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Happy Birthday, Pikachu!

Ein verheerender Geburtstagswunsch (Pikashipping)
von

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Gary darf's nicht erfahren!

Das Frühstück verlief überwiegend ruhig. Ashs Mutter hatte eine kurze Nachricht in der Küche neben dem vorbereiteten Frühstück hinterlassen, dass sie schon früh aufgebrochen war, um eine alte Freundin zu besuchen. Demzufolge waren Trainer und Pokémon alleine, was Ash aber ganz recht so war. Wie hätte er seiner Mutter auch das alles erklären sollen? Dass dieser fremde Junge sein Pikachu war, nur aus irgendeinem unerklärlichen Grund in einer Menschgestalt. Naja, wenn man von den langen, typischen Ohren und seinem Zackenschwanz absah. Und den verräterischen, roten Bäckchen, die man nur schlecht als eine Art „angeborene Röte“ hätte begründen können.

Erneut seufzte Ash leise vor sich hin, was ihm einen besorgten Blick seines Freundes ihm gegenüber bescherte.

„Pika pi?“, klang es leise fragend zu ihm hinüber. Schnell bemühte sich Ash wieder um sein unbesorgtes Lächeln.

„Schon okay, Pikachu. Wir kriegen das schon wieder hin. Ganz bestimmt!“

„Pi… kachu“, kam die missmutige Antwort des blonden Jungen und er ließ die gelben Öhrchen etwas betrübt zur Seite fallen.

Ash beobachtete, wie Pikachu etwas unbeholfen mit seinem Löffel in dem Rührei herumstocherte. Er war sich nur nicht ganz sicher, ob es daran lag, dass sein Pokémon mit dem Besteck nicht richtig umzugehen wusste, oder ob er nicht essen wollte. Es war schon irritierend genug gewesen, dass Pikachu das Pokémon-Futter abgelehnt hatte. Naja, aber wohl verständlich. Vermutlich…

„Hey, nun lass den Kopf nicht so hängen. Wir haben doch bisher alles wieder irgendwie hinbekommen!“, versuchte Ash seinen Freund zu trösten und schenkte ihm ein aufmunterndes Grinsen. Tatsächlich gelang es ihm dadurch, dass der Blonde ebenfalls wieder leicht lächelte. „Ich hab’s! Wir können ja mal bei Professor Eich vorbeischauen. Vielleicht weiß der ja, was passiert ist und wie wir das rückgängig machen können. Immerhin…“ Ash tippte sich ein wenig verlegen gegen sein Kinn, während er den Blick zur Zimmerdecke hob. „… so kannst du immerhin nicht bleiben“, beendete er etwas leiser seinen Satz.

„Chu?“

„Egal! Na los, Schluss mit Trübsal blasen!“

Ash erhob sich fast ruckartig von seinem Stuhl und ging die wenigen Schritte um den Tisch herum, bis er neben Pikachu stand. Der blonde Junge mit den gelben Pokémon-Ohren blickte zu dem Jüngeren auf und schien unsicher. Doch jegliche Reaktion schien ohnehin unnötig zu sein, denn schon hatte Ash ihm unter den Arm gegriffen und zog ihn regelrecht von seinem Stuhl hoch. Stolpernd folgte Pikachu ihm aus der Küche in den Flur, bremste sich aber widerspenstig ab als er erkannte, dass sie im Begriff waren das Haus zu verlassen.

„Pika pika!!“, protestierte er und hatte die gelben Ohren eng zurückgelegt. Widerstrebend stützte er sich entgegen der Richtung, in die Ash ihn aus der Tür ziehen wollte und er schüttelte wild den Kopf.

„Was ist denn los, Pikachu?“ Irritiert blickte Ash zu seinem Pokémon-Freund, welcher noch immer Protestlaute von sich gab. Also ließ er den blonden Jungen los und verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust, während er schweigend beobachtete, wie sich Pikachu gegen die Wand hinter sich drückte. Irgendetwas schien ihn zu verängstigen, nach draußen zu gehen. Das stand dem blonden Jungen regelrecht in seinem missmutigen Gesicht geschrieben.

„Ah!“ Eilig rannte der Schwarzhaarige an dem eingeschüchterten Freund vorbei und blickte nur kurz nochmal lächelnd zurück. „Warte kurz, nicht weglaufen!“, und mit diesen Worten war er die Treppen hinauf in sein Zimmer verschwunden.

Fragend mit einem leisen „Chu?“ legte Pikachu den Kopf seitlich, während er dem Freund nachblickte. Dann aber wandte er seinen Blick wieder gen Boden und beobachtete, wie er mit den Zehen wackelte, während er still auf Ashs Rückkehr wartete.
 

„So!“ Ohne dass der Pokémon-Junge etwas bemerkt hatte, war Ash nur wenige, kurze Augenblicke später wieder hinter ihm und setzte ihm etwas auf den Kopf. Erschrocken wandte sich der Blonde um und stieß kräftig mit den Händen nach vorne, sodass Ash das Gleichgewicht verlor und nach hinten kippte. Unsanft landete er auf dem harten Boden, doch statt zu schimpfen, rieb er sich nur kurz den Hintern und grinste zu dem Blonden hoch. „Du willst doch sicherlich nicht, dass man deine Ohren sieht, richtig? Damit kannst du sie erst mal ‘ne Weile verstecken“, sprach er fröhlich und lehnte sich etwas zurück, sich mit den Händen hinter sich am Boden abstützend.

Erst jetzt hob auch Pikachu neugierig seine Hände und tastete auf seinem Kopf. Dort war etwas Rundes, Weiches… Erstaunt riss er sich dieses Etwas vom Kopf und blickte schließlich auf das Kappy, welches Ash sonst immer trug. Ganz ohne Zweifel, das war Seins!

„Pi pika?“, wandte er sich an den Schwarzhaarigen am Boden und hielt das Kappy fest umklammert an sich gedrückt. In seinem leicht geröteten Gesicht lag ein schwer definierbares Gemisch aus Unsicherheit, Widerspruch und Verlegenheit. Doch Ash grinste nur zu ihm hinauf.

„Das ist schon okay. Und um deinen Schwanz zu verstecken binden wir dir einfach noch ‘nen Pulli um. Dann sieht man auch den nicht mehr.“

„Chuuu!“

Voller Freude stürzte sich Pikachu zu seinem Freund hinunter und umarmte ihn stürmisch. Immer wieder gab er ein fröhliches „chu chu“ von sich, während er sich an den Hals des Jüngeren schmiegte – so, wie er es auch sonst immer getan hatte.

„I… ist schon gut, Pikachu. Geh runter von mir!“, stammelte Ash unter den stürmischen Knuddelattacken seines Pokémon-Freundes protestierend, während er zugleich versuchte, den Größeren etwas von sich zu schieben. Die Umarmung kam so plötzlich, dass er das Gleichgewicht verloren hatte und unter dem Blonden schier begraben wurde.

Tatsächlich wich Pikachu ein wenig von seinem Trainer und sah ihn aus seinen großen Augen an. Noch immer lag dieser rötliche Schimmer auf seinem Gesicht und er nuschelte erneut ein leises „chuuu“.

Schließlich stupste er leicht mit seiner Nase gegen die von Ash, was den Schwarzhaarigen erschrocken etwas zurückweichen ließ, ehe sich Pikachu das rot-schwarze Kappy zurück auf den Kopf setzte. Er schob es sich kurz zurecht, sodass die Ohren angenehm verborgen lagen, dann reichte er dem Jungen auf dem Boden die Hand. Sanft lächelte er dabei und Ash zögerte nur kurz, ehe er sich schließlich aufhelfen ließ.
 

Nachdem nur Minuten später auch ein passender Pulli gefunden war, den Ash seinem Freund um die Hüfte knotete um so den gelben Zackenschwanz zu verbergen, ließ sich Pikachu nun auch endlich dazu überreden, das Haus mit seinem Trainer zu verlassen. Ganz gleich, was die Nacht oder den Morgen mit dem Maus-Pokémon passiert sein mochte, dass er jetzt in dieser fremden Gestalt wandeln musste – es änderte nichts an der Tatsache, dass heute der Geburtstag des Pokémon’s war. Und Ash wollte sich diesen besonderen Tag durch nichts vermiesen lassen. Sie hatten diesen Tag bisher immer irgendwie gefeiert, und das sollte heute auch nicht anders sein!

„Worauf hast du Lust, Pikachu? Heute ist immerhin dein großer Tag!“ Ash strahlte seinen Pokémon-Freund regelrecht an, während er ihn an der Hand hinter sich herführte. Pikachu dagegen hatte seinen Frohsinn noch nicht recht wiedergefunden. Diese neue Gestalt war ihm noch immer etwas unangenehm. Er hielt die Hand seines jungen Trainers fest umklammert, um ja nicht den Anschluss zu ihm zu verlieren.

„Pika?“, fragte er etwas irritiert zurück und legte den Kopf ein wenig seitlich.

„Wir könnten vielleicht mal nach unseren alten Freunden bei Professor Eich sehen. Was meinst du? Klingt das nicht lustig?“

„Pi!“ Auch der blonde Junge strahlte nun. Das war wirklich eine großartige Idee! Immerhin waren sie so selten in Alabastia und bekamen so die alten Pokémon-Freunde selten zu Gesicht, denen sie während ihrer Reise begegnet waren. Einige von ihnen lebten nun bei Professor Eich, damit der Pokémon-Forscher ihr Verhalten weiter erkunden konnte.

„Na dann mal los! Ah…“

Gerade als Ash um eine Ecke biegen wollte, prallte er mit irgendetwas zusammen. Die plötzliche Wucht war stark genug, um ihn etwas zurücktaumeln zu lassen, bis er schließlich ein weiteres Mal an diesem Tage auf seinem Hintern landete. Schmerzlich rieb er sich solchen, leise vor sich hinfluchend.

„Kannst du nicht aufpassen?!“, meckerte ihm gegenüber eine nur zu bekannte, männliche Stimme. Ash horchte in seiner Flucherei auf.

„Nanu? Gary?“ Verblüfft blickte der junge Trainer auf und erkannte den braunhaarigen Jungen vor sich sofort. Sein ehemaliger Rivale hatte ebenfalls mit dem Boden Bekanntschaft gemacht und funkelte nun streitsüchtig zu ihm hinüber.

„Na wenn das nicht unser alter Freund Ash ist. Du bist also wieder in Alabastia?“

„Gary! Mann, lange nicht gesehen!“, rief Ash nun sichtlich begeistert aus. Unglaublich, dass er sich wirklich einmal freuen würde, diesen Angeber mit Namen Gary einmal wiederzusehen. Aber es war tatsächlich wieder eine Ewigkeit her, seit sie einander zuletzt begegnet waren. Damals war sein Erzrivale ebenfalls auf einer Pokémon-Reise gewesen und wollte ebenfalls Pokémon-Meister werden. Aber vor einiger Zeit hatte Ash gehört, dass sich diese Pläne wohl gelegt hätten.

„Nachtara?“, mischte sich eine weiche Stimme dazwischen und Ash erkannte hinter dem braunhaarigen Jungen das schwarze Pokémon mit den gelblichen Kreisen im Fell. Gerade trat es auf seinen Trainer zu um sich zu vergewissern, dass ihm nichts passiert sei. Dann aber erregte wohl etwas anderes seine Aufmerksamkeit. „Tara?“

„Pika?“, klang es hinter Ash leise im fragenden Ton und er legte den Kopf in den Nacken, um aufzublicken. Dicht hinter ihm stand Pikachu und hatte ihm, ohne dass er es bemerkt hatte, besorgt die Hände auf die Schultern gelegt. Nun aber blickten die großen, goldbraunen Augen zu dem schwarzen Pokémon hinüber, welches ihn ebenfalls musterte.

Oh verdammt!, schoss es Ash durch den Kopf, während er den Blickaustausch zwischen den beiden Pokémon bemerkte. Das war gar nicht gut! Nein, gar nicht gut! Wieso mussten sie ausgerechnet jetzt Gary über den Weg laufen? Schlechtes Timing… die Wiedersehensfreude war mit einem Mal bei Ash verschwunden.

Gary darf Pikachu auf keinen Fall erkennen! Wenn Professor Eich mitbekommt, was mit Pikachu passiert ist, dann ist das eine Sache. Aber nicht Gary!

„Willst du da Wurzeln schlagen?“, unterbrach Garys Stimme Ashs stille Gedanken. Der schwarzhaarige Trainer fuhr kurz erschrocken in sich zusammen, ehe er in die Richtung seines Rivalen sah. Jener hatte sich bereits wieder aufgerichtet und hielt ihm nun helfend die Hand entgegen, damit auch Ash wieder auf die Beine kam. Noch etwas perplex aufgrund der chaotischen Situation griff Ash schließlich nach der ihm gereichten Hand und ließ sich kommentarlos aufhelfen. Er bemerkte nicht, wie Gary ihn etwas irritiert musterte und anschließend die nahe Gegend abzusuchen schien.

„Sag mal, Ash… Nichts für ungut, aber wo ist denn dein Pikachu geblieben? Ist es sonst nicht immer bei dir?“, bemerkte Gary einige Zeit später, nachdem er das gelbe kleine Pokémon nirgends finden konnte. Anhand dessen, wie er die Augenbrauen leicht zusammengezogen hatte, konnte Ash einen Anflug von Skepsis an seinem alten Rivalen erkennen. Das war gar nicht gut…

„Ähm… naja… also, äh…“, stammelte er etwas unbeholfen, ohne zu wissen, was er eigentlich antworten sollte. Er konnte ihm ja kaum die Wahrheit sagen. Zumal er selbst noch nicht einmal wusste, wie diese Wahrheit überhaupt aussehen sollte. Er wusste ja selbst nicht mal, was mit seinem Freund passiert war. Nur, dass halt irgendwas passiert sein musste, was er vermutlich selbst nicht verstehen würde.

„Und wer ist das da?“ Ashs Schweigen wurde durch diese weitere Frage Garys durchschnitten und der Braunhaarige deutete mit dem Finger zur Seite. Automatisch folgte Ash dieser Weisung und betrachtete sich dieselbe Szene, die auch Gary stutzig zu machen schien.

Etwas abseits von ihnen hatte sich Pikachu in seiner Menschengestalt zu Nachtara hinuntergehockt. Das schwarze Pokémon saß vor diesem blonden Jungen und witterte immer wieder in seine Richtung, ehe es wieder und wieder den Kopf etwas schief legte. Die langen Ohren zuckten aufmerksam, aber nichts an dem Unlicht-Pokémon deutete auf eine feindliche Haltung hin.

Und genau das beunruhigte Gary. Sein treuer Pokémon-Freund hatte sonst nie die Neigung, Fremden gegenüber auch nur ansatzweise zutraulich zu sein. Es ging normalerweise nicht auf andere Leute zu, sondern blieb stattdessen immer dicht an der Seite seines Trainers. Und schon gar nicht zeigte es normalerweise auch nur den Hauch von Interesse an irgendwelchen fremden Leuten, außer, Gary gab ihm Anlass dazu.

Nicht weniger verdächtig war auch das Verhalten dieses blonden Jungen. Gary hätte schwören können, ihn noch nie in Alabastia gesehen zu haben. Oder sonst irgendwo. Und er hatte ihn auch nie mit Ash zusammen angetroffen, wenn sie auf ihren Pokémon-Reisen einander begegnet waren. Aber es musste wohl ein Freund von seinem schusseligen Ex-Rivalen sein. Eine andere Erklärung gab es nicht, wieso dieser Junge hier war. Aber es erklärte nicht, wieso er sich anscheinend so gut mit seinem Nachtara verstand… Dieser Blondschopf strahlte das Pokémon regelrecht an! Fast so, als wären sie bereits jahrelange Freunde, die sich endlich wiedersahen. Oder bildete er sich das nur ein?

Nein, anders konnte man diese aufgeregte Heiterkeit in dem Gesicht des Jungen nicht deuten! Und was sollte dieses seltsame Verhalten, dass sich der Junge gerade auf alle Viere kauerte und mit der Nase gegen die von Nachtara stupste? Das war doch nicht normal! Dass dauernd Leute das weiche, schwarze Fell streicheln wollten – okay. Aber mit der Nase stupsen?! Und wieso ließ das schwarze Pokémon diese Nähe des Fremden zu?

„Das ist wirklich sehr eigenartig…“, nuschelte Gary leise, doch Ash hatte es sehr wohl vernommen. Immerhin stand er dicht neben seinem ehemaligen Rivalen und beobachtete ebenfalls ganz genau das Geschehen. Verdammt, wie sollte er das nur erklären…?

„Pi?“ Pikachu schien nun auch die Blicke zu bemerken, die skeptisch und nervös auf ihm ruhten. Fragend blickte er zu dem Schwarzhaarigen hinüber und bemerkte die versteckte Geste, damit Gary es bloß nicht bemerkte, dass Pikachu sofort da wegkommen sollte. Fröhlich strahlend sprang der blonde Junge wieder auf die Beine und hastete hinüber zu den Jungs, um sich dann mit einem heiteren „Pika“ an Ashs Hals zu werfen.

Eine Knuddelattacke folgte, während Pikachu seinen Trainer stürmisch umarmte und das Gesicht an seinen Hals schmiegte. Ganz in Verlegenheit von Ash… und dem skeptischen Misstrauen von Gary, der natürlich alles äußerst aufmerksam beobachtete.

„Hm…“

„Pikachu, lass das!“, flüsterte Ash zu seinem Pokémon und versuchte, ihn wieder von sich zu lösen.

„Pi?“, kam es ebenfalls leise fragend zur Antwort. Unsicher ließ sich Pikachu von seinem Trainer abschütteln und legte unsicher den Kopf schief, während er den Schwarzhaarigen fast schon traurig ansah.

„Hör zu, Gary darf auf keinen Fall erfahren, dass…“, begann der junge Trainer flüsternd seinem Freund zu erklären, als ihn Gary jedoch auch schon unterbrach.

„Ja, Ash?“

„WOAH!!“ Erschrocken wich Ash ein paar Schritte zurück und schob Pikachu leicht hinter sich. Der blonde Junge lugte über die Schulter des jungen Trainers hinweg zu dem Braunhaarigen, während sich Ash nun verlegen in den Nacken fasste. „Also, äh… hähä…“

„Von wegen „hähä“. Hier ist doch was faul!“, bemerkte Gary und sein Blick war ernst, während er nun die Arme vor der Brust verschränkte. Er hatte skeptisch eine Braue hochgezogen und fixierte die anderen beiden Jungs eingehend. „Also, Ash, raus mit der Sprache! Wer ist das?“

„Das, ähm… das ist…“, stammelte der Schwarzhaarige abermals und blickte hilfesuchend über seine Schulter zu Pikachu. Natürlich konnte ihm sein Freund hier nicht helfen. Wie auch? Immerhin war er ja erst Auslöser dieser verzwickten Lage. „Das, äh… das ist mein Cousin!“

Cousin?“, wiederholte der Braunhaarige viel zu lässig und sein Tonfall verriet, dass er seinem langjährigen Rivalen diese offensichtliche Lüge nicht abkaufte.

„Ja, genau!“ Ash versuchte, all seine Überzeugungskraft in diese Bestätigung zu legen und bemühte sich zu einem unverfänglichen Grinsen.

„Sieh an. Du hast also ganz plötzlich noch einen Onkel oder eine Tante bekommen?“, bohrte Gary nun mit gespielter Neugierde weiter nach und trat etwas näher auf Ash und den Blonden zu. Reflexartig wich der Schwarzhaarige ein wenig zurück und schob seinen Freund ebenfalls auf Abstand zu Gary.

„Äh… das wusste ich vorher auch nicht!“, log er weiter und versuchte, sich schnell eine Erklärung zurechtzulegen. Verdammt, er hatte ganz vergessen, dass seine Mutter gar keine Geschwister hatte! „Mein Onkel war wohl lange Zeit verschollen. Und irgendwie ist er auch nicht so wirklich ein Blutsverwandter, ich habe das selbst nicht richtig begriffen…“

„Aha, ist ja interessant.“ Die Erklärungsversuche schienen ihren Zweck bei Gary nicht zu erfüllen, ganz im Gegenteil! Sie schienen ihn nur noch misstrauischer zu machen. Kein Wunder, schließlich kannten sich Ash und Gary schon vom Kleinkindalter an. Alabastia war keine sonderlich große Stadt, hier kannte eigentlich jeder jeden. „Und wo ist nun Pikachu?“

„Pikachu? Ähm, tja…“ Nochmals sah Ash nachdenklich zu dem blonden Jungen hinter sich. Pikachu erwiderte den fragenden Blick aus seinen großen, besorgten Augen und legte den Kopf leicht seitlich. Sein leises „Pi“ war leider auch keine große Hilfe… „Ich musste ihn ins Pokémon-Center bringen! Die letzten Tage waren sehr anstrengend und er braucht etwas Ruhe.“

„Lüg doch nicht rum, Ash!“ Die Stimme Garys war forsch und in seinen Augen spiegelte sich allmählich Wut wieder. Er löste die verschränkten Arme vor seiner Brust und tat weitere, schnelle Schritte auf den Schwarzhaarigen zu, bis er vor ihm stand und ihm den Zeigefinger fordernd gegen den Brustkorb drückte. „Wir wissen doch beide ganz genau, dass du Pikachu niemals alleine in einem Pokémon-Center zurücklassen würdest! Nie im Leben! So wie ich dich kenne, würdest du doch Tag und Nacht an seiner Seite hocken und rumheulen!“

Ash war zu perplex, um etwas darauf zu erwidern. Nicht nur, dass ihn Garys bedrohliche Nähe und Haltung doch zugegeben einschüchterte. Nein, dieser Kerl hatte natürlich auch noch Recht! Wenn dem wirklich so wäre, dann würde Ash einen Teufel tun, seinen besten Freund alleine zu lassen. Wie kam er überhaupt auf so einen absurden Gedanken für eine so dämliche Ausrede?! Geknickt wandte er seinen Blick schließlich von Gary ab und ließ den Kopf betrübt hängen.

Gary hingegen blieb nicht verborgen, dass er scheinbar mitten ins Schwarze getroffen hatte. Aber das war auch nicht sonderlich schwer gewesen. Auch wenn er in Ash meistens eher einen nervigen Taugenichts-Rivalen sah, so kannte er ihn nach all den Auseinandersetzungen als Pokémon-Trainer mittlerweile gut genug um zu wissen, dass ihm seine Pokémon sehr am Herzen lagen. Er war immer um sie besorgt gewesen. Nach jedem ihrer Kämpfe hatte er sich beinahe rührend um sie gekümmert. Und auch zu den Pokémon seiner Gegner war er immer freundlich gewesen. Nie im Leben also würde er gerade Pikachu alleine lassen, wenn es ihm doch so schlecht ginge, wie er behauptete.

Er tat einen lauten Seufzer aus.

„Du bist ein noch miserablerer Lügner als ein Pokémon-Trainer. Wenn du das wirklich fertigbringen würdest, deine Pokémon so im Stich zu lassen, dann wäre ich wirklich sehr enttäuscht von dir!“ Endlich ließ er wieder von Ash ab und trat wenige Schritte zurück. Er stemmte seine rechte Hand in die Hüfte, während er beinahe abschätzend zu dem geknickten Schwarzhaarigen hinübersah. „Aber sei’s drum. Auf jeden Fall verhältst du dich äußerst verdächtig. Normalerweise hättest du mich doch sofort zu einem Kampf herausgefordert. Aber vermutlich denkst du, dass du ohne Pikachu eh nicht gegen mich gewinnen kannst.“

Die Stichelei zeigte Wirkung. Bei diesen provozierenden Worten kehrte Ash aus seinen Selbstvorwürfen in die Gegenwart zurück. Und nachdem er die Worte seines Rivalen realisiert hatte, knirschte er etwas mit den Zähnen und ballte die Hände wütend zu Fäusten.

„Das glaubst auch nur du!“, entgegnete er streitsüchtig und blickte energisch zu dem Braunhaarigen hinüber. Doch als er einen Schritt auf ihn zutat, huschte Pikachu schnell zwischen die beiden Rivalen.

Der blonde Junge hatte die Arme seitlich von sich gestreckt, um eine Art Schranke zwischen den beiden Streithähnen zu bilden. Ernst und mit einer versteckten, besorgten Bitte blickte er zu seinem Trainer hinüber. Nur leicht schüttelte er mit dem Kopf.

„Pikachu?“, flüsterte Ash daraufhin leise und besah seinen Freund mit verwirrtem Blick. Erneut kam ein, nun deutlicheres, Kopfschütteln von dem Blonden, ehe er sich abermals dem jungen Trainer regelrecht an den Hals warf.

Verdutzt blickten sowohl Ash als auch Gary zu ihm, aber keiner sagte auch nur ein Wort. Wenige Augenblicke später löste sich Pikachu wieder von seinem Trainer und griff stattdessen nach seiner Hand, ehe er ihn auch schon um die Ecke davonzerrte.

Sie ließen einen verdutzten Gary neben seinem Nachtara zurück, welches nur den Kopf zur Seite legte. Sein Trainer dagegen verschränkte nun abermals die Arme vor der Brust, während er dem seltsamen Jungen-Duo in die Richtung nachblickte, in die sie verschwunden waren.

„Höchst eigenartig…“, wiederholte er nuschelnd seine misstrauischen Worte und schien kurz über das Geschehene nachzudenken. Dann legte sich ein selbstsicheres Grinsen auf sein Gesicht. „Cousin also? Ash, du bist so ein miserabler Lügner… ich komme schon noch dahinter, verlass dich drauf!“



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