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Geschichten aus dem Nichts

Für die Schreiberlingsecke und alle Anderen
von

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Eckbert

Wenn man Alles hat...
 

Dieser Teil des Strandes war durch zwei Dünen begrenzt und der einzige Zugang war durch das Tor am Zaun. Warum dieser abgelegene Teil eingezäunt war, interessierte Siegfried nicht die Bohne, für ihn war es nur wichtig ob das Tor auf oder abgeschlossen war. Beim Näher kommen fiel dem Jugendlichen sofort auf, dass das Tor bereits offen stand und so trat er selbstbewusst ein.

Dieser Strand bot nicht viel, nur Sand, Sonne, das Meer und eine einsame Liege. Es war perfekt! Keine nervigen, kleinen Kinder und keine dickbäuchigen Kerle die die Sicht auf das Meer und noch mehr versperrten – das musste das Paradies sein! Schnell eilte er zu dem freien Plätzchen, bevor Jemand ihm dem Platz an der Sonne streitig machen konnte, obwohl hier scheinbar Niemand war.

„Nanu?“ Ein verdutzter Gesichtsausdruck zierte das Gesicht des jungen Herren, als er auf der Liege ein Häufchen Sand vorfand. Scheinbar stand diese schon länger hier, obwohl das Gerippe und der Stoffbezug sehr neu aussahen. Aber nachdem er die Bank kurz auf die Seite gelegt hatte, stellte das mysteriöse Häufchen keine Bedrohung mehr für seine Entspannung dar. Mit einem genüsslichen Ausatmen läutete Siegfried seine Erholung ein. Doch kaum waren die Augen des Jungen geschlossen, da merkte er, dass Jemand neben ihm stand. Sofort riss er die Augen auf und erblickte einen kleinen Drachen neben sich, kaum größer als ein Kind. Sonderlich erstaunt oder verwundert schien er nicht darüber zu sein, dass neben ihm eine mystische Gestalt stand. Der Drache erinnerte ihn an eine Comicfigur, mit seiner großen Nase, dem kurzen Maul, dem runden Bäuchlein und den kurzen Gliedern. Nur die Sandfarbe passte nicht sonderlich, Siegfried hätte eher das Grün erwartet, dass der Drache auf seinem Bauch hatte.

„Ich bin Eckbert. Wer sind Sie?“

„Siegfried.“

„Hallo Siegfried! Ich werde Ihnen ab sofort jeden Wunsch erfüllen!“

„Wirklich?“ Siegfried war genervt. Er wollte hier seine Ruhe haben und nicht von solch einem Vieh voll gequatscht werden. „Ich will nur meine Ruhe, hau ab!“

„Wünschen Sie Etwas zu essen?“

Der Drache schien der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein, da war sich Siegfried sicher, immerhin reagierte er nicht auf seine Bitte.

„Na meinetwegen!“

„Was möchten Sie denn?“

„GOTT! Bring mir... was weiß ich! Einen Burger!“

„Sehr gerne.“
 

Endlich Ruhe! Dachte Siegfried, lag damit jedoch nicht ganz richtig. Kaum öffneten sich seine Augen nach einem routinierten Lidschlag, stand über seinem Bauch ein Tablett, mir Stützfüßen, auf dem ein großer Hamburger stand.

„Was zum?“ Zögerlich griff Siegfried nach dem leckeren Essen und hob es hoch, um es genauer zu inspizieren. Zwei Buletten, extra Käse, rote Zwiebeln, sowie Ketchup und Senf. Genauso liebte er seine Burger! Aber von seiner Lieblingsfastfoodkette konnte er nicht sein, dafür waren die Fleischstücke viel zu groß und am Käse hatte Eckbert offensichtlich auch nicht gegeizt. Erwartungsvoll biss der Jugendliche von seiner Leibspeise ab und erstarrte kurz. Dieser Burger... er war definitiv das BESTE, was er je zwischen seine Zähne bekommen hatte! Das Fleisch! Leicht blutig und dennoch zart wie ein Babyhintern. Der Käse! Innen leicht zäh und außen mit einer Schmelzkäseschicht. Der Senf! Nicht zu scharf, nicht zu mild. Der Ketchup! Würzig und doch dezent genug um dem Fleisch nicht die Show zu stehlen.

„HEILIGE SCHEISSE!“ Sofort musste er ein Weiteres mal abbeißen. Bloß nicht Schlingen! Lieber genießen!

„Argentinisches Rind! 200 Quadratmeter Südhang...“, fing Eckbert mit der Verkündung der detaillierten Inhaltsstoffe an, doch der Jugendliche hörte ihm nicht zu.
 

Die weiche, weiße Haut des jungen Mannes wurde plötzlich sehr rau, als hätte man Siegfrieds Haut mehrere Stunden mit Schmirgelpapier bearbeitet. Eine Veränderung dessen er sich aber nicht bewusst wurde, immerhin war seine Haut, die er sehen konnte, vollkommen intakt.

„Eckbert! Mach mir 20 von den Dingern!“, forderte der Schwarzhaarige, kaum hatte er die Nahrungszufuhr eingestellt.

„Vor dem Tor stehen hungernde Kinder. Darf ich ihnen einige von Ihren Burgern abgeben?“

„Habe ich dann weniger?“

„Ja.“

„Bloß nicht!“

„Wie Sie wünschen. Ich habe mir die Freiheit genommen und für Sie im Lotto getippt, hier ist Ihr Schein.“

Noch benebelt von der Geschmacksexplosion des Burgers nahm Siegfried, ohne nachzudenken, den Lottoschein von dem kleinen Drachen an, welcher ihm dann zusätzlich auch noch einen Tabletpc reichte.

„Die offiziellen und natürlich aktuellen Lottozahlen werden bereits angezeigt.“, versicherte Eckbert in einem neutralen, dienenden Ton. Er rührte sich dabei nicht um einen Millimeter, selbst seine kleinen Flügelchen standen still.

„Ohja! Danke.“ Acht … Acht. Zehn ... Zehn. Zweiundzwanzig … Zweiundzwanzig. Drei Richtige? Jetzt schon? Dreiundzwanzig … … Dreiundzwanzig! Konnte es...? Einunddreißig … Einunddreißig! Das konnte doch kein Zufall mehr sein! Vierzig … VIERZIG!

„HEILIGE MAMASITA! ICH HAB GEWONNEN! ICH HAB IM LOTTO GEWONNEN!“ Voller Begeisterung stemmte Siegfried seine geballten Fäuste in die Luft, doch zum Aufspringen war er gleichzeitig zu benebelt.
 

Mittlerweile fingen seine Zehen und teile seiner Brust an zu Sand zu werden, welcher langsam von seinem Körper rieselte, doch Siegfried sah immer noch seinen Adoniskörper vor sich.

„Eckbert! Du scheinst ein Händchen fürs Tippen zu haben! Tipp nochmal! In jedem Land!“

„Vor dem Tor stehen Bettler, soll ich ihnen nicht Etwas von Ihrem Gewinn abgeben?“

„Hä! Was? Vergiss es! Ich brauch die 6 Millionen selber!“

„Ich möchte Ihnen noch weitere Nachrichten zeigen!“ Endlich regte sich mehr, als nur Eckberts Maul, als dieser mit seinen drei kurzen Fingern schnipste.

„Deutschlehrer verstorben?“ Durch das Schnipsen hatte der kleine Bildschirm plötzlich zu den aktuellen Nachrichten gewechselt. „Herr Schmidth ist gestorben? Ich glaub's nicht! Dieses Arschloch ist verreckt? GEIL! Dieser Wichser hatte mir eine Fünf in Deutsch gegeben! Das geschieht ihm SO recht!“
 

Weiterhin entzog es sich Siegfrieds Wahrnehmung, dass nun weite Teile seines Körpers zu Sand wurden und in kleinen Bächen zu Boden rieselten.

„Vor dem Tor stehen seine Angehörigen, möchten Sie ihnen nicht Trost spe...“

„Leck mich! Es ist mir scheiß egal wer immer vor diesem scheiß Tor steht! Wo bleiben überhaupt meine Burger?“ Schon war Eckbert verschwunden, wieder hatte er den Moment während des Lidschlages dafür genutzt.

Geiles Essen, ein Schein der Millionen wert ist, ein toter Deutschlehrer... War das hier das Paradies? Siegfried war es egal! Er entschloss, dass er niemals wieder aufstehen wollte. Eckbert war zwar anstrengend, dafür erfüllten sich hier seine wildesten Wünsche. Doch eine Kirsche für die Schlagsahne müsste es noch geben.

„Hallo Siegfried.“ Eine betörende, liebliche Stimme schallte vom Meer zu Siegfrieds Ohren. Diese sanfte Frauenstimme war wie eine Liebkosung für sein Gehör.

„Ohhhhjaaaa!“

„Hallo Siegfried.“ Eine dunkle, plumpe Stimme schallte vom Meer zu Siegfrieds Ohren, doch stellte diese kräftige Frauenstimme für sein Ohr nur eine Misshandlung dar.

„Ohhh Goooott!“

Bevor der Jugendliche sich vorstellen konnte, wie die Frauen aussehen könnten, stiegen diese bereits aus dem Meer. Die erste Frau war sehr dünn und grazil. Sie hatte lange, blonde Haare und entsprach genau Siegfrieds Typ. Die Andere hingegen fand er nur abstoßend! Kräftig wie ein Walross und mit einer spiegelglatten Glatze. Nach ganzen drei Lidschlägen standen beide Damen direkt neben seiner Liege. Die Grazile auf seiner Rechten, die Gewaltige auf seiner Linken. Direkt vor seinen Füßen stand natürlich wieder Eckbert.

„Die Dame auf deiner rechten Seite heißt Krieg. Sie, auf deiner Linken, hingegen heißt Frieden. Mit wem möchtest du denn dein Paradies teilen?“

„Da fragst du noch? Natürlich mit Krieg!“ Siegfrieds Sinne waren immer mehr und mehr benebelt, Krieg und Frieden klangen für ihn wie normale Namen.
 

Siegfrieds Körper war nur noch eine Figur aus Sand. Zwar waren seine Glieder, der Körper und sein Bauch noch gut zu erkennen, glich aber nur noch einer Sandfigur. Selbst seine Augen waren zu Sand zerfallen und so klafften zwei große Löcher im Kopf des Jungen, über einem breiten Lächeln, doch Zähne hatte er auch nicht mehr. Sein Körper glich nur noch einer großen Comicfigur, die aus Sand gestreut wurde.

„Vor dem Tor...“

„Halt deine Klappe!“ Genervt scheuchte Siegfried den penetranten Drachen weg. Glücklicherweise war mit diesem auch Frieden verschwunden.

„Na komm Krieg!“ Breit grinsend fuhr der glückliche Junge mit seiner Hand über seinen nackten Bauch. „Hier ist noch Platz.“

„Ohhh Siegfried.“ Von seiner unkreativen Anmache angetan legte sich Krieg zu dem Jugendlichen auf die Liege und streichelte ihm vergnügt über Brust und Bauch. „Du machst mich so wuschig, Siegfried.“

„Ohhh Babe! Warte nur kurz! Eckbert!“

„Ja?“

„Ich krieg' Alles, was ich will?“

„So ist es.“

„Mach mir mehr von der hier!“ Lustvoll gab Siegfried der jungen Frau einen kräftigen Klaps auf den Hintern. „Zwei Weitere sollen weiter mit mir spielen. Eine soll mir die Burger halten, die übrigens mal bei kommen sollten, eine soll mir den Schirm halten und ja. Das reicht erst mal.“

„Natürlich.“
 

„OHHH VERDAMMT HEILIGE KACKE! DER ORT IST ABGEFAHREN!“
 

Mit einem breiten Grinsen stand Eckbert neben der Liege. Von der Figur aus Sand waren nur noch formlose Häufchen geblieben, die grob an die einzelnen Teile von Siegfried erinnerten, sowie seine Badehose. Mit einem kleinen Handfeger und einer goldenen Schippe fegte der kleine Drache die Sand Haufen von der Liege. Den Hügel in der Mitte umfegte er dabei gekonnt, so, dass nur noch dieser auf der Liege zurück blieb. Mit seinen kleinen Füßen grub Eckbert ein nicht sonderlich tiefes Loch und lies die Badehose von der Schippe in dieses Fallen. Danach füllte er die Grube mit dem Sand von Siegfried auf, wie üblich reichte der Sand um das Loch zu verschließen.

Eine aufkommende Brise fegte den Drachen davon, wie feiner Sand löste sich Eckbert, samt Schippe und Besen auf und flog mit dem Wind davon.
 

Das Tor am Zaun ging wieder langsam, quietschend einen Spalt auf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  sunshishi
2012-09-06T17:06:51+00:00 06.09.2012 19:06
Hallo Jaberwocky,


ich fürchte, ich habe mich bei der Aufgabenstellung nicht klar genug ausgedrückt. Reizwortgeschichten sind Aufgaben, bei denen ALLE vorgegebenen Wörter in die Story eingebaut werden sollen. Sonst wäre es ja nur eine Themenvorgabe... (Ich habe gleich mal die Wortspielaufgabe abgeändert).

Nichtsdestotrotz finde ich deine Geschichte inhaltlich total toll^^ Ich mag das moralische Thema und du hast es gut umgesetzt, nicht zu aufdringlich, aber man erkennt den erhobenen Zeigefinger. Sehr schön.

Ein paar Sachen sind mir dennoch aufgefallen:
Dieser Teil des Strandes war durch zwei Dünen begrenzt und der einzige Zugang war durch das Tor am Zaun. Warum dieser abgelegene Teil eingezäunt war, interessierte Siegfried nicht die Bohne, für ihn war es nur wichtig ob das Tor auf oder abgeschlossen war.
Gleich mit den ersten zwei Sätzen erschlägst du mich mit dem Verb "war". Das mag ich eh nicht so sehr, weil es nicht sehr aussagekräftig ist und in dieser geballten Form finde ich es besonders unangenehm. Auch im Verlauf der Geschichte stolpere ich noch ein paar Mal über das "war".
Außerdem müsste ein Komma vor "ob" stehen.
keine dickbäuchigen Kerle die die Sicht auf das Meer und noch mehr versperrten
Komma nach "Kerle".
Es ist mir scheiß egal wer immer vor diesem scheiß Tor steht
Komma vor "wer".

Etwas irritiert mich auch das Gehabe bzw. des Alter von Siegfried... Beim Hamburger wirkt er noch sehr jugendlich und auch seine Einstellung zum toten Deutschlehrer finde ich mehr als fraglich - und würde es demnach eher "jugendlichem Leichtsinn" zuordnen. Auf der anderen Seite findet er erwachsene(?) Frauen offenbar sehr faszinierend und scheut sich nicht vor körperlichem Kontakt - möchte sogar mehrere. Da ich weder männlich noch jugendlich bin, kann ich das nicht ganz nachvollziehen...

Aber alles in allem fand ich die Geschichte sehr interessant und lesenswert. Ich wurde gut unterhalten und war auch von schriftstellerichen Teil her ganz angetan^^ Weiter so


Greez
SuShi


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