass die auf Männer steht. Ich glaub nicht, dass ich ‘ne Chance bei ihr hab.“

Takuya blieb zum zweiten Mal stehen.

„Tenoh Haruka hat Zweifel bei einer Frau landen zu können? Bist du krank oder so?“ fragte er nachdem er sie wieder eingeholt hatte.

„Ich bin einfach nur realistisch.“

„Ach, seit wann denn das?“

„Na, seitdem ich deswegen von der Schule fliegen kann!“ war sie jetzt doch ein wenig gereizt.

„Und? Hat sie dich denn nun gequält?“

Der Junge musste sich wirklich bemühen nicht loszulachen.

„Nein, im Gegenteil. Sie is auf einmal richtig nett zu mir. Keine Ahnung woher dieser Sinneswandel kommt.“

„Aahhh, daher deine gute Laune. So langsam wird mir alles klar.“

„Hä? Was wird dir klar?“

„Warum du dich so merkwürdig aufführst.“

„Na, dann klär mich mal auf.“

„Ach komm. Seit Wochen bist du mies drauf, weil dich die Frau ignoriert und nicht leiden kann und jetzt, wo sie nur einmal nett zu dir ist, schwebst du gleich im siebten Himmel. Außerdem traust du dich nicht sie anzusprechen oder auch nur zu versuchen bei ihr zu landen. ... Ich würde sagen, du bist total verknallt in sie.“

„Ver….. WAS? Hast du sie noch alle?! Ich bin doch nicht verknallt in die! Ich will die nur flachlegen, sonst gar nichts!“

„Und ob du das bist! Deine Reaktion bestätigt das nur noch. Oh Mann, ich glaub ‘s nicht! Wenn die Mädels das rauskriegen würden! Die werfen sich doch eine nach der anderen vom Dach! Und erst die Presse! Ich seh die Schlagzeile schon vor mir: "DIE BERÜHMTE RENNFAHRERIN UND FRAUENSCHWARM TENOH HARUKA HAT SICH VERLIEBT IN.…!"“

„Schhht! Halt die Klappe, du Idiot! Sonst hört dich noch jemand! Und überhaupt, wieso verliebt? Eben warn wir doch noch bei verknallt!“

Haruka war ihm regelrecht in den Rücken gesprungen, um ihm von hinten den Mund zu zuhalten. Sie befanden sich mittlerweile auf dem Schulhof, wo noch vereinzelt Schüler umher liefen. Takuya bekam sich gar nicht mehr ein vor Lachen und warf die Blonde so von sich ab.

„Dann gibst du also zu, dass du dich verknallt hast?“ fragte er, nachdem er sich einigermaßen wieder gefasst hatte.

„Natürlich nicht! Ich hab mich weder verknallt noch sonst irgendwas in diese Frau! Also hör auf so ‘n scheiß zu labern!“

„Hey, warum wehrst du dich denn so dagegen? Ist doch nicht schlimm, wenn es so ist. Naja, es hätte ja nicht unbedingt ‘ne Lehrerin sein müssen, aber so was kann man sich halt nicht aussuchen. … Hhmm, wie alt ist die eigentlich? So viel älter als wir, dürfte sie doch gar nicht sein, oder?“

„Ich hab keine Ahnung wie alt sie ist und es is mir auch völlig egal!“

Harukas gute Laune war jetzt gänzlich verflogen.

„Stimmt, bei wahrer liebe ist das Alter völlig nebensächlich.“ grinste er.

Er war sich sehr wohl bewusst, wie die Sportlerin auf solch eine Provokation reagieren würde und hatte vorsichtshalber schon mal ein paar Schritte Abstand genommen. Keine Sekunde zu früh, denn so konnte er gerade noch dem Griff der Blonde ausweichen und davon Laufen.

„Wir sehen uns Morgen, Tenoh-kun! Und erzähl mir wie die Nachhilfe war, ja?“ rief er ihr noch lachend hinter her, ehe er durch das große Tor um die Ecke verschwand.

„Spinner! .... Pha, verknallt?! Ich weiß doch gar nicht was das is.“ grummelte sie vor sich hin und ging beleidigt zum Parkplatz zu ihrem Motorrad rüber.

Sie fuhr erst mal nach Hause um sich umzuziehen und machte sich dann auf den Weg zum Training. Dieses Mal lief das Training um einiges besser, als die letzten Male. Sie dachte zwar schon noch ein bisschen über Takuyas Worte nach aber das alles klang einfach nur lächerlich für sie. Zugegeben, die Frau brachte sie ziemlich aus der Fassung aber doch nur, weil sie so unglaublich scharf aussah. Also verdrängte sie das Ganze und freute sich stattdessen schon wahnsinnig auf die nächste Pause mit ihr. Hoffentlich war sie immer noch nett zu ihr, nicht, dass sich ihre Stimmung wieder gewendet hatte.

Einige Neuigkeiten

Die Türkishaarige saß mit ihrer Tochter beim Abendessen und blätterte nebenbei in der aktuellen Zeitung herum in der Hoffnung eine angemessen Wohnung zu finden. Aber die Anzeigen hatten sich nicht wirklich verändert, seitdem sie das letzte Mal nach gesehen hatte und so lag sie sie wieder beiseite. Hotaru schien nicht besonders glücklich zu sein, da sie kaum was von dem Essen aß und mehr darin herum stocherte.

„Ist alles in Ordnung bei dir, Schatz? Du isst ja kaum was?“

Die Kleine seufzte erst mal bevor sie antwortete.

„Ruka-chan ist heute erst ganz spät in der Pause gekommen. Ich dachte schon, sie kommt gar nicht mehr. Und dann hat sie mir auch noch gesagt, dass sie jetzt nicht mehr die ganze Zeit bei mir sein kann. Das find ich blöd.“

„Oh, das ist aber schade. Hat sie gesagt warum sie nicht mehr kommen kann?“

„Sie muss Lernen.“

Michiru streckte eine Hand aus, streichelte ihrer Tochter zärtlich über den Arm und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.

„Aber das ist doch auch wichtig, Hotaru-chan. Es ist schließlich nur noch ungefähr ein halbes Jahr bis zu den Prüfungen und du willst doch nicht, dass sie durchfällt, oder? Ich bin mir sicher, sie würde auch lieber die Pause mit dir verbringen und vielleicht findet sie ja auch noch ab und zu Zeit für dich.“

„Sie hat gesagt, sie würde auf jeden Fall noch mit mir essen.“

„Na, siehst du. Dann kannst du sie doch trotzdem noch sehen.“

Hotaru nickte daraufhin und lächelte auch etwas, doch so ganz toll fand sie die Sache immer noch nicht. Die Beiden aßen zu Ende auf und nachdem Michiru aufgeräumt und das Geschirr gespült hatte, half sie ihrer Tochter noch bei den Hausaufgaben ehe sie sich um ihre Arbeit kümmerte.

Am nächsten Tag in der Schule begab sie sich gleich zu dem Direktor, um ihm nach der Abschlussreise zu fragen.

„Es tut mir leid, dass ich Sie nicht eher darüber informiert habe, Sensei. Aber ich hatte gehofft, dass sich Tanaka-sensei bis dahin wieder erholen würde, doch leider sieht es nicht danach aus. Ich würde Sie also darum bitten ihn auch in dieser Hinsicht zu vertreten, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“ erzählte der Direktor ihr.

Er fragte sie zwar, ob sie das gerne tun würde aber in der Art wie er dies tat, war eindeutig eine Forderung zu erkennen. Also lächelte Michiru gezwungen und willigte ein. Mit gemischten Gefühlen verließ sie das Büro des Direktors wieder. Sie freute sich zwar ihre Schülerin ganze fünf Tage sehen zu können aber ihre Tochter wollte sie nicht alleine lassen, noch dazu musste sie jetzt mit diesem Widerling von Geschichtslehrer zusammen arbeiten und das, wo sie sowieso schon so viel zu tun hatte. Der Vormittag verging schnell und nachdem sie sich eine Kleinigkeit zu essen in der Cafeteria gegönnt hatte, machte sie sich auf in den Klassenraum zu der Nachhilfestunde. Sie war mehr als aufgeregt und konnte es gar nicht mehr abwarten die Blonde zusehen und mit ihr zureden.
 

Haruka war sofort nach dem Klingeln zur Pause zu Hotaru gerannt, die schon auf sie wartete.

„Hey, Taru-chan!“ begrüßte sie die Kleine und setzte sich mit ihr ins Gras, nachdem sie strahlend empfangen wurde.

„Und bist du mit deiner Freundin verabredet?“ fragte Haruka, während sie sich das Essen hinunter schlang.

„Ja. Wir wollen uns gleich an der Schaukel treffen. Sie hat sich wirklich gefreut als ich sie gefragt habe, ob wir zusammen spielen wollen.“

„Das glaub ich dir. Ich muss mich auch beeilen, sonst krieg noch ärger, dass ich mir so viel Zeit gelassen hab.“

Haruka aß noch etwas schneller und seufzte dann zufrieden als sie fertig war.

„Oh Mann, dieses Essen ist einfach göttlich. Richte deiner Mutter wieder ein Dankeschön aus, ja? Also ich muss dann wieder zurück.“

Sie stand auf und streckte sich kurz.

„Na gut. Aber morgen kommst du wieder, oder?“

„Natürlich tu ich das. Also mach‘s gut, Taru-chan. Und viel Spaß mit deiner Freundin.“

Nachdem sie der Kleinen einmal zärtlich über den Kopf gestreichelt hatte, ging sie schnell zurück über den Hof. Sie wäre fast mit einer Gruppe Mädchen zusammen gestoßen, die sie offenbar suchten, konnte aber gerade noch einen anderen Weg einschlagen. Etwas außer Atem kam sie bei der Klasse an und öffnete die Tür. ... Nanu, keiner da? Sie konnte doch unmöglich vor ihr hier sein, oder? Die Uhr an der Wand verriet ihr, dass nicht mal zehn Minuten der Pause vergangen waren. In der Hoffnung der Engel würde gleich auftauchen, lehnte sie sich an einen der Tische in der ersten Reihe und wartete. Keine Minute später ging auch schon die Tür auf.

„Oh, Tenoh-san. Sie sind schon da? Ich hoffe doch, dass Sie sich noch etwas zu essen gegönnt haben, nicht dass Sie mir hier noch vom Stuhl kippen.“ strahlte die Türkishaarige sie an.

Haruka bekam ganz weiche Knie bei diesem Lächeln, versuchte sich aber zusammen zu reißen.

„Ähm, doch. Ich ... ich hab noch was gegessen.“

„Gut, dann wollen wir mal weiter machen.“

Die Schönheit kam auf sie zu und setzte sich an einen der Tische. Etwas nervös tat Haruka es ihr gleich und setzte sich an den Tisch neben sie.
 

Michiru hätte wirklich nicht erwartet, dass die Große schon vor ihr hier sein würde. Eigentlich hatte sie erwartet noch auf sie warten zu müssen – wenn sie überhaupt kam. Was also bedeutete es nun, dass sie sich offenbar sehr beeilt hatte und auch noch ziemlich nervös wirkte? Sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären, warum die Blonde ihr gegenüber so zurückhaltend war. Sie versuchte nicht weiter darüber nachzudenken und begann mit dem Unterricht. Ihre Schülerin schien sich mit der Zeit immer mehr zu entspannen und lockerer zu werden und bekam auch einige der Aufgaben alleine hin. Während die Blonde sich fleißig ihren Aufgaben widmete, schweifte Michiru immer weiter ab mit ihren Gedanken. Sie beobachtete jede ihrer Bewegung und wünschte sich nichts sehnlicher, als von ihr berührt zu werden....

„Ist das richtig, Kaioh-sensei? .... Sensei?“

„Was? Oh, entschuldige.“

Schnell schüttelte Michiru mit ihrem Kopf, um diese Gedanken los zu werden und kontrollierte die Antworten ihrer Schülerin.
 

Haruka würde wirklich gerne wissen, wo ihre Lehrerin gerade mit ihren Gedanken war. Dieser durchdringende Blick mit dem sie sie angesehen hatte, war irgendwie seltsam. Und konnte es sein, dass sie gerade ein wenig rot geworden war? ... Nein, das muss sie sie sich eingebildet haben.

„Sie müssen wirklich an Ihrer Schrift arbeiten, Tenoh-san. Die ist miserable. ... Hier das ist noch nicht ganz richtig.“

Die Türkishaarige zeigte mit ihrem Stift auf eine Zeile des Zettels und beugte sich mit diesem dichter an Haruka heran. Eine heiße Welle der Hitze überkam die Sportlerin, als sie plötzlich die Nähe ihrer Lehrerin spürte, noch dazu durchdrang deren Duft ihre Nase. Gott! Noch nie hatte sie so etwas Unwiderstehliches gerochen. Sie hatte jetzt wieder ziemliche Schwierigkeiten der Schönheit zu folgen, diese erklärte ihr irgendwas aber die Worte kamen Haruka Meilen weit entfernt vor. »Verdammt! Reiß dich zusammen! Und hör gefälligst zu!« Doch das half nichts. Die Lehrerin hörte auf zu reden und sah sie erwartungsvoll an.

„Haben Sie das Verstanden, Tenoh-san?“

„... Äähhh... nein, sorry. Könn... könnten Sie das vielleicht noch mal wiederholen?“
 

»Was hat sie denn auf einmal? Sie ist ja total nervös. Eben war sie doch noch vollkommen entspannt.« Kurz betrachtete Michiru die Situation und bemerkte wie dicht sie ihrer Schülerin gekommen war und wie die leicht zurück gewichen war. »Bin ich daran schuld? Hat sie Angst vor mir oder ...? Ach, verdammt! Ich versteh dieses Mädchen nicht. An jedes andere Mädchen dieser Welt macht sie sich schamlos heran und schläft sofort mit ihnen! Wieso versucht sie es bei mir nicht mal? Sie hat doch nicht wirklich Angst vor mir, oder? …. Oder hat sie einfach kein Interesse an mir? Aber warum hat sie mich dann immer so angesehen und wird jetzt nervös?« Michiru seufzte einmal innerlich. »Wieso denk ich überhaupt darüber nach? Es ist doch gut, dass sie es nicht versucht. Ich darf sowieso niemals was mit ihr anfangen.« Sie lehnte sich traurig wieder etwas zurück und begann der Blonden erneut die Aufgabe zu erklären. Sehr weit kam sie damit aber nicht, da die Pausenklingel ertönte.

„Oh, die Zeit ist um. Na gut, dann werden wir am Montag weiter machen, okay?“
 

„Ähm, ja. ... Ja, is gut.“

Haruka hatte immer noch nicht alle Sinne wieder beisammen. Diese Frau schaffte es doch tatsächlich ihr immer wieder völlig den Verstand zu vernebeln. Fast wie in Trance beobachte sie die Türkishaarige, wie sie aufstand und zu ihrem Schreibtisch ging. Im gleichen Moment ging auch die Tür auf und einige Schüler kamen herein. Oh, richtig. Sie hatte ja jetzt auch noch die letzten beiden Stunden Japanisch. Nicht so ganz wissend, wie sie das nun finden sollte, machte sie sich ein paar Reihen weiter nach hinten zu ihrem eigentlichen Platz. Sie saß noch nicht ganz, als sie plötzlich von einigen Mädchen überfallen wurde.

„Tenoh-kun!“

„Tenoh-kun! Wir haben dich schon überall gesucht!“

„Ja! Wo treibst du dich die ganze Pause über rum? Du warst schon so lange nicht mehr bei uns.“

„Tenoh-kun, wir wollten dich fragen, ob du uns wieder Karten besorgt hast?“

„Genau, wir freuen uns schon wahnsinnig auf das Rennen morgen!“

„Wir werden dich wieder richtig anfeuern! Und wenn du gewonnen hast, können wir doch wieder feiern gehen!“

Alle Mädchen standen aufgeregt um die Blonde herum und sahen sie erwartungsvoll an. Mit einem leisen stöhnen ließ sich Haruka die letzten Zentimeter auf ihren Stuhl fallen und versuchte ganz freundlich zu gucken.

„Tut mir Leid, Mädels. Aber ich werde euch keine Freikarten mehr besorgen können. Mein neuer Sponsor hält überhaupt nichts davon, dass ich die Karten verteil also müsst ihr die in Zukunft bezahlen, wenn ihr kommen wollt.“

Die pure Enttäuschung und großes Entsetzen bildete sich auf jedem einzelnen Gesicht der Mädchen.

„Was?“

„Was ist das denn für ‘n blöder Sponsor?“

„Kannst du da nicht trotzdem was machen? Bitte wir haben uns schon so darauf gefreut.“

„Ja, außerdem ist es unmöglich jetzt noch Karten zu bekommen. Das Rennen ist doch schon völlig ausverkauft.“

„Und viel zu teuer!“

„Sorry, aber da kann ich überhaupt nichts machen. Das ist vertraglich festgelegt und wenn ich den breche verliere ich nicht nur den Sponsor, sondern eventuell auch meinen Job.“ tat Haruka ganz unschuldig

„Oh, wie schade.“

„So ein verdammter Mist!“

Beleidigt und vor sich hin fluchend zuckelten die Mädchen zu ihren Plätzen. Haruka grinste breit und richtete ihren Blick nach vorne zur Tafel und das ließ ihr Grinsen sofort wieder verschwinden. Ihre Lehrerin hatte offenbar das ganze Gespräch mitbekommen und sah sie mit ihren Meeresblauen Augen, aus einer Mischung von Skepsis und Verwunderung an. Schnell wich die Blonde ihrem Blick aus und sah ihren Tisch an, während ihr Engel mit dem Unterricht begann. Nach ein paar Minuten als die Lehrerin vorne etwas an die Tafel schrieb flüsterte sie jemand von der Seite an.

„Hey, Tenoh-kun? Von dieser neuen Vertragsregelung wusste ich ja gar nichts. Und wieso hab ich dann Karten bekommen?“

Takuya sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an und grinste verstohlen.

„So ‘ne Regel gibt es ja auch gar nicht. Ich hab einfach kein Bock darauf, dass die Weiber da auftauchen.“ flüsterte sie zurück.

„Aha, komisch. Vor ein paar Wochen noch, hast du an sämtliche Mädchen der Schule deine Karten verteilt und, dass die da waren, schien dich nicht im Geringsten zu stören. Im Gegenteil. Du hast es doch genossen.“

„Na und! Jetzt eben nicht mehr!“ fauchte Haruka genervt zurück.
 

Takuya musste sich wirklich zusammen reißen um nicht laut los zu lachen. Er sah einmal kurz nach vorn, ob die Lehrerin auch immer noch beschäftigt war und sah dann wieder zu der Sportlerin.

„Und? Wie war die Nachhilfe?“

„Es war einfach nur ‘ne Nachhilfe, klar! Wir haben hier gesessen und ich hab irgendwelche Aufgaben gelöst, sonst ist gar nichts passiert! ... Also hör auf mich so blöde anzugrinsen! Deine Theorie von gestern ist völliger Blödsinn!“

„Aber klar doch.“

Mit einem breiten Grinsen richtete er seine Aufmerksamkeit wieder ganz der Tafel zu, sah aber doch einige Male belustigt zu der Blonden rüber, die frustriert in ihrem Heft rumkritzelte und offenbar wieder überhaupt nichts von dem Unterricht mitbekam. Sie tat ihm fast ein bisschen leid, das heißt, wenn die Tatsache, dass sich der sonst so coole und gefühlskalte Rennfahrer bis über beide Ohren verliebt hatte und sich wie ein kleines Kind benahm, nicht so urkomisch gewesen wäre. Er kannte die Rennfahrerin nun schon seit ungefähr eineinhalb Jahren und er hatte noch nie erlebt, dass sie die Gesellschaft von hübschen Mädchen ablehnte. Auch nicht, dass sie sich so zurückhaltend gegenüber einer Frau benahm, wie jetzt bei der Lehrerin. Für ihn stand ganz klar fest, dass sich Haruka nur verliebt haben konnte. Und er freute sich richtig darüber. Er hatte die Sportlerin zwar nie außerhalb der Schule oder der Rennen getroffen und besonders viel über sich reden tat die Blonde auch nicht, dennoch würde er sie als einen Freund bezeichnen. Am Anfang hatte er sie auch nur für eine arrogante, eingebildete und völlig ichbezogene Persönlichkeit gehalten, doch er erkannte schnell, dass das alles nur Fassade war, um ja niemanden zu dicht an sich heran zu lassen. Und das konnte er gut nachvollziehen. Aber er fand heraus, dass, wenn man nur hartnäckig genug war, ihr indirekt zeigte, dass man einem vertrauen konnte, mit Respekt behandelte und über die gar nicht so ernst gemeinten Beleidigungen hinweg sah, man durchaus mit ihr Auskommen konnte. Sie war sogar richtig nett. Mit der Zeit schien ihre Maske ihm gegenüber immer brüchiger zu werden und er wurde immer besser darin, ihre wahren Gefühle und Worte dahinter zu entdecken. Man musste nur genau hinsehen. Warum er sich überhaupt so viel Mühe gab? Zum einen faszinierte ihn ihre Art. Manchmal wünschte er sich, er könnte auch so offen anderen gegenüber seine Meinung sagen aber so viel Mut besaß er nicht. Naja, und wie sie es schaffte sich gegen die ganzen Männer im Motorsport durchzusetzen und sie einfach immer wieder gewann und jedes Mal noch schneller zu fahren schien, fand er einfach unglaublich. Es machte ihn schon ein klein wenig stolz, zu so einer berühmten, talentierten und unnahbaren Person einen Zugang gefunden zu haben. Und zum anderen, kannte er ihre Geschichte. Haruka wusste nichts davon und er würde sich hüten, ihr davon zu erzählen, doch wusste er Einzelheiten, die wohl sonst niemand an der Schule wusste. Aber darum war er bereit hinter die Maske zuschauen und es faszinierte ihn nur noch mehr, wozu es das Mädchen gebracht hatte und wie stark sie war.
 

Die zwei Stunden gingen viel zu langsam um aber irgendwann klingelte es endlich. Haruka wollte heute mal nicht so schnell wie möglich von der Lehrerin weg, sondern viel mehr von dem nervigem Typen neben sich. Als sie ihre Sachen zusammen hatte, stand sie auf und wollte gehen, kam aber nicht sehr weit.

„Tenoh-san? Würden Sie bitte noch einen Moment warten?“

Verwundert blieb sie stehen und sah ihre Lehrerin irritiert an. Die anderen Schüler verließen langsam den Raum, auch Takuya stand auf und ging an ihr vorbei. Für dieses viel sagende Grinsen und zwinkern, dass er von sich gab, hätte sie ihm am liebsten den Kopf abgerissen. Als auch der letzte Schüler das Klassenzimmer verlassen hatte, ging Haruka etwas nervös näher an die Türkishaarige heran.

„Ich möchte Ihnen übers Wochenende neben den schon vorhandenen Hausaufgaben noch ein paar zusätzliche Aufgaben mitgeben.“

»Oh Fuck! Die Hausaufgaben! Scheiße! Ich hab schon wieder nicht mitbekommen, was wir aufbekommen haben. Argh, so ein Mist! Wieso kann ich nicht einmal zuhören, verdammt!«

„Ist irgendwas? ... Keine Sorge so viele sind es nun auch wieder nicht. Ich bin mir sicher, sie werden es neben ihrem Rennen noch einordnen können.“ lächelte sie die Lehrerin an.

„Ähm, ... nein. ... Ich meine ja, natürlich. Das krieg ich schon hin. Es ist nur .... Was ... was hatten wir noch gleich aufbekommen?“

Haruka fühlte sich überhaupt nicht wohl dabei zugeben zu müssen, dass sie schon wieder nichts von ihrem Unterricht mitbekommen hatte aber sie wollte auch nicht am Montag ohne Hausaufgaben bei ihr auftauchen, das wäre auch nicht besser gewesen.

„Das ist jetzt nicht Ihr ernst, oder? Wollen Sie mir damit sagen, Sie hätten mir schon wieder nicht zugehört? Also ich versteh Sie wirklich nicht. Wo sind Sie nur immer mit Ihren Gedanken? Tenoh-san, die Nachhilfe in der Pause bringt überhaupt nichts, wenn Sie nicht auch meinem Unterricht folgen.“

„Ja, ich weiß. Tut mir leid.“

Die Türkishaarige seufzte und schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Haruka hätte sich Ohrfeigen können, dafür, dass sie nicht zugehört hatte. Dieser Engel musste sie doch für völlig gestört halten. Ihre Lehrerin holte einen Zettel aus ihrer Tasche, schrieb auf der Rückseite etwas drauf und reichte ihn ihr.

„Hier, ich habe Ihnen aufgeschrieben, was Sie aufhaben und die Aufgaben auf dem Blatt werden Sie ebenfalls versuchen zu lösen. Verstanden?“

Dieser Blick von der Türkishaarigen erinnerte Haruka an die, die sie am Anfang immer von ihr erhalten hatte und das gefiel ihr überhaupt nicht.

„Ja! Ja, verstanden.“

„Das hoffe ich. Wir sehen uns dann am Montag, Tenoh-san.“

Mehr als nicken konnte Haruka nicht mehr. Die Lehrerin ging an ihr vorbei zur Tür. Erleichtert atmete Haruka aus und drehte sich um, schreckte aber sofort wieder zusammen. Ihre Lehrerin war nicht, wie erwartet durch die Tür gegangen, sondern stehengeblieben. Sie sah Haruka auf eine Art an, die ihr Herz zum Rasen brachte.

„Ich wünsche Ihnen viel Glück Morgen bei dem Rennen.“

„Äh, ... danke.“ erwiderte sie nervös und sah zu wie die Türkishaarige mit einem sanften Lächeln den Raum verließ.

Gleich nachdem die Tür zu war, ließ sich Haruka auf den erst besten Stuhl im Raum fallen und versuchte wieder gleichmäßig zu atmen. »Oh Gott, diese Frau macht mich völlig fertig. Was war das denn jetzt wieder?«
 

Michiru ging vergnügt den Flur hinunter und strahlte vor sich hin. Die Blonde hatte eben einfach wieder zu süß ausgesehen. Wenn sie ehrlich war, würde sie auch furchtbar gerne zu dem Rennen gehen aber sie hatte ja weder die Zeit noch die finanziellen Mittel dafür, um dort hinzugehen, selbst wenn nicht schon alle Karten verkauft wären. Naja, vielleicht gab es ja eine Möglichkeit das Rennen im Fernsehen zu sehen. Sie hatte vorhin extra schon in der Pause ihre Sachen aus dem Lehrerzimmer geholt, um jetzt nicht noch dort hin zu müssen, in der Hoffnung, ihrem nervigen Verehrer so aus dem Weg gehen zu können, dafür nahm sie sogar noch einen kleinen Umweg in Kauf. Doch leider meinte es das Schicksal nicht gut mit ihr, denn als sie gerade über den Hof ging, hörte sie seine Stimme hinter sich.

„Sensei! Sensei, warten Sie doch!“

Wiederwillig blieb Michiru stehen und drehte sich genervt um.

„Gut, dass ich Sie noch erwische.“

Schnaubend und nach Luft ringend kam der Typ vor ihr zum Stehen und brauchte erst noch ein paar Sekunden, ehe er weiter sprechen konnte. Michiru hob belustigend eine Augenbraue an. Allzu sportlich schien der Kerl nicht zu sein, obwohl er von seiner Statur her so wirkte.

„Der ... der Direktor hat mir gesagt, dass Sie ... dass Sie jetzt doch den Ausflug mit organisieren. Haben Sie nicht noch Lust mit mir einen Kaffee trinken zu gehen? Dann können wir schon mal die ersten Einzelheiten besprechen.“

So freundlich wie es ging versuchte sie ihn anzulächeln, obwohl ihr danach war ihm mal gehörig die Meinung zu sagen.

„Es tut mir Leid, Sensei. Aber Sie wissen doch, dass ich meine Tochter abholen muss. Außerdem sollten wir doch lieber mit den anderen Lehrern gemeinsam diese Dinge besprechen, finden Sie nicht? Wir sind schließlich nicht die einzigen, die diese Reise organisieren.“

Oh ja, der Gesichtsausdruck, mit dem er sie jetzt ansah, gefiel ihr schon viel besser. Er hatte wohl kapiert, dass er gerade eine Abfuhr kassiert hatte.

„Ähm, nun ja das stimmt schon, aber ... aber ich dachte, wir könnten schon im Vorfeld einige Dinge besprechen, damit wir den Anderen schon mal was vorschlagen können und ... und das Ganze dann schneller geht. Wir haben schließlich nicht mehr allzu viel Zeit. ... Und Ihre Tochter können Sie ja gerne mitbringen. Es würde mich freuen sie mal kennenzulernen.“

»Aber nur über meine Leiche! In die Nähe eines so schleimigen Mistkerls werde ich sie bestimmt nicht lassen!«

„Ich habe auch noch andere Verpflichtungen, also nein. Ich muss jetzt wirklich los, Kohara-sensei. Wir werden das dann am Montag mit den anderen Lehrern besprechen. Ein schönes Wochenende wünsch ich Ihnen.“

Das ganze sagte sie jetzt schon weniger freundlich und wartete auch nicht darauf, ob er noch etwas zu sagen hatte, sondern drehte sich einfach um und ging weiter. Der Kerl war wohl doch sprachlos, denn sie hörte ihn nicht mehr. Dass sein Gesichtsausdruck sich hinter ihren Rücken verfinsterte, sah sie nicht mehr. Nach ein paar Minuten kam sie endlich bei ihrer Tochter an und machte sich dann mit ihr auf den Heimweg.
 

Die Sportlerin war, nachdem sie sich wieder gefasst hatte, auch aus dem Klassenraum verschwunden und ging den kürzesten Weg aus dem Gebäude raus zum Parkplatz rüber. Gedankenverloren schlenderte sie vor sich hin, als sie plötzlich jemanden aus der Ferne rufen hörte. Sie war sich sicher den Namen ihrer Lehrerin gehört zu haben, was natürlich sofort ihre Aufmerksamkeit erweckte. Sie blieb stehen und sah sich um. ... Es war tatsächlich ihr Engel der dahinten stand und von einem anderen Lehrer aufgehalten wurde. Ihre Augen kniffen sich zu zwei Schlitzen zusammen. Nicht, um besser sehen zu können, nein, erkennen konnte sie die Beiden ganz gut, sondern, weil ihr die Szene überhaupt nicht gefiel. Diesen Lehrer kannte sie. Es war ihr Geschichtslehrer. Der Kerl war ein riesen Arschloch und sie hatte schon des Öfteren mit ihm zu tun gehabt. In letzter Zeit war sie zwar nicht mehr mit ihm aneinander geraten aber eine Zeit lang hatte sie echt das Gefühl, von diesem Kerl verfolgt zu werden. Er schien es geradewegs auf sie abgesehen zu haben und versuchte sie bei jedem kleinsten vergehen beim Direx anzuschwärzen, in der Hoffnung, dass sie von der Schule fliegen würde. Tja, dumm nur, dass ausgerechnet der ein riesen Fan von ihr war. Der Typ hatte außerdem auch noch einen Gewissen Ruf unter den Schülern, was sie ihn noch weniger leiden lassen konnte. Wenn es einen Lehrer an dieser Schule gab auf den die Mädchen standen, dann war das mit Sicherheit er. Haruka konnte das überhaupt nicht nachvollziehen. Sie fand, dass der Kerl einfach nur widerlich aussah. Na gut, nun war sie ja auch lesbisch und konnte das wohl schlecht beurteilen, trotzdem. Allein wie der schon redete ... und sich bewegte ... und dieses schleimige lächeln ... ekelhaft! Haruka schüttelte es am Ganze Körper, wenn sie nur daran dachte und jetzt musste sie mit ansehen wie dieser Typ IHRE Lehrerin so anschmachtete. In ihr war nur noch der Wunsch diesem Arsch sein fettes Grinsen aus dem Gesicht zu prügeln. Wie konnte er es wagen überhaupt mit ihr zu reden?! ... Und warum Lächelte sie zurück?! Haruka fing schon leicht an zu zittern vor Wut und ihr Puls war auch nicht mehr normal. Den Anblick, wie sie ihn freundlich anlächelte, konnte sie nicht länger ertragen und bevor sie noch ganz die Kontrolle verlor, drehte sie sich schnell um und stampfte zu ihrer Maschine zum Parkplatz. Mit einer Riesen Wut im Bauch, fuhr sie in viel zu hoher Geschwindigkeit nach Hause. In der Wohnung angekommen war sie immer noch auf hundertachtzig. Ihr Helm landete mit einem riesen Knall auf dem Couchtisch im Wohnzimmer und vernichtete damit die gläserne Tischplatte.

„SCHEISSE! VERDAMMT! Ah, Fuck! So ein Mist!“

Jetzt war sie auch noch wütend auf sich selbst. Sie hatte überhaupt nicht darauf geachtet wo sie den Helm und, vor allem mit was für einer Wucht, sie ihn hinwarf. Weiter vor sich hin fluchend sah sie sich den Schaden genauer an und fischte vorsichtig den Helm aus dem Scherbenhaufen. Den Tisch musste sie wohl ersetzten. Der Helm hatte nur einige Kratzer abbekommen und die Deko Accessoires hatte sie auch vernichtet. Na was soll’s, sie hing eh nicht dran. Aber ansonsten war wohl nichts weiter passiert. Zum Glück war er nicht im Kamin oder in ihrem geliebten Flat Screen darüber gelandet. Genervt beseitigte sie das Chaos, welches sie veranstaltet hatte und ließ sich nach getaner Arbeit auf dem Sofa fallen. Sie starrte zwar die Decke an, hatte aber nur die Szene vom Schulhof vor Augen.

»Warum zum Teufel haben die miteinander geredet? Was wollte er von ihr? Wieso haben die überhaupt miteinander zu tun? Wenn der Kerl sie auch nur anfasst, ist der Tod! ....... Aber wieso hat sie ihn angelächelt? Es kann doch nicht sein, dass sie ihn toll findet, oder doch? Nein, das geht nicht! Das darf nicht sein! ...... Der ist doch viel zu alt für sie!« Eigentlich hatte sie überhaupt keine Ahnung, wie alt der Kerl war und wie es um das Alter ihrer Lehrerin stand, wusste sie ja auch noch nicht, aber das ignorierte sie jetzt mal. Auch die Tatsache, dass sie ebenfalls jünger, als die Türkishaarige sein musste, zwar bestimmt nicht in dem Abstand, wie ihre Lehrerin zu dem Typen, aber dafür war sie minderjährig und auch noch ihre Schülerin! Langsam wandelte sich ihre Wut in Verzweiflung um. Sie konnte überhaupt nichts dagegen tun, wenn die Zwei irgendetwas miteinander haben würden oder vielleicht schon hatten. Eigentlich wusste sie überhaupt nichts über ihre Lehrerin, weder was diese gerne tat – nun gut, sie unterrichtete Kunst, Musik, Schwimmen und Modernes japanisch, also musste sie das ja wohl mögen, oder? – noch wusste sie, ob sie einen Freund hatte oder eventuell sogar verheiratet war. Warum sollte eine so schöne Frau auch noch zu haben sein? .... »Warum zum Teufel denk ich überhaupt darüber nach? Es hat mich doch noch nie interessiert, ob ein Mädchen mit jemandem zusammen war oder nicht. Soll sie doch machen was sie will!« Aber die Sache machte ihr doch viel mehr aus, als sie zugab. Dieses, für sie undefinierbare Gefühl, wollte einfach nicht wieder verschwinden und bevor sie hier noch anfing zu flennen oder noch mehr kaputt machte, stand sie lieber schnell auf, zog sich ihre Motorradklamotten an und verschwand wieder nach draußen. Sie hätte zwar erst in einer Stunde zum Training gemusst aber es konnte ja nicht schaden schon ein bisschen früher anzufangen besonders, wenn es ihr half, auf andere Gedanken zu kommen.

Das Rennen

So wirklich ablenken hatte sich die Rennfahrerin beim Training allerdings nicht. Schlimmer noch, sie konnte sich überhaupt nicht auf das konzentrieren, weshalb sie überhaupt da gewesen war und, dass, wo sie doch am nächsten Tag ein wichtiges Rennen hatte. Die Standpauke von ihrem Trainer war auch nicht gerade hilfreich gewesen. Schlafen konnte sie in der Nacht ebenfalls nicht besonders. Ihr wollte dieses Bild vom Schulhof einfach nicht mehr aus dem Kopf, also lag sie die halbe Nacht wach und zerbrach sich den Kopf darüber. Am nächsten Morgen war sie natürlich todmüde und zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie absolut keine Lust auf das bevorstehende Motorradrennen. Am liebsten wär sie überhaupt gar nicht erst aufgestanden, aber das konnte sie sich unmöglich erlauben, also quälte sie sich doch aus den Federn.

Und nun war es gleich soweit. In wenigen Minuten begann das Rennen und Haruka konnte sich nicht erinnern, jemals so nervös gewesen zu sein. Eigentlich war sie nie nervös, wenn sie Motorrad fuhr. Aber so ganz überwunden hatte sie ihre Wut und Verzweiflung noch nicht. Vor ihren Augen sah sie immer nur ihre Lehrerin und das war beim Fahren mehr als hinderlich. Sie hatte dieses Mal auch nicht die Pole Position ergattern können. Schlimmer noch, sie befand sich nur auf der sechsten Startposition was, für ihre Verhältnisse echt unterirdisch ist. Sie befand sich noch in der Box und saß schon auf ihrer Maschine, bereit jeden Augenblick loszufahren. Mit tiefen Atemzügen versuchte sie sich zu beruhigen und einen klaren Kopf zu bekommen. Es war schon irgendwie komisch. Normalerweise fuhr sie doch Motorrad, um einen klaren Kopf zu bekommen, jetzt musste sie sich erst beruhigen, um überhaupt fahren zu können.

„Hey, Tenoh-kun. Du packst das schon.“

„Ja, genau. Vergiss das Training und alles andere einfach. Du fährst so gut wie niemand sonst.“

Einige der Mechaniker versuchten sie aufzumuntern und das, und ihre Gedanke von eben, schafften es sogar ein wenig.

„Da habt ihr verdammt Recht!“ grinste sie durch den Helm, klappte das Visier nach unten und fuhr auf die Strecke hinaus.

Es war wirklich das schwerste Rennen, was sie jemals gefahren war. Nur mit Mühe konnte sie sich an die Spitze kämpfen und wurde auch des Öfteren überholt. Nur noch drei Runden waren zu fahren und im Moment lag sie vorn. Zwei andere lagen ihr aber dicht auf den Fersen und brachten sie immer wieder in Bedrängnis. Der eine schien besonders ungeduldig zu sein und wollte sie um jeden Preis von der Spitze drängen. Immer wieder gab er Vollgas, fuhr viel zu dicht an sie heran und auch viel zu schnell in die Kurven. In einer scharfen links Kurve witterte der Kerl offenbar seine Chance innen an ihr vorbei zu ziehen und erhöhte sein Tempo noch mal. Haruka hätte wirklich nicht erwartet, dass der Typ auf die Idee kam, in so einer Kurve, bei der Geschwindigkeit zu versuchen an ihr vorbei zu ziehen, deshalb sah sie ihn nicht rechtzeitig genug. Er war viel zu schnell, verlor die Kontrolle über sein Bike und flog mit voller Wucht aus der Kurve. Wie in Zeitlupe sah sie mit an, wie sein Motorrad sich von der Strecke löste und mit ihm genau auf sie zuflog. Haruka versuchte noch abzubremsen, um ihm auszuweichen, doch dafür war es bereits zu spät. Er erwischte sie noch am Vorderrad und ließ auch sie durch die Luft fliegen. Ein lauter Knall, ein harter Aufprall und die verzweifelten Rufe von ihrem Team durch ihr Funkgerät war das Einzige, was sie noch mitbekam, bevor ihr schwarz vor Augen wurde...
 

Michiru war schon den ganzen Morgen total aufgeregt. Sie hatte gestern noch in der Zeitung gelesen, dass das Rennen von ihrer Lieblingsschülern im Fernsehen übertragen werden würde und freute sich schon tierisch darauf, sie fahren zu sehen. Den Vormittag verbrachte sie größtenteils mit aufräumen, waschen und putzen. Außerdem musste sie wieder jede Menge Hausaufgaben kontrollieren und um ihre Tochter musste sie sich ja auch noch kümmern, wobei die es vorzog alleine in ihrem Zimmer zu spielen. Als das Rennen dann gegen eins anfing, ließ sie alles stehen und liegen und setzte sich mit einem Tee gemütlich vor dem Fernseher. Bevor das Rennen jedoch anfing wurde erst mal alles drum herum berichtet, Leute Interviewt und auch einige Dinge erklärt. Zudem gab es vorher noch ein Qualifikationsrennen. Die Künstlerin versuchte wirklich dem Ganzen zu folgen und es war sogar ganz interessant, jedoch alles konnte sie nicht verstehen und ab und zu kam es ihr so vor, als würden die Leute dort eine andere Sprache sprechen. Sie hatte noch nie etwas für Autos oder Motorräder übrig gehabt und kannte sich nicht im Geringsten damit aus. Sie konnte ja nicht einmal selbst fahren. Doch sie wollte unbedingt wissen und verstehen was ihre Schülerin daran so faszinierte und warum und wie es dazu gekommen war, dass sie fuhr. Es wurden mehrere Berichte und Ausschnitte aus letzten Rennen der Blonden gezeigt und es war klar, dass sie als der große Favorit galt. Die Mädchen in der Menge kreischten alle sofort auf, als die Sportlerin für nur eine Sekunde mal kurz zu sehen war. Michiru konnte nur allzu gut nachvollziehen, warum sie dies taten. Gekreischt hätte sie zwar nie aber der Anblick des großen Mädchens in ihrem Motorradanzug war einfach göttlich. Nach gefühlten Ewigkeiten, fing das Rennen dann endlich an. Mit völliger Faszination beobachte Michiru den Fahrstil der Blonden und kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Sie fieberte richtig mit ihrer Schülerin mit und hoffte inständig, dass diese Gewann. Ein bisschen Sorgen machte sie sich aber schon. Die Geschwindigkeit mit denen die da fuhren jagte ihr doch eine Heidenangst ein. Jede Kurve und jedes Überholmanöver ließ sie die Luft anhalten. Ständig sah sie zur angegebenen Rundenanzahl hinüber und war mit jeder Absenkung erleichterter. Nur noch drei Runden, dann hatte sie es geschafft. Michiru saß jetzt nur noch am Rande der Couch und betete praktisch den Fernseher an. Auf einmal schienen die Reporter aber ganz aufgeregt zu sein und schon in der nächsten Sekunde, sah sie entsetzt mit an, wie ein Fahrer aus der Kurve flog und dabei das Motorrad ihrer Schülerin rammte und diese sich mehrfach überschlug und dann regungslos am Boden liegen blieb. ... Michirus Herzschlag setzte aus. Mit geweiteten Augen starrte sie in den Fernseher hinein und fing am ganzen Körper an zu zittern. ....... Es vergingen nur Sekunden aber ihr kam es wie Stunden, Tage ja sogar wie Jahre vor, als sie erkannte, dass sich die Blonde rührte. Voller Erleichterung atmete sie heftig aus, schluchzte vor sich hin und fing auch noch an zu weinen.
 

Ein beißender Geruch kroch ihr in die Nase. .... Sie kannte diesen Geruch. Er war ihr nur allzu vertraut. .... Benzin. Aber auch noch etwas anderes. .... Rauch. .... Haruka fing an zu blinzeln und nach und nach konnte sie einige Umrisse erkennen. Vorsichtig und nicht zu schnell richtete sie sich ein wenig auf. Das erste, was sie tat war sich den Helm vom Kopf zu reißen, die Stimmen durchs Funkgerät ignorierend. Noch nicht ganz bei Sinnen sah sie sich um. Sie befand sich etwas abseits der Strecke, ein paar Meter weiter ihre geliebte Maschine, die jetzt nur noch Schrott war. Offenbar war sie nur wenige Sekunden lang Bewusstlos gewesen, denn die Rettungskräfte waren noch nicht eingetroffen. .... Auf einmal drang ein entsetzlicher Schrei an ihre Ohren. Sie drehte sich um und entdeckte den anderen Fahrer unter seiner eigenen Maschine begraben. Er war offenbar eingeklemmt und versuchte verzweifelt sich zu befreien. Das Motorrad über ihm qualmte währenddessen vor sich hin. Haruka verlor keine Sekunde und rannte zu ihm hin. Er schrie, stöhnte, wand sich vor Schmerzen und sagte nur immer wieder "mein Bein". Hilflos sah die Blonde zu und hatte keine Ahnung, was sie machen sollte. Sollte sie ihm helfen oder würde sie dadurch nur noch alles verschlimmern? Sie kniete sich zu dem Fahrer hinunter und versuchte zu erkennen, in wie weit sein Bein verletzt war, doch wurde es leider vollkommen von der Maschine verdeckt, so dass sie nichts sehen konnte. Der Mann schrie währenddessen weiter und flehte sie geradezu an das Teil wegzuschaffen.

„Okay, bleib ruhig. Es kommt gleich Hilfe.“ versuchte Haruka ihn und auch sich selbst irgendwie zu beruhigen.

„Nein, bitte! Bitte, hilf mir! Es tut so weh!“ schrie er weiter.

Diese verzweifelten Rufe und Blicke ertrug Haruka einfach nicht mehr und hier nur rum zu sitzen und nichts zu tun, machte sie wahnsinnig, also stand sie auf und griff an das Lenkrad des Motorrades. Mit aller Kraft, die sie besaß hob sie das Bike an. Je höher sie es anhob und dadurch die Last von dem Mann nahm, desto lauter schrie der auf. Haruka hörte dies allerdings nicht und konzentrierte sich nur darauf, das Motorrad auf die andere Seite zu drehen. Sie schaffte es die Maschine von ihm weg zu bekommen und drehte sich dann schnell wieder zu dem Typen um.

„Oh Gott.“

Ihr Blick viel natürlich als erstes sofort auf sein Bein. Es sah wirklich schlimm aus. Seine Kleidung war an der Stelle komplett zerfetzt, der Unterschenkel war halb offen, der Knochen ragte heraus und überall floss Blut. Sie riss sich von dem Anblick los und kniete sich wieder zu ihm herunter. Der Kerl hatte inzwischen das Bewusstsein verloren und lag einfach nur noch da. Für einen kurzen Moment, war sie sich nicht mal sicher, ob er überhaupt noch lebte, doch sie versuchte gar nicht weiter darüber nachzudenken und stattdessen lieber die Blutung zu stillen. Als sie damit gerade beschäftigt war, kamen endlich die Sanitätswagen neben ihr zum Stehen. Leute kamen auf sie zu gerannt, stellten ihr unzählige von Fragen und kümmerten sich um sie, als auch um den am Boden liegenden Fahrer. Trotz ihres Protests wurde sie in einem der Wagen verfrachtet und ins Krankenhaus gebracht. Erst als sie dort untersucht wurde und sie ihren Motorradanzug ausziehen sollte, viel ihr auf, dass ihr alles weh tat. Es dauerte länger als üblich, sich das Ding auszuziehen und als sie es endlich runter hatte wurde ihr auch klar wieso. Ihr ganzer Körper war grün und blau. Zahlreiche Untersuchungen musste sie über sich ergehen lassen und am Ende kam heraus, dass sie bis auf viele Schürfwunden, Prellungen, Schnittwunden, blaue Flecken und auch kleine Verbrennungen keine größeren Verletzungen erlitten hatte. Zu ihrer Freude wurde sie gleich wieder entlassen. Ihr Manager und auch ihr Trainer hatten im Wartebereich Platz genommen und waren sichtlich erleichtert darüber, dass es ihr gut ging. Sie fragte noch, wie es dem anderen Fahrer ging, doch konnte man ihr darüber noch keine genauen Auskünfte geben. Nur, dass er gerade operiert wurde, hatte man ihr gesagt. So verließ sie mit ihrem Trainer und Manager gemeinsam das Krankenhaus und wäre vor dem Eingang fast erschlagen worden. Überall waren Reporter, Kameras und Blitzlichtgewitter. Auch kreischende Mädchen konnte sie erkennen. Alle rannten sie auf sie zu und durchlöcherten sie mit Fragen. Einige Security Männer schirmten die Meute von ihr ab und sie wurde von ihrem Manager in den Wagen geführt, der bereits vorgefahren war. Nach etwa einer halben Stunde kam der Jeep bei ihr in der Tiefgarage zum Stehen.

„Und du bist dir sicher, dass du keine Hilfe brauchst?“ fragte sie ihr Manager zum wiederholten male.

„Ja, wirklich. Mir geht’s gut. Ich muss mich nur ein bisschen hinlegen.“

„Na gut. Brauchst du sonst noch irgendwas? Was zu essen? ... Oder ein nettes Mädchen zum kuscheln?“ grinste er frech.

Haruka verdrehte nur die Augen und stieg aus dem Auto aus.

„Oh, warte. Meine Maschine steht noch an der Rennstrecke.“ viel ihr ein, als sie den lehren Parkplatz neben ihrem Auto sah.

„Okay, die lass ich dir vorbeibringen. Und keine Panik. Ich geb‘s nur in absolut zuverlässige Hände.“

„Das will ich dir auch raten. Wenn auch nur ein Kratzer drinnen ist, mach ich dich ‘n Kopf kürzer!“ warnte sie ihn.

„Schon klar. Also erhol dich ein bisschen.“

„Mach ich.“

Sie schlug die Wagentür zu und sah noch zu, wie er davon fuhr. In einem nicht ganz aufrechten Gang bewegte sie sich zum Fahrstuhl und fuhr mit ihm ins oberste Stockwerk, zu ihrer Wohnung. Zu irgendetwas anderem außer Schlafen war sie heute nicht mehr im Stande und schlurfte deshalb gleich ins Schlafzimmer. Nur mit Mühe entledigte sie sich ihrer Klamotten und legte sich dann ins Bett. Sie brauchte nicht mal eine Minute um in einen traumlosen Schlaf abzutauchen.
 

Michiru stand immer noch total unter Schock. Sie hatte mit angesehen, wie die Sportlerin, zu ihrer Erleichterung, aufgestanden war und dem anderen Fahrer geholfen hatte. Bei der Aktion bekam sie noch mal genauso viel Angst, es hätte ja noch mehr passieren können. Sie hatte überhaupt nicht mehr aufhören können zu weinen. Der Gedanke daran, dass sie jetzt tot sein könnte, war für sie unerträglich. Umso glücklicher war sie jetzt, dass die Rennfahrerin offenbar unverletzt war.

„Mama, ist alles in Ordnung?“

Erschrocken drehte Michiru ihren Kopf zur Seite und entdeckte Hotaru, die etwas schüchtern mit einem Plüschteddy im Arm am Türrahmen stand und ängstlich zu ihr hinsah.

„Oh. Ja, mein Schatz. Mach dir keine Sorgen.“

Schnell schaltete sie den Fernseher aus und ging zu ihrer Tochter rüber.

„Aber du weinst ganz Doll.“ stellte die Kleine klar.

„Ja, ich weiß. Da war nur eben etwas ganz trauriges im Fernsehen. Aber es ist alles in Ordnung.“

Michiru wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ging dann zu der Kleinen rüber, umarmte sie einmal ganz fest und lächelte sie danach beruhigend an.

„Du hast bestimmt Hunger, nicht wahr? Tut mir leid, ich hab völlig die Zeit vergessen.“

„Nicht so schlimm. Ich hab die ganze Zeit gespielt und auch ein Bild gemalt.“

„Du hast gemalt? Darf ich dein Bild sehen?“ fragte Michiru freudig überrascht.

Die Kleine strahlte und nickte heftig. Sie zog ihre Mutter hinter sich her in ihr Zimmer und hielt ihr dann voller Stolz ihr Bild entgegen. Michiru kniete sich zu ihr hinunter und sah es an. Es war nicht mehr als ein Kinder Gekritzel von drei Personen und einem nicht ganz zu definierbaren Hintergrund aber die Türkishaarige fand es trotzdem wunderschön.

„Das hast du wirklich toll gemacht, Hotaru-chan. Es ist wunderschön.“

Die Kleine strahlte noch mehr.

„Also lass mal sehen .... Das da bist du, oder?“

Michiru deutete auf die Kleinste Person auf dem Bild mit unverkennbar schwarzen Haaren.

„Ja!“

„Und das da bin ich.“

Hotaru nickte.

„Hhmm.... Und wer is das?“

„Ruka!“

„Ach so, verstehe.“

Aha, diese Ruka war also Blond und offenbar sehr groß. Mehr Details aus ihrem Äußeren bekam sie von dem Bild aber leider nicht, dafür war es doch etwas ungenau. Schade eigentlich.

„Darf ich es vielleicht an den Kühlschrank hängen? Dann kann ich es immer sehen, wenn ich in der Küche bin.“

„Ja!“

„Hast du Lust mir heute beim Kochen zu helfen? Dann geht das bestimmt schneller.“

„Ja, das wär toll!“

Also gingen die Zwei zusammen in die Küche. Michiru heftete das Bild an den Kühlschrank und holte dann aus diesem die Zutaten für das späte Mittagessen heraus. In ihrem Kopf tauchte noch den ganzen Abend über das Gesicht von ihrer Schülerin auf. Sie wollte unbedingt wissen, wie es ihr jetzt ging und ob sie nicht doch eventuell verletzt worden war. Aber erst nachdem sie Hotaru ins Bett gebracht hatte, schaltete sie noch einmal den Fernseher ein. Sie brauchte nicht mal lange suchen, ehe sie einen Bericht über das heutige Rennen gefunden hatte. Sehr viel mehr Informationen bekam sie daraus aber nicht. Nur, dass die Sportlerin das Krankenhaus, in welches sie gebracht worden war, schon wieder verlassen hatte. Aber nicht warum und ob sie das aus eigener Initiative oder durch Erlaubnis eines Arztes getan hatte. Über den anderen Fahrer erfuhr sie, dass er gerade noch so überlebt hatte, aber ob er jemals wieder Motorrad fahren bzw. normal gehen konnte, war ungewiss. Die Sportlerin wurde indes von allen als Held gefeiert. Michiru ging mit einem unguten Gefühl ins Bett. Am liebsten hätte sie ihre Schülerin angerufen oder wär sogar zu ihr hingefahren. Sie wollte sie sehen, sich selbst davon überzeugen, wie es ihr ging. Sie wollte sie umarmen, sie fühlen, um die Bestätigung zu erhalten, dass sie wirklich noch da war. ... Greifbar. ... Warm. ... Am Leben. Eine halbe Ewigkeit brauchte sie um einzuschlafen.
 

Haruka verbrachte fast den gesamten Sonntag im Bett. Sie hatte ihre Hausaufgaben auf der Matratze ausgebreitet und erledigte diese ganz fleißig, während neben bei ihr Fernseher lief. Krankgeschrieben wurde sie nämlich leider nicht und musste so, in jedem Fall, morgen zur Schule. Sie nahm nicht an, dass ihre Lehrerin Verständnis für sie aufbringen würde, wenn sie ohne Hausaufgaben erscheinen würde, also machte sie sie lieber. Außerdem wollte sie auch unbedingt mal einen positiven Eindruck bei der Schönheit hinterlassen. Sie brauchte wirklich mehrere Stunden um alle Fächer zu erledigen und auch die Zusatzaufgaben in Modernem Japanisch hinzubekommen. Alles richtig war bestimmt nicht, aber sie hatte es immerhin versucht. Hoffentlich rechnete ihre Lehrerin ihr auch den guten Willen an. Mit Ausnahme, dass das Telefon und ihr Handy die ganze Zeit klingelten/vibrierten und sie irgendwann einfach den Stecker zog bzw. das Handy ausschaltete, da nur dumme Reporter und neugierige Mädchen dran waren, passierte nichts Spektakuläres an diesem Tag, so dass er auch recht schnell um war.

Am Montagmorgen fand sie zu ihrer großen Freude ihr Motorrad wieder an seinem Platz in der Garage vor. Fahren tat sie aber haute mal nicht damit. Ihr Körper schmerzte doch noch ein wenig, weshalb sie ihr Auto für die bessere Wahl hielt. Damit war sie zwar nicht ganz so schnell, weil sie sich nicht durch die anderen Autos hindurch schlängeln konnte aber sie war zum Glück auch rechtzeitig losgefahren und kam so auch pünktlich in der Schule an. Auf dem Parkplatz erwartete sie aber schon eine ganz aufgeregte Gruppe von Mädchen. Natürlich ihr über alles geliebter Fanclub. »Na toll! Der Tag fängt ja gut an.« Genervt stieg sie aus ihrem Auto aus und wurde auch sogleich umzingelt.

„Tenoh-kun! Wie geht’s dir?“

„Wir haben das Rennen gesehen und uns furchtbare Sorgen gemacht.“

„Ja, geht es dir gut? Du bist ja so ein Held! Du hast dem anderen Fahrer das Leben gerettet.“

„Tut dir was weh?“

„Hast du schmerzen?“

„Sollen wir dich wieder nach Hause bringen?“

„Ich bleibe auch gern bei dir und ...“

„Hey! Wieso ausgerechnet du? Ich bleib bei ihr!“

„Also wenn hier jemand......“

Super, jetzt fingen die auch noch an sich zu streiten. Die Sportlerin verdrehte die Augen und ging einfach an ihnen vorbei. Die Mädchen brauchten ein paar Sekunden um zu schnallen, dass Haruka gar nicht mehr anwesend war und rannten dann hinter ihr her.

„Warte, Tenoh-kun! Soll ich dir helfen? Du kannst dich ruhig auf mich stützen.“

„Nein, stütz dich auf mich! Ich bin viel stärker als sie.“

„Danke, aber gehen kann ich schon noch allein.“ kam es kühl von ihr zurück.

Sie wurde die Quälgeister den ganzen Weg über nicht los. Erst als sie bei der Klasse ankamen löste sich die Gruppe ein wenig auf, da nicht alle von ihnen auch in diese Klasse gingen. Nur fünf von ihnen blieben zurück und begleiteten sie doch tatsächlich noch bis zu ihrem Stuhl und machten auch nicht den Anschein sie dort alleine zu lassen. Ohne Punkt und Komma redeten sie vor sich hin aber Haruka hörte absolut nicht zu. Takuya neben ihr hatte offenbar auch etwas zu sagen, aber die Mädchen gaben ihm nicht mal die Chance dazu.
 

Mit einem flauen Gefühl im Magen begab sich Michiru heute zur Arbeit. Irgendwie hatte sie Angst die Sportlerin könnte nicht anwesend sein. Natürlich hatte sie keine Ahnung, ob sie überhaupt zur Schule kommen durfte, es wäre also gar nicht so ungewöhnlich, wenn sie fehlte. Den ganzen gestrigen Tag über hatte sie nur an ihre Schülerin denken können und sie musste sie unbedingt wiedersehen. Doch bevor es so weit war, wurde sie noch im Lehrerzimmer aufgehalten.

„Ah, Sensei. Ich wollte Sie noch darüber informieren, dass wir uns heute mit den anderen Lehrern in der großen Pause treffen und die Reise besprechen.“

»Oh, nein! So ein verdammter Mist!« Diese dämliche Reise hatte sie schon wieder völlig vergessen. ... In der Pause? Bitte nicht in der Pause! Die hatte sie doch für ihre Schülerin reserviert. Aber was hatte sie schon für eine Wahl? Ihre Nachhilfe war ja völlig Inoffiziell.

„Ja, natürlich, Kohara-sensei.“ sagte sie niedergeschlagen.

„Wunderbar!“

Der Kerl grinste auch noch blöd dabei. Am liebsten hätte sie es ihm aus dem Gesicht gerissen. So schnell wie möglich verließ sie das Lehrerzimmer und begab sich zu den Klassenräumen. Vor der Tür blieb sie aber noch mal stehen. »Oh Gott, bitte lass sie da sein!« Nach einem tiefen Atemzug betrat sie die Klasse und bemühte sich nicht sofort zu ihrem Platz herüber zu spähen aber ihre Augen wanderten doch dorthin. Aber anstelle ihrer blonden Rennfahrerin sah sie nur ein Haufen Mädchen. Das ließ ihre Stimmung augenblicklich umspringen. Während sie sich das ganze Wochenende Sorgen um sie gemacht hatte und sich über alles nach ihrer Anwesenheit verzerrt hatte, war sie schon wieder mit wer weiß wie vielen Mädchen zusammen! Sie machte die Klasse auf sich aufmerksam und augenblicklich löste sich der Kreis um die Sportlerin auf. Ein erneuter Blick auf die begehrte Person erweichte sie mit Körper und Seele. Ein Lächeln! Sie lächelte! Und sah ihr genau in die Augen. Michiru konnte gar nicht anders als zurück zu lächeln, versuchte es aber zu verbergen. Jetzt war nur noch die Frage in ihrem Kopf warum sie gelächelt hatte und ob es wirklich ihr gegolten hatte. Anfangs versuchte sie sich noch einzureden, es war nur von dem Gespräch mit den Mädchen übrig geblieben. Aber egal wie oft sie auch während der Stunde zu ihr hin sah, das Lächeln verschwand einfach nicht. Besser noch, es tauchte immer erst auf, wenn sich ihre Blicke trafen. Zu ihrem Erstaunen hatte sie sogar ihre Hausaufgaben gemacht und auch die Zusatzaufgaben gab sie mit ab. Dieses Mal hätte sie es in jedem Fall verstanden, wenn sie sie nicht gemacht hätte, schließlich hatte sie gerade einen schlimmen Motorradunfall überlebt, woran sie auch noch mal zusätzlich erinnert wurde, als sie die freien Arme der Blonde sah, die von Kratzern und blauen Flecken nur so überseht waren. Am liebsten hätte sie sie sofort umarm und wäre dann bestimmt wieder in Tränen ausgebrochen. Der Gedanke, dass sie jetzt nicht mehr da sein könnte, war immer noch unerträglich für sie. Nur, weil ihre Schülerin so unglaublich stolz auf sich selbst zu sein schien und über beide Ohren hin grinste, als sie ihre Hausaufgaben abgab, konnte Michiru diesen Impuls unterdrücken und musste sogar auch wieder Lächeln. Viel zu schnell ging dieses Mal der Unterricht um und so war sie ziemlich enttäuscht darüber, als es klingelte. Die Schüler standen langsam auf und verließen einer nach dem anderen den Raum.
 

Haruka erhob sich auch und ging Richtung Tür, als sie Takuya auf einmal hinter sich hörte.

„Hey, warte auf mich.“

Verwundert blieb sie stehen und drehte sie sich zu ihm um.

„Wie geht’s dir eigentlich? Ich hätte heute wirklich nicht mit dir gerechnet. Bist du nicht krank? Du hast mir echt ‘nen Wahnsinns Schrecken eingejagt, weißt du das? Ich dachte schon du wärst tot! Und was ist eigentlich mit deinem Telefon los? Ich hab gestern versucht dich anzurufen aber irgendwie war ständig besetzt und das Handy aus.“

Haruka sah ihn völlig entgeistert an. Hatte er sich etwa Sorgen um sie gemacht?

„Beruhige dich, okay. Mit mir ist alles in Ordnung. Ich hab nicht viel abbekommen. Und so schnell geh ich schon nicht drauf. ... Ach so, und mein Telefon hab abgeschaltet, weil mich ständig irgendwelche Nervensägen angerufen haben und wissen wollten wie es mir geht.“ grinste sie ihn an.

„Du bist wirklich ein Idiot. Da macht man sich Sorgen und du, du machst dich auch noch lustig darüber.“

Er ging beleidigt an ihr vorbei, weiter Richtung Tür.

„Wieso machst du dir überhaupt sorgen? Es gibt doch gar keinen Grund dafür.“

„Alter, du wärst fast drauf gegangen! Hast du eigentlich eine Ahnung wie das ausgesehen hat?“

„Nein, ich war zu sehr damit beschäftigt von der Straße zu fliegen. Ich wusste ja nicht mal wo oben und unten ist.“

„Du hast echt mehr Glück als Verstand.“ seufzte Takuya.

„Äh, Tenoh-san? Könnte ich noch kurz mit Ihnen reden?“

Haruka und Takuya drehten sich gleichzeitig um und sahen in das freundliche Gesicht ihrer Lehrerin. Die Sportlerin musste augenblicklich wieder Lächeln. Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie kam es immer automatisch in ihr Gesicht, wenn sie die Türkishaarige erblickte.

„Ähm, klar.“ freute sie sich.

„Wir sehen uns dann.“

Takuya konnte dieses vielsagende Zwinkern schon wieder nicht lassen und verließ dann breit grinsend den Raum.

„Was gibt es denn?“ fragte Haruka neugierig.

„Tja, also ich muss für heute unsere Nachhilfestunde leider absagen.“

„Oh.“

Die Enttäuschung stand ihr Buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Sie hatte sich schon so wahnsinnig darauf gefreut.

„Warum denn?“

„Ich muss an einer Lehrerbesprechung Teilnehmen. Tut mir wirklich leid. Ich hoffe aber, dass ich Morgen wieder Zeit für Sie habe. Bis dahin gebe ich Ihnen noch ein paar Aufgaben mit, die Sie bitte durchgehen.“

„Ähm, ja, klar, natürlich. .... Ich ... ich hätte sonst auch nach der Schule Zeit, wenn ... wenn Sie also auch ....“

Haruka konnte selbst nicht glauben, was sie ihrer Lehrerin da gerade anbot. Wollte sie sich wirklich nach der Schule mit ihr treffen? Dann wäre mit Sicherheit nicht ein Schüler mehr in der Schule und sie waren völlig allein. War das wirklich so eine gute Idee?

„Leider habe ich da auch keine Zeit.“

Das klang für Haruka aber ziemlich enttäuscht. Konnte das wirklich sein?

„Na gut, dann eben morgen wieder.“ sagte Haruka traurig und nahm die Zettel entgegen, die ihr ihre Lehrerin reichte.

„Falls ich es wieder nicht schaffe, werde ich Ihnen noch Bescheid geben.“

„Wie? Meinen Sie etwa, Sie könnten morgen vielleicht auch nicht?“

„Ja. Ich weiß nicht genau wie die Besprechung heute laufen wird und wie oft oder ob überhaupt nochmal sie stattfindet.“

„Darf ... darf ich Fragen um was es geht?“

„Ich denke schon. Es geht um diese Abschlussreise.“

Haruka bekam ganz große Augen.

„Fahren Sie da etwa mit?“

„Ja. Ich werde Ihren eigentlichen Japanisch Lehrer auch dort vertreten.“

»Oh Mann! Der Wahnsinn! Fünf volle Tage, die ich sie von morgens bis abends sehen kann!« Haruka hätte Luftsprünge machen können.

„Ähm, kann es sein, dass Kohara-sensei auch an der Organisation teilnimmt?“ fragte sie ganz unbedeutend.

„Ja, das ist richtig. Wieso fragen Sie?“

„Ach, nur so.“

»Ja! Dann haben die ja vielleicht doch nichts miteinander!« Das hieß zwar noch lange nichts und auch nicht, dass die Türkishaarige mit niemand anderem zusammen war aber daran wollte sie gar nicht denken.

„Oh, ich glaub ich muss langsam mal zum Unterricht. Also sagen Sie mir einfach Bescheid, ansonsten werde ich hier auf Sie warten. Bis dann.“ verabschiedete sich die Sportlerin schnell, denn die nächste Stunde hatte schon längst angefangen.
 

„Ja, bis dann.“ sagte Michiru auch und sah ihr traurig hinterher.

An alldem war nur dieser dämliche Geschichtslehrer schuld. Sie würde so viel lieber mit der Blonden ihre Pause verbringen. Und sie hatte ihr doch tatsächlich angeboten noch nach der Schule mit ihr zu lernen. Was das jetzt wohl zu bedeuten hatte? Sie seufzte einmal, sammelte dann schnell ihre Sachen zusammen und begab sich zur nächsten Stunde.

Gespräche in der Pause

In der Pause ging Michiru dann zu dem gezwungenem treffen mit ihren Kollegen. Außer ihr und der nervige Kerl – der sich natürlich direkt neben sie setzten musste, waren auch noch vier weitere Lehrer anwesend. Das Gespräch wurde genau so langweilig, wie Michiru es erwartet hatte. Körperlich war sie zwar anwesend aber mit ihren Gedanken war sie ganz woanders …

„Was halten Sie denn davon, Kaioh-sensei?“

Die Türkishaarige schreckte auf und wurde von diesem Widerling ganz erwartend angesehen.

„Ähm, ... ja, das hört sich wunderbar an.“

Hoffentlich passte diese Antwort auf seine Frage. Sie hatte nämlich nicht die geringste Ahnung worum es ging.

„Super! Dann haben wir ja schon mal das Ziel unserer Reise gefunden. Waren Sie denn schon mal in Rom?“

Rom? Hat der gerade ROM gesagt? Michiru hätte nicht erwartet, dass diese Reise ins Ausland ging und dann auch noch zu so einer wunderbaren Stadt. Natürlich war sie noch nie dort gewesen, geschweige denn in irgendeiner anderen Stadt als Tokio. Irgendwann einmal in ihrem Leben so eine historische und traumhafte Stadt wie Rom live zu Gesicht zu bekommen, daran hätte sie nicht mal im Traum gedacht. Auf einmal fand sie diese Reise alles andere als überflüssig. Oh, und dann würde ja auch noch ihre Lieblingsschülerin mitkommen.

„Ähm, nein. Ich bin noch nie dort gewesen.“ antwortete sie schließlich dem Lehrer.

„Wir sollten dann jetzt vielleicht die Aufgaben unter uns verteilen. Ich finde es sinnvoll, wenn jeder von uns einen Teil übernimmt und dann für sich selber entscheidet, wie er diesen erledigt. Es hat wohl keiner von uns wirklich die Zeit sich jeden Tag zu treffen. Sollte jemand Fragen an den Anderen haben oder wenn sich in dieser Hinsicht aufeinander abgestimmt werden muss, kann er ihn ja auch einfach so ansprechen.“ erzählte einer der anderen Lehrer.

Den Vorschlag konnte Michiru nur begrüßen und machte diesen älteren Japanisch Lehrer gleich sympathisch für sie. Er war bestimmt schon kurz vor der Rente, hatte ein nettes freundliches Gesicht und erinnerte sie irgendwie an ihren Großvater. Die anderen stimmten auch zu, nur Kohara gefiel das offenbar nicht so gut, wie Michiru an seinem Gesichtsausdruck unschwer erkennen konnte.

„Okay, also ... es müssen die Flüge gebucht werden, das Hotel, der genaue Tagesablauf, die Orte, die wir aufsuchen wollen und vielleicht noch einige Fragen zusammen gestellt werden, die wir unseren Schülern aufgeben können. Schließlich sollen die ja auch noch etwas lernen.“ lächelte der ältere Mann weiter.

„Ich würde gerne das mit den Flügen übernehmen. Mein Mann arbeitet bei einer Fluggesellschaft und ich denke, wir könnten so noch eine Ermäßigung erhalten.“ meldete sich, die noch einzig andre Frau im Raum zu Wort.

„Gut, einverstanden. Dann ist das schon mal abgehakt.“

„Kaioh-sensei und ich, könnten das mit den Fragen übernehmen, das sollten doch vielleicht zwei Lehrer zusammen machen.“

Michiru hätte dem Typen den Hals umdrehen können! Der hatte nicht mal den Anstand zu fragen, ob sie das überhaupt wollte.

„Hhmm, ja das wohl schon. Aber fänden Sie es nicht Sinnvoller, wenn dies zwei Geschichtslehrer übernehmen? Es geht ja mehr um die Kultur dort und nicht um unsere Sprache.“ überlegte der ältere Lehrer.

Der Mann gefiel Michiru immer besser.

„Er hat Recht, Kohara-sensei. Geschichte ist nun wirklich nicht so mein Gebiet. Ich würde stattdessen lieber das mit dem Hotel übernehmen.“ ergriff sie schnell das Wort, bevor der Kerl sich noch was anderes ausdachte.

„In Ordnung. Also dann kümmern Sie sich um das Hotel und Kohara-sensei wird zusammen mit...?“

Er schaute die anderen beiden Geschichtslehrer an.

„... mit Ihnen beiden am besten die Fragen durch gehen und auch noch die Orte bestimmen die wir aufsuchen. Hhmm, da das Ganze ein bisschen voneinander abhängig ist vielleicht auch den restlichen Tagesablauf.“

Der ältere Japanisch Lehrer hatte offenbar die Führung an sich genommen und notierte sich alles auf einen Zettel.

„Ach, und was tun Sie?“ fragte Kohara aufbrausend, denn ihm gefiel das überhaupt nicht.

„Ich werde mich darum kümmern, dass der Direktor diesem Vorschlag überhaupt zustimmt und darauf achten dass wir das Budget nicht überschreiten. In diesem Falle unterstütze ich natürlich auch unsere zwei Damen hier, bei den Buchungen.“

Der Kerl war einfach klasse! Michiru hätte sich über Koharas Blick einfach totlachen können, der schien nämlich kurz vor dem explodieren zu sein.

„Okay, ich denke damit haben wir dann alles. Ich gebe Ihnen dann Bescheid, sobald der Direktor mit dieser Sache einverstanden ist und ich weiß, wieviel Geld uns zur Verfügung steht. Ansonsten sollten wir uns vielleicht kurz vor der Reise und wenn alles festgelegt ist noch mal treffen, damit wir alle auf dem aktuellen Stand sind.“

Alle, bis auf den mies dreinblickenden Typen neben Michiru, nickten dem Mann zu und erhoben sich dann alle nacheinander. Michiru machte auch schnell, dass sie hier weg kam, wer weiß, auf was für Ideen dieser Widerling sonst noch so kam.
 

Irgendwie war Haruka trotz der abgesagten Nachhilfestunde mit ihrer Lehrerin gut drauf. Die Aussicht auf volle fünf Tage mit ihr verbringen zu können, versetzten sie einfach in Hochstimmung. Und die Pause konnte sie ja dafür mit Hotaru verbringen, zu der sie auch schon unterwegs war. Gemütlich ging sie über den Hof und bog dann um die Ecke zu ihrem Treffpunkt. Die Kleine saß schon im Gras und breitete das Essen vor sich aus.

„Hey, Taru-chan.“ lächelte sie und setzte sich dazu.

„Ruka!“

Hotaru sprang sofort auf und warf sich ihr an den Hals.

„Ich freu mich auch dich zu sehen.“

Haruka streichelte ihr einmal über den Kopf und wartete, bis sie wieder losgelassen wurde. Die Schmerzen schluckte sie bei der stürmischen Umarmung einfach runter.

„Hier, ich hab schon alles vorbereitet, damit wir gleich essen können und du nicht zu spät kommst.“

„Das ist lieb von dir. Ich hab auch schon einen Bärenhunger. Aber so eilig hab ich es heute gar nicht. Die Nachhilfestunde fällt aus.“

Das strahlende Lachen, was Hotaru eben noch hatte, verschwand auf einmal und sie sah ziemlich traurig aus.

„Heißt das, du könntest heute bleiben? Aber ich hab doch schon Yumi-chan versprochen mit ihr zu spielen.“

„Dann solltest du das auch tun.“

Haruka war schon ein wenig enttäuscht aber es war wohl besser, wenn Hotaru mit ihrer Freundin spielte, als hier mit ihr rumzusitzen. Die Kleine schien völlig hin und her gerissen zu sein. Einerseits wollte sie ja auch spielen und auch ihr Versprechen nicht brechen, aber andererseits, wusste sie ja nicht, wann sie mal wieder so eine Gelegenheit bekam Haruka die ganze Pause für sich zu haben.

„Aber ...“ setzte sie an, wurde aber unterbrochen.

„Kein aber. Was du versprichst, musst du auch halten. Ich komm morgen ja auch wieder zum Essen.“ sagte sie bestimmend und fing auch gleich an sich an dem köstlichen Mal zu bedienen.

Enttäuscht ließ sich Hotaru ins Gras fallen und tat es ihr gleich. Einige Zeit später stand die Schwarzhaarige wieder auf.

„Und ich soll wirklich gehen?“

„Ja, sollst du. Und jetzt guck nicht so traurig. Du willst doch schließlich Spaß mit deiner Freundin haben.“

„Und was machst du jetzt?“

„Ich werd noch zu Ende essen und dann schon mal wieder rübergehen. Ich krieg die Zeit schon irgendwie rum.“

„Na gut.“

Hotaru umarmte die Große noch mal um den Hals, gab ihr sogar einen Kuss auf die Wange und ging dann Richtung ihres Schulhofes. Haruka sah ihr etwas verwundert hinterher und aß dann das restliche Essen auf. Keine Ahnung was sie jetzt tun sollte, schlenderte sie über den Hof zurück. Sie musste aufpassen, dass sie nicht wieder irgendwelchen Mädchen in die Arme lief und auf dumme Gedanken kam oder im schlimmsten Fall, diese nervigen Fragen über sich ergehen lassen musste. Sie sah sich ein wenig um und entdeckte Takuya mit einem Buch in der Hand unter einem Baum. Er war mit Sicherheit nicht so nervig wie diese gackernden Hühner von heute Morgen und auf dumme Gedanken konnte sie dort auch nicht kommen, also entschied sie sich, zu ihm zu gehen. Ohne etwas zu sagen pflanzte sie sich einfach an den Baum ihm gegenüber und warf den Kopf zurück. Der Junge sah von seinem Buch auf, hob eine Augenbraue an und traute seinen Augen nicht.

„Was machst du denn hier?“

„Was, darf ich hier etwa nicht sitzen?“

„Äh, doch. Klar darfst du. Ich dachte nur, du wärst bei deiner Nachhilfestunde.“

„Die fällt heute aus.“

„Ach, das wollte sie also heute Morgen von dir.“

„Richtig.“

„Und jetzt bist du natürlich furchtbar deprimiert und krank vor Liebeskummer.“ schwafelte er grinsend vor sich hin.

„Ach halt die Klappe, du Schwachkopf.“

Haruka war schon dabei wieder aufzustehen.

„Hey, war doch nur ‘n Scherz. Bleib sitzen.“

Zu ihrer eigenen Verwunderung blieb sie wirklich sitzen, verschränkte aber die Arme vor der Brust und sah ihn mahnend an.

„Na gut, aber hör mit diesen Bemerkungen auf.“

„Ich werd’s versuchen. Warum fällt die Stunde denn nun aus?“

„Sie hat irgend so ‘ne Besprechung mit den anderen Lehrern, wegen der Abschlussreise.“

„Ach richtig, die Reise. Die hab ich völlig vergessen. Fährt sie da etwa mit?“ fragte er neugierig.

„Offenbar ja.“

Takuya grinste schon wieder so dämlich, sagte aber nichts.

„Wie läuft eigentlich sonst die Nachhilfe so? Ich mein, ist sie nicht der Grund, warum du überhaupt erst so schlecht geworden bist? Kannst du dich überhaupt auf irgendetwas konzentrieren, wenn sie in der Nähe ist?“

„Es ist wirklich nicht ganz einfach. Ich geb mir echt Mühen sie nicht ständig anzustarren und ihr zuzuhören aber immer gelingt mir das nicht. Es is aber schon besser geworden. Jetzt ist sie ja auch wenigstens nett zu mir. ... Obwohl, manchmal auch ‘n bisschen komisch.“

„Komisch? Wie ist das denn gemeint?“

„Keine Ahnung. Manchmal gibt sie so eigenartige zweideutige Bemerkungen von sich, mit denen ich überhaupt nichts anfangen kann. Und mal redet sie vollkommen normal mit mir und dann sieht sie mich wieder so komisch an. Ich weiß echt nicht, was in dieser Frau vor sich geht.“

„Vielleicht steht sie ja auf dich.“ grinste Takuya.

„Ach, red kein Müll! Die würde sich doch niemals auf einen Schüler einlassen. Und selbst wenn, sie hält mich immer noch für einen Kerl und das bin ich ja nun mal nicht.“

„Glaubst du wirklich, sie weiß immer noch nicht, dass du ein Mädchen bist? Inzwischen müsste sie das doch rausgefunden haben.“

„Wie denn?“

Takuya überlegte kurz.

„Naja, es braucht doch nur irgendwer dein Pronomen benutzen und schon ist es raus.“

Das stimmte allerdings. Haruka dachte darüber nach, sagte aber nichts.

„Und wenn nicht, könntest du es ihr doch einfach sagen. Vielleicht stört es sie ja gar nicht so sehr. Die anderen Mädchen haben doch auch kein Problem damit.“

„Die sind aber auch was ganz anderes. Außerdem sind die doch nur scharf auf mich, weil ich berühmt bin. … Und unglaublich toll aussehe, natürlich.“

„Und aus welchem Grund willst du nun, dass Kaioh-sensei nicht aus denselben Gründen auf dich abfährt?“ fragte er herausfordernd, nach dem er kurz die Augen verdreht hatte.

„Das hab ich doch gar nicht gesagt.“

„Doch, hast du.“

„Warum bist du eigentlich plötzlich dafür, dass ich was mit ‘ner Lehrerin anfange? Du warst es doch, der mir gesagt hat, dass ich das lassen soll.“

„Ja, schon. Wenn du auch nur mit ihr schlafen willst, so wie mit allen anderen, bin auch immer noch dagegen, aber ich glaube - und ja ich weiß du tust es nicht - aber ich glaube nun mal, dass du viel mehr von ihr willst.“

Die Sportlerin schnaubte und schüttelte mit dem Kopf.

„… Okay, mal angenommen es stimmt, was du sagst. ... Nur angenommen! Warum wärst du dann dafür? Ein Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist immer noch verboten und volljährig bin auch noch nicht.“

„Naja, solange dauert es ja gar nicht mehr, bis du achtzehn wirst und der Abschluss ist dann ja auch nicht mehr weit entfernt. Und so groß kann der Altersunterschied ja wohl auch nicht sein, als dass es irgendwie verwerflich wäre. Also, wenn du wirklich mehr für sie empfindest und sie das gleiche will, sollten diese Vorschriften euch nicht daran hindern zusammen zu sein. Versteh mich nicht falsch, ich finde es richtig, dass es diese Vorschriften gibt und bei jedem anderen, würde ich auch sagen, er solle es lassen aber ...“

„Aber?“

„Aber du, du solltest wirklich deine Chance nutzen, wenn du eine hast.“

„Wieso? Was ist denn anders an mir“

„Haruka .... oh sorry, darf ich dich so nennen?“ fragte er zögerlich, denn das war ihm einfach so rausgerutscht.

„Von mir aus.“ winkte sie nur ab.

„Gut. ... Haruka, wann ist es das letzte Mal vorgekommen, dass du so verrückt nach einer Frau gewesen bist und du das Gefühl hattest, ständig in ihrer Nähe sein zu müssen? Oder besser, gab es schon mal irgendeinen anderen Menschen in deinem Leben, den du auch nur in Erwägung gezogen hast, ihn in dein Leben zu lassen?“

„Äh..., noch nie und nein.“

„Siehst du? Du bist wirklich kein Mensch, der sich oft verliebt oder andere an sich heran lässt. Wenn du diese Frau liebst und wirklich bereit bist, ihr alles über dich zu erzählen und alles für sie zu tun, damit sie glücklich ist, solltest du es versuchen und wenn es klappt, sie nie wieder gehen lassen. Wer weiß, wann und ob du in deinem Leben so jemandem noch einmal begegnen würdest.“

Das klang gar nicht so blöd und ließ die Sportlerin einige Minuten vor sich hin grübeln.

„.... Und wie finde ich nun raus, ob ich sie ... liebe?“

Alleine das Wort kam ihr schon fremd vor.

„Ich weiß doch gar nichts über sie, nicht mal wie alt sie ist oder ob sie nicht schon einen Freund hat. Sie könnte auch schon verheiratet sein.“

„Tja, also das musst du nun wirklich alleine rausfinden. Auch, was sie für dich empfindet. Ach, und verheiratet ist sie ganz sicher nicht. Jedenfalls hab ich keinen Ring an ihrem Finger gesehen.“

„Und warum genau achtest du auf so etwas?“ fragte sie anklagend.

„Na, weil du es nicht tust. Mir war klar, dass du solche Details einfach übersiehst und ich wollte sicher gehen, dass du dich nicht auch noch an eine verheiratete Frau ran machst. Ist ja schließlich schon schlimm genug, dass sie unsere Lehrerin ist.“

„Das kapier ich jetzt aber nicht. Warum solltest du für mich auf so etwas achten?“

Das klang wirklich komplett hirnrissig für sie.

„Ich wollte nur nicht, dass du noch mehr Schwierigkeiten bekommst.“

„Aha. ... Kapier ich immer noch nicht.“

„Ist es wirklich so schwer Vorstellbar für dich, dass jemand etwas für dich tut, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen? Ich hab mir einfach Sorgen gemacht.“

„Schon wieder? Das hast du heute Morgen schon gesagt. Ich versteh nicht, warum du dir Sorgen machst. Was kümmert es dich, ob ich bei dem Unfall draufgehe und sonst was für Schwierigkeiten bekomme?“

„Also zunächst einmal, dass jemand stirbt, würde ich niemals wollen. Und ich mag dich eben.“ zuckte er mit den Schultern.

„.... Du .... magst ... mich?“ betonte sie jedes einzelne Wort voller Unglauben.

„Ja.“

„Wieso? Und wie genau ist das gemeint?“

Takuya musste kurz lachen über den Gesichtsausdruck der Sportlerin.

„Jetzt guck nicht so behämmert. So ganz genau warum ich das tue, weiß ich auch nicht. Aber unter deiner harten Schale, bist du schwer in Ordnung. Und bevor du noch irgendetwas Falsches denkst, ich meine als Freund, Kumpel eben. Denn mein Typ bist du nun wirklich nicht und ich vermute, ich deiner auch nicht, also keine Panik. Außerdem habe ich schon eine Freundin.“

„Ach ja? Du hast eine Freundin? Kenne ich sie?“ fragte Haruka neugierig und ignorierte alles andere was Takuya noch gesagt hatte erst einmal.

„Also ich hoffe doch wohl nicht. Alle Mädchen die du kennst, hattest du doch schon im Bett.“

„Stimmt gar nicht. ... Nur fast alle. Aber ich hab dich bis jetzt noch nie mit einem Mädchen gesehen.“

„Sie geht auch nicht auf unsere Schule.“

„Ach so. ........... Wie ist das denn so? ... Eine Freundin zu haben, meine ich?“ fragte sie nach einiger Zeit zögerlich.

„Ähm, ... also ich find‘s toll.“

„Und was daran genau?“

„Naja, einfach mit ihr zusammen zu sein. Jemanden zu haben, mit dem ich über alles reden kann und dem ich vollkommen vertraue. Es ist einfach wundervoll sie um mich zu haben und ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, ohne sie zu leben.“

„Hhmm........“

„Wünscht du dir denn nie so jemanden zu haben? Du wohnst doch ganz alleine, oder? Ich stell mir das ziemlich einsam vor. Deswegen versteh ich auch nicht, warum du dich so gegen deine Gefühle wehrst. Es kann doch nur gut für dich sein.“

Haruka sagte gar nichts dazu, sondern sah einfach nur den Grashalm an, mit dem sie rumspielte. Sehr viel hätte sie sowieso nicht dazu sagen können, denn es klingelte auf einmal. Sie hatte völlig vergessen, dass sie sich noch in der Schule befand und zuckte unmerklich zusammen bei dem Geräusch.

„Na dann, wollen wir mal die letzten zwei Stunden hinter uns bringen.“

Takuya stand auf und streckte sich vergnügt.

„Ich hab jetzt übrigens Kunst, bei deiner geliebten Lehrerin.“

Haruka sprang auf und eilte ihm hinterher, denn er war bereits am Gehen.

„Du hast bei ihr Kunst? Wieso weiß ich nichts davon?“

„Du hast nie gefragt. Du wusstest doch noch nicht einmal, dass ich Kunst habe, oder?“

Das hatte sie tatsächlich nicht. Eigentlich wusste sie gar nichts über seine Wahlkurse, noch sonst irgendetwas über ihn. Auf einmal bekam sie ein ganz schlechtes Gewissen deswegen. Warum genau mochte er sie noch mal?

„Hast du schon mal eines ihrer Bilder gesehen?“ riss er sie aus ihren Gedanken.

„Ähm, nein.“

„Solltest du mal. Die sind einfach umwerfend. Ich versteh gar nicht, warum sie Kunst unterrichtet, sie könnte damit glatt ihr Geld verdienen.“

„Ach ja?“

„Mhm. Und ich hab zwar kein Musik bei ihr aber ich hab von anderen gehört, dass sie auch da der absolute Wahnsinn ist. Besonders auf ihrer Geige.“

„Mist! Warum hab ich Idiot damals kein Musik gewählt?“

„Kannst du denn ein Instrument spielen?“ fragte er ungläubig.

„Ja, Klavier.“

„Echt? Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Bist du gut?“

„Keine Ahnung. Ich hab‘s als Kind gelernt aber mit Noten kann ich nicht so viel anfangen. Ich spiel eigentlich immer nur nach Gefühl.“

„Na, vielleicht solltest das ihr mal erzählen. Wenn sie Musik mag, gefällt es ihr bestimmt, wenn du Klavier spielst.“

„Lieber nicht. Nachher will sie mich noch spielen hören.“

„Was wäre so schlimm daran?“

„Ist dir nicht aufgefallen wie nervös ich in ihrer Gegenwart bin? Das wird ‘ne absolute Katastrophe. Sie hält mich sowieso schon für komplett bescheuert, weil ich ihr nie zuhöre und nur anstarre, da muss ich mir das nicht auch noch geben.“

Der Schwarzhaarige fing wieder an zu lachen und hörte auch nicht auf bis sich ihre Wege trennten.

„Also dann, wir sehen uns morgen.“ winkte er ihr zu und grinste immer noch vor sich hin.

Haruka sah ihm noch kurz nach, ehe sie dann den Weg zu ihrem Physikraum einschlug. Sie hatte wirklich noch nie so offen und ehrlich mit jemandem geredet. Und warum sie das getan hatte, wusste sie auch nicht. Das Gespräch ging ihr für den Rest des Tages auch nicht mehr aus dem Kopf. Konnte es sein, dass sie wirklich so viel für diese Frau empfand? Wollte sie mit ihr zusammen sein? Eine richtige Beziehung führen? Sie hatte nicht mal eine Ahnung was genau dazu gehörte. Das alles war komplett neu für sie. Aber es hatte wohl keinen Sinn jetzt schon darüber nachzudenken, schließlich wusste sie ja gar nicht, ob die Türkishaarige überhaupt etwas von ihr wollte. Und was genau für ein Mensch sie war, wusste sie auch nicht oder ob sie ihr vertrauen konnte. Das musste sie wohl erst mal herausfinden. ... Aber wie?
 

Michiru hatte es erfolgreich geschafft ihrem nervigen Verehrer für den Rest des Tages aus dem Weg zu gehen. Auch nach der Schule hatte er ihr zum Glück nicht wieder aufgelauert. Sie holte ihre Tochter von der Schule ab und machte sich mit ihr nicht sofort auf den Weg nach Hause, sondern erst mal wo anders hin. Es gab da schließlich noch eine wichtige Sache, die sie Regeln musste. Hotaru konnte ja schließlich nicht fünf ganze Tage alleine bleiben. Und sie wollte sich lieber gleich darum kümmern und nicht erst in letzter Minute. Es gab nur einen Menschen, dem sie ihre Tochter anvertrauen konnte und würde. Hoffentlich klappte es, denn inzwischen freute sie sich richtig auf die Reise.

„Mama, wo gehen wir hin? Das ist doch gar nicht der Weg nach Hause?“ fragte Hotaru sie verwundert.

„Das ist richtig, Hotaru-chan. Ich dachte mir, wir sehen mal wieder bei Oma vorbei.“

„Wir besuchen Oma-Reika? Toll!“

Die Kleine strahlte jetzt richtig und zog ihre Mutter schneller hinter sich her. Zum Glück war es nur ein Fußmarsch von der Schule bis zu der Wohnung von Michirus Großmutter und so brauchten sie auch nicht lange dort hin. Die Wohnung lag in einem der vielen Hochhäuser Tokios, sehr weit nach oben mussten sie aber nicht, da sie gleich im Erdgeschoss lag. Die kleine Hotaru war schon vor gelaufen und klingelte bereits, jeden Falls versuchte sie es, denn sie kam nicht wirklich bei der Klingel an.

„Mama! Beeil dich!“ rief sie ungeduldig.

Die Türkishaarige ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und ging gemütlich weiter. Als sie endlich bei ihrer Tochter ankam, hob sie sie ein Stück an, damit sie endlich klingeln konnte. Die Tür öffnete sich nach kurzer Zeit und eine ältere Frau mit halblangen grauen Haaren kam zum Vorschein.“

„Oma!“ kreischte Hotaru und hüpfte aufgeregt auf und ab.

„Hotaru-chan, Michiru-chan, was für eine schöne Überraschung. Was macht ihr denn hier?“

„Wir wollen dich besuchen!“ antwortete das kleine schwarzhaarige Mädchen, noch bevor Michiru etwas sagen konnte.

„Das freut mich aber. Na dann kommt mal rein.“

„Stören wir dich auch nicht?“ fragte Michiru sie.

„Aber nein, mein Kind. Ihr stört mich nie.“

Reika trat etwas von der Tür zurück und ließ die beiden rein. Hotaru lief an ihr vorbei, direkt ins Wohnzimmer. Michiru umarmte ihre Großmutter noch und wurde dann von ihr ins Wohnzimmer begleitet.

„Ihr kommt auch genau richtig. Ich habe gerade neuen Tee gekocht. Du möchtest doch sicher auch einen, oder?“

„Ja, danke. Ich nehme gern einen.“

Die Türkishaarige setzte sich schon mal auf die Couch, während Reika noch kurz in der Küche verschwand. Hotaru lief immer noch aufgeregt durch die Gegend und sah sich genauer um. Ein paar Minuten später kam die ältere Frau auch schon mit einem Tablett zurück und schenkte ihnen Tee ein.

„Hotaru-chan, möchtest du auch einen Tee?“

„Nein, danke.“

Die Kleine fand es interessanter sich mit der Katze zu beschäftigen, die Reika besaß und eben an getrottet kam.

„Und wie geht es euch Zweien? Hast du inzwischen eine neue Wohnung gefunden?“

„Nein, bis jetzt leider noch nicht. Aber sonst geht es uns ganz gut. Hotaru scheint in der neuen Schule ziemlich glücklich zu sein.“

„Das freut mich. Sie sieht auch wirklich fröhlich aus. Ich kann mich nicht erinnern, sie jemals so strahlen gesehen zu haben. Und was ist mit dir? Bist du denn auch glücklich dort?“

„Der Job ist schon ganz okay. Ein bisschen stressig, wegen der weiten Entfernung aber es geht schon.“ winkte Michiru ab.

„Das hört sich für mich aber nicht sehr glücklich an.“

„Ach, es ist nur ein bisschen viel im Moment. Ich muss auch noch die Vertretung von einem anderen Lehrer übernehmen, der krank geworden ist.“

„Oh, aber der kommt doch sicherlich irgendwann wieder, oder?“

„Das hoffe ich. Oder zumindest, dass der Direktor mal auf die Idee kommt, einen richtigen Ersatz für ihn zu finden.“

„Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sag es. Ich würde dir gern etwas abnehmen.“

„Also um ehrlich zu sein, bin ich genau deswegen hier. Ich würde dich gern um etwas bitten.“ kam es zögerlich aus der Türkishaarigen heraus.

„Aber natürlich, mein Kind. Worum geht es denn?“

„Die Schule veranstaltet jedes Jahr eine Reise mit dem Abschlussjahrgang und der Direktor hat mich dort eingeteilt. Ich werde also für ein paar Tage nicht hier sein. Könntest du in der Zeit auf Hotaru aufpassen?“

„Aber das ist doch selbstverständlich. Das mache ich gern.“

„Wirklich? Du würdest mir damit sehr helfen.“

„Natürlich. Wann soll denn diese Reise stattfinden?“

„In der übernächsten Woche. Es geht am Montagmorgen los und am Freitag würden wir dann zurückkommen.“

„Das krieg ich schon hin. Und ich freue mich über ein wenig Gesellschaft. Ihr zwei seid schließlich das Einzige, was mir noch geblieben ist. Und ich hoffe, du findest auch bald eine Wohnung hier in der Nähe. Ich würde mich wirklich freuen auch dich wieder ein bisschen öfter zu sehen.“

„Ja, das würde ich auch gerne. Und vielen Dank, dass du auf Hotaru aufpasst.“

„Keine Ursache. Dann erzähl mir doch mal, was es sonst noch so neues bei dir gibt.“ fragte Reika neugierig und nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Eigentlich gibt es da nichts zu erzählen. Es gibt immer noch nur Hotaru und mich.“

„Das finde ich aber schade. Du solltest die Kleine öfter zu mir bringen und auch mal ausgehen.“

„Oma!“

„Was denn? Du bist so ein hübsches Kind. Du solltest nicht alleine sein müssen.“

„Das will ich ja auch gar nicht. Es ist nur nicht so einfach jemanden zu finden, der auch Hotaru akzeptiert.“

„So ein Unsinn. Wenn dich dieser jemand liebt, sollte das kein Problem sein. ... Was ist denn eigentlich aus dieser Rothaarigen geworden? Wie hieß die noch gleich?“

„Was? Du meinst Maya? Das ist doch schon seit drei Jahren vorbei. Und sie hat mich wegen Hotaru sitzen lassen.“

„Oh, okay. Die also nicht. Und das ist schon so lange her?“

„Ja, ist es.“ seufzte Michiru.

„Dann musst du wirklich mal wieder ausgehen. Am besten ich behalte Hotaru auch noch die restlichen zwei Tage bei mir, damit du das tun kannst.“

„Das ist wirklich lieb von dir, Oma. Aber es fällt mir schon schwer, sie für ganze fünf Tage weggeben zu müssen, wenn ich wieder komme, muss ich sie sofort sehen.“

„Okay, das verstehe ich. Dann eben ein anderes Mal.“

„Ja, vielleicht.“

Aber eigentlich meinte sie nein. Sie hatte nun wirklich keine Lust auszugehen und eigentlich gab es da ja auch schon jemanden, den sie toll fand. Nur leider war dieser jemand ja ihre Schülerin und das wollte sie ihrer Großmutter nun nicht unbedingt erzählen. Zumal sie sich auch nicht vorstellen konnte, dass daraus jemals etwas werden könnte. Sie blieb noch eine kleine Weile dort und unterhielt sich weiter mit ihr, während Hotaru mit der Katze spielte und sich auch noch zu den Zweien gesellte. Aber Leider musste Michiru heute noch ein bisschen Arbeiten und ihre Tochter hatte ja auch noch Hausaufgaben zu machen, also verabschiedete sie sich irgendwann von Reika und machte sich mit der Kleinen auf den Weg zum Bus, der sie in einer endlos langen Fahrt nach Hause brachte.

Das kann nicht sein!

Die zwei Wochen vergingen wie im Flug. Haruka verbrachte jetzt wieder jede Pause mit ihrer Lehrerin aber wirklich mehr erfuhr sie nicht über sie. Sie redeten immer nur über die Aufgaben und den Unterricht. Schlauer darüber, was sie für sie empfand wurde sie auch nicht. Woher sollte sie auch wissen wie sich liebe anfühlte? Das Einzige, dessen sie sich bewusst war, war, dass sie diese Frau wollte! Mit keinem Tag wurde ihr Verlangen geringer zu ihr. Besonders hilfreich für ihre Japanisch Note war es nicht, aber immerhin drohte sie derzeit nicht mehr durchzufallen. So allmählich fand sie auch einen Weg sich nicht von der Schönheit ablenken zu lassen. Sie durfte ihr nur nicht in die Augen sehen. ...... Oder sonst wo auf ihren Körper. ...... Oder zu dicht an sie heran kommen. ...... Oh, und sich auf gar keinen Fall von ihr berühren lassen! Das war nämlich in einer dieser Nachhilfestunden passiert. Die Türkishaarige wollte nur eine ihrer Antworten berichtigen und dabei hatte sie auf einmal ihre Hand auf ihren Arm gelegt. Den ganzen restlichen Tag über spürte sie noch ein Kribbeln an der Stelle. Mit ihrem Verstand war es dann auch vorbei gewesen. Ihre Lehrerin hatte die Stunde dann irgendwann abgebrochen, weil sie ihr überhaupt nicht mehr zugehört hatte. Die ganze Sache war ihr wirklich mehr als peinlich. Warum nur machte sie sich ständig zum Idioten vor dieser Frau?! Sie seufzte mal wieder an die Erinnerung daran. Eigentlich wollte sie diesen Vorfall in irgendeine Ecke ihres Gehirns verdrängen und nie wieder daran denken, doch irgendwie kam es doch immer wieder hoch. Die Sportlerin lag wach in ihrem Bett und konnte einfach nicht einschlafen. In nur wenigen Stunden würde sie zusammen mit ihrem Engel nach Italien fliegen. Und sie war total aufgeregt. Letze Woche hatten die Lehrer bekannt gegeben wohin die Reise dieses Jahr ging und Haruka fand es gab schlimmere Ziele, obwohl sie schon einmal in Rom gewesen ist. Aber das war schon ziemlich lange her. Wohin es ging war ihr sowieso völlig egal, solange nur ihre Lehrerin mitkam. Vielleicht bekam sie ja dort endlich die Gelegenheit sie etwas besser kennenzulernen. Schließlich war dort die Atmosphäre etwas lockerer und man hing sowieso den ganzen Tag auf einander rum, dann war es doch in Ordnung ein paar persönlichere Fragen zu stellen, oder? Haruka hatte keine Ahnung. Die halbe Nacht lang wälzte sie sich noch von einer Seite zur anderen in ihrem Bett herum und überlegte, was für Fragen sie der Türkishaarigen stellen konnte. Und vor allem wie, ohne durchsickern zulassen, aus welchen Gründen sie fragte. Zu einer Antwort kam sie nicht, denn irgendwann glitt sie doch endlich in ihren wohlverdienten Schlaf.

Viel zu schnell wurde sie ihm aber wieder entrissen und das natürlich von dem grausamen Geräusch ihres Weckers. Mit einem stöhnen und fluchen machte sie das Teil aus und zwang sich sofort aufzustehen. Keine Ahnung wie sie den Weg ins Badezimmer gefunden hatte aber irgendwie kam sie dort an. Sie ging erst mal in Ruhe duschen, um wach zu werden. Nachdem sie sich wieder abgetrocknet hatte und auch ihre Zähne geputzt waren ging sie in ihr Zimmer zurück, zu ihrem Ankleidebereich. Endlich musste sie mal nicht ihre Schuluniform anziehen und sie kam auch nicht auf die Idee, sie mitzunehmen. Stattdessen zog ihre tiefsitzende, schon an einigen Stellen zerrissene Lieblings Jeans an, ein schwarzes Muskelshirt und noch ein kurzärmliges Hemd darüber, welches sie offen ließ. Sie verschwand noch einmal kurz im Bad, um die restlichen Sachen von dort zu holen und noch in ihre Tasche zu quetschen, die sie gestern Abend schon gepackt hatte. Nach dem sie der Meinung war nichts vergessen zu haben, begab sie sich in die Küche um noch schnell was zu Frühstücken. Zum Glück hatte sie sich ihren Wecker heute extra früh gestellt, sonst wär sie schon viel zu spät. Sie fand nichts mehr in der Wohnung was nicht auch noch eine Woche warten konnte, also holte sie ihre Tasche aus dem Schlafzimmer und ging Richtung Ausgang. Noch schnell die bequemen Sneakers angezogen und die coole Sonnenbrille ans Shirt gehängt, dann verließ sie die Wohnung. In der Tiefgarage schmiss die Sportlerin ihre Tasche auf die Rückbank ihres Camaro, hüpfte auf den Fahrersitz, ließ den Motor laut aufheulen, warf ihrem geliebten Motorrad, welches jetzt ganze fünf Tage lang einsam und verlassen hier unten rum stehen würde, noch einen wehleidigen Blick zu, und raste dann Richtung Schule.
 

„Bitte, bitte, bitte, geh nicht!“

„Ach, Hotaru-chan. Es tut mir leid aber ich muss.“

„Dann nimm mich mit!“

„Ich hab es dir schon hundertmal gesagt, aber ich sage es dir gerne noch einmal: Es geht nicht.“

„Aber warum denn nicht? Ich bin auch ganz ganz lieb, versprochen!“

„Darum geht es doch gar nicht, mein Schatz. Du musst zur Schule und ich werde dort arbeiten müssen. Und jetzt hör bitte auf hier rum zu quengeln und zieh dich an! Wir kommen sonst noch zu spät!“

„Mir doch egal!“

So langsam verlor Michiru die Geduld. Sie sah ihre Tochter mit einem mahnenden Blick an ... und es wirkte. Hotaru bekam wirklich kurz richtig Angst, so einen Blick hatte sie noch nie von ihrer Mutter erhalten. Dann begann sie endlich sich langsam umzuziehen.

Michiru entspannte sich wieder etwas und packte weiter die restlichen Sachen ihres Koffers ein.

„Ich verspreche dir jeden Tag anzurufen. Und bei Oma wird dir es sicherlich gefallen.“

„Ich will aber bei dir bleiben. Ich hab Oma auch ganz doll lieb aber ...“

„Ja, ich weiß. Ich werd dich auch furchtbar vermissen. Ich komm dich gleich am Freitag, wenn ich wieder da bin abholen. .... Und wer weiß, vielleicht bring ich dir ja sogar was mit.“

„Du bringst mir was mit? Was denn?“

„Das weiß ich noch nicht. Lass dich überraschen. Dafür musst du dich aber auch bei Oma benehmen.“

„Ja, ich bin ganz lieb!“

Auf einmal war die Kleine wieder fröhlich und hüpfte aufgeregt in der Wohnung herum. Hoffentlich hielt diese Stimmung noch bis zum Schluss an. Seit einer Wochen nämlich, seitdem sie ihr erzählt hatte, dass sie für ein paar Tage verreisen musste, war die Kleine entweder am Heulen oder Stinksauer. Michiru hatte endlich alles eingepackt und machte ihnen beiden noch etwas zum Frühstück.

„Wer macht mir denn jetzt eigentlich für die Schule was zu essen?“ fragte Hotaru zwischendurch.

„Oma wird dir natürlich etwas mitgeben. Und sie ist auch eine ausgezeichnete Köchin. Ich bin mir sicher, es schmeckt dir.“

„Okay.“

Kein Widerspruch? Das irritierte Michiru jetzt doch etwas. Offensichtlich hatte sie endlich akzeptiert, dass sie da hin musste.

„Aber Oma wird nur für dich Essen machen. Deine große Freundin, wird sich die nächsten Tage also selbst versorgen müssen.“

„Ruka-chan wird sowieso nicht da sein. Sie muss auch auf diese doofe Reise mit.“ schmollte Hotaru.

Jetzt bekam die Türkishaarige aber große Augen. Dann musste sie das Mädchen doch wirklich kennen. Es konnte doch wohl nicht so schwer sein herauszufinden welche von ihren Schülerinnen diese Ruka war. Sie hatte um die Zimmer Buchen zu können eine Liste mit sämtlichen Namen der Schüler erhalten, die auf dieser Reise mitfahren würden. Aber ihr war nicht mal ein ähnlicher Name aufgefallen. Vielleicht warf sie in den nächsten Tagen noch mal einen genaueren Blick darauf. Jetzt musste sie aber erst mal los. Sie räumte noch schnell in der Küche auf, holte ihren Koffer und machte sich dann mit Hotaru auf den Weg nach unten. Eine Tasche mit Sachen für ihre Tochter hatte sie bereits gestern bei ihrer Großmutter abgeliefert. Zur Feier des Tages hatte Michiru sich heute ein Taxi bestellt. Es war zwar sau teuer aber der Koffer auch nicht gerade leicht, obwohl sie wirklich versucht hatte nur das nötigste einzupacken, aber irgendwie war er am Ende doch wieder kaum zu zukriegen. Den ganzen Weg bis zur Schule wollte sie sich damit nun wirklich nicht abschleppen, zumal das Ding im Bus auch nicht gerade Handlich war und ihre Tochter hing ja auch noch an ihrer anderen Hand. Außerdem hatte ihre Großmutter darauf bestanden und ihr auch noch, trotz Protest, ein wenig Geld dafür gegeben. Das würde sie ihr aber in jedem Fall zurückzahlen. Kaum das die Beiden unten angekommen waren, hielt auch schon das Taxi vor ihnen. Der Fahrer nahm ihr zum Glück dieses schwere Teil von Koffer ab und verfrachtete es in den Kofferraum. Michiru krabbelte mit Hotaru auf die Rückbank des Taxis und los ging die Fahrt.

Sie brauchten immer noch eine ganze Stunde durch den Stadtverkehr aber schneller als mit dem Bus waren sie alle mal. Der Fahrer ließ sie direkt vor dem Tor der Schule raus, so dass Michiru den Koffer den Rest des Weges über schleppen musste. Sie würden sich nämlich alle auf dem Parkplatz treffen, von wo aus sie dann mit einem Bus zum Flughafen gebracht würden, um von dort aus nach Rom zufliegen. Michiru fragte sich gerade wirklich, warum ihr Koffer so verdammt schwer war. Sie hatte doch gar nicht so viel eingepackt.

„Ich werde erst einmal meinen Koffer zum Bus bringen, okay? Dann bring ich dich in deine Klasse.“ sagte Michiru ihrer Tochter zugewandt.

„Kann ich nicht noch ein bisschen bei dir bleiben? Bitte, Mama. Die Schule fängt doch noch gar nicht an.“

Die Kleine hatte schon wieder einen unglaublich traurigen Blick aufgesetzt, mit dem sie ihre Mutter von unten anhimmelte.

„Na schön, von mir aus. Aber wirklich nur noch eine Viertelstunde, dann bring ich dich zur Klasse.“

„Okay.“

Genauso schnell wie Hotaru eben traurig geworden war, strahlte sie jetzt wieder. Michiru schüttelte nur mit dem Kopf und ging weiter zum Parkplatz. Den riesigen Doppeldeckerbus konnte sie schon vom weiten sehen und offenbar waren auch schon einige da. Die Türkishaarige stöhnte innerlich auf, als sie Kohara entdeckte und als er plötzlich auf sie zu gestürmt kam, hätte sie am liebsten umgedreht.

„Einen schönen Guten Morgen, Kaioh-sensei!“ winkte er aufgeregt.

„Morgen.“ versuchte sie zu lächeln.

„Na kommen Sie, ich helfe Ihnen. Der Koffer ist doch viel zu schwer für Sie.“

Das Klang für Michiru nicht im Geringsten aufrichtig oder hilfsbereit, sondern nur herablassend. Der Kerl hatte zwar Recht, ja, der Koffer war schwer, aber bevor sie ihm das Teil gab, würde sie ihn doch lieber selbst tragen. Oder ihm an den Kopf werfen! Doch leider hatte sie keine Gelegenheit dazu, denn er riss ihr ihn praktisch aus der Hand und ging damit zurück zum Bus.

„Wer war denn das?“ fragte Hotaru etwas geschockt.

„Niemand. Nur ein Kollege.“

Michiru bückte sich und nahm ihre Tochter, zur Sicherheit, auf den Arm, dann folgte sie ihm. Der Typ hievte den Koffer in den Bus und widmete sich wieder ihr zu, leider.

„Oh, und das ist dann wohl ihre Tochter, nehme ich an. Hhmm, sieht Ihnen gar nicht ähnlich. … Na, wie heißt du denn Kleine?“

Der große Kerl beugte sich auf einmal ziemlich dicht zu Hotaru hinunter und kam dadurch auch Michiru näher. Unweigerlich drehte sie ihre Tochter etwas weiter von ihm weg und auch die wich nach hinten zurück. Hotaru sah nicht so aus, als würde sie antworten und Michiru hatte das auch nicht vor.

„Wohl schüchtern, was? Naja, auch egal. Ihnen ist aber schon klar, dass die Kleine nicht mit darf, oder?“

So langsam wurde Michiru wütend. Der war doch wirklich das Letzte. Zum Glück rief gerade, als Michiru antworten wollte jemand hinter ihm seinen Namen und er entschuldigte sich. Sie seufzte erleichtert. Etwas Freundliches wäre ihr bestimmt nicht über die Lippen gekommen.

„Mama, ich mag den nicht.“

Jetzt hätte sie beinahe gelacht.

„Ja, ich auch nicht, mein Schatz. Soll ich dich nicht lieber jetzt schon wegbringen? Der Typ kommt bestimmt noch mal wieder.“

„Nein, bitte noch nicht.“

Hotaru klammerte sich noch fester an ihren Hals.

„Der Abschied kommt, ob du willst oder nicht.“

„Aber jetzt noch nicht.“

Michiru seufzte und beließ es dabei. Eigentlich wollte sie sich ja auch nicht von ihr trennen aber von Kohara würde sie sie am liebsten fernhalten. Eine Weile stand sie einfach nur da und umarmte die Kleine.

„Mama, sieh mal da is Ruka!“

Plötzlich sprang Hotaru von ihrem Arm runter und rannte davon. Irritiert drehte sich Michiru um und sah ihr hinterher. Das ganze ging so schnell, dass sie gar nicht richtig verstanden hatte was ihre Tochter gesagt hatte. Das kleine Mädchen lief über den halben Parkplatz direkt in die Arme eines Blondschopfs. ….. Michiru blinzelte ein paar Mal. …. Und dann noch einmal. … Ihre Augen weiteten sich und ihr Herz begann zu rasen. Das dahinten war IHR Blondschopf! Was zum Teufel hatte die mit ihrer Tochter zu tun?! Voller Unglauben und einem komischen Gefühl im Bauch betrachtete sie die Scene vor sich und was sie sah, wollte für sie so gar nicht zusammenpassen. Die coole Rennfahrerin hatte sich zu der Kleinen hinunter gekniet, streichelte sanft über ihren Kopf und grinste frech. Es dauerte noch ein paar Sekunden bis der Türkishaarigen ein Licht aufging, dann klappte ihr doch tatsächlich die Kinnlade runter. »Oh Gott! Ruka! .... HA-ruka! Tenoh Haruka! Oh mein Gott, nein! Das kann nicht sein! Bitte, lass das nicht wahr sein!« Michiru stand kurz davor in Ohnmacht zu fallen. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen ihre Nachhilfeschülerin könnte Hotarus Pausenfreundin sein. Das ergab für sie überhaupt keinen Sinn. Warum sollte sich die Sportlerin mit einer sechsjährigen die Zeit vertreiben? Sie hatte doch nun wirklich genug Auswahl. »Oh Gott, ich bin so blöd!« Sie ärgerte sich gerade wirklich tierisch über sich selbst. Natürlich kannte sie den Vorname ihrer Schülerin und Ruka war nun wirklich ein Gängiger Spitzname für Haruka. Wieso war sie nicht schon früher darauf gekommen? Auf ihrer Liste stand der Name natürlich auch drauf, aber das Letzte woran sie dachte, wenn sie den Namen auch nur sah, war ihre Tochter, geschweige denn deren komische Pausenfreundin. … »Nein! Dann war sie es für die ich jeden Tag was zu essen gemacht habe!« viel ihr auf einmal ein. Sie hätte im Boden versinken können. Das ganze wurde auch noch viel schlimmer als Hotaru plötzlich die Große hinter sich her, in ihre Richtung zog. Sie wollte weg! Einfach weg! Sich in irgendein dunkles Loch verkriechen und nie wieder herauskommen. Doch leider gab es keins und fürs weglaufen war es auch bereits zu spät. …
 

Haruka hatte wirklich nicht erwartet Hotaru hier anzutreffen. Aber als sie gemütlich, mit ihrer Tasche über die Schulter geworfen, über den Parkplatz ging, rannte auf einmal was kleines Schwarzhaariges auf sie zu und klammerte sich an ihr Bein.

„Ruka!“

„Nanu, Taru-chan. Was machst du denn hier?“

Die Kleine strahlte sie von untenher so glücklich an, dass Haruka sich auch nur freuen konnte. Sie kam zu ihr hinunter und grinste sie an.

„Du hättest doch nicht extra noch mal herkommen müssen. Wir haben uns doch schon am Freitag voneinander verabschiedet. Auch wenn ich mich freue, dass du hier bist.“

„Wirklich?“

„Na klar, ich freu mich doch immer dich zu sehen.“ versicherte sie ihr und streichelte über ihre schwarzen Haare.

„Ich bin auch froh, dich noch mal zu treffen. Aber eigentlich bin ich mit meiner Mama hier. Die fährt nämlich auch mit.“

„Was? Wie meinst du das?“

»Warum sollte ihre Mutter auf unsere Reise mitkommen?«

„Sie ist hier Lehrerin.“

„WAS?“

Haruka viel aus allen Wolken. Eine Lehrerin? An dieser Schule? Und sie kannte sie?

„Oh toll! Dann kannst du sie endlich kennenlernen! Schnell komm mit!“ war die Kleine auf einmal total aufgeregt und zog sie mit sich. Ohne Widerstand ließ sich die Sportlerin mitziehen. Ihr Kopf war plötzlich wie leer gefegt. Darum schnallte sie auch nicht gleich wieso sie auf einmal vor ihrem Türkishaarigen Engel stand, dessen Anblick ihr zusätzlich auch noch den Atem raubte. Sie trug heute Mal kein Business-Outfit, bestehend aus Rock und Bluse, sondern ein wunderschönes Sommerkleid.

„Oh, ähm. … Gu … guten Morgen, Kaioh-sensei.“ sagte sie etwas verlegen.

Sie hätte sich jetzt am Hinterkopf gehalten, wenn sie noch eine Hand frei gehabt hätte aber in der einen hielt sie ja immer noch ihre Tasche und die andere wurde von Hotaru umklammert. … Hotaru! Richtig, da war ja noch was. Jetzt erst viel ihr wieder ein, zu wem die Kleine sie führen wollte. Abwechselnd sah sie von der Kleinen, die immer noch strahlte, zu ihrer Lehrerin hin, die aussah, als wäre sie lieber ganz woanders.

„Guten Morgen, … Tenoh-san.“ kam es dann auch endlich von der.

Es klang aber ziemlich verunsichert. Das blanke Entsetzen bildete sich auf Haruka Gesicht. »Das kann nicht sein!«

„Ihr kennt euch bereits?“ fragte Hotaru verwirrt dazwischen.

Die Sportlerin ließ ihre Tasche fallen und schnellte zu der Kleinen hinunter.

„Taru-chan, sag mir bitte nicht, dass das da deine Mutter ist!“ flehte sie fast.

„Aber das ist meine Mama.“ sagte Hotaru unschuldig.

„Oh, Fuck!“ fluchte Haruka laut.

Im selben Moment, hätte sie sich auch schon auf die Zunge beißen können. Das wollte sie gar nicht laut sagen. Das kleine Mädchen vor ihr sah doch ein wenig erschrocken aus.

„Sorry, Taru-chan. Das wollte ich nicht sagen. Es ist nur so, ich ... ich hab dir doch von meiner Lehrerin erzählt, oder? Tja, es sieht so aus, als wäre sie deine Mutter.“

Zuerst bekam Hotaru ganz große Augen, dann fing sie an zu grinsen und schließlich zu lachen an. Das fröhliche Lachen der Kleinen lockerte auch Haruka etwas auf und jetzt wurde ihr auch wieder klar, dass ihre Lehrerin ja immer noch neben ihr stand. Vorsichtig sah sie zu ihr rauf. Haruka wurde nicht schlau aus ihrem Blick. War sie etwa traurig? Sie erhob sich und dieses Mal wanderte ihre Hand wirklich zu ihrem Hinterkopf.

„Ähm, ....“

„Mama-Mama, ist das nicht toll?! Du kennst Ruka sogar schon!“ kreischte die Kleine dazwischen.
 

„Ja, ... ganz toll, mein Schatz.“

Michiru versuchte wirklich zu lächeln aber ihr war eher zum Heulen zu mute. Die Reaktion von der Blonden tat doch ganz schön weh. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass es sie so treffen würde, schließlich war ihr doch klar gewesen, dass die Rennfahrerin absolut nichts mit einer Frau mit Kind zu tun haben wollen würde. Also warum war sie so enttäuscht? Zudem machte sie die Sportlerin gerade auch noch total nervös. Das war das erste Mal, dass sie sie in etwas anderem sah, als die Schuluniform oder dem Rennanzug. Und sie sah heiß aus. Durch das Shirt konnte sie auch endlich die begehrliche Brust erkennen. Jetzt war sie sich sicher, dass die Sportlerin nichts tat, um sie zu verbergen. Sie hatte richtig Mühe nicht dorthin zu starren. Besonders, weil sie sich gerade nicht traute ihr ins Gesicht zu sehen.

„Hotaru-chan, ich glaube wir müssen jetzt los.“ versuchte sie der Situation zu entkommen.

„Was? Nein! Bitte, bitte noch nicht! Ruka ist doch gerade erst gekommen!“

Hotaru klammerte sich noch fester an den Arm ihrer großen Freundin.

„Schon, aber der Unterricht fängt gleich an. Also ....“

Sie streckte ihrer Tochter eine Hand entgegen aber die wollte nicht.

„Na, geh schon, Taru-chan. Wir sehen uns doch nächste Woche wieder.“

„Aber ....“

„Kein aber. Los geh.“

Schmollend ließ Hotaru von ihr ab und nahm stattdessen die Hand ihrer Mutter. So wirklich was Michiru von dem Ganzen halten sollte, wusste sie nicht. Die Beiden gingen so vertraut miteinander um, das war irgendwie komisch. So völlig absurd. Ihre Tochter kannte sie doch tatsächlich viel besser als sie. Und dabei versuchte sie seit Wochen so viel wie möglich über die Rennfahrerin herauszufinden, vergeblich. Sie war so verwirrt und durcheinander, dass sie die Sportlerin einfach stehen ließ und mit der Kleinen davon ging.
 

Haruka konnte den Beiden nur hinterher sehen. Hotaru drehte sich nochmal um und winkte ihr zu, das entlockte der Sportlerin doch tatsächlich noch mal ein Lächeln. Sie stand noch eine Weile einfach nur da und hatte keinen Plan, was sie davon halten sollte. Auch nicht von der Reaktion ihrer Lehrerin. Sie hatte sie nicht einmal mehr angesehen. Offenbar gefiel ihr es überhaupt nicht, dass sie mit ihrer Tochter befreundet war. »Na toll! Was mach ich denn jetzt? Ach, verdammt! Wieso konnte Hotaru mir das nicht schon eher sagen? Dann wär ich vielleicht nicht gleich so ausgeflippt. ... Was die jetzt wohl wieder von mir denkt? Und was könnte die Kleine ihr alles über mich erzählt haben?« Sie versuchte sich daran zu erinnern was sie Hotaru alles erzählt hatte, aber ihr wollte nicht so wirklich was einfallen. Stattdessen wurde ihr allmählich bewusst, was diese Situation überhaupt bedeutete. Die Frau ihrer Träume war Mutter! Sie hatte eine Tochter! … Mit wem? Von wem? Nicht einmal hatte sie Hotaru nach ihrem Vater gefragt oder die ihn auch nur erwähnen hören. Aber sie musste ja schließlich einen haben. Takuya hatte aber doch gesagt, dass sie nicht verheiratet sei, also wo war der Kerl? WER war der Kerl? Dass ihre Lehrerin doch mit jemandem zusammen sein könnte und dass das jetzt wohl eindeutig besagte, dass sie auf Männer stand, machte Haruka mehr aus als die Tatsache, dass ihr Engel ein Kind besaß. Sie hatte zwar keine Ahnung, ob sie damit klar kommen könnte aber es war ja immerhin Hotaru. Und die Kleine bedeutete ihr mindestens genauso viel wie die Mutter. Jetzt war sie völlig verwirrt, wütend auf diesen Kerl, wer auch immer er war und auch ein bisschen verzweifelt. Sie konnte aber nicht weiter darüber nachdenken, da sie auf einmal von mehreren Personen angesprungen wurde.

„Tenoh-kun! Da bist du ja! Willst du im Bus neben mir sitzen?“

„So ein Quatsch! Sie sitzt neben mir!“

Haruka stöhnte genervt auf. Die schon wieder! Diese Mädchen konnten oder wollten sie einfach nicht in Ruhe lassen. In den letzten zwei Wochen musste sie den Weibern jedes Mal in der Pause von dem Weg von Hotaru zu ihrer Nachhilfestunde ausweichen. Sie hatte so was von die Schnauze voll von diesen Mädchen und eigentlich hatte sie gedacht, sie hätte ihnen letzte Woche überdeutlich klar gemacht, dass sie absolut kein Interesse an ihnen hatte, doch offenbar war das immer noch zu harmlos gewesen. Die fünf Mädchen, die alle an ihren Armen zerrten kreischten immer noch vor sich hin. Das schlimmste für Haruka war aber, dass diese Mädchen so gut wie nix anhatten. Diese Faltenröcke waren wirklich mega-kurz und die engen Oberteile hätten sie auch gleich ganz weglassen können, so wenig verdeckten die ihre Oberkörper. Von hier oben hatte sie wirklich einen super Blick in die tiefen Ausschnitte, aber sie versuchte es zu ignorieren. Seit fünf Wochen hatte sie nun keinen Sex mehr und so allmählich wurde ihr verlangen danach unerträglich. Allerdings bezog sich dieses Verlangen nur auf ihre Lehrerin und sie bezweifelte, dass irgendein anderes Mädchen sie vollends befriedigen könnte. Und von denen die gerade anwesend waren so wie so nicht. Die Drei stritten sich immer noch darum wer im Bus oder nachher im Flugzeug neben ihr sitzen durfte und dieses Geschrei tat ihr schon in den Ohren weh.

„Haltet endlich die Klappe!“ wurde sie ein wenig laut.

Die Mädchen zuckten etwas zusammen und ließen sie los. Haruka versuchte tief durchzuatmen und ganz ruhig zu reden.

„Okay, ich werd das jetzt nur noch einmal sagen, klar? Neben wem ich sitze bestimme ich ganz allein und ich habe nicht vor, mich neben einer von euch zu setzten, also bitte lasst mich endlich in Ruhe!“

Damit hob sie ihre Tasche vom Boden auf, warf sie in den Bus zu dem anderen Gepäck und stieg dann schon mal ein. Hinter sich konnte sie noch hören wie die Mädchen schon wieder begannen zu streiten, wer denn nun schuld daran war, sie so verärgert zu haben. Die Sportlerin seufzte nur und schüttelte mit dem Kopf. Es war noch nicht ein Schüler in dem großen Reisebus aber das war ihr nur Recht. Sie ging fast nach ganz hinten und setzte sich auf einen der Plätze am Gang, damit sich auch ja keiner neben sie setzten konnte. Ihr Blick schweifte aus dem Fenster und ihre Gedanken kehrten zurück zu der Türkishaarigen und ihrer Tochter. Ihr wurde jetzt auch klar, dass ihre Lehrerin nun mit Sicherheit wissen musste, dass sie ein Mädchen war. Aber das schien sie gar nicht geschockt zu haben, jedenfalls nicht so sehr, wie die Tatsache, dass sie Zeit mit ihrer Tochter verbracht hatte. Wusste sie es etwa schon vorher? Wenn ja, woher und viel wichtiger, seit wann? Oder war es umgekehrt? War genau das der Grund, warum sie so geschockt gewesen war? Wenn wirklich das die Reaktion auf die Tatsache war, dass sie ein Mädchen war, konnte sie wohl wirklich einpacken. Was für Chancen sollte sie denn jetzt noch haben? Sie war so tief in sich selbst versunken, dass sie gar nicht mitbekam wie plötzlich jemand neben sie trat.

„Hast du Angst vergessen zu werden?“

Erschrocken drehte Haruka ihren Kopf zur Seite und sah in das grinsende Gesicht von Takuya.

„Ach, du bist es. ... Äh, was hast du gesagt?“

„Nichts, vergiss es einfach. Los rück mal ‘n Stück.“

Zu ihrer eigenen Verwunderung machte sie ihm tatsächlich Platz und rutschte einen Sitz weiter.

„Was ist denn los? Warum sitzt du ganz alleine hier drinnen? Hast du kein Bock auf die Reise?“

„Doch eigentlich schon. Ich bin nur vor den Weibern da draußen geflohen. Die hätten mir fast die Arme ausgerissen.“

„Ach so.“ lachte der Junge.

Haruka richtete ihren Blick wieder nach draußen und bekam große Augen als sie die Türkishaarige zurück über den Hof kommen sah. Jede Bewegung von ihr sog sie in sich auf.

„Hey, Haruka? Hörst du mir überhaupt zu?“

„Was? Oh, nein. Was hast du gesagt?“

Sie hatte wirklich nicht mitbekommen, dass Takuya die ganze Zeit geredet hatte und sah ihn entschuldigend an.

„Was ist denn so interessant da draußen, hä?“

„Ach, gar nichts. Was wolltest du denn nun?“

„Das war nicht so wichtig. Aber irgendwas beschäftigt dich doch.“

„Was? Das bildest du ihr ein. Ich....“

Haruka hatte nochmal einen verstohlenen Blick nach draußen geworfen und hielt vor Schreck die Luft an. Wütend sah sie nach draußen, dann zu Takuya.

„Los, lass mich durch!“ sagte sie gehetzt.

„Was?“

„Steh auf, verdammt!“

„Ja, ja, is ja gut, Warte. ..... Au! Hey, Vorsicht!“

Für Haruka war der Kerl viel zu langsam, also quetschte sie sich schon durch, noch bevor er richtig aufgestanden war und drängte ihn so zur Seite, dass er letzten Endes in dem engen Gang auf dem Boden landete.
 

Takuya sah irritiert zu, wie die Blonde aus dem Bus rannte.

„Komisches Mädchen.“ faselte er vor sich hin und stand auf.

Er sah aus dem Fenster nach draußen und fing dann an zu schmunzeln. Dort draußen stand seine Japanisch-/ Kunstlehrerin zusammen mit seinem Geschichtslehrer und unterhielt sich mit ihm. Beziehungsweise er redete und sie sah doch ein wenig genervt aus. Takuya machte sich auch auf den Weg nach draußen. Das wollte er auf keinen Fall verpassen, zumal Haruka gerade dazu kam.

Die Reise beginnt

Michiru war wirklich genervt. Warum musste sie auch ausgerechnet wieder in die Arme von diesem Kohara laufen? Sie hatte sich dem Bus extra langsam genähert und nach ihrer blonden Schülerin ausschaugehalten, da sie ihr unbedingt ausweichen wollte. Auf diesen nervigen Geschichtslehrer hatte sie natürlich nicht geachtet und auf einmal stand er vor ihr. Jetzt musste sie sich schon wieder sein schleimiges Gerede anhören. Ihre Stimmung war sowieso schon auf dem Tiefpunkt gewesen. Nicht nur, dass da die Sache mit der Sportlerin war, nein, sondern auch noch die Verabschiedung von Hotaru eben war wirklich schmerzhaft gewesen. Die Kleine hatte wieder geweint und sie angefleht zu bleiben und in dem Moment hatte sie sich wirklich nichts sehnlicher gewünscht als dies tun zu können. Und jetzt stand genau der Mann vor ihr, der für all das verantwortlich war. Gut, der Direktor war auch nicht ganz unschuldig daran aber der war nun mal gerade nicht hier, also richtete sie ihren ganzen Hass auf den Typen vor sich, der sie mit irgendetwas vollquatschte. Eigentlich hätten ihre Blicke ihn schon längst töten müssen aber er schien sie nicht mal zu bemerken. Gerade, als sie einen Versuch starten wollte ihn abzuwimmeln unterbrach sie jemand.

„Kaioh-sensei? Könnte ich Sie mal kurz sprechen?“

Michiru fuhr doch ein wenig zusammen als sie die Stimme erkannte und auch noch zur Seite sah und genau in die blaugrünen Augen sah, denen sie doch eigentlich ausweichen wollte.

„Was wollen Sie Tenoh-san? Sehen Sie nicht, dass wir uns hier gerade unterhalten?!“

Das sagte natürlich nicht Michiru, sondern der Kerl vor ihr. Das regte sie nur noch mehr auf. Was viel dem Kerl ein für sie zu antworten! Sie hatte zwar doch ein wenig Angst davor, was das Mädchen zu sagen hatte aber mit ihr würde sie sich doch um jeden Preis lieber unterhalten als mit ihm.

„Das ist mir völlig gleich. Außerdem habe ich nicht mit Ihnen geredet!“

Michiru glaubte sich verhört zuhaben. So ernst und entschlossen hatte sie ihre Schülerin noch nie erlebt. Sie war doch sonst immer so verunsichert in ihrer Nähe, aber davon sah sie jetzt überhaupt nichts mehr. Sie schien fast wütend zu sein. Aber warum? Sie war doch nicht etwa … Nein. Ganz sicher nicht. … Oder doch?

„Was fällt Ihnen ein so mit mir zu reden? Ich…“

„Kohara-sensei, das geht schon in Ordnung. Bitte entschuldigen Sie mich doch kurz, ja?“ unterbrach Michiru ihn schnell, bevor die zwei noch auf einander los gingen.

Für sie sah es nämlich so aus, als wären beide mehr als bereit dafür. Der Geschichtslehrer sah überhaupt nicht begeistert aus. Er sah die Sportlerin noch einmal verachtend an, ehe er sich von ihnen abwendete. Michiru wand sich ihrer Schülerin zu und war jetzt wieder ziemlich nervös. Auch die schien ihre Unsicherheit wieder gefunden zu haben.

„Ähm, danke. Tut mir leid, wenn ich Sie gestört habe.“ sagte die Große etwas schüchtern.

Komisch. Eben war ihr noch völlig egal, dass sie ihr Gespräch unterbrochen hatte.

„Das haben Sie nicht, wirklich. Also worum geht es?“

Natürlich konnte sie sich schon denken, worum es ging aber die kleine Hoffnung, dass es nicht so war, war immer noch in ihr.

„Eigentlich ist es wegen Taru-chan. Ich hoffe es macht Ihnen nichts aus, dass ich Zeit mit Ihrer Tochter verbracht habe.“

Dass die Sportlerin jetzt wieder so unsicher war, ließ sie irgendwie dafür umso sicherer werden. Ein Lächeln konnte sie nicht mehr unterdrücken.

„Nein. Ich hätte zwar nie damit gerechnet, dass Sie es sind, die meiner Tochter Gesellschaft leistet, aber das ist schon in Ordnung.“

Die Blonde schien wirklich erleichtert zu sein und auch sie lächelte zaghaft.

„Ich wär auch nie auf die Idee gekommen, Sie könnten ihre Mutter sein. Aber ich bin froh, dass ich es jetzt weiß. Dann kann ich mich auch endlich mal persönlich bei Ihnen bedanken.“

„Bedanken? Wofür denn?“

„Na, Sie haben mir doch jeden Tag was zu essen gemacht. Ich weiß, Taru-chan hat Sie dazu überredet aber ich bin echt froh, dass sie es trotzdem gemacht haben, denn Sie kochen wirklich wunderbar und ich wäre wahrscheinlich schon längst verhungert, wenn Sie es nicht getan hätten. Also vielen Dank.“

Michiru wurde doch tatsächlich ein wenig rot. Diese Sache war ihr immer noch ziemlich peinlich und dass sich die Blonde bei ihr Bedankte und auch noch ihre Kochküste lobtel ließ die Farbe in ihrem Gesicht nur noch dunkler werden.

„Ach, was.“ mehr brachte sie gerade nicht heraus.

„Schon irgendwie komisch, oder? Da geben Sie mir die Zeit vor der Nachhilfestunde noch was zu essen und dabei ist das Essen von Ihnen. Und die Kleine Hotaru, die sauer auf meine Lehrerin ist, weil sie meine Pause mit ihr streicht, kann sich in Wahrheit direkt bei ihrer Mutter dafür bedanken.“ lachte die Blonde.

Okay, das war schon irgendwie witzig und lockerte auch Michiru wieder ein wenig auf.

„Da haben Sie Recht. Aber ich konnte ja auch nicht ahnen, dass Sie Ihre Pause mit meiner Tochter verbringen.“

„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich da schon etwas anderes vorhabe.“

„Ja, das haben Sie wirklich. Aber ich ging davon aus, dass sie sich eher mit Mädchen in ihrem Alter treffen würden.“

„Tja, Sie haben eben doch nicht immer Recht.“

Michirus Herz fing an zu rasen. Da war doch tatsächlich ein verführerisches Grinsen in dem Gesicht der Sportlerin. Endlich! Ein winziger Hauch dessen, was sie schon so lange vermisst hatte und der sie hoffen ließ, die Blonde sei doch an ihr interessiert. Sie spürte erneut die Röte in ihr Gesicht aufkommen und kein Ton wollte mehr über ihre Lippen kommen, was die Blonde noch breiter grinsen ließ. Weiter kamen sie aber nicht mehr mit ihrem Gespräch, da jemand seine Stimme über den inzwischen ziemlich vollen Parkplatz erhob.

„Wenn ich mal kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte?“

Michiru drehte sich um und erkannte den älteren Japanisch Lehrer mit dem sie unter anderem diese Reise organisiert hatte. Die Schülerschar verstummte langsam und richtete seine Blicke auf ihn.

„Gut, vielen Dank. Also, wir werden uns jetzt langsam auf den Weg machen. Um zu überprüfen, ob auch alle anwesend sind, bitte ich Sie, sich nacheinander in den Bus zu begeben, an dessen Eingängen Sie dem dortigen Lehrer ihren Namen sagen. Dort werden Sie dann auch gleich Ihre Bordkarte erhalten. Verlieren sie Sie nicht, denn sonst müssen Sie sie nicht nur bezahlen, sondern bleiben auch noch hier. Nun gut, dann wollen wir mal.“

Er hatte den letzten Satz kaum zu Ende gesprochen, als auch schon sämtliche Schüler auf den Bus zu stürmten.

„Langsam, langsam! Bitte bewahren Sie doch Ruhe, dadurch wird die Sache auch nicht beschleunigt.“
 

Haruka sah belustigt zu, wie sie alle gleichzeitig versuchten in den Bus zu kommen und die Lehrer doch einige Probleme hatten die Schüler zu bändigen. Noch besser war die Tatsache, dass einer von Ihnen ihr Geschichtslehrer war und lauthals durch die Gegend schrie.

„Sie sollten sich auch langsam auf den Weg dorthin begeben, Tenoh-san.“ wurde sie von ihrer Lehrerin angesprochen.

„Ich denke ich warte noch ein wenig. Zerquetschen lassen wollte ich mich eigentlich nicht.“ grinste sie.

„Gut, wie Sie wollen. Aber ich schätze, ich muss meinen Kollegen ein wenig zur Hand gehen.“

Die Türkishaarige lächelte sie an und ging dann in die Menge hinein zum hinteren Eingang des Busses, an dem sich Kohara nicht befand.

„Willst du ihr gar nicht zur Hilfe eilen?“ fragte Takuya, der auf sie zukam.

„Sehr witzig.“

„Wieso? Wär doch die Chance für dich, wenn sie in Not gerät und du, als ihr strahlender Held, sie rettest.“

Haruka sah ihn so finster an, dass er wieder einen Schritt zurückging und abwehrend die Hände nach oben nahm.

„Okay, schon gut. Ich sag nichts mehr. Aber was hattest du denn so wichtiges mit ihr zu besprechen?“

„Das geht dich gar nichts an.“ sagte sie hochnäsig und ging an ihm vorbei.

„Ach, komm schon. Du hättest mich deswegen schließlich fast übern Haufen gerannt.“

„Das war doch nur, weil Kohara schon wieder an ihr dran war. Dieser widerliche Mistkerl soll sich gefälligst von ihr fernhalten!“

„Na, wenn da mal nicht jemand eifersüchtig ist. Aber was meinst du mit schon wieder? Hast du die Zwei etwa schon öfter zusammen gesehen?“

„Ja. Der Kerl klebt ständig an ihren Fersen. Wie ‘n Dackel läuft der hinter ihr her. Am Anfang dachte ich schon die wären zusammen oder so aber inzwischen glaub ich, Kaioh-sensei kann ihn auch nicht besonders leiden. Jedenfalls hat sie ihm letztens ‘ne Abfuhr erteilt.“

„Ach, ja? Und woher genau weißt du das?“

„Ich wollte zur Nachhilfe und die Zwei hatten sich gerade in der Klasse unterhalten. Er hat sie eingeladen aber sie hat abgelehnt. Und sie klang schon ziemlich genervt.“

„Na, dann hast du sie ja schon gerettet. Ich glaub auch nicht, dass sie an dem Interessiert wär. Aber … so wie sich das anhört, hast du auch immer noch keinen Versuch gestartet, oder?“

„Nein, hab ich nicht.“ seufzte Haruka.

„Wieso nicht?“

„Darum, okay! Und jetzt lass mich mit dem Thema in Ruhe. Ich will nicht mehr darüber reden.“

Haruka bahnte sich einen Weg durch die Menge frei und kam so zu der hinteren Tür des Busses, an der sie auch ihre Lehrerin wieder fand. Sie brauchte ihren Namen gar nicht erwähnen, sondern bekam gleich ihre Bordkarte von ihr in die Hand gedrückt und sogar noch ein umwerfendes Lächeln. Das versetzte sie auch gleich wieder in Hochstimmung, und so betrat sie, dämlich vor sich hin grinsend, den Bus und suchte sich einen freien Platz. Takuya kam einige Minuten später nach und setzte sich, trotz ihres warnenden Blickes, neben sie.

„Okay. Ich werd sie nicht mehr erwähnen, versprochen. Aber wenn du darüber reden willst, dann tu es, ja?“

„Ja-ja, is gut.“ winkte sie nur ab und lehnte sich in ihren Sitz zurück.

Es dauerte noch eine ganze Weile, ehe alle Schüler im Bus drinnen waren und die Fahrt dann endlich losging. Zu ihrem Bedauern konnte Haruka ihre Lehrerin von ihrem Platz aus nicht sehen, da sie ganz vorne bei den anderen Lehrern sitzen musste. Sie wusste nicht mal, ob sich dieser Kohara ihr wieder aufdrängte oder nicht. Ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass es nicht so war.
 

Und sie hatte Glück oder besser gesagt, Michiru hatte es. Sie war nämlich einfach an dem Platz den ihr Kohara freigehalten hatte und ihr anbot vorbeigegangen und sich zwei Reihen schräg gegenüber in die noch lehre Sitzreihe gesetzt. Gerade als der Kerl aufstehen wollte, um sich dennoch neben sie zu setzten, tat dies zum Glück die andere Japanisch Lehrerin. Der dämliche Ausdruck von Kohara daraufhin, war echt klasse und brachte sie fast zum Lachen. Die Fahrt zum Flughafen dauerte etwa eine Dreiviertelstunde und als sie dort ankamen versuchte Michiru mit den anderen Lehrern die Schüler zusammenzuhalten und sich dann mit ihnen zum Gate zu begeben. Es war eine Tortur mit den ganzen Schülern durch die Sicherheitskontrollen und die Gepäckaufgabe zu kommen und zu verhindern, dass sie sich nicht alle in verschiedene Richtungen verstreuten. Aber irgendwie schafften sie es doch alle ins Flugzeug. Michiru sollte hinten darauf achten, ob auch alle mitkamen und war somit die letzte in der Reihe. Sie wusste nicht, ob es Absicht oder Zufall war aber ihre blonde Schülerin war die ganze Zeit direkt vor ihr. Sie musste schon ein wenig darüber schmunzeln und der Anblick gefiel ihr auch noch außerordentlich gut. Sie betraten beide nacheinander das Flugzeug und suchten ihre Plätze. Eigentlich suchte nur die Sportlerin, denn Michiru ging ihr einfach hinterher. Sie wusste genau wo die Blonde saß, sie war es schließlich, die ihr das Ticket gegeben hatte und sie hatte sich das passende dazu rausgesucht. Natürlich nicht den Platz direkt neben ihr, das wäre wohl doch ein wenig zu auffällig gewesen, aber … doch im Prinzip war es trotzdem neben ihr, nur eben mit dem Gang dazwischen. Sie sah zu, wie sich die Sportlerin setzte und sie musste sich wirklich Mühe geben über ihren überraschten Gesichtsausdruck nicht zu grinsen, den sie bekam, als sie sich nur einen Meter von ihr entfernt daneben setzte. Der Sitznachbar von der Rennfahrerin sah dagegen ein wenig belustigt aus. Auch ihn hatte Michiru mit Bedacht ausgewählt. Sie kannte diesen Jungen aus zwei ihrer Kurse und sie hatte die Beiden schon des Öfteren zusammen gesehen, daher vermutete sie, sie seien befreundet. Er war auf jeden Fall eine bessere Wahl als irgendein Mädchen, welches ihre Schülerin die ganze Zeit anschmachtete und die eventuell noch darauf einging. Michiru wusste, dass sie schon so einige Grenzen überschritten hatte aber irgendwie war es ihr egal. Der Preis jetzt ganze dreizehn Stunden neben der Sportlerin sitzen zu dürfen, war es ihr wert. Die Blonde schien auch nicht von der Vorstellung abgeneigt zu sein, denn nachdem sie ihren Schock überwunden hatte, bekam die ihr Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Besonders viel mit einander reden taten die Beiden aber nicht. Das war aber auch nicht weiter schlimm, denn allein die Anwesenheit des jeweils anderen genießen zu können und dabei auch immer wieder einige Blicke riskieren zu können, reichte den Beiden vorerst. Es war ein endlos langer Flug und als sie endlich in Rom ankamen, waren alle sichtlich erschöpft. Sie wurden auch dort am Flughafen mit einem Bus abgeholt und fuhren mit dem direkt ins Hotel. Michiru machte sich sofort auf den Weg zum Empfang und erhielt dort die Schlüssel für die gebuchten Zimmer, mit diesen ging sie dann zurück zu den anderen, die sich alle in der großen Hotellobby versammelt hatten.

„So, wenn Sie nun alle mal wieder Ihren Blick nach vorne richten würden…?“ sprach der ältere Japanisch Lehrer laut über die Schüler hinweg.

Das Getuschel verstummte allmählich und sie sahen ihn an.

„… Danke. Also, Kaioh-sensei wird Ihnen nun die Schlüssel für Ihre Zimmer überreichen. Es gibt ein paar wenige Einzelzimmer aber die meisten sind Doppelzimmer. Wenn es also Paare gibt, die sich ein Zimmer teilen möchten, können…“

Sofort brach wieder lautes Geschrei aus und alle wirbelten wild durcheinander.

„Ruhe bitte! Ruhe! … Ich warne Sie, sollte das Ganze zu lange dauern oder in Streitereien ausarten werden wir die Zimmerverteilung bestimmen. Und das Jungs und Mädchen getrennt voneinander schlafen, muss ich ja wohl nicht erwähnen, oder?“

Sein Blick lag auf mehreren, solch gebildeter Paare und ein enttäuschtes stöhnen ging durch die Runde. Nur die Gruppe Mädchen, die sich um die Sportlerin verteilt hatte, war zufrieden damit.

„… Gut, wo war ich? … Ach ja, sobald sie Ihren Schlüssel erhalten haben, werden Sie sich auf Ihr Zimmer begeben und haben dann dort ein bisschen Zeit sich ein wenig einzurichten. Um sieben treffen wir uns dann alle in dem Speisesaal wieder, um noch gemeinsam zu Abendessen. Ich weiß, Sie sind alle Müde und, dass es bei uns schon sehr viel später wäre, aber wir sollten uns so schnell wie möglich an die Zeit Umstellung gewöhnen. Nun gut, dann bitte ich Sie nun alle NACHEINANDER, vorzugsweise zu zweit, vor zu treten.“

So wirklich an die Anweisungen des Lehrers hielten sich die Schüler nicht und stürmten alle gleichzeitig nach vorne. Erst als die anderen Lehrer eine kleine "Mauer" vor Michiru errichteten, konnte sie die Schlüssel oder besser Schlüsselkarten, in Ruhe aushändigen und die jeweilige Zimmerverteilung in ihre Liste eintragen. Aus der Ferne konnte sie sehen wie mehrere Mädchen an den Armen ihrer Nachhilfeschülerin zerrten und sie offenbar darum anflehten sich ein Zimmer mit ihr zu teilen. Michirus Blick verfinsterte sich. »Macht euch keine Hoffnungen Mädels. Euer Schwarm bekommt ein Einzelzimmer, ob sie will oder nicht!« Sie wusste noch nicht ganz, wie sie es hinbekommen sollte aber ihr Entschluss stand fest.
 

Haruka würde lieber auf der Straße schlafen als sich ein Zimmer mit diesen Mädchen zu teilen. Ihr Schädel drohte schon wieder zu explodieren bei diesem Gekreische, was die von sich gaben.

„Komm schon Tenoh-kun, bitte nimm mich! Du wirst es auch nicht bereuen, versprochen!“

„Hey, das ist unfair! Tenoh-kun, bei wirst du es auch nicht bereuen!“

„Bei mir erst recht nicht! Ich mach auch alles was du willst! Und noch viel mehr!“

Okay, jetzt fing Haruka aber langsam an zu schwitzen und das lag nicht nur an den Mördertemperaturen hier. Sie schüttelte einmal heftig mit dem Kopf und riss sich dann von den Mädchen los.

„Okay, wisst ihr was? Ich hol mir jetzt erst mal den Schlüssel und dann sehen wir weiter, ja?“

Die Mädchen nickten alle heftig und Haruka machte sich aus dem Staub. Sie hatte nicht vor zu ihnen zurück zu kommen und hoffte inständig noch ein Einzelzimmer kriegen zu können. Die große Sportlerin drängelte sich durch die Menge bis sie kurz vor den Lehrern war und wartete dann, bis sie drankam. Am liebsten hätte sie sich ja ein Zimmer mit ihrer Lehrerin geteilt aber das war wohl leider nicht möglich. Sie wurde von den Lehrern durchgelassen und stand nun direkt vor der Schönheit.

„Tenoh-san, so ganz allein?“ fragte die Türkishaarige mit hochgezogenen Brauen.

„Ähm, ja. Und das würde ich auch gerne bleiben. Sie haben nicht zufällig noch ein Einzelzimmer für mich, oder?“

Haruka hatte kurz den Eindruck als sei ihr Gegenüber ein wenig Überrascht davon, dann lächelte sie aber und hielt ihr eine Karte vor die Nase.

„Wie es der Zufall so will, doch. Hier, viel Spaß damit.“

„Danke.“ grinste Haruka und ging dann wiederwillig davon.

Sie schlug direkt den Weg zu dem Treppenhaus ein. Bei den Fahrstühlen wäre sie mit Sicherheit entdeckt worden. Ihr Zimmer lag ganz im siebten Stock aber das machte ihr, trotz Hitze nichts aus. Sie hatte es nicht eilig nach oben zu kommen und stieg daher ganz gemütlich, mit ihrer Tasche über die Schulter hängend, die Treppen hoch. Als sie endlich oben ankam, spähte sie zuerst in den Flur hinein. Einige Schüler, und andere Gäste liefen dort umher, aber keines dieser nervigen Mädchen also wagte sie es und ging den Gang entlang zu ihrem Zimmer. Dort angekommen schmiss sie ihre Tasche auf den Boden und ließ sich auf das Bett fallen. Eigentlich hätte sie sofort einschlafen können aber sie versuchte es nicht zu tun. Also richtete sie sich nach kurzer Zeit wieder auf und sah sich etwas um. Besonders groß war das Zimmer nicht aber es war alles drin, was man brauchte. Ein Bett, ein Schrank, ein kleiner Schreibtisch mit Stuhl und auch ein kleiner Fernseher an der Wand. Eine weitere Tür führte wohl ins Badezimmer. Haruka hatte keinen Bock es sich anzusehen oder ihre Tasche auszupacken und ging stattdessen zum einstigen Fenster hier drinnen. Eigentlich war es eine Tür die auf einen winzigen Balkon hinaus führte. Sie lehnte sich vorne ans Geländer und genoss den warmen Wind der durch ihre Haare wehte. Sie stand die ganze Zeit über dort, bis es kurz vor sieben war, dann machte sie sich wieder auf den Weg nach unten. Da sie wieder über die Treppe ging, kam sie ein paar Minuten später, als vereinbart dort an aber das war ihr vollkommen egal. Wie selbstverständlich kam sie in den großen Essenssaal hinein und gesellte sich zu den anderen in die Schlange vor dem Buffet.

„Tenoh-kun! Wo warst du denn?“

„Wir haben dich überall gesucht!“

„Ja, deinetwegen wurden wir einfach in irgendwelche Doppelzimmer eingeteilt!“

„Sag schon, mit wem teilst du dir jetzt ein Zimmer!“

Haruka verdrehte genervt die Augen, fand es aber doch ein klein wenig komisch, dass die Mädchen jetzt offensichtlich wütend auf sie waren.

„Es geht euch überhaupt nichts an, mit wem ich mir ein Zimmer teil, also wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet. Ich hab Hunger!“

Das hatte sie wirklich und der drohende Blick schüchterte die Mädchen doch etwas ein und machten ihr schließlich Platz. Die Blonde ging an ihnen vorbei und machte sich übers Buffet her.

„Hey, Haruka. Da bist du ja. Du hast die Ansprache von Hirai-sensei verpasst.“ begrüßte Takuya sie, als sie sich zu ihm, mit einem Tablett an den Tisch setzte.

„Äh, von wem?“

„Du lebst wirklich auf ‘nem anderen Planeten, oder? Hirai-sensei, das ist der Lehrer da vorn. Er unterrichtet Modernes Japanisch in unserer Parallelklasse.“

Haruka sah kurz in die Richtung, die Takuya angedeutet hatte. Auf den Mann, den er wohl meinte achtete sie aber nicht im Geringsten. Die Türkishaarige Lehrerin an dem Tisch gefiel ihr weitaus besser.

„Aha. Und, war was Wichtiges dabei?“ fragte sie nachdem sie sich von dem Anblick losreißen konnte.

„Also was in deinen Augen wichtig ist, weiß zwar nicht, aber das wir uns alle morgen früh um acht zum Frühstück treffen, solltest du vielleicht schon wissen.“

„Was, schon um acht? Warum denn so früh?“

„Hast du gedacht die lassen uns hier Urlaub machen, oder was?“

„Wieso denn nicht? Wär doch zur Abwechslung mal ganz nett.“

„Träum weiter.“ lachte er.

Während des gesamten Essens huschten Harukas Augen immer wieder zur Seite, um die Lehrerin sehen zu können. Ab und zu kreuzten sich ihre Blicke sogar. Ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, bildete sich jedes Mal ein Lächeln auf ihren Lippen, wenn dies geschah. Sie wusste nicht, ob es am Licht lag oder sie schon zu halluzinieren begann aber es sah so, als würde der Engel jedes Mal ein klein wenig rot werden. Konnte das wirklich sein? Haruka war sich nicht sicher. Eigentlich hätte sie gedacht, dass diese Frau überhaupt nicht rot werden könnte, aber in letzter Zeit passierte es immer öfter. Nur warum? Die Sportlerin konnte sich einfach keinen Reim darauf machen.
 

Natürlich wurde Michiru wirklich rot. Wie hätte sie diesem unwiderstehlichen Lächeln der Blonden auch widerstehen können. Sie versuchte zwar wirklich nicht hinzusehen und sich darauf zu konzentrieren über was sich ihre Kollegen unterhielten aber es wollte ihr einfach nicht gelingen. Dass die Sportlerin überhaupt zu ihr hinsah machte sie schon ganz verlegen aber wenn sie dann auch noch lächelte…. Am liebsten wär sie direkt zu ihr hingelaufen und um den Hals gefallen, aber sie konnte ja nicht, aus mehreren Gründen. Noch dazu war sie sich nicht ganz sicher, was es überhaupt bedeutete. Die Blonde wusste doch nun, dass sie eine Tochter hatte und eigentlich hätte sie jetzt die kalte Schulter erwartet. Warum also war das Gegenteil der Fall? Könnte es sein, dass sie überhaupt nichts dagegen hatte? … Naja, vielleicht wollte sie sie ja auch einfach nur ins Bett bekommen, und da war es wohl egal, ob sie eine Tochter besaß oder nicht. Obwohl sie hatte sich doch mit Hotaru angefreundet und das ganz von sich aus. Das hieß dann doch wohl, dass sie die Kleine mochte, oder? … Michiru seufzte innerlich. »Was denkst du da eigentlich? Nur weil sie mit deiner Tochter ihre Pause verbringt, heißt das doch noch lange nicht, dass sie gleich eine Beziehung mit dir eingeht und Teil ihres Lebens werden will!« Michiru wurde immer verwirrter, je öfter sie zu ihrer Schülerin hinsah. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, zwischen Hoffnung und denen die sie widerlagen. Sie bekam gar nicht mit, wie der Tisch, an dem sie saß immer leerer wurde und sie schließlich nur noch einem Kollegen gegenüber saß.

„Kaioh-sensei, haben Sie nicht eventuell Lust noch mit mir einen trinken zu gehen? Die Nacht ist schließlich noch jung.“

Michiru schreckte aus ihren Gedanken hoch und sah von den wundervollen blaugrünen Augen der Blonden in das widerlich grinsende Gesicht von Kohara.

„Ähm, nein. Ich … bin wirklich schon sehr müde, also werde ich jetzt lieber ins Bett gehen. Gute Nacht, Kohara-sensei.“ bemühte sie sich zu lächeln und erhob sich.

„Ja, Sie haben Recht. Das werde ich auch tun.“

Michirus lächeln verschwand. Der Typ wollte sie jetzt nicht wirklich nach oben begleiten, oder? Fieberhaft versuchte sie eine Ausrede zu finden warum er das nicht tun konnte.
 

Haruka war fast am knurren, so sauer war sie. Sie hatten sich gerade so wundervoll in die Augen gesehen, ehe der Typ ihr dazwischen gefunkt war.

„Na, los! Geh schon hin!“

„Was?“

Überrascht wendete die Sportlerin ihren Blick nach vorne, wo Takuya sie auffordernd ansah.

„Hilf ihr schon!“

„Aber was soll ich denn sagen?“

„Is doch völlig egal. Heute Morgen ist dir doch auch was eingefallen.“

„Schon, aber …“

„Geh! Bevor er sie noch auf ihr Zimmer bringt und eventuell …“

Noch bevor Takuya seinen Satz zu Ende bringen konnte, sprang Haruka von ihrem Stuhl und eilte zu den Lehrern rüber. Entschlossen trat sie vor die Beiden und funkelte ihren Geschichtslehrer böse an.

„Kaioh-sensei, haben Sie kurz Zeit?“

Die Beiden drehten sich zu ihr um und ihre Gesichtsausdrücke hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während ihr Engel zuerst total überrascht aber dann wirklich glücklich aussah, war Kohara mindestens genauso wütend wie sie selbst.

„Sie schon wieder.“ zischte er.

„Müssten Sie nicht schon längst im Bett sein?“ fügte er noch belächelnd hinzu.

„Sie sollten ihre Uhr vielleicht mal auf die aktuelle Zeit umstellen, dann wüssten Sie, dass es noch nicht einmal neun ist. Aber wenn Sie noch nicht einmal wissen, in welcher Zeitzone wir uns hier befinden, gehören Sie eventuell schon ins Bett, Sensei.“

Oh, das war nicht gut. Der Kerl sah aus, als wolle er sie umbringen, aber das fand sie gerade eher amüsant.

„Damit haben Sie sich gerade eine Woche Nachsitzen eingehandelt, Tenoh-san!“

„Finden Sie nicht, dass das ein wenig übertrieben ist, Kohara-sensei? Tenoh-san hat Sie doch lediglich an die Uhrzeit erinnert. Trotzdem finde ich, Sie gehören wohl beide ins Bett. Na kommen Sie, Tenoh-san. Sie können mir auf dem Weg nach oben von Ihrem Anliegen erzählen. Also dann bis Morgen, Sensei.“

Haruka hatte echt Schwierigkeiten ihren Mund zu zuhalten. Das hätte sie jetzt echt nicht erwartet. Und um noch eine drauf zu setzten, berührte dieser Engel sie auch noch am Arm und schob sie vor sich her, denn Haruka war einfach noch zu geplättet von dem, was sie gehört hatte, als dass sie von sich aus gegangen wär. Der Geschichtslehrer sah den Beiden nur mit finsterem Blick hinterher. Als sie den Speisesaal verlassen hatten trat die Lehrerin einen Schritt von ihr Weg und ging somit nur noch neben ihr.

„Also, Tenoh-san. Was wollten Sie denn?“

Die Sportlerin schüttelte noch kurz mit dem Kopf um wieder denken zu können und sah dann in das lächelnde Gesicht ihrer Lehrerin. »Na, jetzt lass dir mal schnell was einfallen, du Genie!«

„Ähm, ich … Sie hatten mir doch am Freitag noch Aufgaben aufgegeben, wann wollen Sie die denn sehen?“

Der Blick dieser Schönheit, ließ Haruka irgendwie ahnen, dass sie genau wusste, dass ihr das gerade erst eingefallen war.

„Am besten Sie geben sie mir morgen. Heute schaffe ich es sowieso nicht mehr sie durch zu gehen, dann erhalten Sie auch gleich neue von mir. Falls Sie also dachten, diese Woche davon verschont zu bleiben, haben sie sich geirrt.“

„Das hatte ich auch ganz ehrlich nicht erwartet.“

„Gut.“

Die Beiden standen mittlerweile im Fahrstuhl, der sie nach oben fuhr und so langsam machte sich eine betretene Stille breit. Haruka spähte unentwegt zu der Kleineren herüber und ihr Herz wollte einfach nicht aufhören zu rasen. Sie war völlig alleine mit ihr hier, in diesem engen Raum. In ihrem Kopf wirbelten gerade die verrücktesten Sachen umher, für was ein Fahrstuhl doch so alles gut war und was sie auch schon alles in so einem getan hatte. Sie war so was von kurz davor, einfach den Fahrstuhl anzuhalten und über diese Frau herzufallen. Gerade, als sie dachte, sie hielt es nicht mehr aus, kam das Teil im siebten Stock an und die Türen öffneten sich. Die Lehrerin setzte sich in Bewegung und Haruka folgte ihr, nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte. Sie gingen durch den Flur und die Sportlerin fragte sich langsam, ob ihre Lehrerin sie wirklich bis zu ihrer Zimmertür bringen wollte oder lag ihr Zimmer vielleicht in derselben Richtung? Auf einmal blieb die Türkishaarige stehen.

„So, ich muss dann hier rein.“

Haruka sah kurz eine Tür weiter, dann wieder nach vorn. Das Zimmer lag direkt neben ihrem! Nur eine Tür weiter! Das konnte doch keine Zufall mehr sein, oder? Schon im Flugzeug hatte sie darüber nachgedacht, ob ihre Lehrerin ihr nicht mit Absicht diesen Platz gegeben haben könnte. Aber das wäre einfach zu schön um wahr gewesen zu sein, weshalb sie diesen Gedanken schnell wieder verworfen hatte. Aber die Schlüsselkarte hatte sie doch auch von ihr persönlich erhalten. Nun gut, vielleicht war es auch, das noch einzig freie Einzelzimmer gewesen, also konnte sie wohl wieder nur hoffen, dass die Türkishaarige doch ihre Finger im Spiel hatte.

„Ähm, ja. …“

Beide schienen nicht wirklich zu wissen, was sie sagen sollten und eigentlich wollten sie sich ja auch gar nicht trennen.

„Also, wir sehen uns dann Morgen. Gute Nacht, Tenoh-san.“ unterbrach die Türkishaarige irgendwann die erneut aufgekommene Stille.

„Die wünsch ich Ihnen auch, Sensei.“

Haruka erhielt noch ein atemberaubendes Lächeln von ihrem Engel, ehe sie sich ihrer Tür zu widmete und dann in dem Raum dahinter verschwand. Eine Weile stand die Blonde noch da und starrte die Tür an, dann setzte auch sie sich endlich in Bewegung und ging in ihr Zimmer. Sie ging sofort ins Bett und mit dem glauben, dass die Türkishaarige eventuell nur eine Wand von ihr entfernt war, schlief sie auch nach kurzer Zeit ein.

Tagesausflug

Michiru lehnte mit rasendem Herzen mit dem Rücken an ihrer Tür und versuchte sich zu beruhigen. Die Fahrt mit dem Fahrstuhl war wirklich eine blöde Idee. Diese Nähe da drin, war wirklich unerträglich gewesen. Wie sehr hatte sie sich gewünscht ihre Schülerin einfach mit auf ihr Zimmer nehmen zu können. Und sie war wirklich kurz davor gewesen, es einfach zu tun. Dass sie es nicht durfte, nur wegen dieser dämlichen Vorschriften, brachte sie regelrecht zur Verzweiflung. So viel älter als sie, war sie doch gar nicht und wenn sie nicht ihre Lehrerin wäre und sie sich auf der Straße begegnet wären, hätte niemand einen Aufstand deswegen veranstalten können auch, wenn die Blonde noch nicht achtzehn war. Wieso nur musste alles so furchtbar kompliziert sein?! Seufzend drückte sie sich von der Tür weg und ging ins Badezimmer rüber, um sich bettfertig zu machen. Danach kuschelte sie sich in ihre Kissen und schloss einfach die Augen. Sie war von der langen Reise so kaputt, dass sie innerhalb von Sekunden einschlief.

Am nächsten Morgen brauchte die Türkishaarige einige Sekunden, um zu realisieren, wo sie war. Als es ihr klar wurde lächelte sie breit und stieg aus dem Bett. Sie ging zu der offenen Balkontür herüber und genoss ein wenig die schöne Aussicht. Diese Stadt war wirklich noch viel schöner, als sie erwartet hätte. Sie freute sich schon wahnsinnig auf den bevorstehenden Ausflug. Auch, wenn sie es besser gefunden hätte, alleine – oder besser, nur in Begleitung einer Person, durch die Straßen Roms gehen zu können. Aber es war immer noch besser als niemals hier gewesen sein zu können. Michiru riss sich von der Aussicht los und ging erst mal duschen. Nachdem sie sich angezogen hatte rief sie noch bei ihrer Großmutter an. Da die Zeit dort sieben Stunden voraus war müsste es dort jetzt ungefähr halb drei Uhr nachmittags sein.

„Kaioh Reika am Apparat.“

„Hallo, Oma. Ich bin es, Michiru.“

„Ah, Michiru-chan. Schön, dass du endlich anrufst. Wie war die Reise?“

„Ziemlich anstrengend. Aber es ist alles gut gegangen.“

„Das freut mich. Hotaru-chan ist leider noch in der Schule aber ich werde ihr ausrichten, dass du angerufen hast.“

„Ja, ich weiß. Ich wusste nur nicht, ob ich es später noch einmal schaffe anzurufen. Wie geht es ihr denn? War sie noch sehr traurig?“

„Ich denke, sie verkraftet es ganz gut. Sie hat mir nur ständig in den Ohren gelegen, wann du denn endlich anrufst.“

Michiru konnte sich das nur allzu gut vorstellen. Augenblicklich vermisste sie die Kleine auch schon.

„Vielleicht schaffe ich es ja nachher noch einmal anzurufen aber ich fürchte, wenn wir von unserem Ausflug zurückkommen ist es bei euch schon mitten in der Nacht.“

„Es ist nicht so schlimm, wenn du es nicht mehr schaffst. Auch, wenn Hotaru-chan bestimmt nicht begeistert davon sein wird, dich verpasst zu haben. Wir Zwei kommen schon zurecht. Also genieß du deinen Ausflug und versuch dich auch ein wenig zu erholen.“

„Ich werd’s versuchen. Vielen Dank nochmal, dass du auf sie aufpasst.“

„Hör auf dich ständig dafür zu bedanken, ich mach das gern. Und jetzt wünsch ich dir noch viel Spaß bei deinem Ausflug.“

„Den werd ich sicher haben. Bis dann, Oma.“

„Mach‘s gut, mein Kind.“

Damit legte Michiru auf und lächelte noch etwas vor sich hin. Es war immer noch ein wenig Zeit bis acht, also packte sie schon mal alles, was sie für den Ausflug mitnehmen wollte in ihre Handtasche und machte sich dann auf den Weg nach unten.
 

Haruka war nicht wirklich wach. Sie hätte auch ruhig noch ein paar Stunden schlafen können. Nicht mal das warme Wasser der Dusche hatte sie wie sonst wach gemacht. Sie war immer noch auf ihrem Zimmer und dabei sich anzuziehen. Da sie ihre Tasche nicht ausgepackt hatte wühlte sie darin herum und warf alles was sie nicht brauchte irgendwo auf den Fußboden. Nachdem sie endlich fertig angezogen war, suchte sie noch nach ihren Japanisch Hausaufgaben, die sie extra mitgenommen hatte – zum Glück. Sie nahm nicht an, dass sie noch einmal auf ihr Zimmer zurückgehen konnte, nachdem sie gefrühstückt hatten und nahm sie lieber gleich mit. Mehr als ihr Portemonnaie, Handy und der Sonnenbrille nahm sie auch nicht mit und verließ somit ihr Zimmer. Sie schloss gerade die Tür ab, als ein paar Meter weiter ebenfalls eine Tür aufging. Sofort musste Haruka lächeln und ihr Herz fing auch etwas schneller an zu schlagen.

„Guten Morgen, Sensei. Haben Sie gut geschlafen?“

Sie ging auf ihre Lehrerin zu, die sich offenbar ein wenig erschreckt hatte.

„Oh, guten Morgen Tenoh-san. Ähm, ja. Vielen Dank.“

Da war es schon wieder! Jetzt war sich Haruka sicher, ihre Lehrerin wurde rot und sie sah auch ein bisschen nervös aus.

„Ähm, ich hab hier die Hausaufgaben. Wollen Sie sie gleich haben?“ fragte Haruka, um die Situation ein bisschen zu entschärfen.

„Ja, ich bring sie am besten gleich in mein Zimmer. Wenn Sie kurz warten, gebe ich Ihnen auch gleich die neuen Aufgaben mit.“

Die Türkishaarige nahm ihr die Zettel ab und ging zurück in ihr Zimmer.

„Äh, okay.“

Ein bisschen unsicher stand die Sportlerin da vor der Tür und sah zu, wie die Andere hinter einer Ecke verschwand. Nur wenige Sekunden später hörte sie die Stimme ihrer Lehrerin hinter dieser ertönen.

„Sie müssen da draußen nicht rumstehen. Kommen Sie ruhig rein.“

Jetzt war es Haruka die nervös war. Sollte sie wirklich? Sie atmete einmal tief durch und betrat dann das Zimmer. Es war um einiges größer als ihres und in Zwei Räume aufgeteilt. Der erste war mehr ein größerer Flur der ins eigentliche Zimmer führte und noch eine Tür enthielt, die vermutlich zum Badezimmer gehörte. Zögerlich ging Haruka um die Ecke in das Schlafzimmer und fand ihre Lehrerin an dem Schreibtisch wieder. Sie kramte einige Zettel zusammen und kam dann damit auf sie zu.

„Hier, ich werde mir die anderen Aufgaben so bald wie möglich ansehen. Kamen Sie denn damit zurecht?“

„Ähm, geht so. Es ... es ist doch leichter, wenn Sie dabei sind.“

Haruka nahm ihr die Zettel ab und sah etwas verlegen zu Boden. Noch dazu machte sie das Bett in dem Raum ziemlich nervös.

„Wirklich? Ich dachte, es fällt Ihnen schwerer wenn ich dabei bin?“

„Nein, nicht mehr. Und Ihnen eine Frage zu stellen geht doch sehr viel schneller als in irgendeinem Buch nachlesen zu müssen.“

„Aha, dann sind Sie also einfach nur faul. Vielleicht sollten ich Sie nur noch so mit Aufgaben versorgen.“

»Ah, Fuck! Musstest du, das jetzt unbedingt sagen!« verfluchte sie sich selbst in Gedanken.

„Ähm, ....“

Die Türkishaarige fing leicht an zu lachen.

„Schon gut, das war nur ein Scherz. Ich werde Ihnen natürlich auch weiterhin helfen. Kommen Sie, wir müssen langsam runter.“

Erleichtert folgte Haruka ihrer Lehrerin nach draußen.

„Ich werd noch schnell die Aufgaben in mein Zimmer bringen. Bis wann wollen Sie die denn haben?“

„Geben Sie sie mir einfach, wenn Sie damit fertig sind. Es hat keine Eile. Durch den Ausflug haben Sie ja nicht allzu viel Zeit dafür.“

„Ähm, okay. Danke.“ freute Haruka sich und verschwand in ihrem Zimmer. Sie warf die Zettel schnell auf ihren Schreibtisch und eilte dann wieder zurück. Sie hoffte ihren Engel noch vor dem Aufzug wieder einholen zu können, auch wenn sie wusste das Aufzug fahren mit ihr eigentlich keine gute Idee war. Aber so war sie immerhin mit ihr zusammen. Zu ihrer großen Überraschung schien sich ihre Lehrerin aber keinen Zentimeter bewegt zu haben. Hatte sie etwa auf sie gewartet?

„Sie hätten aber nicht unbedingt auf mich warten müssen, Sensei.“ sagte sie grinsend.

„Ich wollte nur dafür sorgen, dass sie heute mal pünktlich zum Essen erscheinen. Gestern hielten Sie es ja offenbar nicht für nötig.“ grinste die Frau zurück, drehte sich um und ging den Flur entlang.

Haruka biss sich leicht auf die Unterlippe und folgte ihr dann. Das hieß dann jetzt wohl, dass sie genau darauf geachtet hatte, ob sie anwesend war oder nicht. Diese Frau wurde wirklich immer interessanter und unwiderstehlicher. Dieses Mal waren die beiden leider – oder zum Glück, nicht alleine im Fahrstuhl und so konnten sie auch nicht mehr miteinander reden. Im Speisesaal sahen sie sich nur noch einmal kurz an, ehe sie beide in verschiede Richtungen gingen. Haruka steuerte sofort das Buffet an und häufte sich Unmengen von Essen auf einen Teller, dann setzte sie sich an einen freien Tisch. Das Essen hier war wirklich nicht schlecht, obwohl sie das ihrer Lehrerin vorgezogen hätte. Sie schlang sich gerade das Zweite Brötchen hinunter, als sich Takuya zu ihr setzte.

„Also, dass du noch vor mir hier sein würdest, hätte ich nicht erwartet.“

„Ich wünsch dir auch einen guten Morgen, Tak.“

„Aber klar doch. Sag mir lieber wie deine Nacht gelaufen ist.“ winkte er ab und war ganz aufgeregt.

„Hä? Wie soll sie gewesen sein?“

„Ach, komm schon. Du bist doch gestern mit Kaioh-sensei nach oben verschwunden. Was ist passiert?“

„Nicht das, was du denkst. Wir sind zusammen nach oben gefahren und haben uns dann vor ihrem Zimmer voneinander verabschiedet. Sonst nichts.“

„Direkt vor ihrem Zimmer? Hast du sie etwa bis dorthin begleitet? Und du willst mir wirklich sagen, dass du dann einfach gegangen bist.“

„Ich hab sie nicht mit Absicht dorthin begleitet, das war zwangläufig nötig. Du wirst es nicht glauben aber ihr Zimmer liegt direkt neben meinem! Nur eine Tür weiter!“

„Echt jetzt?“

Das hätte auch er nicht erwartet.

„Ja. … Meinst du, es könnte sein, dass sie das mit Absicht getan hat? Ich mein, erst das im Flugzeug und jetzt unsere Zimmer. Ist doch ziemlich merkwürdig, oder?“

„Ich glaub schon, dass es Absicht ist. Ich sag ja, sie steht auf dich.“

Haruka sah skeptisch zu dem Tisch mit den Lehrern herüber, wo auch die Türkishaarige inzwischen mit etwas zu essen saß.“

„Also, ich weiß nicht.“

„Wieso wär das so überraschend für dich? So gut wie jedes Mädchen der Schule steht auf dich, warum sollte sie da eine Ausnahme sein?“

„Na, weil sie völlig anders ist. Außerdem kann sie doch jeden Mann der Welt haben, was will sie mit mir?“

„Ich denk, sie weiß nicht, dass du ein Mädchen bist?“

„Oh doch, sie weiß es.“

„Ach ja? Seit wann?“

„Keine Ahnung.“

„Na, das ist doch gut. Sie scheint nichts dagegen zu haben, wenn sie sogar eure Zimmer nebeneinander bucht, obwohl sie es weiß.“

„Hhmm …“

Harukas Blick wanderte wider zu ihrer Lehrerin rüber. So richtig glauben konnte sie das nicht. Würde diese Schönheit wirklich so einen Aufwand betreiben, nur um sie ein Zimmer weiter zu wissen? Noch dazu konnte die Frau doch unmöglich wissen, dass sie ein Einzelzimmer haben wollte. Sie hatte selbst gesehen, dass sie überrascht deswegen war. Oder hätte sie sie dann einfach dazu gezwungen, genauso wie zu dieser Nachhilfe?

„Könnte die Nachhilfe dann auch nur ein Vorwand gewesen sein?“ fragte sie Takuya jetzt einfach mal.

„Wieso nicht? Zusammen passen würde es jedenfalls. Obwohl du die Nachhilfe wirklich dringend gebraucht hast. Aber normalerweise tun die Lehrer das ja nicht selbst. Ich weiß nicht was genau es bedeutet aber sie scheint dich auf jeden Fall in ihrer Nähe haben zu wollen. Vielleicht solltest du einfach mal einen Schritt weitergehen und sehen, wie sie darauf reagiert.“

Der Gedanke gefiel Haruka nicht. Sie würde zwar gern, aber es einfach auf gut Glück versuchen und eventuell eine Abfuhr kassieren? Lieber nicht, davor hatte sie einfach zu viel Angst. Zumal die Schönheit dann von ihren Gefühlen wüsste und wie sollte sie ihr dann jemals wieder in die Augen sehen können?

„So wie du guckst, tust du es wohl nicht, was?“ unterbrach Takuya ihre Gedanken.

„Ich weiß noch nicht, vielleicht.“

Der Junge schüttelte ungläubig mit dem Kopf und widmete sich wieder seinem Frühstück zu. Haruka aß auch zu Ende und sah dabei immer wieder zur Seite.
 

Michiru bemerkte diese Blicke durchaus und auch sie sah einige Male zu der Blonden herüber. Solange, bis der Japanisch Lehrer Hirai, das Frühstück für beendet erklärte und sich alle in die Lobby begeben sollten. Die Lehrer vereinbarten, dass sie sich Klassenweise auf den Weg machen würden und so musste Michiru wohl oder übel mit Kohara in eine Gruppe, da sie ja beide dieselbe Klasse unterrichteten. Jetzt war sie zwar bei ihrer Sportlerin, dafür hatte sie aber auch diesen Typen am Hals. Michiru wusste wirklich nicht, ob sie sich freuen oder ärgern sollte. Zum Glück war sie lediglich als Aufpasser dabei. Die Führung übernahm natürlich der Geschichtslehrer und so hoffte sie, dass er überhaupt keine Gelegenheit bekam sich ihr aufzudrängen. Sie musste nur ein bisschen Abstand halten und vielleicht kam sie dadurch ja auch wieder in die Nähe ihrer Schülerin.
 

Diese Schülerin fand es überhaupt nicht witzig, dass ihr Geschichtslehrer auch mitkam. Konnte der nicht einfach hier bleiben? Oder wenigstens in eine andere Gruppe gehen? Widerwillig folgte sie dem Lehrer, der sie wie ein General aus dem Hotel führte. Ihr Weg ging erst mal zur nächsten U-Bahnstation, mit der sie ins Zentrum fahren wollten. Mit großer Freude beobachtete sie, wie ihre Lehrerin sich immer weiter von der Spitze absetzte und ihr somit immer näher kam. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, dass der Kerl dabei war, wenn ihre Lehrerin offenbar so wenig in seiner Gesellschaft sein wollte. Oder wär sie ihr etwa auch so näher gekommen? Diese Frage beschäftigte sie noch eine Weile. Solange, bis sie bei der U-Bahn ankamen. Der Zug war wirklich brechend voll, nicht umsonst konnte sie öffentlich Verkehrsmittel überhaupt nicht ausstehen. Naja, besonders oft war sie damit auch noch nicht gefahren. Aber warum sollte sie auch, wenn sie den Luxus eines Autos bzw. Motorrads besaß. Jetzt hatte sie aber keine andere Wahl und quetschte sich zu den anderen in den Zug. Auf einmal war sie ihrer Lehrerin doch sehr viel näher, als es geplant gewesen war, denn sie war direkt vor ihr. Und zwar so nahe, dass sie sich schon berührten. Jetzt wurde ihr wieder heiß und sie befürchtete wirklich, dass die Lehrerin ihren Herzschlag hören konnte, schließlich war sie nicht weit von diesem entfernt. Diese Fahrt nahm einfach kein Ende und Haruka war dabei völlig durchzudrehen. Als sie doch endlich an der gewünschten Haltestelle ankamen stolperte sie nur so aus dem Zug und atmete erleichtert die frische Luft ein. Die Türkishaarige stieg mit den anderen auch aus dem Wagon, doch Haruka traute sich nicht sie anzusehen und ging somit etwas voraus. Das erste Ziel an diesem Tag war das Kolosseum. Der Geschichtslehrer laberte schon den ganzen Weg über vor sich hin und erzählte wohl irgendwas über die Geschichte hier aber sie hörte nicht wirklich hin. Viel interessanter fand sie das Leuchten in den Augen ihrer Lehrerin, die freute sich offenbar wahnsinnig und fand es wunderschön hier. Diese Freude steckte Haruka richtig an und löste ein merkwürdiges kribbeln in ihr aus. Ihre gute Laune wurde aber von ihrem Geschichtslehrer unterbrochen. Der fing nämlich auf einmal an ihr eine Frage nach der anderen zu stellen. Geschichte war zum Glück nicht ihr schlechtestes Fach und sie war ja schon einmal in dieser Stadt gewesen, weshalb sie die Fragen sogar beantworten konnte. Der Lehrer ließ sie aber gar nicht mehr in Ruhe und versuchte sie weiterhin aus der Reserve zu locken. Haruka musste sich wirklich Mühe geben ruhig zu bleiben.
 

Michiru hätte den Kerl umbringen können. Was viel dem ein, ihre geliebte Schülerin so bloß zu stellen?! Zu ihrer Überraschung beantwortete die aber jede Frage richtig und kehrte die Situation somit einfach um. Die Laune von dem Lehrer schien dadurch nur schlechter zu werden und egal wohin sie an diesem Tag noch gingen, jedes Mal stellte er die meisten und schwierigsten Fragen der blonden Sportlerin. Die ließ sich aber überhaupt nicht aus der Ruhe bringen und beatwortete sie mühelos. Am Anfang hatte Michiru schon das Gefühl, sie würde sich aufregen und dem Kerl gleich eine reinhauen aber mit der Zeit fand sie es offenbar ziemlich witzig und führte ihren Lehrer mehr und mehr vor. Michiru musste sich auch zusammenreißen nicht darüber zu lachen, denn dem Typ pulsierte schon mächtig die dicke fette Ader auf der Stirn. Sie hätte gar nicht erwartet, dass die Blonde so viel über die römische Geschichte wusste und ihr Lehrer offenbar auch nicht. Damit beeindruckte sie aber auch noch die anderen Mädchen in der Klasse und einige von denen kamen ihr näher, als es Michiru recht war. Irgendwann gewann ihre Eifersucht die Oberhand und sie unterband diese offensichtlichen Anspielungen, indem sie die Mädels anwies gefälligst dem Vortrag zu zuhören und von ihrer Sportlerin trennte. Das verwunderte Gesicht der Großen darüber, ließ sie dann doch wieder etwas rot werden aber sie tat einfach so, als sei es ihre Pflicht als Lehrerin gewesen und beachtete sie nicht weiter. Also für den Moment. Gegen Mittag machten sie dann alle eine Pause in einem der Cafés und aßen zu Mittag, ehe sie sich dann am Abend zurück ins Hotel begaben. Natürlich fuhren sie auch zurück mit der U-Bahn und irgendwie schaffte Michiru es in dem überfüllten Wagon wieder genau vor der blonden Sportlerin zu landen. Ihr war schon bei der ersten Zugfahrt aufgefallen wie nervös die Andere geworden war und dieses Mal, war es nicht anders. Sie war zwar nicht minder nervös, genoss diese Nähe aber mit jeder Faser ihres Körpers. Sie hätte wirklich ihren Kopf direkt auf der Schulter der Großen ablegen können, so nah waren sie sich. Leider war aber auch diese Fahrt irgendwann zu Ende und die Andere konnte gar nicht schnell genug aus der Bahn rauskommen. Michiru verstand das einfach nicht. Jedes Mal, wenn sie sich körperlich auch nur ein bisschen näher kamen, lief die Sportlerin weg. Warum? Sie war sich inzwischen so sicher, dass sie ebenfalls auf sie stand. Dafür waren ihre Blicke einfach zu offensichtlich. Also warum unternahm sie nichts? Lag es wirklich nur an ihrem dummen Lehrer-Schüler-Verhältnis? Oder doch an Hotaru? Frustriert über die ganze Geschichte folgte sie der Gruppe weiter und nach einem kurzen Fußmarsch, kamen sie endlich im Hotel an. Den Rest des Abends hatten sowohl Lehrer als auch Schüler frei. Michiru ging gleich, nachdem sie gegessen hatte rauf in ihr Zimmer, um sich umzuziehen. Sie hatte vor noch einige Runden im Pool zu schwimmen, bevor sie ins Bett ging. Das brauchte sie jetzt unbedingt, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
 

Haruka saß noch mit Takuya beim Essen, als sie sah, wie die Türkishaarige den Speisesaal verließ und nach oben verschwand. Sie versuchte noch mal alles von ihr in sich aufzusaugen, da es wohl das letzte Mal für heute sein würde, wo sie sie sah.

„Oh Mann, dir ist echt nicht mehr zu helfen.“ seufzte Takuya.

„Was?“

„Jetzt unternimm doch endlich was!“

„Hä? Wovon redest du?“

„Du weißt genau wovon ich rede. Hör auf der Frau nur hinterher zu starren und tu irgendwas.“

„Du hast leicht reden. Was soll ich denn bitte tun?“

„Mir völlig egal, nur irgendwas! Sag ihr doch einfach, was du für sie empfindest. Mehr als schief gehen kann es doch nicht.“

„Ich weiß doch noch gar nicht was ich für sie empfinde!“

„Dann finde es endlich heraus. Und ich sag dir gleich, nur durch nichts tun, wirst du es bestimmt nicht herausfinden.“

„Ja, das weiß ich selbst.“ seufzte Haruka.

„Ich verlier nur jedes Mal die Nerven in ihrer Gegenwart. … Und dann ist da ja auch noch diese Sache mit Hotaru. Das geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.“ fügte sie noch hinzu.

„Äh, klär mich mal auf. Wer zum Teufel is ‘n Hotaru? Hast du jetzt etwa noch ‘n anderes Mädchen am Start?“ fragte er entsetzt.

„Natürlich nicht! Hotaru ist …“

Haruka brach ab.

„Ja?“

Sollte sie es ihm wirklich sagen? Einen kurzen Moment überlegte sie noch, ehe sie sich dazu entschloss es ihm einfach zu erzählen. Vielleicht konnte er ihr ja irgendwie helfen.

„… Ihre Tochter.“

Der Junge verschluckte sich vor Schreck an seinem Essen und hustete luftringend vor sich hin.

„Bitte was?!“ kam es endlich aus ihm heraus, nachdem er sich wieder beruhigt hatte.

„Du hast mich schon richtig verstanden. Sie hat eine Tochter.“

„Oh mein Gott! Wow, das hätt ich nicht erwartet. Woher weißt du das?“

„Gestern sind die Zwei zusammen auf dem Parkplatz gewesen, vorm Bus.“

„Echt? Hab ich gar nicht gesehen.“

„Du warst ja auch noch nicht da. Sie hat sie, bevor du kamst, zu ihrer Klasse gebracht. Die Kleine geht auch auf unsere Schule.“

„Oh Mann, ich glaub ‘s immer noch nicht. Weißt du wie alt sie ist?“

„Sechs.“

„Schon sechs? Dann muss Kaioh-sensei aber ziemlich früh Mutter geworden sein. Wie hat sie es denn geschafft neben dem Kind auch noch so früh Lehrerin zu werden?“

„Keine Ahnung.“

„Und was willst du jetzt tun? Ich mein, wenn du was mit der Anfangen würdest, bekämst du gleichzeitig auch noch das Kind dazu.“

„Das is mir auch klar, du Schlauberger! Was glaubst du eigentlich, worum ich mir die ganze Zeit den Kopf so zerbreche?!“

„Ja, sorry. Tut mir Leid. Ich bin noch ‘n bisschen geschockt.“

„Da frag mich mal! Was glaubst du, wie ich reagiert habe, als die Kleine mir plötzlich ihre Mutter vorgestellt hat! Kaioh-sensei müsste mich eigentlich für komplett übergeschnappt halten.“

„… Warte. Das hört sich ja fast so an, als würdest du die Kleine kennen.“

„Tu ich auch. Ich bin ihr in der Pause übern Weg gelaufen und irgendwie haben wir uns angefreundet. Eigentlich kann ich Kinder überhaupt nicht ausstehen aber die Kleine ist verdammt süß. Ich hab seitdem jede Pause mit ihr verbracht. Das heißt, in letzter Zeit nur noch kurz, da ich ja zur Nachhilfe musste.“

Takuya sah aus als säße er einem Geist gegenüber.

„Sag das noch mal. Du hast deine Pause mit einem Kleinkind verbracht? Und du magst sie? Und ausgerechnet dieses Kind ist jetzt die Tochter von der Frau, die du seit Wochen nicht mehr aus dem Kopf bekommst?“

Haruka nickte nur deprimiert.

„Der Wahnsinn!“

Keine Ahnung was daran jetzt so witzig gewesen sein soll aber Takuya fing lauthals an zu lachen, was Harukas Stimmung nicht gerade anhob.

„Hör auf zu lachen, du Depp! Sag mir lieber was jetzt tun soll!“

„Woher soll ich denn das wissen?“ lachte er immer noch.

„Du bist wirklich ‘ne große Hilfe.“ sagte Haruka sarkastisch und wollte aufstehen.

„Hey, warte noch. Okay-okay, also ... es ist schon mal gut, dass du die Kleine magst und sogar schon ein bisschen kennst. Du solltest dir aber erst mal über deine Gefühle für die Mutter klar werden. Ich denke, wenn du das erst mal weißt, wird sich das andere von selbst regeln.“

„Wie soll das denn gehen?“

„Naja, wenn du sie wirklich liebst, sollte es dir egal sein. Entweder du nimmst sie mit Anhängsel oder gar nicht. Du musst dich entscheiden.“

„Du sagst das so, als hätte sie nur Haustiere oder so. Sie hat aber ein Kind, ein richtiges Kind! Die brauchen doch Erziehung und was weiß ich noch alles. Für so was bin nun wirklich absolut gar nicht geeignet.“

„Ach so, dann hast du schiss vor der Verantwortung. Da mach dir mal nicht so viele Gedanken drüber. Du bist ja nicht allein. Kaioh-sensei verlangt bestimmt nicht von dir, dass du gleich ‘ne Mutterrolle übernimmst.“

„Mutter?!“

Haruka schlug verzweifelt die Hände übern Kopf zusammen, woraufhin Takuya schon wieder zu lachen anfing.

„Okay, in deinem Fall vielleicht doch eher Vater.“ lachte er weiter.

„Oh Gott!“

Das klang auch nicht besser. Die Sportlerin vergrub ihren Kopf gänzlich in den Händen. Mit dieser Situation war sie völlig überfordert. Es war für sie schon eine riesen Überwindung gewesen überhaupt daran zu denken oder auch nur in Erwägung zu ziehen, eventuell, ganz vielleicht, eine Beziehung mit der Türkishaarigen einzugehen. Und jetzt kam auch noch ein Kind dazu! Niemals in ihrem Leben wollte sie Kinder haben!

„Apropos Vater. Weißt du was darüber? Also ich mein, über den leiblichen der Kleinen. Lebt sie vielleicht noch mit dem zusammen?“

„Ich hab nicht die geringste Ahnung. Taru-chan hat ihn nie auch nur mit einem Wort erwähnt.“

„Das solltest du so schnell wie möglich herausfinden.“

Haruka warf ihm einen finsteren Blick zu.

„Dir ist schon klar, dass deine Liste mit den Dingen, die ich herausfinden soll, immer länger wird, oder?!“

„Hey, was kann ich denn dafür, wenn du dich in so eine komplizierte Frau verliebst. Das hättest du auch einfacher haben können.“

„Als ob ich mir das ausgesucht hätte!“

Haruka seufzte noch mal tief, dann erhob sie sich.

„So, das reicht. Ich geh ins Bett.“

„Was, jetzt schon? Es ist doch noch früh.“

„Schon, aber durch dieses ganze Gerede brummt mir jetzt der Schädel. Ich überleg mir Morgen was ich mach, … ob ich was mach.“

„Na schön, ganz wie du willst. Ich wünsch dir dann eine gute Nacht.“

„Ja-ja, dir auch.“ sagte Haruka schon im Gehen und ließ Takuya damit einfach sitzen.

Sie hatte wirklich Kopfschmerzen. Und sie wollte das alles jetzt einfach nur vergessen aber eigentlich war sie auch noch überhaupt nicht müde. Wenn sie jetzt wirklich ins Bett gehen würde, würde sie sich mit Sicherheit nur die ganze Zeit hin und her wälzen. Sie blieb einen Augenblick in der Lobby stehen und überlegte, was sie stattdessen tun könnte. Kurzerhand entschied sie sich einfach noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Die frische Luft und der Wind müssten ihr doch eigentlich helfen wieder einen freien Kopf zu bekommen. Am liebsten wär sie natürlich auf ihr Motorrad gestiegen und wild durch die Gegend gerast, aber das stand ja leider einsam und verlassen zu Hause in der dunklen Tiefgarage rum. Sie ging durch einen Seiteneingang nach draußen und sah sich ein wenig auf dem Gelände um.

Annäherung

Harukas Weg führte erst ein wenig übers Gelände und dann über eine große Terrasse Richtung eines kleinen Parks, den sie erkennen konnte. Doch ankamen tat sie dort nicht. Ihre Aufmerksamkeit wurde plötzlich von einem plätschernden Geräusch abgelenkt. Sie sah zur Seite und blieb abrupt stehen. Einige Meter weiter war ein riesiger Pool, in dem eine einzelne Person ihre Bahnen schwamm. Es war bereits dunkel geworden und nur einige Fackeln und Laternen beleuchteten die Terrasse, somit tauchte der Pool mit seinen Scheinwerfern die gesamte Gegend in ein blaues Licht. Haruka hätte nicht einen Lichtstrahl gebraucht, um zu wissen, wer sich in dem Wasser befand. Sie stand wie zur Salzsäule erstarrt da und verfolgte jede Bewegung der Person mit ihren Augen. Sie konnte sich überhaupt nicht mehr davon losreißen. Und das nicht nur, weil die Schwimmerin einen hautengen Badeanzug trug sondern, weil es sie wirklich faszinierte. Wie ein Fisch glitt sie durchs Wasser und schien auch genauso lange wie diese die Luft anhalten zu können. Haruka hatte keine Ahnung wie lange sie hier stand, so völlig eingenommen war sie von dem, was sie sah. Sie hätte fast einen Herzinfarkt bekommen, als sie plötzlich direkt in zwei blaue Augen sah. Die Andere war gerade aufgetaucht und sah sie überrascht an.

„Tenoh-san, was machen Sie denn hier?“

„Äh, ich … ich wollte … also eigentlich … nur … nur Spazierengehen.“ stotterte sie vor sich hin.

Sie war gerade echt froh, dass sie sich noch keinen Millimeter bewegt hatte und es immer noch so aussah, als wäre sie gerade eben erst mitten im Gang stehen geblieben. In dem Gesicht ihrer Lehrerin bildete sich ein lauerndes Lächeln, bevor sie die letzten Meter zum Beckenrand schwamm und sich dort festhielt. Haruka musste erst mal schlucken. Sie wurde von der Türkishaarigen einfach nur von unten her angesehen und sie hatte keine Ahnung, was diese jetzt gerade dachte oder vorhatte.

„Ich möchte Sie nicht von ihrem Spaziergang abhalten. Sie könnten mir aber auch ein wenig Gesellschaft leisten.“

„Ach, ja?“ fragte Haruka total fassungslos.

„Sie müssen nicht, wenn Sie nicht wollen. Ich dachte nur, es wäre vielleicht ganz nett, sich mal ein wenig zu unterhalten.“

Die Wassernixe hatte ein so bezauberndes Lächeln aufgesetzt, dass Haruka schon die Knie zitterten. Natürlich wollte sie bleiben. Das war doch jetzt genau die Chance etwas mehr über sie rauszufinden. Wie von selbst ging sie näher an den Pool heran und setzte sich an den Rand einer der Liegen, die dort alle in Reihe standen. Ihre Lehrerin lächelte noch breiter und hatte irgendwie einen verträumten Blick aufgesetzt. Haruka wurde mit jeder Sekunde nervöser, die diese Frau sie ansah und ergriff lieber schnell das Wort.

„Ähm, Sie … Sie schwimm wirklich gut.“

»Idiot! Etwas Dämlicheres hätte dir wohl nicht einfallen können, oder? Sie würde Schwimmen ja wohl kaum unterrichten, wenn sie es nicht selbst gut könnte!«

„Hhmm, wie lange haben Sie denn da schon gestanden?“

»Na, ganz toll!« Haruka hätte sich die Zunge abbeißen können. Jetzt fing ihre Lehrerin auch noch an zu kichern.

„Ist schon okay. Ich wollte Sie nur ein wenig ärgern. Was ist denn mit Ihnen? Jemand der so Sportlich ist wie Sie, kann doch bestimmt auch gut schwimmen.“

Es bildete sich doch tatsächlich eine leichte Röte auf dem Gesicht der Sportlerin bei diesem Kompliment.

„Ähm, ich kann schwimmen. Belassen wir’s dabei.“

„Das hört sich so an, als würden Sie es nicht besonders mögen.“

„Wasser ist einfach nicht so mein Element, das ist alles.“

„Ach so, und welches ist ihr Element? Luft bzw. der Wind vielleicht?“ grinste die Türkishaarige.

„Äh, ja. Woher wissen Sie ‘n das?“

„Das war nicht sehr schwer zu erraten.“

„Aha.“ mehr viel Haruka dazu nicht ein.

So ganz, wie das nun gemeint war, verstand sie nämlich nicht. Bis jetzt war es noch niemandem aufgefallen, wie sehr sie den Wind liebte und, dass genau er der Hauptgrund war, warum sie überhaupt Motorrad fuhr oder lief, jedenfalls nicht das sie wüsste. Es entstand eine kurze Pause zwischen ihnen, in der Haruka nicht so genau wusste, wo sie hingucken sollte. Ihre Lehrerin sah sie derweil direkt an, immer noch mit diesem Lächeln im Gesicht und das verunsicherte sie nur noch mehr.

„Kann … kann ich Ihnen mal eine Frage stellen?“ fand Haruka endlich ihre Stimme wieder und vor allem den Mut dazu.

„Natürlich dürfen Sie.“

„Na gut. … Sie müssen aber nicht antworten, wenn Sie nicht wollen. Ich weiß, es gehört sich eigentlich nicht, also bitte werden Sie nicht sauer oder so, aber es interessiert mich wirklich wahnsinnig.“

„Das klingt ja sehr geheimnisvoll. Nun fragen Sie schon.“

Haruka sah der Türkishaarigen jetzt genau in die Augen und fasste all ihren Mut zusammen.

„Wie alt sind Sie?“

Ihr Gegenüber schien sich wirklich Mühe geben zu müssen nicht zu lachen.

„Sie haben Recht, es gehört sich nicht. Aber es macht mir nichts aus.“ lächelte die Frau und machte eine kleine Pause in der Haruka sie erwartend ansah.

„Ich bin dreiundzwanzig.“ sagte sie schließlich.

„Dreiundzwanzig?!“ wiederholte Haruka fassungslos.

»Dann war sie ja erst siebzehn als sie Taru-chan bekommen hat! … Oh, also so alt wie ich jetzt bin.« schlussfolgerte sie und wusste nicht genau, was sie davon nun halten sollte. Sie könnte sich im Leben nicht vorstellen jetzt ein Kind zu bekommen. Naja, eigentlich hatte sie nie vor ein Kind zu bekommen. Obwohl, Hotaru dann ja auch so was wie ein Kind für sie wäre, wenn sie mit ihrer Lehrerin zusammen sein wollte… Sie schüttelte kurz mit dem Kopf und verdrängte den Gedanken wieder.

„Dann waren Sie aber ziemlich schnell mit dem Studium. Dauert so was nicht Jahre?“

„Ja, schon. Aber Ich bin eben sehr fleißig.“ grinste ihre Lehrerin vielsagend.

„Wow, und das alles noch mit ‘nem Kind nebenbei? Wie haben Sie das hingekriegt?“

Jetzt wurde die Türkishaarigen eher trübselig und senkte den Blick.

„Ich gebe zu, Hotaru hat in meinem Leben so einiges durcheinander gewirbelt. Aber ich bereu es keine Sekunde sie zu mir genommen zu haben. Auch, wenn ich dadurch einige Träume aufgeben musste.“

Diese Aussage verwirre Haruka jetzt aber.

„…… Äh, zu sich genommen haben?“ fragte sie schließlich, nachdem sie ihre Lehrerin ein paar Sekunden lang schief angeblinzelt hatte.

„Ja. Hotaru … ist eigentlich nicht meine leibliche Tochter. Genaugenommen ist sie meine Nichte. Mein Bruder hatte vor vier Jahren mit seiner Frau einen schlimmen Autounfall, den beide nicht überlebt haben. Nur Hotaru ist wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Ich wollte nicht, dass sie in ein Heim oder zu Fremden kommt, also hab ich alles dafür getan, um das Sorgerecht zu erhalten.“

„Oh Mann, das … das tut mir wirklich leid.“

Haruka hatte keine Ahnung, was sie sonst noch sagen sollte. Dass ihre Lehrerin jetzt auch noch so traurig wirkte, tat ihr richtig weh. Aber sie musste zugeben, doch ein wenig erleichtert zu sein. Das hieß zumindest schon mal, dass ihr nicht auch noch ein wütender Vater/ Exmann oder Freund im Weg stand oder ihr sogar etwas angetan worden sein könnte.

„… Weiß Taru-chan davon?“ fragte Sie, um die Stille zu unterbrechen, die wieder aufgekommen war.

„Ja. Sie kann sich zwar nicht mehr daran erinnern, auch nicht mehr wirklich an ihre Eltern aber sie weiß, dass sie nicht immer bei mir gewesen ist und ich habe es ihr auch nie verschwiegen.“

„Und was haben Sie für Träume aufgegeben? Warum mussten Sie sie überhaupt aufgeben?“

Die Türkishaarige sah Haruka wieder an und lächelte etwas verträumt.

„Ich träumte eigentlich mal davon eine große Violinistin zu werden. Ich war gerade dabei mir einen Namen zu machen und hatte auch schon einige kleine Auftritte, als dieser schreckliche Unfall passierte. Da ich gerade mal neunzehn war, überhaupt kein Geld besaß und eine, für die ziemlich unsichere Zukunftsplanung hatte, hielt das Jugendamt überhaupt nichts davon, dass ich die Kleine zu mir nehmen wollte. Meine Eltern sind schon vor langer Zeit gestorben und mein Großvater war zu der Zeit schwer krank, so dass meine Großmutter sie auch nicht hätte nehmen können. Also war ich die Einzige, die sie noch hatte und Hotaru auch das Einzige, was mir von meinem Bruder noch geblieben war. Ich wollte sie nicht verlieren. Ich hatte sowieso schon Kunst und Musik nebenbei Studiert und so hab ich kurzerhand die ungewisse Zukunft einer Künstlerin aufgegeben, mein Studium nochmal komplett umorganisiert und den sicheren Weg einer Lehrerin eingeschlagen. Nachdem ich mir dann auch noch einen Nebenjob besorgt hatte und meine Großmutter ihre Unterstützung zu gesichert hatte, hab ich dann endlich das Sorgerecht für die Kleine bekommen und konnte sie schließlich irgendwann adoptieren.“

„Diese ganzen Ämter sind doch echt das Letzte! Was wissen die denn schon davon, was das Richtige für einen ist! Ich bin mir sicher, Sie wären megaerfolgreich geworden und hätten Taru-chan dadurch ein noch viel besseres Leben bieten können!“

Haruka wurde wirklich richtig wütend. Mit diesen Ämtern hatte sie selbst schon oft genug am Hals gehabt und sie konnte mit Sicherheit sagen, dass ein Heim mit Abstand die schlechteste Unterbringung für die kleine Hotaru gewesen wär.

„Aber Sie können Ihren Traum doch immer noch erfüllen. Jetzt kann das Jugendamt Ihnen die Kleine doch nicht mehr wegnehmen, oder? Wieso versuchen Sie es nicht erneut?“ versuchte sie die Türkishaarige aufzumuntern.

„Ihre Anteilnahme ist wirklich süß. Und glauben Sie mir, ich würde es gern noch einmal versuchen, aber ich habe weder die Zeit noch die finanziellen Mittel dafür.“

Haruka wäre augenblicklich bereit gewesen der Frau ihr gesamtes Vermögen zu überlassen, wenn die dadurch nur ihre Träume erfüllt bekam. Ihr war aber klar, dass sie es niemals annehmen würde. Trotzdem musste es doch einen Weg geben ihr zu ihrem Glück zu verhelfen. Das wollte sie nämlich, mehr als alles andere.

„Sie sollten Ihren Traum noch nicht so schnell aufgeben. Ich bin mir sicher, er erfüllt sich noch. Vielleicht nicht sofort aber irgendwann.“

Die Türkishaarige ließ ihr Kinn auf ihre verschränkten Arme auf dem Beckenrand nieder und bekam so ein eigenartiges Funkeln in den Augen, welches Haruka richtiges Herzrasen verpasste.

„Sie sind wirklich süß. Eine so positive Einstellung hätt ich Ihnen gar nicht zugetraut.“

Oh Mann, das war jetzt schon das zweite Mal, dass sie sie als "süß" bezeichnete und es ließ sie auch zum zweiten Mal erröten. Verlegen, in der Hoffnung die Andere würde es nicht mitbekommen, sah Haruka zu Boden. Das Geräusch des Wassers ließ sie wieder aufschauen. Ihre Lehrerin war kurz abgetaucht und glitt Richtung Leiter des Pools. Dort angekommen tauchte sie wieder auf und stieg aus dem Wasser.

„Würden Sie mir mal ein Handtuch reichen?“

Haruka bekam durchaus mit, dass ihre Lehrerin etwas sagte und ihr Kopf nickte sogar, aber der Rest ihres Körpers bewegte sich keinen Millimeter. Viel zu sehr war sie von der Schönheit, in ihrem hautengen, nassen Badeanzug gebannt und starrte sie mit großen Augen an. Erst, als die Türkishaarige den Kopf schief legte, die Augenbrauen anhob und die Arme vor der Brust verschränkte, kam auch die tatsächliche Bedeutung ihrer Worte bei ihr an, und lies sie aufspringen.

„Oh! …… Hier.“

Haruka reichte ihr das Handtuch was hinter ihr auf der Liege gelegen hatte und sah wieder verlegen zu Boden.

„Vielen Dank.“ grinste ihr Gegenüber wissend und trocknete sich ein wenig ab, ehe sie sich das Handtuch um die Schultern legte und sich auf die Liege direkt neben der anderen setzte.

Haruka stand noch ein paar Sekunden nervös in der Gegend rum, bevor sie sich traute, sich auch wieder zu setzten.

„Mir fällt da gerade eine Sache ein, die Hotaru mir mal über ihre Freundin gesagt hat.“ sagte die Lehrerin gleichdarauf.

„Und was?“

„Dass Sie Klavier spielen würden. Stimmt das?“

Na toll, jetzt war es raus. Haruka wollte doch gar nicht, dass sie davon erfuhr.

„Ja, ab und zu.“

„Das überrascht mich. Hätten Sie nicht mal Lust mir was vorzuspielen?“

„Ähm, also, so gut bin ich nun wirklich nicht. Das wollen Sie sich bestimmt nicht anhören.“

„Das würde ich doch lieber selbst beurteilen. Aber wenn Sie nicht wollen, müssen Sie nicht. Ich fände es nur sehr schade.“

Dieser Blick ließ Haruka völlig weich werden.

„Na gut, ich werd‘s tun. … Aber nur, wenn Sie mir auch was auf Ihrer Geige vorspielen.“

„Einverstanden. Ich freu mich schon darauf.“

Haruka zwar auch aber sie hatte doch ziemlichen schiss davor, sich vor ihr total zu blamieren. Hoffentlich behielt sie die Nerven.

„Was hat Ihnen Taru-chan, denn sonst noch so über mich erzählt?“ fragte die Sportlerin vorsichtig nach.

„Nicht sehr viel. Jedenfalls nichts, was ich nicht sowieso schon wusste.“

„Aha, und warum haben Sie ihrer Tochter überhaupt erlaubt sich mit mir zu treffen? Fanden sie es nicht irgendwie merkwürdig, dass sie sich mit ‘ner Oberstufenschülerin trifft?“

„Oh doch, ich fand es sogar sehr merkwürdig. Ich wollte Sie auch unbedingt kennenlernen, um sicherzugehen, dass Sie nicht verrückt sind oder so aber es hat sich ja nie ergeben und irgendwann war es mir auch nicht mehr so wichtig.“

„Wieso das?“

„Sie haben der Kleinen einfach viel zu gut getan.“

„Hä? Was hab ich denn gemacht?“

„Das wüsste ich wirklich auch gern. Seitdem sie sich mit Ihnen trifft, ist sie sehr viel lebhafter geworden und auch selbstbewusster. Dafür bin ich Ihnen wirklich dankbar.“

„Brauchen Sie nicht. Ich hab echt nichts getan.“ wurde Haruka wieder verlegen und konnte wirklich nicht glauben, dass es an ihr gelegen haben sollte.

„Ich glaube, es lag auch viel mehr an Ihrer Art, von der sie sich übrigens auch schon das ein oder andere abgeguckt hat. Jetzt weiß ich, warum sie auf einmal so bockig geworden ist.“

„Hey, ich bin nicht bockig.“ protestierte Haruka sofort.

„Nein, überhaupt nicht.“ lachte die Lehrerin amüsiert.

Haruka war zwar doch ein bisschen beleidigt, konnte sich dem wundervollen Lachen der Türkishaarigen aber nur anschließen.

„Darf ich fragen was hier los ist?“

Etwas erschrocken sahen die beiden zur Seite und verstummten. Hinter den Liegen hatte sich Kohara aufgebaut und sah misstrauisch auf sie herab. Haruka hätte ihn umbringen können!
 

„Wir unterhalten uns lediglich ein wenig, Kohara-sensei.“ antwortete Michiru ihm ganz ruhig, obwohl sie innerlich brodelte.

„Und das halte Sie für angemessen?“

„Ich wüsste nicht, was daran verwerflich sein sollte.“ sagte sie jetzt nicht mehr so freundlich.

„Tenoh-san, Sie sollten jetzt besser nach oben gehen.“ mahnte er die Sportlerin.

„Ich will aber nicht.“ antwortete die sehr ernst und wirkte wie ausgewechselt.

„Danach geht es hier aber nicht. Sie dürfen sich nicht länger als bis zehn hier draußen rumtreiben und es ist bereits nach zehn. Also sehen Sie zu, dass sie in ihr Zimmer kommen, sonst kriegen Sie doch noch Ihre Woche Nachsitzen! Oder ich lass Sie gleich nach Hause fliegen!“

Michiru konnte sehen, dass die Blonde kurz davor stand auf den Typen loszugehen und beschloss lieber einzugreifen.

„Er hat Recht, Tenoh-san. Gehen Sie lieber.“

Die Sportlerin sah sie mit einem Blick an, als würde sie sie noch einmal fragen, ob sie sich da auch wirklich ganz sicher war. Als Michiru ihr noch einmal zu nickte, erhob sie sich.

„Na gut. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Sensei.“ sagte sie, nur an Michiru gewandt und ging dann einfach an dem Typen vorbei.

„Sie sollten sich wirklich nicht mit dieser Schülerin abgeben, Sensei. Dieses Mädchen ist eine Plage.“ kam es gleich von Kohara, als die Blonde nicht mehr zu sehen war.

„Das sehe ich nicht so.“

Michiru wollte so schnell wie möglich von diesem Typen weg und griff daher schnell nach ihrem Bademantel, der über der Lehne der anderen Liege lag und zog ihn sich über. Dass der Kerl sie so schleimig ansah, behagte ihr gar nicht. Unter den Augen ihrer Schülerin hatte sie sich sehr viel wohler gefühlt.

„Sie wissen aber schon, dass sie lesbisch ist, oder?“

Michiru knotete ihren Bademantel zu, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.

„Wollen Sie mir damit etwa sagen, dass sie ein Problem mit so etwas haben?“

Das traf. Der Typ hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sie so gelassen darauf reagieren würde. Wahrscheinlich hatte er erwartet, dass sie ihm jetzt in die Arme fallen würde oder so. Wenn der wüsste…

„Ich wollte Sie lediglich davor warnen, dieser Person zu nahe zu kommen. Die wird Sie nur in Schwierigkeiten bringen.“

Wie er das sagte, klang es fast wie eine Drohung.

„Ich nehme Ihre Warnung zur Kenntnis. Gute Nacht, Sensei.“

Damit ging sie einfach an ihm vorbei. Michiru war so wütend auf den Typen, dass sie die Person hinter einer der vielen Terrassentüren vom Hotel beinahe übersehen hätte. Die Sportlerin war also doch nicht, wie befohlen nach oben verschwunden, sondern hatte sie die ganze Zeit im Auge behalten. Jetzt kam in ihr wieder dieses Kribbeln auf, was sie schon das gesamte Gespräch über in sich gehabt hatte. Das Wasser um sie herum und die ganze Atmosphäre hatten ihr irgendwie den Mut verliehen, sich mit ihr über persönliches zu unterhalten. Die Geschichte über Hotaru und ihrer Familie erzählte sie wirklich nicht jedem, aber aus irgendeinem Grund, hatte sie das Gefühl gehabt, der Blonden es erzählen zu können. Es kam noch ein Nicken von der Blonden, ehe sie sich umdrehte und nun wirklich nach oben ging. Michiru hätte sich im Kreis drehen können, so gerührt war sie. Bevor sie das aber noch wirklich tat, ging sie lieber auch nach oben. Sie hatte sich schon fast Hoffnungen gemacht die Sportlerin eventuell noch im Flur vor ihren Zimmern anzutreffen aber leider war das nicht der Fall. So ging sie doch ein wenig enttäuscht auf ihr Zimmer. Einschlafen konnte sie aber überhaupt nicht, dafür war sie einfach viel zu aufgewühlt. Um das Gefühl zu haben, der Blonden zumindest noch ein bisschen nahe zu sein, begann sie noch ihre Aufgaben zu kontrollieren. Ihre Schülerin wurde wirklich immer besser. Bald würde sie überhaupt keine Nachhilfe mehr brauchen. Sogar ihre Schrift hatte sich verbessert. Oder gab sie sich jetzt einfach mehr Mühe ordentlich zu schreiben? Irgendwann überkam Michiru doch die Müdigkeit und sie kroch zurück ins Bett.

Der nächste Tag lief fast genauso ab, wie der letzte. Es wurde sich um acht beim Frühstück getroffen und danach begaben sie sich wieder Klassenweise auf den Weg zu weiteren Sehenswürdigkeiten. Dieser Geschichtslehrer verschonte Michirus Lieblingsschülerin heute nicht weniger mit seinen Fragen und schien die beiden auch noch voneinander fernhalten zu wollen. Jedes Mal, wenn Michiru den Abstand zwischen ihnen ein wenig verringern wollte, kam wieder einer seiner unterbrechenden Fragen. Die Sportlerin hatte auch keine Chance etwas zu tun, denn sie wurde von zahlreichen Mädchen umringt. Die Eifersucht in Michiru stieg stätig an, zumal sie auch nicht wusste in wie weit die Blonde diese Aufmerksamkeit genoss. Dass es ihr überhaupt nicht gefiel, konnte sie sich nur schwer vorstellen, schließlich waren diese Mädels wirklich sehr knapp bedeckt und waren nun auch nicht unbedingt hässlich. Das Ganze lenkte sie so sehr ab, dass sie sich überhaupt nicht auf die wundervolle Stadt konzentrieren konnte und fast nichts von den Sehenswürdigkeiten mitbekam. Michiru war wirklich mehr als froh, als sie endlich den Rückweg einschlugen und beim Hotel ankamen. Ziemlich frustriert ging sie nach einem kurzen Essen auf ihr Zimmer und ruhte sich ein wenig aus.
 

Haruka war völlig fertig. Den ganzen verdammten Tag über hatte sie verzweifelt versucht sich diese Mädchen vom Leib zu halten. Aber durch diese ständige Störung ihres Lehrers kam sie nie richtig dazu. Noch dazu lenkte sie diese finstere Mine ihres Engels so dermaßen ab, dass sie die Mädchen größtenteils ignorierte und einfach reden ließ, bis sie wieder Kopfschmerzen bekam. Nicht einmal beim Essen eben hatten sie sie in Ruhe gelassen. Takuya war auch keine Hilfe gewesen und hatte sich einfach - trotz ihrer flehenden Blicke - ganz feige an einen anderen Tisch gesetzt. Dafür würde er noch bezahlen. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wär in dem Saal aufgesprungen und hätte die Mädchen wie eine Irre angeschrien. Aber sie konnte sich gerade noch so beherrschen. Ihr war es dann auch doch noch gelungen zu fliehen. Als die Mädchen sie mit auf ihr Zimmer nehmen wollten, hatte sie mit Absicht einen Streit zwischen ihnen in die Wege geleitet. Es hatte echt besser funktioniert, als sie erwartet hätte. Die Mädels hätten fast ‘ne Schlammschlacht begonnen. Auch, wenn Haruka so was zwar gerne gesehen hätte, schlich sie sich immer weiter nach hinten zur Treppenhaustür und verschwand schließlich nach oben. Zum Glück wussten die noch nicht, wo ihr Zimmer lag, sonst wären die vermutlich schon längst hier. Jetzt lag sie quer auf ihrem Bett und genoss die Stille, die sie umgab. Glücklich war sie aber nicht. Sie hatte heute nicht ein Wort mit ihrer Lehrerin reden können und dass, wo sie sich doch gestern so wundervoll unterhalten hatten. Warum nur musste dieser Kohara auch ständig auftauchen? Sie suchte fieberhaft nach einem Grund, der es ihr ermöglichen könnte ihre Lehrerin heute noch mal zusehen. Ihr wollte aber einfach nichts einfallen. Seufzend richtete sie sich in ihrem Bett auf und wollte sich eigentlich schon deprimierend die Kleider ausziehen, um sich schlafen zu legen, als ihr auf einmal die Zettel auf dem Schreibtisch ins Auge fielen. Langsam ging sie dorthin und las sich die ersten Fragen durch. … Doch, sie wäre sehr wohl in der Lage gewesen, sie zu beantworten. Aber was würde ihr das nützen? Sie überlegte hin und her, bis sie sich einfach die Zettel griff und damit nach draußen ging. Es war noch nicht mal acht, also noch früh genug, um sie zu stören. Jetzt musste sie sich nur noch dazu durchringen an ihre Tür zu klopfen und das war gar nicht so einfach. Es vergingen bestimmt zehn Minuten, in denen sie ihre Hand immer wieder ansetzte, sie zurückzog, ein paar Mal im Flur auf und ablief und es dann noch einmal versuchte. Voller Entschlossenheit klopfte sie dann endlich an. Die Zeit, in der sie wartete bis die Tür aufging, kam ihr endlos vor und ihr Herz schien sich in eine tickende Zeitbombe verwandelt zu haben, welches nach jedem Schlag ein wenig schneller wurde und auch wirklich zum Stillstand kam, als die Tür plötzlich aufschwang.

„Tenoh-san? Was machen Sie denn hier?“

Harukas Entschlossenheit war mit dem Auftreten ihrer Lehrerin irgendwie davongeflogen und so sagte sie erst mal gar nichts. »Komm schon, reiß dich zusammen! Frag einfach!« versuchte sie sich wachzurütteln.

„Ich wollte Sie fragen, ob … ob Sie nicht vielleicht mit … mit mir gemeinsam die Japanisch Aufgaben durchgehen könnten? Das heißt, nur wenn Sie Zeit haben. … Und Lust. … Ich kann‘s aber auch alleine machen. … Wie Sie wollen.“

Mit jeder Sekunde und jedem Wort wurde sie nervöser und unsicherer. Und das amüsierte Gesicht der Kleineren machte es nicht gerade besser. Was zum Teufel war nur los mit ihr?! Sie war reich - stink reich! hatte schon unzählige Frauen gehabt und redete mit jedem, als wär er ihr Untertan aber sobald sie auch nur einen Blick auf diese Frau warf, wurde sie zum unsicheren, stotternden Etwas, das gar nichts mehr auf die Reihe bekam! Am liebsten wär sie auf der Stelle umgedreht und so schnell und so weit weg gelaufen, wie sie nur konnte. Aber dann trat die Türkishaarige von der Tür zurück und gewährte ihr damit Einlass.

„Dann kommen Sie mal rein.“

»Echt jetzt? … Oh Gott!«

Nach einem kräftigen Atemzug schritt Haruka durch die Tür. Ihre Lehrerin schloss sie hinter ihr und ging dann an ihr vorbei in das Zimmer mit dem Schreibtisch und natürlich auch dem großen Bett.

„Ich habe mir gestern Abend noch ihre letzten Aufgaben angeschaut und es waren nur noch ein paar kleine Fehler drinnen. Sie haben wirklich Fortschritte gemacht.“ sagte die Lehrerin und schob einen zweiten Stuhl an den Schreibtisch heran.

„Ähm, danke.“

„Setzen Sie sich doch.“ wurde Haruka gebeten und folgte der Aufforderung etwas zögerlich.

„Haben Sie sich die Aufgaben denn schon angesehen oder sogar schon angefangen?“

Ihre Lehrerin setzte sich auch und sah sie erwartend an.

„Angeschaut ja, angefangen nein.“

So langsam normalisierte sich Harukas Herzschlag wieder.

„Okay, dann wollen wir mal.“

„… Ähm, hätten Sie vielleicht noch ‘nen Stift für mich?“

„Sie haben nicht mal einen Stift mitgenommen?“ fragte die Türkishaarige ungläubig, mit auch ein wenig Skepsis in der Stimme.

„Nein.“ antwortete Haruka unsicher.

„Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll. … Warten Sie einen Moment.“ seufzte die Lehrerin.

Wie das gemeint war, kapierte Haruka nicht. Sie beobachtete stattdessen lieber ihre Lehrerin, wie die wieder aufstand und aus ihrer Handtasche einen Stift herauskramte, sich erneut setzte und ihn ihr reichte.

„Danke.“ grinste Haruka und machte sich dann über die Aufgaben her.
 

Michiru konnte immer noch nicht glauben, dass die Blonde wirklich hier war. Sie hatte diesen Tag eigentlich schon längst abgeschrieben und wollte nur noch schnell duschen und dann ins Bett gehen. Und dann klopfte es plötzlich an ihrer Tür! Völlig verträum sah sie ihre Schülerin an, die schon mit den Aufgaben angefangen hatte und offenbar auch sehr gut ohne sie zurechtgekommen wäre. Hieß das jetzt also, die Große wollte sie einfach nur bei sich haben? In Michiru machten sich unendliche Hoffnungen breit. Sie konnte überhaupt nicht mehr aufhören sie anzusehen und versuchte auch gar nicht erst, es nicht zu tun. Ihre Schülerin schien das, genauso wie gestern Abend, ziemlich nervös zu machen. Mit den Fragen, die sie ihr ab und zu stellte, versuchte sie sie wohl irgendwie davon abzulenken, aber Michiru dachte gar nicht daran. Es machte ihr einfach viel zu viel Spaß sie immer mehr durcheinander zu bringen. Mit der Zeit verringerte sie den Abstand zwischen ihnen auch immer ein bisschen mehr, nur um ihre Gegenwart noch besser spüren zu können. Irgendwann waren sie sich so nahe, dass sie sich fast mit den Armen berührten. Es waren wirklich nur wenige Millimeter zwischen ihnen. Michiru konnte so deutlich die Hitze spüren, die von der Blonden ausging und offenbar wurde der auch immer heißer. Sie tippte nervös mit dem Stift auf der Tischplatte herum und versuchte sich wohl irgendwie zu konzentrieren, aber schon seit einigen Minuten hatte sie kein einziges Wort mehr zu Papier gebracht.

„Wissen Sie vielleicht nicht weiter? Wo liegt denn das Problem?“ fragte Michiru schmunzelnd nach.
 

»Wo das Problem liegt?! Das fragt sie noch?« Haruka konnte nicht einen klaren Gedanken mehr fassen. Diese Nähe machte sie völlig wahnsinnig. Sie wollte sich nur noch zu ihr umdrehen und sie küssen, … berühren und noch viel mehr. Aber sie hatte einfach zu viel Angst und Zweifel in sich, als dass sie diesem Gefühl nachgeben konnte.

„Ähm, nirgendwo. … Ich …“

Haruka sprang plötzlich von ihrem Stuhl auf, um dieser Nähe zu entkommen und stand jetzt nervös im Raum herum.

„Ich bin irgendwie doch schon ziemlich kaputt. Also, können wir nicht morgen weiter machen? Oder vielleicht, sollte ich den Rest der Aufgaben doch lieber alleine machen. Ich geb‘ sie Ihnen dann, wenn sie fertig sind.“ schnellte Haruka die Worte nur so herunter.
 

Michiru war doch etwas erschrocken darüber, dass ihre Schülerin plötzlich aufsprang. Sie hatte es wohl doch etwas übertrieben. Die Enttäuschung stand ihr voll ins Gesicht geschrieben aber die Sportlerin war viel zu sehr damit beschäftigt den Boden anzustarren, als dass sie das bemerkt hätte. Ein Seufzten konnte sie auch nicht unterdrücken, ehe sie aufstand.

„Ist gut, wie Sie möchten.“ sagte sie traurig und nahm die Zettel in die Hand, die ihre Schülerin auf dem Tisch hatte liegen lassen. Sie reichte sie ihr und diese nahm sie ihr auch schnell ab.

„Danke, also dann bis morgen. Gute Nacht, Sensei.“

Die Blonde hatte es wohl ziemlich eilig, denn sie ließ Michiru gar nicht mehr zu Wort kommen, sondern drehte sich um und verließ das Zimmer. Michiru war völlig deprimiert und wollte nur noch ins Bett. Sie hörte wie die Tür laut ins Schloss viel und verlor keine Sekunde, sich ihrer Kleidung zu entledigen. Sie wollte jetzt nur noch schnell duschen und dann sofort ins Bett. Nur in ihrer Unterwäsche bekleidet, machte sie sich auf den Weg ins Bad.

Tu es einfach!

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Was jetzt?

Am nächsten Morgen wurde Michiru von irgendeinem Klopfen geweckt. Dieses Geräusch konnte sie zunächst absolut nicht einordnen, dafür war sie viel zu müde. Noch dazu hatte sie das Gefühl gerade einen Marathon hinter sich zu haben. Neben ihr bewegte sich auf einmal etwas und gab ein murrendes Geräusch von sich. Das weckte so einige Erinnerungen in ihr auf. Sie öffnete ihre Augen und entdeckte, zu ihrer großen Freude, Haruka, die sich gerade aus dem Bett quälte. Es war also wirklich alles wahr, was gestern geschehen war! Michiru konnte ihr Glück überhaupt nicht fassen. Das war mit Abstand die wundervollste Nacht ihres Lebens. Sie beobachtete wie die Große, immer noch nackt, ums Bett herum ging und aus dem Zimmer gehen wollte. Da war schon wieder dieses Klopfen und so langsam realisierte Michiru woher das Geräusch kam.

„Wer auch immer es ist, ich bring ihn um!“ fluchte die Sportlerin vor sich hin, während sie das Zimmer verließ.

Michiru weitete entsetzt die Augen und sprang sofort aus dem Bett.

„Nein-nein-nein-nein, warte!“ hetzte sie ihr hinterher und bekam sie gerade noch vor der Tür zufassen.

„Bist du verrückt geworden! Hast du vergessen wo du hier bist? Wenn dich jemand sieht - besonders so - war‘s das!“ zischte Michiru sie an.

Offenbar war das blonde Mädchen noch so gar nicht wach, denn sie sah mehr als überrascht aus und blinzelte benommen vor sich hin, ehe sie sich einmal umsah und dann an sich hinab.

„Oh.“ kam es endlich von ihr, als sie ihren Kopf mit einem breiten Grinsen wieder anhob.

„Ooohhh!“

Das fand Michiru wirklich unglaublich süß, aber durch ein weiteres Klopfen an der Tür konnte sie ihrem Verlangen, sie zu küssen, leider nicht nachkommen. Stattdessen schob sie sie in das andere Zimmer zurück und griff nach ihrem Morgenmantel, den sie auch gleich überzog.

„Bleib hier und gib ja kein Ton von dir.“ befahl sie der Größeren.

Sie ging aus dem Zimmer und zog vorsichtshalber noch die Tür hinter sich zu. Allerdings entdeckte sie auf dem Fußboden noch das ein oder andere Kleidungsstück, was wohl auch besser noch verschwinden sollte. Zudem lagen auch noch einige Zettel dort verstreut, die Haruka wohl gestern hatte fallen lassen. Mitbekommen hatte sie jedenfalls nichts davon. An die Knöpfe auf dem Boden, konnte sie sich allerdings schon noch erinnern. Schnell kramte sie die Zettel zusammen, legte sie auf eine Kommode und hob dann die zwei Kleidungsstücke auf. Sie öffnete noch einmal die Tür zum Schlafzimmer und warf sie hinein, wo Haruka sie, etwas irritiert und reaktionslahm, auffing. Mit einem Grinsen zog Michiru die Tür erneut hinter sich zu und ging dann zur anderen Tür, an der es die ganze Zeit über weiter geklopft hatte und allmählich mehr einem hämmern glitt. Sie riss sie auf und augenblicklich war ihre gute Laune verflogen. Mit finsterer Miene blickte sie den großen Mann ihr gegenüber an.

„Einen schönen guten Morgen, Kaioh-sensei. Ich hab Sie doch nicht etwa geweckt, oder?“

„Doch, haben Sie!“ antwortete sie Kohara ziemlich bissig.

„Na, da haben Sie aber Glück. Schließlich ist es schon fast Acht. Beeilen Sie sich lieber. Ich werde hier auf Sie warte, dann könne wir gemeinsam runtergehen.“

„Danke, aber das ist nicht nötig. Ich finde schon selbst den Weg nach unten. Also sehen wir uns dort.“

Mit einem böswilligen Lächeln haute sie ihm die Tür vor der Nase zu und hoffte wirklich, dass er ging.

„Und? Wer war es?“ fragte Haruka, die immer noch mit den Klamotten auf dem Arm an genau derselben Stelle stand an der Michiru sie zurückgelassen hatte.

„Nur ein aufdringlicher Geschichtslehrer.“

„Kohara! Kann der sich nicht mal ein anderes Hobby zulegen?“

„Hhmm, stört es dich etwa?“

Eigentlich hätte sie das gar nicht fragen müssen, es war der Blonden deutlich anzusehen.

„Natürlich stört es mich. Der Kerl ist ein riesen Arsch, der seit Jahren nichts Besseres zu tun hat, als mir das Leben schwer zu machen!“

„Also im Moment, macht er ja wohl eher mir das Leben schwer.“

„Was automatisch wieder auf mich zurückfällt. Oder hast sein Fragequiz der letzten Tage schon vergessen?“

„Nein, natürlich nicht. Und bevor er uns das Leben noch schwerer macht, solltest du lieber hier verschwinden. Am besten wir gehen im großen Abstand voneinander nach unten.“

„Okay, dann geh ich rüber, zieh mir was anderes an und mach mich schnell nach unten. Du kannst dir dann ja noch etwas Zeit lassen und Duschen, was du, wie ich annehme, noch gerne tun würdest.“ grinste Haruka und zog sich schon mal ihr Hemd über.

„Wie zuvorkommend von dir. Aber vorher sollten wir prüfen, ob Kohara auch wirklich gegangen ist. Er hatte nämlich vor auf mich zu warten.“

„Dann sieh du nach. Ich zieh mich schon mal an.“

Damit ging die Blonde zum Bett und sammelte ihre Sachen zusammen. Das fand Michiru äußerst schade. Sie hätte sie wirklich gerne noch ein wenig länger betrachtet. Hoffentlich war es nicht das letzte Mal gewesen. Etwas niedergeschlagen ging sie in den Vorraum zurück und sah erst mal vorsichtig durch den Türspion. Sie konnte nichts erkennen, also war er wohl gegangen. Zur Sicherheit spähte sie aber auch noch mit dem Kopf auf den Flur hinaus.

„Na, is er weg?“

„Oh Gott!“ erschrocken drehte sich Michiru um und sah in das lachende Gesicht der Sportlerin, die sich von hinten an sie ran geschlichen hatte.

„Haruka!“

„Ja?“

„Das ist nicht witzig! Er hätte noch da sein können!“

Wirklich sauer konnte Michiru aber nicht sein, dafür sah ihr Gegenüber einfach viel zu fröhlich aus. Noch dazu stand ihr Hemd immer noch halb offen, da sie es ja nicht mehr ganz zu knöpfen konnte.

„Da du dich soweit nach draußen gelehnt hattest, nahm ich an, dass dies unmöglich sein konnte. Noch dazu sah der Anblick wirklich reizvoll aus.“

„Werd ja nicht frech. Sonst fürchte ich, ich muss dich neben der Nachhilfe auch noch Nachsitzen lassen.“

„Also, wenn die so aus sieht wie die Nachhilfe von gestern, hab ich nichts dagegen, Sensei.“

Damit ging die Blonde grinsend an ihr vorbei in den Flur, drehte sich allerdings noch einmal um und beugte sich zu ihr hinunter.

„Das war mein ernst. Ich hoffe wirklich auf eine Wiederholung der letzten Nacht. … Wenn du es auch möchtest?“

Michiru lief es heiß und kalt den Rücken hinunter bei dieser sinnlichen Stimme und sie konnte nicht verhindern ein wenig rot zu werden.

„S… sehr gern sogar.“ antwortete sie schließlich etwas schüchtern.
 

Haruka war wirklich erleichtert. Es hatte sie doch etwas Überwindung gekostet sie das noch zu fragen. Noch dazu war es das erste Mal, dass sie dies einem Mädchen anbot. Eigentlich war es eine Grundsatzregel von ihr: "Gehe niemals zweimal mit demselben Mädchen ins Bett, das führt nur zu Problemen!" Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie sich auch wirklich immer daran gehalten hatte, da sie die Mädchen ziemlich schnell wieder vergaß, aber wenn sie konnte, beließ sie es bei dem einen Mal. Jetzt allerdings konnte sie es gar nicht erwarten die Türkishaarige wieder unter oder ihretwegen auch auf sich zu spüren. Und dass die Anderer es offenbar auch wollte, machte sie überglücklich. Sie sah einmal kurz nach rechts und links, um sicher zu sein, dass der Flur auch immer noch leer war, dann kam sie auch noch die letzten Zentimeter auf Michiru zu und küsste sie. Es war nur ein kurzer, aber leidenschaftlicher Kuss und er reichte vollkommen aus, um ihr ein wohliges Kribbeln im Bauch zu verpassen.

„Dann bis gleich, Sensei.“ hauchte sie ihr noch entgegen, bevor sie sich zu ihrer Zimmertür aufmachte.

„Ich dachte, wir hätten uns inzwischen auf eine andere Anrede geeinigt.“ hörte sie noch hinter sich herrufen.

„Die kann ich aber schlecht vor den anderen verwenden, oder? Und ich dachte, ich gewöhn mich schon mal wieder dran, sonst verspreche ich mich eventuell noch.“

Eigentlich machte es Haruka nur wahnsinnigen Spaß sie damit zu ärgern und der Blick ihrer Lehrerin verriet ihr, dass sie das auch genau wusste. Sie ignorierte ihn aber und ging immer noch grinsend auf ihr Zimmer. Dort angekommen ließ sie sich erst mal Rücklinks aufs Bett fallen. Das alles kam ihr vor wie ein Traum, ein wirklich wunderschöner Traum, aber irgendwie auch nicht ganz real. Aber egal was es war, es sollte nie wieder enden. Voller Vorfreude sie gleich wiederzusehen, sprang sie vom Bett und suchte sich aus ihrer Tasche neue Klamotten raus. Nachdem sie sich im Bad etwas frisch gemacht hatte, machte sie sich schnell auf den Weg nach unten. Das breite Grinsen wollte ihr einfach nicht mehr vom Gesicht weichen und so erhielt sie doch einen ziemlich skeptischen Blick von Takuya, als sie ihn mit einem über freundlichen "Guten Morgen" begrüßte und sich zu ihm an den Tisch setzte.

„Was ist denn mit dir passiert?“

„Gar nichts. Wieso?“

„Du bist viel zu gut drauf für "gar nichts". Also sag schon.“

„Es ist wirklich nichts. Ich hab einfach nur gut geschlafen.“

Der Junge konnte sich ruhig noch eine Weile den Kopf darüber zerbrechen. Das war praktisch die Rache dafür, dass er sie gestern im Stich gelassen hatte. Außerdem hatte sie Michiru ja versprochen es niemandem zu sagen.

„Das ist doch Blödsinn. Wenn du früh aufstehen musst, bist du nie gut drauf, von daher hast du wohl kaum die letzte Nacht alleine verbracht, was?“

Haruka zuckte nur mit den Schultern und beschäftigte sich weiter mit ihren Brötchen.

„Du bist doch nicht wirklich mit diesen Mädchen aufs Zimmer gegangen, oder?! Alter, wenn du wirklich was von Kaioh-sensei willst dann…“

„Reg dich ab, okay! Ich hab keine von ihnen angefasst. Warum denken das nur alle? Ist es wirklich so schwer vorstellbar, dass ich auch mal enthaltsam sein kann?“ regte Haruka sich auf.

„Äh… ja.“

„Tja, es ist aber so!“

„Ich glaub dir ja, es erklärt aber nicht, warum du so gut drauf bist. … Im Gegenteil.“ fügte er noch nachdenklich hinzu.

„Dein Pech!“

Jetzt hatte Haruka noch weniger Lust ihm von der Sache zu erzählen. »Soll er doch selbst darauf kommen, wenn er es unbedingt wissen will.« Ihre Aufmerksamkeit wurde auch gerade auf die türkishaarige Schönheit umgelenkt, die gerade den Saal betrat. Ihre Blicke trafen sich und beide mussten augenblicklich lächeln. Schmunzelnd beobachtete Haruka wie ihre Lehrerin versuchte ihr Gesicht in eine neutrale Stimmung umzuwandeln und zum Buffet herüberging.

„Aaahh, das erklärt doch einiges.“

„Was?“

Irritiert sah Haruka wieder Takuya an, den sie für einen Moment völlig vergessen hatte.

„Sag schon, was hast du angestellt?“

„Ich weiß nicht was du meinst.“

„Leugnen ist zwecklos, ich hab dein Blick gesehen und sie schien dich auch nicht gerade zu ignorieren.“

„Mir ist nichts aufgefallen.“ tat sie unschuldig.

„Ach, jetzt komm schon. Ich sag‘s auch niemandem. … Bitte.“

Er klimperte sie geradezu mit seinen roten Augen an, was Haruka irgendwie komisch fand.

„Du bist schlimmer als ‘n Mädchen, weißt du das? … Also schön, ich sag‘s dir. Aber du darfst es wirklich niemandem sagen, das musste ich ihr versprechen.“

Der schwarzhaarige Junge nickte heftig und sah sie erwartend an.

„Ich … hab die letzte Nacht … auf ihrem Zimmer verbracht.“

„Was? Du meinst …?“ fragte er geschockt.

„Ich meine!“

Takuya brauchte einen Moment um das zu verarbeiten, ehe er weiter sprechen konnte.

„Wie hast du das denn jetzt hingekriegt? … Oder nein, warte! Ich wette, sie hat den ersten Schritt gemacht, oder?“

„Na, vielen Dank für dein Vertrauen. … Aber eigentlich hast du recht.“

„Wusste ich ‘s doch. Aber wie ist es denn nun dazu gekommen?“ fragte er aufgeregt.

„Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich bin zu ihr gegangen, mit dem Vorwand mit ihr meine Japanisch Aufgaben zu machen und zu meiner Verwunderung hat sie mich sogar reingelassen. Sie is mir dabei aber dermaßen nahe gekommen, dass ich mich absolut nicht darauf konzentrieren konnte und nur noch da raus wollte. Bin aber nicht sehr weit gekommen, weil im Flur auf einmal wieder diese Mädchen aufgekreuzt sind und ich zurück uns Zimmer geeilt bin. Und dann stand diese Frau auf einmal halbnackt vor mir! Ich dachte echt ich dreh durch. … Nachdem ich diese Mädchen noch kurz vertrieben hatte wollte ich eigentlich wieder gehen aber sie hat mich aufgehalten. Sie hat mich praktisch angefleht sie zu küssen, was ich dann auch getan hab und dann … na ja, du weißt schon.“

„Ich kann’s mir denken. … Wow! … Und? Wie war’s?“

„Du willst jetzt keine Details wissen, oder?“ fragte Haruka ihn entsetzt.

„Natürlich nicht. Aber so wie du drauf bist hat‘s dir doch offenbar gefallen, oder?“

„Na, und wie! Die Frau ist der absolute Hammer! Das war mit Abstand der beste Sex meines Lebens.“

„Okay, das war schon mehr als ich wissen wollte. … Und jetzt?“

„Wie? Und jetzt?“

„Na, wie geht‘s jetzt weiter? War das ‘ne einmalige Sache für sie oder empfindet sie mehr für dich? Und hast du ihr gesagt, was du für sie empfindest?“

„Natürlich hab ich ihr nicht gesagt was ich für sie empfinde und nein, ich hab keine Ahnung was sie für mich empfindet. Allerdings hat sie auf meine Frage hin, ob sich das wiederholen ließe, sehr gerne geantwortet. Einmalig war es also nicht.“ strahlte sie vor sich hin.

„Das ist wenigstens schon mal ein Anfang.“ seufzte Takuya.

„Hey, das war gar nicht so einfach, klar! Ich krieg schon noch raus was sie von mir will. Kann sie ja schlecht einfach direkt danach fragen.“

„Wieso nicht?“ fragte er fast verzweifelt.

Haruka sah ihn ungläubig an. War das sein ernst?

„Sie würde mir doch niemals ehrlich antworten, wenn sie es wirklich tun sollte. Und wenn doch und sie einfach nur ‘n bisschen Spaß haben will, will ich das überhaupt nicht wissen.“

„Das würdest du zwangsläufig aber sowieso irgendwann. Und wäre es nicht besser es jetzt zu erfahren als wenn sich deine Gefühle noch mehr verstärken? Glaub mir, dann tut es nur noch mehr weh. Außerdem glaub ich nicht, dass sie nur Spaß haben will. Sie scheint mir nicht der Typ, der wahllos mit Leuten schläft. Besonders nicht mit ‘ner Schülerin. Dafür hat sie viel zu viel zu verlieren.“

Darauf wusste Haruka nichts mehr zu antworten. Das Michiru nicht der Typ für schnelle Nummern war, hatte sie ja gestern erst erfahren. War es also wirklich möglich, dass sie mehr für sie empfand? Dieser Gedanke machte sie wirklich überglücklich, aber auch ein wenig nervös. Sie schüttelte kurz heftig mit dem Kopf um diesen Gedanken schnell wieder aus ihrem Kopf zu vertreiben. Bevor sie nichts Genaueres wusste, wollte sie sich lieber nicht verrückt machen, in keiner Weise. Schweigend aß sie ihr Frühstück zu ende, bis es von Hirai, dem Japanisch Lehrer für beendet erklärt wurde und sich alle Schüler in der Lobby versammeln sollten.
 

Michiru hatte es gerade noch geschafft den letzten bissen ihres Brötchens hinunter zu schlucken, als Hirai sich erhob. Sollte sie es schaffen auch die nächste Nacht mit ihrer Schülerin verbringen zu können, musste sie sich unbedingt einen Wecker stellen. … Gott, allein der Gedanke daran erregte sie schon wieder. Unweigerlich sah sie zu Haruka hinüber, die zusammen mit ihrem Freund gerade den Saal verließ. »Hhmm, ob sie ihm von uns erzählt hat?« fragte sie sich, da der Junge gerade ziemlich wissentlich zu ihr hinsah. Augenblicklich überfiel sie Panik. Wem würde sie wohl noch alles davon erzählen? »Und dabei hat sie mir verspochen es niemandem zu sagen! War das etwa gelogen? … Verdammt! Was mach ich denn jetzt?«

„Kaioh-sensei, kommen Sie jetzt?“ wurde sie von ihrer Kollegin aus den Gedanken gerissen.

„Oh, ja natürlich.“

Schnell stand sie auf und folgte den anderen in die Lobby. Der Gedanke wollte aber einfach nicht aus ihrem Kopf verschwinden. In der großen Halle angekommen suchte sie erneut den Blick der blonden Sportlerin auf und als sie ihn endlich fand, schenkte diese ihr sofort wieder ein Lächeln. Das beruhigte Michiru augenblicklich. »Was denk ich da überhaupt? Warum sollte sie es jemandem sagen, wenn sie vorhin noch gesagt hat, dass sie es wiederholen möchte? Noch dazu, würde ihr das nur selbst schaden.« Trotzdem war sie sich sicher, dass der Junge irgendetwas wusste. Vielleicht hatte er es ja auch von alleine rausbekommen. Oder Haruka vertraute ihm und hat es ihm erzählt, weil sie wusste, dass er es niemandem verraten würde. Egal was es auch war, sie würde es auf jeden Fall herausbekommen. Jetzt musste sie aber erst mal ihre Aufmerksamkeit nach vorne richten, denn Kohara setzte sich gerade mit der Klasse in Bewegung und da musste sie natürlich auch mit. Sie besuchten heute wieder einige Sehenswürdigkeiten der Stadt, womit der Tag auch nicht sehr viel anders aussah als die Letzten. Anders als Gestern konnte Michiru den Ausflug aber heute wieder richtig genießen. Offenbar hatte Harukas Ausraster seine Wirkung gezeigt, denn die anderen Mädchen hielten immer einen gewissen Abstand zu ihr, was auch der zu gefallen schien. Gedanken darüber, ob sie vor hatte ihr Geheimnis zu verraten, machte Michiru sich nicht mehr. Sie wollte zwar immer noch wissen wie viel der schwarzhaarige Junge wusste aber selbst wenn sie es ihm erzählt hatte, war es wohl nicht um ihr zu schaden. Dafür waren die ständigen Blicke einfach viel zu offensichtlich, die sie von der Blonden bei jeder Gelegenheit bekam. Natürlich erwiderte sie die, allerdings versuchte sie dabei darauf zu achten, dass es auch ja keiner mitbekam, was gar nicht so einfach war, denn der Geschichtslehrer hatte immer noch nicht aufgegeben. Er versuchte wieder Haruka mit seinen Fragen aus der Reserve zu locken aber die war heute so gut drauf, dass sie ihm mit Freuden auf jeder seiner Fragen eine Antwort gab. Nicht nur das, sie hätte glatt den gesamten Vortrag alleine halten können. Das brachte Kohara natürlich derart auf die Palme, dass er irgendwann komplett die Beherrschung verlor, sie ziemlich laut anschrie und dann für den Rest des Tages in Ruhe ließ. Michiru hatte sich wirklich zusammen reißen müssen darüber nicht zu lachen, vor allem, weil die Blonde sie dabei auch immer noch schief angrinste. Sie selbst schaffte es eigentlich ganz gut dem Kerl aus dem Weg zu gehen. Ein paarmal quatschte er sie zwar an aber da er ja die Gruppe führen musste, war sie ihn schnell wieder losgeworden. Alles im allen war es also ein spannender, aufregender und lustiger Tag gewesen. Trotzdem freute sich Michiru als es endlich zurück ins Hotel ging und fragte sich wie der Abend wohl noch ausgehen würde.
 

Haruka war auch froh als es endlich zurückging, obwohl sie den Ausflug auch ganz witzig gefunden hatte. Da sie jetzt die hundertprozentige Gewissheit hatte, dass Michiru niemals etwas von diesem Geschichtslehrer wollen würde und sie selbst ja schon eine Nacht mit ihr genießen durfte, konnte rein gar nichts ihre Stimmung vermiesen. Zudem hatte sie auch noch die Hoffnung in sich schon die kommende Nacht wieder mit der Türkishaarigen verbringen zu können. Dass ihre Blicke jedes Mal mit einem zaghaften Lächeln erwidert wurden verstärkten diese auch noch. Im Hotel angekommen musste sie jetzt nur noch das Abendessen hinter sich bringen. Sie hatte zwar Hunger aber sie hätte glatt darauf verzichtet, wenn sie dadurch schneller zu ihrer Lehrerin gekommen wär. Um aber doch noch etwas Zeit zu gewinnen schlang sie ihr essen förmlich hinunter und erntete dafür einen ziemlich skeptischen Blick von Takuya.

„Ich glaub ja nicht, dass es dir etwas bringt, wenn du schneller isst.“ sprach er dann auch seine Gedanken aus.

Haruka hatte den Mund viel zu voll um ihm antworten zu können und sah ihn deswegen einfach nur finster an.

„Ich mein ja nur. Schließlich muss du auch warten, bis sie aufgegessen hat und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie genauso schlingt wie du.“

Eigentlich hatte er ja Recht und ein kurzer Blick zum Lehrertisch zeigte der Sportlerin, dass die Türkishaarige in aller Seelenruhe ihr Essen aß. Ein bisschen deprimierte sie das schon aber sie konnte wohl nicht erwarten, dass die Andere es genauso eilig hatte wie sie. Sie schluckte erst mal ihr Essen runter und sah dann wieder Takuya an.

„Ja, du hast Recht. Aber ich will eben so schnell wie möglich wieder zu ihr.“

„Weist du denn schon wie du das anstellen willst?“

„Ähm, … ich klopf einfach an ihre Tür.“

Das klang fast schon wie eine Frage.

„Und was willst du ihr sagen?“

„Ich denke sie wird schon wissen warum ich zu ihr komme, also werd ich mir darüber keine Gedanken machen.“

„Aha, und wenn sie dich nicht rein lässt?“

„Warum sollte sie nicht? Sie hat doch schließlich gesagt, dass sie es widerholen möchte.“

„Und du glaubst, sie hat damit gleich die nächste Nacht gemeint? Eventuell sogar jede Nacht?“

„Keine Ahnung. Meinst du es wäre zu aufdringlich jetzt schon wieder bei ihr aufzutauchen?“ wurde Haruka auf einmal unsicher.

„Das musst du doch wissen. Du hast schließlich die Nacht mit ihr verbracht. Aber ich finde, du solltest erst mal mit ihr darüber reden und rausfinden wo das Ganze überhaupt hinführen soll.“

„Kann ich‘s nicht erst mal noch ‘n bisschen genießen?“

„Du kannst tun was du willst. Aber ich halte das für keine gute Idee. Ich weiß zwar nicht, was sie für dich empfindet aber wenn du jetzt zu ihr gehst und auch die nächsten Nächte, wird sie dann nicht denken, dass du nichts weiter als Sex von ihr willst? Besonders bei dem Ruf den du hast. Sollte sie also wirklich in dich verliebt sein, tust du ihr damit nur weh.“

Haruka weitete ihre Augen und sah ihn ziemlich entgeistert an. »Verliebt? Glaubt er wirklich sie könnte sich in mich verliebt haben?« Dieser Gedanke löste ein ziemlich heftiges Kribbeln in ihr aus und brachte sogar ihr Herz zum schneller schlagen. Ihre Augen wanderten automatisch wieder zu der Türkishaarigen herüber, die immer noch am essen war und sich mit einer anderen Lehrerin unterhielt.

„Aber was, wenn sie genau das will? … Sex, meine ich.“ fragte sie etwas abwesend, weil sie sich einfach nicht vorstellen konnte, dass diese Frau sich ausgerechnet in sie verliebt haben sollte, auch wenn sie es sich mehr als alles andere wünschte.

„Tja, dann wird sie dich wohl abservieren wenn du ihr von deinen Gefühlen erzählst.“

„Na, toll! Das ist nicht gerade ermutigend!“

„Tut mir ja leid, aber da kann ich auch nichts dran ändern.“

Von Haruka kam ein genervtes aber auch deprimiertes stöhnen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und warf sich in den Stuhl zurück.

„Wenn‘s dich beruhigt, ich glaube wirklich, dass sie sich in dich verliebt hat.“

Damit erlangte der Kerl wieder sämtlich Aufmerksamkeit der Blonden.

„Ach, ja? Und wie kommst du darauf?“

„Ich hab Augen im Kopf, Haruka. Ich hab euch zwei heute ‘n bisschen beobachtet und, obwohl sie versucht hat es zu verbergen, war die Art, wie sie dich angesehen hat doch mehr als offensichtlich.“

„Ich hab sie den ganzen Tag über angesehen und mir is nix aufgefallen.“ erwiderte sie skeptisch.

„Weil du selbst total verliebt geguckt hast.“

„Hab ich nicht.“

„Und wie du das hast.“

Jetzt schmollte Haruka wieder und sah ihn böse an. Im Grunde wusste sie, dass er Recht hatte, wollte es sich aber selbst nicht eingestehen.

„Ach komm, ist doch nicht so schlimm. Ich glaub auch nicht, dass es jemand außer mir bemerkt hat.“

„Wär ja auch noch schöner. … Und ich schwör dir, wenn du es jemandem sagst, bist du tot!“

„Ich werd ‘s niemanden sagen, Haruka. Dein, beziehungsweise euer Geheimnis ist bei sicher, versprochen.“

„Na gut. … Ich werd dann jetzt nach oben verschwinden.“ fügte sie nach einiger Zeit hinzu und stand auf.

„Wirst du zu ihr gehen?“

„Weiß ich noch nicht.“

„Tu es und red mit ihr. Das rat ich dir jedenfalls.“

Haruka antwortete nicht mehr darauf, sondern ging einfach. Vorhin hatte sie es überhaupt nicht abwarten können zu ihrer Lehrerin zu kommen und schwebte praktisch auf Wolke sieben und jetzt, jetzt war sie vollkommen verunsichert. Sie hatte keine Ahnung, ob sie zu Michiru gehen sollte oder nicht. Fürs erste schlug sie aber den Weg zu ihrem eigenen Zimmer ein. Die Türkishaarige war ja sowieso noch beim Essen, also konnte sie ja noch ein wenig darüber nachdenken. Dazu legte sie sich rücklings auf ihr Bett und starrte die Decke an. Vorher hatte sie aber noch die kleine Balkontür aufgemacht und bekam dadurch den warmen Wind von draußen ins Gesicht geweht, der sie auch gleich etwas beruhigte.
 

Michiru wurde langsam ungeduldig. Sie hatte aus Langeweile und, um die Zeit schneller rumzukriegen, ein Gespräch mit ihrer Kollegin angefangen und kam jetzt einfach nicht mehr davon los. Hätte sie geahnt, dass diese Frau so weit ausholen würde und sich auch noch die anderen Lehrer ins Gespräch mischen würden, hätte sie es gelassen. Es war jetzt schon eine Viertelstunde her, seitdem die Blonde den Saal verlassen hatte und eigentlich wollte sie sofort hinterher, war sich aber auch nicht ganz sicher darüber, ob sie es sollte. Sie wollte zwar um jeden Preis noch eine, … nein eigentlich jede Nacht mit ihr verbringen aber sie hatte schon ein bisschen Angst davor, dass die Blonde irgendwann genug von ihr hatte. Vielleicht sollte sie sich ihr nicht ganz so leicht anbieten, damit das Ganze auch noch länger anhielt. … Aber sie konnte einfach nicht mehr länger warten! Sie wollte sie, jetzt! Eigentlich wollte sie sich gerade mit dem nächsten Satz verabschieden, aber da ergriff einer der Lehrer am Tisch das Wort und sprach den älteren Japanisch Lehrer an.

„Ähm, Hirai-sensei? Ich sehe gerade, dass die ersten Schüler schon gehen, wollten Sie nicht noch eine Ankündigung machen?“

„Oh, ja richtig. Das hätte ich fast vergessen. Danke, dass sie mich daran erinnern.“

Der Mann erhob sich von seinem Stuhl und räusperte sich erst mal.

„Darf ich noch mal kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten? … Bevor Sie nun alle Ihrer Wege gehen, möchte ich Sie über den Morgigen Tagesablauf informieren. Da Morgen unser letzter Tag hier ist und wir auch schon Morgenabend Abreisen werden … haben Sie morgen frei.“

Ein jubeln ging durch die Schülerschaft und es dauerte einige Zeit, bis der Lehrer weiterreden konnte.

„Ja. … Sie dürfen sich den Tag also so gestalten, wie Sie möchten, aber wenn sie einen Ausflug durch die Stadt planen, bitte ich Sie, sich bei einem von uns Lehrern abzumelden, damit wir wissen, wo in etwa Sie sich befinden. Zum gemeinsamen Abendessen haben sie dann aber alle wieder zu erscheinen. Dort werden Sie dann auch noch einige Informationen über die Rückreise erhalten. Bedenken Sie aber, dass sie sich auch noch Zeit nehmen, um ihre Sachen wieder einzupacken. … Und nun wünsch ich Ihn Allen noch einen netten Abend.“

Damit setzte sich der Mann wieder und der Raum füllte sich allmählich wieder mit Stimmengewirr. Michiru freute sich gerade wahnsinnig. Sie hatte schon völlig vergessen, dass Morgen frei war. Nicht nur für die Schüler, sondern auch für sie und die anderen Lehrer. Nun schaffte sie es auch endlich sich von den anderen zu verabschieden und ging nach oben. Auch von Kohara ließ sie sich nicht aufhalten, der noch einmal versuchte sie in ein Gespräch zu verwickeln. Er bat ihr sogar an mit ihm den morgigen Tag zu verbringen. Natürlich lehnte sie dankend ab und ließ ihn, dumm aus der Wäsche guckend, sitzen.

Etwas anders als geplant

Endlich hatte Michiru den Speisesaal verlassen und fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben. Sie stand ganz alleine dort drinnen und zerbrach sich den Kopf darüber, ob sie zu Haruka gehen sollte oder nicht. Ob die Blonde vielleicht schon auf sie wartete? … Oder schlief sie eventuell schon? … Möglicherweise ist sie auch gar nicht auf ihrem Zimmer. Was wenn sie …?

Zum Glück ging gerade in diesem Moment die Fahrstuhltür mit einem lauten "Pling" auf und unterbrach sie in ihrem Gedankengang. Sie schüttelte einmal kurz mit dem Kopf und betrat den Gang. Vor ihrer Zimmertür blieb sie natürlich wieder stehen, den Blick auf die darauffolgende Tür gerichtet. »Soll ich, oder soll ich nicht? … Ach verdammt! Warum muss das alles nur so furchtbar kompliziert sein?!« Sie sah einmal den Flur in beide Richtungen hinunter, ballte ihre Hände zu Fäusten, nahm all ihren Mut zusammen, indem sie noch mal tief durchatmete und steuerte dann geradewegs die Tür ihrer Schülerin an. Ohne noch mal groß darüber nachzudenken klopfte sie an. Augenblicklich wurde sie wieder total nervös und wartete fast zitternd darauf, was geschehen würde.
 

Haruka zuckte erst mal zusammen, als es an ihrer Tür klopfte. »Wer is das denn jetzt? Hoffentlich nicht schon wieder diese Mädchen! … Nein, warte. Die wissen doch gar nicht wo mein Zimmer ist.« Sie kniff die Augen zusammen und ging skeptisch zur Tür hinüber. Ein Blick durch den Türspion ließ ihre Augen aber plötzlich wieder ganz groß werden. »Oh mein Gott! SIE kommt zu MIR!« Haruka freute sich so dermaßen darüber, dass sie einfach die Tür öffnete. Sie musste wirklich noch einige Male blinzeln, ehe sie sich wirklich sicher war nicht zu träumen.

„Hi.“ kam es etwas schüchtern von der Türkishaarigen.

„Äh, hi.“

Haruka war immer noch ein bisschen überwältigt von dem Anblick. So wie Michiru da stand, kam sie ihr fast wie ein kleines, süßes, unschuldiges Schulmädchen vor, mit sogar leicht geröteten Wangen. Dass das wirklich dieselbe Person sein sollte, die sie am Anfang noch so furchteinflößend fand, konnte sie im Moment so gar nicht nachvollziehen.

„Darf ich … vielleicht reinkommen?“

Auf diese Frage hin konnte die Blonde einfach nur grinsen und trat ein wenig von der Tür weg.

„Aber immer doch.“

Ein Lächeln bildete sich auch auf dem Gesicht der Kleineren und sie ging an ihr vorbei ins Zimmer. Dort angekommen bekam die aber erst mal ‘nen Schock.

„Wow. Von Ordnung scheinst du nicht sehr viel zu halten.“

Etwas irritiert schloss Haruka die Tür und drehte sich zu ihr um, womit sie dann auch gleich kapierte was Michiru gemeint hatte. Ihr Zimmer sah aus wie ein Schlachtfeld. Sie hatte ja die letzten Tage ihre Klamotten immer nur aus der Tasche herausgekramt und wild durch die Gegend geworfen. Das war ihr jetzt doch ziemlich peinlich.

„Oh! … Ähm, … weißt du, ich … ich … warte, ich werd schnell…“
 

Wie Haruka da versuchte sich zu erklären und gerade anfangen wollte ein paar der Sachen verschwinden zu lassen, konnte Michiru einfach nur süß finden. Obwohl sie Unordnung eigentlich überhaupt nicht leiden konnte und dieses Chaos liebend gern beseitigt hätte, ignorierte sie es jetzt einfach mal. Sie unterbrach das Getue der Blonden, indem sie zu ihr herum schwang, ihre Hände in ihren Nacken legte und sie zu sich hinunter zog. Es war nicht mal besonders viel Kraft dafür nötig. Ihre Lippen berührten sich und verschmolzen in einem zärtlichen Kuss. Dieser löste in Michirus ganzen Körper ein heftiges Kribbeln aus, der seinen Ursprung in ihrem Bauch zu haben schien. Außerdem wurden ihre Knie ganz weich. Zu ihrem Glück wurde sie aber von zwei starken Armen gehalten, die sie noch enger an sie heran drückten. Der Kuss dauerte schon ein paar Minuten, ehe sie sich voneinander lösten.

„Ich nehme mal an, das Bedeutet, es stört dich nicht.“ wurde sie von der Großen frech angegrinst.

„Jetzt gerade nicht. Aber im Prinzip schon.“

„Ich schwöre dir, normalerweise bin ich nicht so unordentlich. Ich hab nur einfach keinen Sinn darin gesehen meine Tasche auszupacken, da ich eh in ein paar Tagen wieder Abreisen würde. Naja, und beim Suchen ist dann eben einfach alles irgendwie irgendwo gelandet.“

„Willst du damit etwa behaupten, bei dir zu Hause würde es anders aussehen? Das kann ich mir nur schwer vorstellen.“

„Es stimmt aber. Ich gebe zu, meistens bin ich zu faul zum Aufräumen aber ich versuch wenigstens die Wohnung so sauber zu halten, dass man sie noch betreten kann.“ meinte sie sarkastisch.

„Aha.“

Michiru war immer noch skeptisch. Ihrer Meinung nach, würde es zu der Blonden passen, in einem Chaos zu leben.

„Vielleicht kannst du dich ja irgendwann mal selbst davon überzeugen, wie ordentlich es bei mir ist.“

Noch bevor Michiru richtig realisieren konnte welche Bedeutung diese Worte hatten, spürte sie auch schon wieder die Lippen der Großen auf den ihren. Das half ihr jetzt auch nicht gerade darüber nachzudenken, ob das nun wirklich eine Einladung zu ihr nach Hause gewesen war. Dann wanderten auch noch die Hände in ihrem Rücken zu ihrem Po und verstärkten dort ihren Griff. Damit war denken nun wirklich keine Option mehr und sie zog sich noch etwas mehr zu der Blonden hinauf, um den Kuss noch intensiver werden zu lassen. Schon bald hatte sie mit ihrer Zunge auch den Weg in Harukas Mund gefunden. Die Zwei wurde immer verlangender mit ihrem Tun und plötzlich wurde Michiru nach oben gehoben. Sie war doch ziemlich überrascht, schaffte es aber nicht aufzuschreien und den Kuss nicht zu unterbrechen. Ihre Beine wanderten fast automatisch um den Körper der Sportlerin, um sich an ihr festzuklammern. Das brauchte sie aber gar nicht lange tun, denn bis zum Bett waren es nur zwei Schritte für die Große und dort wurde sie so gleich sanft abgelegt. Leider wurde dadurch der Kuss zwangläufig unterbrochen, aber Haruka folgte ihr gleich und legte sich somit auf sie. Michiru konnte sich dabei ein Grinsen nicht verkneifen.

„Was?“ wurde sie dann auch gleich auffordernd gefragt.

„Da hat es aber jemand sehr eilig.“

„Hey, du hast angefangen. Und deswegen bist du doch hergekommen, oder nicht? Ich tu nur, was meine Lehrerin von mir verlangt.“

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dies von dir verlangt zu haben. Außerdem, seit wann tust du was man dir sagt?“

„Also auf dich hör ich doch immer.“

Michiru hob eine Augenbraue an und sah sie ungläubig an.

„Hast du vergessen, dass ich dich zu dieser Nachhilfe zwingen musste? Du hast mich angeschrien.“ fügte sie empört hinzu.

„Oh, stimmt ja. … Aber doch nur, weil du mir meine Pause mit Hotaru weggenommen hast und außerdem …“

„Außerdem?“ fragte Michiru nach, weil Haruka plötzlich verstummte.

„Außerdem … hatte ich Angst vor dir.“

„Was? Du hattest … Wieso?“

Das konnte sie nun überhaupt nicht glauben, schließlich war die Andere viel größer, stärker, hatte viel mehr Geld und auch noch mehr Einfluss als sie. Wovor also hätte sie Angst haben sollen?

„Vielleicht ist es dir nicht aufgefallen aber du hast mich am Anfang so angesehen, als würdest du mich umbringen wollen. Erst als du mit der Nachhilfe ankamst, hat sich dein Verhalten mir gegenüber plötzlich geändert, wofür ich jetzt übrigens gerne mal den Grund erfahren würde.“

„Meine Blicke haben dir wirklich Angst eingejagt? Das tut mir leid, auch wie ich dich behandelt habe. Das war nicht gerade fair von mir. Aber du hast mich eben ziemlich aus der Fassung gebracht.“

„Wie meinst du das? In wie fern hab ich dich denn aus der Fassung gebracht?“

„Naja, ich fand dich schon von der ersten Sekunde an ziemlich anziehend. Allerdings hab ich dich auch für einen Mann gehalten und darum konnte ich diese Gefühle nicht verstehen, was mich ziemlich fertig gemacht hat.“
 

Haruka hatte zunächst einmal nur dieses "Anziehend" im Kopf. Was genau sollte das denn jetzt bedeuten? Und was wohl noch für Gefühle? … Dann drang aber auch doch noch der gesamte Inhalt zu ihr durch und das brachte sie fast zum Lachen.

„Und ich dachte, ich hätte nie eine Chance bei dir eben, weil ich kein Mann bin. … Heißt das denn, dass du es an dem Tag, wo du mich zur Nachhilfe gezwungen hast herausgefunden hast? Wenn ja, wie?“

„Ja, das war an dem Tag. Um genau zu sein direkt vor der Stunde. Ich hatte mich mit einer anderen Lehrerin über dich unterhalten, weil ich einfach nicht wusste, wie ich es schaffen sollte, dass deine Noten besser werden, ich dafür aber nicht mit dir reden müsste. Und dann redet sie plötzlich von "ihr" und "sie"… Was glaubst du, wie geschockt ich gewesen bin, als sie gesagt hat, du seist ein Mädchen!“

„Dein Gesicht hätte ich echt zu gerne gesehen.“ lachte Haruka bei der Vorstellung.

„Mach dich ruhig lustig über mich.“

„Entschuldige, aber was kann ich dafür, wenn du mich für ‘nen Kerl hältst? Nimm dir ein Beispiel an deiner Tochter. Die hat sofort erkannt, dass ich ein Mädchen bin.“

„Im ernst?“

„Ja. Ich war auch überrascht.“

„Ich kann die ganze Sache immer noch nicht glauben. Inzwischen finde ich, ich hätte wirklich darauf kommen müssen, dass du diese Ruka bist.“

„Ruka? Deswegen also. Taru-chan hat dir gegenüber nicht einmal meinen ganzen Namen erwähnt?“

Die Türkishaarige schüttelte mit dem Kopf.

„Nein. Wenn sie zumindest Haruka gesagt hätte, wär es ja einfach gewesen.“

„Und wieso glaubst du jetzt, du hättest doch drauf kommen müssen?“

„Naja, durch die Einzelheiten, die sie mir von dir erzählt hat. Zum Beispiel, dass du lesbisch bist oder Motorrad fährst. Wie viele lesbische Mädchen, die Motorrad fahren gibt es schon auf unserer Schule?“

„Ähm, eine würde ich sagen.“

„Eben.“

„Hast du überhaupt versucht herauszufinden wer Hotarus Freundin sein könnte?“

„Am Anfang schon, aber auch nur halbherzig. Ich hatte … andere Dinge im Kopf.“

„Andere Dinge, ja? Ging es dabei um mich?“

„Vielleicht.“ antwortete ihre Lehrerin geheimnisvoll.

Haruka war sich aber sicher, dass es so war. Und sie konnte ihre Freude darüber nur schwer verbergen. Sie grinste bis über beide Ohren und eine ihrer Hände wanderte den Körper der Türkishaarigen hinab und glitt unter ihr Kleid, den Oberschenkel hinauf, den sie dann sanft auf und ab strich. Ihr wurde daraufhin ein liebevolles Lächeln geschenkt. Es blieb aber nicht allzu lange, denn auf einmal wurde der Blick ihrer Lehrerin ernst und nachdenklich.

„Haruka …“

„Was ist denn?“ fragte sie vorsichtig und befürchtete schon das schlimmste.

„Ähm, dein Freund, Niwa-san. Er weiß über uns Bescheid, hab ich Recht?“

„Oh. Woher … ich mein, wie kommst du darauf?“

„Er hat mich heute Morgen mit einem Blick angesehen, als würde er was wissen. Außerdem hatte ich heute den ganzen Tag über das Gefühl, er würde mich beobachten.“

»Dämlicher Idiot! Hätte er das nicht unauffälliger tun können?!«

„… Ähm, ja. Ich hab es ihm erzählt. … Tut mir Leid. Aber er wird es ganz sicher niemandem sagen. … Und wenn doch, werd ich ihm persönlich den Hals umdrehen!“
 

„Ist schon in Ordnung. Ich wollte es einfach nur wissen.“

Michiru war wirklich erleichtert. Auch, wenn sie ja schon vermutet hatte, dass es nichts weiter zu bedeuten hatte. Aber anscheinend hatte sie doch noch ein paar Zweifel in sich gehabt.

„Du bist nicht sauer?“

„Nein, bin ich nicht. Hast du das etwa geglaubt?“ fragte sie schmunzelnd.

„Naja, hätte ja sein können. Ich kann dich eben noch nicht so ganz einschätzen.“

Das fand Michiru jetzt irgendwie total süß. … Ob das auch bedeuten könnte, dass die Blonde noch mehr über sie wissen wollte? Ungewollte Hoffnungen machten sich in ihr breit, die sie aber zu ignorieren versuchte.

„Ich hab nichts dagegen, wenn du dich deinem Freund anvertraust und mit ihm darüber redest, nur wenn du damit prahlst oder mit dem Vorsatz tust mir zu schaden.“

„Das würde ich nie tun, ehrlich.“

„Das hoffe ich. Aber ich kann dich halt noch genauso wenig einschätzen, wie du mich. Ich finde dein Verhalten mir gegenüber widerspricht sich vollkommen mit dem, wie du eigentlich sein solltest.“

„Wie ich sein sollte? Was meinst du damit? Ich bestimme ja wohl selbst, wie ich bin.“

„Ich meinte, dass du in der Presse ganz anders beschrieben wirst oder auch von den anderen Lehrern. Und da ich auch schon gesehen habe, dass du so sein kannst, versteh ich nicht, warum du zu mir ganz anders bist.“

„Also zunächst mal schreibt die Presse sowieso immer nur das, was die meisten Schlagzeilen bringt. … Die anderen Lehrer können mich eben nicht ausstehen, weil ich gegen die Regeln verstoße und dafür nie die angemessene Strafe erhalte. Aber was kann ich dafür, wenn der Direktor ein Fan von mir ist. … Und wie anders genau verhalt ich mich denn dir gegenüber?“

„Ach, komm. Du warst in meiner Nähe immer total unsicher und hast dich benommen wie ein kleines Kind. Da war nichts mehr von dem coolen arroganten Rennfahrer zusehen, dem du den anderen Mädchen präsentierst. Und seit der Nachhilfe bist du unglaublich nett zu mir. Ich vermute mal, weil du deine Angst mir gegenüber verloren hast, aber selbst dann warst du immer noch unsicher und hast nicht mal versucht dich an mich ran zu machen, bist eher vor mir zurückgeschreckt.“

Eigentlich hatte sich Michiru geschworen dieses Thema nicht noch einmal anzusprechen, da ihr die Blonde dabei ja gestern fast weggelaufen wäre aber sie konnte es einfach nicht lassen. Sie bereute es auch gleich wieder, als sie den Blick der Großen sah, der schon fast wieder wütend war, allerdings auch von Zweifeln und Unsicherheit geprägt wurde. Haruka drehte sich von ihr runter auf den Rücken, verschränkte die Arme hinterm Kopf und starrte jetzt die Decke an.

„Warum willst du das eigentlich wissen? Ist das nicht vollkommen egal?“

„Nicht für mich.“

Um ihr wieder in die Augen sehen zu können drehte sich Michiru auf die Seite und stützte sich auf ihrem Ellenbogen ab.

„Wieso?“

„Ich will einfach wissen, was für ein Mensch du wirklich bist. Ob ich dir vertrauen kann. Und was das hier alles für dich bedeutet.“

„Und was bedeutet es für dich?“

Michiru seufzte einmal. »Mein Gott, bist du verschlossen. … Ich wüsste ja zu gerne, ob es dafür einen bestimmten Grund gibt. … Hilft ja nichts, dann muss ich eben.«

„Ich weiß noch nicht genau, was es für mich bedeutet. Aber ich hätte sicher nichts mit dir Angefangen, wenn ich nichts für dich empfinden würde.“

„Du empfindest was für mich? Was?“

Das klang ziemlich hoffnungsvoll und brachte Michiru gleich zum Lächeln.

„Ich sagte doch, ich weiß es noch nicht.“

Mehr wollte Michiru ihr einfach erst mal nicht verraten. Sie fand es noch ein wenig zu früh ihr gleich zu gestehen, dass sie sich in sie verliebt hatte, besonders wenn die Andere nicht bereit war, etwas von ihren Gefühlen preiszugeben. Und wer weiß, ob sie sie damit nicht endgültig vertrieben hätte.
 

Haruka hätte sich natürlich gerne mehr zur Antwort gewünscht aber sie war froh, überhaupt eine bekommen zu haben. Jetzt musste sie wohl auch etwas dazu sagen, aber sie wollte es auch. Sie wollte das Vertrauen der Türkishaarigen gewinnen und wenn sie sich richtig Mühe gab, könnte hieraus ja vielleicht sogar wirklich mehr werden. Ein bisschen Angst hatte sie zwar immer noch davor, aber sie war sich inzwischen sicher, dass sie das mehr als alles andere wollte. Die letzte Nacht war einfach wundervoll gewesen und jetzt einfach nur neben ihr zu liegen und mit ihr zu reden war nicht weniger schön. Sie wollte keine Nacht, nein, keine Sekunde mehr ohne sie verbringen. Sie wollte mit ihr zusammen sein und wenn sie sich dafür dazu überwinden musste offener zu sein, sollte es so sein. Auch mit Hotaru würde sie schon irgendwie klarkommen, das heißt, weniger mit ihr als vielmehr mit der Tatsache, dass sie so was wie ‘n Elternteil für sie sein würde. Gegen die Kleine an sich hatte sie ja nichts. Im Gegenteil. Nachdem sie jetzt ein paar Minuten lang geschwiegen hatte, schaffte sie es auch endlich ihren Mund aufzumachen.

„Okay. Ja, es stimmt. Mein verhalten dir gegenüber ist wirklich untypisch für mich. Du kannst alles glauben was in der Zeitung steht oder Andere über mich sagen. Ich bin wirklich so schlimm. Du hast es ja gesehen. Normalerweise steige ich sofort mit jedem hübschen Mädchen ins Bett, das mir gefällt und du dürftest da eigentlich keine Ausnahme sein. Dass du meine Lehrerin bist, hätte in deinem Fall auch nichts daran geändert, dafür bist du einfach viel zu schön.“

„Aber ich war eine Ausnahme, wieso?“

„Keine Ahnung. … Aber schon von der ersten Sekunde an, in der ich dich gesehen habe, hast du irgendwas in mir ausgelöst. Ich wusste nicht was es ist, was es bedeutet und ich wollte es auch nicht. Es hat mich total durcheinander gebracht und mir Angst eingejagt, genau wie du. Auf der einen Seite wollte ich dich, so wie noch keine Andere zuvor und auf der anderen Seite wollte ich einfach nur weg von dir.“
 

Michiru brauchte erst mal ein paar Sekunden, um sich von diesem Geständnis zu erholen. Das hätte sie jetzt nicht erwartet. »Wie ist das denn jetzt passiert? Eben wollte sie doch noch überhaupt nichts zu dem Thema sagen.«

„… Und weißt du denn inzwischen was dieses "etwas" ist?“ fragte sie dann vorsichtig nach.

Sie bekam erst mal ein breites Grinsen von der Blonden zurück, ehe sie ihr antwortete.

„Nicht wirklich. … Aber ich … ich würde es gerne herausfinden und dich noch besser kennenlernen.“

„Dann tu das. Frag mich, was immer du willst.“

„Das heißt, du willst das auch?“

„Ja!“ war Michirus sehr schnelle Antwort darauf.

Um dem Ganzen noch Nachdruck zu verleihen schlang sie einen Arm um Harukas Oberkörper und kuschelte sich ganz eng an ihre Brust. Sie spürte auch sofort wie sich Harukas Arme ebenfalls um sie legten. Es war ein unsagbar schönes Gefühl für Michiru so in den starken Armen der Blonde zu liegen und ihrem Herzschlag zu zuhören. Sie fühlte sich vollkommen sicher und geborgen. Ergeben und um das Ganze noch besser auf sich wirken zu lassen, schloss sie die Augen.
 

Haruka schmunzelte darüber nur und umfasste die Kleinere noch etwas enger. Heute würde wohl nicht mehr viel passieren, aber das störte sie nicht weiter. Sie war so glücklich wie noch nie. Takuya hatte Recht gehabt mit seinem Rat. Auch wenn sie es gar nicht vorgehabt hatte, war Reden doch die bessere Wahl gewesen.

„… Und was ist mit dem Lehrer-Schüler-Teil? Du weißt, dass wir das hier eigentlich nicht dürfen.“ fragte Haruka sie nach einiger Zeit.

„Ja, natürlich. Das war ja auch der Hauptgrund, warum ich mich so zurückgehalten habe. Ich hab auch keine Ahnung, ob wir es schaffen dies geheim zu halten, aber … im Moment sind mir die Konsequenzen vollkommen egal. Auch, wenn ich das später garantiert anders sehen werde.“

„Ich denke wir kriegen das schon hin. Takuya wird dichthalten und wir müssen einfach vorsichtig sein. Also brauchst du dir deswegen auch keine Sorgen zu machen.“

„Ich werd‘s versuchen. Ich denke aber wir müssen besonders auf Kohara-sensei achten. Der wird uns bestimmt am meisten beobachten und Schwierigkeiten bereiten.“

„Ja, da hast du wohl Recht. … Was der wohl davon halten würde, wenn der rauskriegen würde, dass du lesbisch bist und mit mir schläfst? Wahrscheinlich würde er sofort tot umkippen oder so was.“ lachte Haruka.

„Das ist überhaupt nicht witzig. Er darf es nicht erfahren.“

„Ja-ja, das weiß ich doch. Trotzdem wär sein Gesichtsausdruck bestimmt ‘n Foto wert.“

Sie merkte, wie ihre Lehrerin versuchte nicht zu lachen aber es viel ihr wohl gar nicht so leicht. Sie kuschelte sich auch wieder etwas enger an sie heran und schloss ihre Augen erneut. Eine Weile war es still zwischen ihnen, bis Michiru ihr etwas an die Brust hauchte.

„Stört es dich, wenn ich jetzt hier einschlafe?“

„Überhaupt nicht.“ versicherte Haruka ihr.

„Sicher? Ich bin zwar müde aber wenn du …“

„Schlaf ruhig, Michiru. Ich geb zu, ich bin auch ziemlich Müde. Die letzte Nacht war ja doch etwas kurz.“

„Du konntest ja nicht aufhören.“

„Ich? Wer wollte denn immer mehr?“

„Einigen wir uns darauf, dass wir beide dran schuld sind, okay?“

„Einverstanden.“ grinste Haruka.

Bevor sie sich ans einschlafen machte, wollte Haruka sich aber zumindest noch die Schuhe ausziehen, denn das war doch etwas unbequem. Also zog sie nach einander die Beine an und zog sich die Teile von den Füßen, woraufhin sie irgendwo im Raum landeten. Michiru beobachtete sie dabei belustigt.

„Vielleicht solltest du dir deine Hose auch noch ausziehen? Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Gürtel beim Schlafen doch sehr lästig ist.“

„Fängst du jetzt doch an? Ich dachte, du willst schlafen?“

„Ich mein ja nur.“ tat die Türkishaarige unschuldig.

Haruka sah sie ein paar Sekunden lang misstrauisch an, dann richtete sie sich auf, woraufhin Michiru von ihrer Brust auf die Matratze zurück glitt, und zog sich die Hose aus. Dabei beließ sie es aber nicht, sondern fügte auch noch Socken und sogar ihr Hemd dem Stapel auf dem Fußboden hinzu.
 

Michiru bekam schon leuchtende Augen, als die Große plötzlich ihr Hemd auszog, aber leider musste sie feststellen, dass sie noch ein Muskelshirt drunter trug, welches sie offenbar nicht vorhatte auszuziehen. »Warum muss sie ausgerechnet heute was drunter tragen? Gestern hatte sie doch auch nichts weiter an.«

„Was ist mit deinem Kleid?“ wurde sie auf einmal von Haruka erwartend angesehen.

Die Türkishaarige setzte das unschuldigste Lächeln auf, welches sie zu bieten hatte.

„Trägt sich wie ein Nachthemd.“

Das gefiel der Sportlerin offenbar gar nicht, was sie auch mit einem brummenden stöhnen zum Ausdruck brachte. Das fand die Türkishaarige natürlich wieder furchtbar süß und tat der Großen dann den gefallen. Sie setzte sich mit dem Rücken zu Haruka und nahm ihre Haare aus dem Nacken.

„Hilfst du mir mal?“

Es verging natürlich keine Sekunde, da wurde ihr der Reisverschluss ihres Kleides auch schon nach unten gezogen. Dort angekommen half ihr die Blonde auch noch es ihr über den Kopf auszuziehen. Die Schuhe hatte sich Michiru schon vor einiger Zeit von den Füßen gestreift, womit sie jetzt nur noch BH und Slip trug.
 

»Oh mein Gott! … Vielleicht hätte sie es doch besser anbehalten.« Jetzt war Haruka natürlich gar ich mehr so müde.

„Guck nicht so. Du hast gesagt, ich darf schlafen und du wolltest ja unbedingt, dass ich es ausziehe.“

Damit wurde sie von ihr zurück in die Kissen gedrückt. Michiru holte noch die Decke zu sich ran, die am Ende des Bettes lag und kuschelte sich damit wieder an Harukas Brust.

„Ja, schon. Aber musst du so verdammt scharfe Unterwäsche tragen?“

„Würdest du wirklich wollen, dass ich etwas anderes trage? Im Grunde sollte ich doch genau deshalb mein Kleid ausziehen, oder nicht?“

„Ja, hast Recht. Es wär wahrscheinlich sowieso egal gewesen, was du getragen hättest. Du siehst doch im allem heiß aus.“

Haruka spürte wie sich ein Lächeln im Gesicht der Kleineren bildete und wie sie sich noch enger an sie schmiegte. Dann hob sie ihren Kopf aber noch mal an und beugte sich zu ihr hin. Sie erhielt von Michiru einen Kuss, der ihr sämtlich Sinne raubte. Eigentlich war er gar nicht besonders lang aber Haruka kam er endlos vor.

„Schlaf schön, Haruka.“ hauchte die Türkishaarige noch, ehe sie ihren Kopf wieder auf ihrer Brust ablegte und die Augen schloss.

„Äh, ja.“

Die Sportlerin war noch nicht ganz wieder bei sich, weshalb ihre Antwort so plump ausfiel, aber Michiru schien das nicht weiter zu stören. Haruka brauchte auch noch einige Zeit, um das alles hier zu realisieren und um endlich einzuschlafen. Michiru war sehr viel schneller ins Land der Träume abgetaucht und Haruka hatte sie dabei noch eine ganze Weile lang beobachtet. Sie hatte sich einfach nicht von diesem Anblick losreißen können, bis ihre Augen irgendwann von alleine zufielen.

Ein wundervoller Morgen

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Gemeinsames Frühstück

Michiru taumelte die zwei Schritte rückwärts zum Bett zurück und ließ sich mit einem langen glücklichen Seufzer darauf fallen. »Oh Gott, sie ist so umwerfend!« Einen kleinen Augenblick wartete sie noch, bis sich ihr Herz beruhigt hatte, dann stand sie auf und zog sich ihre Sachen an, die hier irgendwo verstreut liegen mussten. Als sie fertig war, griff sie sich noch das Hemd, welches sie gerade gegen ihr Kleid getauscht hatte und ging dann auch aus dem Zimmer. Haruka würde es schon nicht vermissen – hoffte sie zumindest. Auf dem Flur war zum Glück keine Menschenseele, so dass sie sich beruhigt in ihr Zimmer schleichen konnte. Den Vorschlag noch zu Duschen wollte sie in jedem Fall noch in Anspruch nehmen und verschwand somit im Badezimmer. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass das auch dringend notwendig war. Ihre Frisur … naja, war eben keine Frisur mehr, sondern nur noch ein durchwühltes etwas. Zum Glück war wirklich niemand auf dem Flur gewesen. Aber, dass Haruka sie so gesehen hatte… Besser nicht darüber nachdenken. Sie fand es fast unfair, dass deren Haare irgendwie immer perfekt saßen. Selbst wenn sie total zerzaust waren, sah sie immer noch gut aus. Eigentlich wirkten ihre Haare immer so, als würde gerade ein frischer Wind durch sie wehen. Mit einem Lächeln stieg sie unter die Dusche und genoss das warme Wasser, welches sie umschloss. Sie brauchte doch etwas länger als sie sich vorgenommen hatte um fertig zu duschen, ihre Haare trocken zu bekommen und um ein passendes Outfit zusammenzustellen. Aber Haruka würde ja wohl nicht ohne sie losfahren und sie war sich sicher, dass sie ihr auch nicht böse sein würde. Trotzdem beeilte sie sich jetzt nach unten zu kommen, achtete aber schon noch darauf, ob sie jemanden sah, den sie kannte. Dem war nicht so, also kam sie erleichtert draußen vor dem Hotel an und sah sich erst mal um. Nur zwei Sekunden später hielt plötzlich ein Auto vor ihr an. Michiru klappte glatt die Kinnlade runter. »Nein, das kann nicht sein! … Das ist sie jetzt nicht, oder?« Und ob das Haruka war! Vor Michiru stand ein Auto, das ihrer Meinung nach nicht auffälliger hätte sein können. Es war in einem dunklen aber leuchtenden Rot, mit zwei schwarzen Rallystreifen, die von der Spitze der Motorhaube übers Dach, bis zum Heck führten. Also definitiv ein Sportwagen. Sie hatte keine Ahnung was für einer, es interessierte sie auch nicht aber sie war sich sicher, dass er mehr wert war, als alles zusammen was sie besaß. Fast ängstlich griff sie nach dem Türgriff und stieg dann langsam ein. Haruka neben ihr grinste breit.

„Wow, du siehst umwerfend aus.“

Normalerweise wäre Michiru bei dem Kompliment rot geworden und hätte sich tierisch darüber gefreut, aber im Moment war sie einfach noch viel zu überwältigt von diesem Wagen.

„Haruka, dieses Auto ist nicht dein ernst, oder?“

„Wieso? Gefällt es dir nicht?“

„Das nicht aber … findest du nicht, du hättest dir ein etwas weniger auffälligeres Fahrzeug aussuchen können?“

„Ähm, also ich hatte die Auswahl zwischen dem hier, einem Kleinwagen und einer Reihe aus Kombis. … Die Auswahl viel mir nicht besonders schwer. Dieser Wagen ist der Hammer! Er kann in nur 3,6 Sekunden von null auf hundert beschleunigen, hat 510 PS, ein verbessertes Schaltsystem und hör dir mal den Auspuff an!“

Haruka trat im Leerlauf aufs Gaspedal und ließ damit den Motor aufheulen.

„Aha.“

Michiru hatte nicht die geringste Ahnung was diese Zahlen zu bedeuten hatten und wusste auch nicht, was das Besondere an diesem Geräusch sein sollte, außer, dass es besonders laut war, aber dieses leuchten in Harukas Augen verzauberte sie.

„Ich glaub, den muss ich mir auch besorgen! Ich brauche zwar eigentlich kein neues Auto aber was soll‘s. Nur vielleicht in ‘ner anderen Farbe…“ dachte Haruka laut nach, doch Michiru hörte kaum noch zu.

»Was soll’s? Sie will sich ernsthaft mal eben so ein teures Auto kaufen?« Während Michiru das nicht glauben konnte und darüber nachdachte, ob sie sie nach dem Preis für so ein Fahrzeug fragen sollte oder nicht, fuhr die Sportlerin schon mal los.

„Wo möchtest du denn hin? Lieber ein kleines Café oder ein richtiges Restaurant?“

„Ähm, ich weiß nicht.“

„Ist dir denn eher nach Frühstück oder schon Mittagessen?“

„Ich würde eher sagen Frühstück.“

Michiru warf diese ganzen Gedanken um Geld einfach beiseite. Es war nun mal eine Tatsache, dass Haruka viel mehr Geld besaß als sie und auch anders aufgewachsen war und demnach hatte sie auch ein ganz anderes Geldempfinde, aber … nein, eigentlich wusste sie doch überhaupt nicht, wie sie aufgewachsen war. Das einzige was sie gehört hatte war, dass ihre Eltern früh gestorben waren und ihr angeblich viel Geld hinterlassen hatten, aber das musste ja nicht stimmen.

„Dann werd ich uns ein kleines Café suchen, in Ordnung?“

„Ja, das klingt gut.“

Es war eine Weile still zwischen den Beiden in der Michiru sie beobachtete. Ihr Fahrstil gefiel ihr irgendwie. Die Geschwindigkeit war zwar Monströs, das heißt, wenn der Verkehr es zuließ, aber sonst sehr sicher und irgendwie beruhigend. Sie überlegte was sie sie fragen könnte, ohne sie damit in eine Ecke zu drängen und Gefahr zu laufen sie wieder zum Weglaufen zu bewegen, obwohl sie das ja rein theoretisch derzeit gar nicht könnte. Sie beschloss erst mal ganz einfach anzufangen.

„Hast du dich eigentlich schon immer für Autos und Motorräder Interessiert?“

„Ähm, ja. Irgendwie schon.“

„Und was fasziniert dich so daran?“

„Also am meisten liebe ich es ja den Wind um mich herum zu spüren, das ist bei geschlossenen Fahrzeugen natürlich nicht möglich, aber ich interessier mich auch für die Technik, das Designe und natürlich die Geschwindigkeit.“

„Und wie bist du zu den Rennen gekommen?“

Haruka sah ein paarmal kurz zu ihr herüber, ehe sie weiter sprach.

„Interessiert dich das wirklich?“

„Natürlich tut es das.“

„Wieso? Ich mein, versteh mich nicht falsch, aber du siehst nicht so aus, als würdest du dich für Motorsport interessieren.“

„Tu ich auch nicht, eigentlich. Aber ich Interessiere mich für dich. Und es ist nun mal ein Teil deines Lebens, also interessier ich mich neuerdings auch dafür.“

„Ach, ja? Das hört sich ja fast so an, als hättest du schon versucht dich darüber zu informieren. Ist das so?“

„Nicht ganz. Ich hab mir lediglich dein Rennen angesehen, vor zwei Wochen.“

Michiru antwortete ihr zwar, aber sie hatte schon ein wenig das Gefühl als würde Haruka ihrer Frage ausweichen. Was war denn daran nun wieder verkehrt gewesen?

„Du hast es gesehen? Warst du etwa dort?“ war Haruka offenbar ziemlich überrascht davon.

„Nein. Ich hab’s im Fernsehen gesehen.“

„Ach so. … Und? Hat’s dir gefallen?“

„Das Rennen an sich schon. Ich finde es wirklich unglaublich, wie du fährst und, dass du da überhaupt mit machst. Aber … das Ende war ja wohl grausam.“

„Oh, du meinst den Sturz. War halb so wild. Mir ist nichts passiert.“

„Ja, das sehe ich.“ sagte Michiru sarkastisch und strich ihr dabei leicht über den freiliegenden Arm.

„Ach, die paar Kratzer. Ist doch schon fast wieder alles verheilt.“

„Haruka, ich habe dein Körper gesehen und ich kann mir gut vorstellen, wie er vor zwei Wochen ausgesehen haben muss. Du brauchst das nicht herunter zu spielen.“

„Tu ich auch nicht. Ich hatte wirklich schon schlimmere Verletzungen.“

„Heißt das, das war nicht das erste Mal, dass du gestürzt bist?“

„Ja, ich bin schon öfter auf der Strecke gelandet.“

„Und du fährst trotzdem noch weiter?“

„Na, klar! Ist doch kein Grund aufzuhören.“

„Also für mich wär’s das. Ich hätte viel zu große Angst.“

„Weil es dir nichts bedeutet. Wenn wir hier nicht von Motorradrennen reden würden, sondern von Musik würdest du doch auch nicht einfach aufhören, nur weil mal was schief läuft, oder?“

„Natürlich nicht, aber damit bring ich auch nicht mein Leben in Gefahr.“

„Das tu ich auch nicht. Natürlich ist es risikoreicher und es kann immer was schief gehen, besonders wenn andere ‘nen Fehler machen aber ich weiß schon was ich tue. Meines Erachtens ist es nicht gefährlicher als hier im Wagen zu sitzen.“

„So wie du fährst, ist das ja auch kein Wunder.“

Haruka kratze nämlich gerade die hundert am Tacho an, mitten in der Stadt.

„Möchtest du lieber fahren?“ fragte Haruka schmunzelnd und bot ihr das Lenkrad an.

„Würde ich ja gern, aber ich habe leider keinen Führerschein.“

„Hast du nicht? Wieso?“

„Wann hätt ich den denn noch machen sollen?“

„Ach so. … Hättest du denn einen gemacht, wenn du Zeit dafür gehabt hättest?“

„Äh, vermutlich nicht. Autofahren ist irgendwie nichts für mich.“

„Hab ich mir schon fast gedacht.“ grinste Haruka.

„… Was hältst du von dem dort.“ fragte Haruka plötzlich ein paar Sekunden später.

„Was?“

„Das Café da vorn.“

Die Sportlerin zeigte mit ihrem Finger in eine Richtung, dessen Michiru jetzt mit ihrem Blick folgte.

„Ja, sieht nett aus.“ stellte sie erfreut fest und lächelte sanft.

„Gut, dann muss ich nur noch ‘nen Parkplatz finden.“

Also wurde Haruka langsamer und nahm die erst beste Parklücke in Beschlag, die sie finden konnte. Michiru war doch ziemlich beeindruckt wie elegant Haruka da in die winzige Lücke fuhr und perfekt darin zum Stehen kam.

„Sag mal, wie bist du eigentlich zu deinem Führerschein gekommen? Du bist doch noch gar nicht achtzehn.“

„Das nicht, aber als berühmter Rennfahrer hat man so seine Privilegien.“ grinste die Blonde vielsagend und schaltete den Motor ab.

„Dann hast du ihn dir erkauft?“

„Wo denkst du hin? Ich hab ‘ne Fahrprüfung gemacht, wie jeder andere auch.“ sagte Haruka mit solch einem Unschuldsgesicht, dass Michiru sich sicher war, dass da trotzdem jede Menge Geld und Beziehungen im Spiel waren.

Aber bevor sie etwas darauf erwidern konnte, stieg Haruka aus dem Wagen aus. Als sie ebenfalls ihre Tür öffnen wollte, kam ihr jemand zuvor und eine Hand streckte sich ihr entgegen. Verwundert darüber wie schnell Haruka ums Auto gekommen war und ihr überhaupt die Tür aufhielt, ergriff sie diese und wurde hinausgezogen. Hinter ihr schlug die Sportlerin die Tür wieder zu, schloss den Wagen ab und ging mit ihr in Richtung des Cafés. … Michiru hatte gerade richtige Schwierigkeiten zu atmen oder etwas anderes zu vernehmen als ihren überlauten Herzschlag. Haruka hatte ihre Hand nicht wieder losgelassen! Sie ging also gerade "händchenhaltend!" durch die Straßen Roms mit ihrer Traumfrau! Das war doch genau das, was sie sich noch vor der Reise sehnlichst gewünscht hatte. Und jetzt passierte es gerade wirklich! Das konnte sie überhaupt nicht glauben und hatte wirklich Angst davor jeden Moment aus einem Traum zu erwachen. Aber das geschah nicht und so traute sie sich, je näher sie dem Café kamen ihren Griff zu verfestigen und dichter an sie heran zu gehen. Als sie an ihrem Ziel ankamen hatte sie schon fast ihren ganzen Arm in Beschlag genommen. Zu ihrer Freude schien das der Sportlerin zu gefallen.

„Möchtest du lieber drinnen oder draußen sitzen?“ wurde sie von ihr gefragt.

„Draußen.“

Also suchten sie sich einen freien Tisch draußen vor dem Café, der etwas im Schatten lag. Es war für Michiru schon fast unheimlich wie Charmant und zuvorkommend die Rennfahrerin war. Ob das immer so war? Oder gab sie sich nur jetzt am Anfang so viel Mühe? Würde sich ja wohl früher oder später zeigen. Es kam sofort ein Kellner zu ihnen, der ihre Bestellung aufnahm und dabei Haruka sofort mit "junger Mann" ansprach. Michiru war zuerst richtig empört, bis ihr einfiel, dass sie ja auch nicht besser gewesen war. Diese Sache war für sie inzwischen wirklich undenkbar. Die Blonde aber reagierte nicht mal darauf.

„Macht es dir eigentlich überhaupt nichts aus ständig als Mann angesprochen zu werden?“ fragte Michiru nach, als der Kellner wieder weg war.

„Nein, das is mir egal.“

„Und wieso?“

„Naja, wahrscheinlich hab ich mich schon dran gewöhnt. Es war auch eigentlich noch nie anders. Ich wurde schon als Kind immer für einen Jungen gehalten. Und von mir aus sollen die Leute denken was sie wollen, ich weiß ja was ich bin.“

„Schon immer? Gab es nie eine Zeit in der du lange Haare hattest, oder Kleider getragen hast?“

„Nie stimmt nicht ganz, aber sicher nicht seit meinem dritten oder vierten Lebensjahr.“

»Oh, sie hat doch tatsächlich mal eine Frage aus der Vergangenheit beantwortet. Hhmm, weiter nachhaken oder lieber gut sein lassen?«

„… Und deine Eltern haben dich gelassen?“ entschied sie sich fürs erstere.

„Ähm, ja.“

Es war unschwer zu erkennen, dass Haruka nicht weiter darauf eingehen wollte. Aber so schnell wollte Michiru nicht aufgeben.

„Du warst bestimmt ein richtiger Wildfang als Kind, oder?“

„Nicht mehr als jetzt auch.“ gab Haruka zur Antwort, das Lächeln dabei wirkte aber irgendwie gestellt.

Michiru seufzte innerlich und beschloss die Blonde ganz gezielt darauf anzusprechen.

„Haruka… Willst du nicht, dass ich dir Fragen über deine Vergangenheit stelle? Wenn das so ist, dann sag es und ich höre auf damit. Ich möchte eine schönen Tag mit dir verbringen und nicht, dass du dich unwohl fühlst.“
 

„Was? Nein, das …“

»Ach, verdammt! Ich hab’s schon wieder getan! Ich wollte doch offener zu ihr sein und jetzt mach ich schon wieder dicht! Warum nur mach ich das ständig?«

Haruka stützte sich mit ihren Unterarmen auf dem Tisch ab und lehnte sich etwas zu ihr vor.

„Es tut mir Leid, wirklich. Du darfst mich natürlich fragen, was du möchtest, das will ich auch. Es ist nur … nicht so einfach für mich darüber zu reden. Eigentlich habe ich noch mit niemanden über meine Vergangenheit gesprochen.“

„Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst.“

„Das würde ich aber gern. Nur … vielleicht gibst du mir noch etwas Zeit?“

Die Türkishaarige schenkte ihr ein sanftes Lächeln und nahm sogar eine ihrer Hände in die ihre, was Haruka augenblicklich beruhigte.

„Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst. Ich hab’s nicht eilig. Bis dahin kannst du ja mich ausquetschen.“

„Ist das wirklich in Ordnung? Ich darf dir Fragen stellen, während ich dir nicht eine beantworte?“

Haruka fühlte sich irgendwie nicht richtig wohl dabei. Bevor Michiru allerdings Antworten konnte kam der Kellner mit ihren Getränken und auch schon mit ihrem späten Frühstück an. Sie warteten bis der Mann wieder weg war, ehe sie ihr Gespräch vorsetzten.

„Für mich ist es in Ordnung. Mein Leben war zwar auch nicht immer leicht aber mir macht es nichts aus, dir davon zu erzählen. Außerdem hatte ich schon noch vor dir Fragen zu stellen, nur eben nicht deine Vergangenheit betreffend. Wenn ich dann doch wieder einen wunden Punkt getroffen habe, kannst du es mir ja sagen und wir wechseln das Thema. Oder du entschließt dich doch zu antworten, wie du möchtest.“

Haruka hätte sie jetzt wirklich liebend gern geküsst, auch wenn sie ihrer Meinung nach gar nicht so viel Verständnis verdient hatte.

„Einverstanden. … Heißt das, du vertraust mir doch ein wenig?“ fragte sie noch etwas vorsichtig nach.

„Was meinst du mit doch?“

„Naja, ich hatte vorhin den Eindruck als würdest du mir nicht vertrauen.“

„Wobei denn genau?“

„Als wir darüber geredet hatten, ob wir es Taru-chan sagen oder nicht. Du wolltest unter keinen Umständen, dass ich ihr Hoffnungen mache und das heißt für mich, dass du nicht erwartest, dass ich lange bleibe, stimmt das?“

Michiru unterbrach ihr essen und musste offenbar erst mal darüber nachdenken was sie ihr antwortete.

„… Ja, so falsch liegst du damit nicht. Aber bei Hotaru ist das noch etwas anderes. Ich möchte sie um jeden Preis beschützen. Ich weiß, und ich bin mir sicher du weißt es auch, wie es ist jemanden zu verlieren. Sie hat schon ihre Eltern verloren, zwar kann sie sich nicht an sie erinnern aber es ist trotzdem in ihr drin und hat seine Spuren hinterlassen. Ich weiß nicht, wie sehr es ihr Schadet, wenn sie dich verliert. Von daher habe ich schon ein bisschen Angst davor, ihr von uns zu erzählen.“

„Ich möchte Taru-chan wirklich unter keinen Umständen wehtun. Ich hab die Kleine echt gern und ich wüsste nicht, warum sie mich verlieren sollte. Ich mein, egal was aus uns zweien wird, kann ich doch immer noch mit ihr befreundet sein, oder nicht?“

„Das würdest du wollen?“

„Na, klar. Du vergisst wohl, dass ich sie schon kannte, bevor ich wusste, dass du ihre Mutter bist.“ grinste Haruka und schlang nebenbei ihr Essen hinunter.
 

Michiru lächelte kurz darüber.

„Vergessen nicht. Nur kann ich es immer noch nicht glauben. Ich hätte dich nicht so eingeschätzt, als würdest du deine Zeit mit Kindern verbringen.“ sagte sie ihr dann und aß ebenfalls weiter.

„Damit lagst du auch gar nicht so falsch, wenn ich ehrlich bin. Eigentlich kann ich Kinder nicht ausstehen.“

„Und wieso dann…“

„Das weiß ich auch nicht so genau.“ unterbrach Haruka sie.

„Die Kleine hat einfach mein Herz berührt.“ fügte sie noch schulterzuckend hinzu.

Michiru weitete die Augen und sah sie ungläubig an.

„Verrätst du mir auch wie sie das hingekriegt hat?“ fragte sie hoffnungsvoll.

Ein breites Grinsen kam in das Gesicht der Blonden.

„Warum denn so interessiert daran? Hast du was Bestimmtes mit diesem Wissen vor?“

„Wer weiß.“ tat Michiru scheinheilig.

„Hhmm… Tja, ich würd ‘s dir ja gern verraten aber ich hab keine Ahnung.“

»Schade.« schmollte Michiru innerlich. Das hätte sie nun wirklich gern gewusst.

„Aber ich verrat dir etwas anderes.“ kam es geheimnisvoll von der Sportlerin.

„Ja…?“

Jetzt war sie neugierig und wartete ungeduldig auf die antwortet.

„Du hast es auch geschafft. Anders würde ich bestimmt nicht hier mit dir sitzen.“

……… Völlige leere herrschte in dem Kopf der Lehrerin. Sie saß total erstarrt da und konnte überhaupt nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte.

„Äh, Michiru? Alles in Ordnung?“

„… Was? … Oh, ja. … Ja, natürlich. … War das dein ernst?“

„Na klar, war das mein ernst.“

„Aber ich hab doch gar nichts gemacht.“

„Das hat Taru-chan auch nicht, und trotzdem ist es passiert. Ich hab echt keine Ahnung, was du und deine Tochter mit mir anstellt.“

Michiru musste unweigerlich überglücklich lächeln und sie nahm etwas verlegen einen weiteren bissen von ihrem Essen um es zu überspielen. »Ich habe ihr Herz berührt? … Wirklich? … Aber was genau bedeutet das für sie?«
 

Haruka sah das Lächeln und die Verlegenheit der Türkishaarigen und freute sich riesig darüber. Sie konnte immer noch nicht glaube, dass diese Frau doch tatsächlich auch eine ziemlich schüchterne Seite hatte und das fand sie irgendwie total süß.

„Verrätst du mir auch was das bedeutet? Ich dachte, du weißt nicht was du für mich empfindest.“ fragte Michiru dann vorsichtig nach.

Haruka atmete erst mal tief durch. Es kostete sie wirklich jedes Mal Überwindung ihre Gefühle preiszugeben. Aber es war schon leichter als am Anfang und sie schaffte es auch ein Lächeln auf zu setzten.

„Das weiß ich auch nicht. Nicht genau. Solche Gefühle hatte ich einfach noch nie. Aber… das was ich weiß ist, dass du die außergewöhnlichste und wunderschönste Frau bist, der ich je begegnet bin und ich genieße wirklich jede Sekunde mit dir.“

Wieder trat dieser erstaunte und ungläubige Gesichtsausdruck in das Gesicht ihrer Lehrerin. Sogar eine leichte Röte bildete sich auf ihren Wangen. Haruka grinste in sich hinein und widmete sich wieder ihrem Essen zu. Auch die Türkishaarige aß nach ein paar Minuten weiter und sah dabei immer wieder zu Haruka herüber, was die natürlich mitbekam.

„Was ist?“

„… Gar nichts.“ schüttelte Michiru, mit einem breiten Lächeln im Gesicht den Kopf.

Haruka hätte zwar schon gern gewusst was ihre Lehrerin gerade dachte, beließ es aber dabei.

„Was möchtest du denn heute noch machen? Wollen wir zurück ins Hotel oder lieber wo anders hin?“ fragte sie stattdessen.
 

Michiru war wirklich froh über den Themenwechsel. Sonst hätte sie ihr womöglich doch noch ihre Liebe gestanden. Sie war nämlich gerade völlig überwältigt von ihren Gefühlen und der Person ihr gegenüber die diese auslösten.

„Ähm, also so sehr ich die Zeit mit dir im Hotel auch genieße, bin ich doch wahrscheinlich nie wieder in dieser Stadt und würde daher gerne noch etwas mehr davon sehen.“

„Kein Problem. Es wäre mir eine Ehre dich durch die Stadt zu begleiten. Ich denke, ich kenne da auch noch den ein oder anderen Ort, der dir gefallen könnte.“

„Haruka, woher weißt du eigentlich so viel über diese Stadt? Das kannst du doch unmöglich alles aus dem Unterricht erfahren haben, oder?“

Ihr war bewusst, dass sie ihr schon wieder eine Frage zu ihrer Vergangenheit stellte, aber es Interessierte sie wirklich brennend und sie hoffte einfach mal, dass es nichts mit dem zu tun hatte, worüber die Blonde nicht reden wollte.

„Ja, das ist richtig. Wir hatten die Geschichte Roms zwar schon im Unterricht durchgenommen aber … ich war auch schon einmal hier.“

„Du warst schon mal in Rom?“

„Ja. Das ist aber schon ziemlich lange her. Ich war noch ein Kind und obwohl ich die ganzen Vorträge und Ausflüge damals stink langweilig fand, haben sie sich doch irgendwie in mein Gedächtnis gebrannt.“

Die Sportlerin hatte schon wieder so einen abwesenden Blick aufgesetzt, der Michiru sagte, sie solle besser nicht weiter nachfragen.

„Dann bin ich mal gespannt, wo du mich heute noch überall hinführst. … Vergiss aber nicht, dass wir aufpassen müssen.“

„Natürlich nicht.“

„Oh, und bevor ich’s vergesse. Ich muss unbedingt noch ein Geschenk für Hotaru finden. Ich hab ihr versprochen ihr etwas mitzubringen.“

„Geht klar. Also noch ein Geschenk für Taru-chan. Hast du denn schon eine Idee?“

„Nein, nicht die geringste.“ seufzte Michiru.

„Na, wir werden schon was finden.“ grinste die Sportlerin.

Eine Weile genossen die Beiden ihr Frühstück schweigend und sahen sich dabei immer wieder verstohlen an. Bis Michiru etwas ansprach worüber sie sich schon Gedanken machte, seitdem sie es das erste Mal gehört hatte.

„Sag mal Haruka, wieso nennst Hotaru eigentlich immer Taru-chan?“

„Ähm, wieso denn nicht? Ist doch die Endung ihres Namens, oder? Gefällt es dir nicht?“

„Nein, das ist es nicht. Ich finde es nur ein bisschen … unheimlich.“ rang sie nach dem richtigen Wort.
 

„Unheimlich?“

Haruka verstand die Welt nicht mehr. »Was bitte is ‘n daran unheimlich?«

„Ja. Weißt du, alle aus meiner Familie haben die Kleine seitdem sie geboren worden ist, immer nur Hotaru oder Hotaru-chan genannt. … Alle, bis auf einen. Mein Bruder, also ihr Vater hat sie auch immer nur Taru-chan genannt und das du es jetzt auch benutzt, ist schon irgendwie … naja, eben unheimlich.“

„Oh, tut mir Leid. Das wusste ich nicht. Ich werd‘s nicht mehr sagen.“

„Nein, bitte hör nicht damit auf. Es gefällt mir irgendwie. … Erinnert mich an ihn.“

„Wirklich? Ist es nicht zu schmerzhaft?“

„Nein, das geht schon.“ lächelte Michiru sanft.

Haruka konnte das nicht verstehen. Diese Frau hatte nicht nur ihre Eltern verloren, sondern auch noch ihren Bruder, Großvater und auch noch Schwägerin und trotzdem kam sie offenbar sehr viel besser damit klar als sie, die ja lediglich "nur" ihre Eltern verloren hatte.

„Michiru, wie machst du das?“

„Wie mache ich was?“

„Du kannst so offen darüber reden. Und erträgst es auch noch an sie erinnert zu werden.“

Von Michiru kam erst mal ein verständliches Lächeln bevor sie antwortete.

„Haruka, jeder kommt nun mal anders mit dem Tod eines geliebten Menschen zurecht. Mach dich nicht verrückt nur weil es dir schwerer fällt, darüber hinweg zu kommen. Und glaub mir, ich hab auch meine Zeit gebraucht. Als ich erfahren hatte, dass mein Bruder den Unfall nicht überlebt hat, brach für mich eine Welt zusammen. Ich dachte nicht, dass ich je wieder glücklich sein könnte. … Ich war vierzehn, als unsere Eltern damals gestorben sind und er war gerade achtzehn geworden. Obwohl unsere Großeltern auch dazu bereit gewesen wären mich oder auch uns beide aufzunehmen wollte er es alleine schaffen. Er hat für uns eine Wohnung gesucht, zwei Aushilfsjobs neben seinem Studium angenommen und sich auch noch um seine kleine Schwester gekümmert. … Ich wollte ihm natürlich helfen und mir auch einen Job suchen, aber er hat’s mir verboten. Er sagte, ich sei viel zu schlau und talentiert für so eine Arbeit und sollte lieber dafür sorgen einmal reich und berühmt zu werden. Ich hab trotzdem hinter seinem Rücken ein bisschen Geld mit meiner Musik verdient und ihm in die Tasche gesteckt.“ lachte die Türkishaarige bei der Erinnerung.

„Ich wette er hat‘s nicht mal mitbekommen, oder?“ fragte Haruka grinsend, die aufmerksam zuhörte.

„Nicht im Geringsten. Ein bisschen blöd geguckt hat er manchmal, wenn er zum dritten Mal sein Geld nach gezählt hatte.“

Jetzt musste auch Haruka lachen.

„Als er dann Hotarus Mutter kennengelernt hat, wurde es etwas leichter. Sie ist ziemlich schnell bei uns eingezogen und hat uns so auch noch finanziell unterstützt. Mein Bruder konnte sich dann endlich etwas mehr auf sein Studium konzentrieren. … Bis auf die Wiedererkrankung von meinem Großvater war eigentlich alles perfekt. Die Beiden haben geheiratet, Hotaru bekommen, meine Musik wurde langsam bekannter und ich hatte inzwischen auch eine eigene Wohnung, sogar eine feste Freundin. … Und dann der Unfall…“

Michiru war am Ende immer leiser und trauriger geworden. Haruka hätte sie gerade am liebsten umarmt.

„Ich glaube, wenn Hotaru nicht überlebt hätte…. Ich weiß nicht, ob ich das verkraftet hätte. Sie allein hat mir die Kraft gegeben weiter zu machen. Durch sie hatte ich das Gefühl meinen Bruder und seine Frau nicht ganz verloren zu haben.“

Jetzt zeichnete sich doch wieder ein Lächeln auf dem Gesicht ihrer Lehrerin ab.

„Ja, die Kleine ist schon ein Wunder.“

„Ist sie wirklich.“

Die Beiden sahen sich ganz verträumt in die Augen, bis sie plötzlich den Kellner neben sich vernahmen. Er fragte sie, ob sie noch einen Wunsch hätten, da sie inzwischen aufgegessen hatten, aber keine von ihnen wollte noch etwas also bat Haruka um die Rechnung. Er zuckelte wieder davon und Haruka konnte beobachten, wie Michiru ihr Portemonnaie aus ihrer Handtasche holte.

„Daran brauchst du gar nicht zu denken. Ich lad dich ein.“ sagte sie bestimmend.

„Aber…“

„Versuch gar nicht erst zu wiedersprechen. Das bringt sowieso nichts.“

Ein paar Sekunden lang sah Michiru sie durchdringend an, dann packte sie ihr Portemonnaie wieder zurück in die Tasche.

„Braves Mädchen.“ grinste die Sportlerin triumphierend.

Zum Glück kam der Kellner in diesem Moment zurück, sonst hätte sich Haruka bestimmt irgendwas deswegen anhören müssen, aber eigentlich sagte ihr Blick schon genug. Deswegen sah sie lieber schnell weg und bezahlte den Mann. Gemeinsam standen sie von ihren Plätzen auf und als Haruka der Kleineren ihren Arm anbot, hakte die sich freudestrahlend bei ihr ein.

Ein Geschenk für ...

„So, du hattest also eine Freundin, ja? Was ist denn aus der geworden?“ fragte Haruka neugierig nach, während die Beiden zusammen die Straße entlang gingen.

„Ach, das Miststück hat mich vor die Wahl gestellt. Entweder sie oder Hotaru. Ich denke, es ist klar für wen ich mich entschieden habe.“

„Was? Sie hat von dir verlangt die Kleine wegzugeben?“ war sie total entsetzt.

„Ja.“

„Miststuck!“ fluchte Haruka vor sich hin.

Michiru dagegen fing an zu lachen.

„Sag ich ja.“

„Und… deine Familie hatte nichts dagegen, dass du lesbisch bist? Oder wussten sie überhaupt nichts davon?“

„Doch, sie wussten es. Ich hab mich vor meinem Bruder geoutet als ich sechzehn war. Und danach noch bei meinen Großeltern. Sie haben es alle super aufgenommen, obwohl mein Bruder mich am Anfang wohl doch nicht ganz so ernst genommen hat und dachte, es wär nur ein Witz. Er hat sich ständig darüber lustig gemacht, bis er mich ein paar Tage später mit einem Mädchen knutschend in meinem Zimmer erwischt hat. Danach hat er nie wieder was anderes behauptet.“

„Bestimmt konnte er nur nicht glauben, dass sein kleines, braves, perfektes Schwesterchen auf einmal auf Frauen stehen sollte.“ lachte Haruka.

„Was heißt denn hier brav und perfekt?“

„Ach komm. Ich wette du hast noch nie etwas wirklich Verbotenes getan, oder?“

„Tja, die Wette wirst du verlieren. Ich bin immer noch deine Lehrerin und das ist nicht nur Verboten, sondern auch Strafbar.“

„Argh, das hatte ich schon wieder völlig vergessen. Okay, ich nehm alles zurück. Du bist total durchtrieben. Verführst junge, hilflose Schülerinnen, zwingst sie zur Nachhilfe und lockst sie auch noch in dein Hotelzimmer.“

„Von wegen gelockt, du bist ja wohl freiwillig zu mir gekommen. Und ja, du bist ja sooo hilflos.“

„Bin ich wirklich. … In deiner Gegenwart.“ fügte die Blonde noch leise hinzu.

Die Türkishaarige lächelte glücklich und schmiegte sich noch etwas fester an ihren Arm. Offenbar hatte Haruka etwas gesagt, das ihr gefiel. Zufrieden vor sich hin grinsend ging sie weiter die Straße entlang.

„Wer war eigentlich das Mädchen mit dem du vor deinem Bruder rumgeknutscht hast? Und wie viele Beziehungen hattest du eigentlich schon?“ fragte sie dann neugierig weiter.

„Nicht sehr viele. Dieses Mädchen war praktisch meine erste Freundin. Beziehung konnte man das aber nicht nennen. Wir waren gerade mal zwei Wochen zusammen. Sie wollte nur mal wissen, wie das mit einem Mädchen ist und hat mich dann für irgend so ‘n Star Fußballspieler an unserer Schule sitzen lassen.“

„Autsch. … Hast du sie geliebt?“

„Es war nicht mehr als eine Schwärmerei, trotzdem hat sie mir das Herz gebrochen. Ich hatte noch drei oder vier weitere solcher Liebschaften an der Schule. Mal haben sie Schluss gemacht und mal ich. Meine erste und einzig richtige Beziehung hatte ich dann mit Maya. Wir haben uns im Studium kennengelernt und waren über eineinhalb Jahre zusammen, bis sie mir dieses Ultimatum gestellt hat.“

„Muss hart gewesen sein. Nicht nur deinen Bruder zu verlieren sondern dann auch noch sie.“

„Das war halb so schlimm. Ich dachte zwar, ich würde sie lieben und sie mich auch, aber irgendwie hatten wir uns schon vorher nicht mehr so richtig verstanden und uns ständig wegen belangloser Kleinigkeiten gestritten. Nachdem wie sie dann auf Hotaru reagiert hat und mich vor die Wahl stellte, fiel mir die Entscheidung nicht schwer. Ich hab sie hochkantig rausgeworfen und es auch nicht bereut. Ein paar Monate später stand sie dann plötzlich wieder vor meiner Tür und wollte sich entschuldigen und es noch mal versuchen. Ich hab mich auch tatsächlich zu einem Date mit ihr überreden lassen, aber als sie Hotaru, die ich dazu mitgenommen hatte, gesehen hat, konnte ich sehen, dass sich ihre Einstellung dazu keines Falls geändert hat. Ich bin ziemlich schnell wieder gegangen und hab ihr gesagt, dass sie sich ja nicht noch mal bei mir melden brauch.“

„Was wollte sie denn überhaupt noch mal versuchen, wenn sie wusste, dass sie doch nicht mit Taru-chan klar kommen würde?“

„Keine Ahnung. Vielleicht dachte sie ja, sie könnte es doch.“

„Hhmm… Dann muss sie dich wirklich geliebt haben.“ war der einzige Grund, den sich Haruka vorstellen konnte.

„Nein. Wenn sie das wirklich getan hätte, hätte sie Hotaru ohne weiteres akzeptieren können. Und hätte mich vor allem nicht ausgerechnet dann, als ich sie wirklich gebraucht hätte, im Stich gelassen. Anstatt das sie mir Trost und Zuversicht geschenkt hat, hat sie von mir verlang das Einzige was mir noch von ihm geblieben war wegzugeben. Wie sehr also hätte sie mich da lieben können?“

Das klang ziemlich einleuchtend für Haruka und sie konnte auch nichts darauf Antworten. Stattdessen entzog sie ihren Arm aus dem Griff der Kleineren, woraufhin die doch etwas erschrocken reagierte und legte ihn ihr dann um die Schulter und zog sie somit enger an sich heran. Das beruhigte Michiru offenbar wieder und sie schlang ihrerseits ihre Arme um Harukas Taille.

„Es tut mir Leid, dass du das alles durchmachen musstest. Ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun, damit du wieder glücklich wirst.“

„Aber das tust du doch schon. Glaub mir Haruka, so glücklich wie jetzt, bin ich noch nie gewesen.“

„Noch nie? Aber… was mach ich denn?“

Das verstand sie jetzt wirklich nicht. Sie hatte doch nichts gemacht, ihr überhaupt nichts gegeben und ihre Familie war schließlich immer noch tot. Also warum sollte sie jetzt glücklicher sein als je zuvor, wenn sie im Grunde doch gar nichts hatte?

„Du bist da.“ gab Michiru ihr zur Antwort und sah sie geheimnisvoll an.

Diese Antwort machte Haruka auch nicht wirklich schlauer.

„Kapier ich nicht.“ brachte sie ihre Ahnungslosigkeit auch gleich zum Ausdruck.
 

Michiru kicherte nur etwas und schmiegte sich noch enger an die Große heran.

„Musst du auch nicht.“

Haruka schien sich noch etwas den Kopf darüber zu zerbrechen, fragte aber nicht weiter nach. Michiru indes sah sich einmal kurz um.

„Sag mal, wo sind wir hier eigentlich? Am Auto sind wir doch schon längst vorbei, oder?“

„Ach, ist dir das auch schon aufgefallen? Ich wage mich daran erinnern zu können, dass da hinten um die Ecke eine Einkaufspassage mit Geschäften und vielen Touristenständen gewesen ist. Ich dachte mir vielleicht sehen wir mal nach, ob wir da was für Taru-chan finden, bevor wir‘s noch vergessen.“ grinste Haruka.

„Das ist eine gute Idee.“

Wenn sie ehrlich mit sich war, musste sich Michiru eingestehen, dass sie es schon wieder vergessen hatte. Umso glücklicher war sie, dass Haruka es doch tatsächlich behalten hatte. Das hätte sie ihr gar nicht zugetraut. Also gingen die Zwei die Straße weiter hinab und bogen dann in die Gasse ein, auf die Haruka eben noch gedeutet hatte. Die Sportlerin sollte Recht behalten. Vor ihnen lag eine durchlebte Fußgängerzone in der rechts und links überall Stände aufgebaut waren, an denen sich unzählige Menschen befanden und durch die Sachen stöberten. Hinter den Ständen befanden sich auch vereinzelte Boutiquen, die aber durch das Gewusel nur schwer zu erkennen waren.
 

Die Blonde grinste erst mal zufrieden darüber, dass sie sich nicht geirrt hatte und diese Straße nach all den Jahren überhaupt noch existierte. Danach führte sie ihre Begleitung weiter hinein. Michiru war total hin und weg. Sie nahm wirklich jeden einzelnen Stand in Beschlag und musste sich alles genau angucken. Haruka ließ sich einfach von ihr mitziehen und konnte sich an der Begeisterung, die sie entwickelte überhaupt nicht satt sehen. Die Türkishaarige strahlte wirklich richtig und das löste ein ganz seltsames Gefühl in ihr aus. Zumal sie nicht daran gedacht hatte, dass an diesem Ort doch ein paar Erinnerungen hochkommen würden, von denen sie gar nicht mehr wusste, dass sie sie noch hatte. Daran denken wollte sie allerdings nicht. Und nur durch die Anwesenheit der Türkishaarigen schaffte sie es ruhig zu bleiben und nicht einfach abzuhauen. Sie konzentrierte sich einfach auf ihren Engel und ließ sich von ihr mitziehen. Nach einiger Zeit fanden sie auch endlich etwas, was sie Hotaru mitbringen wollten. Es war ein kleines verziertes Schmuckkästchen, welches Michiru für den perfekten Aufbewahrungsort ihres Armbandes hielt.

„Ihr Armband? Du meinst diese Silberne Kette, die ihr viel zu groß ist?“ fragte Haruka nach, als sie sich weiter durch die Gasse bewegten.

„Ja, genau.“

„Sie sagte, sie hätte sie von dir. Warum hast du ihr eigentlich eine so teure Kette gekauft, die ihr auch noch viel zu groß ist? Und lässt sie sie auch noch in der Schule tragen?“

Das hatte Haruka schon immer gewundert.

„Ich hab sie ihr gar nicht gekauft. Und eigentlich ist sie auch nicht von mir. Ich hab sie ihr zwar gegeben aber es ist ein Erbstück ihrer leiblichen Mutter. Das Einzige, was ihr von ihr geblieben ist. Ich seh es auch überhaupt nicht gern, wenn sie sie in der Schule trägt aber sie will sie einfach nicht ablegen.“

„Ach so is das. Dann kann ich es verstehen.“

„Ja. Ich ja auch, aber ich hab Angst, dass sie sie verliert und dann noch trauriger ist. Vielleicht lässt sie sich ja jetzt überreden sie zu Hause zu lassen, wenn sie sie in dieser Truhe aufbewahren kann.“

„Ein versuch ist es wert. Sie wird ihr bestimmt gefallen.“ versuchte Haruka ihr Hoffnungen zu machen.

„Das denke ich auch, selbst wenn sie ihre Kette auch dann nicht ablegen will.“ lächelte die Türkishaarige.

„Wieso ist es eigentlich das Einzige was sie von ihrer Mutter hat? Sie muss doch mehr gehabt haben als nur diese Kette.“ fragte Haruka etwas zaghaft nach.

„Ja, eigentlich schon. Es war auch mehr Zufall, dass ich es geschafft habe überhaupt etwas von ihr zu behalten. Du musst wissen, dass sie aus einer ziemlich reichen Familie stammte und ihre Eltern absolut nicht damit einverstanden gewesen waren, dass sie sich auf einen "einfachen" Mann eingelassen hat. Sie hatten meinen Bruder sogar Geld dafür geboten, dass er sie verlässt. Er hat‘s natürlich abgelehnt und diese Aktion hat dazu geführt, dass ihre Tochter den Kontakt zu ihnen komplett abgebrochen hat. Als dann dieser Unfall passierte standen sie ganz plötzlich wieder auf der Bildfläche und haben verlangt, dass sie alles bekämen was ihrer Tochter gehörte. Nach dem Gesetzt stand das allerdings Hotaru zu, schließlich war sie ihr einziges Kind. Von Hotaru selbst wollten sie allerdings nichts wissen. Dass sie ihre Enkeltochter war interessierte sie überhaupt nicht. Sie wollten sogar vor Gericht gehen und dafür sorgen, dass Hotaru rein gar nichts von ihr Erben würde. Mir wurde das alles zu blöd und hab freiwillig eingewilligt, dass sie die Sachen und ihr Geld haben konnten. Ich wollte keinen Streit mit ihnen und hätte vor Gericht eh verloren, außerdem hatte ich gerade andere Sorgen am Hals. Das Armband wurde nur nicht von ihnen beschlagnahmt, weil es zu der Zeit des Unfalles im Besitz meines Bruders war. Der Verschluss war wohl kaputt gegangen und er hatte es in seine Hosentasche gesteckt, so ging es an mich über. Und ich hab natürlich nicht verraten, dass ich es hab.“

Haruka war sichtlich geschockt und starrte sie mit offenem Mund an.

„Was bitte sind das denn für Menschen, die sich einen Dreck darum scheren, was aus ihrer Enkeltochter wird?!“

„Nicht sehr nette, glaub mir.“

„Verklagen sollte man die! Du hättest nie und nimmer verloren. Das Erbe steht Hotaru zu! Hatte deine Schwägerin denn kein Testament gemacht?“

In ihrem Kopf legte Haruka sich schon eine Strategie zurecht, wie sie diese Leute am besten um ihr Geld bringen konnte.

„Das weiß ich überhaupt nicht. Ich hatte damals wirklich nicht die Kraft, mich damit zu beschäftigen. Lass es einfach gut sein, Haruka. Ich mach mir schon seit langem keine Gedanken mehr um sie. Und auch wenn sie total arrogant und hochnäsig sind, weiß ich, dass es sie sehr getroffen hat, ihre einzige Tochter zu verlieren. Sie waren nur viel zu Stolz es zuzugeben und haben durch diese Aktion wohl versucht ihren Schmerz zu verarbeiten.“

„Tse, was bitte soll ‘n das für ‘ne Art sein? Sie hätten ‘s verdient, wenn sie alles verlieren würden!“ war Haruka immer noch sauer.

„Im Prinzip haben sie das schon. Ihr ganzes Geld wird ihnen ihre Tochter auch nicht ersetzten können. Von daher, finde ich, haben sie ihre Strafe schon bekommen. Also vergiss sie einfach, Haruka.“

So einfach vergessen konnte Haruka das aber nicht.

„Ich versuch’s.“ antwortete sie ihr dennoch, um das Thema fallen zu lassen.

Eine Weile gingen sie schweigend durch die Gasse und sahen sich weiter um. Auf einmal blieb Michiru stehen.

„Oh, wow, sieh mal!“

Die Türkishaarige löste sich aus ihrem Arm und lief zu einem Schaufenster rüber. Neugierig folgte Haruka ihr und sah über ihre Schulter hinweg zu dem, was ihre Lehrerin gerade anbetete. Sie waren vor einem Juweliergeschäft und Michirus Aufmerksamkeit galt einer Halskette, die dort ausgestellt war. Es war eine schlichte, aber edle Kette aus Weißgold. Sie besaß einen Anhänger mit zwei Fischen, die ebenfalls aus Weißgold und zusätzlich noch mit kleinen Diamanten besetzt waren. Die beiden Fische umkreisten sich, wie das gleichnamige Symbol des Sternzeichens und in deren Mitte saß ein unglaublich schöner, tief blauer Saphir.

„Wunderschön, findest du nicht?“ schwärmte die Türkishaarige.

„Ist sie.“ bestätigte Haruka und schmiegte sich von hinten an sie.

„Und sie würde perfekt zu deinen Augen passen. … Möchtest du sie haben?“ hauchte die Große ihr verführerisch ins Ohr.

„Was, bist du verrückt? Hast du dir den Preis angesehen? Davon könnt ich mir glatt ein Auto kaufen.“ protestierte Michiru und schüttelte mit dem Kopf.

„Du hast aber ‘nen ziemlich bescheidenen Geschmack was Autos angeht. Und was willst du mit ‘nem Auto, wenn du doch gar kein Führerschein hast? Da wäre die Kette doch die besser Wahl.“ dementierte Haruka, denn so teuer fand sie die Kette nun nicht, wenn sie den Preis in ihre Währung umrechnete.

„Du weißt was ich meine. Ich brauch die Kette wirklich nicht, mir reicht es sie anzusehen.“

„Wirklich?“

„Ja, wirklich. Na komm, lass uns weiter gehen.“

Michiru drehte sich in ihrer Umarmung um und wollte sie nach hinten schieben, aber die Sportlerin bewegte sich nicht.

„Aber wir könnten doch zumindest mal reingehen.“

„Wozu?“

„Na, um zu sehen wie sie dir steht. Ansehen kostet ja wohl nichts.“

„Aber…“

Weiter kam die Türkishaarige nicht in ihrem Widerspruch, da Haruka einfach ihre Hand ergriff und sie mit in den Laden zog. Der Laden war nicht besonders groß und mit den paar Kunden hier drinnen sogar schon etwas eng. Ein Verkäufer kam auf sie zu und begrüßte sie. Die Rennfahrerin grüßte zurück und fragte ihn dann gleich nach der Kette im Schaufenster. Der ältere Mann holte sie hervor und reichte sie Michiru. Die aber stand nur skeptisch davor und rührte sich nicht.

„Na los, probier sie schon an.“ forderte Haruka.

„Aber wenn wir sie doch gar nicht kaufen, außerdem…“

„Jetzt stell dich nicht so an.“ unterbrach sie sie und nahm dem Mann die Kette aus der Hand.

Sie stellte sich hinter die Türkishaarige und legte ihr die Kette um den Hals. Danach sah sie von dort aus zusammen mit Michiru in den kleinen Spiegel der auf dem Tresen stand.

„Na, was hab ich gesagt. Sie passt wundervoll zu deinen Augen.“ lächelte Haruka sie zufrieden an.

Michiru wurde tatsächlich ein wenig rot und griff zaghaft mit ihren Fingern zu dem Anhänger.

„Kann es sein, dass das dein Sternzeichen ist? Also Fische?“ fragte Haruka sie neugierig.

„Ja, ist es.“ antwortete die etwas verlegen.“

„Wann hast du eigentlich Geburtstag? Muss ja im Februar oder März sein.“

„Im März, am sechsten.“

„Gut zu wissen.“ grinste Haruka und hauchte ihr von hinten einen Kuss auf die Wange.

Wieder wurde die Türkishaarige etwas rot.

„Kann ich die Kette jetzt bitte wieder abnehmen, Haruka? Irgendwie fühl ich mich nicht wohl dabei sie zu tragen.“

„Wieso? Ich denk sie dir gefällt dir?“ war sie irritiert.

„Schon, aber ich hab nicht vor sie zu kaufen. Also hab ich auch kein Recht sie zu tragen.“

Haruka seufzte und nahm ihr die Kette wieder ab.

„Gefällt dir denn wenigstens etwas anderes hier, was auch deinen Preisvorstellungen entspricht?“

„Warum fragst du?“

„Sieh dich doch wenigstens mal um. Könnte doch sein.“

„Dagegen hab ich nichts, aber ich denke nicht, dass es hier etwas Günstigeres gibt.“

Trotzdem sah sich die Türkishaarige den Inhalt der Schaukästen etwas genauer an. Haruka indes drehte sich zu dem Verkäufer um und reichte ihm die Kette zurück, allerding fügte sie auch noch ihre Kreditkarte hinzu und gab dem Mann zu verstehen, dass er ihr die Kette einpacken solle, ohne das Michiru etwas davon mitbekam. Der Mann nickte mit einem zufriedenen Lächeln und ging nach hinten. In der Zeit sah sie sich mit der Türkishaarigen die anderen Sachen an und bot ihr noch das ein oder andere Stück an, doch lehnte sie alles ab. Als Haruka den Verkäufer wieder kommen sah, verschwand sie elegant von Michirus Seite, die gerade ein paar Ohrringe betrachtete, ohne dass sie etwas bemerkte. Sie gab dem Mann noch ein ordentliches Trinkgeld und ließ dann den kleinen Beutel in ihrer Hosentasche verschwinden. Genauso elegant wie sie verschwunden war, tauchte sie auch wieder neben Michiru auf, die gerade wieder aus ihrer gebeugten Position hochkam und sich zu ihr hindrehte.

„Ich denke, ich hab mich jetzt genug umgesehen. Ich brauch wirklich keinen so teuren Schmuck. Also können wir jetzt weiter?“

„Wie du möchtest. Ich wollte dir lediglich eine Freude machen.“ tat Haruka enttäuscht.

„Das hast du auch so.“ lächelte die Türkishaarige glücklich und hakte sich wieder bei ihr ein.

Also verließen die Zwei das Geschäft wieder und gingen die Einkaufspassage noch bis zu Ende entlang, ehe sie dann den Rückweg zum Auto einschlugen.

Haruka entführte ihren Engel auch noch den Rest des Tages an wundervolle Orte. Sie besuchten noch ein Museum, Sehenswürdigkeiten, die sie mit der Klasse noch nicht gesehen hatten und gingen in einem wunderschönen Park spazieren. Die ganze Zeit über unterhielten sie sich oder alberten zusammen herum. Kurz vor sieben kamen sie dann, doch etwas enttäuscht darüber, dass der Tag schon vorbei war, mit dem Auto vor dem Hotel wieder an.

„Wir müssen wohl wieder getrennt reingehen.“ seufzte Michiru.

„Ich würde dir ja gerne noch die Wagentür öffnen, doch fürchte ich, es ist schon riskant genug, dass wir hier zusammen im Auto sitzen.“ seufzte auch Haruka.

„Ist schon in Ordnung und du hast Recht. Also wir sehen uns gleich beim Essen.“ lächelte Michiru und öffnete schon die Tür.

„Ähm, warte. Sehen wir uns dann auch nach dem Essen wieder?“ fragte sie Hoffnungsvoll.

Ein grinsen trat in das Gesicht ihrer Lehrerin.

„Das werden wir auf jeden Fall, schließlich fliegen wir heute noch wieder nach Hause.“

„Was? Heute noch?“ war Haruka geschockt.

„Natürlich. Wusstest du das nicht?“

„Nein. Ich dachte erst morgen.“

„Du hast wohl die Zeitumrechnung vergessen. Wir fliegen heute Abend zurück und kommen morgen Abend bei uns an.“

„Oh. … Das heißt ja wir haben keine gemeinsame Nacht mehr zusammen.“ stellte Haruka enttäuscht fest.

„Nicht hier in Rom, zumindest nicht in einem Bett. Wir fliegen ja noch die gesamte Nacht zusammen zurück.“

„Werden wir denn wieder nebeneinander sitzen?“

„Weiß ich noch nicht. Mal sehen, ob ich es schaffe dir wieder das passende Ticket zu zuschieben.“

„Falls ich dir irgendwie dabei behilflich sein kann, sag es. Ich tu alles dafür.“

„Hhmm, wirklich alles?“

„Na klar.“

„Mal sehen, ob ich dein Angebot in Anspruch nehmen kann.“

„Gib mir einfach ein Zeichen. … Sehen wir uns denn trotzdem noch vor dem Flug?“

„Das hoffe ich. Komm einfach zu mir, wenn du deine Sache fertig gepackt hast, vielleicht bleibt uns ja noch ein bisschen Zeit.“ grinste ihre Lehrerin.

„Geht klar, Sensei.“

Und schon entschwand das Grinsen wieder aus Michirus Gesicht.

„Lass endlich dieses Sensei sein!“ beschwerte sie sich.

„Sieh du lieber zu, dass du hier raus kommst, dahinten laufen nämlich gerade ein paar meiner Klassenkameraden über die Straße.“ grinste Haruka triumphierend.

„Oh, Mist!“

Und schon sprang Michiru aus dem Wagen und ging eiligst ins Hotel rein. Haruka lachte noch vor sich hin und brachte dann den Wagen zurück. Zu Fuß machte sie sich von dort aus zurück ins Hotel und lief in der Eingangshalle ausgerechnet Kohara übern Weg.

„Tenoh-san! Wo haben Sie sich den ganzen Tag über rum getrieben?!“ verlangte er sofort zu wissen und baute sich wichtigtuerisch vor ihr auf.

„Das geht Sie überhaupt nichts an.“

Haruka wollte an ihm vorbei, doch er ließ sie nicht.

„Es geht mich sehr wohl etwas an. Sie hatten die Pflicht sich bei einem von uns Lehrern abzumelden, wenn Sie das Hotel verlassen würden.“

„Na, das hab ich auch getan.“

„Ich habe mich bei den anderen Lehrern erkundigt und Sie haben sich bei keinen von ihnen abgemeldet, also sparen Sie sich ihre Lügen.“

„Offenbar nicht bei allen, denn ich hab mich bei Kaioh-sensei abgemeldet. Wenn sie unbedingt wissen wollen wo ich mich den Tag über rumgetrieben habe, fragen Sie doch sie.“ grinste Haruka überlegen und ging einfach an ihm vorbei in den Speisesaal.

„Na, da hat aber jemand gute Laune. Ich brauch wohl nicht zu fragen mit wem du den Tag verbracht hast, was?“ grinste Takuya, als sich Haruka mit einem Teller zu ihm an den Tisch setzte.

„Nicht wenn du annimmst, dass eine Lehrerin dabei im Spiel war.“

„Hast du das Bett seit gestern Abend überhaupt verlassen?“

„Ob du es glaubst oder nicht, ja, hab ich.“

„Na, mach’s nicht so spannend. Erzähl schon, auch was gestern Abend noch passiert ist.“

Haruka seufzte erst mal und erzählte ihm dann die ganze Geschichte. Der Schwarzhaarige hörte aufmerksam zu und war einfach nur sprachlos als sie endete.

„Wow. … Na, das entwickelt sich gut.“

„Nur gut? Einfach fantastisch!“ stellte die Sportlerin klar.

„Von mir aus auch das.“ lachte er nur.

„Aber ganz im Ernst, ich freu mich für dich. Schade, dass dieses Lehrer-Schüler-Ding noch zwischen euch steht, ansonsten wärt ihr das perfekte Paar.“

„Wir sind aber gar kein Paar, falls ich dich daran erinnern muss.“

„Noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.“

„Meinst du echt?“

„Klar, wenn du ihr schon super teuren Schmuck kaufst. Wann hast du denn vor ihr die Kette zu geben?“

„Weiß ich noch nicht. Ihr Geburtstag is noch ein bisschen zu weit hin, aber vielleicht zu Weinachten oder schon früher. Mal sehen was sich so ergibt.“ zuckte sie mit den Schultern.

„Siehst du, du planst jetzt schon für die Zukunft mit ihr. Das heißt für mich, dass du nicht vor hast sie aufzugeben oder zu verlassen.“

„Hab ich auch nicht. Ich will wirklich mit ihr zusammen sein. Du hattest Recht, ich glaub… ich hab mich wirklich in sie verliebt.“ sagte Haruka leise und sah dabei zum Lehrertisch rüber, an dem auch die Türkishaarige saß.

„Na, endlich gibst du es zu! Hat ja auch lange genug gedauert.“ grinste Takuya.

„Hey, woher soll ich denn auch wissen, ob ich mich verliebt habe oder nicht, wenn ich doch keine Ahnung habe wie sich so was anfühlt?!“

„Ich geb dir ‘nen Tipp, genauso wie du dich jetzt fühlst.“

Haruka gab sich damit zufrieden und aß gedankenverloren ihr essen weiter auf.

„Und was ist mit ihrer Tochter?“ fragte Takuya etwas später.

„Was soll mit der sein?“

„Na, kommst du damit klar?“

„Das werd ich wohl müssen, wenn ich sie will.“

„Ja schon, aber du solltest dir der Ersthaftigkeit dessen was es bedeutete bewusst sein.“

„Das bin ich, glaub mir. Ich hab keine Ahnung ob ich so was wirklich kann aber wenn die Kleine mich in der Rolle akzeptiert und Michiru auch mit mir zusammen sein will, werd ich es auf jeden Fall versuchen. Ich hab die Kleine echt gern, also warum nicht?“

„Find ich gut. Du scheinst ja richtig vernünftig geworden zu sein. Kaioh-sensei tut dir echt gut.“ lachte der Junge.

„Was bitte soll das denn heißen?“

„Ach, nichts.“

Haruka betrachtete den Schwarzhaarigen skeptisch, wie der offenbar versuchte nicht laut los zu lachen. Bevor sie aber dazu kam etwas zu sagen erklang plötzlich die Stimme des Japanisch Lehrers durch den Saal.

„So, meine Lieben. Ich denke es ist nun an der Zeit Sie über unseren Rückflug zu informieren. Unser Flug geht um kurz vor Mitternacht und um halb zehn wird uns ein Bus von hier aus zum Flughafen bringen. Es ist jetzt … kurz nach acht also haben Sie noch etwas Zeit ihr Gepäck einzupacken, sollten Sie dies nicht schon getan haben, und ihr Zimmer in Ordnung zu bringen. Es ist ja wohl hoffentlich überflüssig zu erwähnen, dass das Zimmer in genau demselben Zustand verlassen wird, in dem Sie es vorgefunden haben. Also wenn Sie den Speisesaal verlassen, holen Sie sich bitte noch bei uns Ihre Bordkarte ab, die Sie dann gut Aufbewahren. Um spätestens viertel nach neun sind Sie dann vor dem Eingang des Hotels, mit ihrem Gepäck und Bordkarte, damit die Reise losgehen kann. … Nun gut, das wär‘s.“

Damit setzte sich der Mann wieder und es wurde wieder Laut im Saal, wobei sich auch schon einige Schüler erhoben und auf den Lehrertisch zu stürmten.

„Okay, ich werd dann auch schnell nach oben gehen. Ich hab noch rein gar nichts gepackt.“ sagte Haruka und stand auf.

„Das wundert mich nicht.“ lachte Takuya und aß noch sein essen zu Ende.

Haruka quetschte sich durch die Menge und blieb erst stehen, als sie ihre Lehrerin sehen konnte. Alle fünf Lehrer hatten einen Stapel mit Flugtickets in der Hand, die sie nach und nach verteilten und gleichzeitig die Namen in einer Liste abhakten. Zufrieden stellte die Sportlerin fest, dass Michiru zwei, oder waren es sogar drei? Haruka konnte es nicht genau erkennen aber zwischen denen und dem restlichen Stapel hatte sie einen Finger gelegt. Offenbar waren diese Tickets bereits reserviert. Die Türkishaarige entdeckte sie und lächelte ihr kurz unauffällig zu, dann kam noch ein zaghaftes Nicken hinzu, welches Haruka als Zeichen deutete jetzt vor zu treten. Sie schob ein paar Schüler beiseite und trat direkt vor sie.

„Tenoh-san, ich hoffe Sie hatten einen angenehmen Tag.“

„Danke, ja.“

Haruka grinste viel breiter als es in so einer unverfänglichen Situation normalerweise üblich wär, aber es war im Moment so voll und laut um sie herum, dass es eh niemand mitbekommen hätte.

„Ich hoffe Sie haben schon gepackt.“

„Nein, das werde ich jetzt in Angriff nehmen.“

„Lassen Sie sich nicht allzu viel Zeit, sonst bleiben Sie hier.“

„Und das wollen wir doch nicht.“

Schon wieder konnte Haruka sich ihr schiefes Grinsen nicht verkneifen und sah der Türkishaarigen tief in die Augen.

„Hier ihre Karte. … Wollen Sie für Niwa-san auch gleich eine mitnehmen?“ holte die Lehrerin sie in die Realität zurück.

Jetzt kapierte Haruka wofür die dritte Karte war.

„Klar.“ grinste sie.

Sie nahm ihrer Lehrerin die Karten aus der Hand, wobei sie sehr viel mehr der Hand berührte als hätte sein müssen, und drängte sich dann, nach einem letzten Blick wieder durch die Menge. Nun ging sie natürlich erst mal wieder zu Takuya.

„Hier, deine Karte.“

„Äh, was? … Du hättest mir doch nicht unbedingt eine mitbringen müssen.“

Haruka setzte sich wieder ihm gegenüber an den Tisch und lehnte sich etwas zu ihm vor.

„Michiru hat mir die Karte für dich gegeben, damit wir wieder zusammen sitzen können.“

„Ach ne, dann war mein Sitzplatz beim letzten Mal also auch kein Zufall?“

„Anscheinend nicht.“

„Diese Frau ist echt schlau.“ schüttelte er nur ungläubig mit dem Kopf und nahm der Blonden die Karte ab.

„Natürlich ist sie das, was hast du denn gedacht?“

Takuya verdrehte daraufhin nur die Augen.

„Na los, mach schon dass du hoch kommst. Du hattest doch noch was vor, oder nicht?“

„Ja, nur fürchte ich, dass ich mir damit Zeit lassen kann. So schnell wird sie wohl nicht nachkommen können.“

Trotzdem stand Haruka auf.

„Also bis nachher.“ sagte sie noch und ging nach oben.

„Is gut.“ winkte Takuya ihr hinterher und aß weiter.

Nebenbei sah er sich sein Flugticket etwas genauer an. Hhmm, wenn er die Karte richtig deutete, hatte er einen Platz am Gang. Müsste nicht eigentlich Haruka dort sitzen? Naja, vielleicht hatte die Sportlerin ihm ja einfach nur das falsche Ticket gegeben. Er zuckte mit den Schultern, steckte die Karte ein und machte sich dann auch auf den Weg nach oben.

Aufbruch

Michiru hatte sich in der zwischen Zeit schon etwas überlegt um schneller von hier wegzukommen. Es war gerade etwas ruhiger um den Tisch geworden, aber viele Schüler saßen noch an ihren Plätzen und aßen ihr Essen zu Ende, somit hatten auch alle Lehrer noch ihren Stapel Tickets. Kohara war gerade der einzig andere Lehrer der auch keinen Schüler um sich hatte und das kam Michiru jetzt sehr gelegen. Sie beugte sich etwas zu ihm hin, damit er sie besser verstehen konnte.

„Kohara-sensei, würden Sie mir vielleicht einen Gefallen tun?“

Sie versuchte ihn so gut es ging anzulächeln, obwohl es sie total anekelte.

„Aber natürlich, Kaioh-sensei. Was kann ich denn für Sie tun?“

Michiru wollte gar nicht wissen was dem Typen gerade alles durch den Kopf ging, so wie der guckte.

„Wissen Sie, ich bin heute noch nicht dazu gekommen zu packen und ich fürchte, wenn ich nicht jetzt damit anfange schaffe ich es nicht mehr rechtzeitig.“

„Oh, kein Problem. Ich helfe Ihnen gern dabei.“

»Was??? … Der Kerl spinnt doch wohl!« Michiru musste sich wirklich zusammen reißen keinen zu sehr entsetzten Gesichtsausdruck aufzusetzen.

„Nein-nein, Kohara-sensei. Danke, aber das schaffe ich schon noch alleine. Ich würde Sie nur bitten meine Bordkarten ebenfalls zu verteilen, damit ich schon mal hochgehen kann. … Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar.“ fügte sie noch mit einem, wieder aufgezwungenem Lächeln hinzu.

„Oh, ähm, natürlich, kein Problem.“ kam es doch etwas enttäuscht von ihm zurück.

„Vielen Dank.“

Michiru legte ihm die Karten auf den Tisch und stand auf.

„Warten Sie, was ist mit Ihrer Karte? … Hier, Sie brauchen doch auch eine.“

Der Kerl reichte ihr eine von seinen Karten und ihr war klar, dass sie damit garantiert neben ihm im Flugzeug landen würde.

„Oh, danke. Aber ich habe bereits mein Flugticket.“

Damit ließ sie ihn stehen oder besser sitzen und verließ den Speisesaal. Im Eiltempo ging sie zum Fahrstuhl und fuhr damit in den siebten Stock. Sie beschloss sich wirklich erst mal um ihr Gepäck zu kümmern. Haruka würde schon bei ihr auftauchen sobald sie fertig war. In ihrem Zimmer angekommen, holte sie ihren Koffer unterm Bett hervor und fing dann an zu packen. Irgendwie freute sie sich doch, dass es zurück nach Hause ging. Sie hatte die Zeit hier zwar genossen aber sie vermisste Hotaru inzwischen doch sehr. Bei dem Gedanken an die Kleine glitt ihr ein Lächeln über die Lippen und sie packte noch etwas schneller.
 

Haruka war eigentlich schon fertig damit. Sie hatte all ihre Sachen vom Boden genommen und einfach in die Tasche gestopft. Sie musste zwar ein bisschen quetschen, aber es passte schon. Sie holte nur noch die paar Sachen aus dem Bad, stopfte sie auch noch hinzu und machte noch das Bett. Für sie sah jetzt alles in Ordnung aus, also im Prinzip konnte sie gehen. Nur wusste sie ja nicht, ob Michiru immer noch unten war oder nicht. Sie beschloss einfach mal nachzusehen. Ihre Tasche nahm sie vorsichtshalber schon mal mit. Auf dem Flur war keiner zu erkennen also ging sie eine Tür weiter und klopfte an. Ein paar Sekunden später öffnete sich die Tür und ein Engelsgesicht lächelte sie freudig an.

„Da bist du ja schon.“

„Und du bist auch schon hier? Ich dachte, du würdest noch ein bisschen länger da unten rumsitzen.“ wunderte sich Haruka und folgte der Türkishaarigen nach drinnen.

Sie schloss die Tür hinter sich und ließ ihre Tasche hier auf den Boden fallen.

„Ich habe einen Idioten gefunden, der meine Arbeit übernimmt.“ grinste Michiru und packte weiter ihre Sachen ein.

„Der Kerl ist nicht zufällig ein Geschichtslehrer, oder?“ fragte Haruka spielerisch nach und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen.

„Hhmm, möglich.“

„Ich glaub, ich will gar nicht wissen, was du getan hast, um ihn dazu zu bewegen.“

„Dafür war wirklich nicht besonders viel nötig. Es war schwieriger ihn davon abzuhalten mir aufs Zimmer zu folgen.“

„Was?“ fragte Haruka geschockt.

Von ihrer Lehrerin kam daraufhin en kichern.

„Reg dich nicht auf. Ich übertreib nur ein bisschen.“

„Das will ich hoffen.“ war sie doch ein bisschen eingeschnappt.

Haruka beobachtete ihre Lehrerin ein paar Minuten, wie sie ihre Sachen aus dem Schrank holte und fein säuberlich in ihren Koffer legte. Sie musste sich eingestehen, dass es doch das komplette Gegenteil von dem war, wie sie ihre Tasche gepackt hatte.

„Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?“ fragte sie dann, in der Hoffnung das Ganze ein wenig zu beschleunigen und hier nicht so blöd rumstehen zu müssen.

„Du möchtest mir wirklich helfen?“ kam es ungläubig von Michiru zurück.

„Na klar. Je schneller dein Koffer gepackt ist, desto eher kann ich mich dir widmen.“ grinste Haruka.

„War ja klar. Aber gut, wenn du mir helfen willst, könntest du schon mal meine Sachen aus dem Bad holen. In dem kleinen Schrank dort findest du eine Kulturtasche, da räumst du die Sachen auf der Ablage bitte rein.“

„Okay.“

Also begab sich die Sportlerin ins Badezimmer. … Mit geweiteten Augen blieb sie vor dem Spiegel mit der Ablage davor stehen. »Ach, du Schreck! … Was is ‘n das alles für Zeug?« Die gesamte Ablage war überfüllt mit kleinen Fläschchen und Behältern, die sich schon fast türmten. Haruka hatte noch nie verstanden wofür Frauen so unzählige Dinge brauchten. Sie besaß nicht mal die Hälfte davon und Schminke schon gar nicht. Sie schüttelte einmal kurz mit dem Kopf und machte sich nicht weiter Gedanken darüber, stattdessen ging sie zu dem kleinen Schrank hier drinnen und fand die von Michiru erwähnte Tasche. Vorsichtig, um ja nichts kaputt zu machen und in der Hoffnung Michirus Ordnung nicht zu sehr durcheinander zu bringen, platzierte sie die Sachen in die Tasche. Mit etwas gewallt schaffte sie es auch den Reisverschluss komplett zu zuziehen und ging dann wieder zu der Türkishaarigen ins Schlafzimmer zurück.

„So, ich denke ich hab alles drinnen aber vielleicht guckst du selber noch mal im Badezimmer nach, ob ich auch nichts vergessen habe.“

„Ja, das mach ich. Danke.“

Sie nahm Haruka die Tasche ab und legte sie in ihren Koffer, drehte sich dann wieder zum Schrank und holte noch die restlichen zwei Sachen heraus. Die Blonde hatte ihren Blick in den Koffer geworfen und entdeckte dort etwas, das da eigentlich nicht hingehörte.

„Sag mal, hab ich da vielleicht was nicht mitbekommen?“ fragte sie, griff in den Koffer und holte hinaus, was ihrer Aufmerksamkeit gegolten hatte.

„Was meinst… Oh.“

Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem leichten Grinsen hielt Haruka eines ihrer Hemden vor sich an den Körper und sah ihre Lehrerin erwartend an.
 

„Ach, weißt du… ich … es hat so gut gepasst und da dachte ich … du hast doch eh schon so viele und … und du würdest eins weniger schon nicht vermissen.“ stotterte Michiru verlegen und sah auf den Boden.

Ihre Wangen liefen hochrot an und ihr war die Sache wirklich ziemlich peinlich. Sie hatte völlig vergessen, dass sie eines von Harukas Hemden an sich genommen hatte und auch eben nicht bemerkt, es in den Koffer gelegt zu haben.

„Das ist mein Lieblingshemd.“ kam es empört von der Sportlerin.

Michiru sah immer noch nach unten, weshalb sie das belustigte Grinsen in ihrem Gesicht nicht sah.

„Tut mir Leid. Du kannst es natürlich wiederhaben.“

Um irgendwie dieser Situation zu entkommen packte Michiru schnell die zwei Sachen, die sie noch auf dem Arm hatte in den Koffer und wollte ins Badezimmer gehen, um nachzusehen, ob noch was fehlte. Sehr weit kam sie aber nicht, denn sie wurde am Handgelenk festgehalten und nach hinten rumgedreht.

„Weißt du, du hast ziemlich süß darin ausgesehen. Es wäre doch eine Schande es dir nicht zu überlassen.“

Michirus Herz fing an zu rasen und ihre Wange glühten noch mehr vor Hitze. Haruka hatte sie direkt in ihre Arme gedreht und ihre Gesichter trennten nur wenige Zentimeter. Dieses verführerische Grinsen ließ Michirus Knie weich werden. Zu sprechen wäre sie jetzt nicht in der Lage gewesen und zum Glück verlangte das gerade auch keiner.

„Ich liebe es, wenn du rot wirst, wirklich.“ hauchte Haruka ihr auch noch entgegen und nun war wirklich kein klarer Gedanke mir in Michirus Kopf.

Sie spürte wie sich Harukas Lippen auf die ihren legten und sie in einen leidenschaftlichen Kuss verführten. Wie von selbst schloss sie die Augen und erwiderte ihn voller Hingabe. Sie legte ihre Hände in den Nacken der Blonden und zog sich enger an sie heran. Ihretwegen hätte der Kuss für die Ewigkeit andauern können, doch leider musste sie irgendwann Luft holen.

„Schade, dass wir nicht noch mehr Zeit haben.“ kam es etwas außer Atem von Haruka.

„Ja, finde ich auch, aber irgendwie freu ich mich auch auf zu Hause.“

„Na, dann wollen wir mal weiterpacken. Oder bist du schon fertig?“

„Ich seh mich nochmal kurz überall um.“

Damit löste sich Michiru schweren Herzens aus ihrer Umarmung und ging noch mal durchs ganze Zimmer, sowie Bad und Flur. Sie konnte nichts mehr finden, also schloss sie den Koffer auf ihrem Bett und hievte ihn runter. Das heißt, sie wollte es, doch Haruka griff noch rechtzeitig ein und nahm ihr das Teil ab. Die Sportlerin brachte ihn in den Flur, wo auch ihre Tasche lag und Michiru machte noch schnell das Bett.

„So, und was machen wir jetzt noch?“ fragte Haruka, als sie zurück in den Raum kam.

Ihr Blick verriet eigentlich schon, dass für sie nur eine einzige Sache in Frage kam.

„Wie viel Zeit bleibt uns denn noch?“ wollte Michiru erst mal wissen.

„Hhmm, es ist viertel vor neun, also haben wir noch eine Ganze halbe Stunde Zeit!“ freute sich die Sportlerin und warf sich einfach aufs Bett.

„Haruka! Das Bett hab ich gerade gemacht!“

„Dann machst du es eben gleich noch mal.“

Ohne Vorwarnung oder ihr Zeit zu geben zu widersprechen, griff die Blonde nach ihrem Handgelenk und zog sie zu sich ins Bett.

„Eine halbe Stunde ist doch völlig ausreichend, um unseren Kuss von eben noch weiter zu intensivieren.“

Haruka hatte Michiru schon unter sich platziert und fing an ihren Hals begehrlich zu küssen. In Michirus Kopf drehte sich schon wieder alles aber sie riss sich zusammen.

„Tut mir Leid. Aber eine halbe Stunde hab ich nicht.“

„Was? Wieso nicht?“ sah die Blonde verwirrt zu ihr auf.

„Wir Lehrer müssen schon früher am Bus sein.“

„Das is nicht dein Ernst.“

„Leider doch.“

„Ach, so ein Mist!“

Genervt drehte sich Haruka von ihr runter und verschränkte die Arme hinterm Kopf.

„Es tut mir wirklich leid. Ich würde auch lieber weitermachen.“ versuchte Michiru sie aufzuheitern und drehte sich dabei auf die Seite.

„Ist ja nicht deine Schuld. Was soll‘s, wir werden das hier ja wohl noch öfter tun können, oder?“

„Davon gehe ich aus.“

„Na also. Wann musst du denn jetzt unten sein?“

„Der Bus ist für neun Uhr bestellt und spätestens dann sollte ich unten sein.“

„Dann haben wir ja doch noch etwas Zeit.“ grinste Haruka und strich ihr einmal zärtlich übers Gesicht.

„Ich muss aber auch noch meinen Koffer nach unten schleppen.“

„Das wirst du schön bleiben lassen. Ich mach das für dich.“

„Haruka, ich denke es ist keine gute Idee, wenn du das machst. Man könnte dich sehen.“

„Na und? Was ist denn falsch daran, wenn ich meiner zierlichen Lehrerin dabei helfe ihr schweres Gepäck zu tragen?“

„Hey, so zierlich bin auch wieder nicht.“

„Aber zierlicher als ich. Und ich möchte nicht, dass du dich mit diesem schweren Ding abschleppst. Also es mir völlig egal, was die anderen oder auch Kohara davon halten, ich nehme den Koffer.“ bestimmte die Sportlerin und das in einem Ton, der keine Widerrede duldete.

„Na, schön. Pass aber trotzdem ein bisschen auf, ja?“

„Natürlich.“

Haruka strich Michiru immer noch übers Gesicht und das löste ein wohliges Kribbeln in ihrem ganzen Körper aus. Sie schaffte es nicht ihrem Drang zu wiederstehen, beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Nach kurzer Zeit beendete sie ihn aber wieder.

„Na komm, dann lass uns los.“ sagte sie noch etwas benebelt.

Haruka nickte nur und stand dann nach Michiru auch aus dem Bett.

„So, jetzt hilf mal schön das hier wieder glatt zu bekommen. Das ist deine Schuld.“

Mit einem gespielt ernstem Blick deutete Michiru auf das Bett.

„Ach, die paar Fältchen. Einmal kurz aufgeschüttelt … und schon sind sie weg.“ grinste die Sportlerin und tat genau das, was sie sagte.

„Naja, fast.“

Michiru strich doch noch mal mit der Hand überall drüber, um auch wirklich alles glatt zu bekommen.

„Vielleicht sollte ich mir zur Sicherheit auch noch mal dein Zimmer ansehen. Wer weiß, was für ein Chaos du da hinter lassen hast.“

„Du traust mir wohl überhaupt keine Ordnung zu, was?“

„Noch nicht so wirklich.“

„Bitte, tu dir keinen Zwang an.“

Haruka holte ihre Schlüsselkarte aus der Tasche und gab sie der Türkishaarigen.

„Danke, die hättest du mir eh gleich zurückgeben müssen.“

„Sag bloß, du musst die Dinger auch noch alle wieder einsammeln?“

„Na klar.“

Von Haruka kam ein genervtes Stöhnen, offenbar gefiel ihr das nicht.

„Wir könnten da unten doch sowieso nicht zusammenstehen also ist es doch egal, ob ich noch ein paar Karten einsammeln muss oder nicht.“

„Ja, okay.“ seufzte die Sportlerin und ging schon mal in den Flur um ihre Tasche zu Schultern und den Koffer anzuheben.

„Können wir dann?“

Michiru nickte freudig und folgte ihr nach draußen.

„Ich denk, du willst noch mal in mein Zimmer gucken?“ fragte Haruka irritiert, da Michiru den Weg Richtung Fahrstuhl eingeschlagen hatte.

Sie drehte sich wieder zu der Blonden um und lächelte sie sanft an.

„Ich vertrau dir, Haruka. Ich muss nicht noch mal nachschauen.“

„Ach, jetzt auf einmal?“

„Das war doch gar nicht so ernst gemeint. Komm jetzt, sonst geh ich ohne dich.“

Kopfschüttelnd folgte Haruka ihr. Der Fahrstuhl brauchte noch ein paar Minuten, ehe er bei ihnen ankam und zum Glück war er leer. Sie stiegen ein und standen schweigend nebeneinander. Bis die Blonde die Stille durchbrach.

„Krieg noch ‘n Kuss?“

„Was?“

„Bitte, is vielleicht die letzte Gelegenheit.“

Eigentlich fand Michiru das viel zu riskant. Die Fahrstuhltüren konnten schließlich jederzeit aufgehen, andererseits war es vielleicht wirklich die letzte Gelegenheit. Wer weiß, ob sie sich nicht erst am Montag wiedersahen und es davor auch keine Chance mehr gab alleine zu sein.

„Na gut, aber nur kurz.“

Haruka grinste, ließ den Koffer und ihre Tasche fallen und nahm ihr Gesicht in ihre Hände. Michiru griff ihrerseits in ihr Hemd und so fanden sich ihre Lippen. Beide vergasen augenblicklich, wo sie sich befanden und wurden nur leidenschaftlicher in ihrem tun. Dass die Fahrstuhltüren gerade aufgingen, bekamen sie gar nicht mit. Nach ein paar Sekunden war auch noch ein Räuspern zu hören.

„Ähm, ich stör euch ja nur ungern aber … findet ihr das nicht ein bisschen riskant?“

Schnell fuhren die beiden Frauen auseinander und sahen erschrocken zur Seite.

„Gott, Takuya! Musst du uns so erschrecken?“ zischte Haruka den schwarzhaarigen Jungen an, der da, mit seiner Tasche vor dem Fahrstuhl stand.

„Du kannst vom Glück reden, dass nur ich das bin. Stell dir vor einer der Lehrer hätte hier gestanden.“

Damit gesellte sich der Junge mit zu ihnen in den kleinen Raum. Michiru hätte eben beinahe einen Herzinfarkt bekommen. Sie stand immer noch ziemlich geschockt mit dem Rücken an der einen Wand und hielt sich die Hand vor die Brust.

„Trotzdem hättest du uns nicht so erschrecken brauchen.“ sagte Haruka und stellte sich wieder gerade hin.

„Nein, er hat Recht, Haruka. Das war eine dumme Idee.“

„Naja, is ja noch mal gut gegangen.“ grinste Takuya jetzt.

„… Was grinst du denn so blöd?“ fragte Haruka nach, da er überhaupt nicht mehr aufhörte.

„Ach, ich kann nur noch nicht so richtig glauben, was ich gerade gesehen hab.“

„Wieso? Du wusstest doch davon.“

„Ja, aber nur davon zu hören oder es mit eigenen Augen zu sehen, sind doch zwei verschiedene Dinge.“

Michiru lief schon wieder rot an. Das war ihr wirklich äußerst peinlich. Warum nur hatte sie diesem Kuss zugestimmt?

„Das muss Ihnen nicht peinlich sein, Kaioh-sensei. Ich werd‘s schon niemandem verraten.“

„Danke, Niwa-san. Das ist wirklich nett von Ihnen.“ sagte sie etwas verlegen.

„Ach was, kein Problem. … Übrigens hat Kohara-sensei Sie heute den ganzen Tag über wie ein verrückter gesucht. Dich auch Haruka.“

„Ja, ich bin ihm schon übern Weg gelaufen. Hat sich total aufgeregt, dass ich mich nicht bei einem der Lehrer abgemeldet hab. Ich hab ihm dann übrigens gesagt, dass ich mich bei dir abgemeldet hätte.“ fügte Haruka noch an Michiru gewandt hinzu.

„Gut, dann weiß ich Bescheid. Zu mir hat er allerdings noch nichts gesagt.“

„Kommt bestimmt noch.“ mutmaßte Haruka.

„Aber anscheinend ahnt er schon was, wenn er nach uns beiden sucht.“

Michiru gefiel der Gedanke überhaupt nicht.

„Ich fürchte ja. So versessen wie er darauf aus war, euch in den letzten Tagen zu trennen. Ich denke, ihr solltet, besonders vor ihm einen großen Abstand zwischen euch bringen.“ sagte Takuya warnend.

„Dann darfst du meinen Koffer wirklich nicht weiter tragen, Haruka. Wenn er das sieht…“

„Aber du wirst ihn auch nicht tragen!“ stellte die Sportlerin klar.

„… Na, dann nehm ich ihn eben.“

„Das würden Sie machen, Niwa-san?“ fragte Michiru noch mal nach, da sie das für eine ziemlich gute Idee hielt.

„Klar, ist doch selbstverständlich.“

„Na gut.“ stimmte auch Haruka zu, hob erst mal ihre Tasche vom Boden auf und übergab ihm dann den Koffer.

„Dann geh ich wohl am besten gleich schon mal vor.“ fügte sie noch hinzu.

„Nein. Du solltest hier warten. Wir gehen vor.“ sagte Takuya.

„Wieso?“

„Weil du nicht gerade für deine Pünktlichkeit bekannt bist, Haruka.“

„Was soll das denn heißen?“

„Dass es weniger auffällig ist, wenn wir vor dir da sind.“ grinste der Junge.

Michiru beobachtete belustigt wie Haruka beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte und ihn finster anblickte.

„Von mir aus.“ kam es dann eingeschnappt aus ihr raus.

Takuya grinste auch vor sich hin und hob den Koffer, den Haruka ihm, dank seines Kommentares, mit einem erschütternden Laut, einfach vor die Füße hatte fallen lassen, an.

„Oh Mann, der is aber schwer. Was haben Sie denn da alles drinnen?“

Ihm verging das Lachen augenblicklich und er sah fragend zu seiner Lehrerin rüber, die daraufhin etwas verlegen aussah, während Haruka jetzt das Grinsen ins Gesicht bekam.

„Ha, und du willst ein Mann sein? Also ich fand den Koffer überhaupt nicht schwer.“ meinte sie arrogant.

„Aber klar, rede dir das nur ein. Wenn ich ihn schon schwer finde, musst du ihn doch erst Recht schwer gefunden haben. Du magst zwar, für eine Frau ziemlich stark sein aber…“

„Aber was? Glaubst du etwa, du bist stärker als ich?“

„Na, klar.“

„In dein Träumen vielleicht. Aber gut, die Herausforderung nehme ich gerne an. Fang aber bloß nicht an zu heulen, wenn du feststellst, von einer Frau fertig gemacht worden zu sein.“

„Also, wenn hier einer heulen wird, dann ja wohl du. Aber keine Angst, ich schlage mich nicht mit Frauen.“

„Du hast doch nur schiss zu verlieren.“

„Ich hab…“

„Leute, muss das sein? Ihr benehmt euch ja wie im Kindergarten.“ unterbrach Michiru endlich das Spektakel.

Sie hatte nur ungläubig von einem zum anderen geblickt und letztendlich mit einem Seufzer die Augen verdreht.

„Er hat angefangen.“ zeigte Haruka mit dem ausgestreckten Finger auf Takuya.

»Das unterstreicht es jetzt nur noch.« Beinahe hätte sie das laut gesagt, doch sie konnte es sich gerade noch so verkneifen. Die Sportlerin verschränkte währenddessen wieder beleidigt die Arme vor der Brust und der schwarzhaarige Junge fing erneut an zu lachen.

„Sagen Sie Kaioh-sensei, sind Sie sich wirklich sicher mit unserer Rennfahrerin hier? Ich mein, Sie haben doch schon ein Kind, oder? Brauchen Sie da wirklich noch eins?“

Von Haruka war schon ein leichtes knurren zu vernehmen, doch bevor sie dazu kam etwas zu sagen oder einfach auf ihn los zu gehen, ging die Fahrstuhltür auf. Die drei machten sich schnell daran auszusteigen, denn es waren viele Leute davor.

„Also gut, du wartest noch ein paar Minuten hier, bis du nachkommst, okay?“ fragte Michiru an Haruka gewandt, nachdem sie sich an den Leuten vorbei gezwängt hatten und jetzt am Rande der Lobby standen.

„Okay, is gut.“

Eigentlich hätte Michiru ihr liebend gern noch einen Kuss gegeben, aber dafür waren sie im Moment einfach viel zu öffentlich. Also schenkte sie ihr nur einen vielsagenden Blick und drehte sich dann um. Takuya folgte ihr mit dem Koffer in der Hand, während Haruka ihren Freund noch einmal warnend ansah.

„Ich danke Ihnen wirklich noch mal dafür, dass Sie meinen Koffer tragen, Niwa-san. Und auch, dass Sie unser Geheimnis waren.“

„Ach was, is doch selbstverständlich. Also den Koffer hätte ich Ihnen auch so abgenommen. Was den anbelangt, hatte Haruka Recht, dass Sie Ihn nicht tragen sollten.“

„Tut mir leid, dass er so schwer ist. Aber ich schwöre, das meiste Gewicht kommt vom Koffer selbst.“ sagte sie etwas verlegen.

„Ja, bei dem alten Ding, kann ich mir das sogar vorstellen. Ist ja schon fast Antik.“

Er betrachtete den Koffer etwas Genauer.

„Ein altes Familienerbstück.“

„Ach so. … Oh, sehen Sie mal, da ist Kohara-sensei.“

Die Zwei waren mittlerweile vor dem Hotel angekommen und waren nur noch wenige Meter von dem großen Reisebus entfernt, der sie zum Flughafen bringen würde. Einzelne Schüler und Lehrer standen schon davor und einer von ihnen war Kohara. Er hatte Michiru entdeckt und sah mit einem skeptischen Blick den Jungen neben ihr an.

„Gefällt ihm offenbar gar nicht, dass ich Ihren Koffer trage.“ schmunzelte Takuya.

„Scheint so. Aber was will er schon dagegen tun?“

Die Beiden kamen beim Bus an und Takuya verfrachtete den schweren Koffer und seine Tasche zu den anderen Gepäckstücken hinzu.

„Vielen Dank, Niwa-san. Das war wirklich sehr aufmerksam von Ihnen.“ sagte Michiru, extra laut, damit Kohara sie auch hören konnte.

„Ach was, kein Problem. Sagen Sie einfach Bescheid, wenn Sie wieder Hilfe brauchen.“

Takuya hatte ihr in derselben Lautstärke geantwortet und entfernte sich dann mit einem Nicken von ihr. Michiru nickte ebenfalls unauffällig und ging dann zu den anderen Lehrern hinüber. Sie begann noch von jedem Lehrer und Schüler die Schlüsselkarten einzusammeln und nachdem sie alle Beisammen hatte, brachte sie sie zur Rezeption zurück und checkte aus. Danach begab sie sich wieder zum Bus.
 

Nach zwanzig Minuten kam Haruka auch endlich beim Bus an. Sie war der Meinung, dass, wenn sie schon für ihre Unpünktlichkeit bekannt war, das auch ruhig so bleiben konnte. Sie warf ihre Tasche in den Bus und gesellte sich dann zu Takuya.

„Na, bist du auch endlich da.“

„Halt die Klappe. Du sagtest doch, dass ich immer zu spät komme. Ich wollte dem nur gerecht werden.“

„Tja, du bist aber noch pünktlich. Also so gerade eben noch.“

„Ich hatte keine Lust mehr da dumm rumzustehen, das kann ich auch hier. Also hat Kohara irgendetwas gesagt?“ fragte sie ihn und warf dabei einen Blick auf ihre Türkishaarige Lehrerin, die bei den anderen Lehrern am Bus stand, und sie offenbar auch entdeckt hatte. Sie musste sich wirklich Mühe geben nicht zu Grinsen.

„Nein, nur blöd geguckt.“

„Gut.“

Bevor die Beiden weiterreden konnten, wurden sie von Hirai, dem Japanisch Lehrer unterbrochen. Er bat die Schüler auf, sich jetzt bitte alle in den Bus zu begeben. Es dauerte auch noch mal eine Zeit lang bis alle drinnen waren und die Fahrt endlich losgehen konnte. Am Flughafen war es das gleiche Chaos, wie schon am Hinflug. Die Lehrer hatten sichtlich Mühe alle Schüler beisammenzuhalten und durch die Sicherheitskontrollen zu bekommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen sie dann endlich im Flugzeug an und konnten ihre Plätze suchen. Haruka hatte ihre Lehrerin leider völlig aus den Augen verloren, also wusste sie nicht, ob diese schon auf ihrem Platz saß oder nicht. Sie ging hinter Takuya einen der schmalen Gänge entlang und vertraute darauf, dass er ihre Plätze schon finden würde, denn sie hatte keine Lust darauf zu achten. Sie versuchte lieber etwas Türkisenes zu entdecken. Das war aber gar nicht so einfach, denn dieses Flugzeug war sehr viel größer als das auf ihrem Hinflug. Das hatte nur einen Gang gehabt und jeweils eine Zweierreihe auf jeder Seite. Dieses hier hatte zwei Gänge, jeweils eine Dreierreihe an den Außenseiten und eine Vierer in der Mitte.

„Ah, hier. Das sind unsere Plätze.“ riss Takuya Haruka aus ihrer Abwesenheit und ließ sie nach vorne gucken.

Er deutete auf eine der Dreierreihen am Fenster.

„Also, nach meiner Karte sitze ich am Gang. Das heißt wohl du sitzt in der Mitte, oder?“

„Ähm …“

Haruka kramte jetzt doch ihre Karte aus der Hosentasche raus.

„… Ja, sieht ganz so aus. … Warte, heißt das Michiru sitzt direkt neben mir? … Am Fenster?“

Ungläubig sah sie ihre Karte an, und die drei Sitzplätze.

„Keine Ahnung, du hast doch mit ihr Gesprochen.“

„Hey, Leute! Seid ihr bald mal fertig hier? Hinter uns staut sich schon alles!“ unterbrach sie ein Junge von hinten in ziemlich giftigen Tonfall, der ebenfalls auf ihre Schule ging.

„Jetzt halt mal die Luft an. Wir sind fertig wenn wir fertig sind, klar!“ fauchte Haruka zurück.

Bevor die ganze Sache noch eskalierte griff Takuya lieber ein und schob die Blonde in die Sitzreihe hinein. Sie grummelte noch irgendetwas unverständliches, während die Leute im Gang sich weiter vorwärts bewegten. Sie setzte sich auf ihren Platz und sah sich noch einmal ihr Ticket an.

„Glaubst du wirklich sie hat uns so dicht nebeneinander gesetzt? Dafür, dass sie sonst so vorsichtig ist, wäre das doch ziemlich riskant.“

„Wir werden ja sehen, wo sie sitzt. Wenn sie doch auf der anderen Seite des Ganges sitzt, tauschen wir einfach.“

„Aber da sitzt schon jemand.“ sagte Haruka, nachdem sie an ihm vorbei gespäht hatte.

„Oh. … Na, dann sitzt sie wirklich neben dir. Ich find‘s zwar auch ein bisschen auffällig, aber sie wird schon wissen was sie tut. Und im Flugzeug sieht man ja nicht sofort wo jemand sitzt. Hoffen wir nur Kohara-sensei ist weit genug von uns entfernt.“

„Ja. Von mir aus kann er auch gleich hier bleiben.“

Takuya lachte nur darüber und machte es sich in seinem Sitz bequem. Haruka steckte indes ihre Karte wieder ein, und hoffte wirklich Michiru würde neben ihr sitzen. Ganze dreizehn Stunden direkt neben ihrem Engel! Und dieses Mal konnte sie sogar mit ihr reden. … Eventuell sogar berühren. Ein freches breites Grinsen trat in ihr Gesicht. Jetzt konnte sie es kaum noch erwarten Michiru neben sich zu haben.

Ein sehr langer Flug

Über eine halbe Stunde lang zwängten sich noch die Menschen in dem Gang neben sie vorbei und suchten ihre Plätze. Es waren viele Bekannte, als auch völlig fremde Gesichter darunter. Eines davon hätte Haruka auch nur zu gerne aus ihrem Gedächtnis gelöscht. Kohara kam irgendwann an ihnen vorbei und warf, besonders Haruka einen finsteren und skeptischen Blick zu, den sie nur erwidern konnte. Er ging aber zum Glück weiter und verschwand im nächsten Abschnitt des Flugzeuges. Er saß also nicht in ihrer Nähe. Erleichtert darüber atmete die Sportlerin aus.

„Ist dir aufgefallen, dass niemand aus unserer Schule um uns herum sitzt? … Jedenfalls bis jetzt noch nicht.“ sagte Takuya und sah sich dabei weiter um.

Verwundert hob Haruka ihren Kopf und folgte seinem Blick. … Er hatte Recht. Sie war etwas von ihrem Sitz aufgestanden und konnte im ganzen Abteil, nicht eine Person finden, die ihr irgendwie bekannt vorgekommen wäre. Natürlich konnte sie von Vielen nur die Hinterköpfe sehen, aber die sahen nicht so aus, als würden sie zu siebzehn- bis achtzehnjährigen Schülern passen.

„Hhmm, komisch.“ murmelte sie.

„Was ist komisch?“

Erschrocken drehte Haruka ihren Kopf nach hinten und blickte in das glücklich lächelnde Engelsgesicht ihrer Lehrerin.

„Oh, Mi… Ich meine Kaioh-sensei.“ korrigierte sie sich schnell, da ja immer noch Schüler anwesend sein könnten.

„Ist schon okay. Ich bin auf jeden Fall als Letzte ins Flugzeug gegangen, also dürfte hier niemand mehr sein, der uns kennt.“ sagte Michiru beruhigend.

„Also schon wieder volle Absicht, dass wir von den Anderen getrennt sind. Wie haben Sie das nur hinbekommen?“ fragte Takuya verwundert und stand von seinem Platz auf, um sie durchzulassen.

Auch Haruka trat in den Gang und grinste Michiru dabei an.

„Wir sind nun mal zu viele, um alle zusammen sitzen zu können und da sind eben ein paar einzelne verstreute Plätze bei rausgekommen.“ erklärte Michiru unschuldig, während sie sich auf ihren Platz am Fenster setzte.

Haruka folgte ihr und hatte schon bevor sie richtig saß eine Hand auf ihrem Oberschenkel platziert.

„Wie praktisch.“ hauchte sie und beugte sich zu Michiru hin, um sie zu küssen.

„Haruka lass das! Uns könnte immer noch jemand sehen!“

Bevor die Blonde ihr Gesicht berühren konnte, wurde sie in ihren Sitz zurück gedrängt. Die Hand auf ihrem Oberschenkel rührte Michiru allerdings nicht an.

„Ach, komm. Du sagtest doch wir sind allein.“ stöhnte Haruka etwas enttäuscht.

„Nein, nicht vollkommen allein. Ich bin auch noch hier, falls du mich vergessen haben solltest. Und ich möchte das überhaupt nicht sehen, verstanden!“ mischte Takuya sich mahnend ein.

„Ach, jetzt stell dich nicht so an. Ich wollte sie doch nur küssen.“

„Das will ich hoffen, aber bei dir weiß man ja nie.“

„Du kannst dir auch gerne ‘nen anderen Platz suchen, wenn es dir hier nicht gefällt. Ich hätt jedenfalls nichts dagegen.“ fauchte Haruka ihn an.

„Kann ich eben nicht. Außerdem muss ja jemand dafür sorgen, dass ihr keinen Blödsinn anstellt und doch noch erwischt werdet.“

„Hey…“

„Okay, Schluss jetzt, das Reicht! Hört endlich auf euch zu streiten, sonst verteil ich euch beide auf zwei völlig andere Plätze, verstanden?!“ unterbrach Michiru die Zwei und sah sie mahnend an.

„Ja, Sensei!“ kam es von Beiden im Chor und sie verstummten.

Haruka hatte auch schnell ihre Hand noch zurückgezogen. Jetzt wusste sie wieder, warum sie damals solche Angst vor Michiru gehabt hatte. Dieser Blick war echt zum Fürchten.

„Gut.“ nickte die Lehrerin zufrieden und lehnte sich in ihren Sitz zurück.

Haruka war sich unsicher darüber, ob sie jetzt überhaupt etwas sagen oder tun durfte, deswegen blieb sie einfach regungslos und stumm auf ihrem Platz sitzen. Es vergingen aber nur ein paar Sekunden da wurde ihre Hand auf einmal von Michiru ergriffen und wieder auf ihren Schoß platziert, wobei sie ihre Finger ineinander verschränkte und mit ein wenig röte im Gesicht aus dem Fenster sah. Darüber konnte sie jetzt nur Schmunzeln und den Händedruck ihrer Lehrerin erwidern. Michirus Lächeln daraufhin konnte sie im Fenster sehen. Es war mittlerweile stockfinster draußen, somit spiegelte sich ihr Gesicht und die umgeben darin. Und sie war sich sicher diese konnte ihr Gesicht ebenfalls sehen. Neben sich hörte Haruka nur wie Takuya seufzte und ganz sicher die Augen verdrehte, aber das war ihr gerade völlig egal. Nach einiger Zeit ertönte dann die Stimme des Piloten durch das Flugzeug und nach kurzem hob dieses dann endlich vom Boden ab. Da es ja schon spät war und eigentlich Schlafenszeit in Rom, wurde das Licht im Flugzeug gedämpft und viele Passagiere nutzen die Zeit wirklich zum Schlafen. Auch unsere drei verbrachten die ersten Stunden hauptsächlich damit. Takuya war wohl wirklich schon nach kurzer Zeit eingeschlafen und auch Michiru waren nach einiger Zeit des Redens, mit Haruka, die Augen zu gefallen. Haruka versuchte dann auch zu schlafen, aber der Sitz war ihr entschieden zu unbequem, außerdem lenkte sie das Gesicht ihres schlafenden Engels zu sehr ab. Sie brauchte also wesentlich länger, doch irgendwann viel auch sie in einen leichten Schlaf. Sie wurde allerdings ziemlich unsanft wieder geweckt. Das Flugzeug geriet in leichte Turbulenzen, und weckte somit fast alle Passagiere auf. Haruka sah erst mal auf die Uhr, um zu prüfen wie lange der Flug denn noch dauern würde.

„Und? Wie lange fliegen wir noch?“ hörte sie da Michirus verschlafene Stimme neben sich.

„Ähm, … noch etwa vier Stunden.“

„Vier Stunden? Oh Mann.“ seufzte die Lehrerin und rieb sich noch etwas die Augen.

Haruka lächelte nur darüber. Diesen Anblick fand sie einfach traumhaft.

„Würdest du mich vielleicht kurz durchlassen? Ich müsste mal auf die Toilette.“ fragte Michiru leicht verlegen.

„Ja, klar. Kein Problem. … Hey, du Träumer, wach auf!“

Haruka hatte sich zu dem schwarzhaarigen Jungen umgedreht, der immer noch seelenruhig vor sich hin döste und rüttelte ziemlich unsanft an seiner Schulter.

„Haruka, das kannst du auch sanfter machen.“ tadelte Michiru sie.

„Wieso? Wenn ihn nicht mal das Gerüttel des Flugzeuges wach bekommt? … Hey, Tak!“ widerholte sie, da er immer noch schlief.

„Was? … Sind wir schon da?“ wachte er endlich auf und sah sich irritiert um.

„Natürlich nicht, du Schlafmütze.“

„Entschuldigen Sie, Niwa-san. Ich würde nur ganz gerne mal aufstehen.“ lehnte sich Michiru an Haruka vorbei und sah den Jungen entschuldigend an.

„Oh… Äh, ja. Natürlich.“

Er war noch nicht so ganz wach, versuchte aber ein Lächeln zu Stande zu bringen, bevor er sich erhob. Haruka stand dann ebenfalls auf und so ließ Michiru die Zwei allein. Die sich dann erst mal wieder setzten. Takuya gähnte und streckte sich noch vergnügt.

„Mann, hast du ‘nen tiefen Schlaf.“ beschwerte Haruka sich.

„Na, und? Ist doch praktisch. Wie lange fliegen wir eigentlich noch?“ überlegte er und sah auch gleich auf seine Uhr.

„Oh, is ja noch ‘n ganz schönes Stück.“

„Ja, leider.“

„Ach, die Zeit geht auch noch um. … Hab ich eigentlich irgendetwas verpasst?“

„Nein. Jedenfalls nicht das ich wüsste. Wir haben bis eben auch noch geschlafen, bis zu den Turbulenzen.“

„Was denn für Turbulenzen?“

„Ich sag ja, du hast ‘nen tiefen Schlaf.“

„Oh, ach so.“ kratzte er sich verlegen am Hinterkopf und grinste breit.

Dann sah er sich etwas um, und erschrak plötzlich.

„Ach, du Schande! Kohara-sensei kommt genau auf uns zu.“

„Was?!“

Haruka streckte sich etwas aus ihrem Sitz hinaus und entdeckte den Mann dann auch, wie er langsam den Gang entlang schritt.

„Fuck! Gott, zum Glück ist Michiru gerade nicht hier. Und hoffentlich lässt sie sich Zeit.“

Sie hatte den Satz kaum zu Ende gemurmelt da stand der breitschultrige Mann auch schon neben sie.

„Ah, Tenoh-san, Niwa-san. Ich hoffe, Sie beide stellen hier hinten keinen Blödsinn an.“

„Natürlich nicht, Sensei.“ antwortete Takuya mit einem höflichen Lächeln im Gesicht.

Haruka sagte lieber nichts. Ihr wäre mit Sicherheit nichts Nettes über die Lippen gekommen.

„Hhmm, ist der Platz da etwa frei?“ fragte Kohara skeptisch und deutete auf den Sitz hinter Haruka.

„Nein. Ein Junge aus unserer Parallelklasse sitzt dort, aber er ist kurz auf die Toilette verschwunden.“ erzählte Takuya ganz ruhig.

Haruka war echt beeindruckt. Das hätte sogar sie ihm abgekauft, wüsste sie nicht, dass das voll gelogen war.

„Aha. Na, gut. … Sie haben nicht zufällig Kaioh-sensei irgendwo gesehen, oder?“ fragte er hinterher und sah immer noch skeptisch aus.

„Kaioh-sensei? Nein, tut mir leid.“

„Wieso? Haben Sie sie etwa verloren?“

Das hatte sich Haruka jetzt nicht mehr verkneifen können und funkelte ihn mit einem überheblichen Grinsen im Gesicht an. Sie wusste, dass das keine gute Idee gewesen war, aber ihr Mundwerk war schon immer schneller als ihr Verstand. Und somit wurde sie ziemlich finster von oben her angesehen.

„Sparen Sie sich lieber Ihre Kommentare, Tenoh-san. Ich schwöre Ihnen, Sie sind nur noch kurz davor, endgültig von der Schule zu fliegen!“

„Wirklich? Und ich dachte, so was entscheidet der Direktor. Hhmm, er hat jedenfalls nichts erwähnt, als ich ihm letzte Woche seine Freikarten vorbei gebracht habe. Eigentlich hat er mich sogar wegen meines unauffälligen Verhaltens in letzter Zeit gelobt.“ überlegte Haruka scheinheilig.

Okay, jetzt war der Geschichtslehrer richtig sauer. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und zitterte sogar leicht vor Wut.

„Ihn wird das Lachen schon noch vergehen Sie…“

„Ist hier alles in Ordnung, Kohara-sensei?“

Augenblicklich veränderte sich die Körperhaltung des Mannes und er schreckte leicht zurück.

„Oh, K… Kaioh-sensei. Da sind Sie ja.“ gab er etwas nervös von sich.

„Wieso? Haben Sie mich etwa gesucht?“

Haruka musste sich ein Lachen, auf seine Reaktion unterdrücken, obwohl sie sich doch ein wenig sorgte, dass Michiru jetzt anwesend war.

„Ähm… Naja, Sie … Sie waren nirgends zu sehen, also dachte ich, ich seh mal nach, ob Sie auch wirklich mit gekommen sind. Nicht, dass wir Sie am Ende vergessen haben.“ versuchte er wohl irgendwie charmant zu klingen und lächelte die Türkishaarige schleimig an.

Bei Haruka ließ das aber nur ein würge Gefühl entstehen.

„Danke, aber ich bin kein kleines Kind mehr auf das man aufpassen müsste. Ich sitze ganz am anderen Ende des Flugzeuges und wollte jetzt mal nachsehen, ob auch alles in Ordnung ist. Und es scheint mir, als wäre das eine gute Idee gewesen. Gibt es hier ein Problem?“

„Was? Ach, nein. Tenoh-san ist nur mal wieder ein bisschen ausfallend geworden.“ beschwichtigte er und warf der Sportlerin einen mahnenden Blick zu.

„Bin ich das? Davon weiß ich gar nichts.“ verschränkte die nur hochnäsig die Arme hinterm Kopf.

„Werden Sie ja nicht frech! Ich…“ setzte er wütend an, wurde aber von Michiru unterbrochen.

„Okay, ich denke es wäre das Beste, wenn Sie die Zwei einfach in Ruhe lassen. Kommen Sie, Kohara-sensei. Wollen Sie mir nicht zeigen wo Hirai-sensei sitzt? Ich hätte da sowieso noch etwas mit ihm zu besprechen.“

„Oh. Ähm, na gut.“

Er warf der Sportlerin noch einmal einen finsteren Blick zu, ehe er sich umdrehte und darauf wartete, dass Michiru ihm folgen würde.

„Und Sie zwei benehmen sich, ja?“ sagte Michiru noch fordernd zu Takuya und Haruka, als würde sie wirklich nichts weiter als ihre Lehrerin sein.

„Natürlich, Sensei.“ antworten Beide, wobei Haruka breit grinste.

Michiru ging dann ohne sich noch irgendetwas anmerken zu lassen hinter Kohara her und verschwand aus den Augen der Sportlerin.

„Musstest du ihn unbedingt so provozieren? Das ist nicht gerade klug von dir.“ mahnte Takuya sie.

„Wieso? Ich hab nie etwas anderes getan. Wäre doch viel auffälliger, wenn ich plötzlich damit aufhören würde. Außerdem kann ich den Kerl einfach nicht ausstehen!“

„Ich ja auch nicht, aber ich fände es trotzdem klüger ihn nicht so aufzuhetzen. Damit wird er dich nur noch mehr im Auge behalten und mit allen Mitteln versuchen dich von der Schule zu kriegen.“

„Das versucht er doch schon seit Jahren. Solange ich den Direktor auf meiner Seite habe, kann er mir gar nichts.“

„Sei dir da mal nicht so sicher. Wenn er das zwischen dir und Kaioh-sensei rausfinden sollte, kann selbst der Direktor dir nicht mehr helfen. Noch dazu würde es ihr sehr viel schlimmer ergehen als dir. Sie macht sich schließlich strafbar. Willst du wirklich riskieren, dass er das herausfindet?“

„Nein, natürlich nicht. Na gut, ich versuch mich zusammenzureißen.“ seufzte Haruka.

„Geht doch. … Sag mal, weißt du eigentlich inzwischen wie alt sie is?“ fragte er nach kurzem Überlegen.

„Jep, dreiundzwanzig.“

„Wow. … Na, dann sind es doch nur sechs Jahre. Eigentlich nichts Besonderes.“

„Ja, wäre da nur nicht das Problem, dass sie meine Lehrerin ist.“

„Is ja nur noch ein halbes Jahr, solange müsst ihr das eben Geheimhalten.“

„Wirklich nur das halbe Jahr? Wirkt es nicht irgendwie komisch, wenn ich gleich nach meinem Abschluss mit meiner ehemaligen Lehrerin zusammenkomme? Du weißt, dass ich voll in der Öffentlichkeit stehe. Die Presse wird sich das Maul darüber zerreißen und das könnte Michiru dann auch schaden.“

„Ja, da hast du allerdings Recht. Blöde Sache.“

Er hielt sich die Finger ans Kinn und schien darüber nachzudenken, was für andere Möglichkeiten es noch geben könnte.

„Ach, im Grunde ist es sowieso egal, wann sie von ihr Wind bekommen. Die werden auch so schreiben was sie wollen. Auch, dass sie eine Tochter hat finden die garantiert hoch interessant und werden mir sonst was für Sachen unterstellen. Verdammt, ich muss unbedingt verhindern, dass sie von Hotaru erfahren. Ich will nicht, dass sie die Kleine damit hineinziehen. Eigentlich ja auch nicht Michiru, aber das wird sich wohl kaum verhindern lassen. … Aber was mach ich mir überhaupt Gedanken deswegen? Wahrscheinlich wird sie bis dahin die Sache sowieso beenden.“ seufzte Haruka niedergeschlagen.

„Quatsch, wird sie nicht. Warum sollte sie?“

„Warum sollte sie nicht? Du hast völlig Recht mit dem was du vorhin im Aufzug gesagt hast. Ich mein, auch wenn sie nicht sehr viel älter ist als ich, ist sie schon eine Erwachse Frau und sogar Mutter. Während ich mich immer noch wie ein Kind verhalte. So was wie Verantwortung kenne ich überhaupt nicht. Was also, außer ein bisschen Spaß, sollte sie von mir wollen?“

„Also zunächst einmal, das was ich da vorhin gesagt habe, war nur als Scherz gemeint, nimm das von daher bitte nicht so erst. Es stimmt zwar, dass du oft ziemlich kindisch bist, aber ich denke nicht, dass es sie großartig stört. Im Gegenteil. Wahrscheinlich gefällt es ihr sogar. Und, dass sie nicht nur auf Spaß aus ist, hatten wir doch schon geklärt, oder nicht? Was die Verantwortung angeht. Ich denke, du bist sehr viel verantwortungsvoller als du dir selbst zu traust. Und jetzt hör mit diesen Selbstzweifeln auf, das passt gar nicht zu dir. Du hast doch bis jetzt noch jede Frau bekommen die du wolltest.“

„Schon, aber die waren mir im Grunde alle egal. Und von Michiru will ich ja sehr viel mehr.“

„Dann sag ihr das. … Oder wenn du das nicht kannst, zeig es ihr. Ich bin mir sicher, sie wird deinem Charme nicht wiederstehen können.“ grinste er breit und auch Haruka entlockte das ein Lächeln.

Er hatte Recht. Sie sollte aufhören sich sorgen darüber zu machen. Besonders nach diesen wundervollen Tagen, die sie mit Michiru verbracht hatte. Und sie hatte sich ja schon fest vorgenommen um ihr Vertrauen und auch ihre Liebe zu kämpfen. Wie genau sie das anstellen wollte beziehungsweise sollte, wusste sie allerdings noch nicht.

„Sag mal, du hast doch eine Freundin, oder?“ fragte Haruka den Jungen neben sich nachdenklich.

„Äh, ja. Das sagte ich doch.“

„Wie lange bist du mit der eigentlich schon zusammen?“

Takuya blinzelte sie zuerst ein bisschen verwundert an. Offenbar war er ein wenig irritiert darüber von Haruka solche Fragen gestellt zu bekommen. Warum auch nicht? Schließlich hatte sie ihn noch nie irgendetwas Persönliches über ihn gefragt.

„So ungefähr ein Jahr, denke ich.“

„Schon ein ganzes Jahr? Und wie bist du mit ihr zusammen gekommen?“

„Wieso interessiert dich das eigentlich plötzlich? Ich mein, ich hab nichts dagegen es dir zu erzählen, aber wenn du glaubst, dass es dir bei Kaioh-sensei weiterhilft, muss ich dich wohl enttäuschen.“

„Hey, ich wollte nur wissen, wie du das geschafft hast. … Und wieso sollte es mir nicht weiterhelfen?“ fragte Haruka dann noch neugierig hinterher, woraufhin Takuya kurz seufzte.

„Jeder Mensch ist anders, Haruka. Kaioh-sensei erwartet von dir vielleicht etwas ganz anderes, als meine Freundin von mir. Du musst selbst herausfinden was das ist. Eins kann ich dir aber mit Sicherheit raten. Du solltest in jedem Fall ehrlich zu ihr sein. Und versuch nicht dich zu verstellen, wenn du ihr vorspielst jemand zu sein, der du nicht bist, kann das niemals etwas werden.“

„Okay, is angekommen. Das hatte ich sowieso nicht vor. … Also wie war das denn nun mit deiner Freundin?“

„Das interessiert dich wirklich?“

„Ich bin neugierig geworden, also ja.“

„Äh, na gut. Also wir kennen uns eigentlich schon seit Jahren. Sie wohnt mit ihrer Familie in dem Haus, direkt neben unserem. Wir haben als Kinder oft zusammen gespielt und sind dann die besten Freunde geworden. Naja, und als wir älter geworden sind haben sich auch unsere Gefühle füreinander verändert. Ich hab irgendwann all meinen Mut zusammengefasst und ihr meine Liebe gestanden und seitdem sind wir zusammen.“

„Glückspilz. … Vermisst du sie denn jetzt nicht? Du hast sie doch seit fast einer Woche nicht mehr gesehen.“

„Ja, und wie ich sie vermisse. Ich freu mich auch schon tierisch darauf sie wiederzusehen. Vielleicht kann ich sie dir nachher ja mal vorstellen. Sie wollte mich zusammen mit meinen Eltern vom Flughafen abholen.“

„Oh. Ja, klar. Wär cool.“

„Ich denke, jetzt kann ich es auch wagen sie dir Vorzustellen. Wo du nun Kaioh-sensei hast. Aber ich warne dich trotzdem. Ein falscher Blick und mach dich kalt!“

„Hey, keine Panik. Ich werd sie nicht anrühren, versprochen. Ich will sowieso nur noch eine einzige Frau.“

„Gut. … Oh, und die kommt auch gerade wieder zurück.“

„Wirklich?“ fragte Haruka freudig und hob ihren Blick über die Sitze hinweg, wo Michiru den Gang entlang, auf sie zukam.

Takuya stand währenddessen schon mal auf und auch Haruka erhob sich danach, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

„Und, hat er dich noch weiter voll gequatscht?“

„Ich meine, seine Stimme wahrgenommen zu haben, aber ich hab ihm nicht zugehört. Also frag mich bloß nicht über was er geredet hat.“ gab diese lächelnd zurück und schob sich an Haruka vorbei zu ihrem Platz.

Die Sportlerin hatte es natürlich nicht lassen können ihr dabei über den Rücken zu streicheln. Ihre Hand war auch gleich wieder in Michirus verschwunden, nachdem sie sich gesetzt hatte.

„Er hat aber nichts gemerkt, oder?“ fragte Takuya nach.

„Nein, ich denke nicht. Wir müssen aber aufpassen, dass er nicht wieder kommt. Ich hab ihm zwar gesagt, dass ich vorhabe den Rest des Fluges über zu schlafen und dass er euch lieber in Ruhe lassen soll, aber bei dem weiß man ja nie.“

„Ja, da haben Sie Recht. Es war sowieso schon ziemlich knapp. Glück, dass Sie gerade Ihren Platz verlassen hatten. Ich behalte den Gang etwas mehr im Auge.“

„Vielen Dank, Niwa-san.“

„… Sagt mal, findet ihr es nicht ‘n bisschen albern euch immer noch zu siezen? Solange wir unter uns sind könnt ihr das doch lassen, oder nicht?“ mischte sich Haruka ein.

Ihr gingen diese Höflichkeitsfloskeln nämlich inzwischen ziemlich auf die Nerven. Sie sah beide abwechselnd mit hochgezogenen Augenbrauen an, während die anderen Zwei nur irritiert zurück Blickten.

„Ähm, also ich weiß nicht. Sie ist schließlich immer noch meine Lehrerin.“ meinte Takuya etwas unsicher.

„Na und? Meine doch auch.“

„Ja, aber du schläfst ja auch mit ihr!“ gab er etwas sarkastisch und im Flüsterton Haruka zurück.

„Also mir würde es nichts ausmachen. Wenn du möchtest, kannst du mich auch gerne Michiru nennen.“ lächelte die Türkishaarige zu ihm rüber und hatte sich dabei etwas nach vorne aus ihrem Sitz heraus gelehnt.

„Ähm, na gut. Einverstanden.“

„Ja, und nenn sie bloß nicht mehr Sensei. Das kann sie nämlich überhaupt nicht ausstehen.“ fügte Haruka grinsend hinzu.

„Also eigentlich mag ich es nur nicht, wenn du es benutzt.“ verbesserte Michiru die Blonde.

„Aber du brauchst es natürlich auch nicht verwenden, wenn wir unter uns sind.“ sagte sie dann noch an Takuya gewandt.

„Wieso nur bei mir?“ fragte Haruka verwundert nach.

„Na, weil es mich jedes Mal daran erinnert, dass ich deine Lehrerin bin und wir das hier eigentlich überhaupt nicht tun dürften.“

„Ach so.“

Von der Seite hatte Haruka das noch überhaupt nicht betrachtet. Sie hatte das immer nur lustig gefunden.

„Dann werd ich’s jetzt wirklich nur noch verwenden, wenn ich muss.“ versicherte sie Michiru, mit einem Lächeln.

„Danke.“

Der Flug zog sich noch endlos lange hin, aber unsere drei verbrachten die Zeit damit sich zu unterhalten. Kohara ließ sich zum Glück auch nicht mehr blicken und so kamen sie doch irgendwann heil, aber erschöpft wieder in Tokio an. Bis sie endlich aus dem Flugzeug raus waren, alle ihr Gepäck zusammen hatten und sich die gesamte Schülerschar samt Lehrer vor dem Flughafen versammelt hatten, verging auch noch mal eine ganze Zeit. Nicht alle der Schüler wollten noch zurück wieder zur Schule, sondern wurden gleich von dort aus abgeholt oder machten sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg nach Hause. So war der Bus auf der Rückfahrt nicht ganz so voll. Haruka hatte ihr Auto ja immer noch auf dem Parkplatz der Schule stehen, weshalb sie natürlich mit dem Bus zurückfuhr. Außerdem wollte sie auch so lange wie möglich bei Michiru bleiben, die als Lehrerin ebenfalls mit diesem fuhr. Nur Takuya kam nicht mit. Wie schon im Flugzeug angekündigt wurde er abgeholt, und stellte dabei Haruka auch seine Freundin, sowie seine Mutter vor, die ebenfalls dort war. Sie waren beide sehr nett und freuten sich – zu ihrer Verwunderung - die Rennfahrerin endlich mal persönlich kennenzulernen. Offenbar hatte Takuya ihnen schon so einiges über sie erzählt. Haruka kam sich doch ein bisschen komisch vor. Diese Leute behandelten sie als wäre sie wirklich nichts weiter als eine gute Freundin von ihrem Sohn bzw. Freund, und nicht berühmt. Außerdem schienen sie sie auch noch ziemlich gut zu kennen, während Haruka überhaupt nichts von ihnen wusste. Normalerweise wurde sie von Menschen, die wussten wer sie war, entweder angehimmelt, gehasst, oder komplett ignoriert. Wie ein normaler Mensch wurde sie nur von den wenigsten behandelt, und eher von denen, die sie schon länger kannten, so wie Takuya. Am Anfang hatte er sie ja auch vollkommen ignoriert, erst mit der Zeit hatte er irgendwie angefangen sich mit ihr zu unterhalten, worüber sie sich immer noch wunderte. Seine Freundin war aber offensichtlich doch zumindest ein kleiner Fan von ihr. Jedenfalls lobte sie Haruka für ihr Talent und erzählte, dass sie zusammen mit Takuya jedes ihrer Rennen besucht, und sich daher jedes Mal über die Freikarten freute und sich auch dafür bedankte.

„Ach, was. Is doch kein Problem. Irgendwo muss ich die Karten ja schließlich lassen.“ wehrte Haruka ab.

„Ich wette, jetzt wo du sie auch nicht mehr an alle Mädchen der Schule verteilst, hast du auch noch jede Menge übrig, hab ich Recht?“ fragte Takuya grinsend.

„Ja, das hab ich tatsächlich. Ihr braucht nicht zufällig noch ‘n paar, oder?“

„Nein. Wir haben unsere ja schon. Ich freu mich auch schon auf das Rennen am Sonntag. Aber bitte lass es nicht wieder so enden wie das letzte.“

Takuyas Freundin dessen Name übrigens Natsuki war, sah sie bittend an. Sie war noch mal ein bisschen kleiner als es Michiru war, hatte langes dunkles violettes Haar, und helle braune Augen. Takuya hatte schon ganz Recht damit gehabt ihr seine Freundin nicht schon früher vorgestellt zuhaben. Vor ein paar Wochen noch, hätte sie es sich bestimmt nicht nehmen lassen, mit dem Mädchen zu flirten, denn hübsch war sie allemal. Aber jetzt verspürte Haruka komischerweise nicht den kleinsten drang dazu, dies auch wirklich zu tun. An ihren Engel reichte die Schönheit bei weitem nicht ran.

„Hey, das war ja wohl nicht meine Schuld. Ich wär auch lieber heil, und vor allem als Sieger ins Ziel gekommen.“

„Dann sorg dafür, dass es dieses Mal klappt. Wir wünschen dir auf jeden Fall viel Glück.“ meinte Takuya und verabschiedete sich dann von Haruka, genauso wie die anderen zwei.

Die Sportlerin stieg dann in den Bus ein und wartete bis dieser sich in Bewegung setzte. Michiru saß leider wieder weiter vorne bei den Lehrern, womit sie lediglich ihren Arm und die Haare bewundern konnte, die von ihrem Platz aus noch zu sehen waren.

Schwieriger Heimweg

Nach einer dreiviertel Stunde fahrt kam der Bus endlich bei der Schule an, und alle machten sich daran auszusteigen. Michiru wartete vor dem Bus an der Schlange, die sich gebildet hatte, um ihr Gepäck rauszuholen. Haruka entdeckte sie etwas weiter hinten am Bus, die offenbar genauso wartete, und unauffällig zu ihr hinsah. Sie erwiderte den Blick, musste dann allerdings ihre Aufmerksamkeit nach vorne richten, denn nun konnte sie endlich ihren Koffer sehen. Sie fand auch sofort ein paar Jungs, die nur zu gerne bereit waren ihr das schwere Teil aus dem Bus zu hieven. Tragen musste sie ihn jetzt aber wohl wirklich selbst. Haruka hatte sie nun leider völlig aus den Augen verloren. Sie suchte die Menge ein paar Minuten mit den Augen ab, entdeckte sie aber nicht. Schade, sie hätte sie gerne noch einmal zum Abschied angesehen, alles andere wäre so oder so zu auffällig gewesen. Als sie sich aus der Menge begeben hatte und schon über den Hof zum Tor ging, hörte sie auf einmal eine ihr verhasste Stimme hinter sich.

„Warten Sie, Kaioh-sensei.“

Michiru stöhnte innerlich auf und blieb stehen, wobei sie die Gelegenheit nutzte und den Koffer wieder abstellte. Nur wenige Sekunden später stand Kohara vor ihr.

„Was gibt es denn?“ fragte Michiru, so freundlich wie es ging.

„Soll ich Sie nicht vielleicht nach Hause fahren? Ich bin mit meinem Auto hier und Sie sollten sich nun wirklich nicht mit dem Koffer abschleppen.“

Er grinste sie schon wieder so widerlich an, dass Michiru am liebsten das Gesicht verzogen hätte, und noch einen Schritt weiter zurück weichen wollte.

„Nein, danke, Kohara-sensei. Ich muss noch meine Tochter abholen, und bis dahin ist es nicht weit. Aber haben Sie vielen Dank.“

„Oh, ich könnte Sie aber auch dort hinfahren. Das ist kein Problem.“

»Warum gibt Kerl nicht endlich auf?! Schnallt der nicht, dass er nicht den Hauch einer Chance hat?!«

„Ich sagte nein. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, Kohara-sensei.“

Damit hob sie ihren Koffer wieder an und drehte sich um.

„Ach, jetzt stellen Sie sich doch nicht so an. Es ist wirklich kein Problem für mich. Und eine so hübsche junge Frau sollte wirklich nicht mehr um diese Uhrzeit durch die Straßen laufen.“

Er ging um sie herum und versperrte ihr den Weg.

„Das hatte ich auch nicht vor. Ich werde mir ein Taxi nehmen.“

Michiru klang jetzt doch ziemlich gereizt und so langsam verlor sie die Geduld.

„Das is doch verschwendetes Geld. Nun kommen Sie schon.“

Mit diesen Worten riss er ihr einfach den Koffer aus der Hand und ergriff sie am Arm um sie mit sich zu ziehen.

„Hey, was machen Sie da?! Geben Sie mir sofort meinen Koffer zurück!“

Michiru versuchte sich zu wehren, indem sie ihren Arm zurückziehen wollte, und einfach stehen blieb, jedoch war sie kräftemäßig haushoch unterlegen.

„Den können Sie doch gar nicht tragen. Ich tue Ihnen damit einen Gefallen.“

Er reagierte gar nicht auf ihre Versuche sich zu wehren und zerrte sie einfach weiter hinter sich her.

„Sensei, Sie werden mich jetzt auf der Stelle loslassen, haben Sie mich verstanden?!“

Michiru betonte jedes einzelne Wort mit Nachdruck, und sah ihn warnend an. Er hatte sich auch mittlerweile wieder zu ihr umgedreht und war stehen geblieben, ihren Arm und Koffer hielt er jedoch immer noch. Es verging ein Moment in dem sich beide in die Augen sahen. Koharas Miene veränderte sich dabei. Sein aufgesetzt höfliches Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und machte einem arroganten, finsteren Blick Platz. Er ließ den Koffer fallen, auch ihren Arm ließ er endlich los, kam ihr aber dann verdächtig nahe.

„Na, schön. Ganz wie Sie wollen. Aber das werden Sie noch bereuen.“

Michiru hielt dem Blick seiner drohenden kalten blauen Augen stand. Keinen Millimeter war sie zurückgewichen und sah genauso drohend zurück. Mit einem abfälligen Geräusch trat er schließlich zurück und entfernte sich langsam von ihr. Sie beobachtete noch, wie er zum Parkplatz ging, in einem der Autos verschwand und davon fuhr. Sobald sie den Wagen nicht mehr sehen konnte, atmete sie erleichtert aus und setzte sich erst mal auf ihren Koffer. Man hatte es ihr vielleicht nicht angesehen, und vor dem Kerl hätte sie das auch niemals zugegeben, aber sie hatte gerade wirklich Angst bekommen. Ihr Atem ging etwas schneller als es üblich war und sie zitterte sogar leicht. Sie versuchte sich zusammen zu reißen, schließlich war sie immer noch auf dem Schulgelände. Die meisten Menschen waren zwar auf dem Parkplatz, um den Bus verteilt, aber man hätte sie ja trotzdem entdecken können, wie sie hier auf ihrem Koffer kauerte und eventuell noch anfing zu heulen. Also stand sie auf, ergriff ihr schweres Gepäck und verließ das Schulgelände. Sie hatte überhaupt nicht vor sich ein Taxi zu rufen. Das hatte sie nur gesagt, um den Kerl loszuwerden. Jedenfalls bis zu ihrer Großmutter wollte sie laufen. So weit war es ja nicht, und ob sie noch etwas bei ihr blieb, mit den Bus oder dann doch mit dem Taxi nach Hause fuhr, wusste sie noch nicht. Es war inzwischen schon viertel nach neun, und so ging sie durch die Dunkelheit die Straße entlang. Bis plötzlich ein Auto neben ihr anhielt.

„Brauchst du vielleicht ‘ne Mitfahrgelegenheit?“

Michiru schreckte erst mal ziemlich in sich zusammen. Das Gespräch mit Kohara lag ihr immer noch in den Knien, und so war ihr erster Gedanke, er sei wieder da. Aber als sie das breit grinsende Gesicht von ihrem Blondschopf erkannte, überkam sie eine Welle der Erleichterung. Sie war gerade so glücklich sie zusehen, dass sie erst mal die Augen schloss und erleichtert ausatmete, damit versuchte sie auch die Tränen zu unterdrücken, die in ihr aufkommen wollten. Haruka stieg währenddessen aus dem gelben Sportwagen aus, und kam auf sie zu.

„Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, mir so einfach, ohne dich auch nur mit einem Wort zu verabschieden, zu entkommen, oder?“ grinste die Sportlerin und stellte sich direkt vor sie.

Michiru konnte den Impuls, sie zu umarmen nicht unterdrücken, und viel ihr Buchstäblich um den Hals.

„Haruka…“ seufzte sie in ihre Schulter hinein und drückte sich so fest es ging an sie.

Ihre Nähe tat so unsagbar gut.
 

„Hey, ist alles in Ordnung?“

Haruka war doch ein wenig überrascht über diese Begrüßung. Sie hatte zwar gehofft, Michiru würde sich freuen sie zu sehen, aber dass sie sich so sehr freute, hätte sie nun nicht erwartet. Außerdem hatte sie den Eindruck gehabt, eben ein paar Tränen in den blauen Augen glitzern gesehen zu haben. In dem fahlen Licht der Straßenlaterne konnte sie das aber nicht mit Sicherheit sagen. Sie sorgte sich aber dennoch, und streichelte der Türkishaarigen beruhigend über den Rücken.

„Ja. Ja, jetzt ist alles gut.“ hauchte Michiru erneut an ihre Schulter.

Haruka löste sich etwas von ihr, um sie ansehen zu können.

„Sicher?“

Sie nahm ihr Gesicht in ihre Hände und musterte sie eindringlich. Ihre Augen sahen wirklich etwas wässrig aus. Allerdings lag auch ein glückliches Lächeln auf ihren Lippen. Und nun kam auch noch ein zuversichtliches Nicken hinzu. Das beruhigte Haruka einigermaßen, und ließ auch sie lächeln.

„Dann darf ich dich und Taru-chan nach Hause fahren?“ fragte sie hoffnungsvoll.
 

Michiru sah in diese wundervollen Augen, und hätte sich wirklich überall von ihr hinfahren lassen. Allerdings würde Hotaru, dann ganz sicher Fragen stellen.

„Ich weiß nicht. Wäre das wirklich so eine gute Idee?“

„Sag du es mir. Ich kann es dir nur anbieten. Allerdings gefällt mir der Gedanke nicht, dich hier weiterhin durch die Dunkelheit gehenzulassen. Es war schon schwer genug dich überhaupt wieder zu finden, nachdem du einfach so verschwunden bist. Tu das ja nie wieder, hörst du?“

Michiru schmunzelte bei diesen Worten und sah sie neugierig an.

„Hast du dir etwa Sorgen gemacht?“

„Klar, hab ich. Dir hätte sonst was passieren können.“

Dass die Sportlerin so ehrlich antworten würde, hätte sie jetzt nicht erwartet. Umso glücklicher war sie nun aber und schmiegte sich erneut an sie ran.

„In Ordnung. Du darfst mich nach Hause fahren. Auch, wenn ich befürchte, dass Hotaru dann dahinter kommen wird.“

„Mach dir keine Sorgen. … Und selbst wenn sie es rausfindet, wird davon schon nicht die Welt untergehen.“

Michiru hatte im Moment einfach nicht die Kraft dazu auf ihren Verstand zu hören, der ihr ganz klar dazu riet, dies nicht zu tun, aber ihr Herz, und auch der Rest ihres Körpers verlangte nach der Anwesenheit der Blonden, und so ließ sie sich von ihr zu ihrem Wagen führen. Dass es sich dabei wieder um so einen teuren Sportwagen handelte wunderte sie überhaupt nicht. Sie schenkte dem aber auch keine so große Beachtung, sondern beobachtete lieber Haruka, wie sie ihren Koffer im Kofferraum verschwinden ließ, ebenfalls einstieg und dann den Motor startete.

„Okay, wo geht’s lang?“

„Fahr einfach los. Ich sag dir dann schon, wo du hin musst.“

„Geht klar.“

Also fuhr Haruka los. Nach nicht mal fünf Minuten wurde sie aber von Michiru gebeten wieder anzuhalten.

„Wartest du solange hier, bis ich mit Hotaru wieder komme?“

„Natürlich.“

Michiru schenkte ihr noch einmal ein Lächeln, ehe sie ausstieg und zu dem Hochhaus rüberging. Die Haustüren der einzelnen Wohnungen waren allesamt von außen zugänglich. Die Treppe, die zu den oberen Etagen führte ging somit auch außerhalb des Gebäudes entlang. Allerdings benötigte Michiru diese ja gar nicht, wobei sie das im Moment begrüßen würde. Vom Erdgeschoss aus, besonders von der Tür ihrer Großmutter, waren Haruka und ihr Auto noch deutlich erkennbar. Sie drehte sich noch einmal zu ihr um, und musste feststellen, dass die Blonde auch noch ihr Fahrzeug verlassen hatte, und jetzt cool an der Beifahrertür lehnte. Jetzt war sie natürlich überhaupt nicht mehr zu übersehen. Michiru hoffte dennoch, dass zumindest ihre Großmutter nicht mitbekam, dass sie in Begleitung war. Vor allem in wessen Begleitung. Sie klingelte an der Tür, und vernahm augenblicklich die aufgeregte Stimme ihrer Tochter, wie die nach ihrer Urgroßmutter schrie, und offenbar zur Tür rannte. Vergessen waren ihre Sorgen und sie konnte es kaum noch erwarten die Kleine zu umarmen. … Die Tür ging auf, und Hotaru stürmte, an Reika vorbei heraus.

„MAMI!!!“

Michiru hatte sich schnell gebückt und fing die Kleine in ihrem Arm auf.

„Hey, mein Schatz. Oh, ich hab dich so vermisst.“

So fest es ging drückte sie ihre Tochter an sich.

„Ich hab dich auch so vermisst.“ schluchzte die Kleine an ihrer Schulter.

Michiru löste sich langsam aus der Umarmung und sah Hotaru an.

„Hey, nicht weinen. Ich bin doch wieder da.“

„Das is nur vor Freude.“ lächelte die und wischte sich die Tränen mit dem Arm weg.

Michiru lächelte auch, und gab ihr dann noch einen Kuss auf die Stirn.

„Schön, dass du wieder heil zurück bist, Michiru-chan.“ hörte sie da von ihrer Großmutter, woraufhin sie sich erhob und auch noch sie umarmte.

„Hallo, Oma.“

„Und, wie geht es dir? Du bist doch sicher erschöpft von dem langen Flug.“ fragte Reika, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten.

„Ja, schon ein bisschen.“

„Dann komm doch erst mal rein und ruh…“

„Mama…?“

Hotaru unterbrach die Zwei und zupfte abwesend an dem Kleid ihrer Mutter rum, während sie mit großen Augen zur Straße sah.

„Ist das da vorn etwa…?“

Michiru seufzte einmal kurz, bevor sie sich wieder zu der Kleinen hinunterkniete. Es hatte ja doch keinen Sinn es zu leugnen. Sie streichelte ihr einmal über den Kopf und lächelte sie liebevoll an.

„Na, geh schon. Sie ist es wirklich.“

Ein überglückliches Strahlen bildete sich in dem Gesicht des Mädchens, und sie rannte los.

„RUKA!“

Michiru konnte sich über ihre Freude auch nur freuen und sah ihr hinter her, wie sie auf Haruka zu lief. Die kam ihr einen Schritt entgegen, fing sie auf und hob sie erst mal hoch in die Luft. Ein überraschter, aber glücklicher Aufschrei war kurz zu hören, während die Sportlerin sie durch die Luft wirbelte und dann auf ihrem Arm parkte. Trotz der Entfernung konnte Michiru noch leise hören was die Zwei sagten, und lauschte dem Gespräch aufmerksam zu.

„Na, Taru-chan. Alles klar?“

„Ja! Ich freu mich, dass du da bist. Aber was machst du eigentlich hier?“

„Na, was wohl? Montag ist einfach noch viel zu lange hin. Ich wollte dich sofort sehen.“

„Wirklich?“

„Na, klar. Ich hab dich vermisst.“

„Ich dich auch, ganz Doll. Kommst du denn jetzt auch mit zu uns nach Hause?“

„Ich werd dich und deine Mutter auf jeden Fall dort hinfahren.“

„Toll! Dann kann…“

„Sooo, das ist also Hotarus große Freundin und deine Schülerin, der du auch noch Nachhilfe gibst, ja?“ riss Reika ihre Enkelin von dem Gespräch los und ließ die kurz zusammen zucken.

Dass ihre Großmutter ja auch noch da war, hatte Michiru für kurze Zeit völlig vergessen. Etwas verlegen kam sie wieder in eine aufrechte Position zurück. Sie wusste gerade nicht so genau wo sie hingucken sollte. Reika sah sie mit einem ziemlich durchdringenden und fragenden Blick an.

„Ähm, ja. Das ist sie.“

„Nun, jetzt wird mir so einiges klar. Aber Michiru-chan, hältst du das wirklich für so eine gute Idee?“

„Wie? W… was meinst du? Sie … hat mir nur angeboten mich nach Hause zu fahren.“

Das klang nicht sehr überzeugend, und das wusste sie.

„Ist das so?“

Die ältere Frau verschränkte die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue an. Michiru war noch nie gut darin gewesen einem geliebten Menschen etwas zu verschweigen, deswegen seufzte sie ergeben.

„Na gut, vielleicht … ist da auch ein bisschen mehr.“

Reika seufzte jetzt ebenfalls.

„Kind, sie ist deine Schülerin! Weißt du eigentlich was das für Folgen haben kann? Das ist nicht nur strafbar, unmoralisch, unethisch, unprofessionell, un…“

„Ja, das weiß ich doch alles.“ unterbrach Michiru sie schnell.

„Glaub mir, ich hab wirklich versucht es sein zulassen, aber…“

Weiter sprach sie nicht. Sie wusste einfach nicht wie sie den Satz beenden sollte. Stattdessen drehte sie ihren Kopf nochmal nachhinten, wo Hotaru gerade mehr als begeistert von Harukas Wagen war. Sie befand sich immer noch auf ihrem Arm und es hatte den Anschein als würde sie da auch nicht so schnell wieder runterkommen wollen. Die Sportlerin schien nichts dagegen zuhaben und erzählte ihr voller Stolz alles was sie über das Auto wissen wollte.

„… Ich kann einfach nicht.“ beendete sie den Satz schließlich doch noch leise, und sah wieder nach vorn, allerdings hielt sie den Blick dabei gesenkt.

„Ach, Michiru-chan. Dich scheint es ja ganz schön erwischt zu haben. Ich freu mich zwar, dass du endlich jemanden gefunden haben zu scheinst aber musste es denn gleich deine Schülerin sein? … Ist sie denn wenigstens schon achtzehn?“

Michiru antwortete nicht, schüttelte aber zaghaft mit dem Kopf, und ihr Gesichtsausdruck war eigentlich auch schon Antwort genug.

„Auch noch minderjährig.“ seufzte Reika.

„Wenn ihre Eltern das rausfinden verklagen sie dich ganz sicher, und dann verlierst du deinen Job, Hotaru muss garantiert auch die Schule verlassen, und was ist, wenn du sogar ins Gefängnis kommst?“ fuhr sie fort und schien mehr mit sich selbst zureden.

„Also was ihre Eltern anbelangt…“ setzte Michiru an, hörte dann aber Hotarus Stimme hinter sich lauter werden.

„Komm du musst unbedingt meine Oma kennenlernen! Eigentlich ist sie ja meine Uroma aber ich nenn sie trotzdem immer Oma. Sie wird dir bestimmt gefallen.“

Hotaru war jetzt offenbar doch von Harukas Arm runtergesprungen und zerrte sie hinter sich her zur Haustür, wo sie auch schon nach wenigen Sekunden ankamen.

„Oma-Oma, das ist Ruka-chan!“

Die kleine Schwarzhaarige strahlte, während die Sportlerin doch etwas verlegen dreinschaute und sich am Hinterkopf kratzte.

„Ähm, guten Abend. Verzeihen Sie bitte die Störung.“

Michiru war jetzt gerade doch ein wenig unsicher. Was ihre Großmutter wohl von Haruka halten würde? Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Ihr war die Meinung von ihr sehr wichtig, schließlich war sie, außer Hotaru, alles was ihr von ihrer Familie noch geblieben war. Die Ausgangssituation war ja schon mal sehr bescheiden. Dennoch bildete sich, zu ihrer Erleichterung, ein Lächeln im Gesicht von Reika.

„Sie stören überhaupt nicht. Kaioh Reika, es freut mich Sie kennenzulernen. Hotaru hat mir schon viel von Ihnen erzählt. Allerdings Ihren vollen Namen kenne ich immer noch nicht.“

„Oh. Ähm, Tenoh Haruka. Freut mich auch.“

Die Sportlerin legte eine kurze aber perfekt elegante Verbeugung hin, womit sie auch Michiru überraschte.

„Tenoh…? Sagen Sie hab ich Sie schon mal irgendwo gesehen? Ihr Gesicht und der Name kommen mir irgendwie bekannt vor.“ wurde Reika etwas nachdenklich und musterte Haruka aufmerksam.

„Ähm, möglich.“ gab die nur nervös von sich.

„Ich hab dir doch erzählt, dass Ruka Rennfahrerin ist. Sie ist ganz berühmt!“ schaltete sich Hotaru dazwischen, die immer noch ganz aufgeregt war.

„Oh, wirklich? Dass sie berühmt ist, hast du aber ausgelassen.“ sagte Reika zu ihr, und sah dann wieder die Sportlerin genauer an.

Haruka war sichtlich nervös und auch Michiru war es. Sie wussten ja beide, was für einen Ruf sie hatte.

„Hhmm… Ja, ich glaube, ich habe Sie schon ein paar Mal in den Nachrichten gesehen. Hatten Sie nicht letztens diesen schweren Unfall?“

„Du hattest einen Unfall?“ fragte Hotaru geschockt.

„Äh, ja. Sah aber schlimmer aus als es war. Mir is nix passiert.“ wehrte Haruka ab.

„Warum hast du das denn nicht gesagt? Und wann war das? Hattest du etwa ein Rennen?“

Hotaru sah sie etwas verärgert von unten her an.

„Das ist schon fast drei Wochen her, und nicht weiter erwähnenswert gewesen. Und ja, es war bei einem Rennen.“

„Aber ich wollte doch unbedingt da zugucken.“ wurde die Kleine traurig.

Haruka kniete sich zu ihr herunter und sah sie entschuldigend an.

„Oh, tut mir Leid, Taru-chan. Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht.“

Sie strich der Kleinen zärtlich über den Kopf, woraufhin die wieder lächelte.

„Ist schon gut.“

„Hey, weißt du was? Ich hab diesen Sonntag wieder ein Rennen. Wenn du willst und deine Mutter es erlaubt, nehm ich dich mit.“

„Wirklich? Au, ja! Mami, bitte-bitte, darf ich? … Bitte!“

Hotaru flehte ihre Mutter mit ihren großen violetten Kulleraugen so an, dass diese überhaupt keine andere Wahl hatte als zuzustimmen. Haruka sah auch zu ihr hoch und grinste dabei ziemlich frech. Das hatte sie doch mit Absicht gemacht. Der Sportlerin war klar, dass Michiru ihre sechsjährige Tochter niemals alleine zu so einer Veranstaltung lassen würde. Damit hatte sie sie zwangsweise ebenfalls eingeladen, was wohl auch ihr Plan gewesen war. Aber sie konnte ihr auch nicht wirklich böse deswegen sein. Obwohl der Gedanke, dass Haruka wieder bei so einem Rennen mitfahren würde, ihr doch ziemliche Sorgen bereitete. Beim Letzten hätte sie sie ja fast verloren. Aber abhalten konnte sie sie wohl auch nicht davon.

„Also schön, du darfst.“ gab sie ihrer Tochter schließlich die erlösende Antwort.

„JA! Danke, Mami!“ freute sich Hotaru und umarmte ihre Beine.

Michiru lächelte und strich ihr sanft durch die Haare.

„Schon gut. Jetzt lass uns aber erst mal nach Hause. Sind deine Sachen schon gepackt?“

„Ja, alles fertig.“

„Das hätte sie am liebsten heute Morgen schon gemacht. Aber ich konnte sie dann doch davon überzeugen, erst nach der Schule zupacken.“ meldete sich Reika wieder zu Wort.

„Es steht schon alles im Wohnzimmer. Komm Ruka, ich zeig‘s dir.“

Hotaru griff nach Harukas Hand und zog sie einfach hinter sich her in die Wohnung hinein, vorbei an Reika.

„Hey, Taru-chan, warte! Ich weiß doch gar nicht, ob ich rein darf.“

Doch die Kleine hatte sie schon halb in den Flur gezogen, als von Reika ein "Ist schon in Ordnung" zuhören war. Danach verschwanden die Zwei endgültig in der Wohnung. Michirus Großmutter drehte sich wieder zu ihr um, woraufhin die ihre Nervosität wieder fand.

„Nun, ich muss zugeben sie sieht ja verdammt gut aus. Und wie sie mit Hotaru-chan umgeht ist wirklich süß.“

„Wirklich?“ fragte Michiru zaghaft.

„Ja. Es ändert aber nichts daran, dass sie deine Schülerin ist. Und mir fallen da auch grad noch ein paar andere Dinge ein, die ich über sie gehört habe. Bist du dir wirklich sicher, mit ihr?“

„Ich weiß was man über sie sagt, aber sie ist gar nicht so. Und natürlich bin ich mir noch überhaupt nicht sicher, was das ganze anbelangt, oder was daraus wird, ob daraus was wird, oder was sie für mich empfindet. Ich bin gerade erst dabei sie richtig kennenzulernen. Aber… was ich ganz sicher weiß is … ist, dass ich mich in sie verliebt habe. … Und … und wenn ich dem Ganzen nicht wenigstens eine Chance gebe, werd ich das für immer bereuen, da bin ich mir sicher. Deswegen ist es mir egal, ob es richtig oder falsch ist. … Jedenfalls jetzt noch.“ fügte sie leise hinzu und richtete ihren Blick wieder auf den Boden.

„… und diesmal passiert dir wirklich nichts?“ war Hotarus Stimme aus der Wohnung zu vernehmen, die sich ihnen langsam näherte.

„Nein, ganz sicher. Beim letzten Mal, hab ich nicht richtig aufgepasst, aber dieses Mal werd ich wieder gewinnen. Nur für dich.“

„Was gewinnst du denn?“

„Einen riesigen Pokal, und haufenweise Geld. Außerdem noch Punkte, die mich in der Gesamtwertung weiter nach oben bringen.“

„Was denn für eine Gesamtwertung?“

„Das erklär ich dir alles später in Ruhe, okay?“ lächelte Haruka, die jetzt zusammen mit der Kleinen und ihrem Gepäck in der Hand bei Michiru und Reika ankam.

„Ich werd das hier schon mal ins Auto bringen. Es hat mich wirklich sehr gefreut Sie kennengelernt zu haben, Kaioh-sama.“

Haruka deutete auf die Tasche in ihrer Hand und verbeugte sich dann wieder kurz vor Reika. Michiru sah nur abwechselnd von einem zum anderen und nahm, mit Erleichterung, das erneute Lächeln im Gesicht ihrer Großmutter wahr.

„Es hat mich auch sehr gefreut. Bringen Sie mir die Beiden hier ja sicher nach Hause.“

„Das werde ich.“

Damit ging die Blonde, nach einem kurzen Blick zu Michiru rüber, zu ihrem Wagen und verstaute Hotarus Tasche im Kofferraum.

„Gut, dann wünsche ich euch eine gute Heimfahrt, und habt ein schönes Wochenende. Ich bin mir sicher, ihr werdet viel Spaß am Sonntag haben.“ grinste Reika ihre Enkelin vielsagend an.

Die blinzelte erst mal perplex.

„Mach‘s gut Oma. Ich hab dich lieb. Und danke, dass ich bei dir bleiben durfte.“ verabschiedete sich Hotaru von der älteren Frau und umarmte sie noch mal.

„Aber gerne doch. Du kannst auch jederzeit wiederkommen. Also besuch mich mit deiner Mutter mal wieder, ja?“ erwiderte Reika die Umarmung.

„Okay.“

Damit rannte Hotaru schon mal vor, zu Haruka, und ließ so Michiru mit ihrer Großmutter alleine zurück.

„Also dann mein Kind…“ setzte Reika an, und zog die Türkishaarige in ihre Arme.

Michiru genoss diese herzliche Umarmung und drückte sich noch etwas fester in sie hinein.

„Es tut mir Leid, dass ich dich so enttäusche.“

„Was redest du denn da? Du enttäuscht mich doch nicht.“

Reika löste sich von ihr und sah sie eindringlich an.

„Ich bin zwar nicht zufrieden mit der Situation, aber du hast sie dir sicher auch nicht ausgesucht.“

„Dann hast du nichts dagegen?“ fragte Michiru zaghaft.

„Wie könnte ich, wo ich doch nach etlichen Jahren endlich wieder ein leuchten in deinen Augen entdecken kann.“ lächelte Reika und strich ihr einmal zart übers Gesicht.

„Ich mach mir zwar ein wenig Sorgen, was passieren könnte, und ich werde diese Frau auch ganz genau im Auge behalten, denn ich will nicht, dass sie dir wehtut, aber solange es dich glücklich macht, kann ich gar nichts dagegen haben. Und Hotaru scheint es genauso glücklich zu machen, also… sei mit ihr zusammen. Aber sei vorsichtig.“

„Das werde ich. Allerdings… also eigentlich sind wir gar nicht zusammen. Und Hotaru weiß auch noch nichts Genaues.“

„Ihr seid gar nicht zusammen? Aber was…?“

„Es ist kompliziert.“ unterbrach Michiru sie verlegen.

„Kompliziert?“ wiederholte Reika fragend und hob dabei skeptisch eine Augenbraue an.

„Ja, … schon irgendwie.“ versuchte Michiru zu erklären.

Von ihrer Großmutter kam ein Seufzen.

„Na, dann hoffe ich, dass du die Situation bald genauer definieren kannst. Auf mich macht ihr jedenfalls den Eindruck, als wärt ihr bereits zusammen. Halt mich also auf dem Laufenden. Und besuch mich mal wieder. Vielleicht kannst du sie dann ja wieder mitbringen, damit ich mir noch ein besseres Bild von ihr machen kann.“

„Okay, ich werd sehen, ob ich sie dazu überreden kann. Mach‘s gut, Oma.“

Michiru umarmte sie noch einmal und machte sich dann auf den Weg zu ihrer Tochter und Haruka. Die Sportlerin war gerade dabei die Kleine auf die Rückbank ihres Wagens zu heben.

„So, anschnallen.“ kommandierte die Große, nachdem sie sie abgesetzt hatte.

„Jawohl!“

Hotaru gehorchte und nahm den Gurt, immer noch mit einem Grinsen im Gesicht, entgegen. Michiru näherte sich leise von hinten und irgendwie machte sie der Anblick, wie Haruka da, etwas unbeholfen, der Kleinen zur Hilfe kam, rundum glücklich. Dieses Bild "Haruka mit Kind" wollte zwar immer noch nicht so ganz für sie zusammen passen, aber dass es in der Realität dann doch so gut funktionierte, gab ihr zudenken. Die Frage, ob die Sportlerin sich eventuell vielleicht wirklich vorstellen konnte mit ihr und Hotaru zusammenzuleben, drängte sich in ihrem Kopf immer mehr in den Vordergrund. Bis vor ein paar Tagen noch war sie im Grunde davon ausgegangen, dass die Antwort nur "Nein" sein konnte. Dass die coole, erfolgreiche und unnahbare Rennfahrerin nur ihren Spaß haben wollte. Aber jetzt, nach der gemeinsamen Zeit und dem Anblick, der sich ihr bot, konnte sie die Hoffnung darauf nicht mehr unterdrücken. Nach so langen Jahren hatte sie endlich wieder jemandem gefunden, der sie glücklich machte und dem sie vertraute. Das tat sie nämlich aus irgendeinem Grund, obwohl sie sie kaum kannte. Aber es war … einfach ein Gefühl. Ein Gefühl der … Verbundenheit. Sie konnte es nicht beschreiben oder erklären, sie wusste nur, es war da. Und sie wollte dem folgen. Also musste sie wohl abwarten, wie Haruka sich entscheiden würde. Sie wollte sie aber auch nicht drängen, schließlich hatte sie ihr versprochen ihr Zeit zulassen. Und dann war da ja noch dieses andere "kleine" Problem, für das sie absolut keine Lösung hatte. Und nun, wo sie über all das nachdachte, viel ihr auch wieder Kohara ein. Er hatte ihr heute mehr als deutlich gedroht…

„Ähm, wollen wir los?“

Die Türkishaarige schreckte aus ihren Gedanken hoch und sah in das fragende Gesicht von Haruka.

„Oh. Ja, natürlich.“

Sie warf all diese Gedanken fort und folgte der Aufforderung Harukas lächelnd, die ihr die Wagentür aufhielt, damit sie sich setzten würde. Die Sportlerin schloss die Tür hinter ihr und begab sich dann ans Steuer, um loszufahren.

Trautes Heim, Glück allein

„So, du sagst wo‘s langgeht.“ grinste Haruka Michiru an und lies den Motor aufheulen.

„Fahr erst mal geradeaus und dann bei der nächsten Kreuzung rechts auf die Hauptstraße, der Straße folgst du dann einfach, bis ich dir etwas anderes sage.“

„Geht klar.“

Und schon fuhr die Rennfahrerin, in einem affenzahn, davon.

Es verging eine Zeit, in der sie schweigend zusammen im Auto saßen. Ab und zu war Hotarus kichern zuhören, die es offenbar wahnsinnig toll fand, dass Haruka so schnell fuhr und dieser Wagen kein Dach hatte, wodurch sie alles sehen konnte und den Wind um die Ohren geweht bekam. Zum Glück war es auch immer noch ziemlich warm, selbst um diese Uhrzeit, so dass ihr nicht kalt wurde, oder Michiru sich sorgen darüber machen musste, ob sie krank werden könnte. Während sie unterwegs waren, dachte die Lehrerin plötzlich daran, was Haruka wohl von ihrer Wohnung halten könnte. Anders als sie, war sie ja ganz und gar nicht wohlhabend. Sie besaß gerade mal das Nötigste, und die Wohngegend in der sie lebte, war auch nicht gerade die schönste. Irgendwie wollte sie gerade nicht, dass Haruka das sah, oder wusste. Was wenn ihr das gar nicht gefiel?

„Sag mal, ist es noch weit? Wir sind ja schon fast aus der Stadt.“ unterbrach Haruka ihren Gedankengang und ließ sie etwas zusammenfahren.

„Ähm, ein bisschen noch. Da an der nächsten Kreuzung musst du links abbiegen und dann die nächste rechts. Von dort aus sind es noch ungefähr fünf Kilometer geradeaus.“

„Das is ja ‘ne Ewigkeit von der Schule entfernt. Wie kommst du da eigentlich jeden Morgen hin, ohne Auto?“

„Na, wie wohl? Mit dem Bus.“

„Du fährst die ganze Strecke mit dem Bus?! Wann stehst du denn da auf? Mitten in der Nacht?“

„Nein, aber schon ziemlich früh.“ seufzte Michiru etwas.

„Gar nicht, es ist wirklich mitten in der Nacht!“ protestierte Hotaru von hinten.

„Und nach Hause brauchen wir auch immer solange. Das is total doof.“ redete sie weiter.

„Das glaub ich dir. Wieso suchst dir denn nicht ‘ne Wohnung, die nicht so weit weg ist?“ fragte Haruka an Michiru gewandt.

„Das tu ich doch bereits. Aber es ist gar nicht so einfach was Passendes zu finden, besonders weil ich kaum Zeit dafür hab.“
 

„Ach so.“

Haruka richtete ihren Blick wieder auf die Straße und dachte darüber nach. Sie konnte es selbst nicht glauben, aber sie würde ihr gerade ernsthaft anbieten wollen, einfach bei ihr einzuziehen. Noch nie hatte sie auch nur eine ihrer Affären mit in ihre Wohnung genommen, sondern war immer mit zu ihnen, oder auch ganz woanders hingegangen. Es war einfach leichter diese Mädchen wieder loszuwerden, wenn diese nicht wussten wo sie wohnte. Außerdem wäre ihr das dann doch zu persönlich gewesen. Die Wohnung war ihr Rückzugsort, dort konnte sie ganz sie selbst sein und musste sich vor niemandem rechtfertigen. Aber Michiru und natürlich auch Hotaru, würde sie jederzeit hineinbitten, und sogar bitten zu bleiben. Aber dieses Angebot war wohl eindeutig zu früh und auch nicht angebracht, wenn man bedachte, dass sie überhaupt nicht zusammen waren, es sowieso nicht durften und Michiru das Angebot wohl eh ablehnen würde. Diese ganze Situation mit dem Lehrer-Schüler-Verhältnis nervte sie tierisch. Es wäre alles so viel einfacher, wenn ihre Beziehung, die sie versuchte zu erreichen, nicht vom Gesetz her verboten wär. Ihr war es egal, was die Leute über sie dachten, aber unter allen Umständen wollte sie Hotaru, und wenn‘s ging auch Michiru, von der Presse fernhalten. Dass die Türkishaarige für diese Aktion gerichtlich bestraft werden könnte, darüber machte sie sich weniger sorgen. Sie hatte genug Geld und Einfluss, als dass sie das nicht verhindern könnte. Zumal sie ja das "Opfer" in dieser Sache war, und sie würde vor jedem Aussagen, dass sie dieses Verhältnis freiwillig eingegangen war. Bei ihrem Ruf, gab es wohl auch niemanden der daran zweifeln würde.

„Da vorne ist es. Du kannst uns da an der Straße rauslassen.“

Michiru deutete mit dem Finger auf eines der vielen aneinandergereihten kleinen Häuser und der Straße davor. Haruka folgte ihrem Finger und sah das Haus etwas genauer an. Sie fand wirklich, es könnte mal ‘ne Renovierung gebrauchen. »Sieht ja aus, als würde es gleich einstürzen. Eigentlich jedes Haus hier… Warte, hat sie rauslassen gesagt? Ich will sie nicht verlassen. Will sie etwa, dass ich gehe?« Sie wurde unsicher darüber, ob sie ihr jetzt noch anbieten sollte, das Gepäck mit rein zutragen. Es sollte nicht klingen, als wolle sie nur mit rein, um eventuell noch in ihrem Bett zuladen – obwohl sie nichts dagegen gehabt hätte – aber lieber wollte sie ihr einfach nur helfen, und bei ihr bleiben. Einfach nur bei ihr bleiben…

„Mama, Ruka muss aber unbedingt noch mit hochkommen. Ich wollte ihr doch mein Zimmer zeigen.“ flehte Hotaru von hinten.

„Aber Schatz, es ist schon spät und wir haben einen sehr anstrengenden Flug hinter uns, von daher will sie sicher nach Hause. … Oder?“

Michiru sah sie an und Haruka hatte keine Ahnung, ob dieser Blick jetzt bedeuten sollte "Sag ja, ich will nicht, dass du mit rein kommst!" oder "Möchtest du vielleicht doch mitkommen?". Sie entschied sich es einfach zu versuchen. Noch dazu war zehn noch lange keine Uhrzeit für sie. Obwohl der Flug wirklich anstrengend war und sie auch nicht besonders viel Schlaf bekommen hatte, fühlte sie sich hellwach.

„Also, ich muss sowieso noch dein Gepäck reintragen. Und ich hab Taru-chan schon versprochen mir ihr Zimmer anzusehen.“ grinste sie, etwas unsicher.

„Also, schön. Dann komm mit rauf.“

»Na, immerhin lächelt sie. Aber war das jetzt ein erleichtertes oder genervtes Ausatmen?«

Sie fand keine Antwort darauf und parkte stattdessen den Wagen auf einem leeren Parkplatz am Straßenrand. Haruka hatte eigentlich vorgehabt Michiru die Wagentür zu öffnen aber die war ausgestiegen bevor sie die Möglichkeit dazu bekam. Etwas enttäuscht half sie stattdessen der Kleinen aus dem Wagen raus, und hob sie einfach über die Tür und setzte sie dann auf dem Gehweg ab. Hotaru rannte schon mal los, während die Sportlern den Koffer und die Tasche aus dem Kofferraum holte. Michiru wartete auf sie und irgendwie hatte sie den Eindruck, sie wäre etwas nervös. Haruka schloss den Wagen ab und begab sich mit den Sachen zu ihr.

„Ist es wirklich in Ordnung für dich, dass ich mit reinkomme? Ich möchte dir wirklich nur das Gebäck nach oben tragen. Falls du also denkst, dass ich…“

Haruka machte eine vielsagende Andeutung mit ihren Augen, doch bevor sie weitersprechen konnte wurde sie unterbrochen.

„Was? Oh, Nein! Nein, das hab ich gar nicht gedacht. Ich… ich… Ach was, komm einfach. Hotaru wartet schon.“

Damit drehte sie sich um und ging auch zum Haus. Haruka folgte ihr etwas verwirrt. »Wenn sie nicht dachte, ich will sie flachlegen, worüber macht sie sich dann sorgen?« Denn, dass sie sich über etwas Sorgen machte, dessen war sie sich sicher. »Hhmm, vielleicht macht sie sich auch nur sorgen darüber, dass Taru-chan was merken könnte, oder wir gesehen werden.« Das klang ganz einleuchten für sie, also beschloss sie einfach darauf zu achten was sie in Gegenwart von Hotaru sagte oder tat. Ihr wurde jetzt auch klar, dass sie sich die ganze Zeit vor Hotaru geduzt hatten. War das nicht eigentlich schon auffällig genug? Wie sollte sie sie jetzt eigentlich ansprechen? Michiru oder Sensei? Hatte Michiru sie eigentlich schon mit Namen vor der Kleinen angesprochen? Während sie sich den Kopf darüber zerbrach führte die Türkishaarige sie etwas seitlich von dem Haus zu einer schmalen Treppe, die zu einem separaten Eingang in den zweiten Stock führte. Sie schloss die Haustür auf und gab der Sportlerin den Weg frei, wobei Hotaru schon in der Wohnung verschwunden war.

„Na, dann komm mal rein.“ lächelte Michiru etwas verlegen und Haruka folgte der Einladung. Zunächst einmal stand sie in einem kleinen Flur mit Garderobe, Siedebord und Spiegel.

„Du kannst die Sachen einfach hier abstellen.“ deutete Michiru auf das Gepäck und schloss die Tür hinter sich.

„Okay.“

Haruka befreite sich von dem Gepäck und noch bevor sie die Sachen richtig abgestellt hatte, stand Hotaru vor ihr und zerrte an ihrem Arm.

„Komm schon Ruka! Ich zeig dir alles.“

Die große warf einen kurzen Blick zu Michiru, um sich zu vergewissern, dass dies auch wirklich in Ordnung war. Dieses Mal fand sie ein wirklich liebevolles Lächeln in ihrem Gesicht und zuversichtliches Nicken, weshalb sie sich von der Kleinen mitziehen ließ. Sie bekam auch gleich eine richtige Führung durch die Wohnung. Sehr lang dauerte die allerdings nicht, denn so viele Räume gab es nicht. Hotaru zog sie zuerst durch den Flur ins Wohnzimmer. Es war um Längen nicht so groß wie ihrs, aber sie fand es war ganz gemütlich. Alles war ordentlich und hübsch eingerichtet. Vor der Wand, an der ein kleiner Fernseher in einer Regalwand war, standen eine mittelgroße Couch, ein kleiner Tische und ein gemütlicher Sessel. Ebenfalls im Raum, in einer Ecke neben dem Fenster, war ein Schreibtisch, an dem die Lehrerin zu arbeiten schien. Er war ebenfalls aufgeräumt, obwohl einige Stapel Papier sich darauf türmten. Wirklich beeindruckend fand die Sportlerin aber die Bilder, die an den Wänden hingen. »Ob Michiru die vielleicht selber gemalt hat?« Wenn ja, war sie echt sprachlos. Sie entdeckte auch noch eine wirklich schöne und edel verarbeitete Geige hinter einer Glasscheibe in dem Regal, bevor sie von Hotaru zum nächsten Raum gezogen wurde. Die kleine Küche schloss direkt am Wohnzimmer an und gab gerade mal genug Platz für das nötigste. Wenn sie hier zu dritt drin stehen würden, wäre das schon ziemlich eng. An dem Esstisch, der an der Wand stand, gab es auch nur zwei Stühle, also kein Platz für sie. Das Badezimmer war auch ziemlich winzig und hatte zu ihrer Verwunderung nicht mal eine Badewanne, sondern nur Dusche. Sie hätte nicht erwartet, dass Michiru in einer Wohnung ohne so was Leben könnte, wo sie doch das Wasser so sehr liebte. Als nächstes zerrte Hotaru sie in ihr Zimmer. Indem hielten sie sich sehr viel länger auf, denn die Kleine zeigte ihr alles bis ins kleinste Detail. Es war ein ebenfalls kleines Zimmer, mit einem Bett, Schrank, kleinen Tisch, der als Schreibtisch diente und ganz vielen Spielsachen. Michiru schien nicht sehr viel zu besitzen, doch Hotaru mangelte es offenbar an nichts. Haruka konnte sich denken, dass die Türkishaarige eher der Kleinen etwas Gutes tat, als sich selbst etwas zu leisten. Schon wieder hätte sie am liebsten ein Bündel Geldscheine in ihre Hand gedrückt. Es war doch unfair, dass sie so viel besaß und Michiru nicht. In ihren Augen war Michiru der weitaus bessere Mensch von ihnen und hätte es viel mehr verdient. Sie war aufopferungsvoll, liebevoll, kümmerte sich immer um Andere und würde wohl nie zulassen, dass jemand leidet. Ihr hingegen waren Andere egal. Immer nutze sie deren Gefühle aus und kümmerte sich einen Dreck darum, was aus ihnen wird. Das Einzige wofür sie sich interessierte war ihr eigenes Leben. … Das heißt, so war es. Nun gab es da plötzlich Menschen, die ihr wichtig waren. Wichtiger als alles andere auf der Welt. Wichtiger als ihr eigenes Leben. Innerlich seufzte sie darüber. Nie hatte sie es soweit kommen lassen wollen. Es gab schließlich einen Grund, warum sie so gefühlskalt geworden war. Doch nun konnte sie es nicht mehr rückgängig machen. Sie hatte sich in Michiru verliebt, und der Wunsch mit ihr zusammen zu sein war größer als die Angst, sie wieder zu verlieren. Obwohl diese Angst sie übermannte. Der Verlust ihrer Eltern hatte sie damals völlig aus der Bahn geworfen und steckte ihr auch heute noch in den Knochen. Was sie anstellen würde, wenn sie Michiru verlieren würde… wusste sie nicht. Sie wollte es auch gar nicht wissen. Sie wollte sich nicht mal vorstellen ihr könnte etwas zustoßen. So etwas durfte nicht passieren, und wenn sie konnte, würde sie es mit allen Mitteln verhindern, egal um welchen Preis. Haruka war so in ihren Gedanken vertieft, dass sie die Namen der ganzen Puppen und Kuscheltiere kaum mitbekam, die Hotaru ihr vorstellte. Sie merkte auch nicht, wie Michiru zu ihnen stieß und sich das Schauspiel ansah.

„Hotaru-chan, findest du nicht, du hast Haruka jetzt genug von deinen Freunden vorgestellt? Ich glaube auch nicht, dass sie sich die Namen alle merken kann. Außerdem ist es schon spät. Du müsstest schon längst im Bett liegen.“

Erst jetzt bemerkte Haruka die Türkishaarige und drehte sich zu ihr um, genau wie Hotaru.

„Aber Mama, ich bin noch gar nicht müde. Und Ruka ist doch gerade erst gekommen. Bitte, ich will noch nicht ins Bett!“

„Keine Widerrede. Du siehst sie ja schon übermorgen bei diesem Rennen wieder, und dann Montag in der Schule. Also los.“

Hotaru zog einen Schmollmund und war wohl unschlüssig darüber, ob sie noch protestieren sollte oder nicht. Hilfesuchend sah sie ihre große Freundin an, die immer noch neben ihr auf dem Boden Kniete.

„Du hast sie gehört. Ich würde tun was sie sagt, sie kann verdammt böse werden.“ gab sie der Kleinen entschuldigend zurück.

Jetzt war die Schwarzhaarige richtig beleidigt und auch etwas traurig.

„Aber dann will ich, dass Ruka mich ins Bett bringt. Bitte Mama, geht das? Oh, und noch was vorlesen! Bitte Ruka, liest du mir noch was vor?“

„Äh, ich soll was?“

Haruka blinzelte sie völlig perplex an. Mit so was hatte jetzt gar nicht gerechnet. Mit vorlesen konnte sie ja noch etwas anfangen, aber was hieß es denn sie ins Bett zubringen? Musste sie da irgendetwas Besonderes tun? Irgendwie fühlte sie sich grad ein wenig überfordert.

„Hotaru, um so etwas kannst du doch nicht einfach bitten! Jetzt geh erst mal ins Bad und putzt dir die Zähne. Sie wird sich schon noch von dir verabschieden, bevor sie geht.“ befahl Michiru ihr.

„Na gut.“ brummte die Kleine enttäuscht und schlenderte aus dem Zimmer.

„Tut mir Leid. Du musst das natürlich nicht tun.“ entschuldigte sich die Türkishaarige bei ihr, als die Kleine weg war und wirkte ziemlich verlegen dabei.

Haruka erhob sich erst mal aus ihrer gehockten Position.

„Ach was, ist schon in Ordnung. Also ich kann ihr gerne etwas vorlesen, das macht mir nichts aus.“

„Wirklich?“

Das klang sehr überrascht und ungläubig.

„Klar. Also lesen kann ich.“ grinste Haruka breit.

Michiru lächelte sie geheimnisvoll an und ging noch ein bisschen näher an sie ran.

„Ja, das kannst du…“

Gerade als Michiru eine Hand nach ihr auszustrecken begann, und Haruka sich schon auf etwas freute, kam ein lautes, Situation zerschmetterndes Rufen vom Flur aus.

„Mama! Meine Sachen sind doch noch in meiner Tasche. Ich hab gar keine Zahnbürste.“

Beide zuckten sie zusammen und Michiru ging sogar einen Schritt rückwärts. Hotaru stand auch schon in der Tür, als sie dort hinsahen.

„Oh, ja richtig.“ kam es noch etwas abwesend von der Türkishaarigen, bevor sie das Zimmer mit der Kleinen verließ.

Haruka seufzte einmal und folgte ihnen dann. Sie war sich sicher, dass das niemals gut gehen konnte, Hotaru nichts davon zusagen. Die Kleine bekam es ja doch raus. Sie hatte auch nichts dagegen. Im Gegenteil, das würde einiges einfacher machen. Sie beobachtete wie Michiru aus der Tasche im Flur Hotarus Zahnbürste und Zahnpasta rauskramte, und die Kleine dann damit im Badezimmer verschwand. Danach hob Michiru die Tasche an und trug sie in Harukas Richtung.

„Warte, das kann ich doch machen!“

„Haruka, so schwer ist die Tasche nun wirklich nicht und ich bin durchaus in der Lage auch noch etwas selbst zu tun.“ wehrte Michiru ab, und schob sich an ihr vorbei in Hotarus Zimmer.

„Okay, wie du willst.“ hob sie beschwichtigend die Hände.

Sie blieb am Türrahmen lehnend stehen und sah zu, wie ihre Lehrerin die Tasche auspackte und den Inhalt in den Schrank und die Schubladen sortierte.

„Michiru, darf ich dich mal was fragen?“ begann sie nach kurzer Zeit zögerlich.

„Natürlich, darfst du.“

„Wie war das für dich, so plötzlich von einem auf den anderen Tag Mutter zu werden? Also ich weiß, dass du wohl unglaublich froh warst, dass Taru-chan überhaupt noch da war, aber…“

„Es war ziemlich beängstigend.“ beantwortete Michiru ihre Frage gleich.

„Ach, ja?“

„Ja. Was dachtest du denn? Ich wollte sie zwar um jeden Preis behalten aber trotzdem hatte ich so meine Zweifel. Ich hatte keine Ahnung, ob ich ihr überhaupt eine gute Mutter sein könnte, ob ich ihr alles bieten könnte, was sie braucht und ob sie mich überhaupt als Mutter akzeptieren würde. … Sie hatte eine Mutter. Eine wunderbare Mutter, und ich wollte sie niemals ersetzen. Ich weiß immer noch nicht, ob es die Richtige Entscheidung war, also für sie. Für mich allerdings… Ich kann mir ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen. Ich bin überglücklich, dass sie bei mir ist und ich liebe sie wirklich, als wäre sie mein eigenes Kind.“ lächelte sie etwas verträumt.

„Also, wenn du meine Meinung dazu hören willst, finde ich, du bist das Beste was ihr nach dem Tod ihrer Eltern passieren konnte. Du bist auch eine wundervolle Mutter und ich bin mir sicher Hotaru sieht das genauso. Und dein Bruder und seine Frau sind garantiert mehr als Dankbar, dass du dich um sie kümmerst.“

„Danke, Haruka. Du weißt gar nicht wie viel mir das bedeutet.“

Michiru sah sie ganz verträumt an und Haruka hatte den Eindruck, als würden auch wieder ein paar Tränen in ihren Augen glitzern. Sie kam sich schon ein bisschen unbehaglich dabei vor. Zum Weinen hatte sie sie jetzt eigentlich nicht bringen wollen. In ihr kam das starke Bedürfnis hoch sie zu Umarmen und dem wollte sie auch nachgeben, nur leider kam sie nicht dazu.

„So, ich bin fertig!“ stand Hotaru plötzlich wieder neben ihr in der Tür.

„Gut, dann wollen wir dich mal umziehen. Möchtest du lieber deinen Schlafanzug oder Nachthemd anziehen?“ fragte Michiru und ging schon mal zum Schrank.

„Ähm, Schlafanzug. Aber Mama, ich kann mich schon alleine Umziehen.“

„Oh, Verzeihung.“

Hotaru war neben sie getreten und bekam jetzt von ihrer Mutter die Sachen in die Hand gedrückt.

„Komm, Haruka. Lassen wir sich das große Mädchen alleine umziehen.“ lachte Michiru und kam auf die Große zu.

„Aber Ruka geht doch noch nicht, oder?“ fragte die Kleine traurig.

„Nein, keine Panik. Ich werd dir noch was vorlesen.“ versicherte Haruka ihr.

„Wirklich?“

„Ja. Zieh du dich in Ruhe um, und such schon mal ein Buch aus. Ich komm dann gleich wieder.“

„Okay!“

Die Kleine strahlte und begann schon damit sich umzuziehen. Haruka und Michiru verließen den Raum und standen sich dann im Flur gegenüber.

„Du möchtest das also wirklich tun?“ fragte Michiru skeptisch.

„Ja, will ich. Wenn ich damit die kleine glücklich machen kann.“

„Das tust du.“

„Dann tu ich es gern.“

Sie sahen sich beide in die Augen und Haruka störte dieser Meter Abstand zwischen ihnen gerade gewaltig. Dieses Mal ließ sie sich nicht aufhalten und Umarmte die Kleinere einfach. Michiru war wohl etwas überrascht, erwiderte die Umarmung dann aber.

„Tut mir Leid, wenn ich dich eben traurig gemacht habe.“

„Was?“

Irritiert löste sich die Türkishaarige ein wenig von ihr und sah zu ihr auf.

„Naja, ich hätte dich das wohl doch nicht fragen sollen.“

„Das ist doch Blödsinn. Die Frage war völlig in Ordnung. Und du hast mich auch nicht traurig gemacht. Das was du gesagt hast, hat mich wirklich glücklich gemacht. Ich fang einfach viel zu schnell an zu weinen, tut mir Leid.“

„Das muss es nicht. Auch wenn ich es lieber sehe, wenn du lächelst.“

Dieses Lächeln wurde ihr auch gleich geschenkt. Sie sahen sich wieder eine ganze Weile in die Augen, bis Haruka einfiel, dass sie ja noch eine Verabredung hatte.

„Ähm, ich glaube… ich sollte jetzt lieber wieder zu Taru-chan. Sonst steht sie noch gleich wieder zwischen uns.“

„Ja, du hast Recht. … Oh, warte. Ich möchte dir noch etwas für sie mitgeben.“

Michiru löste sich ganz von ihr und ging den kleinen Flur zu dem Sideboard rüber, auf dem ihre Handtasche stand. Haruka folgte ihr verwirrt.

„Hä?“

„Hier, gib du es ihr.“ sagte Michiru und überreichte ihr eine Tüte.

„Oh, aber das wolltest du ihr doch schenken.“

Sie nahm ihr die Tüte ab, in der sie das Schmuckkästchen wiederfand, welches sie in Rom gekauft hatten.

„Ich bin mir sicher, sie freut sich auch, wenn sie es von dir bekommt.“

„Hhmm, na schön ich geb ’s ihr, aber ich sag ihr, dass es von dir is.“

„Meinetwegen.“

Haruka sah sie noch einmal an und machte sich dann in Hotarus Zimmer. Die Kleine lag schon in ihrem Bett, auf dem Nachtschrank davor, fand sie ein Buch liegen. Sie schloss die Tür hinter sich und ging darauf zu. Irgendwie fand sie es schon merkwürdig, dass das Mädchen gar nicht auf sie reagierte, aber als sie bei ihr ankam wurde ihr auch klar wieso. Sie kniete sich zu ihr herunter und schüttelte nur ungläubig mit dem Kopf.

„Von wegen, nicht müde. … War wohl doch alles etwas zu aufregend für dich, heute Abend.“ flüsterte sie der Kleinen zu, die schon seelenruhig schlief.

Es sah schon verdammt süß aus, wie sie da lag, mit dem Plüschteddy im Arm und der Decke halb um sich geschlungen. Haruka erhob sich wieder und zog die Decke noch etwas mehr über sie, dann sah sie die Tüte in ihrer Hand an.

„So, was mach ich jetzt mit dir?“

Sie sah sich kurz um, und beschloss es ihr einfach auf den Nachtschrank zu stellen, da würde sie es schon finden. Anschließend nahm sie noch einen leeren Zettel vom Schreibtisch, schrieb ein paar Zeilen darauf und legte ihn dazu. Sie traute der Kleinen schon zu lesen zu können, auch wenn sie es wohl gerade erst lernte. Aber selbst wenn nicht, würde ihre Mutter es ihr schon vorlesen. Sie schaltete noch das Licht aus und verließ dann wieder den Raum. Michiru fand sie im Wohnzimmer an ihrem Schreibtisch wieder.

„Du arbeitest doch nicht etwa?“

„Nanu, du bist schon wieder zurück? … Hast du es dir etwa anders überlegt?“ fragte Michiru zögerlich.

„Nein, aber sie.“

„Was?“

„Sie war bereits eingeschlafen.“ grinste Haruka und blieb neben ihr am Schreibtisch stehen.

„Oh. Das wird sie morgen sicherlich gar nicht gut finden.“ lachte Michiru bei der Vorstellung.

„Ja, das vermute ich auch. Aber ich wollte sie nicht wecken.“

„Das ist auch richtig. Sie braucht ihren Schlaf.“

„Ich hab ihr das Geschenk übrigens da gelassen. Dann findet sie es gleich morgen früh.“

„Okay, is gut.“

Es entstand eine Pause in der sie sich schweigend ansahen. Haruka vermutete, dass das jetzt wohl der Zeitpunkt wäre sich eigentlich zu verabschieden, aber das musste sich doch noch weiter hinauszögern lassen.

„Also arbeitest du denn nun wirklich?“ fragte sie und deute auf die Zettel vor der Lehrerin auf dem Tisch.

„Ach, das sind nur ein paar Arbeiten, die ich noch bewerten muss.“

„Aha. Zufällig eine von mir?“ grinste sie breit.

„Nein. Es sei denn du bist neuerdings in meinem Kunstkurs. … Oh, aber von Takuya ist eine dabei.“

„‘n Bild von Takuya? Zeig mal her.“ forderte Haruka neugierig.

„Also eigentlich darf ich dir das nicht zeigen.“

„Er wird schon nichts dagegen haben.“

Haruka hielt ihr ihre ausgestreckte Hand hin und forderte weiter. Michiru sah sie eindringlich an und schien mit sich selbst zu hadern. Sie ergab sich schließlich und suchte aus dem Stapel die entsprechende Zeichnung raus, um sie der Sportlerin zu reichen.

„Gar nicht schlecht. Der junge kann ja wirklich zeichnen.“

Sie war doch ein wenig überrascht. Das hätte sie ihm gar nicht zugetraut.

„Hast du das etwa nicht gewusst?“

„Nö. Ist das erste Bild, was ich von ihm sehe.“

„Wie lange bist du denn schon mit ihm befreundet?“

„Ähm…“

Das war eine gute Frage. Sie musste sich wohl eingestehen, dass sie nun wirklich irgendwie mit ihm befreundet war, obwohl sie es gar nicht darauf angelegt hatte.

„… so genau kann ich dir das gar nicht sagen. Also, kenn tu ich ihn seitdem ich auf der Schule bin, also ungefähr eineinhalb Jahre, aber angefreundet haben wir uns wohl erst vor kurzem. Eigentlich weiß ich noch so gut wie nix über ihn.“

„Ach so. Er scheint mir jedenfalls sehr nett zu sein. Und da er unser Geheimnis bewahrt, dachte ich, ihr würdet schon lange befreundet sein.“

„Nein. Ich versteh den Typen auch nicht so ganz. Keine Ahnung warum er sich überhaupt die Mühe macht mit mir zureden, besonders nett war ich nie zu ihm. Und dann sagt er plötzlich so was Komisches wie, er mag mich. Ich glaub, er is total verrückt.“

„Hhmm, also ich kann ihn schon irgendwie verstehen.“

„Ach ja?“

„Oh, da fällt mir ein, ich hab euch vorhin am Flughafen gesehen. War das seine Familie bei euch?“

„Ähm, ja. Seine Mutter und seine Freundin. Hab sie auch das erste Mal getroffen.“

„Das Mädchen neben ihm war also seine Freundin?“

„Ja, hast du was anderes gedacht?“ fragte Haruka schmunzelnd.

„Nein, gar nicht. Ich mein, es hätt ja auch seine Schwester sein können, oder so.“ dementierte Michiru und schien sich rausreden zu wollen.

„Dafür sahen sie sich aber wirklich gar nicht ähnlich.“

„Naja, so dicht dran war ich ja nicht.“

Haruka konnte sich das Lachen nicht länger verkneifen. Dass Michiru eventuell eifersüchtig gewesen sein könnte, freute sie wahnsinnig. Michiru schien etwas beleidigt zu sein, stimmte dann aber mit in das Lachen ein. Das Lachen verklang langsam und wieder entstand eine lange Pause. Haruka wollte nicht gehen. Sie würde sich wirklich gerne noch weiter mit ihr unterhalten, oder auch die ganze Nacht bleiben, aber sie wusste nicht, ob Michiru das auch wollte. Naja, die Nacht würde sie wohl eh nicht bleiben dürfen. Wenn sie morgenfrüh immer noch da war, würde das Hotaru sicherlich auffallen. Sie vermutete nicht, dass die Türkishaarige sie rauswerfen würde, nicht mal, wenn sie wollte, also musste sie wohl oder übel von sich aus gehen. Sie wollte es sich mit ihr unter keinen Umständen verscherzen, also auch nicht zu aufdringlich sein.

„Tja, ich denke…“

„Haruka, hast du … nicht vielleicht noch Lust … einen Tee mit mir zu trinken? Oder auch was anderes, wenn du magst?“ wurde sie in ihrem Satz unterbrochen, und sah in das leicht verlegene Gesicht ihrer Lehrerin.

Sie musste das Gehörte erst mal realisieren. Michiru bat sie tatsächlich noch zu bleiben.

„Tee klingt wunderbar.“ strahlte sie bis über beide Ohren.

Bilder der Vergangenheit

Michiru schien sich über ihre Antwort zu freuen und erhob sich von ihrem Stuhl.

„Gut, dann werde mal eben Wasser aufsetzten. Du kannst dich gerne hinsetzten.“

Sie deute auf die Couch und Haruka nickte verstehend. Die Türkishaarige begab sich dann in die Küche. Die Sportlerin wollte das Angebot annehmen und drehte sich zu dem Sofa um, entdeckte dann aber wieder die Geige im Regal. Dieses Mal wollte sie sich das gute Stück doch etwas genauer ansehen und näherte sich ihr. Sie sah wirklich wunderschön und edel aus. Das Einzige, was Haruka gar nicht gefiel, war die Tatsache, dass sie sich in dem Schrank befand. Es sah nicht so aus, als hätte Michiru sie in letzter Zeit öfter in der Hand gehabt. Sie wirkte eher wie eine Erinnerung, oder ein Traum, der jetzt mit ihr hinter dieser Glasscheibe eingesperrt war. Nur zu gerne würde sie Michiru darum bitten, ihn wieder freizulassen. Den ganzen Traum wieder aufzunehmen. Sie war sich sicher, sie könnte ihn mühelos erreichen, obwohl sie sie ja noch nie spielen gehört hatte. Um ein kleines Konzert konnte sie sie wohl im Moment auch nicht bitten, Hotaru würde ja sofort wieder aufwachen. Naja, es würde schon noch dazu kommen. Sie hatten ja bereits abgemacht, dass sie sich gegenseitig etwas vorspielen wollten. Inzwischen hatte sie auch gar keine Angst mehr davor ihr etwas auf dem Klavier vorspielen zu müssen. Klar wusste sie nicht, ob es ihr gefallen würde, und sicher machte sie einige Fehler, aber sie glaubte auch nicht, dass Michiru sie deswegen verurteilen würde. Haruka wendete sich von der Geige ab, um sich jetzt doch zu setzten aber ihr Blick traf erneut auf etwas, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Fotos. Auf ein paar Regalbrettern über dem Fernseher waren mehrere Bilderrahmen aufgestellt. Das was ganz vorne stand, sprang ihr sofort ins Auge. Es war ein Hochzeitsfoto. Ein Mann, in einem schicken schwarzen Smoking, mit kurzen hellblauen Haaren und genau den gleichen tief blauen Augen, wie Michiru sie hatte, lächelte voller Stolz in die Kamera. Neben ihm seine Braut, in einem wunderschönen weißen Hochzeitskleid. Sie hatte lange schwarze Haare, magentafarbene Augen und war Hotaru wie aus dem Gesicht geschnitten. Unverkennbar waren das Hotarus Eltern, und der Mann somit Michirus Bruder. Sie wirkten beide sehr liebevoll und mehr als glücklich auf dem Bild. Irgendwie schmerzte es Haruka, dass sie tot waren. Sie kannte sie gar nicht, aber Michiru hatte sie geliebt und ihr Verlust war auch irgendwie ihrer. Ihr Blick schweifte über die anderen Bilder und sie ging noch näher ran. Sie fand noch ein weiteres Hochzeitsfoto. Dieses Mal vermutete sie Michirus Eltern darauf zu finden. Also noch ein Paar welches nicht mehr lebte. Fast auf jedem Bild hier war mindestens eine Person mit drauf, die jetzt nicht mehr da war. Nur die Bilder auf denen Michiru alleine, zusammen mit Hotaru oder die wiederum alleine drauf war, entsprachen dem nicht. Naja, und dem einen auf dem sie Reika als junge Frau erkennen konnte. Aber sonst… Haruka bewunderte Michiru dafür, dass sie diese ganzen Bilder hier stehen hatte. In ihrer Wohnung würde sie vergeblich nach welchen suchen. Sie könnte es einfach nicht ertragen jeden Tag die Gesichter der Menschen zu sehen, die doch niemals wieder zu ihr zurückkehren würden.

„Oh, du hast die Fotos entdeckt.“ wurde sie plötzlich von hinten angesprochen.

Haruka drehte sich um und sah wie Michiru, mit einem Tablett, auf dem zwei Tassen und eine Kanne Tee drauf waren, durchs Zimmer ging. Sie stellte das Tablett auf dem Tisch ab und trat dann neben sie.

„Ja, hab ich. Ich hoffe das ist in Ordnung.“

„Natürlich ist es das. Ich nehme mal an, du hast dir bereits selbst zusammengereimt wer, wer ist.“

„Ja. Hotaru sieht ihrer Mutter wirklich ähnlich. Und dein Bruder hat genau die gleichen Augen wie du, genau wie deine Großmutter. … Oh, und deine Mutter.“ deutete sie noch auf ein Bild auf dem die Frau zu erkennen war.

„Schon fast beängstigend.“ murmelte sie noch vor sich hin.
 

„Wieso das?“ fragte Michiru sofort, die das durchaus gehört hatte.

„Ach, naja… Versteh mich nicht falsch, ich find deine Augen wundervoll. Ich könnte ewig in sie hineinsehen! Aber… sie machen mir auch ein bisschen Angst. Vor allem bei deiner Großmutter vorhin. Ich glaub, sie mag mich nicht.“

Michiru musste erst mal ihre Verlegenheit abschütteln, bevor sie weiter nachhaken konnte.

„Was genau macht dir denn an meinen Augen Angst?“

Das hatte sie immer noch nicht so ganz verstanden.

„Hhmm ich weiß nicht genau. Vielleicht das, dass ich mir dann immer so hilflos vorkomme, wenn ich in sie hineinsehe. Es ist, … als würde ich mich darin völlig verlieren.“

Okay, Michiru war sich sicher, dass sie gerade hochrot anlief. Haruka sah ihr gerade wirklich tief in die Augen und hatte sich auch ein wenig zu ihr hinunter gebeugt. Und dann noch dieses schiefe Lächeln… Eigentlich hatte sie jetzt einen wundervollen Kuss erwartet, doch die Blonde richtete ihren Blick leider wieder auf die Fotos. Michiru musste erst mal tief durchatmen bevor sie ihrem Blick folgen konnte.
 

„Wie hießen die zwei eigentlich?“ fragte Haruka, mit einem Blick auf Hotarus leibliche Eltern.

Ihr war die Anziehung eben nicht entgangen und sie hätte sie wirklich gerne geküsst, doch war sie sich nicht sicher, ob sie dann wieder hätte aufhören können.

„Ähm, … mein Bruder hieß Soichi und seine Frau Keiko.“

„Und deine Eltern?“

Haruka sah sich das Bild ihrer Eltern noch mal genauer an. Die Haarfarbe war eindeutig Väterlicherseits vererbt worden, aber sonst sah Michiru der dunkelhaarigen Frau ziemlich ähnlich.

„Seiichiro und Yuki.“

Mit der nächsten Frage zögerte Haruka. Sie war sich nicht sicher, ob sie sie wirklich stellen sollte, aber Michiru hatte ihr ja gesagt, sie könne sie gerne alles Fragen. Und wenn sie nicht antworten wollte, würde sie es schon nicht tun, was dann auch okay wär.

„Du … du hast gesagt, du hättest sie verloren als du vierzehn warst. Darf … ich fragen wie? Du musst aber nicht antworten.“

„Doch, natürlich darfst du.“ antwortete Michiru. Sie senkte allerdings ihren Blick und Haruka sah, dass es ihr nicht leicht fiel, darüber zu reden.

„Meine Mutter war sehr krank. Bei ihr wurde Brustkrebs diagnostiziert und das leider sehr spät. Sie war vorher nie wirklich krank und war sehr taff und hielt nicht so viel davon zum Arzt zu gehen. Irgendwann musste sie aber doch, da es ihr rapide schlechter ging. Sie wurde sofort behandelt, jedoch hatte der Krebs schon gestreut und die Ärzte gaben ihr nicht mehr viel Zeit. Das hat uns alle sehr getroffen, zumal bei meinem Großvater kurze Zeit vorher auch Krebs diagnostiziert wurde. Zu dieser Zeit waren mein Bruder und ich viel im Krankenhaus. Mein Vater kam leider nicht besonders gut mit der Situation zu Recht und hat angefangen seinen Kummer in Alkohol zu ertränken. Damals habe ich das aber nicht so mitbekommen. Nach einem halben Jahr, hat meine Mutter den Kampf gegen den Krebs verloren und starb.“

Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weiter sprach. Haruka hörte einfach nur zu.

„Es war eine schwierige Zeit aber meinem Großvater ging es allmählich besser und er erholte sich gut. Die Ärzte waren zu der Zeit zuversichtlich, dass er den Krebs besiegt hatte. Das war zumindest ein kleiner Trost. Doch nur ein paar Monate, nachdem meine Mutter gestorben war, hielt mein Vater es nicht mehr aus und brachte sich um.“

Haruka öffnete etwas den Mund vor Schreck, konnte aber nichts sagen. Sie war schockiert. Damit hatte sie nicht gerechnet. Wenn sie ehrlich war, konnte sie es aber ein wenig nachvollziehen.

„Ich war sehr lange Zeit, sehr wütend auf ihn. Schließlich hatte er uns einfach alleine gelassen. Ich konnte zwar verstehen, dass er sie vermisste aber das taten wir alle. Mein Bruder konnte es ihm auch nie verzeihen und hat nur noch selten über ihn gesprochen. Ich habe damals zum Glück Hilfe bekommen und konnte meine Trauer in einer Therapie verarbeiten. Mein Bruder wollte das leider nicht und da er schon achtzehn war, konnte ihn auch niemand zwingen. Bei mir haben meine Großeltern drauf bestanden und ich bin heute dankbar dafür.“

„Das tut mir alles sehr leid.“ flüsterte Haruka nach kurzer Stille.

Sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. Es war schrecklich und sie wünschte, sie könnte irgendwas tun oder sagen, damit es Michiru besser ging.

„Ist schon gut. Es ist nun mal passiert.“

Haruka wünschte sich aber, es wäre nicht so. Aber sie konnte ja leider nichts daran ändern… Sie ließ ihren Blick erneut über die Fotos wandern und entdeckte plötzlich eine Person, die sie überhaupt nicht einordnen konnte. Sie hatte so eine Vermutung, wollte es aber genau wissen. Außerdem hatte sie das Gefühl, ein Themenwechsel wäre jetzt gut. Sie griff sich das Bild, welches weiter hinten stand, drehte es vor Michiru um und zeigte auf die Person im Hintergrund.

„Wer ist das?“

„Oh. Das… das ist…“ rang Michiru mit den Worten.

„Deine Ex?“ half die Blonde ihr weiter.

„Ja. Ich hab eigentlich alle Bilder von ihr entsorgt aber das ist eines der wenigen auf dem Hotaru zusammen mit ihren Eltern drauf ist, deswegen konnte ich es nicht wegwerfen.“

Haruka drehte das Bild vor sich wieder um. Im Vordergrund waren wirklich Hotaru und ihre Eltern. Offenbar hatte die Kleine Geburtstag. Alles war festlich geschmückt und vor ihnen war ein Kuchen auf dem Tisch, verziert mit Kerzen und einer großen Zwei. Hinter der kleinen Familie standen Michiru, und eben die Ex.

„Wow… Sieht heiß aus.“

Eigentlich redete sie mehr mit sich selbst, als mit ihrem Gegenüber.

„Was?“

Das Michiru dies sagte, nahm sie auch kaum war. Sie starrte nur noch diese Frau an. Die war nun wirklich das krasse Gegenteil von ihr. Sie hatte lange, glatte rote Haare, leuchtend grüne Augen, eine schlanke Figur mit ausgeprägten Rundungen und trug ein elegantes Kleid, genau wie Michiru neben ihr. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, aber das nicht. Wenn eigentlich das der Typ Frau war, auf den Michiru stand, was wollte sie dann von ihr? Sie war zwar eine Frau, ja, aber sie musste zugeben, nicht besonders viel davon abbekommen zuhaben, weder was das Aussehen, noch den Charakter betraf. Sie würde sich niemals ein Kleid anziehen. So was trug sie einfach nicht gern. Für besondere Anlässe hatte sie ‘nen Anzug im Schrank, und nicht nur einen. Die Dinger fand sie nämlich, im Gegensatz zu Kleidern, totschick, also an sich. An ihrer Seite bevorzugte sie natürlich auch eine schöne Frau im eleganten Kleid, wie sie es ja auch schon oft genug gehabt hatte. Aber wenn sie so darüber nachdachte, waren eigentlich sämtliche Eroberungen von ihr eher hetero gewesen, oder zumindest bi. Wirklich lesbisch war kaum eine. Durch ihr männliches aussehen kam sie eben viel besser bei denen an, die auch genau das wollten. Noch dazu machte es einfach vielmehr Spaß eine Frau rumzukriegen, für die es das erste Mal mit einer wär, oder eventuell sogar das erste Mal überhaupt. Aber nun war Michiru ja genauso lesbisch wie sie, also stand sie wohl auch eher auf die typisch weiblichen Seiten an einer Frau. Haruka bekam gerade richtige Zweifel, warum sich die Türkishaarige überhaupt auf sie eingelassen hatte.
 

Michiru bekam davon nichts mit. Sie war immer noch viel zu sehr entsetz von dem, was Haruka da gerade vor sich hingemurmelt hatte. »Heiß?! Sie findet sie heiß?! …Wa… warum sagt sie das?« Noch schlimmer fand sie aber, dass die Große offenbar nicht mal mehr die Augen von ihr abwenden konnte. Das versetzte ihr einen richtigen Stich ins Herz. Je länger sie diese Scene betrachtete, desto enttäuschter, trauriger und wütender wurde sie. Hatte sie sich jetzt etwa doch so gewaltig in Haruka getäuscht? Klar, sie hatte gewusst, dass sie ein Frauenheld war und sie war sich ja auch von Anfang an nicht sicher darüber, ob Haruka monogam leben könnte, aber nach den letzten Tagen? Sie hatte doch so viele wundervolle Dinge zu ihr gesagt, sie kümmerte sich so süß um Hotaru, und sie hatte wirklich gedacht, sie würde ihr wenigstens etwas mehr bedeuten, als ihre ganzen Affären.

„Willst du vielleicht ihre Nummer haben?“ brachte Michiru dann als einziges hervor.

Es sollte wütend und vielleicht ein bisschen sarkastisch klingen, aber eigentlich war es die reine Verzweiflung die aus ihr sprach.
 

„Hä? Was soll ich ‘n mit ihrer Nummer?“

Endlich sah Haruka von dem Bild wieder auf, in Michirus Gesicht. Nun war sie komplett verwirrt. Was sollte denn dieser komische Blick?

„Ich weiß nicht. Wenn sie dir so gut gefällt…“

Haruka brauchte einen Augenblick um zu schnallen, was hier los war. Dachte Michiru ernsthaft, sie würde diese Rothaarige IHR vorziehen? Nur weil sie sagte, sie sei heiß? Das klang so völlig absurd für sie, dass sie ein ungläubiges Lachen nicht unterdrücken konnte.

„Was, meinst du das ernst? … Michiru, das ist doch totaler Blödsinn. Glaubst du echt, ich würde was mit deiner Ex anfangen wollen?“

Haruka schüttelte noch mal ungläubig mit dem Kopf und wurde nun eher nachdenklich.

„Ich hatte wirklich gehofft, du würdest mir inzwischen zumindest etwas vertrauen. Hmpf, naja, kann ich wohl nicht erwarten.“

Sie warf wieder ein Blick aufs Foto. Sie fand ehrlich, dass die zwei nicht im Geringsten zusammenpassten – und das dachte sie nicht nur aus Eifersuchtsgründen. Nein, jetzt mal rein von der Optik her und dem, was sie ausstrahlten. Irgendwie hatte sie den Eindruck als hätte man da Feuer mit Wasser vermischt. Das biss sich nun wirklich in absolut jeglicher Hinsicht! Es wunderte sie, dass die Zwei es überhaupt solange miteinander ausgehalten hatten. Was hatte ihr Engel an der gefunden? Michiru dagegen auf dem Bild sah für sie einfach nur traumhaft aus. »Hhmm, wie alt war sie da eigentlich?« Wenn sie die große Zwei auf der Torte berücksichtigte, musste das Hotarus zweiter Geburtstag gewesen sein, demnach war die Türkishaarige wohl neunzehn. »Oh Mann, und ich war dreizehn! Wenn man’s von der Seite betrachtet sind sechs Jahre ja doch ein Unterschied.« Sie schüttelte die Gedanken darüber ab und versuchte nun Michiru wieder zu beruhigen.

„Äh, ja, sie ist heiß. Das musst auch du zugeben, schließlich warst mit ihr zusammen, aber weißt du… diese Türkishaarige da neben ihr… ah, ich weiß nicht, die hat so etwas an sich… ich glaub, wenn ich die Wahl hätte…“

Haruka brach den Satz ab, in der Hoffnung es wäre gar nicht mehr nötig ihn zu Ende zu führen. War es offenbar auch nicht. Sie fand zu ihrer Freude ein, etwas verlegenes, Lächeln auf Michirus Lippen. Also sprach sie weiter.

„Hey, aber vielleicht gibst du mir wirklich ihre Nummer. Dann kann ich ihr mal gehörig die Meinung sagen, wie sie es wagen konnte, dich einfach im Stich zulassen, und die kleine Taru-chan ins Heim stecken zu wollen! Du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich die Frau nicht mal mit Handschuhen anfassen würde!“

Damit stellte sie das Bild wieder zurück auf seinen Platz, um ihre Aussage noch zu unterstreichen.
 

Michiru kam sich gerade ziemlich blöd vor. Vorhin hatte sie noch daran gedacht wie sehr sie Haruka vertrauen würde, und nun reichte ein winziger Kommentar, zu dem Aussehen ihrer Ex, von ihr und sie kam ins Zweifeln. Takuyas Freundin am Flughafen hatte sie auch gleich mit Misstrauen angesehen, obwohl sie lediglich Haruka gegenüber gestanden hatte. Diese Eifersuchtstour kannte sie gar nicht von sich, aber wenn es um Haruka ging, überkam es sie einfach. Das musste sie wirklich ganz dringend abstellen. Wie sollte jemals etwas hier draus werden, wenn sie gleich bei jeder Frau an die Decke ging, mit der die Blonde sprach, oder einfach nur ansah. Sie beschloss von nun an erst einmal nachzufragen, oder nicht sofort so ernst zu nehmen, was Haruka von sich gab. Die schien auch nicht immer groß darüber nachzudenken, was ihren Mund verließ. Dennoch, das Foto hatte sie ihrer Meinung nach doch etwas zu lange und abwesend angestarrt, als dass da nicht noch etwas anderes gewesen wäre.

„Okay, aber irgendetwas hat dich doch eben beschäftigt. Warum hast du sie so lange angesehen.“

„Ach, das… ich war einfach überrascht. Das ist alles. … Hey, wird unser Tee nicht kalt?“ versuchte die Sportlerin offenbar die Antwort zu umgehen.

„Oh, ja richtig.“

Sie ging zur Couch rüber und setzte sich. Haruka tat es ihr gleich und nahm die Tasse entgegen, die Michiru ihr erst einfüllte und dann reichte. Aber so einfach wollte sie das Thema nicht abhaken.

„Warum warst du überrascht?“

Es war der Blonden deutlich anzusehen, dass sie eigentlich nicht antworten wollte.

„Ich… naja, du musst zugeben, dass die nun wirklich das komplette Gegenteil von mir ist.“ brachte sie schließlich zögerlich hervor.

„Und was daran ist jetzt schlecht?“ verstand Michiru überhaupt nicht.

„Nichts, nur… Sahen deine anderen Freundinnen auch so aus?“

„Was meinst du mit "auch so"? Und wieso fragst du das?“

„Ich meine so „weiblich“.“ kam es jetzt fast ein bisschen gereizt zurück.

„Weiblich?“ wiederholte Michiru ungläubig.

So langsam dämmerte es ihr, worauf Haruka hinaus wollte. Jetzt war sie diejenige, die sich zusammenreißen musste nicht zu lachen. Während sie sich sorgen darüber gemacht hatte, dass sie ihre Ex heiß fand, hatte die in Wirklichkeit bedenken sie könne ihr nicht „weiblich“ genug sein.

„Ist das nicht völlig egal?“ fragte sie deshalb.

„Waren sie es nun, oder nicht?“

„Ähm, also … ja, eigentlich schon.“

„Und wieso dann ich? Ich mein, in Rom sagtest du, du hättest mich von Anfang an anziehend gefunden, aber wieso? Wenn du eigentlich auf so was da stehst.“

Sie zeigte mit dem Finger wieder auf das Foto im Regal.

„Also zunächst einmal, ich such mir doch nicht aus, wen ich anziehend finde und wen nicht. Auch, wenn meine bisherigen Freundinnen komplett anders waren als du, ist mir das Aussehen im Grunde egal. Wenn der Charakter nicht stimmt, ist es völlig egal wie sie aussieht.“
 

Das stimmte Haruka jetzt auch nicht milder. Ihr Charakter hatte ja wohl noch weniger zu bieten als ihr Körper. Jedenfalls sah sie das so. Aber Michiru war offenbar noch nicht fertig mit reden.

„Im Übrigen finde ich dich sehr „weiblich“.“

Sie setzte das Wort tatsächlich in Anführungszeichen.

„Hä?“

„Ja, ich weiß. Mir musste erst jemand sagen, dass du eine Frau bist. Ich begreif heute auch einfach nicht, wie ich das nicht sehen konnte, aber wahrscheinlich wollte ich es auf irgendeine Art auch gar nicht. Du warst, und bist immer noch, meine Schülerin und, dass ich jemals zu so etwas fähig wäre, hätte ich niemals gedacht. Wenn ich von einem Lehrer oder einer Lehrerin erfahren würde, der oder die sich mit einem Schüler/Schülerin eingelassen hätte, wär ich mit Sicherheit die erste, die beim Direktor stehen würde, und nicht eher Ruhe geben würde bis diese Person entlassen wär, oder sogar noch schlimmer bestraft wär. … Ich fass es einfach nicht, dass ausgerechnet mir das jetzt passiert.“ seufzte die Türkishaarige und rieb sich die Stirn vor Verzweiflung.

„Aber… du willst es doch nicht beenden, oder?“ fragte Haruka geschockt nach.

„Nein, will ich nicht.“ kam es zuversichtlich zurück.

Haruka atmete erst mal erleichtert aus. Sie hatte gerade wirklich schiss bekommen.

„Also, ich finde es ist völlig in Ordnung was wir tun.“

„Natürlich tust du das.“ schüttelte die Türkishaarige amüsiert mit dem Kopf.

„Ja, tu ich. Und?“

„Haruka, ich bin deine Lehrerin! Und damit für dich verantwortlich. Ich sollte eigentlich auf dich aufpassen und nicht… nicht…“

„Ausziehen?“ bat Haruka ihr an.

„So genau wollte ich das jetzt nicht sagen, aber ja, genau das sollte ich auf gar keinen Fall tun.“

„Ach, komm. Is ja nicht so, als würdest du mich dazu zwingen. Wir machen’s freiwillig. Und wenn man‘s genau nimmt, bist du nur meine Vertretungslehrerin.“

„Das macht es in keiner Hinsicht besser.“

Daraufhin konnte Haruka nur die Augen verdrehen.

„Außerdem bist du auch noch Minderjährig.“ seufzte Michiru weiter.

„Es dauert nicht mal mehr fünf Monate bis ich achtzehn werde! Und ich bin kein Kind mehr, Michiru, schon lange nicht mehr. Ich bin seit Ewigkeiten auf mich allein gestellt, und wenn mein Arbeitgeber nicht auf diesen blöden Abschluss bestehen würden, bräuchte ich ihn überhaupt nicht. Ich hab mehr Geld als ich zählen kann und bin mega-erfolgreich, also was macht es für ein Unterschied, ob ich siebzehn oder achtzehn bin? Wir sind gerade mal sechs Jahre auseinander, das ist doch gar nichts! Außerhalb der Schule is das völlig normal!“

Haruka redete sich richtig in Rage, und machte damit ihrem Ärger Luft, der sich über das Thema in ihr aufgestaut hatte.

„Ja, das weiß ich. Um ehrlich zu sein, hab ich auch nicht das Gefühl etwas falsch zu machen, dafür… fühlt es sich einfach viel zu richtig an. Es ist halt nur… die Sache an sich. Ich wünschte einfach es wäre anders, dann wär alles viel einfacher.“

„Ja, das wünschte ich auch.“ seufzte Haruka.

„Lass uns jetzt nicht mehr darüber reden, okay? Ich möchte nicht weiter darüber nachdenken. Solange wir vorsichtig sind und das nicht rauskommt, wird sich das Problem hoffentlich irgendwann von alleine lösen.“

Michiru sah sie bittend an, und Haruka war mehr als nur einverstanden damit. Sie wollte auch nicht mehr darüber nachdenken. Michiru hatte Recht. Irgendwann würde sich das Problem schon lösen, auf die eine oder andere Art. Haruka nickte ihr zu und somit sprachen sie nicht weiter darüber. Beide beschäftigten sich einen Augenblick mit ihrem Tee, bis der Sportlerin wieder etwas einfiel.

„Sag mal, wie hast du das gemeint, du würdest mich sehr „weiblich“ finden?“

„Das hast du nicht vergessen, was?“ lächelte Michiru sie an.

„Sieht nicht so aus, nein.“

„Ich hab es genauso gemeint, wie ich es gesagt habe. Wenn ich dich heute ansehe, sehe ich eine Frau, und nichts anderes. Deine Kleidung mag zwar aus der Herrenabteilung stammen, aber ich finde sie steht dir ausgesprochen gut, sogar mehr als das. Und wenn du dich darin wohlfühlst, warum solltest du sie dann nicht tragen? Ich finde das ist das Wichtigste. … Oh, und wenn das was sich unter der Kleidung befindet nicht weiblich ist, dann weiß ich auch nicht mehr.“

Es trat augenblicklich ein Grinsen in Harukas Gesicht, auch wenn sie versuchte es zurückzuhalten, aber als Michiru dann auch noch leicht an zu lachen anfing, musste sie mit einstimmen. Ihre Zweifel was ihr Aussehen anging waren damit begraben. Aber was war mit dem anderen?

„Okay, ich hab‘s kapiert, du findest mich scharf. Aber ich hab auch nicht gerade „weibliche“ Interessen. Ich steh nun mal auf Autos, Motorräder, Sport, Technik… Ich wette keine deiner Freundinnen hatte solche Interessen, oder?“

„Nein, das stimmt. Naja, vielleicht außer Sport. Und ich mag auch Sport. Gut, okay, schwimmen, aber es ja ‘ne Sportart. … Jedenfalls finde ich nichts von deinen Eigenschaften negativ. Im Gegenteil. Ich bewundere dich dafür. So was wie Motorradfahren würde ich mich niemals trauen, und schon gar nicht das beruflich zumachen. Ich kann mir vorstellen, dass du dort mit ganz schön viel Ablehnung zu kämpfen hattest, oder noch hast. Die Männer finden es bestimmt nicht witzig, von dir geschlagen zu werden. Außerdem, wer hat eigentlich bestimmt, welche Interessen „männlich“ und welche „weiblich“ sind? Das ist doch nur so ein Bild, welches uns die Gesellschaft vorleben will, gleiches gilt für Kleidung und Frisuren. Das ist völlig bescheuert, wenn du mich fragst. Jeder sollte das Anziehen und machen dürfen, wozu er Lust hat, solange es niemandem schadet. Also finde ich es absolut bewundernswert, was du da tust.“

Haruka wurde doch etwas rot.

„Das sehe ich genauso, obwohl ich mir nie wirklich Gedanken darum gemacht habe. Mir war immer bewusst, dass ich anderes bin aber ich habe nie versucht, das zu verstecken. Und es stimmt, die anderen Fahrer sind nicht besonders gut auf mich zu sprechen, obwohl mittlerweile nicht mehr alle. Ich denke, inzwischen haben die meisten mich akzeptiert und versuchen wirklich ernsthaft mich im Rennen zu schlagen. Mir war das aber von Anfang an egal. Meinetwegen können die Leute oder die Fahrer denken was sie wollen. Ich wollte nur fahren. Und bin wie ich bin.“

„Siehst du, das ist noch etwas was ich an dir bewundere. Du machst dir keine Gedanken, was andere über dich denken, und lässt dir auch von niemandem etwas gefallen. Du sagst was du denkst und stehst auch dazu. Du versuchst nicht dich für irgendjemanden zu verbiegen, nur weil du vielleicht nicht ins Schema passt. Das finde ich toll.“

„Aber das tust du doch auch.“

„Nein, da irrst du dich. Ich lass mir von vielen vorschreiben was zu tun ist. Ich habe oft einfach nicht den Mut oder die Kraft mich zu wehren. Du siehst doch wo mich das hingebracht hat. Mein Traum liegt auf Eis. Ich habe einen Job, den ich eigentlich nie gewollt habe, in dem ich viel weniger verdiene, als mir zusteht und ich auch noch Kurse unterrichten muss, für die ich eigentlich gar nicht zuständig bin. Ich habe dem Jugendamt nachgegeben, Keikos Eltern und dem Direktor auch. Du hättest das bestimmt nicht getan.“

„Nein, vermutlich nicht. Aber ich kann verstehen warum du das getan hast. Du hattest angst Hotaru zu verlieren, gerade erst deinen Bruder verloren und dann mit der Kleinen zu recht zukommen war sicherlich auch nicht leicht. Dass du dann keine Kraft mehr hattest dich auch noch mit ihren Großeltern anzulegen ist doch verständlich. Naja, und der Direktor… Ich kann mir vorstellen, dass du den Job brauchtest und deshalb nachgegeben hast. Allerdings finde ich wirklich, du solltest dich in dieser Hinsicht wehren. Der Kerl is ‘n riesen Fan von mir, vielleicht kann ich ja mal mit dem reden.“

„Oh Gott, tu das bloß nicht!“ sah Michiru sie mit weit aufgerissenen Augen geschockt an.

„Wieso nicht?“

„Haruka, der Kerl ist der letzte der auch nur den Hauch davon mitbekommen darf, was da zwischen uns läuft. Er ist der Direktor! Wenn du zu ihm läufst und dich für mich einsetzt, können wir ja gleich alles öffentlich machen.“

„Ja, aber das ist doch unfair. Du solltest das bekommen was dir zusteht.“

„Natürlich, aber auf keinen Fall, wenn wir dabei riskieren aufzufliegen! Bitte Haruka, du darfst das nicht tun! Außerdem will ich auch nicht, dass du das für mich machst.“

„Aber wieso nicht? Ich will dir doch nur helfen.“

„Und das finde ich auch wirklich total süß von dir, aber das ist mein Problem, um das ich mich selber kümmern muss. Was bringt es mir, dich für deinen Mut zu bewundern, wenn ich nicht versuche ihn bei mir selbst zu finden?“

Haruka musste zugeben, dass das einleuchtend klang. Trotzdem würde sie ihr liebend gern helfen.

„Also schön, ich werd‘s lassen.“ seufzte sie schließlich.

„Versprochen?“

„Ja, versprochen.“

Dann musste sie ihr eben anderweitig helfen. Vielleicht könnte sie sie ja darin unterstützen schneller zu ihrem Mut zu finden. Sie fand nämlich, dass Michiru schon ausreichend davon besaß. Das musste sie ihr nur noch irgendwie begreiflich machen. Im Moment war sie aber wieder viel zu sehr von ihren Augen gefesselt, die so einnehmend zu ihr hinsahen, als dass sie auch nur noch ein Wort hervorbringen könnte. Als Michiru den Blick irgendwann abwendete, um ihre, inzwischen leere, Tasse auf den Tisch abzustellen, war es für sie, als würde sie aus einem wundervollen Traum gerissen werden. Sie musste sich erst mal wieder sammeln und sah dadurch durch den Raum. Dabei fiel ihr Blick auf die Uhr, an der Wand.

„Wow, schon fast halb zwölf.“ murmelte sie Gedanken verloren.

„Oh, ja du hast Recht. Du willst sicher nach Hause.“

»Was? Nein!« Das hatte sie doch lediglich laut gedacht, weil ihr gar nicht aufgefallen war, wie die Zeit verging. Auf gar keinen Fall wollte sie gehen! Sie könnte hier noch Stundenlang sitzen und sich mit ihr unterhalten, oder auch einfach nur ansehen.

„Tut mir leid, dass ich dich so lange aufgehalten habe.“ entschuldigte sich Michiru, und erhob sich nun.

„Nein, hast du nicht!“

Toll, wie sollte sie denn jetzt wieder aus der Sache rauskommen? Sie stand ebenfalls auf und überlegte fieberhaft, was sie jetzt sagen könnte, ohne dass es vielleicht zu aufdringlich oder fordernd klang. Aber der einzige Satz der ihr durch den Kopf huschte war: Ich will nicht gehen!

Kleine unerwartete Überraschungen

„Ich werde dich noch zur Tür begleiten.“ sagte Michiru leise, und hatte den Blick auf den Boden gesenkt.

In Haruka schrie alles danach nein zu sagen, aber sie war so durcheinander und verunsichert, dass sie nicht ein Wort hervorbrachte. Und dann setzte sich die Türkishaarige tatsächlich in Bewegung, Richtung Tür. … Wiederwillig folgte Haruka ihr. Mit jedem Schritt schien ihr Herz ein bisschen schwerer zu werden. Viel zu schnell war sie auch schon in dem kleinen Flur angekommen und stand Michiru vor der Haustür gegenüber.

„Wir sehen uns ja schon übermorgen wieder. Und auch, wenn ich doch ein wenig Angst habe, dass du wieder bei so einem Rennen mit fährst, freu ich mich auch schon drauf.“ lächelte sie die Kleinere freudig an.

Haruka überlegte zwar immer noch, wie sie es hinbekam nicht zu gehen, aber sie ging trotzdem auf das gesagte ein. Jede Verzögerung war es wehrt ausgenutzt zu werden.

„Dann war es in Ordnung, dass ich Taru-chan das einfach angeboten habe? Ich weiß, ich hätte das wohl vorher mit dir absprechen müssen, aber ich wollte unbedingt ein ja als Antwort.“

„Ja, das hatte ich mir gedacht. Aber es ist in Ordnung. Wie gesagt, ich freu mich schon. … Allerdings musst du mir noch sagen wo dieses Rennen überhaupt stattfindet. Und… gibt es denn überhaupt noch Karten?“

„Darüber brauchst du dir keine Gedanken machen. Ich werd euch am Sonntag abholen, und ihr Zwei bekommt Freikarten, also brauchst du auch nichts bezahlen. Ich lad euch schließlich ein.“

„Oh, und das geht in Ordnung?“

„Klar, tut es das. Ich bekomm für jedes Rennen hier in Tokio einen ganzen Stapel mit Freikarten. Damit soll ich neue Fans für die Veranstaltung gewinnen, also praktisch dazu anregen sich das nächste Mal selbst eine Karte zu kaufen, oder Fanartikel, oder sonst irgendetwas womit die einen Haufen Geld verdienen.“

„Okay, verstehe. Aber Haruka, wir dürfen dort auf keinen Fall zusammen gesehen werden. Da sind bestimmt haufenweise Fotografen und Kameras.“

„Ja, ich weiß.“ seufzte Haruka.

„Auch, wenn ich’s schade finde, werde ich dich früh genug mit der Kleinen rauslassen, damit wir getrennt dort ankommen. Aber ich werd euch auch wieder nach Hause fahren. Es dauert zwar meistens ziemlich lange, bis ich durch die Presse durch bin, aber ich denke ihr seid immer noch schneller wieder zurück, als wenn ihr die ganze Strecke mit dem Bus fahren würdet. Außerdem würde ich gerne noch wissen, wie‘s dir und Taru-chan gefallen hat.“

„Okay, das klingt gut. Hotaru freut sich dann bestimmt auch.“

„Ja…“

Nun wurde es still. Haruka hatte immer noch keine Idee, wie sie es anstellen konnte zu bleiben. Es vergingen bestimmt mehrere Minuten in denen sie sich einfach nur anschwiegen, und den Boden anstarrten. Irgendwann ergab sich die Blonde und seufzte schwer. Es musste wohl sein…

„Okay, dann werd ich mal los.“

Michiru sah nicht zu ihr auf, und sagte auch nichts, sondern nickte nur. So wollte Haruka das ganze jetzt aber nicht enden lassen. Wenn sie schon gehen musste, dann nicht ohne einen vernünftigen Abschied.
 

Was die Große natürlich nicht wusste war, dass Michiru genauso wenig wollte, dass sie ging. Die Türkishaarige traute sich nicht mal mehr sie anzusehen, weil sie nicht wusste, was sie dann tun würde. Sie festhalten? Anflehen? Nein, das durfte nicht passieren. Haruka musste gehen, allein schon wegen Hotaru. Außerdem war sie sich auch nicht sicher, ob sie hier bleiben wollte. Als die Blonde eben die Uhrzeit erwähnt hatte, war sie ziemlich enttäuscht gewesen. Sie hätte sich liebend gern noch länger mit ihr unterhalten. Aber das würde sie ja wohl auch noch ein anderes Mal machen können. Ihre Hand bewegte sich zur Türklinke, doch auf einmal spürte sie ein paar Finger unter ihrem Kinn. Sie hatte keine andere Wahl, nun wurde sie gezwungen aufzusehen. Ihre Augen weiteten sich als sie plötzlich Haruka nur wenige Zentimeter vor ihrem Gesicht vor fand, deren Augen waren direkt in ihre gerichtet. Ihr Herz fing unweigerlich an zu rasen und sie merkte gar nicht, wie sie die Luft anhielt. Die Sportlerin kam ihren Lippen immer näher, doch schien sie abzuwarten, wie Michiru reagieren würde. Die hatte aber nicht einen klaren Gedanken mehr in sich. Alles was sie sah war Haruka, und ihr konnten ihre Lippen gar nicht schnell genug entgegenkommen. Also war sie es, die die letzten Zentimeter überschritt, ihre Arme um den Hals der Großen schlang und ihre Lippen miteinander verschmolz. Sie versanken in einen leidenschaftlichen Kuss, indem alles um sie herum verschwand. Die Welt hätte untergehen können, und keine von ihnen hätte es bemerkt. Sie wurden immer wilder und verlangender. Dass sie irgendwann die Tür im Rücken hatte, bekam Michiru gar nicht mit, aber so war es.
 

Haruka hatte sie immer weiter nach hinten gedrängt und presste sie jetzt fest gegen das Holz. Es war ihr erster Kuss seit über zwanzig Stunden, mit ihr, und es hatte sie geradezu überwältigt. Sie musste Michiru einfach so nahe kommen wie es ging, und da hatte sie nur noch die Tür aufhalten können. Der Kuss hielt jetzt aber schon ziemlich lange an und so langsam bekam sie keine Luft mehr. Schweren Herzens löste sie sich, völlig außer Atem von der Kleineren und sah sie an. Ihre nächsten Worte platzen einfach aus ihr heraus. Schon viel zu lange hatte sie sie zurückgehalten, und nun ging’s eben nicht mehr.

„Michiru, ich will nicht gehen!“

Das klang richtig verzweifelt. Ihr gegenüber schien im ersten Moment ziemlich überrascht zu sein, doch dann lächelte sie.

„Dann geh nicht.“

„W… wirklich? Willst du das denn?“ war jetzt Haruka überrascht.

„Ja, bitte bleib.“

Das ließ sie sich natürlich nicht zwei Mal sagen, und vor Glück, Freude und Erleichterung küsste sie ihren Engel erneut. Dieses Mal war sie auch nicht ganz so fordernd, sondern genoss diese Berührung in vollen Zügen.

Die Beiden standen noch eine ganze Weile dort im Flur und verfielen sich gegenseitig immer mehr. Haruka wanderte mit ihren Händen immer weiter Michirus Oberschenkel hinab, unter ihr Kleid und auch die bahnte sich einen Weg unter ihr Hemd. Irgendwann kam der Blonden die Idee, dass es doch sehr viel angenehmer wäre dies auf einen anderen Ort zu verlegen, also löste sie den Kuss sanft auf und sah Michiru grinsend an.

„Weißt du, es gibt da ein Zimmer, das bei der Führung vorhin irgendwie ausgelassen wurde. Ich hoffe doch aber sehr, dass es existiert, und würde es jetzt wirklich gerne sehen.“
 

Michiru konnte das breite Grinsen von Haruka nur erwidern. Ihr gefiel diese Idee ausgesprochen gut. Die Bedenken die sie eben noch hatte, waren aus ihrem Kopf verschwunden. Ihre Tochter hatte nach diesem Kuss einfach keinen Platz mehr in ihren Gedanken, und so hatte sie nicht das Geringste dagegen.

„Die Tür am Ende des Ganges führt, glaube ich, genau dorthin, wo du hin willst.“

„Perfekt.“ grinste Haruka sie noch mal an und ehe sich Michiru versah, war sie plötzlich auf dem Arm der Blonden gelandet. Sie hatte es gerade noch so verhindern können laut aufzuschreien, klammerte sich aber vor Schreck an den Hals der Sportlerin. Während sie dann über den Flur getragen wurde, konnte sie ein leises Lachen nicht verhindern.

„Also ich kann wirklich nur Vorteile daran finden, dass du so groß und stark bist. Mich hat bis jetzt noch niemand auf Händen getragen. Und ich muss sagen, es gefällt mir.“
 

„Das is gut, denn du wirst dich daran gewöhnen müssen.“ erwiderte Haruka frech und öffnete geschickt die Tür zu Michirus Schlafzimmer, ohne diese abzusetzen. Sie schloss die Tür auch gleich wieder hinter sich mit dem Fuß, und trat an das große Bett in der Mitte des Zimmers heran. Sehr viel von dem Raum, den sie doch "angeblich" unbedingt hatte sehen wollen, bekam sie also gar nicht mit, sondern ließ die Türkishaarige gleich sanft auf die Matratze gleiten und sich ebenso, direkt auf sie. Ihre Lippen fanden wieder zueinander und so fielen sie erneut in einen leidenschaftlichen Kuss. Nur wenig später spürte Haruka schon Michirus Finger unter ihrem Hemd, an ihrem Rücken entlang wandern. Sie musste sich ein Schmunzeln dabei unterdrücken. Dass es Michiru anscheinend schon wieder nicht schnell genug gehen konnte, freute sie zwar, aber dieses Mal wollte sie die Sache doch etwas anders angehen. Sie wollte nicht nur Sex, nicht nur ihre Lust befriedigen, wie sie es sonst immer getan hatte, nein, zum ersten Mal in ihrem Leben wollte sie einen Menschen richtig spüren. Ihn … lieben. Jeden Zentimeter ihres Körpers wollte sie erkunden und einfach nur genießen. Natürlich sollte auch die Lust dabei nicht zu kurz kommen, aber auch nicht ganz so schnell ihren Höhepunkt erreichen. Also griff sie mit beiden Händen nach hinten, umfasste die zarten Handgelenke der Türkishaarigen und holte sie so wieder zum Vorschein. Sie führte sie hinter ihren Kopf und hielt sie dort eisern fest. Danach löste sie den Kuss sanft auf und sah sie mit einem zarten lächeln an.

„Würdest du mir einen Gefallen tun?“
 

Michiru war doch ziemlich verwirrt, und das nicht nur, weil Haruka ihre Hände zurückgezogen hatte. Irgendwie sah die Blonde sie ganz merkwürdig an. Dieser Blick machte sie total nervös, und löste ein heftiges Kribbeln in ihrem ganzen Körper aus. Zum Sprechen fehlte ihr gerade die Stimme, also nickte sie nur.

„Sei nicht so ungeduldig. Entspann dich einfach, und lass mich dich verwöhnen.“ hauchte ihr Haruka entgegen und legte diesen Blick einfach nicht ab.

Diese Augen hypnotisierten sie gerade zu und da sie wirklich neugierig darauf war, was Haruka vorhatte, atmete sie einmal tief durch, um sich so wieder etwas zu beruhigen – denn eigentlich war sie alles andere als entspannt – und lächelte dann ihr Gegenüber an.

„Ist gut.“ gab sie ihr Einverständnis, woraufhin die Sportlerin zufrieden grinste und sich dann wieder zu ihr hinunter beugte.

Michiru sollte nicht bereuen der Blonden die Führung überlassen zu haben. Diese Nacht würde sie wohl nie vergessen. Sie hatten zwar schon Sex, viel Sex, und das war wundervoll gewesen, so wundervoll, dass sie nicht gedacht hätte, dass sich das noch steigern ließe, aber dieses Mal war es irgendwie anders. Haruka war in dieser Nacht so … intensiv und zärtlich. Fast wie ein sanfter Windhauch auf ihrer Haut. Sie spürte sie am ganzen Körper und hatte den Eindruck sie wäre überall. Michiru hätte nicht erwartet, dass dieser Wildfang auch so sanft sein könnte. Na gut, zwischendurch war sie doch wieder sehr stürmisch geworden – wobei sie auch nicht ganz unschuldig daran war – aber das war auch gut so. Sie hatte keine Ahnung wie lange und oft Haruka über sie geweht war, dafür war sie einfach viel zu berauscht aber es kam ihr vor, wie eine Ewigkeit. Ihretwegen hätte diese Nacht auch gerne eine Ewigkeit halten können. Besonders der Moment danach. Haruka hatte sie irgendwann in ihre Arme geschlossen, als sie noch ganz zittrig war und sie noch eine ganze Weile lang zärtlich geküsst, gestreichelt und einfach nur angesehen. In diesem Augenblick war sich Michiru sicher, dass sie der Sportlerin etwas Bedeuten musste. Das musste einfach so sein! Auf so eine Art sah man doch niemanden an, wenn dieser einem nichts bedeutete. … Oder? Sie musste einfach auf ihr Gefühl vertrauen. Danach fragen konnte und wollte sie sie gerade nicht. Zum einen wollte sie diesen Moment nicht zerstören und zum anderen war sie auch viel zu erledigt dafür. Sie bemerkte gar nicht, wie sie irgendwann die Augen schloss und in einen friedlichen Schlaf glitt.
 

Haruka beobachtete ihren Engel noch eine Weile beim Schlafen. Sie konnte einfach nicht genug von ihr bekommen, noch dazu sah das Bild einfach zu niedlich aus. Sie war so überglücklich, dass sie es gar nicht in Worte hätte fassen können. In diesem Moment war sie vollends davon überzeugt mit Michiru den Rest ihres Lebens verbringen zu wollen. Sie wollte wirklich jeden Abend neben ihr einschlafen, und sie sollte das erste sein, was sie am Morgen sah. Sie wusste nur nicht, wie sie das Michiru begreiflich machen konnte. Ihre Gefühle in Worte zu fassen, war noch nie eine Stärke von ihr gewesen. Irgendwie hoffte sie, dass mit dieser Nacht zumindest ein paar ihrer Gefühle bei Michiru angekommen waren. Für sie jedenfalls, war es etwas ganz besonderes gewesen und sie wollte einfach nicht, dass es endete. Das war auch der Grund, warum sie überhaupt noch hier war. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen heute auf jeden Fall noch nach Hause zu fahren, um Michiru nicht vor Hotaru in Schwierigkeiten zu bringen. Aber wie sollte sie sich von diesem Anblick losreißen? Nein, sie wollte nicht gehen. Außerdem, klammerte sich die Türkishaarige so sehr an sie, dass sie sowieso nicht hätte gehen können, ohne diese zu wecken. Also schloss sie irgendwann, mit nicht einmal einem schlechten Gewissen, die Augen und fand ebenfalls sehr schnell ihren schlaf.
 

Die Sonne warf leuchtende, warme strahlen in das kleine Zimmer und blendete so das kleine Mädchen in ihrem Bett. Sie hatte gerade so wundervoll geträumt und empfand diese Helligkeit einfach nur als störend. Sie gab ein grummelndes Geräusch von sich und drehte sich einfach auf die andere Seite um. Mit der Entschlossenheit einfach weiter zu träumen versuchte sie sich diesen wieder ins Gedächtnis zu holen. Ruka war da, und auch ihre Mama war nach einer ewig langen Woche endlich wieder zurückgekommen. Sie war so glücklich gewesen, die beiden um sich zu haben. Auf einmal wurde die Kleine stutzig. War das wirklich nur ein Traum gewesen? Trotz der nervigen Sonne zwang sie sich die Augen zu öffnen und blinzelte ein paar Mal. Nachdem sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, drehte sie sich auch wieder um, da sie so nur eine Wand erkennen konnte. Sie war tatsächlich in ihrem Zimmer! Also zu Hause, und nicht mehr bei ihrer Oma. Also war ihre Mutter wirklich wieder da! … Aber was war mit Ruka? Sie versuchte sich daran zu erinnern was gestern passiert war. Sie war sich sicher, dass die Blonde sie zusammen mit ihrer Mutter nach Hause gefahren hatte, und hatte sie ihr nicht etwas vorlesen wollen? Dass ihr etwas vorgelesen wurde, daran konnte sie sich aber nicht erinnern. Ihr Blick viel auf ihren Nachtschrank, an dessen Kannte immer noch das Buch lag, welches sie sich gestern rausgesucht hatte. Ihr sprang dort aber sofort eine Tüte ins Auge, die sie vorher ganz sicher noch nie gesehen hatte. Davor lag noch ein Zettel, den sie sich zusammen mit der Tüte ins Bett holte. Sie begann sich langsam den Text auf dem Stück Papier durchzulesen. Lesen konnte sie nämlich schon. Das hatte sie schon früh gelernt, sogar noch bevor sie in die Schule kam. Sie hatte es einfach geliebt, wenn ihre Mutter ihr etwas vorlas, und wollte unbedingt lernen wie sie es selbst konnte. Also hatte es ihre Mutter ihr beigebracht, und sie hatte es schnell gelernt. Die Schrift auf dem Zettel war aber gar nicht so leicht zu entziffern.
 

Das ist von deiner Mutter. Sie hatte dir ja versprochen, etwas aus Rom mitzubringen.

Wir hoffen, es gefällt dir und vielleicht denkst du ja nochmal darüber nach, deine Kette (nur für eine gewisse Zeit) doch abzulegen und vielleicht hierin aufzubewahren, damit sie nicht verloren geht. Es ist aber deine Entscheidung.

Jedenfalls, hat sie mich gebeten sie dir zugeben, aber du warst leider schon eingeschlafen. Sei nicht traurig deswegen, wir sehen uns ja schon bald wieder, und vorlesen werde ich dir einfach beim nächsten Mal was.

Also ich hoffe, du hattest schöne Träume.
 

Ruka
 

Hotaru ärgerte sich gerade tierisch darüber, dass sie einfach eingeschlafen war. Sie hatte sich so darüber gefreut, dass Ruka da war, und ihr noch etwas vorlesen wollte, und dann schlief sie einfach ein! Aber sie freute sich auch riesig darüber, dass ihre Freundin ihr diesen Brief geschrieben hatte und las ihn gleich mehrere Male durch. Bis sie sich voller Vorfreude dem Inhalt der Tüte widmete. Sie sah erst von oben hinein und entdeckte ein kleines Kästchen, dann holte sie es komplett raus. Mit leuchtenden Augen betrachtete sie das wunderschön verzierte kleine Holzkästchen und war wirklich begeistert davon. Sie musste sich unbedingt bei ihrer Mutter und auch Ruka dafür bedanken. Nachdem sie es von allen Seiten betrachtet, und auch hineingesehen hatte, warf sie noch einmal einen Blick in den Brief. Sogar Ruka war der Meinung, dass sie ihre Kette abnehmen sollte. Ihre Mutter sagte ständig, es wäre besser sie zu Hause zulassen, und auch ihre Großmutter hatte das schon gesagt. »Vielleicht sollte ich sie wirklich abnehmen?« Sie überlegte hin und her und rang mit sich selbst. Seitdem sie das Schmuckstück von ihrer Mutter bekommen hatte, hatte sie es nicht ein einziges Mal abgelegt. Sie wusste wem es gehört hatte bevor sie es bekam. Ihre Mutter hatte ihr das alles erzählt, und sie konnte sich auch ganz wage an einzelne Bruchstücke erinnern, jedenfalls war sie der Meinung es waren Erinnerungen. So ganz sicher war sie sich da nicht. Aber zu den Menschen auf den Bildern, die hier überall in der Wohnung zu finden waren und ihre "richtigen" Eltern zeigten, fühlte sie schon eine Gewisse Vertrautheit. Nur hatte sie leider nie die Chance bekommen diese Leute kennenzulernen und würde es auch nie. Diese Kette war das Einzige Materielle, was sie von ihrer leiblichen Mutter hatte und es bedeutete ihr alles. Von ihrem Vater hatte sie viele Sachen geerbt. Viele kleine Dinge, die etwas über ihn erzählten und alle in diesem Raum zu finden waren. Außerdem konnte ihre Mutter ihr über ihn einfach viel mehr erzählen. Sie hatte sich oft Geschichten von ihr über ihn erzählen lassen. Natürlich auch von ihrer Mutter, doch hatte sie sie einfach nicht so lange und gut gekannt, als dass es besonders viele waren. Deswegen hütete sie dieses kleine Andenke wie einen Schatz und wollte es immer bei sich haben, in der Hoffnung, ihrer früheren Besitzerin so etwas näher zu kommen. Aber sie wusste, dass das nicht möglich war. Dass sie dadurch auch nicht mehr über sie erfuhr. Und irgendwie hatten ihre Mutter und die anderen Recht. Wenn sie sie verlieren würde, wäre das das schlimmste auf der Welt für sie. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie diese Jungs sie ihr wegnehmen wollten, und Ruka dann aufgetaucht war. Sie hatte wirklich geglaubt diese Kette auf ewig zu verlieren, und war richtig verzweifelt gewesen. Nur dank Ruka hatte sie sie jetzt noch. Sie lächelte einmal glücklich und hatte sich damit entschieden. Sie öffnete den Verschluss des Armbandes und legte sie dann in die Schachtel. Sie wollte sie erst wieder tragen, wenn sie in der Lage war, sie selbst zu beschützen und groß genug, dass sie ihr richtig passen würde. Mit einem letzten Blick darauf verschloss sie das Kästchen und stieg damit aus dem Bett. Sie ging rüber zu einem Regal und stellte sie auf eines der Fächer, neben einem Foto und einer dort liegenden Uhr. Das Bild zeigte auch ihre Eltern, und zwar alle drei. Die große Armbanduhr war eines der Sachen, die von ihrem Vater stammten. Sie sah sich alles noch mal mit einem Lächeln genau an, als ihr Blick auf die Uhrzeit fiel, die die Uhr anzeigte, erschrak sie ein wenig. Es war schon fast Mittag! Wieso hatte sie ihre Mutter nicht geweckt? Normalerweise wurde sie immer spätestens um neun zum Frühstück aus dem Bett geholt. Jetzt machte sie sich doch ziemliche Sorgen und ging schnell aus dem Zimmer. Sie lief über den kleinen Flur zum Schlafzimmer und streckte sich zum Türgriff. Dieses ständige strecken war echt voll blöd. Immer und überall war sie zu klein für alles. Sie hoffte wirklich, dass sie ganz schnell größer wurde. Am besten so groß wie Ruka, die hatte bestimmt nie Probleme irgendetwas zu erreichen. Die Tür schwang auf und sie lief gleich weiter in den Raum zum Bett. Kurz davor blieb sie aber plötzlich abrupt stehen. Ihre Mutter war zum Glück noch da, und nicht verschwunden, wie es in ihrer Fantasie schon mit ihr durchgegangen war, und schlief seelenruhig, aber was sie so aus der Fassung brachte, war die Tatsache, dass sie nicht alleine in dem Bett lag. … Träumte sie etwa? Nein, das war kein Traum, da war sie sich sicher. Aber das bedeutete, dass da tatsächlich Ruka bei ihr war! Sie war also gestern gar nicht gegangen! Hotaru strahlte übers ganze Gesicht und hüpfte ein paar Mal auf und ab vor Aufregung. Am liebsten hätten sie laut gekreischt aber unter keinen Umständen wollte sie die Zwei wecken. Irgendwie fand sie es total toll die Beiden da so zu sehen. Die große Blonde hatte einen Arm um ihre Mutter gelegt, die sich wiederum um ihren Brustkorb geschlungen hatte. Es irritierte die Kleine zwar ein wenig, dass die Beiden absolut nichts anhatten – also jedenfalls glaubte sie, dass es nichts war, denn sie waren ja noch halb mit einer Decke bedeckt, aber ihre Kleider, die sie gestern noch getragen hatten, waren hier überall auf dem Boden verteilt – aber darüber machte sie sich keine weiteren Gedanken. Sie freute sich einfach viel zu sehr, dass die Zwei sich offenbar sehr lieb hatten. Ihre Mutter hatte ihr jedenfalls mal erzählt, dass zwei Erwachsene Menschen, die sich lieb hatten oft zusammen in einem Bett schlafen würden. Also musste das ja auch auf die Beiden zutreffen. Mit einem fröhlichen leisen Lachen verließ Hotaru das Zimmer wieder. Sie wollte sie noch so lange wie möglich zusammen schlafen lassen, damit sie sich noch viel mehr lieb haben konnten. Die Vorstellung, dass Ruka nun bei ihnen bleiben könnte, fand sie unglaublich toll. Dann könnte sie sie jeden Tag sehen, und zwar nicht nur in der Schule. Und ihre Mama hatte eben so glücklich ausgesehen. Sie hatte es schon immer blöd gefunden, dass ihre Mutter ganz alleine war. Die hatte ihr zwar versichert, dass sie glücklich war und niemanden außer ihr brauchte aber so ganz hatte Hotaru ihr das nicht abgekauft. Sie hatte oft den Eindruck, dass sie einsam war. Dafür sah sie einfach viel zu oft die Bilder ihrer verlorenen Familie an. Wenn nun Ruka es schaffen konnte, dass ihre Mutter nicht mehr so einsam und traurig war, hatte sie die Große noch um einiges mehr lieb, als sowieso schon. Die kleine Schwarzhaarige begab sich nun erst mal zurück in ihr Zimmer und zog sich um. Während sie sich ihre Socken anzog kam ihr plötzlich ein Gedanke. »Hhmm, wenn Ruka jetzt mit Mama zusammen ist, ist sie dann auch meine Mama?« Dieser Gedanke wollte ihr nicht mehr aus dem Kopf und beschäftigte sie auch noch eine ganze Weile. Da sie nun aber doch ziemlichen Hunger hatte und ja nicht wusste, wann ihre Mutter und Ruka aufwachen würden, beschloss sie einfach mal sich selbst was zu machen. Soweit sie wusste, müsste im Schrank noch eine Packung Cornflakes zu finden sein. Das würde sie ja wohl noch alleine hinkriegen.

Mutter und Tochter

Zu ihrer eigenen Verwunderung erwachte Haruka heute sogar noch vor Michiru. Zuerst hatte sie ein paar Minuten gebraucht, um zu realisieren wo sie war. Das Zimmer in dem sie war kam ihr jedenfalls nicht bekannt vor. Die Frau in ihrem Arm dafür umso mehr. Sie strich der Türkishaarigen einmal kurz über die Wange und sah sich dann den Raum etwas genauer an. Gestern hatte sie dem ja keine große Beachtung geschenkt, und wollte dies nun nachholen. Das Zimmer war etwas kleiner als das Wohnzimmer, aber nicht so klein wie Hotarus. Das Bett in dem sie sich befand nahm fast den gesamten Raum ein und mehr als ein Kleiderschrank, zwei Nachtschränke und ein Stuhl in einer Ecke, war an Möbeln auch nicht mehr zu finden. Der Raum wirkte aber keinesfalls kahl oder leer. Er war genauso hübsch und liebevoll dekoriert, wie auch die restlichen Räume. Im Grunde sahen sie noch sehr viel lebendiger aus, als die in ihrer Wohnung. Die war zwar nicht kahl, aber sehr viel unpersönlicher, da sie sie nicht mal selbst eingerichtet hatte. Aber sie hatte eben einfach kein Händchen dafür und auch kein großes Interesse daran, Räume „wohnlich“ zu gestalten. Aber sie musste zugeben, Michirus Geschmack gefiel ihr, und die hatte durchaus ein Händchen dafür – als Künstlerin war das wohl auch keine große Überraschung. In ihrem Arm bewegte sich auf einmal etwas und ließ sie zu der Türkishaarigen hinab blicken. Michiru war offenbar dabei aufzuwachen, denn sie versuchte zu blinzeln. Haruka lächelte über diesen Anblick und streichelte ihr erneut übers Gesicht.

„Na, mein Engel. Hast du gut geschlafen?“

Michiru war offenbar noch sehr müde, denn sie bekam kaum die Augen auf, und sah etwas irritiert zu Haruka rauf.

„Oh, du … du bist wach?“ brachte sie verschlafen hervor.

„Ja, und du offensichtlich nicht.“ grinste Haruka breit.

Die Türkishaarige schüttelte mit dem Kopf und ließ ihn dann wieder auf ihre Brust fallen.

„Nein, bin ich nicht.“ murmelte sie noch und schmiegte sich ganz eng an sie heran.

Das fand die Sportlerin einfach nur süß und streichelte sie sanft weiter, jetzt über ihren Arm.

„Ich hab dich letzte Nacht wohl etwas überfordert.“ grinste sie noch breiter.

Auf diese Aussage hin drehte Michiru ihren Kopf wieder in ihre Richtung. Sie stütze ihr Kinn auf ihrem Brustbein ab und sah sie eindringlich an. Irgendwie sah sie jetzt gar nicht mehr so müde aus und Haruka verunsicherte der Blick ein wenig.

„Haruka, letzte Nacht … das war … das war einfach wundervoll.“ sagte sie mit voller Ernsthaftigkeit und einem etwas verträumten Blick.

Ein kleines erleichtertes Lächeln huschte der Blonden über die Lippen, bevor sie Michirus Gesicht in ihre Hände nahm.

„Ja, das war es.“

Die Türkishaarige stützte sich von der Matratze ab und kam zu ihr hoch. Sie küssten sich liebevoll und zärtlich. Haruka strich ihrem Engel dabei noch intensiv über den ganzen Rücken. Irgendwann drehte sie sich mit ihr um und hatte sie so genau unter sich, dabei wurde der Kuss unterbrochen, und von Michiru kam ein zufriedenes kleines Lachen. Haruka genoss diesen Klang. Irgendwie machte es sie glücklich diesen zu hören.

„Was ist?“ wurde sie gefragt, da sie ja in ihrer Bewegung inne gehalten hatte und sie einfach nur noch ansah.

„Ach, nichts.“ grinste sie geheimnisvoll und schüttelte mit dem Kopf.

Dabei fiel ihr Blick ganz nebensächlich auf den Wecker auf Michirus Nachtschrank. Die großen roten Ziffern sprangen ihr sofort ins Auge und plötzlich wandelte sich ihre Miene in völliges entsetzten um.

„Oh, verflucht! Aahhh, so ein Mist!“ schrie sie fast und sprang augenblicklich aus dem Bett.
 

Michiru war völlig verwirrt, und verstand gerade gar nichts mehr. Eben noch sah sie in diese traumhaft blaugrünen Augen und im nächsten Moment waren sie verschwunden.

„Was … was ist denn los?“ fragte sie und richtete sich auf.

„Ich komm zu spät, verdammt!“ fluchte die Sportlerin vor sich hin und zog sich hektisch ihre Sachen an.

„Zu spät, wohin?“ versuchte Michiru mehr aus ihr raus zu bekommen.

„Zum Training! … Oh Gott, mein Trainer reißt mir den Kopf ab, wenn ich zu spät komme! Und das ausgerechnet heute, wo dieser dämliche Sponsor sich angekündigt hat! Argh, wie ich diesen Mistkerl hasse!“

Daraufhin entspannte sich Michiru etwas. Sie hatte schon die Panik überfallen, Haruka wolle einfach nur vor ihr flüchten, aber den Eindruck hatte sie jetzt definitiv nicht mehr. Sie fand es sogar fast komisch, wie die Blonde gehetzt von einer Bettseite zur anderen lief, ihre Klamotten einsammelte und nur notdürftig anzog.

„Verdammt, wo is mein Hemd?“

Michiru beschloss ihr zu helfen und sah sich um. Sie entdeckte das gute Stück direkt neben sich noch im Bett.

„Meinst du das hier?“ fragte sie grinsend in den Raum hinein und hielt es vor sich in die Luft.

Endlich hatte sie sämtliche Aufmerksamkeit der Sportlerin erlangt. Sie hielt in ihrer hektischen Suche inne und sah zu ihr hin. Daraufhin schien die sich auch etwas zu entspannen und kam grinsend auf sie zu.

„Ja, genau das.“

Sie nahm es ihr ab und zog es sich über.

„Tut mir leid, dass ich jetzt einfach so verschwinde.“

„Nein, das ist in Ordnung. Ich hoffe, du schaffst es noch rechtzeitig.“ versicherte Michiru ihr.

Sie fand es zwar sehr schade, dass sie gehen musste, aber irgendwann mussten sie sich ja mal trennen, und schon morgen konnte sie sie ja wieder sehen.

„Nur wenn ich mich ganz doll beeil.“

„Na, dann los. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass du nachher ohne Kopf rumläufst.“

Haruka fing an zu lachen, und schloss die letzten Knöpfe an ihrem Hemd.

„Okay. Ich ruf dich nachher an.“ grinste die Blonde und drehte sich zur Tür.

Das ließ Michiru stutzig werden. Irgendwie klang das, wie ein Standartspruch, der in Wirklichkeit hieß: War nett mit dir, aber das war‘s. Außerdem konnte sie sich nicht daran erinnern ihr ihre Nummer gegeben zu haben.

„Oh, warte. Ich hab ja nicht mal deine Nummer, die musst du mir unbedingt noch geben.“

Haruka hatte sich plötzlich wieder zu ihr umgedreht. Michiru war noch zu überrascht von dieser schnellen Widerlegung ihrer Gedanken, als dass sie antworten konnte.

„Oder … darf ich vielleicht nachher einfach wieder kommen?“ fragte die Große etwas unsicher.

„Äh…“

Jetzt war Michiru völlig sprachlos. Sie wollte wiederkommen? Im ernst? Das überwältigte sie, und nachdem sie endlich ihre Stimme wieder hatte, nickte sie heftig.

„Ja. Ja, das wäre schön.“

Die Sportlerin fing an zu strahlen und öffnete nun die Tür. Sie machte sogar einen Schritt heraus, bis sie sich erneut umdrehte. Mit großen Schritten kam sie plötzlich auf Michiru zu, nahm ihr Gesicht in ihre Hände und küsste sie leidenschaftlich. Ein wenig überrumpelt und immer noch völlig fassungslos erwiderte sie den Kuss. Er dauerte bestimmt ein paar Minuten, bis sich die Blonde von ihr löste.

„Ich dachte, du musst dich beeilen?“ fragte Michiru etwas außer Atem.

„Dafür muss die Zeit noch reichen.“ hauchte Haruka ihr entgegen.

Sie gab ihr nochmal einen kurzen Kuss, wisperte dann ein "Also, bis nachher" und löste sich dann ganz von ihr.

„Haruka?“ hielt Michiru sie nochmal kurz auf, bevor diese aus der Tür gehen konnte.

„Ja?“

„Bitte, fahr vorsichtig.“

Sie legte all ihre Sorge um die Rennfahrerin in den Blick hinein mit dem sie sie ansah. Es war ihr einfach schon zu oft passiert, dass Menschen aus der Tür gegangen waren, und nie wieder gekommen sind. Haruka schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln.

„Versprochen. Ich komm wieder.“

Dann verließ sie endgültig den Raum. Michiru warf sich überglücklich in die Kissen zurück. Sie konnte das alles noch gar nicht fassen.
 

Hotaru war gerade mit ihrem selbst gemachten Frühstück beschäftigt, als sie auf einmal komische Geräusche aus dem Zimmer ihrer Mutter gehört hatte. Sie war sich sicher, dass das Ruka gewesen war, die da so merkwürdig fluchte. Zuerst war sie sich nicht sicher, ob sie nachsehen sollte, doch ihre Neugier war geweckt und sie wollte unbedingt wissen, was da los war, also ließ sie ihre Schüssel Cornflakes stehen, krabbelte vom Stuhl und ging durchs Wohnzimmer zum Flur. Sie blieb am Türrahmen stehen und sah gerade wie die Blonde das Zimmer verlassen wollte, sich dann aber doch noch mal umdrehte. Das große Bett stand direkt gegenüber von der Tür und da die jetzt auf war, hatte die Kleine einen wunderbaren Blick auf die Zwei, wie sie sich leidenschaftlich küssten. Hotaru grinste breit und kicherte leise. Sie wartete da am Türrahmen und versteckte sich noch etwas mehr. Die Beiden hörten aber gar nicht mehr auf sich zu küssen, und irgendwie wurde es doch ganz schön langweilig da zugucken. Sie wollte gerade wieder in die Küche gehen, als sich die Große doch in Bewegen setzte. Sie sagte noch irgendetwas zu ihrer Mutter, verließ das Zimmer dann aber und schloss die Tür hinter sich. Mit einem breiten Grinsen und sehr großen Schritten ging die Blonde über den Flur, vorbei an Hotaru, die sie offenbar gar nicht bemerkte. Es hätte sie ja nicht weiter gestört, wenn Haruka nicht gerade die Haustür angesteuert hätte.

„Du willst gehen?“ trat sie hinter ihr in den Flur und machte sich bemerkbar.

„Oh, Taru-chan.“

Haruka drehte sich um und sah sie immer noch grinsend an.

„Ja, ich muss zum Training. Aber keine Sorge, ich komm nachher wieder.“

Sie kam einmal kurz auf sie zu und streichelte ihr über den Kopf, doch dann ging sie weiter zur Tür. Offenbar hatte sie es sehr eilig.

„Versprochen?“

„Ja, versprochen.“ zwinkerte Haruka und öffnete die Haustür.

„Oh, wie hat dir denn dein Geschenk gefallen?“ drehte sie sich noch einmal zu ihr um.

„Ganz toll! Es ist wirklich wunderschön, vielen Dank!“ strahlte die Kleine.

„Dank nicht mir, sondern deiner Mutter. Sie hat es ausgesucht. Also bis nachher.“ winkte Haruka und verschwand dann aus der Wohnung.

„Bis daaann.“ winkte auch Hotaru freudig.

Sie hätte es zwar schöner gefunden, wenn sie gleich hier geblieben wär aber sie war noch so aufgeregt über die ganze Situation, dass sie es gar nicht als so schlimm empfand. Noch dazu wollte sie ja schon nachher wieder kommen, also konnte sie damit leben. Jetzt rannte sie aber erst mal zum Zimmer ihrer Mutter. Sie wollte jetzt unbedingt mehr über die ganze Sache erfahren. Sie hatte zwar von Anfang an gehofft, die Beiden würden sich gut verstehen, damit sie Ruka weiterhin sehen konnte, aber das so etwas passieren könnte, das hätte sie sich niemals erträumen lassen.
 

Michiru lag immer noch in ihrem Bett und starrte an die Decke. So richtig wach war sie immer noch nicht und hätte nichts dagegen noch eine Runde zu schlafen. Vorher wollte sie aber auch wissen wie spät es war. Sie sah auf ihren Wecker und war doch ziemlich überrascht. Sie hatte tatsächlich den halben Tag verschlafen. Naja, nach dem langen Flug und der Nacht, war das wohl auch nicht verwunderlich. Trotzdem sollte sie wohl jetzt besser aufstehen. Gerade als sie dies in Angriff nehmen wollte, wurde die Tür aufgestoßen und ihre Tochter rannte ihr entgegen.

„Guten Morgen, Mami!“

„Oh, Hotaru.“

Und da war sie wieder. Die harte Realität. Michiru hatte es wirklich erfolgreich geschafft die Kleine vollkommen auszublenden. Es war so einfach ihre Sorgen zu vergessen, wenn sie mit Haruka zusammen war. Nun musste sie ihr die Sache wohl oder übel erklären. Der Blick der Kleinen verriet ihr auf Anhieb, dass sie die Blonde auf jeden Fall gesehen hatte. Zumal ja nur ein paar Sekunden vergangen waren, seitdem sie das Zimmer verlassen hatte. Sie seufzte einmal innerlich. Eigentlich wollte sie ja nichts lieber tun, als der Kleinen zu sagen was Haruka ihr bedeutete und, dass sie sich wünschte mit ihr zusammen zu leben, aber das hatte sie ja noch nicht einmal der erzählt. Außerdem durfte sie ja eigentlich gar nicht mit ihr zusammen sein. Was also sollte sie der Kleinen jetzt sagen?

„Mama, seid du und Ruka jetzt ein Paar? Liebst du sie? Ich hab gesehen, wie ihr euch geküsst habt, heißt das, dass sie jetzt bei uns bleibt? Zieht sie bei uns ein?“

Oh Mann, das waren jetzt aber ganz schöne viele Fragen auf einmal. Und genau die, vor denen sich Michiru am meisten gefürchtet hatte. Auf keinen Fall wollte sie ihre Tochter anlügen. Und dieser hoffnungsvolle Blick in den Augen der Kleinen machte sie irgendwie glücklich. Sie würde sich also darüber freuen, wenn es so wär.

„Ich mach dir einen Vorschlag, okay? Ich werd jetzt schnell duschen gehen, danach mach ich uns ein schönes Frühstück und dann können wir uns beim Essen darüber unterhalten. Was hältst du davon?“

Sie streichelte ihr zärtlich durch die Haare und sah sie liebevoll an. Sie hatte sich entschlossen der Kleinen zumindest einen Teil von allem zu erzählen. Sie musste wohl darauf vertrauen, dass sie es verstehen würde.

„Mmh, das klingt toll, aber eigentlich hab ich mir schon was zu essen gemacht.“

„Du hast was?“

„Ja, ich hatte solchen Hunger und ich wollte euch nicht wecken, weil ihr doch so schön geschlafen habt, da hab ich mir einfach die Packung Cornflakes aus dem Schrank geholt und noch die Milch aus dem Kühlschrank. Ich hab aber noch nicht viel gegessen, weil ich dann Ruka gehört habe. Wir können also trotzdem noch was zusammen essen.“

„Du hast dir tatsächlich selbst was gemacht? Und angezogen bist du sogar auch schon.“ seufzte Michiru etwas wehleidig.

„War das nicht gut?“ fragte Hotaru verunsichert und auch ein klein wenig ängstlich.

„Oh doch, mein Schatz. Ich bin wirklich unglaublich stolz auf dich. Nur finde ich es etwas schade, dass du so schnell groß wirst.“

„Also ich wünschte, ich würde noch viel schneller groß werden.“ grinste die Kleine.

„Das wirst du noch früh genug. Na los, geh du doch schon mal zurück in die Küche und iss zu ende. Ich komm gleich nach und setzt mich dazu, ja?“

„Okay.“ nickte die Kleine und rannte aus dem Zimmer.

Michiru lächelte der Kleinen hinterher, und stand dann selber auf. Sie ging zu ihrem Kleiderschrank rüber, zog sich ihren Morgenmantel über und machte sich auf ins Bad. Nachdem sie mit duschen und anziehen fertig war ging sie zu ihrer Tochter in die Küche. Die Kleine war offenbar schon fertig mit essen und wartete nur noch auf sie. So wirklichen Hunger hatte Michiru im Moment eigentlich noch nicht, also beschloss sie auch nicht mehr als eine Schüssel von den Cornflakes zu essen. Der halbe Tag war ja sowieso schon rum und da würde sie lieber später noch etwas Richtiges kochen. Vielleicht war dann ja auch Haruka wieder zurück, und würde mit essen. Dieser Gedanke gefiel ihr richtig gut. In ihrem Kopf sah sie schon das Bild wie sie alle gemeinsam an einem Tisch saßen, wie eine richtige kleine Familie.

„Mama, du siehst richtig glücklich aus. Ist Ruka der Grund dafür?“ wurde sie von ihrer Tochter aus den Gedanken gerissen.

Sie hatte gar nicht gemerkt wie sich die Vorstellung von dem Bild, auch in ihrem Gesicht wiedergespiegelt hatte. Inzwischen saß sie Hotaru am Tisch gegenüber und aß völlig in Gedanken ihr Frühstück. Nun sah sie die Kleine aber direkt an, und versuchte die richtigen Worte zu finden.

„Ja. Ja, du hast Recht. Sie macht mich glücklich.“

„Dann liebst du Ruka? Und bist richtig mit ihr zusammen?“

„Ähm… nein, nicht ganz. Ich hab Haruka wirklich unglaublich gern, aber wir sind nicht zusammen.“

„Wieso nicht? Ihr habt euch doch geküsst, und sogar in einem Bett geschlafen.“

Die Kleine schien gerade ziemlich geschockt, oder besser verärgert.

„Ja, das ist richtig. Aber weißt du, wir haben uns gerade erst auf der Reise ein bisschen besser kennengelernt und sind uns näher gekommen. Lass uns für das richtige zusammen sein noch ein wenig Zeit, ja?“

„Aber wieso? Könnt ihr euch nicht weiter kennenlernen und trotzdem zusammen sein?“

Michiru schüttelte lächelnd mit dem Kopf über diese Hartnäckigkeit der Kleinen. Dass Hotaru wirklich so begeistert von der Sache wäre, hätte sie gar nicht erwartet.

„Du hast Haruka wirklich gern, nicht wahr?“

„Ja, ganz doll! Sie is voll nett und witzig und total cool. Ich hab sie richtig lieb.“

„Ja, ich auch.“ seufzte die Türkishaarige ganz verträumt und ließ ihren Kopf in eine ihrer Hände fallen, die sie mit dem Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt hatte.

„Aber Hotaru, dir ist schon klar, dass sie dann doch ein bisschen mehr wäre; als nur deine Freundin, oder?“

„Ja, darüber hab ich vorhin auch schon nachgedacht. Wäre sie dann auch meine Mama?“

„Ähm, also ich würde sagen … nicht so sehr wie ich, oder nicht auf dieselbe Art, also … weißt du, dass kommt auch darauf an in wie weit Haruka das überhaupt will.“ versuchte sie zu erklären, es klang aber ziemlich gequält.

„Warum sollte sie nicht wollen?“

„Naja, das ist doch eine ganz schöne Verantwortung. Sie ist schließlich selbst noch sehr jung, und hatte bestimmt nicht vor, schon in dem Alter Mutter zu werden.“

»Wenn überhaupt.« fügte sie in Gedanken hinzu.

„Aber sie hat gesagt, sie hat mich auch lieb. Und is Ruka denn wirklich noch so jung?“

„Sie hat dich auch lieb, ganz sicher. Aber es gehört schon ein bisschen mehr dazu ein Kind großzuziehen, als es nur lieb zu haben. Und ja, sie ist schon ein paar Jahre jünger als ich. Du weißt doch, dass sie siebzehn ist.“

„Ich finde aber ihr seht genau gleich alt aus. Wie viele Jahre ist sie denn jünger als du?“

„Na, rechne doch mal nach.“

„Ach, menn. Mama, du weißt doch, dass ich Mathe nicht mag.“

„Nun komm, so schwer ist das nicht. Sie ist siebzehn und ich bin dreiundzwanzig.“

Hotaru sah sie schmollend an und versuchte wohl noch irgendwie einen anderen Weg zu finden, als wirklich nachrechnen zu müssen. Aber dann gab sie nach und begann vor sich hin zu zählen.

„… Ähm, sechs?“

„Mhm, genau.“

„Das is ja so alt wie ich bin.“

„Richtig, und das bedeutet, als ich so alt war wie du, ist Haruka gerade erst geboren worden.“

„Oh. … Aber das ist doch egal, oder?“

„Für uns zwei schon. Es ist jetzt auch nicht so ein großer Unterschied, aber … Hotaru, da gibt es noch ein anderes Problem. Eins, das die Sache noch um einiges komplizierter macht, weshalb wir auch nicht zusammen sind.“

„Was denn für ein Problem?“

Es dauerte einen Moment bis Michiru antwortete. Sie war sich nicht sicher, ob sie es ihr erzählen sollte, oder nicht. Aber andererseits hatte sie der Kleinen sowieso schon fast alles gesagt. Und es war wohl besser, wenn sie das auch wusste, bevor sie es noch irgendwem in der Schule verriet.

„Du weißt doch, dass sie meine Schülerin ist?“

„Ja, natürlich.“

„Tja, und genau das ist das Problem. Lehrer und Schüler dürfen eine solche Beziehung nicht führen. Das ist verboten.“

„Verboten? Warum?“

„Aus vielen Gründen. Zum einen muss ich sie ja schließlich benoten, und behandeln wie alle meine anderen Schüler auch. Wie soll ich das aber tun, wenn mir dabei meine persönlichen Gefühle im Weg stehen? Sie bedeutet mir nun mal mehr, und das ist unfair den anderen gegenüber. Das Alter ist auch so eine Sache. Bei uns sind es zwar nur sechs Jahre, aber meistens sind Lehrer ja schon ein bisschen älter, und die Schüler fast noch Kinder. Und, genau wie Haruka es auch noch ist, minderjährig! Das ist absolut unethisch, unprofessionell und nicht entschuldbar! Es hat schon seinen Grund warum es strafbar ist, und das ist auch richtig so! Ich hätte mich eigentlich nie darauf einlassen dürfen!“

Michiru hatte sich von ihrer versuchten erklären, irgendwie wieder in einen Selbstvorwurf hineingesteigert, und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.

„Aber … wenn ihr euch liebt?“ kam es von der jetzt sehr verunsicherten Hotaru leise.

Die zittrige Stimme ihrer Tochter ließ Michiru wieder aufblicken. Es tat ihr augenblicklich leid, dass sie sich so hatte gehen lassen. Sie streckte eine Hand zu der, der Kleinen aus und lächelte sie sanft an. Als sie über ihr Handgelenk streichelte fiel ihr auf, dass sie gar nicht ihre Kette trug. Sie ignorierte es aber erst mal und fuhr mit dem Gespräch fort.

„Leider ändert das auch nichts an den Tatsachen. Wenn ich nicht ihre Lehrerin wär, dann wär das mit dem Alter im Grunde egal, da sie schon alt genug ist, und wir könnten ganz legal zusammen sein, aber so ist es nach wie vor verboten, egal was wir füreinander empfinden.“

Hotaru wirkte jetzt nicht mehr ängstlich, sondern schien über das gesagte ernsthaft nachzudenken. Nach einer Weile sah sie wieder zu ihrer Mutter auf.

„Kannst du dann nicht einfach aufhören ihre Lehrerin zu sein?“

Darüber musste Michiru leicht lachen. Die Denkweise eines Kindes war ja so schön einfach gestrickt. Wenn doch nur auch in Wirklichkeit alles so einfach wär.

„Hotaru-chan, ich kann doch nicht einfach mein Job aufgeben. Wovon sollen wir denn dann Leben? Du weißt, dass ich das Geld brauche.“

„Aber hat Ruka nicht ganz viel Geld? Kann sie ihrs nicht mit uns teilen?“

Ein erneutes lächeln huschte über Michirus Lippen.

„Du hast Recht, sie hat sehr viel Geld. Wahrscheinlich sogar so viel, dass es problemlos für uns alle drei reichen würde. Aber es ist ihrs. Sie hat es sich schwer erarbeitet, oder geerbt, und ich kann sie nicht einfach darum bitten mir etwas abzugeben. Das ist nicht richtig. Wir kennen uns doch noch gar nicht lange. Außerdem möchte ich mein eigenes Geld verdienen, und mich nicht komplett von ihr abhängig machen. Was ist denn, wenn wir uns auf einmal nicht mehr verstehen sollten? Dann hab ich keine Arbeit mehr, keine Wohnung… Das geht einfach nicht.“

Hotaru schien die Antwort nicht zu gefallen. Sie senkte ihren Blick und sah traurig auf die Tischplatte vor sich.

„Was passiert denn, wenn ihr einfach trotzdem zusammen seid?“ fragte sie kurzdarauf.

„Wenn irgendjemand herausfindet, dass ich mich mit Haruka außerhalb der Schule treffe, dann werden wir ziemlichen ärger bekommen. Ich ganz besonders.“

„Was denn für ärger?“

„Nun ja, zum einen werde ich dann wohl auf jeden Fall meinen Job verlieren, und wohl auch nie wieder als Lehrerin arbeiten können. Du könntest die Schule auch nicht mehr besuchen und müsstest wohl wieder zu deiner alten, oder auf eine andere gehen. Haruka müsste wahrscheinlich ebenfalls die Schule verlassen, vielleicht, wenn das Ganze an die Öffentlichkeit gerät, steht auch noch ihre Karriere als Rennfahrerin auf dem Spiel.“

Das mit dem Gefängnis ließ sie lieber aus. Sie wollte der Kleinen ja nicht auch noch Angst einjagen, zumal sie selbst auch noch hoffte, dass es niemals zu so etwas kommen würde.

„Aber nur, wenn das jemand erfährt, oder? Wenn ich das niemandem sage, kannst du Ruka dann weiter treffen?“

Michiru seufzte einmal. Sie konnte nicht fassen, dass sie nun auch noch ihre kleine unschuldige Tochter praktisch zum Lügen zwang. Aber was sollte sie machen? Sie wollte ihre kleine perfekte Familie, in der Haruka den Platz neben ihr einnahm. Sie wollte sie unbedingt weiter sehen, sie noch viel besser kennenlernen und wirklich mit ihr zusammen sein. Allein die Vorstellung das Alles zu begraben war für sie unerträglich.

„Hotaru, ich habe mich bereits entschieden sie weiterhin zusehen. Auch, wenn ich das vielleicht irgendwann bereuen werde, kann ich mich einfach nicht mehr länger von ihr fernhalten, dafür hab ich sie einfach viel zu gern. Es tut mir leid, dass ich dich in diese Sache mit hineinziehe, und du sollst wissen, dass, wenn du es jemanden erzählst, ich auf keinen Fall böse auf dich bin. Wenn die Sache ans Licht kommt, ist das ganz allein mein verschulden.“

„Aber ich werde es niemanden erzählen, ganz sicher nicht. Ich möchte, dass Ruka bei uns bleibt und, dass du weiterhin glücklich bist.“

Irgendwie war Michiru erleichtert und auch gerührt von diesen Worten. Sie stand von ihrem Platz auf und umarmte ihre Tochter ganz fest.

„Du glaubst gar nicht wie glücklich ich im Moment bin, und das auch, weil du bei mir bist. Ich hab dich wirklich unbeschreiblich lieb, weißt du das?“

„Ich hab dich auch lieb, Mami.“ erwiderte Hotaru die Umarmung.

Michiru löste sich nach kurzer Zeit von ihr und sah sie lächelnd an.

„So, und nun erzähl mir mal, wo deine Kette geblieben ist. Hast du sie etwa wirklich abgenommen?“

„Ja, hab ich. Mama, vielen Dank für das Geschenk! Das Schmuckkästchen ist wirklich wunderschön!“

„Hab ich doch gern gemacht. Aber es ist doch nicht der alleinige Grund, warum du sie abgenommen hast, oder?“

„Nein, ist es nicht. Ruka is ja auch der Meinung, ich sollte sie lieber abnehmen, und eigentlich habt ihr ja alle Recht. Ich möchte sie wirklich nicht verlieren und als diese Jungs sie mir damals wegnehmen wollten, war das richtig schlimm. Also hab ich beschlossen sie erst wieder zu tragen, wenn ich groß genug dafür bin.“

Michiru konnte sich nur darüber freuen, und musste auch ein wenig den Kopf darüber schütteln. Schon wieder hatte die Blonde es auf Anhieb geschafft die Kleine von etwas zu überzeugen, woran sie seit Jahren scheiterte. Zuerst das mit dem Selbstbewusstsein und nun auch noch ihre Kette.

„Aber wann hat Haruka dir das denn gesagt? Gestern Abend warst du doch schon eingeschlafen.“ fragte sie etwas verwundert darüber nach.

„Ja, aber Ruka hat mir einen richtig lieben Brief da gelassen. Willst du ihn sehen? Komm, ich zeig ihn dir.“

Damit zog Hotaru ihre Mutter aus der Küche bis in ihr Zimmer. Michiru wehrte sich nicht, denn sie war zu überrascht davon, dass Haruka so etwas getan haben sollte.

„Hier, das ist er. Er lag zusammen mit dem Geschenk auf meinem Nachtschrank.“

Hotaru hielt ihr aufgeregt einen Zettel entgegen und die Türkishaarige nahm ihn ihr ab. Sie setzte sich auf das Bett und las ihn dann langsam durch. Mit jeder Zeile schmolz Michiru ein wenig mehr dahin. Das war ja so süß. Sie musste sich wirklich zusammenreißen vor Glück und Gerührtheit nicht noch eine Träne zu verlieren. So etwas Führsorgliches hätte sie der Sportlerin gar nicht zu getraut. Diese kleine Geste, überzeugte sie gerade völlig davon, dass sie Haruka ihre Tochter anvertrauen konnte, also auch in einer Rolle als Erziehungsperson. Davon musste sie jetzt nur noch irgendwie Haruka überzeugen. Sie glaubte nämlich nicht daran, dass sich die Blonde selbst in dieser Rolle vorstellen konnte. Aber irgendwie musste das doch zu schaffen sein. In ihrem Kopf blitzte wieder dieses Bild von der kleinen Familie auf, und brachte sie regelrecht zum Strahlen. Sie las den Brief gleich nochmal durch und über eine Stelle freute sie sich ganz besonders. Eigentlich war es nur ein einziges Wort: Wir. Sie hatte tatsächlich "Wir" geschrieben! "WIR hoffen dass es dir gefällt…" Nicht deine Mutter und ich, sondern "Wir"!

„Das war lieb von ihr, oder?“ fragte Hotaru lächelnd, der das strahlen ihrer Mutter durchaus auffiel.

„Ja, da hast du recht. Tust du mir einen gefallen, und bewahrst ihn gut auf?“

Michiru reichte ihrer Tochter den Zettel zurück, die ihn mit einem heftigen nicken entgegen nahm.

„Mhm, mach ich.“

Hotaru faltete den Zettel ein, zwei Mal und verstaute ihn dann ebenfalls in dem kleinen Schmuckkästchen im Regal. Michiru lächelte darüber und verließ dann den Raum. Den restlichen Tag verbrachte die Türkishaarige damit ihren Koffer auszupacken, die Wohnung ein wenig sauber zumachen, noch die letzten Arbeiten zu korrigieren und dann hatte sie dieses Bild in ihrem Kopf einfach nicht mehr ausgehalten. Sie musste es einfach auf eine Leinwand bringen. Kurzerhand hatte sie einfach ihre Staffelei, Farben und alles, was sie sonst noch brauchte aus ihrem Schrank herausgekramt und angefangen ihr Bild auf die Leinwand zu projizieren. Sie war dermaßen in ihrer Arbeit vertieft, dass sie gar nicht mitbekam wie Hotaru sie eine Weile lächelnd dabei beobachtete. Michiru hatte schon seit Ewigkeiten kein Bild mehr ganz von sich aus gemalt. Wenn man’s genau nimmt hatte Hotaru noch nie gesehen, wie ihre Mutter ein Bild gemalt hat. Sie war einfach immer viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Ihre Geige holte Michiru zwar schon noch ab und zu aus dem Schrank, so dass Hotaru ihr traumhaftes Spiel schon mal gehört hatte, aber das Malen nahm nun mal etwas mehr Zeit in Anspruch, so dass sie dafür nie Zeit gefunden hatte, außer es war für ihr Studium gewesen, doch da malte sie meist in der Uni und nicht in Hotarus Beisein. Einige Kunstwerke die hier an den Wänden hingen stammten zwar auch von ihr, aber noch aus früheren Zeiten. Irgendwann ließ Hotaru ihre Mutter aber doch lieber wieder allein und ging in ihr Zimmer spielen. Michiru war so gefesselt von dem Bild, dass sie sogar schaffte es gleich fertig zu stellen. Überglücklich betrachtete sie ihr Kunstwerk, und wurde gleich wieder richtig träumerisch, bei dem Anblick der kleinen Familie. Sie räumte schnell wieder sämtliche Sachen weg und bedeckte auch noch das Bild mit einem Tuch. Haruka sollte das wohl lieber nicht zu Gesicht bekommen. Nachher ging ihr das viel zu schnell und lief ihr doch noch weg. Danach begab sie sich in die Küche, um endlich mit dem Abendessen zu beginnen. Hoffentlich kam Haruka bald zurück. Sie war nämlich schon ziemlich lange weg. Michiru hatte zwar keine Ahnung, wie lange so ein Motorradtraining dauerte, aber so langsam müsste es doch mal zu Ende sein. Hoffentlich war ihr nichts passiert.

Nur kurz zum Training... Das war der Plan

Nachdem Haruka die Wohnung von Michiru verlassen hatte, rannte sie schnell zu ihrem Auto und raste davon. Sie musste sich jetzt wirklich beeilen, um noch rechtzeitig zu kommen. Jetzt gerade nervte es sie wahnsinnig, dass sie dahin musste. Eigentlich liebte sie es, aber im Moment wollte sie nichts sehnlicher als bei ihrem Engel sein. Noch dazu hatte sie ihrem Trainer gleich gesagt, dass es eine blöde Idee sei, direkt nach der Reise und dem damit verbunden Flug ein Training anzusetzen. Aber was sollte sie machen, gleich Morgen war ja das nächste Rennen und die Trainingszeiten heute, flossen schon in die erste Qualifikation mit ein. Was sie aber überhaupt nicht nachvollziehen konnte, war die Tatsache, dass dieser dämliche Sponsor dabei sein musste. Mit "dem Sponsor" meinte sie größtenteils einen der Geschäftsführer dieser riesigen Getränkefirma. Ihrer Meinung nach mischte sich der Kerl viel zu sehr ein. Sie war von Anfang an skeptisch bei dieser Firma und ihrem Vertrag gewesen, aber andererseits investierten sie auch einen Haufen Geld in ihr Team, auf das ihr Boss natürlich nicht verzichten wollte. Sie seufzte einmal und gab dann noch mehr Gas. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam sie endlich bei ihrer Wohnung an und machte sich auch sofort auf den Weg nach oben. Eigentlich könnte sie längst mal wieder eine Dusche vertragen aber dafür hatte sie leider keine Zeit mehr. Und nach dem Training müsste sie das sowieso. Also zog sie sich schnell ihre Motorradsachen an, und rannte dann wieder nach unten. Inzwischen war die Vorfreude aufs Motorradfahren auch wieder erheblich gestiegen. Sie hatte schließlich eine ganze Woche darauf verzichten müssen. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht schwang sie sich auf ihre geliebte Maschine und ließ den Motor aufheulen. Sie klappte noch ihr Visier vom Helm herunter und sauste dann wie eine Irre aus der Tiefgarage. Trotz der Geschwindigkeit und waghalsigen Überholmanöver kam sie ein paar Minuten zu spät bei ihrem Ziel an. Schnell stieg sie von ihrem Motorrad und rannte direkt zu den Boxen der riesigen Rennstrecke und seinem Stadion.

„Da bist du ja endlich, verdammt! Hast du eine Ahnung in was für Schwierigkeiten du mich bringst, wenn du dich nicht an unsere Termine hältst?!“ wurde sie auch gleich von ihrem Trainer angeschrien als sie zu ihm rannte.

„Ja, ich weiß. Tut mir leid.“ entschuldigte sie sich, etwas außer Atem.

Eigentlich war sie jetzt schon fix und fertig. Diese Zeitumstellung und dann auch noch der gestrige Abend … Am liebsten hätte sie sich schlafen gelegt.

„Du kannst vom Glück reden, dass sich die feinen Herren ebenfalls verspäten. Also los, geh schon mal zu den Anderen. Ich komm gleich nach.“

Haruka nickte etwas erleichtert. Sie wusste, dass sie keinen schlechten Eindruck bei den Typen hinterlassen durfte, und Unpünktlichkeit zählte definitiv dazu. Sie ging zu den Mechanikern, die sich alle um ihre Rennmaschine in der Box versammelt hatten und wurde auch gleich freudig begrüßt. Sie unterhielt sich eine Weile mit ihnen bis ihr Trainer mit einer Gruppe Anzugträgern im Schlepptau zu ihnen stieß. Ihr Manager befand sich ebenfalls unter ihnen, genau wie der Typ, den Haruka überhaupt nicht leiden konnte, seiner Position wegen, ihm aber nicht zeigen durfte.

„Ah, da haben wir ja unseren Star. Es freut mich, Sie wiederzusehen Tenoh-san.“ begrüßte sie besagter Typ.

„Die Freude ist ganz meiner Seitz, Nomura-sama.“ verbeugte sich Haruka mit einem aufgesetzten Lächeln vor ihm.

Wenn es etwas gab, was sie auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann war es, sich bei Leuten einzuschleimen, von denen sie nicht das Geringste hielt. Aber sie hatte keine andere Wahl. Entweder tat sie auf nett und freundlich, oder verlor ihren wichtigsten Sponsor. Also begrüßte sie auch noch den Rest der Herren, so freundlich wie es ging.

„Also, ich bin schon sehr gespannt, was wir heute zusehen bekommen. Ich hoffe doch sehr, dass wir es Morgen wieder ins Ziel schaffen, und wenigstens ein paar Punkte gewinnen.“ kam es danach von diesem Nomura wieder.

Haruka bekam richtig das Kotzen, versuchte sich aber dennoch zusammenzureißen.

„Darauf können Sie sich verlassen. Ich werde mich sicherlich nicht noch einmal aus der Bahn werfen lassen. Und sie können gleich mit der vollen Punktzahl rechnen. Mit weniger werde ich mich nicht zufrieden geben.“

„Das freut mich zu hören. Nun gut, von wo aus haben wir die beste Sicht?“

„Das werde ich Ihnen zeigen. Bitte, folgen Sie mir doch.“ bat Harukas Manager und führte die Männer aus der Box.

Augenblicklich verschwand das höfliche Lächeln aus dem Gesicht der Sportlerin und ein angewidertes grummeln konnte sie auch nicht unterdrücken.

„Ja, ich weiß, die Kerle sind ätzend. Aber versuch dich zu konzentrieren und vergiss sie einfach. Na los, fahr erst mal ein paar Runden. Weitere Anweisungen erhältst du dann über Funk.“ sagte ihr Trainer.

Haruka nickte und schwang sich dann auf ihre Maschine. Zu fahren half wirklich diese Typen zu vergessen. Sie verschwendete nicht einen Gedanken mehr an sie und genoss es nur noch den Wind um sich zu haben. Die Rennstrecke war wirklich der einzige Ort, an dem sie so schnell fahren konnte, wie sie wollte – oder das Gerät unter ihr zuließ – aber schneller als im Straßenverkehr war es allemal. Trotz ihrer eigentlichen Müdigkeit lief das Training ausgesprochen gut. Das Adrenalin puschte sie doch wieder zu Höchstleistungen und die Aussicht darauf Michiru schon bald wieder zusehen ließ sie noch schneller fahren. Und zum Glück spielte auch die Maschine unter ihr mit. Die Mechaniker hatten wirklich exzellente Arbeit geleistet. Sie fuhr also Bestzeiten und ihr Trainer und das gesamte Team waren mehr als begeistert.

„Ausgezeichnet, Tenoh-kun. Wenn du morgen genauso fährst landest du auf jeden Fall auf dem Treppchen!“ strahlte ihr Trainer als sie wieder zurück in die Box kam.

Auch die Anderen gratulierten ihr und wünschten ihr noch viel Glück für Morgen. Nun musste sie sich nur noch von diesen nervigen Sponsoren verabschieden, dann konnte sie endlich zurück zu ihrem Engel. Sie verließ die Box und machte sich auf den Weg zur Tribüne. Die Männer hatten natürlich einen Logenplatz erhalten, von wo aus sie sich das Rennen ansehen konnten, und auch noch von vorne bis hinten bedient wurden. Als sie diese ganzen Köstlichkeiten sah, die hier aufgetischt waren, lief ihr glatt das Wasser im Munde zusammen. Ihr wurde auch gerade klar, dass sie heute noch nicht das Geringste gegessen hatte.

„Ah, Tenoh-san. Wirklich eine ausgesprochen ansehnliche Show, die Sie uns da geliefert haben. Hervorragende Leistung.“ kam es von Nomura, der Haruka gerade entdeckt hatte.

Sie setzte wieder ihr gespieltes Lächeln auf, und ging zu der Gruppe Männer hin, die sich alle vor dem großen Fenster versammelt hatten, von dem man über die gesamte Rennstrecke Blicken konnte.

„Freut mich, dass es Ihnen gefallen hat. Ich sagte ja, ich werde Morgen gewinnen.“

„Ausgezeichnet. Sehen Sie meine Herren, ich wusste doch diese Investition wird sich lohnen. Ich bin mir sicher nach dem morgigen Tag, werden sich unsere Verkaufszahlen verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen! Also gut, dann wollen wir mal weitermachen.“ erzählte Nomura seinen Kollegen voller Euphorie und drehte sich dann wieder zu Haruka um.

Die allerdings war dadurch etwas verwirrt. Weitermachen? Womit? Das Training war doch vorbei. Und sie hatte ganz bestimmt keine Lust noch mit den Typen zu quatschen.

„Äh, ja. Am besten ich bring unsere Rennfahrerin schon mal runter. Sie können ja nachkommen, sobald Sie hier fertig sind.“ meldete sich Harukas Manager ein wenig nervös zu Wort, und kam schnell auf sie zu.

Er schob sie regelrecht aus dem Raum hinaus, was Haruka nur noch misstrauischer machte.

„Ouji-san, was soll das bedeuten? Was meint er damit?“ fragte sie, als sie aus dem Raum waren und sah ihn dabei ziemlich finster an.

„Ähm, also, es … es findet jetzt noch ein … ein Fotoshooting statt, indem …“

„EIN WAS?!“ unterbrach sie ihn und wurde ziemlich laut dabei.

„Schhhht, nicht so laut, sonst hören sie dich noch.“ versuchte ihr Manager sie zu beruhigen und zog sie erst mal von da weg.

„Is mir scheiß egal! Wieso zum Teufel weiß ich davon nichts?!“

„Naja, du warst ja nicht da …“

„Und da is es dir nicht in den Sinn gekommen mich einfach anzurufen?!“

„Das hätte auch nichts geändert, die hatten die ganze Sache praktisch schon geplant, also …“

„Argh, dieser Mistkerl! Der kann mich mal kreuzweise! Soll er doch selbst für sein dämliches Getränk werben!“

„Tenoh-san, jetzt beruhige dich. Du weißt was in deinem Vertag steht. Du musst da mitmachen.“

„Ich muss gar nichts! Ich hab dafür jetzt echt keine Zeit, also verschieb diesen Mist!“

„Das geht nicht. Es ist schließlich schon alles bezahlt und vorbereitet. … Außerdem hab ich doch extra deine Termine gecheckt und soweit ich weiß, steht bei dir heute nichts mehr an.“ überlegte er und schaute zur Sicherheit noch mal in seinem Handy nach.

„Ich hab aber auch noch ein Privatleben, falls es dir entgangen sein sollte!“

„Ach, die Mädchen können doch mal einen Tag warten und die fliegen dir doch sowieso hinterher.“ winkte ihr Manager ab und steckte sein Handy wieder ein.

„Dieses Mädchen aber nicht!“ fauchte sie ihn an, packte den kleineren Mann am Kragen und zog ihn etwas zu sich hoch.

Sie war inzwischen nicht mehr nur unglaublich sauer, sondern auch verzweifelt. Ihr war klar, dass sie um dieses Shooting nicht herumkommen würde.

„Dieses Mädchen? S… sag bloß du hast was Ernsthaftes am Laufen?“ fragte er unsicher und schien gerade mächtig Angst vor ihr zuhaben.

Sie ließ ihn wieder los und stampfte davon.

„Das geht dich gar nichts an.“

„Oh-ho, also wirklich. Das muss ja ein außergewöhnliches Mädchen sein, wenn sie dich gebändigt bekommt.“ grinste er und folgte ihr.

„Halt die Klappe, und sieh lieber zu, wie du das hier in Ordnung bringst!“

„Es tut mir leid, aber hier gibt es nichts, was ich machen könnte. Du musst das jetzt durchziehen. Ruf sie doch einfach an und sag ihr, dass du später kommst.“

„Später?! Diese dämlichen Shootings dauern doch immer Stunden!“

Noch dazu konnte sie Michiru ja nicht einmal Anrufen. Sie musste sich nachher wirklich unbedingt ihre Nummer geben lassen.

„Ja, ich weiß. Aber dann musst du dich eben ein bisschen mehr anstrengen.“

Das hätte er lieber nicht sagen sollen und bereute es auch sofort, als Haruka erneut stehen blieb und ihn regelrecht anknurrte.

„Pass du lieber auf was du sagst, sonst muss ich noch mal ernsthaft darüber nachdenken, ob ich meine Termine in Zukunft nicht lieber selbst Regel!“

„Ähm, ja, natürlich. Du hast Recht. Entschuldige.“

Sie funkelte ihn noch kurz wütend an, ehe sie wieder weiter ging.

„Na, schön. Jetzt sag mir gefälligst wo ich hin muss!“

Von ihrem Manager kam ein erleichtertes seufzen.

„Das Shooting findet in einem der Räume im Untergeschoss statt. Ich werde dich hinführen.“

Also ging der Mann voraus und Haruka folgte ihm grimmig. Nach ein paar Minuten kamen sie in dem riesigen Raum – eigentlich konnte man es schon fast als Halle bezeichnen – an, indem das ganze Spektakel stattfinden sollte. Haruka wurde dort sofort von irgendwelchen Visagistinnen gepackt und in einen etwas abgetrennten Bereich gezerrt, wo sie dann erst mal zu Recht gemacht wurde. Das ganze hob natürlich nicht gerade ihre Stimmung, und dauerte auch noch endlos lange, obwohl sie fand, dass sie danach nicht unbedingt anders aussah. Vielleicht ein bisschen sauberer, naja und die Haare waren um einiges geordneter, aber sonst? Wozu sie ihr tonnenweise schichten Make-up ins Gesicht geschmiert hatten, konnte sie jedenfalls nicht nachvollziehen. Einen neuen Rennanzug musste sie auch anziehen, der gefiel ihr allerdings recht gut, musste sie gestehen. Natürlich zog sich das Shooting wirklich über mehrere Stunden hin. Der Fotograph wollte sie in jeder erdenklichen Pose, mit diesem albernen Getränk in der Hand haben. Das Einzige was ihre Stimmung ein wenig anhob, und dafür sorgte, dass sie auch gute Arbeit leistete, war das Motorrad vor welchen sie posieren sollte. Es war ein niegelnagelneues Superbike ihres Arbeitgebers. Das Ding hätte sie am liebsten mit nach Hause genommen. Sie hätte es zwar erst mal sofort umlackiert, denn diese blöde Werbeaufschrift des Sponsors brauchte sie nun wirklich nicht, aber sonst war das Teil einfach spitze. Viel zu schade, um sich einfach nur davor fotografieren zu lassen. Sie hatte sogar kurz darüber nachgedacht sich einfach auf das Gerät zu schwingen und davon zu rasen, dadurch hätte sie gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Kein Fotoshooting mehr, sie hätte endlich zu Michiru zurück fahren können, und als Bonus gab es noch das Motorrad. Schade nur, dass sie damit niemals durchgekommen wär. So musste sie das Ganze Prozedere über sich ergehen lassen. Immerhin gab es da auch ein paar Kleinigkeiten zu essen, die sie sich natürlich sofort griff, aber genug um satt zu werden, war es niemals. Nach einer Ewigkeit, wie es ihr vorkam, waren der Fotograph und die Sponsoren dann endlich zufrieden und sie konnte sich verabschieden. Es war mittlerweile schon zehn Uhr abends, also lief sie so schnell es ging aus dem Gebäude raus zum Parkplatz, wo ihre Maschine stand. Von dort aus raste sie dann gleich weiter, zunächst zu sich nach Hause. Wenn sie Michiru und Hotaru morgen zu dem Rennen mitnehmen wollte, brauchte sie wohl oder übel ihr Auto. Da sie jetzt wirklich nur noch so schnell wie möglich zu der Türkishaarigen zurück wollte, verzichtete sie wieder auf die dringend notwendige Dusche, und auch das Umziehen. Sie stieg direkt in der Tiefgarage von ihrem Motorrad in ihr Auto um und fuhr weiter. Nach einer weiteren nervenaufreibenden halben Stunde durch den Stadtverkehr kam sie endlich an ihrem Ziel an. Sie sprang aus dem Auto und lief zu dem Haus rüber. Als sie vor der Tür ankam war sie plötzlich wieder nervös. Was, wenn Michiru jetzt wütend auf sie war? Oder noch schlimmer, enttäuscht. Sie hatten zwar keine Uhrzeit ausgemacht, doch war sie sich sicher, dass ihre Lehrerin mit einer früheren Zeit gerechnet hatte, und sie selbst ja auch. Toll! Wie sollte sie jemals ihr Vertrauen gewinnen, wenn sie nicht mal die simpelsten Sachen, wie Pünktlichkeit, auf die reihe bekam?! Und dabei hatte sie es ihr versprochen! Sie konnte sehen, dass in der Wohnung noch Licht brannte, also war Michiru auf jeden Fall noch wach. Hotaru würde wohl schon längst im Bett liegen. Die Kleine war bestimmt auch enttäuscht von ihr. Ihr hatte sie schließlich das gleiche Versprechen gegeben. »Na los, jetzt klopf schon an! Sonst brichst du dein Versprechen wirklich!« versuchte sie sich noch einmal Mut zuzusprechen, da sie inzwischen ziemliche Angst auf die Reaktionen der Beiden hatte. Sie hob ihre Hand an und klopfte schließlich zaghaft an die Tür.
 

Michiru saß in der Küche und starrte jetzt seit Stunden die Uhr an der Wand an. Haruka war nicht gekommen. Ihre Träumerei von dem kleinen Familienessen war nicht wahr geworden. Als sie das Abendessen fertig hatte, hatten sie noch gewartet aber die Große kam einfach nicht. Hotaru hatte sich zwar quer gestellt und hätte wohl wirklich noch so lange gewartet bis Haruka gekommen, oder sie am Tisch eingeschlafen wär, aber Michiru hatte sie letztendlich doch dazu bringen können zu essen, und auch sie tat es. Auch den weiteren Abend über hatten sie gewartet, doch die Blonde tauchte einfach nicht auf. Wieder mit Zwang und einer langen Diskussion hatte sie Hotaru schließlich ins Bett gebracht, und wartete nun allein. Einschlafen hätte sie jetzt sowieso nicht gekonnt. Jedes Ticken der Uhr hallte überdeutlich in ihrem Kopf wieder und ließ mit jedem Schlag ihre Hoffnungen weiter schwinden. Wieso war Haruka nicht gekommen? Würde sie vielleicht noch kommen? Michiru war der Meinung, dass das Motorradtraining schon längst hätte vorbei sein müssen. Also wo war sie?! Eigentlich gab es nur drei Möglichkeiten. Erstens Haruka hatte einfach auch noch andere Dinge zu erledigen und würde sich daher verspäten, womit sie sich hier völlig umsonst sorgen machen würde. Zweitens Haruka hatte nie vorgehabt hier nochmal wieder aufzutauchen und vergnügte sich stattdessen woanders… Oder drittens, und das wäre das schlimmste von allem, ihr war etwas zugestoßen. Die erste Möglichkeit kam ihr durchaus sinnvoll vor, und wenn es so war, wollte sie auf sie warten. An die zweite Möglichkeit versuchte sie erst gar nicht zu denken, das konnte sie nach der letzten Nacht einfach nicht. Aber die dritte Möglichkeit machte ihr wirklich Angst. Es wäre zwar auch unerträglich, wenn Haruka sie hintergehen würde aber ……. Michiru stockte bei diesem Gedanken. Hintergehen? Konnte Haruka sie überhaupt hintergehen? Sie waren doch gar nicht zusammen. Sie hatten überhaupt nicht darüber gesprochen, ob sie sich auch noch mit anderen trafen, sondern nur, dass sie sich besser kennenlernen wollten, was genau die Sportlerin darunter verstand, wusste sie ja nicht. Vielleicht sollte sie das mal ansprechen, das heißt, wenn sie wiederkam. Und schon war Michiru wieder bei der dritten Möglichkeit angekommen. Was, wenn ihr wirklich etwas passiert war? Sie wüsste nicht wie sie das Überleben sollte. Nein, ihr durfte nichts passieren. Nicht ihr! Gerade, als sie Tränen in sich aufsteigen spürte, hörte sie ein Geräusch. Augenblicklich hielt sie die Luft an und horchte auf. … War das ein Klopfen gewesen? Wie versteinert saß sie da und traute sich nicht sich zu bewegen. Erst bei dem nächsten Geräusch, was sie davon überzeugte, es sich nicht eingebildet zuhaben, sprang sie auf. Sie lief regelrecht zur Haustür und öffnete sie augenblicklich. Die Gefühle, die in diesem Moment in ihr tobten hätte sie nicht mit Worten beschreiben können. Sie war wirklich zurückgekommen! Und offenbar unverletzt!

„Haruka…“ entfuhr es ihr erleichtert.

„Es tut mir wirklich unendlich leid. Ich weiß, ich bin spät dran. Ich wollte auch viel früher wieder zurück sein aber …“

Weiter kam die Blonde in ihrer Entschuldigung nicht, denn Michiru hatte nicht mehr länger an sich halten können und sie stürmisch umarmt.
 

Etwas perplex stand Haruka da und sah auf die Türkishaarige herunter, die sich mit aller Kraft an sie presste.

„Du … du bist nicht sauer?“ fragte sie etwas unsicher.

Es dauerte noch einen Moment bis sich die Kleinere von ihr löste und dann mit einem Lächeln zu ihr hinauf Blickte.

„Nein. Ich bin nur froh, dass du wieder da bist. Ich hatte schon befürchtet dir sei etwas passiert.“

Haruka seufzte erleichtert und lächelte ebenfalls. Sie hob eine Hand zu der Wange ihres Engels und streichelte sanft darüber.

„Ich hab dir doch gesagt mir passiert nichts. So schnell bin nicht klein zukriegen.“
 

„Das mag sein, aber ich vertraue diesen Teufelsmaschinen einfach nicht. Könntest du dir nicht ein etwas weniger gefährlicheres Hobby zulegen?“ fragte Michiru, eher sarkastisch, denn sie glaubte nicht daran, dass Haruka das aufgeben würde, und wenn es sie glücklich machte, wollte sie das auch gar nicht, aber fragen kostet ja nichts.

„Nein, tut mir leid. Es ist ja nicht nur ein Hobby von mir, sondern mein Leben. Ich fahr wirklich schon sehr lange Motorrad, und weiß was ich tue. Also wenn du den Maschinen nicht vertraue kannst, dann vertrau mir.“

Haruka sah ihr ganz tief in die Augen und Michiru spürte ihre Beine schon gar nicht mehr.

„Ich … vertraue dir.“ bekam sie noch leise heraus, bevor sie Harukas Lippen in Empfang nahm, die ihr langsam immer näher gekommen waren.

Sie küssten sich liebevoll und zärtlich, bis sie plötzlich unterbrochen wurden.

„Ruka, du bist wieder da!“

Sofort lösten sich Beide voneinander und sahen den Flur hinab, indem Hotaru gerade aus ihrem Zimmer gerannt kam.

„Hotaru!“ setzte Michiru mahnend an, doch die kleine ignorierte sie und strahlte stattdessen die Rennfahrerin an.

„Ich wusste, dass du wiederkommst! Wo warst du solange? Hat das Training so lange gedauert? Wie war das Training? Bist du schnell gefahren? Oh, is das dein Rennanzug, den du beim Fahren trägst? Du siehst richtig cool darin aus.“
 

„Hotaru, du gehst sofort zurück ins Bett! Du solltest doch schon längst schlafen!“ ergriff Michiru wieder das Wort, bevor Haruka ihr antworten konnte.

„Aber Mami, ich will nicht. Ich konnte sowieso nicht schlafen, weil Ruka noch nicht da war.“

„Jetzt ist sie ja wieder da, also los! Abmarsch!“

Die Schwarzhaarige sah finster zu ihrer Mutter hoch, und bevor das Ganze noch eskalierte griff Haruka lieber ein.

„Na, komm. Ich bring dich hin. Sie hat recht, du musst schlafen.“

Haruka ließ der Kleinen überhaupt keine Gelegenheit zu protestieren, sondern hob sie gleich auf ihren Arm, und ging mit ihr in Richtung ihres Zimmers.

„Ach, Menno. Wieso bist du immer auf ihrer Seite?“ schmollte die Kleine, was Haruka zum Lachen brachte.

„Weil sie recht hat. … Und weil ich auf keinen Fall will, dass sie wütend auf mich ist.“ flüsterte sie ihr noch ins Ohr.

„Das ist unfair von dir! Jetzt bin ich aber wütend auf dich!“

Demonstrativ verschränkte sie die Arme vor der Brust, und drehte den Kopf von Haruka weg. Die brachte das aber nur noch mehr zum Lachen. Sie war mittlerweile in Hotarus Zimmer angekommen und setzte sie nun auf ihr Bett ab.

„Nein, bist du nicht. Das weiß ich.“ grinste sie und streichelte ihr einmal über den Kopf.

Hotaru sah wieder in ihre Richtung, und wirkte als müsse sie sich anstrengen weiter grimmig zu gucken.

„Na los, jetzt leg dich hin. Ich bin morgen auch noch da, und dann fahren wir alle gemeinsam zu dem Rennen.“ versuchte sie sie aufzumuntern.

Und es wirkte. Jetzt konnte Hotaru ihr Strahlen nicht mehr zurückhalten. Sie krabbelte unter die Bettdecke und Haruka half ihr dabei sich zu zudecken.

„Dann schlaf gut, und träum was Schönes.“ streichelte sie ihr erneut über den Kopf und gab ihr dann sogar einen Kuss auf die Stirn.

„Du auch. Ich hab lieb, Ruka.“

Haruka entfernte sich etwas von ihr, und betrachte die Situation genauer.

„Ja, ich dich auch.“ gab sie etwas abwesend von sich.

Irgendwie hatte sie gerade ein Déjà-vu-Erlebnis. Nur das es verkehrt herum war. Ihr schoss eine Erinnerung durch den Kopf, eine von der sie gar nicht gewusst hatte, dass sie noch existierte. Sie war sich sicher, dass ihre Mutter sie auch, und zwar exakt genauso, immer ins Bett gebracht hatte. Früher als sie noch klein war und bevor sie diese Art von ihrer Mutter ins Bett gebracht zu werden für ihr Alter nicht mehr angemessen hielt – wenn sie doch nur damals schon gewusst hätte, dass sie sie bald nie wieder auch nur auf irgendeine erdenkliche Art ins Bett bringen konnte, dann hätte sie nicht auf stur geschaltet und es so lange wie möglich ausgekostet – da hatte sie ihr auch immer geholfen sich zu zudecken, ihr über den Kopf gestreichelt, genau dieselben Worte benutzt und ihr einen Gutenachtkuss auf die Stirn gegeben. Haruka schüttelte diese Erinnerung so schnell es ging von sich ab. Sie wollte nicht daran zurückdenken. Nein, das brachte sowieso nichts. Also lächelte sie der Kleinen noch mal entgegen und ging dann aus dem Zimmer. Am Türrahmen entdeckte sie Michiru, die das Ganze offenbar mitverfolgt hatte.
 

Michiru hatte die ganze Scene wirklich mit einem Schmunzeln beobachtet. Es war einfach zu süß den Beiden zuzusehen. Das bestätigte sie nur noch mehr in ihrer Annahme, dass Haruka genau die Richtige war. Für alles. Für sie, für Hotaru, für ihr ganzes Leben. Sie machte der Großen Platz, als sie bei ihr ankam, damit sie durch die Tür gehen, und diese hinter sich schließen konnte.

„So, ich denke sie wird jetzt nicht noch mal aufstehen.“ sagte Haruka etwas verlegen.

„Ja, das denken auch. … Wollen wir uns zusammen in die Küche setzten? Ich habe noch etwas Tee übrig. Vielleicht erzählst du mir dann ja, warum du erst jetzt kommst.“

„Okay, is gut.“

Also schlug Michiru den Weg in die Küche ein und Haruka folgte ihr. Die Große setze sich an den Tisch, während Michiru ihr eine Tasse aus dem Schrank holte, etwas von dem Tee eingoss, und sich dann ebenfalls zu ihr setzte. Sie reichte ihr die Tasse und sah ihr nun zum ersten Mal, unter normalen Lichtverhältnissen, richtig ins Gesicht.

„Oh mein Gott, du bist ja geschminkt!“ stellte sie fassungslos fest.

„Was? Oh, ja, richtig. … Musste sein.“

Die Blonde senkte verlegen ihren Kopf, wobei Michiru die Röte in ihrem Gesicht sehr wohl noch gesehen hatte.

„Wahnsinn. Dass ich dich jemals mit so etwas sehen würde, hätte ich nicht gedacht.“

„Ich hab‘s auch ganz bestimmt nicht freiwillig mit mir machen lassen.“

Haruka sah immer noch auf die Tischplatte und fühlte sich offenbar gar nicht wohl in ihrer Haut. Michiru schmunzelte darüber und stand von ihrem Stuhl auf.

„Zeig mal her, das muss ich mir genauer ansehen.“

„Was?“

Jetzt sah die Rennfahrerin doch auf, und sah ziemlich geschockt aus. Michiru lächelte nur darüber, setzte sich einfach auf ihren Schoß, zwischen ihr und dem Tisch, nahm ihr Gesicht in ihre Hände und betrachtete es gründlich. Es waren nur leicht ihre Konturen hervorgehoben und die Augen etwas mehr betont worden, aber man sah deutlich, dass sie geschminkt war, was sie um einiges femininer aussehen ließ. Haruka vor ihr hatte die Augen weit aufgerissen und ihre sowieso schon vorhandene Röte wurde noch mal einige Nuancen dunkler. Das ließ Michiru erneut schmunzeln und nun strich sie ihr zart mit den Fingern übers Gesicht.

„Hhmm, ich finde wer auch immer dir das "angetan" hat, hat seine Arbeit ausgesprochen gut gemacht. Erzählst du mir, wer es war und wieso du dich nicht dagegen wehren konntest? …… Wobei …“ setzte sie nach kurzer Pause wieder an, und verzog das Gesicht, als ihr plötzlich ein beißender Geruch von Benzin, Abgasen, Schweiß und wer weiß was sonst noch für ein Gemisch, in die Nase stieg.
 

Michiru stand plötzlich von ihrem Schoß auf und entfernte sich von ihr. Haruka sah ihr verwundert hinterher. Was hatte sie denn jetzt?

„Haruka, tust du mir einen gefallen?“ fragte sie mit leicht angewidertem Blick.

„Ähm, klar.“

Das verunsicherte sie nur noch mehr.

„Geh duschen. Nimm ’s mir nicht übel, aber du riechst, als hättest du die Rennstrecke gleich mitgebracht.“

Darüber musste Haruka fast lachen. Wenn’s weiter nichts war.

„Ja, ich weiß. Tut mir leid. Aber ich wollte so schnell es ging wieder hier hin zurück, da hab ich die Dusche eben ausfallen lassen.“

„Dann bitte, hol das jetzt nach. Du kannst gerne meine benutzen.“

„Das tu ich gern. Ich hatte sowieso darauf gehofft.“ grinste Haruka und erhob sich.

Michiru ergriff ihre Hand und zog sie langsam aus dem Raum.



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Von:  Tyrion1985
2022-01-24T15:43:07+00:00 24.01.2022 16:43
Ich musste mir den ganzen ff noch mal durch lesen. Er ist so wahnsinnig gut geschrieben. Ich hoffe so sehr, dass du weiter schreibst!
Von:  Unknowing88
2021-05-07T09:06:36+00:00 07.05.2021 11:06
Ich find diese Geschichte Mega. Nicht nur das man sich in die Gefühlswelt der beteiligten hineinversetzen kann, es ist zudem noch überaus spannend und emotional.

Ich hatte diese Story schon vor Jahren begonnen und letztes Jahr wieder erneut.
Immer, wenn ich mich hier einlogge, habe ich die Hoffnung, dass es weiter geht.

Schade, dass dies noch nicht der Fall ist.
Ich hoffe sie kommt noch zum Ende und es gibt noch ein paar Kapitel.

Das wäre echt super!

Vielen Dank für die tolle Story.
Von:  xXxMephistoxXx
2021-01-29T18:57:10+00:00 29.01.2021 19:57
Ich kannich da nur anschließen ich verfolge diese ff seit der ersten Minute und habe nie die Hoffnung aufgegeben das sie ein würdiges Ende bekommt da du ja selber sagtest das du es nicht magst wenn eine ff nicht zu Ende gebracht wird ;). Ich will meeehhhhrrrr
Von:  xXxMephistoxXx
2020-05-15T17:29:42+00:00 15.05.2020 19:29
Bin immer noch dabei :) weiter so schönes Kapitel
Von:  Unknowing88
2020-03-05T12:21:45+00:00 05.03.2020 13:21
Hallöchen,

Ich bin nicht ganz neu hier habe mich vor vielen jahren schon mal angemeldet und es jetzt wieder neu für mich entdeckt.

Damals war ich schon sehr von dieser Story begeistert und wartete immer ungeduldig auf das neue Kapitel.

Dein Schreibstil gefällt mir richtig gut. Man kann sich in die Figuren hineinversetzen, mitfiebern, lachen und hoffen.

Ich glaube gern, dass dieser Arbeit viel Zeit in Anspruch nimmt. Hoffe allerdings, das vllt die letzten bzw. Nächsten Kapitel nicht solange auf sich warten lassen.
Ich bin Mega gespannt wie es sich zwischen allen weiter entwickelt.

Vielen Dank für diese tolle Story!
Von:  Tyrion1985
2020-02-11T22:59:14+00:00 11.02.2020 23:59
Ich hab die beiden neuen Kapitel, wieder mal regelrecht verschlungen! Du hast eine großartige Schreibweise, so das man sich Charakter und Situation prima vorstellen kann!
Ich hoffe die neue Kapitel lassen nicht lange auf sich warten 😉
Von:  Tora-Bushi
2020-02-02T02:36:28+00:00 02.02.2020 03:36
Das war ja für Haruka echt blöd gelaufen, das sie neben dem Training dann auch noch ein Werbe-Foto-Shooting machen musste. Ja, meistens kommt es immer an anders, als man denkt. ^^ Ich kann mir das gut vorstellen, wie sehr die Blonde davon abgenervt war. Und das auch noch auf leeren Magen.
Das sie dann nach dem ganzen Trubel eigentlich nur noch schnell wieder zu ihrer Liebsten zurück wollte, kann ich gut verstehen. Sie sollte sich echt mal die Handy-Nummer geben lassen, damit sie Michiru wenigsten mal schreiben kann. Aber daran denkt sie ja weniger, wenn sie mit der Türkishaarigen zusammen ist. Da zählen halt andere Dinge viel mehr. ^^

Was mich zum Ende des Kapitels ja noch einmal voll zum Schmunzeln gebracht hat, war dann Michirus Reaktion darauf, das die Blonde ja das Duschen immer wieder vor sich hin geschoben hatte. Und das sich das dann nach so einem erlebnisreichen Tag, und ja eigentlich auch noch die Nacht und der Tag davor, irgendwann mal bemerkbar macht, war eigentlich absehbar.
Hm, da die Blonde ja nun von Michiru sozusagen zu der Dusch hin gebracht wird, lässt mich ja mal gespannt auf das neue Kapitel warten. ^^
Antwort von:  sisasuseso
03.05.2020 00:52
Mit abstand ist das die schönste geschichte von allen die ich hier las. Uch hoffe auf viele weitere schöne kapitel von dir. Cecilia aherns die autorin von ps ich liebe dich wäre sehr stilz auf dich und ich bin es auch. Mach weiter so und vielen dank nochmal das du meine kindheit mit uranus und neptun so sehr aufblühen lässt ich werde mich sehr an dich erinnern wolfseye
Von:  Tora-Bushi
2020-02-02T02:11:37+00:00 02.02.2020 03:11
Oh man, jetzt habe ich mir doch ein wenig Zeit mit meinen Kommentaren gelassen. Dabei hatte ich dieses, und auch das nächste Kapitel gleich nach deinem Upload gelesen gehabt. Und da ich mir zum Review schreiben immer gerne etwas mehr Zeit nehme, hatte ich das nicht gleich gemacht, und dann halt ein wenig verschoben und dann vergessen. -.-

So, nun aber was zu diesem Kapitel. Es hat mir mal wieder sehr viel Freude bereitet, es zu lesen. Und da ich ja dabei mitbekommen hatte, das Du gleich noch ein weiteres Kapitel eingestellt hattest, war am Ende diese Kapitels dadurch das Entsetzen, das es schon wieder vorbei war, nicht ganz so schlimm. Dafür dann aber beim Ede des nächsten, weil ich dann nun wieder warten muss, bis ich weiß wie es weiter geht.
Man, jetzt habe ich mich ja doch noch gar nicht richtig zu diesem Kapitel geäußert. >.<

Okay, wie Dreamfighter es ja schon geschrieben hat, finde auch ich, das du das ganze Mutter Tochter Gespräch sehr gut rüber gebracht hast. Dabei haben mir die vielen löchernden Fragen von Hotaru sehr gut gefallen.
Auch die ganze Sache, wie Haruka auf einmal aufgefallen war, das sie ja noch zum Training musste, und dafür schon ziemlich spät dran war, ließ mich mit einem Grinsen vor meinem Lapi sitzen, da ich mir dank deiner Beschreibung dabei bildlich gut vorstellen konnte.
Ich finde es auch noch interessant, wie die beiden Verliebten nur völlig auf einander fixiert sind, und alles andere um sich herum weiterhin ausgeblendet haben. Das zeigt eigentlich wie sehr sie verliebt auf der Wolke 7 schweben, auch wenn sie es sich ja gegenseitig noch nicht so richtig gestanden haben. Bin also immer noch gespannt darauf, wie die Zwei das dann mal auf die Reihe bekommen. ^^
Von:  NaoYuhka
2020-01-12T19:35:01+00:00 12.01.2020 20:35
Danke für diese wundervolle Geschichte und für dieses Kapitel. Das Lächeln auf meinen Lippen will nicht schwinden :-)
Ich bin fast vom Stuhl gefallen als ich heute Abend gesehen habe das du zurück bist.
Danke das du dieses Werk weiter schreibst!
Von:  Ambet1985
2019-12-05T02:11:26+00:00 05.12.2019 03:11
Ich bin so begeistert, dass du nach der ganzen Zeit weiter geschrieben hast! Diese Geschichte ist der wahnsinnig toll geschrieben, man kann sich in jede einzelne Person total hinein versetzten!
Ich hoffe sehr , dass du (schnell :D ) weiter schreibst!


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