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russischer Winter

Teil 1
von

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Kap. 3 Abschn. 2

Ivans erste Faust, hatte ihn im Gesicht getroffen. Der Zweiten war er ausgewichen. Die dritte, nun seinerseits, landete im Magen des Größeren.
 

Mit einem missmutigen Gesichtsausdruck, richtete der Amerikaner sich die Nase und betrachtete den lächelnden Russen vor sich, dessen psychopathisches Lächeln, ihn krank machte. Der Andere hatte sichtlich Mühe, sich wieder aufzurichten und wenn der Amerikaner seine gebrochene Nase nicht allzudeutlich spüren würde, hätte er ein 1:0 für sich vermerkt. Somit musste er aber zugeben, dass sie so ziemlich im Gleichstand waren.
 

Mit einem wütenden Laut, stürmte er wieder auf den Russen zu. Diesmal versuchte er den Größeren erst von den Beinen zu fegen, was ihm aber misslang, weswegen er den Tritt höher setzte und auf den Magen zielte. Jedoch nutzte auch das nichts, als der Größere mit dem Arm abblockte und nun selber zuschlug, erneut ins Gesicht. Aber auch erfolglos, da der Amerikaner seine Faust abfing. Dann beschloss der Kleinere auch seine Chance zu nutzen und zielte dem Größeren ins Gesicht, da dessen Deckung immer noch unten war. Dann jedoch spürte er wie sein Bein zur Seite geschleudert wurde und die Faust abgefangen.
 

So standen sie sich eine kurze Weile lang gegenüber und schauten sich in die Augen. Auch wenn er sich sicher war, dass wenn Blicke töten könnten, der Russe hier zu einem Haufen Asche zerfallen würde, so entdeckte er in den violetten Augen, kaum eine Gefühlsregung. Bis auf Enttäuschung, konnte er nichts sehen. Aber er war sich nicht hunderprozentig sicher, dass auch diese, nicht gespielt war. Der Russe hatte schon immer ein Pokerface gehabt. Hatte sein Gesicht schon immer unter Kontrolle. Und war für ihn, dementsprechend, auch immer ein Buch mit sieben Siegeln gewesen.
 

Wütend stieß er den Größeren von sich und stolperte auch selber ein paar Schritte zurück. Kurz standen sie sich in geduckter Haltung gegenüber und musterten den Anderen. Der Amerikaner hatte den Vorteil, dass er kleiner und wendiger war. Der Russe, war erfahrener und erbarmungsloser. Von der Stärke her, waren sie ungefähr gleich. Und selbst wenn der Amerikaner stärker war, war der Russe brutaler, was schon wieder Chancengleichheit bedeutete. Allerdings wusste der Amerikaner nie genau, was der Andere als nächstes tun wollte. Doch er und der Andere wussten nur zu gut, dass falls es für ihn brenzlig werden sollte, sich sofort mehrere auf seine Seite schlagen würden.

Sie waren sich ebenbürtig. Sie waren zwei Wölfe, zwei Alphas.
 

Und kamen auch dementsprechend nicht miteinander klar.
 

Plötzlich richtete der Größere sich auf und schüttelte den Kopf.

"Ich habe nicht vor mit dir zu kämpfen, Amerika. Ich prügele mich nicht mit Kindern."

Nun sah der Amerikaner wirklich rot. Mit aller Stärke holte er aus und schlug dem Russen erneut in den Magen, als dieser sich schon umdrehen wollte. Doch seine Faust wurde erneut abgefangen und er bekam erneut nur einen ruhigen, aber kühlen, Blick.
 

"Lass es, da?"

Fassungslos, schaute der Blonde dem Anderen nach, als dieser seine Faust einfach losließ und sich dann erneut zum Gehen umdrehte.
 

"Du bist ein Feigling Ivan! Und du wirst immer ein Feigling und ein hässliches Monster bleiben!"

Der Russe blieb stehen, aber drehte sich nicht um. Das Lächeln auf seinem Gesicht, konnte der Amerikaner nur erahnen.

"Vielleicht Amerika. Vielleicht bin ich ja wirklich ein hässliches, feiges Monster. Aber wenigstens, bin ich tausendmal schöner wie du."

Sprachlos, sah der Amerikaner dem Russen hinterher, der sich im Flur seine Stiefel schnappte, sie sich mit routinierten Handgriffen überzog und dann aus dem Flur, durch die massive Tür, nach draußen ging.
 

Hinter Alfred schnaubte es und schon ertönte Arthurs deutlich verstimmte Stimme.

"Nun denn, jetzt wo das Ganze zwischen den Beiden geklärt ist, lasst uns besser fortfahren, bevor Alfred meint sich noch mit einem Anderen prügeln zu müssen."

"Was zum...?!"
 

Arthur drehte sich um und ging zusammen mit den anderen Nationen, die sich im Türrahmen versammelt hatten um dem Schauspiel beizuwohnen, wieder rein und auf ihre Plätze.
 

"Iggy!"

"Was?", zischte der Ältere und drehte sich wütend zum Amerikaner, der hinter dem Älteren in den Raum stürmte.

"Dieser verfluchte Mistkerl hat doch angefangen! Stell du mich jetzt nicht auch noch als Idioten da!"
 

Man sah Arthur deutlich an, dass er gerade um seine Fassung rang. Schon alleine an den zitternden Fäusten, erkannte man den Wunsch, dem Beispiel des Russen zu folgen und einmal zuzuschlagen. Doch Francis legte dem Jüngeren sanft die Hände auf die Schultern und schob ihn auf seinen Stuhl.
 

"Calmé toi, cherí. Il est un grande cata, mais il est ton freré."

"Are you sure?"

Der Franzose lachte leise und zwang Arthur sich hinzusetzen. War kurzzeitig versucht den Kleineren kurz an sich zu drücken, wie er das früher immer gemacht hatte, wenn England mal wieder entweder wütend, oder verzweifelt war. Ließ es aber nach einem kurzen Blick in dessen Gesicht, bleiben. Schließlich war der Andere nicht mehr der kleine Junge, der nicht wusste wohin mit sich, sondern erwachsen, erfahren und immer noch mächtig, auch wenn nicht mehr das Imperium, des Jahrhunderts.

"Lasst uns fortfahren."

Dem Befehl folgten fast ausschließlich alle.
 

~*~*~
 

Tatsächlich verlief der Rest der Versammlung ruhig. Alfred hielt sich mit seinen Beiträgen zurück, schien sich noch zu genau an Arthurs Gesicht zu erinnern, der nun die Leitung der Versammlung in die Hand nahm. Da Ludwig fehlte, nahm er die Verantwortung, dass es lief, auf sich. Sogar mit Erfolg. Entweder saß den Anderen der Schock über die kurze Schlägerei zwischen Alfred und Ivan noch so tief in den Knochen, oder es war einfach Arthurs angepisster Gesichtsausdruck, mit dem er schon Alfreds ersten Versuch eines Beitrages abgespeist hatte. Damit und mit den unfreundlichen Worten; "Wenn du jetzt noch mehr Scheiße bringst als vorhin, nehme ich meine kochend heiße Tasse Tee und kippe sie über deinen Eiern aus." Das "Also denk nach, bevor du redest" musste er nicht dazu sagen. Selbst Lovino, der sonst keine Gelegenheit verpasste, ein bissiges Kommentar abzulassen, schwieg nachdem er Arthurs vernichtenden Blick zu Gesicht und den leisen Kommentar zu gezischt bekommen hatte, dass das Gleiche auch für ihn galt.
 

Doch auch nach der Versammlung, ließ Arthur den Jüngeren seinen Unmut über den Vorfall spüren.

Obwohl alle Anderen sich mit ihm so benahmen wie immer, konnte man die Unsicherheit nur zu deutlich spüren. Dementsprechend getrübt war auch die Laune beim Abendessen. Aber man merkte auch, wie Besorgnis sich breitmachte, weil Ivan nicht zum Abendessen aufgetaucht war. Da jedoch Nikta und Rem auch weg waren, herrschte eher weniger die Sorge, darum dass Ivan was passieren konnte, als die Sorge darum, dass es in dem Wald bald ein paar zehn Tiere und hundert Bäume weniger gab.
 

~*~
 

Erst gegen Nach hörte man einen Schlüssel in der Eingangstür und sah daraufhin eine dunkle Silhouette sich die Stiefel ausziehen und zum Esssaal huschen.
 

Hätte Alfred nicht genau darauf gewartet, hätte er gemeint seine Augen hätten ihn getäuscht.
 

So aber stand er nur leise gähnend von der Treppe auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und streckte sich, bevor er zum Esssaal ging. Stumm ging er in den vom Mond erleuchteten Raum rein und stellte sich neben die große Silhouette am Fenster. Sie redeten kein Wort miteinander, während sie am Fenster standen und in die Nacht hinaussahen. Sahen wie die Schneeflocken wie wunderschöne, kleine Tänzerinnen in ihren prächtigen, weißen Kleidchen leise ihren Walzer im Licht des Mondes tanzten und dabei leise Unterstützung vom Wind und seinem Orchester bekamen, der sein Bestmöglichstes tat um die kleinen Tänzerinnen in ihrem lautlosen Walzer zu unterstützen, dabei aber immer wieder aus dem gleichmäßigen, einschläfernden Takt kam.
 

Doch das machte nichts. Die Schneeflocken tanzten leise weiter und ließen sich nicht aus dem Takt bringen, dankbar für die Unterstützung. Unbeirrt machten sie weiter und wurden vom Mond erhellt, der mit seinen kleinen, silbernen Töchtern am Himmel saß und andächtig dem Tanz zusah.
 

Sie blieben auch stumm, als Ivan Alfred die Wodkaflasche rüberreichte und dieser dankbar einen großen Schluck nahm und die Wärme und das leichte Brennen in seinem Rachen willkommen hieß. Dann gab er die Flasche stumm weiter und sah aus dem Augenwinkel, wie Ivan auch einen Schluck aus der Flasche nahm, konzentrierte sich aber weiterhin auf den Ball vor ihrem Fenster, mit den wunderschönen Mädchen in ihren vereisten Kleidern und den Schritten eines Walzers, dessen Reihenfolge nur sie alleine kannten.
 

"Schön nicht wahr?"

"Wie immer."
 

Alfred erinnerte sich nur zu gut daran, wie er mit Ivan vor dessen Zelt in Stalingrad gesessen sind und auf eine weiteren Angriff der deutschen Truppen gewartet haben, während sie sich die verschiedensten Geschichten erzählt und sich mit Wodka warmgehalten hatten. Er erinnerte sich nur zu gut, wie er dem Russen erzählt hatte, dass er mehr für Arthur empfand als Freundschaft und wie dieser nur angeekelt das Gesicht verzogen, aber ansonsten nichts dazu gesagt hatte.
 

"Bist du wirklich mit Iggy zusammen?"

Der Russe zuckte als Antwort nur die Schultern.

"Woher weißt du davon?"

"Iggy hat mich heute im Zimmer angeschrien und gemeint ich solle mich gefälligst gegenüber seinem Freund benehmen."

Der Russe lachte rau und tief auf und nahm einen erneuten Schluck aus der Flasche, bevor er sie dem glucksenden Amerikaner reichte.
 

"Er ist eine kleine Zicke, da?"

"Klein nicht gerade.", grinste der Kleinere vielsagend und vernahm ein missmutiges Geräusch aus der Richtung des Russen.

"Was denn?"

"SO genau wollte ich das gar nicht wissen, weißt du."

Belustigt hob der Amerikaner die Augenbraue und musterte nun den Anderen.

"Als wärst du noch nie mit ihm im Bett gewesen~"

"War ich schon oft genug."

"Na also."

"Da war ich aber auch betrunken genug."
 

Schmunzelnd nahm der Amerikaner nach einem weiteren Schluck des Russen die ihm entgegengehaltene

Wodkaflasche und machte ebenfalls einen.
 

"Sag bloß, du ekelst dich immer noch davor. Und das obwohl du die Homosexuellenehe erlaubt hast."

"Ich hatte die Auswahl zwischen einer Reichensteuer und einer Homosexuellenehe."

"Lass mich raten, da war das zweitere das kleinere Übel?"

"Eben."
 

Beide lachten. Die feindliche Stimmung vom Vormittag war wie aufgelöst. Als hätte es sie nie gegeben. Als hätte es den kalten Krieg nie gegeben. Als wären sie immer noch die guten Freunde die mit ihren Gewehren vor dem Zelt in der eisigen Kälte des russischen Winters saßen und sich mit Wärmeflaschen, alten, abgetragenen Militärmänteln und einer Flasche Wodka notdürftig warm hielten.

Nachdenklich sahen Beide wieder aus dem Fenster.
 

"Dann... Dann nehme ich an hast du nichts dagegen, wenn ich mir Iggy schnappe?"

Leise lachte der Russe auf und schüttelte nur den Kopf.

"Wo denkst du hin, ich wäre froh. Darauf warte ich schon seit ich euch in ein Zimmer gesteckt habe."

"Achso~ Du willst also dass ich auf Wolke sieben wegschwebe, damit du ungehindert die Welt erobern kannst?"

"Ja genau~ Außerdem hat England versprochen dann von der Wolke aus Regebogen und Einhörner zu kotzen, um mir zu helfen meine Feinde niederzustrecken."
 

Kurz entstand Stille, dann lachten sie erneut.
 

"Dein Humor ist immer noch so scheiße wie vor dem kalten Krieg, dude."

"Deiner hat sich trotz aller Hoffnungen auch nicht gerade gebessert."
 

Erneut lachten sie auf und schlugen sich gegenseitig, freundschaftlich auf die Schultern. Dann kehrte wieder Stille ein.
 

"Warum hast du damals mit mir geschlafen?"

Der Russe zuckte die Schultern. Wenn er ehrlich war, hatte er keine Ahnung. Damals war er nicht so betrunken gewesen, als dass er sich nicht hätte kontrollieren können. Eigentlich...

Stumm sahen die beiden Männer wieder aus und betrachteten die Schneeflocken, wie sie weiterhin in ihrem stummen Walzer durch die Luft wirbelten und schließlich zu einer Schneedecke zusammengeschlossen, auf dem Boden lagen.
 

"Erinnerst du dich noch an den Weltkrieg?"

"Welchen meinst du, dude?"

"Welchen fandest du schrecklicher?"

"Den zweiten."

"Ich auch."
 

Leise durchatmend schloss der Russe die Augen und lehnte seine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe.

"Der erste war eigentlich der schrecklichere. Weißt du, ich hätte nie geahnt, was für eine Wirkung Waffen in menschlicher Hand entwickeln könnten. Und als ich gesehen habe wie meine Männer zu tausenden nur wegen einer einzigen Bombe erlegen sind, hätte ich am liebsten geheult, wie ein Schlosshund."
 

"Glaube ich dir dude. Mir gings Genauso als ich gesehen habe, was mit Iggy los war."
 

"Da. Aber du hast den Krieg ja nicht direkt miterlebt. Das war der allerschlimmste Albtraum meines Lebens."

Ein leichtes Lächeln erschien auf den Zügen des Russen und ließ das junge Gesicht, wegen der Trauer seltsam verzerrt wirken. Fast schon unnatürlich.
 

"Und der zweite?"

"Das war zu real um ein Albtraum zu sein."
 

Erneut lachte der Russe traurig auf.

"Wusstest du, dass über die Hälfte der Opfer meine Kinder waren? Ausgerechnet meine Kinder?! Und nicht einmal Soldaten, sondern Frauen! Frauen und kleine Kinder!"

Ein Zittern ergriff den mächtigen Körper und ließ ihn fast schon zerbrechlich wirken. Instinktiv legte Alfred ihm eine Hand auf die Schulter und schaute nach draußen.

"Es war allen immer scheiß egal was mit mir war. Vor Polen haben die sich auf die Knie geworfen, von wegen verzeih uns, wir waren ja so ungerecht und haben dir so viel Leid angetan! Aber dass mehr als die verfickte Hälfte, dieser verfickten 4,3 Millionen Opfer, meine Kinder waren...! Das ist egal, oder was?! Das ist egal?!! Und dann hieß es auch noch plötzlich; nehmt euch vor diesem kommunistischen Monster dort in Acht, er ist ja so böse und so durchgeknallt! Er wird euch alle samt Haut und Haaren auffressen!"
 

Der Amerikaner schwieg nur schuldbewusst. Er hatte einen nicht ganz unerheblichen Teil dazu beigetragen, dass Ivan als Monster aus dieser Schlacht kam. Und eigentlich tat es ihm auch leid, wenn er das jetzt betrachtete, aber er war immer noch der Meinung, der Andere war in gewisser Art und Weise selber schuld.
 

"Sie... IHR habt ja so getan, als hätte ich es mir ausgesucht! Als wären diese Revolutionäre nicht zu mir in den Zarenpalast gestürmt und hätten die Zarenfamilie der Reihe nach abgeschlachtet nur um mich dann dazu zu ZWINGEN kommunistisch zu werden, sondern als hätten sie nett angeklopft und gefragt, ob ich nettes, liebes Russland das sein wollte! Als hätte es mir Spaß gemacht! Als hätte ich es genossen die Deutschen abzuschlachten! Als hätte es mir Spaß gemacht zu sehen wie meine Kinder starben! Als hätte es mir verdammt noch mal Spaß gemacht zu versuchen wenigstens noch etwas von diesem verdammten Land zu retten."
 

Der Russe schüttelte nur den Kopf und den Arm des Amerikaners ab.
 

"Aber vielleicht habt ihr ja recht, vielleicht bin ich ja wirklich ein Monster."
 

Stumm schaute der Jüngere wieder nach Draußen und nahm einen Schluck aus der Wodkaflasche, bevor er sie an den Russen zurückreichte und eher minder als mehr verwundert zusah, wie die restliche Hälfte in dem mächtigen Körper verschwand. Dann sah er wieder nach draußen. Ja verdammt, er hatte einen großen Teil dazu beigetragen, dass der Russe als Monster galt. Einen sehr großen Teil. Sicher, der Andere hatte auch die eine oder andere Psychose. Immer noch. Aber das hatte jedes Land mal. Auch der Franzose, der sonst so viel Amour verbreitete, hatte Napoleon und seine Revolution gehabt. Auch der sonst so eingefleischte Gentleman Arthur, hatte seine wilde Piratenzeit gehabt und seine Feinde der Reihe nach abgeschlachtet. Ebenso wie der ruhige Österreicher, der den ersten Weltkrieg angefangen und den unerfahrenen, viel zu jungen und damals viel zu enthusiastischen Ludwig reingezogen hatte. Später hatte dieser die ganze Schuld abgekommen und irgendwann den zweiten Weltkrieg angefangen, von dem sich die Welt nie ganz erholt hatte und weswegen Ludwig den Ruf eines nazistischen Arschlochs wohl auch nie ganz loswerden würde.
 

"Weißt du was ich schräg finde?", die Stimme des Größeren klang seltsam rau und verzerrt. "Ich erinnere mich noch wie ich vor einigen Jahrhunderten total verschossen in Frankreich war. Also nicht in Francis... Gott bewahre! Sondern in das Land, verstehst du? In dieses wundervolle Land, den köstlichen Wein und diese so sanfte und zärtliche Sprache."
 

Der Amerikaner sah zu ihm und hörte stumm zu.
 

"Ich hatte die Sprache voller Enthusiasmus gelernt und versucht freundschaftliche Beziehungen mit ihm aufzubauen. Aber er hatte mir wohl nie wirklich vertraut.", der Größere lachte witzlos auf. "Ich war oft dort, vor, während und nach der Revolution. Liebte es einfach dort meine Zeit zu verbringen. Verfeinerte dort meine Sprachkenntnisse. Dann drang wenige Jahre später Napoleon in mein Reich ein und ich war gezwungen mein Herz für meine Kinder zu opfern."

Erneut lachte der Größere auf. Diesmal klang es nicht nur witzlos, sondern auch einfach nur müde.
 

"Dann verbündete ich mich mit Preußen und Ludwig. Gott, ich habe den Jungen wirklich lieb gewonnen, Er war so klug, eloquent, ruhig und hielt sich immer an alle Vorschriften... Ich bewunderte seinen Pragmatismus. Und vor allem dieses Handwerk! Seine Musik hatte mich nicht so umgehauen, die deutschen Komponisten waren mir teilweise zu wider, muss ich ehrlich zugeben. Vor allem dieser Brahms.", den Größere schüttelte es kurz. "Er tat ja immer so als wäre er der Herr der Welt. Aber Ludwig, war einfach ein Goldschatz."
 

"Und dann kam der erste Weltkrieg."

"Nein."
 

Der Russe lachte erneut.
 

"Das hatten wir ja mehr oder weniger geklärt. Die Gebietsabtritte haben mir weniger wehgetan als man meinen sollte."

"Was dann?"

"Dann kam der zweite. Er hat mich einfach so verraten. Ich habe ihm diese verdammten Reparationszahlungen erlassen, habe für ihn meine Hand ins Feuer gehalten, habe ihm sogar anfangs geholfen. Und dann hat er mich einfach so hintergangen. Hatte mir reihenweise meine Kinder abgeschlachtet."

"Tja~ Mir, dem Hero, wäre das nie passiert."
 

Doch beide wussten dass es nur so dahingeredet war. Auch wenn Alfred sicherlich stark und auch psychopathisch genug gewesen wäre sich zu wehren, wäre er an der Stelle des Russen gewesen, und das wusste er ganz genau, hätte es ihn wohl noch schlimmer erwischt. Seine Kinder standen nicht so zu ihm, wie Ivans das taten. Sie hätten keine Skrupel gehabt einfach zu verschwinden. Und auch wenn einige sicher hinter ihm gestanden wären, so bezweifelte er dennoch ob er es einfach so weggesteckt hätte. Schließlich erinnerte er sich noch zu genau wie sehr ihn der elfte September verletzt und fertiggemacht hatte. Und das war nur der Attentat und die Auslöschung zweier Türme gewesen und nicht die eines ganzen Berzirkes, das von der Fläche her wahrscheinlich das gesamte Boswash* hätte einnehmen können.
 

"Vielleicht.", sagte der Russe müde.

"Ich bin müde, ich gehe schlafen, da?"

"Ist gut dude, mach das."
 

Lächelnd nickte der Russe und ging davon. Ihm war klar, dass es morgen genauso weitergehen würde wie immer. Alfred würde ihm weiterhin irgendwelche Weltherrschaftspläne vorwerfen und er würde wetierhin jede Versammlung angepisst und mit übler Migräne verlassen. Doch das war in Ordnung so. Schließlich war es das Zeichen dafür, dass Frieden herrschte. Und vorerst wohl auch herrschen würde.
 

Währenddessen stand Alfred am Fenster und dachte nach. Was wäre passiert wenn er tatsächlich an der Stelle des Russen gewesen wäre? Er wusste es nicht. Er wusste nur eines. Sie alle waren Monster.
 

Und sie alle würden irgendwann erwachen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*Boswash: Boswash gilt als das Finanz- und Regierungszentrum Amerikas. Es ist die an der Ostküste gelegene Metropolenansammlung, von Boston nach Washington. Dazu gehören auch Metropolen wie; New York und Newark, Philadelphia und Baltimore, ganz abgesehen von den 'kleineren' Städten wie; Lawrence, Worcester, Springfield, Hartford, Providence, New Haven, Allentown, Trenton (was sich Flächenmäßig mit Philadelphia schneidet), Wilmington und Arlington (was sich Flächenmäßig mit Washington schneidet). Beinhaltet die Bezirke; Massachusetts, Rhode Island, Connecticut, New York, Pennsylvania, New Jersey, Delaware, Maryland und den nord-östlichen Teil von Virginia. 1961 bezeichnete der französische Geograph Jean Gottman, das ganze als 'Megalopolis', was bis heute hängen blieb. Also Megalopolis Boswash, was bis heute als die Keimzelle der USA gilt, da sich dort die ersten Siedler niederließen und sich ab dort in den USA innerhalb von wenigen Jahren, schlimmer als die Karkalaken, verbreiteten. (Von 1820-1924, also in 104 Jahren, wanderten dort mehr als 36 000 000 Menschen ein. Mal ganz abgesehn davon wie viele Juden, Homosexuelle, Zigeuner und anderer 'Unrat' der von Hitler verstoßen wurde oder noch vor seiner Machtübergreifung freiwillig floh, weil die klugen Menschen das schon vorhersehen konnten, in den Jahren 1931-1938 dort landete und heute immer noch landet oder einfach zur Welt gebracht wird.)

Zum Vergleich: Die gesamte Fläche von Bswash ist größer als die von gesamt Deutschland. Der Bezirk Sankt-Peterburgs (Damals Stalingrads und noch davor Leningrads und noch davor, noch irgendwie), ist größer als der Uralbezirk, wo ich geboren bin (Perm um genau zu sein). Nun kommt der Witz dahinter; der Uralbezirk, ist ungefähr genauso groß wie Deutschland es damals mit Preußen zusammen war.
Megalopolis ist in etwa gensausogroß wie Detuschland es damals war. Und der Bezirk von Sankt-Petersburg, ist größer...

Also wenn man dazu noch bedenkt dass von den zirca 4 300 000 Opfern, etwa 2 600 000 Russen waren, und nicht in etwa Soldaten, sondern Frauen und Kinder die eigentlichen Opfer waren (nicht nur bei den Russen), frage ich mich doch ernsthaft warum es tatsächlich noch Leute gibt, die nichts daraus gelernt haben. Komplett anzeigen

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