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Delusive Society

Dritter Teil der DS-Reihe
von

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Täterintrojekt

Willkommen zurück aus dem Sommerloch ^.^ Ich sehe, das neue Semester hat bei den meisten begonnen. Vielen Dank für die tollen (auch nachgeholten) Kommentare.

In diesem Kapitel erwartet euch, was im Titel steht, macht euch also auf eine emotionale Achterbahnfahrt gefasst. Without further ado - viel Spaß beim Lesen :)
 

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Seto schloss die Lider und atmete tief aus. Er verharrte einen Moment, bevor er sich aufrichtete und erneut tief durchatmete. Als er die Lider wieder hob, war sein Blick kalt. Abwehr, versteckte Wut, vielleicht sogar Hass.

Katsuya begann bei dem Anblick zu zittern, obwohl dieser Blick nicht einmal auf ihn gerichtet war.

„Seto, ich will dir nichts Böses. Ich bin nicht dein Feind. Ich mache mir Sorgen. Benzos sind nicht gut für dich und das weißt du. Diese Tabletten sind gefährlich. Bitte gib sie mir, bevor damit noch ein Unglück geschieht, ja?“ Yami redete fast mit Engelszungen, auch wenn er noch einen halben Schritt zurück gegangen war.

Was für ein Unglück? Bisher war doch auch nichts Schlimmes damit passiert, oder? Okay, wenn Seto eine Tablettensucht hätte, wäre das schlecht, aber wenn er die nicht mehr nahm, dann hatte er keine, oder? Und irgendwo für hatte er sie schließlich genommen. Vielleicht brauchte seine Krankheit manchmal Hilfe. Verdammt, er nahm jeden Morgen Tabletten, warum sich über die einen, aber nicht über die anderen aufregen? Nur, weil sie mehr Abhängigkeitspotential hatten? Seto wusste sicher, was er tat. Und ihm hatten die schließlich auch gut getan.

„Ich weiß nicht, ob ich das hinkriege“, flüsterte Seto und ließ eine lange Pause, „Ich weiß rein logisch, dass du Recht hast. Ich nehme die Lorazepam nur im Notfall. Wenn ich starke Dissos kommen spüre oder wenn ich Panik kriege ...“

„Und wie oft ist für dich so ein Notfall?“

„Ein paar Mal in der Woche“ Seto wandte den Blick wieder ab. „Katsuya kriegt nur die Anfälle mit, wo ich es nicht mehr schaffe.“

Katsuya schluckte. Das klang schlecht. Seto unterdrückte seine Anfälle mit Medikamenten?

„Aber früher hast du die doch auch durchgestanden … ich dachte, du seist auf einem guten Weg“ Yami trat näher und strich über Setos Oberarme. „Was ist denn passiert?“

Seto schwieg dazu.

Wie konnte er das nicht bemerkt haben? Dass Seto mehrmals die Woche Tabletten nahm, die er gar nicht einnehmen sollte? Warum hatte er damit angefangen, wenn er früher seine Attacken einfach ausgestanden hatte? Das war sicher nicht gut, wenn man seine Anfälle mit Tabletten abblockte. Besonders nicht mit illegalen Beruhigungsmitteln. Jetzt verstand er Yami … Seto machte sich süchtig mit Mitteln, die seine Psyche veränderten.

Er war so tief in Gedanken, dass er fast gar nicht bemerkte, dass Yami eine Kopfbewegung in seine Richtung machte und Seto darauf leicht nickte.

Katsuyas Lider weiteten sich.

Nein … nein … er schüttelte den Kopf.

Das konnte, das durfte nicht wahr sein. Seto konnte nicht wegen ihm … er kniff die Lider zusammen und drückte sein Gesicht zwischen seine Knie. Seto unterdrückte seine Anfälle mit Medikamenten, um ihn weniger zu belasten.
 

„Es tut mir Leid ...“

Katsuya sah auf.

Seto saß mit einem Ausdruck schierer Verzweiflung vor ihm, biss auf seine Lippe und hatte die Hände in seine Richtung gehoben, ohne ihn jedoch zu berühren. Er wiederholte: „Es tut mir Leid … wirklich. Ich wollte nur … ich wollte dich nicht belasten. Ich wollte einfach nur, dass du mich liebst. Dass du nicht abhaust, weil … weil ich unerträglich bin.“

Bei allen Göttern. Bei allen verdammten Göttern. Katsuya ballte die Hände zu Fäusten.

„Es tut mir Leid!“ Seto packte seine Knöchel und legte seine Stirn gegen Katsuyas Schienbeine. „Es tut mir Leid … bitte … bitte verlass mich nicht. Ich höre auf. Ich schwöre es. Ich lerne, ohne Tabletten auszukommen. Ich werde dir nicht zur Last fallen. Bitte ...“

Katsuya unterdrückte den Drang, angeekelt seine Füße wegzuziehen. Zusammenreißen. Irgendetwas hier war völlig falsch. Nur nicht falsch reagieren. Er wandte seinen Blick von Seto – war das wirklich Seto? – der da wimmernd zu seinen Füßen lag. Seine braunen Augen richteten sich auf Yami.

Dieser schrieb erst den Buchstaben T, dann I in die Luft. Bitte was? TI?

Katsuya kniff die Augenbrauen zusammen. TI … halt, das Täterintrojekt? Setos dritte Persönlichkeit? Mit schockgeweiteten Augen sah er wieder auf dieses Wesen hinab, was da zu seinen Füßen kauerte. Das war das TI?

Aber … sollte das TI nicht aggressiv sein? Das da war ein jämmerlicher Haufen Scheiße, selbst wenn er eine freundliche Beschreibung wählte. Das da war absolut anwidernd. Das hatte nicht den geringsten Hauch von Selbstwert, Stolz oder …

Bei allen Göttern. Das da war das TI. Das da war alles, was Setos Persönlichkeit noch fehlte und sonst nur unterschwellig zu spüren war. Setos TI war sein Selbsthass, seine Angst, seine Schuldgefühle und alles andere, was er sonst zutiefst unterdrückte. Das TI war Setos tiefster Abgrund und sie hatte gerade jeden anderen Teil seiner Persönlichkeit verdrängt.

„Bitte verlass mich nicht. Bitte verlass mich nicht. Bitte verlass mich nicht“, wiederholte dieses … Ding … wie ein Mantra.

Dass es aussah wie Seto, half gar nichts. Es weckte in Katsuya nur das Bedürfnis, zuzutreten und es auszulachen. Es war alles, was Katsuya in einem Menschen als schwach ansah. Nie im Leben würde er das da lieben können. Katsuya atmete tief durch. Ruhe … das da war nur eine von Setos Persönlichkeiten. Das da war nur ein kleiner Teil von ihm. Das da war normalerweise tief versteckt und kam nicht ansatzweise raus. Katsuya schloss die Augen.

Aber das da kam nicht raus, weil Seto es ihre komplette Beziehung lang mit Tabletten unterdrückt hatte. Das da hatte die ganze Zeit in Seto existiert, er hatte es nur so gut wie möglich unterdrückt.

Warum?

Tja, einfach. Katsuya schnaubte innerlich. Die Antwort war simpel: Weil er das da nie lieben könnte.
 

„Lass mich los.“

„Nein!“ Die Arme des Dings schlangen sich um Katsuyas Unterschenkel. „Bitte nicht! Ich tue alles! Verlass mich nicht. Oh bitte, verlass mich nicht ...“

Ach scheiße … selbst, wenn das nicht ansatzweise nach seinem Freund klang, da steckte auch sein Freund irgendwo drin. Genau genommen war das ein Teil seines Freundes. Vielleicht einer, den er nicht gerade mochte, aber auch ein Teil. Er konnte nicht nur die positiven Seiten lieben, er musste dieses Ding zumindest akzeptieren. Er schluckte und sagte mit aller Selbstbeherrschung, die er aufbringen konnte: „Ich verlasse dich nicht. Aber ich möchte, dass du mich jetzt los lässt und dich auf einen Stuhl setzt. Tust du das für mich?“

Bei allen Göttern. Katsuya sog scharf die Luft ein, als Seto aufsah. Ja, es war Seto. Eine Seite von Seto, die fremd war, aber Seto. Er schluckte und versuchte, sein eigenes Zittern unter Kontrolle zu kriegen. Die Augen, die ihn ansahen, waren strahlend blau. Das Erschreckende jedoch war die Pupille, die kaum größer als ein Stecknadelkopf war. Dieses skurrile Wesen, das ansatzweise nach Seto aussah, legte den Kopf zur Seite.

„Du hasst mich.“

Oh scheiße. Es sprach. Okay, es hatte vorher gesprochen, aber das war mehr wie das Jaulen eines gequälten Tieres gewesen. Das hier war eher wie ein tiefes Grollen, ein schier unendlicher Bass. Das war ganz fraglos angsteinflößend – das TI war also doch auch die Aggression. Wie konnte das eine einzelne Persönlichkeit sein, die gerade von heftigster Angst in extreme Abwehr umschlug?

„Ich hasse dich nicht. Ich mag den gesamten Seto. Ich liebe ihn“ Wie war das? Niemals die Persönlichkeiten auftrennen, auch wenn es schwer war. „Ich liebe dich.“

„Du lügst.“

Tja, kein Wunder, dieses Ding vor ihm liebte er bestimmt nicht. Hatte er gerade noch angewidert die Beine wegziehen wollte, wollte er sich jetzt eher in Sicherheit bringen. Aber Seto hielt noch immer seine Knöchel fest.

„Ich liebe dich, Seto. Gerade machst du mir allerdings Angst.“

Oh scheiße, scheiße – Katsuyas Atem kam zittrig. Ein bestialisches Lächeln gepaart mit diesen hellblauen, riesigen Augen war einfach nur gruselig. Dieses Wesen genoss es, ihm Angst zu machen. Dieses Wesen liebte seine Antwort gerade.

„Du willst mir weh tun“ Seto beugte sich vor, sodass er gegen Katsuyas Knie lehnte und sein Gesicht nur Zentimeter entfernt war. „Ich lasse mir nicht weh tun. Ich werde dich zerquetschen.“

Katsuya versuchte dem Blick zu entkommen, aber er wagte es nicht, weg zu sehen. Er wagte gar nichts mehr. Er atmete nicht einmal mehr. Er zitterte am ganzen Körper.

„Ich hasse dich. Ich lasse mir nicht weh tun. Verschwinde.“

Bei allen Göttern. Katsuya schloss die Augen. Er war nicht hier. Er war sicher. Seto war sein geliebter, liebevoller Freund. Sein Ein und Alles, seine Stütze im Leben. Das da war nicht Seto.

Aber es war Seto.

Setos innerstes Selbst. Setos Angst. Setos tiefste Wünsche. Katsuya öffnete die Augen. Das alles saß vor ihm. Er atmete tief ein, hob eine zittrige Hand und legte sie auf Setos Wange. Die Wange war kalt. Dennoch strich er darüber und erwiderte mit fast brechender Stimme: „Ich liebe dich. Ich verlasse dich nicht. Ich bleibe bei dir.“
 

Die Stille wurde vom Klingeln der Haustür unterbrochen.

Die Reaktion hätte heftiger nicht sein können. Das TI schrie. Ein kurzer, schnell erstickender, aber ein von tiefstem Terror erfüllter Schrei, bevor es sich in die Ecke drückte, wo eine Küchenzeile auf die andere traf.

Katsuya währenddessen schmiss sich von diesem Wesen weg. Er sprang auf seine Beine und nahm einen meterweiten Abstand. Egal, ob Seto oder nicht, ob verletzt und und hilflos oder nicht, das Ding machte ihm eine Scheißangst und er wollte einfach nur weg davon.

„Ich denke, wir sollten uns alle beruhigen“, warf Yami ein und trat zwischen sie, „Katsuya, sag doch bitte Ryou und Bakura, dass sie sich noch einen Moment gedulden müssen. Ich spreche währenddessen mit Seto, ja?“

Zu gerne. Katsuya machte auf der Stelle kehrt und verließ die Küche. Er machte ja jeden Scheiß mit. Die Dissoziationen, egal welche verdammte Form sie bekamen, die ganzen Süchte, die umschlagende Persönlichkeit und auch die Ängste und die Aggressionen – aber die nur, wenn Setos Persönlichkeit noch dazwischen stand. Es war, wie er lange befürchtet hatte: Setos TI war zu heftig für ihn. Damit wollte er nichts zu tun haben.

Er öffnete die Tür, trat nach draußen und schloss sie hinter sich.

„Werdet ihr abgehört?“, flüsterte Bakura und suchte mit dem Blick den Türrahmen nach etwas ab.

„Nein, Seto ist völlig ausgetickt“ Katsuya trat auf den Rasen, um mehr Abstand zu dem Kerl zu kriegen, der ihn trotz allem mit einem mulmigen Gefühl erfüllte. „Ich habe Yami drin gelassen. Er macht das schon … hoffe ich.“

Bakura hatte dieselben Augen wie das TI. Dasselbe Blau. Dieses unglaubliche helle Blau mit dem stechenden Blick. Auch seine Pupillen schienen eher klein. Und sie fixierten Katsuya gerade. Vielleicht hätte er doch drinnen bleiben sollen?

Traurig, aber wahr, Bakura war sehr viel beherrschter als Setos TI. Hier draußen war er sicherer. An welcher Stelle hatte Bakura begonnen, ihm weniger Angst als Seto zu machen? Die Welt war voll verkehrt. Bizarr.

Ein heftiges Scheppern war aus dem Haus zu hören. Katsuya zuckte zusammen und drehte sich um die eigene Achse, um zum Küchenfenster zu sehen. Es hatte sich groß und gläsern angehört. Eine Schüssel? Ihr Glastisch?

Oh scheiße, Yami … seine Hand fuhr zu seiner Hosentasche.

„Scheiße!“ Fanatisch klopfte er seine Taschen ab.

Bakura verdrehte nur die Augen, zog etwas aus seiner Mantelinnentasche und stellte sich vor die Haustür. Aus seinen Murmeln war etwas zu hören, was ungefähr „inkompetenter Idiot“ entsprach.

Doch noch bevor er etwas hatte tun können, wurde die Tür bereits aufgerissen. Yami stieß in ihn, drückte ihn nach hinten und zog dabei die Tür wieder hinter sich zu. Sein Atem ging schwer und mit fast irren, geweiteten Augen starrte er das weiß lackierte Holz an. Er trat nach hinten, wobei er Bakura zwischen sich und die Tür zog.

Dieser fragte nur mit einer gehobenen Augenbraue: „Kam das wirklich unerwartet?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Ayame-chan
2012-11-17T21:49:21+00:00 17.11.2012 22:49
woah...das ist also das TI
Ähnlich wie Katsuya war ich erst verwirrt, dass das TI auch so aussehen kann. Meine Vorstellung davon war ein ausschließlich aggressives 'Wesen'. Aber es scheint wohl mehr alles Extreme zu vereinen.

Aber erst mal zurück zum Anfang des Kapitels. Interessant, dass Seto einen Notfall mit 'ein-paar-mal-in-der-Woche' abtut. Das kann man doch kaum als Notfall ansehen, sondern eher als häufig. Es sei denn, es war schlimmer und er hatte diese 'Notfälle' früher täglich...stündlich...
Da kommen bestimmt noch Schuldgefühle auf Kats zu, wenn Seto die Tabletten nimmt um ihn zu schonen; wütend auf sich selbst sein, Seto wohlmöglich nicht ohne Tabletten aushalten zu können.
Andererseits, nach dem Ausbruch, der dann folgte, kann man schon verstehen, dass Seto ihn davor lieber schützen wollte. Mir schein,t dass man jedes Wort genau abwegen muss, um das TI quasi ruhig zu halten.

Diese - ich nenn sie mal 1. Seite des TI, konnte ich mir nur schwer vorstellen, bzw. es fiel mir schwer Kats Angewidertheit nachzuempfinden. Ich vermute dahinter mal eine unterschiedliche Einstellung.
Allerdings bin ich auch der Meinung, dass es gar nicht geht, dass man alles an jemand anderen mögen kann. Vielleicht nicht mal akzeptieren. Je nachdem wie extrem diese 'Macken' halt sind. Aber so lange die Teile die man mag überwiegen, denke ich kann es funktionieren. Vor allem, wenn man verstehen und es nachempfinden kann, wie diese 'Macken/Eigenschaften' zu Stande kommen, fhält es nach und nach leichter, sie letztendlich auch akzeptierne zu können.
Jetzt ist Kats noch angeekelt, aber wenn er irgendwann mal einen ruhigen Moment findet, wo er über diese Seite Setos nachdenken kann...darüber, dass er so extrem reagiert, weil er diese Ängste sonst rein gar nicht rauslässt, vielleicht kann er dann seine Einstellung überdenken. Und dann dadurch vielleicht auch das TI beruhigen, wenn es rauskommt? Falls sowas überhaupt geht.
Wenn nur nicht gerade eh schon alles zu viel wäre.

Als du Setos veränderte Augen beschrieben hast, musste ihc auch unweigerlich an die von Bakura denken. Bedeutet das, dass er meistens sein TI draußen hat, es aber einfach besser kontrollieren kann, als Seto?

Und wo er gerade dabei ist die Küche kleinzuschlagen. Nach der Anhörung von Katsuyas Vater, hatte Seto doch sein Arbeitszimmer verwüstet. War das eine Situation, in welcher das TI herausgekommen war?

lg
Aya
Von:  Blanche7
2012-11-10T13:08:16+00:00 10.11.2012 14:08
Das Kapitel war mal wieder sehr spannend! Ich freue mich weiter zu lesen!
Von:  MarieSoledad
2012-10-25T19:36:49+00:00 25.10.2012 21:36
Ach du sch…. O.O
Irre ich mich oder werden die situationen der geschichte immer heftiger…?
Ich glaube, dieses kapitel hat mich mehr mitgenommen als jedes andere zuvor… mag aber unter umständen auch daran liegen, dass ich es um 4:00 früh gelesen hab und selbst gerade einen aggressiven anfall hatte, da mein laptop mitten im kapitel (beim flehenden seto) abgestürzt ist…

Ich gestehe, dass es mich schockiert. Aber es überrascht mich nicht, dass seto auch diese seite hat, ich hätte sie allerdings nicht im TI vemutet, das hielt ich auch nur für den aggressiven teil…ich dachte, das sei quasi eine kopie des täters in seto…seine identifikation. Dass es also aggressiv sei, es gut heiße für seine ziele, zum selbstschutz oder nur zur demonstration von macht menschen zu verletzen und die selbe einstellung zum leben habe, wie der/die täter. Aber nicht, dass es auch die effekte dessen, was die täter seto für selbstbild vermittelt haben enthält…

ich kann mir vielleicht nicht vorstellen, wie schrecklich die angst-seite in reinform ist, aber da hat mich auch katsuyas – unausgesprochene – reaktion entsetzt. Mehr noch als alles andere, um ehrlich zu sein. Ich kann verstehen, dass kats selbst gerade alles andere als auf der höhe ist und seine gedanken und gefühle gerade nicht wirklich strukturiert und „kontrollierbar“ sind….und auch, bei seiner vorgeschichte, dass er das immer als die absolute schwäche und verachtenswert betrachtet hat – klar, er ist in einer welt aufgewachsen, in der es hieß, fressen oder gefressen werden…
aber diese abscheu…das entsetzt mich. Ich vermute zwar, dass setos TI in der flehenden angstform eine sehr starke opferausstrahlung hat, die den gegenüber quasi dazu „einlädt“ ihm wehzutun und zu erniedrigen, aber ich hätte nicht gedacht, dass diese ausstrahlung auch auf menschen, die ihn lieben und sein wohlergehen im sinn haben wirkt, sofern sie nicht gerade wützend auf ihn sind. Und das war kats ja nicht, er war nur verzweifelt darüber, dass er seto unbewusst in die tabletten getrieben hat. Er hatte schuldgefühle, keine aggression gegen seto.

Seit ich das buch „vater unser in der hölle“ gelesen hab, weiß nicht ob dir das zufällig was sagt, weiß ich, dass sowas passieren kann. Das buch ist die geschichte, die eine multiple persönlichkeit nach aus einem umfeld des rituellen missbrauchs langjähriger therapie der autorin erzählt hat. Es hat sehr viele informationen zu dem thema und ich denke, seit diesem buch gibt es nicht mehr viel, was ich von menschen absolut nicht erwarte. Also, ich halte grundsätzlich alles für möglich, was nicht heißt, das ich aktiv darauf vorbereitet bin. Aber plötzlich völlig unerwartet ein wimmerndes häufchen elend vor mir hocken zu haben würde mein weltbild nicht wesentlich erschüttern. Wenn leute jahrelang mit einer multiplen persönlichkeit verheiratet sein und mit ihr kinder haben können, ohne zu wissen, dass die partnerin multipel ist… Wenn es persönlichkeiten gibt, die sich hasso nennen und für einen hund halten, weil dann das was man andere hunde mit ihnen tun lassen hat nichts besonders schlimmes ist…dann ist das zwar unendlich grausam, aber nachdem ich davon gehört habe traue ich der psyche eines menschen praktisch alles zu. Der emotionale umgang damit ist aber wieder etwas anderes, denn theoretisch zu wissen was sein kann und dem dann praktisch gegenüber zu sitzen ist etwas völlig anderes – insbesondere wenn man das nicht erwartet und der person sehr nahe steht.

Es überrascht mich auch nicht, dass das TI ihm nicht geglaubt hat, dass er ihn liebt, weil das in diesem fall ja eine lüge war und kats die wohl auch nicht besonders überzeugend gebracht hat – was man ihm in dieser absolut überfordernden extremsituation nicht vorwerfen kann. Aber kats hat sein bestes gegeben, leider war das zu wenig.
Setos tiefe angst vor dem verlassenwerden so zu beantworten mit kats, mit instinktiver ablehnung in diesem moment – natürlich hat seto das gespürt – und dann versuchen, ihm vom gegenteil seiner körpersprache mit schwankender stimme zu überzeugen…das MUSS für seto wie lauwarme phrasen und hohle beschwichtigungen geklungen haben. Das kenne ich von mir, auch wenn ich bei weitem nicht so heftig bin, aber in phasen wo große angst hervorkommt und sich auch noch zeigt…da ist das einzige was man brauchen kann, absolute bestätigung der sicherheit. Und die angst wird jedes zögern in leuchtbuchstaben bemerken und es als teil der antwort sehen.

Wenn kats überhaupt etwas machen hätte können, dann wäre das aus meiner sicht gewesen, sich schnell zu dem flehenden seto auf den boden zu setzen, ihn zu umarmen und ihm zu versichern, dass er ihn nicht verlassen wird, dass er ihn liebt. Und das ganze auf…ich würde es „mütterlich“ beschreiben. Also sicherheit gebend, tröstend, beschützend… Aber dafür war kats zu überfordert und vielleicht wäre das TI trotzdem aggressiv geworden, weil es ja irgendwie auch eine bestätigung seiner schlimmen annahmen wollte.

Ich denke in der jetzigen situation sollten auf jeden fall mal kats und ryou in sicherheit gebracht werden. Auch in sicherheit vor der emotionalen belastung. Kats hat gerade nicht die ressourcen dafür, das ist offensichtlich und auch logisch. Und ryou kriegt davon wohl nur panik, wenn er seto mit diesem psychophaten-grinsen sieht, wird er sich vielleicht nie wieder in seine nähe trauen, er hat angst vor gewalt, vor großen männern und durch bakura sicherlich schon einiges an vorbelastung.
Ich frage mich, ob bakura auch so ein TI hat und ryou mit ihm erfahrung im umgang hat…in diesem fall wäre vielleicht ryou als anleitung sogar die passendste person. Vom nachvollziehen können her wäre das bakura. Und vom theoretischen wissen, was abgeht und wo man bei seto vermutlich ansetzen könnte um ihn wieder runterzubringen, wäre es yami, aber selbst dem ist das gerade zu viel. Kats ist die person, die den besten emotionalen zugang zu seto hat, aber er ist größtenteils handlungsunfähig…

Ich (anstelle katsuyas) würde, wenn seto gleich immer noch aggressiv und nicht angstvoll ist, folgendes tun: laut gegen die tür klopfen und seinen namen rufen, um seine aufmerksamkeit zu bekommen, und dann ruhig und deutlich (neutraler tonfall) gegen die geschlossene tür sagen: „ich liebe dich. Aber du willst uns offenbar gerade nicht da haben. Und deshalb werde ich jetzt kurzzeitig zu meinem guten kumpel (nicht das wort freund verwenden, vorbelastung durch betrug) yami gehen. Aber ich werde wiederkommen, sobald du mich wieder da haben willst. Wenn du dich wieder gefasst hast und mich wieder da haben möchtest, dann melde dich bitte bei yami, ich hab ja gerade kein handy. Es würde mich sehr freuen wenn du dann noch heile und in einem stück bist…oder zumindest in einem stück. Ich werde auf deine nachricht warten.“ Zur sicherheit das auch noch auf einen zettel schreiben und ihn unter dem türschlitz durchschieben. Und dann gehen.

Das ist vielleicht nicht die beste lösung, aber im moment scheint keiner wirklich was tun zu können und seto ist gerade sehr gefährlich. Und damit gibt man ihm zumindest die ausdrückliche bestätigung, dass kats nicht „weg“ ist und gleichzeitig den wunsch, dass er sich nichts antut. (In dieser situation würde ich nicht damit rechnen, dass seto sich nicht verletzt. Ich würde als positivst möglichen ausgang sehen, wenn er sich NUR verletzt und später voller scham und selbsthass aufkreuzt…) Des weiteren erspart man ihm damit zumindest im moment auch die scham, die er sicher auch empfindet und den schmerz den er sich selbst (der EP) damit zufügt, andere zu verletzen. Denn dieser schmerz macht ja das TI noch rasender…es will sicher das was weh tut vernichten, begreift aber nicht, dass den größten schmerz er sich selbst zufügt…

Und danach eine gesprächsrunde, vor allem yami und kats sollten und müssten unbedingt über ihre gefühle und gedanken dazu sprechen, alleine schon, um ob besagter gefühle dann nicht in selbstvorwürfen zu versinken und es sich mal etwas von der seele zu reden…den emotionalen druck der jetzt gerade extrem ist etwas abbauen. Und irgendwas machen, was wieder etwas sicherheitsgefühl herstellt…zB zu yami gehen und kochen und essen…

Ich glaube, kats könnte auch mit dem TI leben lernen und wenn er richtig daran herangeführt wird, es vielleicht sogar als einen schlimm verletzten teil von seto über sein mitleid lieben lernen…vielleicht sogar mehr als seto selbst…aber nicht gerade jetzt. Nicht jetzt, wo kats doch selbst völlig neben sich steht…das ist gerade der absolute emotionale overkill. Es ist völlig klar, dass kats sich im moment dem TI unmöglich gewachsen fühlt. Erst muss er mal aus der situation raus und in ein gefühl der sicherheit/normalität. Sozusagen alle sollten mal eine nacht drüber schlafen. Und kats sollte lange mit yami und evtl auch (dem beruhigten) seto darüber sprechen, bevor er seine entscheidung trifft, ob er es wirklich nicht kann. Denn wenn er jetzt im affekt flüchtet wird er sich das vielleicht selbst nie vergeben können…

ich glaube, seto in der ersten situation einfach zu umarmen wäre mein gedanke gewesen, dass ich tun sollte. Ob ich es geschafft hätte weiß ich nicht…wenn mein partner den „psychophaten“ rauskramt und mir mit total gleichgültiger stimme systematisch verletzendes sagt, dann bin ich immer handlungsunfähig. Weil er genau weiß, wo er ansetzen muss, damit ich mich nicht mehr verteidigen kann: „du redest immer von dir und deinen bedürfnissen…was ist mit meinen? Wenn ich dir sage, was ich fühle, dann redest du wieder nur von deinen gefühlen…warum sage ich es dir dann überhaupt? Wenn du mir eh nicht zuhörst. Und hör auch dich zu entschuldigen, ich will es nicht hören. Ich brauche keine entschuldigungen, die du nicht ernst meinst. Weil du es dann ohnehin wieder tust.“ Und dann kommen die vorwürfe, ganz ruhig…und ich kann nicht mal mehr jemanden anrufen oder mich auch nur etwas entfernen und wo anders hinsetzen…weil ich solche schuldgefühle habe, dass ich in dem moment denke, es einfach ertragen zu müssen, ihm das schuldig zu sein…endlich mal die verdammte egoistin hintenan zu stellen. Und dass ich gefälligst nicht weinen darf, nicht schon wieder fürsorge einfordern/erpressen, weil jetzt einfach er dran ist und ich mich um ihn zu kümmern habe, wenn er schon mal die abgründe seiner seele öffnet…aber er ist nicht aggressiv…er klingt dann so, als wäre er seelisch tot und mit dem was er dann sagt so, als hätte ich das verursacht…er sitzt oder liegt einfach neben mir und klingt so, als würde er völlig gleichgültig darüber sinnieren, was dazu geführt hat, dass er so emotional tot ist…ein paar stunden lang…

das ist zwar nicht mit setos TI zu vergleichen, aber ich vermute, es ist eine stark abgeschwächte form einer ähnlichen situation… oder würdest du sagen ist das was ganz anders?

Menno, was fürn ewiglanges review….wie du siehst, das kapitel hat mich sehr aufgewühlt^^

Von:  Lady_Ocean
2012-10-23T20:22:07+00:00 23.10.2012 22:22
...Krass.
Das ging mir immer wieder durch den Kopf, als ich von Setos TI gelesen habe. Diese Persönlichkeit scheint extrem vielschichtig zu sein und in jede Richtung hin wiederum extrem. Dass das TI mehr als nur die aggressive Seite Setos ist, war mir auch nicht (mehr?) klar gewesen. Allein vom Lesen her kann man sich wahrscheinlich trotzdem nicht mal ansatzweise vorstellen, wie schlimm so etwas in Wirklichkeit wirken muss, wenn man tatsächlich einmal so einem Menschen gegenüber steht, bei dem sich gerade nichts weiter als die gähnenden Abgründe der Verzweiflung auftun. Und für Katsuya war das ja jetzt genauso neu. Kein Wunder, dass er so dermaßen schockiert und auch überfordert damit war. Wobei ich finde, dass er sich für diese Verhältnisse eigentlich recht gut geschlagen hat. Dass er dem Drang wegzurennen so lange widerstehen konnte, dass er sich so gut dazu überwinden konnte, trotz der höllischen Angst, die ihm Setos TI gemacht hat, liebe Worte und sogar Berührungen über die Lippen zu bringen, finde ich bemerkenswert.
Ist es eigentlich tatsächlich so, dass die Körpertemperatur auf der Haut sich kühler anfühlt, wenn bei jemandem dieses TI zum Vorschein tritt? Woran liegt das? Dass die Pupillen je nach seelischer Verfassung unterschiedlich reagieren, das wusste ich ja. Aber das mit der Temperatur hätte ich nicht erwartet. Und wo ich auch ein wenig neugierig bin, das sind die Augen. Seto hat ja sowieso einen sehr hellen, kräftigen Blauton - so wie du es bisher beschrieben hast. Aber heute hast du das ja speziell betont. Und noch dazu einen Vergleich zu Bakura gebracht, der anscheinend eine ähnliche Augenfarbe zu besitzen scheint. Kann selbst das vom TI beeinflusst sein oder ist das nur Zufall? Natürlich wirken Augenfarben auch unterschiedlich, je nachdem, wie weit die Pupille gerade geöffnet ist... Oder hast du das doch eher als stilistisches Mittel verwendet? Oder aus Katsuyas Wahrnehmung heraus, die in dieser Angstsituation jetzt vielleicht auch ein wenig verzerrt ist?
Ich hoffe jedenfalls, dass Seto jetzt, wo er allein im Haus ist, nicht allzu viel Dummes anstellt. Wenn Gegenstände zu Bruch gehen, ist das ja noch vertretbar. Die können ersetzt werden. Aber hoffentlich verletzt er sich nicht selbst. Und hoffentlich beruhigt er sich bald wieder. Wobei ich mir selbst dann nicht vorstellen kann, dass es eine "normale" Ruhe wird. Selbst, wenn Setos "neutrale" Persönlichkeit (die, die er normalerweise der Gesellschaft zeigt) wieder hervortritt, so wird er ja sicher nicht vergessen, wie das TI mit ihm durch gegangen ist, oder? Er wird sich doch daran erinnern (mehr oder weniger), was da jetzt gerade abgelaufen ist? Dass Katsuya jetzt sein TI in dieser reinen Form erleben musste, wird ihm mit Sicherheit enorme Selbstzweifel bescheren und für ihn sicher auch wieder die Frage aufwerfen, ob Katsuya bei ihm sicher ist. Wenn die Klingel nicht dazwischen gefunkt hätte, wer weiß, vielleicht hätte er Katsuya dann am Ende tatsächlich verletzt?
Und ob Katsuya, wenn sich die Situation beruhigt hat, wirklich bereit dafür ist, auch diese Seite an Seto zu akzeptieren? Ich denke, er wird eher dazu neigen, es zu versuchen, wenn er den Seto wieder vor sich hat, den er kennt. Den Menschen, den er liebt. Denn anders herum gesagt ist der Seto, den Katsuya liebt, ja ein Großteil der ganzen Person. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das aufgeben könnte. Und sollte es tatsächlich irgendwie noch einmal dazu kommen, dass das TI richtig raus kommt, so kann es Katsuya in Zukunft wahrscheinlich zumindest nicht noch einmal so unvorbereitet treffen wie jetzt.

So, wie das jetzt jedenfalls ausgeufert ist, denke ich langsam, dass es vielleicht gar nicht mal das Schlechteste ist, dass Bakura auch gerade aufgetaucht ist. Ich denke, er kann sich jetzt wahrscheinlich ziemlich gut in Seto hineinversetzen. Und er ist "bei Sinnen". Vielleicht weiß er von allen Anwesenden jetzt gerade am ehesten, wie damit umzugehen ist? Aber sicher bin ich mir bei der Vermutung nicht. Ihn kann ich extrem schwer einschätzen. Es würde mich genauso wenig überraschen, wenn Setos Zustand durch Bakuras Worte und Taten am Ende noch verschlimmert werden. Ich hoffe nur inständig, dass das nicht der Fall sein wird.


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