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On the Road to Nowhere

von

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Kapitel 1

On the Road to nowhere
 


 

“Synchrorate übersteigt 400%...!”

“Ein Fehlschlag..”

“Keine Lebenszeichen der Pilotin..”

“Der Entryplug...er ist leer!!”

Die Worte erklangen in seinem Kopf, immer wieder, eine endlose Schleife.

Er wusste nicht wie lange er schon im dunklen Flur ihrer Wohung saß und die Wand anstarrte. Er wusste nicht mehr wie er es geschafft hatte hier her zukommen, wieviel Zeit vergangen war seit...

Er war wie gelähmt. Er konnte nichts weiter tun als hier im Dunkeln auf die Wand vor ihm zu starren und sich seinen immer im Kreis drehenden Gedanken hinzugeben. Es war alles verloren.

Die kleine Signallampe des Anrufsbeantworters blinkte seit Stunden. Mehrere Anrufe waren reingekommen, einer von Fuyutsuki, drei von Naoko. Gendo hatte keinen von den Anrufen entgegengenommen.

Irgendwo in einem anderen Zimmer weinte sein Kind.

Shinji hatte die ganze Wohnung nach Yui abgesucht als er wieder wach geworden war und ihn dann unablässig mit Fragen gelöchert. Auf keine hatte er eine Antwort geben können.

Das Telefon klingelte erneut. Wie schon die letzten Male ging er nicht ran. Nach zehn Sekunden sprang der Anrufbeantworter an und Yuis warme Stimmer erfüllte den Raum.

“Hallo! Wir sind im Moment leider nicht zu Hause. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht...”

Dann folgte der Signalton.

“Ich bin es wieder...”

Naoko Akagi.

“Es tut mir leid...die Idee die ich gestern Nacht hatte, hat zu nichts geführt. Die Daten waren vielversprechend, aber letztendlich...es hat nicht funktioniert...eine andere Möglichkeit sehe ich derzeicht nicht...ich weiss nicht, wie wir sie wieder zurückholen sollen..”

Es folgte eine lange Pause, aber Naoko hatte nicht aufgelegt.

“Es tut mir leid...das war unsere letzte Hoffnung...Gendo...sie wird nicht-”
 

Er sprang auf und zog den Stecker des Anrufbeantworters. Naoko verstummte.
 

"-wieder kommen"
 

Die Worte hingen unausgesprochen im Raum.
 

Stunden vergingen. Shinjis Weinen war irgendwann verstummt. Und er saß immer noch in dem dunklen Flur und starrte ins Nichts.

Plötzlich hielt er es nicht mehr aus. Die Wohnung erdrückte ihn. Am schlimmsten waren die Fotos überall. Ihr Hochzeitsbild. Yui mit runden Bauch kurz vor Shinjis Geburt. Und sein Lieblingsbild, Yui wie sie sich gerade lachend zur Kamera drehte, ihr schlafendes Baby auf dem Rücken tragend. Es stand direkt auf der Kommode vor ihm, zusammen mit einem Bild von ihm und Shinji, dass Yui nur wenige Tage nach Shinjis Geburt gemacht hat.

Er konnte den Anblick nicht mehr ertragen. Die Wut ergriff ihn, die Lähmung der Trauer musste ihr weichen. Er sprang auf und fegte die Bilder von der Kommode. Das splitternde Glas dröhnte in seinen Ohren. Er ging den Flur entlang zu ihrem Schlafzimmerund riss weitere Bilder von der Wand. Er konnte sie nicht ertragen. Alles war verloren. Alles. Es blieb ihm jetzt nur noch übrig, das zu zerstören was seinen Schmerz noch verstärkte. Das Klirren der Scherben war wie ein Befreiungsschlag. Er wollte keines von diesen Bildern jemals wieder sehen. Sie verhöhnten nur seinen Schmerz. Im Schlafzimmer angekommen, nahm er das Bild ihrer Hochzeit und schleuderte es mit aller Wucht gegen das Fenster. Rasend vor Zorn riss er weitere Bilder von den Wänden, bis keines mehr übrig war. Der Fußboden war voller Glas-und Holzsplitter. Gendo drehte sich einmal um sich selbst. Die Wände waren leer. Alle höhnenden Fotos waren unter den Splittern begraben.

Sein Blick viel auf das Bett. Auf der Tagesdecke lag Yuis Nachthemd. Mit einem wütenden Aufschrei ergriff er das Stück Stoff und riss es in Fetzen.

Dann hielt er für einen Moment inne. Die Wut und die Trauer waren übermächtig und er hatte nur noch einen Gedanken im Kopf. Er musste hier weg. Er konnte die Wohnung nicht mehr ertragen. Jedes Zimmer, jeder Winkel war von Yuis Präsenz erfüllt und erinnerte ihn umso schmerzlicher an seinen Verlust.

Er fasste einen Entschluss. Er würde dem allem ein Ende setzen.

Er stürmte zurück in den Flur und holte eine Reisetasche aus dem Wandschrank. Zurück im Schlafzimmer stopfte er wahllos ein paar Kleider hinein, bis die Tasche voll war. Dann holte er eine weitere Tasche, ging in Shinjis Zimmer und füllte auch diese wahllos.

Sein ganzer Körper trieb ihn zur Flucht aus der Wohnung an, er hatte das Gefühl keine weitere Minute dort aushalten zu können ohne verrrückt zu werden.

Hastig sah er sich nach Shinji um. Er fand ihn schlafend auf dem Wohnzimmerboden, das Gesicht voller getrockneter Tränen. Vorsichtig nahm er Shinji auf den Arm und griff mit der anderen Hand nach den beiden Taschen und den Autoschlüssel. Er rannte die Treppen des Gebäudekomplexes hinunter, alle vier Stockwerke. Er wollte nicht stehen bleiben, nicht zögern mit seinem Plan.

Als er die Taschen in den Kofferraum seines Autos verstaut hatte und Shinji gerade in den Kindersitze setzen wollte, wachte dieser auf. Müden rieb sich Shinji die Augen während Gendo ihn anschnallte.

“Shinji..du wartetst hier, okay? Ich bin gleich zurück.”

Er rannte zurück in das Haus, direkt in den Keller wo der Hausmeister einen kleinen Vorrat Spiritus gelagert hatte. Gendo griff sich einen Kanister und machte sich ein letztes mal zurück auf den Weg in die Wohnung, die die letzten Jahre ihr zuHause gewesen war. Er verteilte den Spiritus in allen Räumen bis der Kanister leer war. An der Haustür hielt er kurz inne. Es gab nun kein zurück mehr. Mit Yui war auch ihr zuHause verschwunden. Die Wohnung barg nun nichts mehr als Erinnerungen an eine Zeit, die nie wieder kommen würde.

Langsam griff er nach dem Feuerzeug, das er aus dem Handschuhfach seines Autos mit nach oben genommen hatte.

Er zögerte noch ein paar Herzschläge bis er das Rädchen des Feuerzeuges drehte.

Ein weiterer Herzschlag, dann leuchtete die kleine Flamme in der Dunkelheit.
 

Shinji war hellwach als er zum Auto zurückkehrte.

“Wo fahren wir hin?” fragte er noch bevor das Auto den Parkplatz verlassen hatte.

Gendo blickte in den Rückspiegel und sah wie die Fenster des kleinen Wohnzimmers im 4. Stock von den Flammen hell erleuchtet waren. Es gab nun kein zurück mehr.

“Papa, wo fahren wir hin?” fragte Sjinji nochmal mit mehr Nachdruck.

Gendo seuftze. Er hatte gehoffe Shinji würde zumindest noch ein paar Stunden weiterschlafen. Da ihm kein mögliches Ziel einfiel, beschloss er bei der Wahrheit zu bleiben.

“Ich weiss es noch nicht, Shinji..”

“Kommt Mama auch mit?”

Sie kommt nie wieder!

Die Wahrheit schrie in seinem Kopf, eine Wahrheit die er für sich nicht anerkennen wollte und doch schon akzeptiert hatte.

“Nein... sie kommt nicht mit.”

Sie kommt nie wieder...

Er schaffte es einfach nicht, die Worte auszusprechen.

Shinji gab sich mit der Antwort zufrieden, jedenfalls für ungefähr zehn Minuten. Dann fiel ihm noch eine andere Frage ein.

“Papa..wo ist Teddy?”

Gendo stöhnte innerlich auf. An den Teddybär hatte er beim packen natürlich nicht gedacht. Shinji liebte den Bär und konnte auch nicht einschlafen wenn er nicht in der Nähe war.

Verdammt...

“Teddy passt auf die Wohnung auf...”

Shinji begann wieder zu weinen.
 

Er folgte der Straße seit drei Tagen. Drei Tage in denen er immer nur angehalten hatte um zu tanken oder am Strassenrand einige Stunden zu schlafen. Shinji hatte irgendwann aufgehört zu weinen. Er stellte keine Fragen mehr. Er fragte weder nach Yui noch nach dem Teddy. Ob er begriff das seine Mutter nie wieder kommen würde, wusste Gendo nicht.

“Papa, ich habe Hunger.” meldete sich Shinji vom Rücksitz. Gendo griff wahllos einen der vielen verpackten Snacks, die auf dem Beifahrersitz lagen. Er hatte sie alle bei ihrem ersten Stopp an einer Tankstelle gekauft. Es war ein wildes durcheinander an Onigiris, Sandwiches und Süßkram. Er hattenicht die Nerven gehabt etwas auszuwählen und hatte einfach alles aus dem nächstbesten Regal gekauft, das zu der späten Stunde noch übrig geblieben war.

Er reichte Shinji ein zerdrücktes Onigiri nach hinten, das letzte.

Es war später Nachmittag. Er hatte die halbe Nacht auf eine, Parkplatz verbracht und war bei Sonnenaufgang weitergefahren. Immer der Stasse nach. Immer an der Küste entlang, soweit möglich. Das war sein einziger Plan. Er wollte keine Entscheidung treffen, er wollte nicht denken. Nicht an das was passiert war und auch nicht an die Zunkunft. Er wollte einfach nur immer weiterfahren um nicht denken zu müssen. Die Strasse war kurvig und eng, er musste seine ganze Konzentration aufs fahren richten und konnte so seinen Gedanken entfliehen.

Doch nun merkte er das nicht mehr ging. Er hatte höllische Kopfschmerzen und musste sich zusammenreissen um nicht in Sekundenschlaf zu fallen. Bei der nächsten Gelegenheit hielt er an. Er musste raus aus diesem Auto, in dem er die letzten drei Tage verbracht hatte. Er stieg aus und öffnete die hintere Tür und holte Shinji aus seinem Kindersitz. Ein wenig unterhalb von ihnen erstreckte sich ein kilometerlanger, verlassener Strand. Vor dem Second Impact hatte es hier – wie an der gesamte heutigen Küste Japans- noch eine Stadt gegeben, einige der Häuserdächer ragten noch aus dem Meer empor.

“Das Meer!!” Shinji lief begeistert den kurzen Weg zum Strand hinunter. Das Meer lag still und klar da. Shinji lief ein paar Meter am Wasser entlang und wendete sich dann wieder dem Strand zu. Er untersuchte die vielen Felsen und Steine und entdeckte ein paar Muscheln.

Gendo folgte ihm und genoß die frische Lust. Das Rauschen der Wellen minderte das Dröhnen in seinem Kopf. Er liess seinen Blick auf den Horizont schweifen und verlor sich in der Weite des Meeres. Japan hatte Glück gehabt. Das Meer war Ihnen erhalten. Andere Länder hatten teilweise nur noch tote Küsten oder Flüsse. Die Ökosysteme waren nach dem Second Impact zusammengebrochen und hatten sich nicht mehr erholt. Doch das lag alles weit entfernt. Dieser Moment, dieser verlassene Ort war von einer friedliche Atmospähre umfangen.

Der Moment ging vorüber. Er spürte wie Shinji seine kleine Hand in die seine legte und sich erschöpft an ihn drückte.

“Du bist müde, hm?”

Shinji war zu keiner Antwort mehr fähig. Er rieb sich die Augen und lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht an Gendo.
 

Shinji schlief bereits tief und fest bevor Gendo ihn den Weg zum Auto zurückgetragen hatte.

Gendo fuhr noch eine Stunde weiter, bevor er merkte das es einfach nicht mehr ging. Ein Blick in den Rückspigel bestätigte ihm das. Die Erschöpfung stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Seine Augen waren rot und ausgetrocknet. Seine letzte Rasur lag auch schon zuweit zurück.

Shinji sah ebenfalls schrecklich aus. Er steckte noch in den selben Kleidern, die Yui ihm an jenem Tag angezogen hatte. Sein Gesicht und sein T-Shirt waren übersäat von Flecken, Reiskörnen und getrockneten Tränen. So konnte es nicht weiter gehen. Eine weitere Pause auf einem Parkplatz würde die Erschöpfung nur noch verstärken. Der Wunsch nach einem richtigen Bett und einer Dusche nahm in Gendo überhand und beschloss in der nächstgrößeren Stadt ein Hotel aufzusuchen.
 

Die Anzahl von Hotels hatten sich nach dem Second Impact drastisch verringert. So etwas wie Erholungsurlaub gab es nicht mehr und somit auch wenig Bedarf an Hotel. Es gab sie nur noch in größeren Städten und auch da gab es jeweils nur ein Hotel, die meistens nur von Geschäftsreisenden auf der Durchreise gebucht wurden.

Es dauerte noch eine halbe Stunde bis sie die nächste Stadt mit Aussicht auf ein Hotel erreicht hatten. Glücklicherweise war der Weg dorthin mit viel Reklame des Hotels ausgeschildert, so das er nicht noch nach dem Weg fragen musste.

Auf dem Parkplatz des Hotels standen nur zwei weitere Autos. Wie erwartet würde es also auf jeden Fall noch ein freies Zimmer geben. Er nahm Shinji, der immer noch schlief, auf den Arm und nahm eine der Reisetaschen aus dem Kofferraum. Innerhalb von 2 Minuten hatte er ein kleines Zimmer im Erdgeschoss bekommen. Viel länger hätte er es auch nicht mehr ausgehalten. Er legte Shinji auf das Bett und fiel dann innerhalb weniger Sekunden selbst in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
 

Als er wieder erwachte war es bereits Nacht. Das kleine Hotelzimmer lag im Dunkeln. Irgendwo summte ein Generator und aus der Ferne war die Sirene eines Notarztwagens zuhören . Der Schein einer Laterne beleuchtete einen schmalen Streifen des Bettes und viel direkt auf Shinji, der ihn mit wachen Augen traurig anblickte.

“Papa..wann gehen wir wieder nach Hause?”
 

Weiter in Teil 2



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-07-08T16:11:29+00:00 08.07.2011 18:11
kekse sind gut, ich stimme zu. ich finde es auch gut, dass dieses verhältnis dass doch so zentral für die strory aufgearbeitet wird. darauf warte ich schon lange. auch das weglaufen hast du klasse in einen kontex gesetzt denn so unähnlich sind sich die beiden nicht finde ich. gendo und shinji haben beide angst blos vor verschiedenen dingen, gendo hatte verlustangst und shinji angst vor zurückweisung was ja auch verlust entspricht.
du beschreibst das shinji gendo verhältnis nicht so kalt wie später, er kennst die bedürfnisse und die art von shinji und geht irgendwie auch darauf ein - und immerhin hat er ihn mitgenommen und nicht irgendwo angegeben... bis jetzt. ich bin gespannt wie du die wende findets. wobeis mir so viel besser gefällt ; )
viel dank auf alles fälle für die tolle ff und schreib weiter!
Von:  Kendrix
2011-07-04T22:23:27+00:00 05.07.2011 00:23
Das du dich der kürzlich erwähnten Woche angenommen hast, in der Gendo sich sonst wo herumgetrieben hast, ist schon einmal bemerkenswert - Obwohl Shinji und Gendo ja die Hauptcharaktere sind, gibt es ihrer gemeinsamen Vergangenheit doch sehr viele Lücken und vage angesprochene, kaum näher beschriebene Ereignisse. Außerdem verdient jeder, der Gendo nicht als stereotypischen Filmbösewicht darstellt, sondern sich auch die... Tiefen ansieht, schon einmal einen Keks. Es ist gut, dass sich mal einer mit der Beziehung der Beiden - oder eben mit der Abwesenheit einer solchen Beziehung.
Ich mag deine nüchterne und doch emotionale Beschreibung der Entwicklungen, deine Spiele mit Satzzeichen und nicht ausgesprochenen Dingen (Sie kommt nicht zurück !/...)
Und natürlich sorgt nichts für mehr Drama als die Zwischenfragen eines kleinen Kindes, das nicht ganz versteht, was los ist.
Die Darstellung des allmählichen Zustand des Zerfalls inklusive Klein-Shinji's zunehmendes "einfach-nur-mitgeschleift-werden" ist sehr gelungen, man sieht, dass dies der Verlauf des Prozesses ist, nach dem die zwei "futsch" waren, so wie wir sie kennen.
Der irgendwie "ausgetrocknete", eins-nach-dem-anderen Ton, der hier zum Einsatz kam, passt gut zu Gendo.
Ich freue mich schon daraus zu sehen, was du aus diesem ewig-kryptischen "Du warst es doch, der weggelaufen ist" machen wirst.


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