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Flammenhaut

von

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Neubeginn

Der Regen klatschte schwer auf das Dach und gegen die Fenster des alten Kombis, der sich tapfer dem Wetter und dem bergigen Weg entgegensetzte. Aus dem Radio war leise Nickelbacks „How you remind me“ zu hören. Unter normalen Umständen hätte Joel es sich nicht nehmen lassen, das Radio aufzudrehen und mitzusingen. Alleine deswegen, weil die Band zu seinen Lieblingsinterpreten gehörte. Er würde mitsingen und entweder so tun, als würde er Gitarre spielen, oder mit den Fingern auf dem Armaturenbrett das Schlagzeug nachahmen. Und seine Mutter würde lachend danebensitzen, sich weiter auf den Verkehr konzentrieren und mitsingen, wenn auch mehr schlecht als recht.

Aber das hier war nicht die Normalität. Und würde es auch nie wieder sein. Am Steuer des Wagens saß nicht seine Mutter. Seine Mum war tot. Sie war tot und würde nie wieder mitmachen, nie wieder mit ihm streiten, schimpfen oder weinen, weil er sich in Schwierigkeiten gebracht hatte. Das Alltägliche war mit ihr gestorben. Ebenso ein Teil in Joel. Die Psychologin hatte gesagt, dass es normal wäre, dass er sich verändere. Er müsse erst mit dem Schock und der neuen Situation fertig werden. Selbst glaubte er nicht daran, tat aber so, als würde er es, als würde es sich bessern. Sie sollten ihn einfach alle in Ruhe lassen. Er würde schon damit fertig werden. Irgendwie, irgendwann.

Der Junge seufzte und schloss die Augen. Die Scheibe fühlte sich kalt an seiner Stirn an und es war ein angenehmes Gefühl. Angenehmer als alles andere in den letzten zwei Wochen. Unglaublich, wie schnell das eigene Leben kopfstehen konnte.

Der Detective, er hatte seinen Namen schon wieder vergessen, der hinter dem Steuer saß, warf ihm nur einen raschen Blick zu und fragte etwas. Joel antwortete nicht darauf. Auf den ganzen Scheiß hatte er keine Lust. Nicht nur, dass der Mörder seiner Mutter immer noch frei herumlief, man ihn tagelang mit Fragen gelöchert hatte, nun sollte er in Zukunft auch noch bei einem vollkommen Fremden leben.

Das Amt hatte herausgefunden, wo sein Vater war. Etwas, das seine Mutter in siebzehn Jahren nicht geschafft hatte. Falls sie es wirklich versucht hatte. Joel war sich nie sicher gewesen, ob sie nach seinem Vater suchte. Sie hatte ihn immer mit einem Blick angesehen, als wäre es ein Geheimnis, etwas was sie ihm nicht sagen wollte oder durfte. Und irgendwann hatte er aufgehört zu fragen.

„Wir sind gleich da.“ Die Stimme ließ ihn zusammenfahren und aufsehen. Der Detective warf ihm einen erneuten Blick zu, sah dann wieder auf die Straße. In seiner Stimme schwang etwas mit, von dem Joel eindeutig die Schnauze gestrichen voll hatte. Mitleid. Seitdem sie seine Mutter gefunden hatten, war das alles, was er zu spüren bekam. Der arme, arme Junge hatte seine Mum verloren. Egal ob in dem Heim, in welchem er kurzzeitig untergekommen war, oder von Bekannten. Selbst seine Freunde sahen ihn nur noch mit diesem Blick an, sagten, wie leid es ihnen tat, und meldeten sich nicht mehr. Als wäre es ihnen zu unangenehm, sich damit auseinanderzusetzen, als wäre er ihnen lästig. Tolle Freunde hatte er da.

„Ist gut“, murmelte Joel und sah wieder nach draußen. Die Landschaft, welche vor dem Fenster vorbeiraste, war karg und wirkte tot. Irgendjemand hatte gesagt, sein neues Zuhause läge am Meer, doch davon hatte er noch nicht viel gesehen. Vielleicht auch, weil er nicht darauf geachtet hatte und es ihm herzlich egal war.
 

Das Haus, vor dem der Wagen hielt, war groß, alt und schäbig. Es lag etwas außerhalb der letzten Ortschaft, durch die sie gefahren waren, und war nahe an der Kante einer Klippe gebaut, welche auf das offene Meer hinaus ragte. Salzige Luft schlug ihm entgegen, als er die Tür öffnete und ausstieg. Hier sollte er also in Zukunft leben? Sonderlich viel versprechend wirkte es nicht, aber lange würde er hier sowieso nicht bleiben. Zumindest hatte er das nicht vor. Der Detective fragte, ob er alleine klarkommen würde, als er seine Tasche aus dem Kofferraum holte. Joel nickte nur und bekam gesagt, dass man seinen Vater schon über alles informiert hatte und er wünsche ihm viel Glück für die Zukunft. So ein heuchlerischer Schleimscheißer.

Joel schulterte seine Tasche und ging zum Haus, während der Wagen wieder fortfuhr. Einmal holte er noch tief Luft, als er vor der Tür stand, klingelte dann.

Es dauerte einige Zeit, ehe man ihm öffnete. Der Mann, der die Tür mit einem kräftigen Ruck aufzog, sie schien verkantet zu sein, musterte seinen Besuch kurz, trat dann zur Seite und durchquerte die kleine Eingangshalle, ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben.

„Ehm … Hallo?“, rief Joel ihm nach, hob die Brauen. Und was sollte er jetzt tun? Sicher, er hatte nicht geglaubt, dass sein Vater ihn mit Freudensprüngen oder überschwänglichem Geheule empfangen würde, aber dass er gar nichts sagte, hatte er nicht erwartet. Kurz wartete er noch, aber da er keine Antwort bekam, trat er zögernd ein und sah sich dabei um.

Es war nicht unbedingt dreckig, aber auch nicht sauber. Überall lag Staub und er entdeckte auch ein paar Spinnweben, ohne großartig danach zu suchen. Die alt wirkenden Figuren, Bilder, Dekorationen in der Halle waren ebenso verstaubt und ausgeblichen von dem Sonnenlicht. Man bekam fast das Gefühl, als würde hier schon lange niemand mehr wohnen. Kurz seufzte er, folgte dann dem Mann und kramte dabei einige Papiere aus seiner Tasche. Dann mal auf ins Gefecht.

„Du bist also Joel“, stellte der Mann fest, ließ sich auf das schwarze Ledersofa fallen. Der Junge nickte, sah sich rasch um. Regale vollgestopft mit alten Büchern, ein Kamin, Sofa, Sessel, Fernseher. Sonderlich Spannendes gab es hier nicht. „Und ich soll mich jetzt um dich kümmern? Na herrlich“, seufzte er, schüttelte den Kopf, blickte zu ihm. „Ich bin Clarence, keine Ahnung, ob man dir das gesagt hat, die meisten nennen mich Nash, ist dir überlassen, wie du mich nennst. Ist mir auch herzlich egal.“

„Unterschreib das“, hielt er ihm die Papiere hin, statt zu antworten und fuhr sich kurz durch das grün gefärbte Haar. „Damit sagst du, dass du dich nicht um mich kümmern kannst oder willst. Oder was auch immer. Der Grund fehlt auch noch“, erklärte er. „Das brauch ich, damit ich alleine leben darf.“

„Kann deine Mutter das nicht machen? Musst du deswegen extra hier herkommen?“, brummte er, überflog den Text. „Oder per Post schicken. Was weiß ich.“

„Meine Mum ist tot“, entgegnete Joel nur. „Wenn du das unterschreibst, kann ich mir gleich etwas Eigenes suchen. Ich bin in einem Jahr achtzehn da ...“

„Deine Mutter ist tot?“, fragte Nash noch einmal nach, unterbrach den Jungen damit und sah auf. Verwundert darüber, dass man es ihm nicht gesagt hatte, nickte Joel leicht. „Wie?“

„Ehm ...“, begann Joel, etwas aus dem Konzept gebracht. Er hatte sich, als er die Unterlagen erhielt, zurechtgelegt, was er sagen wollte, um die Unterschrift zu bekommen. Aber mit so einer Frage hatte er nicht gerechnet, immerhin war er davon ausgegangen, dass man seinem Vater bereits alles gesagt hatte. „Man hat … Sie wurde ...“, fuhr er dann fort, auch wenn ihm dabei ein gewaltiger Kloß im Hals saß. Er brach wieder ab, brauchte etwas, ehe er weiter sprechen konnte. Über das alles zu sprechen machte es so gegenwärtig und unwiderruflich. Die Bilder kamen wieder zurück. Die Fotos vom Tatort, das Blutbad, alles, was man ihm gezeigt hatte. „Sie war einkaufen und war auf dem Weg nach Hause.“

Nachdenklich sah Nash ihn an, wobei die zusammengezogenen Augenbrauen Falten auf seiner Stirn hinterließen. „Wie wurde sie umgebracht?“, fragte er noch einmal nach, ruhig, leise. Wieder blieb Joel ihm die Antwort schuldig. „Sah es aus, als wäre sie von einem Tier angegriffen worden? Als hätte man sie regelrecht zerfetzt?“

„Woher ...“, brachte er nur heiser raus. Wie konnte er es wissen, wenn er wirklich bis eben nicht einmal gewusst hatte, dass sie tot war? Oder er spielte ein übles Spielchen mit dem Jungen. Doch Nash antwortete nicht auf die halb gestellte Frage, sondern sah mit nachdenklichem Blick ins Nichts. Rasch atmete Joel tief durch, fand so seine Stimme wieder. „Wie auch immer … unterschreib es, dann bin ich weg! Dann musst du dich nicht um mich kümmern, was du die letzten siebzehn Jahre eh nicht gemacht hast.“ Unbemerkt schlich sich leiser Zorn in seine Stimme. Es lag schlichtweg daran, dass er nicht ein Wort der Erklärung von Nash bekommen hatte. Kein, warum er nicht da war, nicht einmal eine schlichte Ausrede. Sicher, er hatte nicht danach gefragt, aber der Mann machte auch keine Anstalten ihm etwas zu erzählen.

„Nein“, entgegnete Nash letztendlich kopfschüttelnd und stand auf. „Ich glaube, hier bist du im Moment am sichersten“, meinte er noch, während er aus dem Raum verschwand, ihn hinter sich herwinkend.

„Am sichersten? Was meinst du damit?“, rief Joel ihm nach, bekam aber keine Antwort.

Unliebsamer Mitbewohner

Er lag auf seinem Bett, starrte die dunkle Decke an und hing allen möglichen Gedanken nach. Eigentlich war es erst vier Uhr nachmittags, doch er hatte die Rollos runter gelassen und sich in sein Zimmer zurückgezogen. Ursprünglich hatte er versuchen wollen zu schlafen, einfach um nicht weiter nachdenken zu müssen, aber es hatte nicht geklappt. Dafür spukte gerade zu viel in seinem Kopf herum.

Nash hatte ihm noch rasch gezeigt, wo er schlafen konnte. Es war ein schmuckloses, unpersönliches Gästezimmer, in dem scheinbar lange niemand mehr übernachtet hatte. Zumindest schloss Joel es aus der nicht gerade zu verachtenden Staubmenge, die sich auf dem Bett und den Möbeln abgelegt hatte.

Dann war sein Vater mit den Worten „Schau dich um, nimm, was du brauchst, aber bleib von den verschlossenen Türen weg. Was zu ist, bleibt zu!“ gegangen und seither nicht wieder aufgetaucht. Also hatte sich Joel umgesehen und festgestellt, dass gut die Hälfte aller Räume verschlossen oder mit Büchern vollgestopft war. Insgesamt hatte er bei seinem Streifzug zehn Zimmer gezählt, fünf davon abgeschlossen, zwei Bäder, sein Zimmer, Wohnstube und Küche. Aus Langeweile hatte er seine Zeit auch noch mit dem Zählen der Stufen im Haus und außen der Fenster verbracht. Zudem musste er feststellen, dass der Fernseher kaputt war und Internet gab es hier scheinbar auch nicht. Als würde er von nun an am Arsch der Welt leben. Das war ja schon mal ein hervorragender Start in sein neues Leben. Sein Vater verpisste sich nach nicht einmal zehn Minuten wieder ohne ein Wort der Erklärung und in dieser heruntergekommenen Bruchbude gab es nichts, aber auch wirklich rein gar nichts, was er tun konnte, um sich abzulenken.

Schwer seufzte er, rollte sich auf die Seite und schloss die Augen. Wenn es so weiter ging, wie es anfing, dann würde er sich noch vor Ende der Woche von den Klippen stürzen. Sicher ein unschöner Tod, aber immer noch besser als an Langeweile, Eintönigkeit und Grübelei zu sterben. Und die Felsen unten im Meer sahen spitz aus. Entweder sie durchbohrten ihm gleich den Schädel oder er würde nach Luft röchelnd daran hängen bleiben und elendig eingehen. Okay, es war alles nicht sonderlich schön. Wenn er es recht überlegte, war abhauen vielleicht doch die bessere Alternative.

Nach einiger Zeit vergrub er das Gesicht im Kissen, stöhnte genervt auf. Er konnte nicht schlafen, er konnte sich nicht ablenken, nichts. Wenn er alleine im Haus war, dann sollte er sich auch noch etwas umsehen. Zumindest kam er zu diesem Entschluss, als er aufstand. Vielleicht entdeckte man noch etwas Interessantes zwischen eintöniger Langeweile und dem großen Nichts. Was sollte schon passieren? Und wenn er sich nur die Umgebung weiter ansah. Alles war besser, als noch länger sinn- und tatenlos rum zu liegen. Auf jeden Fall eine gute Ablenkung.

Die Kamera, welche ihm seine Mum zum letzten Geburtstag geschenkt hatte, um den Hals, schwang er sich die Treppe hinunter und horchte auf. Aus der Küche kamen ganz deutlich Geräusche, die nicht nach einem offen gelassenen Kühlschrank oder tropfendem Wasserhahn klangen. Nachdenklich lauschend neigte er den Kopf und hob die Brauen. Scheinbar war Nash wieder da, anders konnte er sich das Rascheln von Plastiktüten nicht erklären. Oder lebte er nicht alleine und hatte nur vergessen, es Joel mitzuteilen? Nun gut. So schnell wie er verschwunden war, hatte er dazu auch keine Zeit gehabt. Das konnte ja noch etwas werden. Kurz überlegte er. Da er hinten raus wollte, musste er sowieso durch die Küche und würde gleich erfahren, ob es Nash oder jemand anderes war.
 

Er schob die Tür im selben Moment auf, als das Radio angemacht wurde. Das Mädchen, welches in der Küche stand und dabei war, Einkaufstüten auszuräumen, bemerkte ihn nicht. Was aber weniger daran lag, dass er zu leise rein gekommen wäre, als daran, dass sie laut mitsang und nicht darauf achtete, ob noch jemand anderes da war.

„I touch your hand, I touch your face. I think the fruit is rotten. Give me lessons on how to breath. Cause I think I've forgotten“, sang sie mit, räumte dabei einige Dosen in den Schrank. Joel blieb stehen, wo er war, sah ihr dabei zu und musterte sie.

Sie schien in seinem Alter zu sein und hatte lange, sandfarbene Haare, welche ihr seidig über die Schulter fielen. Er fand, dass sie aussah wie eine klassische Cheerleaderin. Schlank, blond und wahrscheinlich auch noch blauäugig, eben eine verwöhnte, eingebildete und meist auch dumme Schlampe. Wie die meisten Cheerleader nun einmal waren.

Seine nächste Feststellung war, dass sie Nash nicht gerade ähnlich sah, was die Frage aufdrängte, wer sie war. Er hoffte, dass es eine simple Erklärung gab. Hauptsache sie war nicht seine Freundin. Die Vorstellung, dass sein Vater eine Freundin in Joels Alter hatte, schenkte ihm nur noch mehr Minuspunkte. Seufzend schüttelte er den Kopf setzte dazu an, etwas zu sagen, hatte bereits die Küche halb durchquert, als sie ihn bemerkte.

Das Mädchen stieß erschrocken einen erstickten Schrei aus und griff nach dem Nächstbesten, was sie erwischte. So hielt sie ihm ein dreckiges Fleischmesser entgegen, bevor er etwas sagen oder tun konnte, starrte ihn an.

„Wer bist du?“, fauchte sie feindselig, das Messer mit beiden Händen von sich weg haltend. „Und was willst du hier? Es gibt nichts zu stehlen! Oder willst du was von mir? Mh? Über mich herfallen? Na komm! Versuch es ruhig und ich sorg dafür, dass du es bereust“, knurrte sie, ohne ihn zu Wort kommen zu lassen. „Na los!“

„Ähm ...“, begann er, war durch ihre Worte und ihr Verhalten durcheinander. Scheinbar war Nash nicht nur ihm gegenüber so schweigsam, was wichtige Sachen anging. „Ich wohne hier“, antwortete er ihr dann, auch wenn es eher wie eine Frage klang. „Zumindest seit heute.“

„Du wohnst hier? Ha! Von wegen“, rief sie aus, stach mit dem Messer nach ihm, als er einen Schritt zur Seite machte. „Du bleibst schön stehen, Freundchen“, knurrte sie und funkelte ihn mit wilden, goldfarbenen Augen an. „Ich hab keine Probleme mich zu wehren, klar?“

„Oh das bezweifel ich nicht. Immerhin bist du die, die hier mit einem Messer vor mir steht. Aber wenn du so nett wärst, es runter zu nehmen. So ist das doch etwas unangenehm“, entgegnete er und hob beschwichtigend die Hände, was aber nur zur Folge hatte, dass sie wieder nach ihm stach. Zwar erwischte sie ihn nicht, dennoch machte er einen ausweichenden Satz nach hinten. Dabei stolperte er dummerweise über eine der Tüten und landete unsanft auf dem Boden.

„Und du sagst mir jetzt sofort, wer du bist und was du hier willst“, fauchte sie, stand bereits über ihm. In der einen Hand hielt sie ihre Waffe auf ihn gerichtet, die andere stemmte sie in die Seite. „Na los! Und glaub nicht, dass ich das Messer nicht benutze, mein Lieber. Also komm gar nicht erst auf dumme Gedanken.“ Joel ließ sich seufzend wieder zurückfallen. Er korrigierte sich. Nicht Cheerleaderschlampe. Sie war eher ein kleines, brutales Monstrum. Zumindest war das sein jetziger Eindruck. Und ob er wollte oder nicht, er musste wohl mitspielen.

„Es würde mir um einiges leichter fallen, wenn du das Ding da wegnehmen würdest“, merkte er an, bekam dafür nur einen Tritt in die Seite. „Sag mal spinnst du?“, fauchte er schmerzerfüllt, krümmte sich leicht. Er wusste gar nicht das Mädchen zu hart zu treten konnten.

„Los! Rede! Meine Geduld geht langsam zu Ende und das ist nichts Gutes für dich.“

„Wenn du aufhören würdest, zu treten und ...“

„Los jetzt!“

„Ja verdammt. Ich bin Joel, okay? Ich weiß nicht, wer du bist oder warum du hier bist und überhaupt. Ich wohne ab heute hier. Es passt mir wohl genauso wenig wie dir und es tut mir leid, dass ich dich erschreckt hab, aber ich wusste nicht, dass hier noch jemand lebt. Clarence hat das mit keinem Wort erwähnt“, erklärte er und hoffte einfach, dass sie sich dadurch wieder beruhigte und das Messer endlich weglegte.

„Clarence?“, wiederholte sie und zog nachdenklich die Brauen hoch. „Was hast du mit Nash zu schaffen? Und warum zur Hölle sollst du bitte schön hier wohnen?“

„Er ist mein Dad, okay? Ja, es gefällt mir auch nicht und nein, wenn ich die Wahl hätte, würde ich nicht hier bleiben, aber ich hab sie nicht und würdest du jetzt bitte das Messer wegnehmen? Danke.“

„Dein Dad?“, fragte sie noch einmal misstrauisch nach. „Nash hat keinen Sohn und wenn dann wüsste ich es.“ Kurz neigte sie den Kopf und sah nachdenklich weiter auf ihn herab. „Allerdings vergisst er solche Sachen gerne. Und das würde seine schlechte Laune erklären.“

„Schlechte Laune? Na danke“, brummte er. Das Mädchen nickte und spielte ein wenig mit dem Messer herum. Er bekam schon Angst, dass sie es fallen ließ, doch im nächsten Moment legte sie es zur Seite und ließ von ihm ab. Erleichtert atmete er auf, auch wenn er sich fragte, woher der plötzliche Sinneswechsel kam.

„Aber eins sag ich dir“, begann sie und drehte sich wieder zu ihm um. „Ich behalt dich im Auge. Und finde ich heraus, dass du gelogen hast, dann kannst du was erleben“, drohte sie, schnappte sich dabei das Messer, um es wieder in den Block zu stecken.

Eine Bitte

Das Geschäft war bereits seit mehr als 30 Jahren geschlossen, nachdem der Besitzer verschwunden war. Man sagte zwar, dass sich sein Anwalt um alles gekümmert habe, doch es war nie etwas passiert. Seit dem zum letzten Mal die Türen verschlossen worden waren, hatte sich nichts verändert. Die Kleider der Schaufensterpuppen waren ausgeblichen und ließen ihre ursprüngliche Farbe nicht einmal mehr erahnen. Ein paar Jugendliche hatten eine der Scheiben mit Steinen beworfen und besprüht, sodass nun kleine Löcher, von denen feine, rissige Linien ausgingen, neben schmierigen Graffiti zusammen mit den vergilbten und schimmeligen Ausstellungsstücken im Schaufenster ein bizarres, wenn auch ebenso trauriges Bild darstellten.

Nash fuhr mit dem schwarzen Cadillac in den Hinterhof, stellte ihn dort ab. Es musste nicht gleich jeder sehen, dass jemand hier war. Dass er hier war, war schon schlimm genug in seinen Augen, aber er hatte wohl oder übel keine Wahl. Wenn man Informationen suchte oder Hilfe brauchte, war das nun einmal die beste Adresse. Sofern man das nötige Kleingeld oder die richtigen Beziehungen besaß.

„Auf in die Schlacht“, murmelte er, als er ausstieg. Kurz hielt er inne und sah an dem Gebäude hinauf. Von dieser Seite sah es nicht gerade viel besser aus als von vorne. Graffitis, Dreck, Müll. Andererseits war es in der ganzen Umgebung nicht viel besser. Der Stadt fehlte eben das Geld, um sich auch um die Bereiche zu kümmern, die nicht zum Tourismuskern gehörten. Als würde es hier überhaupt welchen geben. Mit einem schweren Seufzer schlug er die Tür zu und ging zum Hintereingang. Das Glockenspiel über der Tür gab ein leises Klingeln von sich, als er sie öffnete und wieder schloss.

Im Inneren des Ladens sah es genauso aus, wie man es vom äußeren Eindruck erwartete. Alt und verstaubt. Lange Regale, vollgestopft mit den unterschiedlichsten Gegenständen bildeten ein kleines Labyrinth. Und auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkte, schien ein System dahinter zu stecken, wie Bücher, Kästchen, Statuen und anderes einsortiert waren. Die meisten Sachen kannte er schon, von daher waren sie für ihn uninteressant. Statt sich umzusehen, suchte er sich seinen Weg durch die Regale zum Verkaufstresen. Was er suchte, würde er nur hier finden.

An seinem Ziel angekommen, stellte er fest, dass auch hier niemand war. Nachdenklich zog er die Brauen hoch und blickte sich um, konnte aber nichts entdecken, was ihm weiterhalf. Also musste er warten. Dabei zog ein Kästchen auf der Mitte des Tresens seine Aufmerksamkeit auf sich. Er machte einen Schritt näher heran, nahm es in die Hand.

Es war ein einfacher Holzkasten mit einem Glasdeckel, sodass man hineinsehen konnte. Einige in Glas gehüllte Pfeilspitzen lagen in seinem Inneren. Nash konnte den Aufdruck auf den Phiolen nicht mehr lesen, da er schon zu vergilbt war. Von der Neugierde gepackt, ob vielleicht auf den unteren noch etwas stand, drehte er die Seite mit dem Verschluss zu sich um das Kästchen zu öffnen.

„An deiner Stelle würde ich das lassen, Clarence Nash.“ Die Stimme kam so unvermittelt, dass er zusammenfuhr und fast den Kasten fallen ließ. Eine Eule, die auf dem obersten Regal hinter dem Tresen saß, plusterte sich kurz auf, ehe sie die Flügel ausstreckte und sich zu ihm hinabfallen ließ. Mit ihren Krallen packte sie die Holzkiste und schwang sich hinauf, landete auf einem der großen Regale. „Es sei denn, du legst Wert darauf, einen elendigen Tod zu sterben.“ Die Schleiereule fuhr sich kurz mit dem Schnabel durch das Gefieder ihres linken Flügels, ehe sich ihre dunklen Augen auf ihn richteten.

„Qualvolle Tode?“, fragte er nach, sah zu ihr hinauf. Die Eule regte sich nicht mehr, ehe sie den Kopf zur Seite neigte.

„Ja. An diesen Spitzen haften Krankheiten, für die es keine Heilung gibt. Auch heute nicht. Weder mit Magie, noch mit der Medizin der Menschen. Weil viele von ihnen längst vergessen sind“, erklärte sie, glitt lautlos herab. Bevor ihre Füße den Boden berührten, schien ihre Gestalt sich leicht zu verflüssigen und es war schließlich eine schwarze Katze, die mit einem eleganten Satz auf den Tresen sprang. „Aber dies ist sicher nicht die Frage, die dich hierher bringt, Clarence“, stellte sie fest, beobachtete ihn mit ihren gelben Augen.

Kurz schwieg er, schüttelte dann langsam den Kopf. „Nein. Und es ist keine Frage, sondern eine Bitte“, fuhr er fort. Jäh wurde er allerdings unterbrochen, als sie vom Tisch sprang und in einer dunklen Ecke verschwand. Nash hörte sie fauchen, gefolgt von dem panischen Quicken einer Maus.

„Lästiges Ungeziefer“, seufzte die Katze, kam ohne Beute zurück und nahm ihren Platz wieder ein. „Man wird es wirklich nie los. Aber tut mir leid, ich habe dich unterbrochen. Worum willst du mich bitten?“

Nash sah sie nachdenklich an, seufzte. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sie genau wusste, weswegen er hier war. Sie war jemand, der über alles bescheid wusste. Nichts blieb ihr verborgen. Selbst wenn man mit einer Frage den Laden betrat, von der man ausging, es gäbe keine Antwort darauf, sie hatte eine. Das machte ihre Informationen so wertvoll und begehrt, selbst wenn man sich im Klaren war, dass wirklich jeder an sie ran kommen konnte, wenn er nur ein gutes Angebot machte.

„Es geht um einen Jungen“, begann er, wurde dann wieder von ihr unterbrochen.

„Einen Jungen?“, fragte sie nach, lachte leise. „Clarence Nash interessiert sich nicht für irgendeinen Jungen. Er interessiert sich nur für sich selbst und was für ihn am besten ist“, sprach sie in belehrendem Ton weiter, als wäre er nicht anwesend.

„Amari“, ermahnte er sie scharf und sie lachte laut auf.

„Angst hat er“, rief sie aus. Das Lachen wurde zu einem Krächzen, als sich ihre Gestalt wieder änderte. Die Elster schoss knapp über seinem Kopf hinweg und verschwand über den Regalen. „Doch wovor? Wovor? Sag es mir, Clarence“, rief sie aus dem Verborgenen.

„Ich habe keine Angst“, knurrte er, sah sich aufmerksam um, versuchte heraus zu finden, wo sie war.

„Was ist es dann? Ist es dir eine Last, dich um ein Kind zu kümmern, das seine Mutter verloren hat? Oder geht es um deine Vergangenheit? Was ist es, wovor der große Clarence Nash Angst hat?“ Ein dunkles Knurren folgte den Worten und er fuhr herum. Im selben Moment sprang der schwarze Wolf aus dem Schatten, prallte gegen das unsichtbare Kraftfeld, welches Nash im letzten Moment errichtet hatte. Benommen schüttelte das Tier den Kopf, umkreiste ihn lauernd.

„Ja, ich habe Angst“, sagte er ruhig. „Aber nicht davor. Ich will, dass du ein neues Zuhause für ihn findest“, erklärte er dann. „Mir ist egal, was du dafür willst und wie lange es dauert. Er soll an einen Platz, an dem er sicher ist und von all dem hier ferngehalten wird.“ Der Wolf entspannte sich, setzte sich auf seine Hinterläufe. „Und das ist er bei mir nicht. Warum geht dich nichts an. Es reicht, wenn du weißt, dass er nichts mit unserer Welt zu tun haben soll.“ Aus dem Wolf wurde ein Fuchs, als er wieder auf den Tresen sprang.

„Das wird dich einiges kosten. Und ich entscheide selbst, was ich von dir will.“ Das Tier gähnte, rollte sich zusammen, blickte ihn aber weiterhin aufmerksam an. „Doch du kannst nicht verhindern, dass er herausfinden wird, was er ist. Er ist dein Sohn, Clarence. In ihm fließt dein Blut und das seiner Mutter. Und glaub mir. Nur weil du ihn fortschaffst, wird er dem, was ihn verfolgt, sicher nicht entkommen. Also überleg es dir gut, ob du das wirklich willst.“

„Ich bin mir sicher“, nickte er und wandte sich ab.

„Du wirst diese Entscheidung noch bereuen“, rief der Fuchs ihm nach, als er den Laden wieder verließ und die Tür hinter sich zuzog.

Jede Menge Ärger

Als sie vorgeschlagen hatte, dass sie ihm ein wenig die Gegend zeigen könnte, hatte er nichts dagegen gehabt. Immerhin war es mit jemandem, der sich auskannte deutlich einfacher, sich in unbekannten Gefilden zurechtzufinden. Und ohne Messer war sie auch nicht mehr so furchterregend. Eigentlich schien sie ganz nett zu sein, solange sie niemanden bedrohte. Der einzige Nachteil an ihrer Erkundungstour: Sie legte ein fast schon unmenschliches Tempo vor. Zumindest in seinen Augen. Doch wenn er sich beschwerte und sie bat, etwas langsamer zu werden und auf ihn zu warten, bekam er nur als Antwort, dass er seinen faulen Städterhintern in Bewegung setzen und ihr gefälligst folgen sollte. Nun gut. Vielleicht war sie doch nicht so nett.

„Ich kann langsam nicht mehr“, beschwerte sich Joel und ließ sich auf einen nahegelegenen Felsen fallen. Kurz atmete er tief durch, blickte sich dann rasch um. Als er hergefahren war, hatte er den Eindruck gehabt, dass dieses Land karg, flach und leer war. Seit er mit dem Mädchen, das sich ihm als Rabena vorgestellt hatte, unterwegs war, hatte er allerdings festgestellt, dass es hier weitaus mehr gab. Die Klippen waren fast bis an den Rand dicht mit Wald bewachsen und alles andere als eben. Das merkte er hauptsächlich dadurch, dass Rabena ihn lieber quer durch den Wald schleifte, als auf dem Weg zu bleiben, falls es hier überhaupt einen gab.

„Du hast gesagt, wir gehen ans Meer, nicht dass du mich quer durch den Wald schleppst“, brummte er missmutig und sah zu ihr.

„Du bist ein Waschlappen, weißt du das eigentlich? So lange sind wir noch nicht unterwegs und warte doch einfach ab“, entgegnete sie und stemmte die Hände in die Hüften. „Und jetzt komm. Ich habe keine Lust, mit dir durch den Wald zu irren, wenn es dunkel wird. Wir müssen schließlich auch wieder zurückkommen.“

Joel stöhnte auf, sackte etwas in sich zusammen. „Warum sind wir nicht direkt hinter dem Haus runter gegangen? Da müssten wir jetzt nicht hier durch den Wald irren“, stellte er fest.

„Wenn du in der Lage bist, eine steile, feuchte Klippe hinunter zu klettern, ohne abzurutschen und von den Felsen im Meer aufgespießt zu werden, bitte sehr. Ich bin es nicht. Und da ich wert darauf lege, weiter zu leben, und du wahrscheinlich auch, müssen wir wohl oder übel den langen Weg in kauf nehmen. Also beweg deinen Arsch“, fauchte sie. Kaum hatte sie den Satz beendet, machte sie schon auf den Absätzen kehrt und ging weiter.

„Zimtzicke“, brummte Joel und stand nun doch auf.

„Das hab ich gehört!“, rief sie ihm zu, ohne einen Blick nach hinten zu werfen. Er murrte nur und folgte ihr brav.
 

Seit sie weitergegangen waren, wurde Joel das Gefühl nicht los, dass etwas hinter ihnen war. Doch er entdeckte nichts, egal wie er oft er sich umsah. Als Rabena ihn fragte, was zum Teufel los wäre, schüttelte er nur den Kopf und sagte, es sei nichts. Sie würde ihn wahrscheinlich eh nur auslachen. Also hielt er einfach die Klappe und folgte ihr.

Es dauerte nicht mehr lange und der Wald lichtete sich, bis nur noch ein paar spärliche Bäume vereinzelt ihren Weg kreuzten. Rabena winkte ihn hinter sich her und sah sich um.

„Bist du jetzt zu frieden?“, fragte sie, als sie an den Klippen standen und das Mädchen auf eine nicht weit entfernte, in den Felsen geschlagene Treppe deutete. „Da können wir runter. Und zwar ohne uns die Knochen zu brechen oder aufzuspießen. Zumindest solange du nicht ausrutschst.“ Joel nickte nur, verkniff sich ein Kommentar und forderte sie auf, weiter zu gehen.

Sie setzte sich gerade in Bewegung, als hinter ihnen ein lautes Krachen durch den Wald ging, das sie zusammenfahren und einen Schwarm Vögel aufschrecken ließ. Laut schimpfend flogen sie über ihre Köpfe hinweg. Rabena blickte ihnen nach, während Joel in den Wald sah.

„Was zur Hölle“, murmelte er, neigte den Kopf. Hatte sich da gerade der Felsen bewegt? Nein, das war unmöglich. Felsen bewegten sich nicht so einfach. Er schüttelte den Kopf, wollte sich gerade zu Rabena umdrehen und ihr folgen, als Leben in den Steinhaufen kam. Joel starrte ihn einfach an, während sich Felsbrocken und Stein zu etwas formten, das eine humanoide Form besaß. Joel stolperte zurück, brachte kein Wort heraus. Stein bewegte sich nicht. Stein hatte sich nicht zu bewegen. Stein war leblos und tot! Auch wenn sich vor seinen Augen gerade anderes abspielte. Oder vielleicht hatte er nur in eine Pflanze gegriffen, die über die Haut einen Stoff injizierte der Halluzinationen auslöste? Oder …

„Verdammt noch mal! Hör auf zu glotzen und komm!“ Rabenas Aufforderung unterbrach seinen Gedankenstrom und riss ihn aus der Starre. Nun gut, vielleicht war es auch der Schlag in die Seite, der dafür sorgte.

„Was zum Teufel ist das?“, fragte er mit hoher, heiserer Stimme, deutete auf den Stein, der sich seinen Weg zu ihnen bahnte. Was unter die Füße des Kolosses geriet, wurde zertrampelt und er veranstaltete einen Höllenlärm. Das war es wohl auch gewesen, was die Vögel aufgeschreckt hatte. Statt ihm zu antworten, packte sie ihn und rannte los. Kurz stolperte er, ehe er den richtigen Laufthythmus fand und ihr folgte, hastig einen Blick zurück warf nur, um zu sehen, wie das Monstrum unaufhaltsam in ihre Richtung kam.

Anfangs sah es so aus, als wollte sie die Treppe hinunter zum Kiesstrand laufen, dann machte sie jedoch plötzlich kehrt und rannte zurück in den Wald. Sie winkte ihn hinter sich her, verschwand dann im Dickicht. Noch einmal warf Joel der Kreatur einen Blick zu, überlegte einen Moment lang, ob es wirklich klug war, wieder zurück in den Wald zurennen, warf aber alle Bedenken über Bord, als er sah, wie nah ihm der Stein schon war.

Rabena war verschwunden, als er seinen Blick wieder nach vorne richtete. Er musste sich rasch ducken, um nicht gegen einen tief sitzenden Ast zu rennen und sich den Weg durch das Dickicht bahnen. Nur mühsam kam er durch die Äste der kleinen, eng beieinanderstehenden Bäume, blieb mit der Kleidung immer wieder hängen. Dann endlich war er hindurch.

Vor ihm tat sich ein Abhang auf und er hatte so viel Schwung, dass er es nicht mehr schaffte, zu bremsen und das Gleichgewicht zu halten. So kippte er nach vorne und rollte den Hang hinunter, kam erst nach einer gefühlten Ewigkeit zum Liegen und wäre am liebsten nicht wieder aufgestanden. Um ihn herum drehte sich alles, als er die Augen aufschlug und zum Himmel blickte. Außerdem war ihm schlecht.

„Joel! Pass auf!“ Im ersten Moment klang ihr Rufen als säße er in einer Seifenblase. Nur gedämpft nahm er es wahr. „Verdammt noch mal! Steh auf!“, brüllte sie ihn an und riss an seiner Jacke. Erschrocken fuhr er zusammen, sah zu ihr auf, ehe sein Blick den Hügel hinauf fiel. Oder besser gesagt auf den zum Leben erwachten Stein, der auf ihn zu stürzte. Mit einem erstickten Aufschrei rollte Joel sich auf den Bauch und stemmte sich hoch, sprang nach vorne.

Keine Sekunde zu früh, denn knapp hinter ihm krachte das Monstrum zu Boden. „Fuck“, fluchte er heiser. „Was zur Hölle ist das? Kannst du mir das endlich mal sagen.“

„Wenn du es unbedingt jetzt wissen musst, ein Felsgolem, und wenn wir nicht bald verschwinden sind, wir Mus. Also komm“, drängte Rabena ihn ungeduldig.

„Ein bitte WAS“, rief er aus, sah zurück und drehte sich halb um. Der Golem war durch die harte Landung in seine Einzelteile zerfallen, setzte sich aber schon wieder zusammen und erhob sich. „Wenn das ein Scherz sein soll, dann ist es nicht witzig, überhaupt nicht witzig!“

„Sehe ich aus als würde ich Scherze machen?“, fauchte sie, fuhr herum und rannte weiter. Joel wollte ihr folgen, stolperte aber und landete auf allen Vieren. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, traf ihn etwas so hart in die Seite, dass ihm der Atem wegblieb und er wieder auf dem Boden aufschlug. Nach Luft schnappend rollte er sich leicht gekrümmt auf die Seite, blickte auf.

Der Golem hatte die steinerne Hand wieder erhoben, um erneut zuzuschlagen. Schützend riss er die Hände hoch, doch der erwartete Treffer blieb aus. Wütend brüllte die Kreatur auf. Ein Fuchs mit sandfarbenem Fell saß ihm im Nacken, kratzte und biss. Nur leider kamen weder Krallen noch Zähne durch den Stein, weswegen das Tier den Koloss eher wütender machte, als Schaden anzurichten.

„Scheiße“, fluchte Joel heiser, schaffte es ungeschickt aufzustehen. Im selben Moment erwischte der Golem den Fuchs und schleuderte ihn beiseite. Das Tier jaulte kurz auf, blieb kurz benommen liegen, ehe es wieder auf die Pfoten kam, den Blick auf den Jungen gerichtet.

„Lauf du Idiot!“, bellte es und Joel erschrak, als der Fuchs sprach und es auch noch Rabenas Stimme war.

„Wie … was … du redest!“ Seine Stimme klingt hoch, erstickt. Die Tatsache, dass dieses Tier plötzlich redete und dann auch noch wie das Mädchen klang, verdrängte fast gänzlich, dass er immer noch in Gefahr schwebte und der Golem die Faust erneut hob. Wieder rief sie ihm etwas zu und er blickte auf, riss reflexartig die Arme hoch, schloss die Augen und wartete auf den Schlag.

Statt auf Joel prallte der Hieb auf eine kaum sichtbare Wand. Nur durch die Erschütterung erzitterte die Oberfläche kurz. Leicht lila schimmernde Wellen breiteten sich aus, als hätte jemand einen Stein auf eine spiegelglatte Wasserfläche geworfen. Der Junge erschrak, verstand nicht, was vor sich ging. Der Golem begann auf den Schutz einzuprügeln, doch er blieb standhaft.

Für Joel war es eine gefühlte Ewigkeit, die verging, bis der Fausthagel unterbrochen wurde. Ein Ruck ging durch die Kreatur und sie stolperte vor, zerfiel in kleine Steinchen, die auf ihn herabregneten.

„Seit ihr in Ordnung?“ Es dauerte etwas, ehe ihm bewusst war, dass die Frage auch an ihn gerichtet war. Er blickte auf und sah, dass jemand den Hang hinunter kam, erkannte nicht sofort, dass es Nash war.

„Soweit schon, denke ich“, antwortete der Fuchs mit Rabenas Stimme, während sich Joel mit weichen Knien und am ganzen Körper zitternd aufstand. Um nicht umzukippen, stützte er sich auf seine Oberschenkel, atmete tief durch, beruhigte sich ein wenig. Als allerdings die Füchsin auf Nash zulief und sich ihre Gestalt in die des Mädchens änderte, hätte sein Kreislauf fast endgültig schlapp gemacht. Das war alles zu viel für ihn. Erst der lebende Haufen Stein, der ihn umbringen wollte, dann eine sprechende Füchsin, die dann auch noch seine Begleiterin gewesen war.

Nash nickte, wandte sich an Joel. „Und du?“, fragte er ihn, neigte prüfend den Kopf ein wenig.

„In Ordnung?“, schrie der Angesprochene heiser, richtete sich auf und gestikulierte wild. „Natürlich ist alles in Ordnung! Mich hat nur etwas umbringen wollen, was es nicht geben sollte, Rabena hat sich in einen Fuchs verwandelt und ich hab das Gefühl verrückt zu werden, aber nein, alles in bester Ordnung.“

„Den Sarkasmus kannst du dir sparen“, stellte Rabena fest und verschränkte fast schon trotzig die Arme vor der Brust. Was konnte sie dafür, dass es so gekommen war? Nichts. „Warum bist du hier?“, fragte sie Nash schließlich. Er habe sie gesucht, war die Antwort, ehe er sich wieder Joel zu wandte, der sich umgedreht hatte und losgegangen war. Vielleicht war das ja alles nur ein verrückter Traum und er konnte so entkommen. Das wäre schön. Weitergehen, aufwachen und alles wäre wieder in Ordnung. Er würde in seinem Bett liegen, feststellen das alles nur ein Albtraum war und es vergessen.

Allmählich wurde ihm schwarz vor Augen, während er sich den Hang hinaufkämpfte. Seine Sicht verengte sich und er hatte immer mehr das Gefühl zu schweben. Dass er zusammensackte, merkte er schon nicht mehr.

Eine handvoll Antworten

Es war still im Haus, als er die Augen aufschlug und hochfuhr. Ein wenig zu schnell, denn sein Kopf beschwerte sich mit einem Schwindelgefühl, welches nach einigen Sekunden wieder verflogen war. Im ersten Moment überlegte Joel, ob er nur geträumt hatte. Vielleicht war er ja eingeschlafen und sowohl die Begegnung mit Rabena, als auch der Überfall des … des … Steinhaufens waren nie passiert. Oder noch besser, die ganzen letzten Wochen waren nicht echt. Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

Joel seufzte, schwang die Beine über den Rand des Bettes und stand auf. Sein Brustkorb schmerzte dorrt, wo ihn der Golem getroffen hatte und sein rechter Fuß meldete sich auch. Scheinbar war er umgeknickt. Entweder auf der Flucht oder bei dem Sturz in die Senke, ohne dass er es gemerkt hatte. Hoffentlich warteten nicht noch mehr unangenehme Überraschungen auf ihn.
 

Unten im Wohnzimmer fand er das Mädchen und seinen Vater vor, beide vertieft in eine Unterhaltung, welche sie allerdings beendeten, sobald er den Raum betrat.

„Sieh an, Dornröschen ist wach“, stellte Rabena fest, sah zu ihm. „Du siehst scheiße aus“, war ihr einziger Kommentar, nachdem sie ihn kurz gemustert hatte.

„Oh danke. Sehr nett“, brummte Joel. „Genau so etwas will man ja auch hören. Vor allem, nachdem man fast von einem Haufen Steine umgebracht wurde!“ Er wurde lauter, seine Stimme klang schon etwas hysterisch. „Ich will wissen warum. Es … es ist doch nicht normal. Ich habe schon davon gehört, dass Menschen andere Menschen mit großen Steinen erschlagen haben, aber dass Menschen von lebendigem Stein umgebracht wurden noch nicht!“

„Weil so etwas nicht in den Nachrichten gebracht wird. Du wärst nicht der Erste gewesen, der einem Golem zum Opfer gefallen ist. Nur für gewöhnlich kann man sich auch verteidigen und rennt nicht kreischend, wie ein Mädchen davon", entgegnete Nash, zuckte mit den Schultern.

„Jetzt wirst du unfair ihm gegenüber. Er hat nicht gekreischt wie ein Mädchen. Er ist nur umgekippt.“ Ein amüsiertes Grinsen lag auf Rabenas Zügen. Sie versuchte nicht einmal, es vor Joel zu verbergen.

„Schön, dass ich zum allgemeinen Amüsement beitragen kann. Aber wie wäre es langsam mal mit einer Erklärung“, forderte der Junge, verschränkte die Arme vor der Brust und warf Rabena einen bösen Blick zu, der sie aber nicht sonderlich beeindruckte.

„Du musst irgendetwas getan haben, was ihn wütend gemacht hat. Normalerweise kann man ihnen gut aus dem Weg gehen“, antwortete Nash. Die Belustigung war mittlerweile aus seinem Gesicht verschwunden. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte er Joel nachdenklich.

„Und was bitte? Ich bin dieser Verrückten hinterher gestolpert. Die hat mich quer durch den Wald geschleift! Rein gar nichts hab ich gemacht.“ Er seufzte, fuhr sich kurz mit beiden Händen durch das grüne Haar. „Ich hab keine Ahnung, was hier abgeht. Aber da mir immer noch alles wehtut, gehe ich einfach mal davon aus, dass das kein abgefahrener Traum war, sondern real. Und scheinbar wisst ihr beide, was hier läuft, es wäre echt nett, wenn ihr endlich mal aufhört, euch über mich lustig zu machen und mit der Sprache rausrückt, was hier für ein Spielchen läuft.“

„Ich bin nicht verrückt“, protestierte Rabena verärgert. Nash beachtete sie nicht und Joel warf ihr nur einen Blick zu. Scheinbar hatte sie nicht vor, auf seine Bitte einzugehen.

„Welche Erklärung willst du hören?“, fragte Nash schließlich. Er stand auf und ging zu einem der Regale, schien etwas Bestimmtes zu suchen. „Ich glaube nicht, dass es eine gibt, die dich zufriedenstellt“, fuhr er fort, ohne Joel Zeit zum Antworten zu lassen. Er zog ein Buch heraus, blies den Staub fort, der sich dort abgelegt hatte, und schlug es auf, blätterte darin. „Was ein Golem ist, kannst du hier nachlesen.“ Er warf das Buch offen auf den Tisch, blickte Joel an.

„Ich … ich will wissen, wieso mich ein Haufen Steine angegriffen hat. Ich will wissen, warum sie sich in einen gottverdammten Fuchs verwandelt hat.“ Er wurde lauter als gewollt, atmete tief durch um sich wieder zu beruhigen. Langsam kam er sich mehr als verarscht vor. Die beiden hatten ihren Spaß und er war immer noch so ahnungslos wie am Anfang. Langsam fragte er sich, in was für einem Irrenhaus er gelandet war.

Nash musterte ihn schweigend, seufzte. „ich kann es dir erklären. Aber ich glaube nicht, dass du es verstehst. Dein Wissen über diese Welt beinhaltet nichts, was den Golem oder ihre Verwandlung betrifft“, stellte er fest. „Du würdest es nur als einen Scherz ober Witz abtun, glaub mir.“

„Das kann ich selbst am besten entscheiden“, brummte Joel. „Wäre nur nett, wenn du langsam mal anfangen könntest. Glaub mir, mein Bedürfnis mich mit dir herum zu schlagen ist auch nicht gerade sonderlich groß. Also?“

Erst sah sein Vater ihn nur mit prüfendem, abschätzendem Blick an, sprach dann.

„Magie“, begann er. „Magie ist der Schlüssel dazu.“

„Ja sicher, Magie. Du hast recht, das ist wirklich ein Witz!“

„Hör mir zu, urteile dann“, sagte Nash, leicht verärgert und rieb sich kurz mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken. „Golems sind nicht einfach nur lebender Stein. Sie sind manifestierte Naturgeister, dazu gedacht, etwas zu schützen. Diese Wälder, die ganze Umgebung ist alt, unberührt. Hier gibt es viele von ihnen. Nicht nur als Steingolems.

Und Rabena wurde zu einem Fuchs, weil sie eben einer ist. Es gibt viele Tiere, unter anderem Füchse, die nicht zu unrecht als mystisch beschrieben werden. Es gibt einige unter ihnen, die eine menschliche Gestalt haben oder erschaffen können. Werwölfe sind ein gutes Beispiel. Füchse wie Rabena sind eher selten.“

Joel hörte es sich an, überlegte aber, ob er jetzt laut lachen sollte oder erst wenn Nash fertig war. Außerdem fragte er sich, ob sein Vater sich im Klaren war, wie lächerlich das in seinen Ohren klang.

„Du hast nur aus einem Grund das ganze einigermaßen Heil überstanden. Auch wenn ich lieber vermieden hätte, dass es erwacht“, seufzte Nash. „Es wäre sicherer für dich gewesen.“

„Und was bitte soll das gewesen sein?“, hakte Joel nach. Seine Laune war mittlerweile auf dem Nullpunkt. Als würde sich der Kerl, nachdem er sich fast achtzehn Jahre lang nicht um ihn gekümmert hat, sich plötzlich um seine Sicherheit scherrt.

„In dir fließt als mein Sohn dasselbe Blut, wie in mir. Und bislang bist du nie mit der anderen Seite der Welt, wie wir es nennen, konfrontiert gewesen. Nur als Baby, und das hat keinen Einfluss. Aber jetzt bist du dem Golem begegnet und musstest dich verteidigen. Und da du nicht wusstest wie, erwachte das Erbe deines Blutes in dir, um dich zu schützen. Rabena hat mir von dem Schild erzählt, dass du errichtet hast. Du hast es instinktiv getan, um nicht getroffen zu werden. Es ist schon eine erstaunliche Leistung für jemanden wie dich, einen solch stabilen Bann zu errichten. Aber ohne hättest du jetzt wohl einen eingeschlagenen Schädel.

Im Klartext heißt das für dich, du bist ein Magier, genauso wie ich. Auch wenn du noch gänzlich ungeübt bist“

„Ihr wollt mich wirklich verarschen, oder?“, fragte Joel nach. „Nette Geschichte, die ihr euch da ausgedacht habt, wirklich. Das ist Oskar reif.“ Seine Geduld war endgültig zu Ende. Das konnte und wollte er sich nicht länger anhören. „Ich hab Besseres zu tun, als mir diesen Schwachsinn anzuhören.“ nun gut, das war gelogen und wahrscheinlich wussten die beiden es auch, aber eine gute Ausrede umzugehen. Er drehte sich um und wollte aus dem Zimmer. Doch die Tür schlug zu und er hörte, wie das Schloss mit einem leisen Klick verriegelt wurde. Hinter sich hörte er Nash nur seufzen.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du mir nicht glauben wirst“, sagte er nur und erhob sich aus dem Sessel. „Aber da du auf eine Erklärung bestanden hattest, wirst du deinen Arsch jetzt auf das Sofa setzen und zuhören. Ist das klar?“

„Gar nichts ist klar! Ihr wollt mich doch nur auf den Arm nehmen. Schönen dank auch! Mit mir kann man's ja machen, oder wie?“ Nicht einmal im Traum dachte Joel daran, dem folge zu leisten. Er wollte sich nicht noch mehr Geschichten anhören, die sich die beiden einfallen ließen. Wahrscheinlich würden sie sich hinterher noch köstlich darüber amüsieren, da wollte er ihnen nicht auch noch die Genugtuung geben, das alles zu glauben.

„Setz dich einfach hin und hör zu“, mischte sich Rabena ein. „Ich weiß, wie das klingt, aber es bringt nichts, wenn ihr euch wegen so einer Kleinigkeit die Köpfe einschlagt.“

„Das ist längst keine Kleinigkeit mehr, Rabena“, entgegnete Nash. „Es wäre so, wenn seine Kräfte nicht erwacht wären. Aber jetzt haben wir ein gewaltiges Problem, und wenn er nicht lernt, sie zu kontrollieren, ein noch viel Größeres.“

„Ja welches denn? Dass ich kein Kaninchen aus dem Hut zaubern kann, oder was macht ihr 'Magier' sonst so?“ Joel verschränkte die Arme vor der Brust und dachte nicht daran, sich wieder hinzusetzen.

„Es ist verboten, den normalen Sterblichen echte Magie zu präsentieren. Auch wenn es immer wieder einige Idioten gibt, die es nicht lassen können. Aber nein, mit einem Hut und einem Kaninchen hat Magie weniger zu tun. Aber das werde ich dir bei deiner ersten Stunde genauer erklären.“ Nash winkte beiläufig mit der Hand und das Türschloss entriegelte. „Ob du mir bis dahin glaubst oder nicht, ist mir egal. Es wäre allerdings mehr als hilfreich und um einiges einfacher für dich.“ Joel setzte zu einer Frage an, doch sein Vater ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Heute Abend um neun Uhr kommst du nach unten in den Keller und wir fangen an. Und tu dir selbst einen Gefallen und zwing mich nicht dazu, dich nach unten zu zerren. Das wäre für dich unangenehmer als für mich.“ Damit ging er an Joel vorbei und verließ den Raum. Rabena seufzte, ließ sich gegen die Rückenlehne des Sofas fallen.

„Tu besser, was er sagt. Clarence kann mehr als grob und unfreundlich werden.“ Sie versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. „Es ist alles halb so wild, glaub mir. Aber du bist wirklich wie ein kleines, verängstigtes Mädchen davon gelaufen“, grinste sie.

„Ich glaube ich fange an, dich zu hassen“, murrte Joel. Rabena lachte daraufhin nur.

„Ja, ich mag dich auch.“

Die erste Stunde

„Magie ist es, die unsere Welt zusammenhält. Sie ist immer um uns herum. Sie ist die Luft, die wir atmen, der Boden, auf dem wir stehen. Sie ist Wärme und Kälte, Leben und Tod. Ohne Magie würde unsere Welt einfach auseinanderbrechen, bevor sie aufhört, zu existieren.

Feuer, Wasser, Luft, Erde sowie Ordnung und Chaos sind die fundamentalen Elemente. Übergeordnet steht dem nur die reine, magische Energie, die jede der sechs Elemente beinhaltet. Sie heben sich gegenseitig auf, ohne sich zu vernichten. Was übrig bleibt, ist Magie in ihrer Urform. Unverbraucht, unverdorben und keiner Richtung zugewiesen.“

Sie waren im Keller. Joel hatte nicht vermutet, dass es hier überhaupt einen gab, so nah, wie das Haus an den Klippen gebaut war. Es war feucht und kalt hier unten. Der Geruch von Schimmel und nassem Gestein hing in der Luft. Das Untergeschoss bestand nur aus einem großen Raum mit einer hohen Decke. Eine alte Lampe spendete spärliches Licht, tauchte alles in diffuses Zwielicht, machte die Schatten länger und dunkler. Wie Raubtiere lauerten sie hinter den Schränken, zwischen Büchern und allen möglichen Gerätschaften.

Die ganze Atmosphäre machte Joel mehr als nur nervös. Er hatte das letzte Gespräch immer noch nicht ganz verarbeitet. Wie auch? Knapp zwei Stunden reichten dafür nicht aus. Eine Stimme in seinem Hinterkopf flüsterte ihm immer noch zu, dass das alles nicht Real war, dass er wegen der Belastung durch den Tod seiner Mutter verrückt geworden ist, sich das alles nur zurecht spann. Doch ein stetig wachsender Teil war längst der Meinung, wusste, dass alles hier, so unwirklich es auch schien, real war. Und das machte ihm mehr Angst, als das Verrücktsein.

„Hey. Nicht träumen“, rief Nash, riss Joel somit wieder in die Gegenwart. Der Junge nickte nur schweigend, richtete seinen Blick wieder auf seinen Vater, der mit seiner Erklärung fortfuhr.

„Feuer ist es, was unser Herz schlagen lässt“, sprach Nash, schnippte, erzeugte somit eine kleine Flamme. Er streckte die Hand aus und die Flamme löste sich von seinen Fingerspitzen. Sie wurde erst größer, dann formte sie sich zu einer Kugel. Wie eine kleine Sonne schwebte sie nun in der Luft, während Nash mit seiner Erklärung fortfuhr.

„Wasser ist der Grundbaustein allen Lebens. Unser Körper, unsere ganze Welt besteht zum Großteil aus diesem Element.“ Er machte mit der flachen Hand eine kreisende Bewegung in der Luft. Wasser tropfte von seinen Fingern auf die Handfläche seiner Linken, bildete genauso wie das Feuer eine Kugel. Diesmal drehte er sich um, machte dabei einen Schritt zur Seite, sodass Feuer und Wasser sich in einer Linie gegenüber waren.

„Luft lässt uns atmen, lässt uns Leben.“ Dieses Mal verschränkte er die Hände ineinander, hielt sie sich vor den Mund und blies kurz hinein. Als er sie wieder voneinander löste, entstand ein kleiner Tornado, welcher sein eigenes Ende aufzusaugen schien, somit einen sich stetig bewegenden, grauen Ring bildete. Nash ließ ihn links von sich in der Luft stehen, trat einen Schritt nach rechts, stampfte dabei mit dem Fuß auf. Der Stein unter ihm brach und er hockte sich hin, nahm einige der gesplitterten Teile in die Hand, richtete sich wieder auf.

„Erde gibt uns Nahrung, Sicherheit.“ Er ließ den Staub, die kleinen Steinbrocken in der Luft tanzen, richtete sie gegenüber von dem Tornadoring aus.

„Ordnung und Chaos sind so etwas wie Zeit und Raum, Licht und Dunkelheit. Ohne das eine existiert das andere nicht.“ Nun streckte er beide Hände zur Seite aus. Auf seiner rechten sammelten sich dunkle Schatten und auf seiner Linken ein helles Licht, beides geformt zu einer Kugel.

Nash stand nun in der Mitte eines Kreuzes, abgesteckt durch die Elementkugeln, in den Händen das Chaos und die Ordnung.

„Hast du es bis hierher verstanden?“, fragte er nach, sah zu Joel. Der Junge schwieg. Er wusste nicht, ob er es verstanden hatte oder nicht. Wie auch, wenn er nicht begriff, was sich dort vor seinen Augen abspielte. Es kam ihm immer noch wie in einem Traum vor. Den Gedanken, dass Nash ihn vielleicht auf den Arm nehmen wollte, hatte er längst wieder verworfen. Niemand machte so einen Aufriss für einen Scherz. Außerdem wirkte es so real … Vielleicht schlief er doch noch. Wäre doch immerhin eine Möglichkeit …

„Hey! Nicht träumen“, mahnte Nash ihn scharf und Joels Blick ruckte wieder nach oben. Leicht nickte er, murmelte ein „Tu ich nicht.“ und hörte weiter zu.

„Gut“, brummte sein Vater, fuhr mit seiner Ausführung fort. Zusammen bilden diese sechs Elemente reine, magische Energie, da sie gegensätzlich sind.“ Er streckte eine Hand vor, schloß die Augen und sprach weiter. „Feuer und Wasser, Luft und Erde, Chaos und Ordnung heben sich gegenseitig auf, gleichzeitig ergänzen sie sich auch. Wo kein Licht ist, gibt es keine Dunkelheit, denn erst das Licht lässt uns die Dunkelheit sehen.“ Nash streckte seinen zweiten Arm aus, hielt die Hand über die andere. Nun sammelten sich die beschworenen Elemente, verbanden sich zu einer einzigen Kugel. Als sie aufeinandertrafen, blendete Joel ein gleißend helles Licht. Es drang selbst durch seine geschlossenen Lieder, erfüllte ihn mit einer angenehmen, dennoch fremdartigen Wärme.

Als das Licht wieder schwächer wurde, öffnete er Augen, sah zu Nash. Die Elementkugeln waren verschwunden. Nun hielt er nur noch eine zwischen seinen Händen. Joel hatte das Gefühl, dass sie leicht pulsierte, spürte es regelrecht in seinem Körper. Es prickelte auf seiner Haut, ließ seinen Atem stocken.

„Diese Energie ist es, was es uns erlaubt, die Elemente zu kontrollieren, Magie zu wirken“, erklärte Nash. „Es gibt viele verschiedene magische Wesen auf dieser Welt. Einige von ihnen sind in ihrem Grundwesen verschiedenen Elementen zugeordnet. Vampire zum Beispiel gehören dem Chaos an, himmlische Wesen wie Engel dagegen der Ordnung. Wölfe der Erde, Füchse der Luft, Nixen dem Wasser, Phönixe dem Feuer. Das sind natürlich nur einige Beispiele.“ Joel nickte. Er hörte nur mit halbem Ohr zu. Viel zu sehr war er gebannt von der Energiekugel in Nashs Hand. Er wusste nicht, warum, doch er schaffte, es kaum, seine Augen von ihr abzuwenden. Sein Vater schien es jedoch nicht zu bemerken oder er ignorierte es einfach, denn er fuhr unbeirrt fort.

„Doch es passiert immer wieder, dass einige dieser Wesen auch anderen Elementen zugeneigt sind. So haben gefallene Engel eher eine Affinität zum Chaos als zur Ordnung und es gibt auch Wölfe, die eher dem Feuer zugeneigt sind. Auch unter uns Magiern gibt es welche, die von Geburt an eher einem bestimmten Element zugeneigt sind. Das hat oft mit ihrer Familie und Herkunft zu tun. Doch im Grunde gehören wir zu den wenigen, die in der Lage sind, alle Elemente zu beherrschen. Einschließlich der reinen, magischen Energie.“ Nash sah zu Joel. Der Junge hörte nicht wirklich zu und vielleicht waren es im Moment auch zu viele Informationen für ihn. Immerhin war alles neu und sicher nicht einfach zu begreifen.

„Ich denke, das reicht für heute“, stellte er fest und presste seine Hände aufeinander. Die Kugel verschwand wieder und auch ihr Licht erlosch. Joel blinzelte, wirkte etwas durcheinander. Nun herrschte wieder trübes Zwielicht, erzeugt durch die einsame Deckenlampe und seine Augen mussten sich erst einmal wieder daran gewöhnen. „Ich hoffe für dich, dass du es verstanden hast. Noch einmal werde ich es dir nicht erklären“, stellte Nash fest, sah ihn prüfend an. „Wie auch immer“, fuhr er dann fort, ohne ihn antworten zu lassen. „Mir ist klar, dass du nicht von heute auf morgen alles beherrschen wirst, was andere in deinem Alter können. Das heißt allerdings nicht, dass ich dich mit Samthandschuhen anpacken werde.“

„Warum … muss ich das überhaupt lernen?“, fragte Joel vorsichtig nach. „Es ging doch die ganze Zeit ohne diesen … magischen Kram. Ich mein es … es ging doch auch vorher ohne.“ Er wusste nicht, warum, aber diese Kugel reiner Energie, hatte sämtliche Zweifel fortgeschafft. Es hatte sich so … lebendig ...warm … einfach richtig angefühlt. Und dabei hatte er sie nur gesehen und gespürt, nicht einmal erschaffen, wenn man es so nennen konnte.

„Du musst es lernen, weil es ein Teil von dir ist“, entgegnete Nash. „Es kommt häufig vor, dass die magische Seite nicht erwacht, wenn man nicht mit Magie oder der gleichen konfrontiert wird. Aber durch den Golem hast du dich schützen müssen und rein instinktiv auf das einzige zurückgegriffen, was du zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung hattest.“ Wieder nickte Joel nur leicht, anstatt zu antworten. Er hatte es verstanden … zumindest nahm er es an. Aber er fühlte sich auf einmal unendlich müde und wollte nichts weiter, als seine ruhe. Sich hinlegen, die Augen schließen und die Welt vergessen. Nash seufzte, rieb sich kurz die Stirn.

„Nun gut. Ich möchte, dass du eine Sache übst. Wir werden mit Feuer anfangen. Wenn du deine Finger oder Hände aneinander reibst, entsteht Wärme. Du musst diese Wärme nutzen und weiter entfachen, um ein Feuer entstehen zu lassen. Die Größe ist erst einmal nicht wichtig. Hauptsache du bekommst das hin.“ Er trat zu Joel, hob die Hand und schnipste, hielt eine kleine Flamme über seine Handfläche, wie er es zu beginn schon getan hatte, als er die Elemente erklärt hatte.

„Ich werde es versuchen“, murmelte Joel.

„Gut“, nickte Nash. „Nächste Woche wirst du mit Rabena zur Schule gehen. Ich denke, sie kann dir am besten mehr darüber erzählen. Frag sie einfach.“

„Mach ich.“

Erneut nickte Nash leicht, entließ Joel dann. Ohne ein weiteres Wort ging der Junge nach oben. Er war froh, dass Rabena ihm nicht über den Weg lief und er einfach in sein Zimmer konnte.
 

Leise schloss er die Tür hinter sich und ließ sich auf sein Bett fallen, vergrub das Gesicht im Kissen. Erst jetzt merkte er wieder, dass sein Körper von dem Angriff immer noch schmerzte. Was aber viel schlimmer war, war die Müdigkeit. Aber jetzt konnte er ja endlich schlafen …

Etwas stimmte nicht. Zumindest hatte er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Doch er beschloss, es erst einmal zu ignorieren und schloss die Augen, dreht den Kopf auf die Seite. Schwaches Licht drang durch seine Lieder. Komisch. Hatte er die Tür nicht hinter sich zugemacht? Träge öffnete er ein Auge, um herauszufinden, woher das Licht kam.

Mit einem leisen Aufschrei ruckte er nach oben und zuckte zurück, stieß dabei gegen die Wand, an welcher sein Bett stand.

„Was … was machst du hier?!“, rief er aus.

Das Mädchen vor ihm richtete sich wieder auf. Licht fiel durch die offen gelassene Tür und tauchte sie in Schatten, was es ihm unmöglich machte, in ihrem Gesicht zu lesen. Doch er konnte das Grinsen auf ihrem Gesicht förmlich spüren.

„Ich wollte nur wissen, ob du schläfst“, antwortete Rabena belustigt. „Und da ich dich nicht wecken wollte, hab ich nichts gesagt.“

„Das klingt komplett unlogisch“, stellte er fest und sie zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder um. Schnellen Fußes hatte sie den Raum wieder durchquert und machte das Licht im Zimmer an. Ihre Schritte waren kaum hörbar und nun wunderte es ihn auch nicht mehr, dass er sie nicht eher bemerkt hatte. „Und eigentlich wollte ich gerade schlafen gehen“, fügte er hinzu, als sie sich wieder umwandte und zu ihm setzte.

„Du kannst gleich auch noch schlafen gehen“, winkte sie ab, sah dann einige Zeit schweigend auf einen Punkt vor sich auf dem Boden. Joel seufzte nur, setzte sich aufrecht hin und wartete ab, was sie von ihm wollte.

„Ich glaub, ich war etwas zu hart zu dir“, erklärte sie dann. Joel zuckte mit den Schultern und hoffte innerlich, dass sie bald wieder verschwinden würde. Eigentlich hatte er nicht viel Sinn danach, mit ihr zu reden. Am Ende machte sie sich nur wieder über ihn lustig und das konnte er jetzt beim besten Willen nicht gebrauchen.

„Clarence hat mir erklärt, was los ist. Naja, dass mit deiner Mum, dass das alles hier neu ist. Gut, ich wusste es vorhin schon und von daher war es erst recht unfair“, fuhr sie fort, warf ihm einen prüfenden Blick zu. „Wie auch immer. Es tut mir jedenfalls leid und ich möchte mich entschuldigen.“ Joel antwortete darauf nicht sofort. Mit hochgezogenen Brauen neigte er den Kopf ein wenig und musterte sie. Auch wenn er sie genaugenommen erst seit heute kannte, hatte er das Gefühl, dass an der Sache etwas faul war. Rabena spielte mit einer Haarsträhne, warf ihm erneut einen Blick zu. Kurz setzte sie dazu an, etwas zu sagen, blieb allerdings stumm.

„Ach verdammt. Ist ja schon gut“, brummte sie nach kurzem Schweigen. „Clarence hat gesagt ich soll mich entschuldigen, okay? Sonst streicht der geizige Arsch mir auch noch den Rest meines kümmerlichen Taschengeldes.“ Joel seufzte. Hatte er es doch gewusst.

„Hör zu“, sagte er dann. „Ich will einfach nur schlafen. Nichts weiter als mich hin legen, die Augen zumachen und schlafen. Sag ihm meinetwegen, was du willst, ist mir egal.“ Er klang etwas gereizter als gewollt, allerdings war er auch zu K.O um es großartig zu verbergen.

„Na gut“, antwortete sie gedehnt, sah zu ihm. „Ein klein wenig tut es mir doch leid.“ Entweder sie bemerkte es nicht, oder sie ignorierte gepflegt, dass er seine Ruhe wollte. Am wahrscheinlichsten war wohl die zweite Variante. „Das mit deiner Mum tut mir leid“, fuhr sie dann fort und dieses Mal klang es ehrlicher als der misslungene Versuch einer Entschuldigung. „Ist bestimmt nicht leicht. Auch mit dem Umzug und allem, was heute war.“

„Ist schon okay. Ich komm damit zurecht.“ Rabena warf ihm bei seinen Worten noch einmal einen prüfenden Blick zu, ehe sie aufstand.

„Ach ja, eine Sache noch“, wandte sie sich noch einmal zu ihm um. „Clarence hat mir erzählt, dass du mit auf meine Schule sollst. Ich will dich nur einmal vorwarnen, damit nicht wieder so etwas passiert wie heute. Es wird eine andere Schule sein als die, auf der du bis jetzt warst. Montag wirst du schon sehen, was ich meine.“ Sie ging zur Tür und machte das Licht wieder aus. Bevor sie ganz nach draußen verschwunden war, blieb sie noch einmal stehen. „Dein Vater ist ein guter Mensch, auch wenn er manchmal ein riesen großes Arschloch sein kann. Du solltest ihm das nicht übel nehmen. Er hat für fast alles was er macht seine Gründe.“

„Was meinst du damit?“, fragte Joel.

„Schlaf gut“, sagte sie nur, bevor sie die Tür hinter sich zu zog und ihn alleine ließ.



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von:  Inzestprodukt
2012-02-13T22:21:05+00:00 13.02.2012 23:21
Ein wirklich schöner Anfang, an Tippfehler oder KOmmasetzung geile ich mich jetzt nicht auf, ich möchte mich ja auf den Inhalt beziehen ;)

Ich denke auch, dass du dem Charakter von Joel gerade genug gegeben hast, um nachvollziehbar mitleiden zu können. Mir kommt schnell die Galle hoch, wenn ich diese Emoposts lese, aber hier ist alles im Rahmen, sehr schön.
Nash (warum Nash?) ist ein interessanter Charakter, ich hoffe nur, er ist nicht das Klischeebild des desinteressierten Vaters XD

Der Nachsatz hingegen spricht ja von etwas anderem :)

Lg
S
Von:  Inzestprodukt
2012-02-13T22:19:43+00:00 13.02.2012 23:19
Ein wirklich schöner Anfang, an Tippfehler oder KOmmasetzung geile ich mich jetzt nicht auf, ich möchte mich ja auf den Inhalt beziehen ;)

Ich denke auch, dass du dem Charakter von Joel gerade genug gegeben hast, um nachvollziehbar mitleiden zu können. Mir kommt schnell die Galle hoch, wenn ich diese Emoposts lese, aber hier ist alles im Rahmen, sehr schön.
Nash (warum Nash?) ist ein interessanter Charakter, ich hoffe nur, er ist nicht das Klischeebild des desinteressierten Vaters XD

Der Nachsatz hingegen spricht ja von etwas anderem :)

Lg
S
Von: abgemeldet
2011-09-03T22:55:41+00:00 04.09.2011 00:55
und noch einmal.
Dieser Deal, wie Nash ihn hier eingeht, erinnert mich an irgendeinen Film, leider weiß ich nicht mehr an welchen... Jedenfalls hat es ein schlechtes Ende genommen und so etwas in der Art, befürchte ich auch hier. Jedenfalls: ich fiebere absolut mit den Charakteren mit.
Dein Stil gefällt mir immer besser und nach und nach bekommen die Charaktere mehr Tiefe.
Auch die Einführung der magischen Welt und der Ladenbesitzerin ist sehr gut gelungen! Das Ganze macht jedenfalls Lust auf mehr und ich werd diese Geschichte wohl weiterverfolgen und mich an dieser Stelle entschuldigen, dass ich keine sinnvollen Tipps geben kann... Aber mir fallen einfach keine ein.
lg
cyre
Von: abgemeldet
2011-09-03T22:41:01+00:00 04.09.2011 00:41
Hm~ mich hat der Anfang nicht gestört, also habe ich da entweder ein anderes Empfinden als meine 'Vorkommentatoren' oder du hast etwas geändert... wie auch immer, ich finde es nicht schlecht. Joel muss sich ja erst einmal 'einleben', was in diesem Fall eben nicht besonders spannend ist, wenn das Haus nicht viel zu bieten hat, bzw. die Hälfte der Räume für ihn Tabu ist. Obwohl es sicher nicht schaden kann, wenn seine Gedanken dabei zu seiner Mutter gleiten, weil man sie als Leser dann ja auch besser kennenlernen würde.
Das Mädchen ist interessant ;)
Sehr aufbrausend, so viel ist sicher und man bekommt beim Lesen fast Angst vor ihr! Bin sehr gespannt in welcher Beziehung sie zu Nash steht.
Und dann mal auf zum nächsten Kapitel
lg
cyre
Von: abgemeldet
2011-09-03T22:16:26+00:00 04.09.2011 00:16
Hallo!

Ein wirklich guter Anfang für eine Geschichte, hat mir super gefallen. Du hast einen schönen Schreibstil und die Art und Weise wie du Joels Gefühle bzw. die Beschreibungen einflechtest, ist klasse. Man kann sich mMn sehr gut in ihn hineinversetzen und geht in der Geschichte auf. Erstaunlich wie schnell es dir gelungen ist mir diesen Charakter näher zu bringen!
Du hast auch gerade die richtige Menge an Emotionen hineingebracht. Genug, damit man die Trauer spürt, aber nicht zu viel, sodass sich das ganze in ein tränenreiches Treffen verwandelt.
Nash empfinde ich als interessanten Charakter und ich bin auf Weiteres von ihm gespannt.
Aufgefallen ist mir nur ein kleiner Vertipper ganz am Ende: meinte e0,r noch während er aus dem Raum verschwand
Ansonsten echt top! *dann mal weiterlesen geht*
lg
cyre
Von:  Zorane
2011-08-20T10:17:48+00:00 20.08.2011 12:17
Und der dritte ;)
Dieses Kapitel hat mir deutlich besser gefallen, als das letzte, es hatte das Niveau des ersten Kapitels und war meiner Meinung nach wieder sehr gut! Da war nichts mehr comichaftes, voller Klischees, du hast eine Welt eingeführt, die ich so noch nicht gesehen habe und wir wissen ja alle, dass das in der Fantasy alles andere als Einfach ist. Besonders die Ladenbesitzerin hat mir gefallen, sie schien eine interessante Persönlichkeit zu sein, deren Rat einerseits sehr wertvoll ist, andererseits scheint es auch riskant zu sein, zu ihr zu gehen. Ich frage mich, ob sie auch eine menschliche Gestalt hat. In jedem Fall eine äußerst interessante Figur.
Auch Nash hat durch den Besuch an Tiefgang gewonnen. Einerseits wird er von der Ladenbesitzerin als egoistisch bezeichnet, andererseits scheint sein Sohn ihn ja doch zu interessieren, weil er ihn da heraus haben will und dafür sein eigenes Leben riskiert, zumindest schien es mir so.
Ein äußerst cleverer Schaczug war es, dass du die Gefahr gröber Skziert hast, zudem auch noch angedeutet, dass seine Mutter wohl auch nicht einfach nur ein Mensch war. Andererseits hast du aber NICHT verraten, worin die Gefahr nun eigentlich besteht, sodass der Leser immer noch im Dunklen steht. Am Anfang finde ich das richtig toll. Nur ein Tipp: Pass auf und mach das nicht zu lang, irgendwann will der Leser auch eine Auflösung, aber das hängt natürlich jetzt davon ab, was du willst. Willst du, dass der Leser immer einen Schritt hinter Nash her ist und ihn rätseln lassen, also einen Einstich ins Mystery haben, dann solltest du natürlich nicht zu viel verraten. Geht es hauptsächlich darum, es zu verhindern, dann sollte er es irgendwann doch erfahren. Nicht unbedingt der Protagonist, aber auf jeden Fall der Leser. :)
In jedem Fall ein sehr gutes Kapitel in dem ich eigentlich... uhm... GAR NICHTS zu kritisieren habe. Außer vielleicht, dass ich keine ahnung von Autos habe und dass du mir eher ein Bild gibst, wenn du nicht das Modell sagst sondern so etwas wie "die auf hochglanzpolierte Limousine" oder "den bereits ein wenig zerknautscht aussehenden Trabby" oder so etwas :)
Freue mich, wenn du weiter schreibst!

LG
Zora
Von:  Zorane
2011-08-20T10:01:59+00:00 20.08.2011 12:01
Hey :)
Ich bin's wieder. Tut mir Leid, dass es ein wenig gedauert hat, ich bin momentan ein wenig im Stress. Auch hier gleich am Anfang: Insgesamt gut, auch wenn mir die langeweile am Anfang ein wenig zu lang war. Da wird mir ja auch langweilig und das ist ja nicht dein Ziel als Autor, nicht wahr? Jedenfalls ist es meines nicht.
Wenn du so eine Szene hast, in der an sich nichts passiert und der Protagonist das Gefühl haben soll: Hey, mein Vater interessiert sich ja einen Scheißdreck für mich! Dann nutz das, um ihn zu Charakterisieren. Ich kann mir vorstellen, wenn jemand wie er erst vor kurzem eine sehr wichtige Person verloren hat (in dem Fall die Mutter), dann wird er immer versuchen irgendwas zu tun. Ansonsten kommen die erinnerungen sicher mit riesiger Heftigkeit zurück. Als er merkt, dass sie kommen, lass ihn unruhig durch die Villa wandern, aber wenn in einer Szene kein Konflikt ist (ich konnte keinen Entdecken!) und nichts großaritg neues zur Charakterisierung passiert ist das ein recht eindeutiges Zeichen, dass sie gestrichen werden kann! Wenn du das mit drin lassen willst, dann überleg dir einen Konflikt, sonst ist es leider eher langweilig :(
Zur Begegnung dem Mädchen. Die fand ich an sich recht schön, auch wenn das Mädchen mir schon recht überzogen vorkam. Sie sind ja im gleichen Alter und meistens greifen da ja gleichaltrige nicht sofort an, oder?! Am Boden das hat mich ein wenig an einen Comic erinnert, mag ja aber sein, dass das Absicht gewesen ist. (Kennst du Evangelion? Da gibt es ein Mädchen (Asuka) die tritt genauso auf und an die hab ich mich irgendwie erinnert gefühlt.)
an sich gut fand ich auf jeden Fall, dass du das Haus weiter beschrieben hast, sowie auch die Beschreibung des Mädchens. Auch, dass sie erst ein wenig müttlerlich daher kommt (sie kocht etc.) und dann aber doch ganz anders ist, finde ich an sich eine gute Methode sie einzuführen.
Hoffe ich konnte dir ein bisschen Helfen :) Und nicht böse sein, ich fand es an sich eigentlich ziemlich gut. ^^

LG
Zora
Von:  Zorane
2011-08-18T07:31:02+00:00 18.08.2011 09:31
hey!

An sich finde ich die OF wirklich gut :) Du hast einen flüssigen Schreibstil, wirfst unauffällig immer wieder Hinweise (Meer, Bergstraße, nicht schmutzig, aber auch nicht sauber etc.) ein, durch die man einen sehr, sehr guten Eindruck der Umgebung bekam. Was mir ein bisschen Fehlt, ist ein Bild der beiden Figuren, aber vielleicht habe ich auch einfach nur zu schnell gelesen, kann auch sein.
Was mir noch aufgefallen ist: Mir tut Joel leid, weil er seine Mom auf so grausame Weise verloren hat. Gleichzeitig kann ich allerdings seinen Schmerz nicht nachempfinden, ich kenne seine Mom nämlich nicht, oder wenn nur sehr, sehr wage (die kurze Beschreibung am Anfang). Klar spielt es nicht so die große Rolle, aber wenn ich als Leser wüsste, welcher Verlust ihr Tod bedeutet, dann würde ich Joel noch viel mehr bei seinem Ziel unterstützen, ihren Mörder zu finden, wenn du verstehst was ich meine. Also, um's auf den Punkt zu bringen: Schreib am besten irgendwo am Anfang eine Szene hin, in der seine Mom zeigst, nicht nur beschreibst, sondern eben zeigst. Heißt ja so schön: Show, don't tell. :)

Ansonsten... hmm... mir ist eigentlich nur die eine Stelle aufgefallen, wo 'er' (Joel) seinem Vater das Schreiben unter die Nase hält. Davor ist 'er' aber Nash, also sein Vater, wenn du da den Bezug noch klären könntest wäre das echt toll.

Abgesehen von den Kleinigkeiten... Eine wirklich tolle FF, ich denke ich werde gleich weiter lesen (nachdem ich Haare gewaschen und Seminararbeit weiter geschrieben und... *räusper* Du weißt schon). :)

LG
Zora
Von:  sunshishi
2011-06-12T14:21:34+00:00 12.06.2011 16:21
Schon wieder ich^^

Dieses Mal hat es mir wieder besser gefallen. Lag vielleicht an der Ladenbesitzerin, die hat mir sehr gut gefallen. Ich hoffe, die taucht nochmal auf^^
Insgesamt hast du die magische Welt recht gut eingeführt, nicht zu aufdringlich, nicht zu kitschig, sondern spannend und mysteriös.
Nash finde ich auch sehr interessant. Bin mal gespannt, wie sich sein Deal entwickeln wird.

Noch ein paar Faselfehlerchen:

>An seinem Ziel angekommen stellte er fest
Komma zwischen "angekommen stellte".

>wurde dann wider von ihr unterbrochen.
wieder

>Das wird dich einiges Kosten.
kosten

Wundervolle Geschichte so weit. Werde ich doch glatt mal auf meine Abo-Liste setzen, damit ich sehe, wann's weiter get.


Liebe Grüße
SuShi

Von:  sunshishi
2011-06-12T13:54:58+00:00 12.06.2011 15:54
Huhu,

ich schon wieder^^
Dieses Mal fand ich es inhaltlich etas schwächer. Okay du stellst die Charaktere etwas näher vor und führst einen neuen ein, das Haus wird beschrieben usw. Aber insgesamt passiert nicht viel. Am Ende der Angriff auf Joel wirkte dann fast etwas übertrieben. Vielleicht war mir auch der Kontrast zur anfänglichen Langeweile zu groß.

Wieder ein paar Kleinigkeiten:

>Vielleicht entdeckte man noch etwas Interessantes zwischen eintöniger Langeweile und dem großen Nichts.
>Vielleicht entdeckte er doch noch etwas Interessantes.
Beide Sätze sind viel zu ähnlich und stehen dann auch noch recht nah beieinander.

>So schnell wie er verschwunden war hatte er dazu auch keine Zeit gehabt.
Komma zwischen "war hatte".

>eben eine verwöhnte, eingebildete und meist auch dumme Schlampe. Wie die meisten Cheerleader eben so waren.
Wortwiederholung "eben".

>„Du bleibst schön stehen Freundchen“
Komma vor "Freundchen".

>Und glaub nicht dass ich, dass ich das Messer nicht benutze, mein Lieber.
Ein "dass ich" ist da wohl zu viel, oder?


Insgesamt ein gutes Kapitel, aber nicht so gut wie das erste.


Liebe Grüße
SuShi


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