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Löse dein Versprechen ein, mein Prinz

Zelos x Jean
von

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Wiedersehen nach zwei Monaten

"Jean, gehen wir zum Fluss? Ich möchte ein bisschen schwimmen gehen" ertönte eine Jungenstimme neben ihr, weswegen sich Jean auf die Seite wälzte und stattdessen die Wand musterte. Ihr gerade mal elf Jahre alter Bruder meinte es sicherlich auch nur gut mit ihr, aber sie mochte nicht zum Fluss gehen. Nein, viel lieber wollte sie eine gewisse Person sehen, welche seit einem Jahr immer seltener zu Besuch kam. Ob diese Person möglicherweise böse auf sie war? Die gerade erst sechzehn Jahre alt gewordene Jean wusste es nicht und strich sich ihr langes Haar aus dem Gesicht.
 

"Komm schon, Jean. Willst du wirklich die ganzen Sommerferien über im Zimmer bleiben? In letzter Zeit benimmst du dich echt seltsam" murmelte der Kleine und blieb auf dem Boden vor dem Bett seiner Schwester sitzen. Stumm musterte er Jean, welche sich nochmals auf dem Bett wälzte und schließlich in seine Richtung blickte. Ihr Bruder war ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten, aber er bemerkte nicht, dass sie vor lauter Sorge zerbrach. Jean selbst hatte sich kaum verändert, denn abgesehen von ihrer Größe, ihre weiblichen Rundungen und ihr silbriges Haar, welches ihr nun bis zum Po reichte, war sie eigentlich nur sehr viel reifer geworden. Ja, dass kleine Mädchen war gewachsen und schon längst kein kleines Kind mehr.
 

"Hörst du mir überhaupt...". "Mithos... Ist dir auch aufgefallen, dass Zelos nur noch selten zu Besuch kommt?" unterbrach sie ihren kleinen Bruder, holte ein Medaillion unter ihr weißes, mit roten Blüten besticktes, Kleid, hervor und betrachtete das darin gelegte Bild. Zelos hatte ihr diese Kette mit dem Bild zum 10. Geburtstag geschenkt und seitdem trug sie dieses Medaillion jeden Tag um ihren Hals. Sie war doch seine kleine Prinzessin, jedenfalls nannte er sie immer so und brachte bei fast jeden Besuch Geschenke mit. Ob es nun eine rote Rose oder eine leckere Tafel Schokolade war, Jean freute sich immer und strahlte den ehemaligen Auserwählten immer wieder lächelnd an.
 

"Oh... Die liebe Prinzessin vermisst Onkel Zelos? Du willst doch bloß wieder von ihm verwöhnt werden. Onkel Zelos hat dich schon immer bevorzugt" murrte Mithos und blickte beleidigt aus dem Fenster. Jean setzte sich nun auf, betrachtete noch einige Minuten ihren beleidigten Bruder, ehe sie ihre Beine aus dem Bett schwang und ihr Haar in Ordnung brachte. "Mithos, es...". "Ich finde das total gemein von ihm" fügte Mithos noch hinzu und sah nun wieder seine Schwester an. Jean senkte ihren Kopf, denn sie musste ihrem Bruder natürlich zustimmen. Zelos brachte nur ihr immer wieder Geschenke mit und verhätschelte sie. Kein Wunder, dachte sie sich, denn Jean wäre an Mithos' Stelle auch wütend auf den Rothaarigen. Dennoch brachte er seit einigen Monaten keine Geschenke mehr mit, sondern nur zum Geburtstag oder besonderen Anlässen, also warum hatte sich Zelos so sehr verändert?
 

"Entschuldige, Jean. Ich weiß, dass du ihn sehr lieb hast. Warum gehen wir ihn nicht einfach besuchen?" murmelte der Braunhaarige und erhob sich vom Boden, nur um anschließend in seine Schuhe zu schlüpfen. "Mama ist doch im Moment nicht da, also nehmen wir uns den Rheaird und fliegen nach Meltokio" grinste er seine Schwester an, denn er hatte ihre Gefühle verletzt, weil Onkel Zelos ihr wirklich sehr viel bedeutete.
 

Jean lächelte müde, nickte ihrem Bruder zu und lief mit ihm ins Schlafzimmer ihrer Eltern. Ihre Mutter war nicht zu Hause und ihr Vater war derzeit in Palmacosta, um einen Auftrag zu erledigen. Vermutlich würde er erst heute Abend nach Hause kommen, doch bis dahin wollte Jean nicht warten. Zwei lange Monate hatte sie nun Zelos nicht mehr gesehen, eine lange Zeit für die junge Dame, weswegen sie eine Nachricht für ihre Eltern hinterlassen würde, um nun diese Sache selbst in die Hand zu nehmen.
 

"Hier... Komm schnell, Jean, bevor Mama nach Hause kommt" erklärte Mithos und sah seiner Schwester dabei zu, wie sie einige Worte auf ein Blatt Papier schrieb und die Nachricht in der Küche auf den Tisch legte. Ihre Mutter sollte sich keine Sorgen machen, denn Jean würde schon auf ihren kleinen Bruder aufpassen. Gemeinsam verließen die Geschwister das Haus, ehe Jean den Rheaird erscheinen ließ und sich auf den Sitz setzte. Mithos wollte gerade auf dem hinteren Sitz klettern, doch noch bevor er sich auf dem Sitz hätte setzen können, hörte er eine vertraute Stimme.
 

"Jean... Erkläre mir, wohin du willst?" ertönte nochmals die Stimme und nun drehte auch die Gefragte ihren Kopf. "Ich will nach Meltokio, Papa. Warum bist du schon zurück?" erwiderte Jean und startete den Antrieb. Kratos seufzte leise aus, kratzte sich am Hinterkopf und ging in die Hocke, um seinen Sohn begrüßend in die Arme zu schließen. "Mein Auftrag ist erfüllt. Weiß deine Mutter von deinem Vorhaben?". Raine würde eine Szene machen, wenn ihre Tochter ohne ein Wort verschwinden würde, aber sein kleiner Sohn erklärte ihm, dass Jean eine Nachricht auf den Küchentisch gelegt hatte. Gut, er war nun sowieso wieder zu Hause und könne seine Frau demnach mit Sicherheit besänftigen.
 

"Mithos, bleib lieber bei Papa, ja? Du willst doch bestimmt mit ihm trainieren" murmelte Jean, denn ohne ihren Bruder wäre der Aufenthalt in Meltokio sicherlich weitaus schöner. Mithos nickte grinsend, ehe er zu seinen Vater aufblickte, welcher sich nun wieder aufrichtete. "Moment, junge Dame. Du bist heute Abend pünktlich zum Abendessen wieder zu Hause und lass dich nicht von Fremden ansprechen. Sei vorsichtig und...". "Papa... Ich bin doch kein kleines Kind mehr" murrte Jean und hob mit dem Rheaird ab. Warum wurde sie immer noch wie ein kleines Kind behandelt, obwohl sie in den vergangenen Jahren die Magie zu beherrschen gelernt hatte und selbst mit gefährlichen Monstern alleine fertig wurde?
 

Kratos lächelte müde, denn seine Tochter war zu einer jungen Dame heran gewachsen und gerade diese Tatsache bereitete ihm einige Sorgen. Sie war eben eine junge und vor allem schöne Dame und jeder Junge aus Iselia hatte ihr bereits eine Liebeserklärung gemacht. "Kein Interesse... Ich warte auf meinen Traumprinzen" hatte Jean immer wieder gesagt, denn die zahlreichen Jungen aus dem Dorf erschienen ihr zu langweilig zu sein. Ob sich seine Tochter noch an das Versprechen erinnern konnte? Zelos hatte zwar seine innere Uhr angehalten und dementsprechend alterte er auch nicht mehr, aber wusste er tatsächlich, dass Jean in ihm den Traumprinzen sah?
 

"Hey Papa..." rief Mithos und zog am Umhang seines Vaters, um die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er sich wünschte. Kratos wurde aus seine Gedanken gerissen, wendete sich nun wieder seinem Sohn zu und strich ihm durchs Haar. "Vor dem Training würde dein Papa gern eine Kleinigkeit essen" lächelte er Mithos an, welcher ihm zaghaft zunickte. Bevor er jedoch das Haus betrat sah er nochmals zum Himmel auf und dachte an seine eigenwillige Tochter. "Pass auf meine Tochter auf, Zelos" dachte er sich insgeheim und seufzte nochmals. Er wollte eben nicht, dass Jean verletzt wurde, auch wenn sie natürlich Fehler machen musste, um aus jenen Fehlern zu lernen.
 

Jean sah bereits Meltokio, legte ein Lächeln auf und umkreiste die wohl größte Stadt im ganzen Land. "Wie lande ich denn? Ich fliege zum ersten Mal und wenn Mama den Rheaird steuert, sieht es immer so einfach aus" dachte sich die junge Dame insgeheim, ehe ihr ein leiser Seufzer entwich. Vermutlich hätte sie ihren Vater fragen sollen, aber hätte er Wind davon bekommen, dass sie eigentlich keine Ahnung von der Bedienung des Fluggerätes hatte, hätte er sie gar nicht gehen lassen. Nochmals seufzte Jean, ehe sie erneut eine Runde um Meltokio flog und schließlich zur Landung ansetzte.
 

"Oh..." entwich es ihr im Steilflug und sprang vom Rheaird ab, landete auf den Rasen bedeckten Boden und hielt sich ihre Ohren zu. Ein lauter Knall ertönte im nächsten Moment, ehe Jean über ihre Schulter blickte und ein verunsichertes Lächeln auflegte. "Mama wird mir garantiert den Hals umdrehen" murmelte Jean und beäugte den nun zu Schrott verarbeiteten Rheaird. Vielleicht gab Onkel Yuan ihr einen neuen Rheaird, um diese Sache zu vertuschen? Die junge Dame wusste es nicht und lief pfeifend an die Torwache vorbei, nach dem Motto, dass das eben Geschehene nicht ihr verschulden gewesen war.
 

In Meltokio hatte sich gar nichts verändert, wenn sie ehrlich mit sich war. Es gab immer noch das Armenviertel und diese Menschen taten ihr so furchtbar Leid. Jean erinnerte sich an ihren letzten Besuch in Meltokio vor zwei Jahren. Damals hatte Zelos mit ihr durch die Läden gehen wollen, damit sie sich von ihrem Ersparten ein wunderschönes Kleid kaufen konnte. Ja, vermutlich hätte sie sich damals von Zelos beraten lassen, aber eine alte Dame hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Die alte Frau hatte an der Grenze vom Armenviertel um Wasser und Brot gebettelt, doch kein einziger Mensch war stehen geblieben und hatte der alten Frau geholfen.
 

Jean lächelte leicht, als sie sich an Zelos' Gesicht erinnerte, denn nach nur wenigen Minuten hatte die junge Dame all ihr Geld aus ihrer Tasche geholt und es der armen Frau gegeben. Die alte Dame hatte sich so sehr über ihre Hilfsbereitschaft gefreut und war direkt in das nächste Geschäft gelaufen, um Lebensmittel für ihre Familie zu kaufen. "Du besitzt ein großes Herz, meine süße Prinzessin. Ich werde der alten Dame unter die Arme greifen und ihr helfen. Bist du damit einverstanden?" erinnerte sich Jean an die Worte des Rothaarigen und natürlich war sie mit seinem Vorschlag einverstanden gewesen. Seither half er er den Armen, spendete köstliche Speisen und versuchte ihr ein gutes Vorbild zu sein.
 

Laute Stimmen rissen Jean aus ihre Erinnerungen, ehe sie mit schnellen Schritten die Stufen hinauf zum Vorplatz lief und einen Dieb beobachtete, welcher einer ihr bekannten Person die Handtasche entrissen hatte. "Seles... Alles in Ordnung?" rief Jean und rannte auf die jüngere Schwester des ehemaligen Auserwählten zu. Rasch kniete sie sich zu ihr hinab, streckte ihre Hände nach Seles aus und behandelte ihr linkes Knie, auf welches sie so unglücklich gefallen war. Zum Glück hatte Jean die heilende Magie erlernt und auch wenn ihre Mutter eine strenge Lehrerin war, so war die junge Dame nun froh, solche Fähigkeiten zu besitzen.
 

"Jean..." murmelte Seles und ließ sich nach der Behandlung auf die Beine helfen, ehe Jean die Schwester von Zelos auf eine Bank setzte. "Wo ist dein Bruder?" wollte Jean in Erfahrung bringen, wusste sie doch genau, dass Zelos seine Schwester über alles liebte und er es sich niemals verzeihen würde, wenn ihr etwas Schreckliches zustoßen würde. "Zelos ist im Krankenhaus und holt wichtige Medikamente für mich. Tokunaga müsste aber... Da ist er..." keuchte Seles noch immer außer Atem und verkrallte ihre Finger in ihr Kleid. Jean wusste natürlich, dass Seles von Kindesbeinen an schon immer sehr kränklich gewesen war und seit sie sich erinnern konnte, wohnte Seles bei Zelos in der Villa, damit er ihr im äußersten Notfall helfen konnte.
 

"Lady Seles... Was ist mit Euch?". Tokunaga, der Butler von Seles, lief mit eiligen Schritten auf die kränkliche Adelige zu, überprüfte sofort ihren Zustand und atmete erleichtert aus. Nur ein kleiner Schwächeanfall, aber jegliche Aufregung war dennoch Gift für seine Herrin. "Lady Jean, was ist geschehen?" wollte der Butler in Erfahrung bringen, doch Jean wendete sich ab und legte ein sanftes Lächeln auf. "Seles, ich hole dir deine Tasche zurück. Warte so lange und mach dir keine Sorgen" murmelte die junge Dame und rannte die Stufen hinab, ohne auf eine Antwort zu warten. Dieser Dieb würde es bereuen und wenn sie ganz Meltokio auf den Kopf stellen musste, ungeschoren kam er ihr nicht davon.
 

Hastig sah sich Jean um, denn weit konnte der Dieb nicht gekommen sein. Eigentlich gab es nur einen ruhigen Ort, oder etwa nicht? "Hinter dem Laden" dachte sie sich und rannte in die rechte Richtung. Der Kerl musste einfach dort sein, denn die Stadt hätte er bei seinem verdächtigen Aussehen nicht verlassen können. Außer Atem blieb sie schließlich stehen, presste ihren Körper an die Hauswand und sah um die Ecke. Der Kerl saß tatsächlich auf einer Bank und durchsuchte nun die Tasche nach wertvollen Gegenständen. "Idiot" knurrte sie und kam aus ihrem Versteck hervor.
 

"Hey... Gib mir die Tasche, die du gestohlen hast. Denk nicht einmal daran, die Flucht zu ergreifen, denn die Stadt wirst du auf gar keinen Fall verlassen" rief Jean und baute sich vor dem wahrlich schmutzig aussehenden Kerl auf. Der Mann grinste hinterhältig, zückte ein großes Messer aus seinem Ärmel und griff die Kleine ohne Vorwarnung an. Jean hatte so etwas bereits vermutet, wich der Klinge aus und rammte ihr rechtes Knie in seine Magengrube. Keuchend sackte der Kerl zu Boden, denn mit dieser Reaktion hatte er wohl nun nicht gerechnet. Wie auch, denn vor ihm stand noch ein sehr junges Mädchen.
 

"Du hast mich unterschätzt, du Idiot. Niemand unterschätzt Jean Aurion, klar? Du wirst für dein Verbrechen büßen, dafür sorge ich noch" murmelte die junge Dame, nahm die Tasche von Seles an sich und warf dem immer noch keuchenden Mann einen verächtlichen Blick zu, ehe sie ihm den Rücken kehrte. Im nächsten Moment wurde die junge Dame zu Boden gestoßen, denn nun war sie es, welche die Fähigkeiten des Mannes unterschätzt hatte. Mit der linken Hand hielt er ihre Handgelenke über ihren Kopf fest, setzte sich auf ihre Beine und schränkte somit ihre Bewegungen ein. In der rechten Hand hielt er sein Messer, hielt es ihr nun an die Kehle und grinste erneut hinterhältig.
 

"Du bist eben noch ein dummes Gör, Kleines. Ich muss zugeben, dein Tritt hat gesessen, aber nun liegst du total wehrlos unter mir. Irgendwelche letzten Worte?". Der Kerl hob sein Messer an, zielte auf ihre Brust und sah die Kleine abwartend an. "Leck mich" rief Jean trotzig, sah das Messer auf sich zukommen und schloss vor Schreck ihre Augen. Ein seltsames Röcheln erweckte ihre Neugier, ehe das Gewicht auf ihr verschwand. Verwundert öffnete Jean ihre Augen, legte ein zaghaftes Lächeln auf und erhob sich vom Boden. Der Kerl sackte bewusstlos zu Boden und ihr Retter ließ es sich nicht nehmen, nochmals in die Magengrube des am Boden liegenden Mannes zu treten.
 

"Du verdammter Bastard... Erst meine Schwester bestehlen und ihr einen tödlichen Schrecken einjagen und dann vergreifst du dich an meine süße Prinzessin und bedrohst sie mit einem Messer. Du bist so was von...". "Zelos..." rief Jean und ergriff die geballte Faust des Rothaarigen. "Beruhige dich, Zelos. Der Kerl ist nicht mehr bei Bewusstsein" sprach sie auf ihn ein, ehe der ehemalige Auserwählte einen wütenden Laut von sich gab und sich zu Jean umwendete. Seine Hände, die er eben noch zu Fäusten geballt hatte, legte er auf ihre Schultern, übte leichten Druck aus und sah Jean aus strengen blauen Augen an.
 

"Wie konntest du nur so leichtsinnig sein, Jean? Was hätte ich deinen Eltern erzählen sollen, wenn dir etwas Schlimmes passiert wäre?" rief Zelos wütend, jedoch auch verzweifelt, denn vor einigen Sekunden hatte er es noch mit der Angst zutun gehabt. Sicher, seine kleine Prinzessin war sehr mutig, aber ihr Mut hätte eben auch tödlich enden können, wäre er nicht rechtzeitig bei ihr gewesen. Jean senkte ihren Kopf, entgegnete ihm vorerst nichts, denn Zelos hatte mit seinen Worten ihre Gefühle verletzt. Er achtete also nur auf ihr Wohlergehen, weil er keinen Ärger mit ihren Eltern wollte? Warum schmerzte dieser Gedanke nur so sehr?
 

Zelos beugte sich ein wenig zu ihr hinab, war er doch noch immer einige Zentimeter größer als die Kleine und sah ihr forschend in die Augen. "Entschuldige... Ich wollte nicht so streng mit dir sein, aber du hast mir einen grausamen Schrecken eingejagt. Versprich mir, dass du solche Aktionen in naher Zukunft unterlässt, okay?". Behutsam strich er ihr die Tränen von den Wangen, legte ein zaghaftes Lächeln auf und hob ihr Kinn ein wenig an. "Du kannst mich doch nicht einfach alleine lassen, Jean. Hübsche Mädchen verdienen doch ein langes Leben, denkst du nicht auch?" grinste er und nur einen kurzen Augenblick später wurde er von ihr umarmt, während er ihr beruhigend mit der rechten Hand über ihren Rücken strich.
 

"Sei nicht mehr böse auf mich, Zelos. Ich wollte doch nur deiner Schwester helfen" schluchzte Jean und wurde noch ein wenig mehr an die Brust des Rothaarigen gezogen. "Ich weiß, meine süße Prinzessin. Dennoch darfst du deinem Gegner niemals den Rücken kehren und schon gar nicht, wenn er bewaffnet ist. Dein Vater hat dir doch diese Regeln erklärt, oder?" entgegnete er ihr und strich ihr erneut vereinzelte Tränen aus dem Gesicht. "Ich bin dir dankbar, Jean. Seles hat mir erzählt, dass du ihre Wunde behandelt hast, aber... Was machst du eigentlich hier? Wissen deine Eltern, dass du hier in Meltokio bist?" fügte er liebevoll hinzu und allmählich schien sich die junge Dame zu beruhigen. Ein leiser Seufzer entwich den Lippen der Kleinen, ehe sie ein Lächeln aufsetzte und zu Zelos aufblickte.
 

"Ich wollte dich besuchen, weil du seit zwei Monaten nicht mehr zu Besuch gekommen bist. Papa weiß, dass ich hier bin, aber... Ich habe da ein großes Problem verursacht". Zum Ende hin grinste Jean verunsichert, während eine beachtliche Röte auf ihren Wangen erschien, ehe sie sich verlegen am Hinterkopf kratzte. "Der Rheaird, also... Es gab da einige Landeprobleme und... Mama wird mir den Hintern versohlen" murrte Jean missmutig und überlegte bereits, was sie zu ihrer Verteidigung sagen sollte. Woher hätte sie denn wissen sollen, wie man dieses dämliche Ding landete?
 

Unglauben spiegelten die blauen Augen des ehemaligen Auserwählten wieder, ehe er schmunzelte und seine süße Prinzessin leicht über den Kopf tätschelte. "Mach dir keine Sorgen, Prinzessin. Ich sehe mir dein Problem später an, aber nun sollten wir Seles nach Hause bringen. Ich kümmere mich um den Drecksack und bringe ihn eigenhändig ins Gefängnis" erwiderte Zelos, löste sich von der Kleinen, ergriff den Kragen des Diebes und schleifte ihn hinter sich her. Der Typ würde für seine Taten einige Jahre sitzen, selbst wenn er Wache vor der Zelle schieben musste. Ohne Strafe kam ihm der Kerl garantiert nicht davon.
 

Jean nickte ihm leicht zu, lief dem Rothaarigen hinterher und erklomm mit ihm die Stufen zum Vorplatz. Tokunaga und Seles warteten noch immer, aber Zelos verlor keine Zeit und schlug den linken Weg zum Colosseum ein. "Jean, du begleitest meine Schwester. Ich werde den Müll entsorgen" rief er der jungen Dame noch zu, lief über die Brücke und verschwand aus Jean's Sichtfeld. Jean lächelte leicht, gab Seles die gestohlene Tasche zurück und half ihr beim Aufstehen. Seles war sehr blass um die Nase und obwohl sie die ganze Zeit auf der Bank gesessen hatte, war sie immer noch außer Atem. Warum? War sie in den letzten Jahren noch kränklicher geworden? Jean wusste es nicht und sie mochte nun auch nicht fragen, denn sie wollte erst einmal Seles mit Tokunaga zusammen zur Villa bringen.
 

Einige Minuten später erreichten sie die prunkvolle Villa und Jean erinnerte sich noch sehr genau, dass sie früher sehr oft bei Zelos zu Besuch gewesen war. Er hatte dann immer mit ihr Verstecken gespielt, denn seine Villa besaß unzählige Zimmer, aber dennoch hatte er sie immer wieder gefunden. Bei diesem Gedanken musste Jean unweigerlich lächeln, ehe sie Sebastian begrüßte, welcher mit sorgenvoller Miene die kränkliche Seles in Augenschein nahm.
 

"Lady Jean, warten Sie bitte im Wohnzimmer" erläuterte Sebastian und half Tokunaga dabei, Seles in ihr Zimmer im ersten Stock zu bringen. Vor der letzten Stufe blieb Seles jedoch stehen, sah nochmals zu Jean hinab, welche sich auf die Couch gesetzt hatte und erhob ihre Stimme. "Ich danke dir, Jean" murmelte Seles, ehe sie in ihr Zimmer gebracht wurde und Jean allein mit ihren Gedanken blieb.
 

Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Haustür geöffnet wurde und Zelos eintrat. Er lächelte leicht, setzte sich zu Jean auf die Couch und lehnte sich seufzend ins Polster zurück. "Den Rheaird kannst du vergessen. Die Wache zeigte mir den Schaden, den du angerichtet hast, aber mach dir keine Sorgen. Ich habe einen Boten zu Yuan gesandt. Meine Lippen bleiben versiegelt, also werden deine Eltern nichts erfahren" grinste Zelos, obwohl er sich natürlich fragte, wie Jean den Rheaird dermaßen zerstören hatte können. Er wollte aber auch nicht länger auf ihren Fehler eingehen, erhob sich stattdessen wieder und lief zur Küche, um seinem Gast ein Glas Orangensaft zu holen.
 

Die junge Dame blieb nicht sitzen, folgte Zelos in die Küche und betrachtete ihn eine Weile. "Zelos... Bist du etwa immer noch traurig wegen Sheena? Du bist so...". "Nein, meine Prinzessin. Die Sache mit Sheena habe ich schon längst verarbeitet. Dank dir" unterbrach er Jean, bot ihr einen Stuhl beim Esstisch an und setzte sich schließlich zu ihr. Eine ganze Weile war es still in der Küche und nur die beständige Atmung verriet, dass sich zwei Personen im Raum aufhielten.
 

"Warum schweigst du mich an? Du hast mir bisher immer erzählt, was dich belastet, oder nicht? Zelos, ich ertrage dein trauriges Gesicht nicht, also rede mit mir" murmelte Jean, ergriff seine Hand und sah ihn flehend an. Zelos biss sich auf die Unterlippe, wusste er doch sehr wohl, dass er seinen Kummer nicht vor der Kleinen verbergen konnte. Immer spürte sie es, wenn ihm etwas auf der Seele lag und nun, wo seine süße Prinzessin neben ihm saß und ihn mit ihren braunen Augen so flehend musterte, konnte er nicht länger schweigen. Er trug diese Bürde sowieso schon zu lange mit sich rum, hatte sich keinen seiner Freunde anvertraut und wäre nun nicht Jean bei ihm, würde er sich erneut zu seiner Schwester ans Bett setzen und über sie wachen. "Meine Schwester... Seles wird sterben, Jean" murmelte er leise und senkte seinen Kopf, um seine Tränen zu verbergen, welche sich bei dieser Erkenntnis unweigerlich und immer wieder in seinen Augen bildeten.

Sorgen und Ängste

Jean schluckte, versuchte diese erschreckende Nachricht zu begreifen, denn das konnte doch nur ein schlechter Scherz sein, oder? Seles würde sterben? Nein, vielleicht konnte sie helfen, ihr Leben noch ein wenig verlängern, doch bevor sie hätte aufstehen können, spürte sie den Kopf des Rothaarigen auf ihrer Schulter. "Meine Schwester war vor einigen Tagen noch im Krankenhaus, Jean. Ich wollte nicht von ihrer Seite weichen und nur deswegen komme ich immer seltener zu Besuch. Ich habe furchtbare Angst um Seles, denn die Ärzte teilten mir mit, dass jeder Tag ihr letzter Tag sein könnte" erklärte Zelos unter Tränen, wurde liebevoll in die Arme geschlossen und endlich begann Jean zu verstehen, warum der ehemalige Auserwählte kaum noch Zeit mit ihr verbrachte.
 

"Vielleicht kann Mama deiner Schwester helfen. Warum hast du denn nichts gesagt, du Dummkopf?" murmelte Jean und ihr Vorwurf war in ihren Augen berechtigt, denn ihre Mutter hätte bestimmt ihre Heilkünste verwendet, um seiner Schwester zu helfen. Zelos schüttelte kaum merklich seinen Kopf, denn die Heilkräfte der Professorin halfen seiner Schwester nicht, jedenfalls hatte er dem zuständigen Arzt über diese speziellen Heilkräfte informiert und dabei eine noch viel schrecklichere Nachricht erhalten.
 

"Deine Mutter kann meiner Schwester nicht helfen. Du weißt doch, dass Seles einen Exsphere trägt, nicht wahr? Der Exsphere ist der Grund, warum Seles überhaupt noch lebt, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Kräfte auch nicht mehr ausreichen und dann..." erklärte Zelos und sah ihr nun in die Augen, konnte ihr Mitgefühl deutlich erkennen und ließ sich von ihren zierlichen Fingern die Tränen aus dem Gesicht wischen.
 

"Jean, ich... Bitte behalte diese Nachrichten für dich. Ich möchte deine Eltern und unsere Freunde nicht beunruhigen. Versprichst du mir das, meine süße Prinzessin?" murmelte er, bemerkte ihr zaghaftes Nicken und ließ seinen Kopf erneut auf ihre Schulter sinken. Wie immer, dachte er sich insgeheim, vermochte Jean einen kleinen Teil seines Schmerzes zu lindern und er wusste auch, dass seine süße Prinzessin für ihn da sein wollte, aber die letzten Tage oder gar Wochen, wollte er mit seiner Schwester verbringen. Er hatte doch nur noch Seles aus seiner Familie und wenn sie starb, war er ganz allein auf der Welt. Verdammt, er ertrug dieses grausame Schicksal einfach nicht, aber es gab keine andere Möglichkeit, als der Wahrheit ins Auge zu sehen.
 

Ein zaghaftes Klopfen an der offen stehenden Tür ließ Jean aufsehen und auch Zelos hob seinen Kopf, wischte sich die letzten Tränen von den Wangen, ehe er Sebastian erblickte. "Sir Yuan ist soeben eingetroffen" berichtete der Butler, weswegen Zelos nickte und einmal tief durchatmete. Er erhob sich, schenkte Jean ein gequältes Lächeln und ging ins Wohnzimmer, um Yuan zu begrüßen. Die junge Dame blieb noch einige Sekunden sitzen, dachte über diese Nachrichten nach und erhob sich schließlich ebenfalls. Sie wollte Zelos in dieser schweren Zeit nicht alleine lassen, aber er würde sie vermutlich des Hauses verweisen, um mit seiner Schwester die letzten Tage allein zu verbringen.
 

"Verstehe... Ich werde meinen Mund halten, auch wenn ich es nicht gutheißen kann. Ich bringe Jean wohlbehalten nach Hause" erklärte Yuan und sah nun zur offen stehenden Tür, in die sein Patenkind stand und den Boden unter ihren Füßen musterte. "Kann... Kann ich nicht bei dir bleiben, Zelos? Ich habe Sommerferien und... Bitte... Ich will nicht nach Hause" flehte sie den ehemaligen Auserwählten an. Zelos trat die wenigen Schritte zu ihr heran, legte ein erzwungenes Lächeln auf und beugte sich zu ihr hinab. "Ich weiß deine Hilfsbereitschaft zu schätzen, aber erfülle mir meine Bitte und geh nach Hause. Ich... Du darfst mich auch bald wieder besuchen kommen".
 

"Ist das dein letztes Wort?" entgegnete Jean und verkrallte ihre Finger in sein rosafarbenes Gewand. "Ich will dich nicht alleine lassen, Zelos. Ich will...". "Respektiere meinen Wunsch, Jean. Ich bitte dich" unterbrach er die Kleine, strich ihr liebevoll über die Wange, ehe er das Räuspern eines Mannes oberhalb der Treppe vernahm. "Master Zelos... Lady Seles wünscht Euch zu sehen". Zelos nickte Tokunaga zu, wendete sich nun wieder Jean zu und strich ihr erneut über die Wange. "Mach dir keine Sorgen um mich, Prinzessin. Yuan wird dich nun nach Hause bringen" murmelte er, kehrte ihr den Rücken zu und erklomm die Stufen. Vor der letzten Stufe blieb er nochmals stehen, sah zu Jean hinab und schenkte ihr ein zaghaftes Lächeln, ehe er Tokunaga in Seles' Zimmer folgte.
 

Jean senkte ihren Kopf, denn sie wollte wirklich nicht gehen, aber sie respektierte seinen Wunsch und lief auf Yuan zu, welcher einen leisen Seufzer ausstieß und mit seinem Patenkind die Villa des ehemaligen Auserwählten verließ. Nach einigen Schritten blieb die junge Dame nochmals stehen, warf einen Blick zurück zur Villa und musste erneut mit sich ringen. Zelos musste nicht allein dieses Schicksal erdulden, aber wie könne sie ihm helfen? Zelos hatte deutlich gemacht, dass er die verbleibende Zeit mit Seles allein verbringen wollte und doch hatte Jean bemerkt, wie er mehr und mehr vor Kummer zerbrach.
 

Eine Hand auf ihrer linken Schulter holte Jean aus ihre Gedanken, ehe sie zu Yuan blickte, welcher leicht seinen Kopf schüttelte. "Zelos würde nicht wollen, dass du seinetwegen so traurig bist. Sei stark und sei für ihn da, wenn die Zeit gekommen ist". Yuan wollte lediglich, dass sie seine Meinung zu diesem Thema wusste, denn auch wenn der Rothaarige nichts zu ihm gesagt hatte, wusste er dennoch sehr wohl, dass Zelos im Moment sehr unter dieser Erkenntnis litt.
 

Jean wollte schon eine Antwort geben, doch Yuan ergriff ihre Hand und zog sie mit sanfter Gewalt aus dem Adelsviertel. "Zelos kam vor einigen Monaten zu mir und fragte mich nach sämtliche Heilverfahren, die ich kenne. Er teilte mir keinen Grund mit und dennoch wusste ich, weil er so verzweifelt war, dass es sich um seine kranke Schwester handeln musste. Ich weiß, dass sie in absehbarer Zeit sterben wird" fügte er leise hinzu, denn er wollte nicht, dass die Kleine mit ihren Gedanken alleine gelassen wurde, wusste er doch sehr wohl, dass ihr Zelos sehr am Herzen lag und sie sich Sorgen um den Rothaarigen machte.
 

"Yuan... Können wir Seles denn überhaupt nicht helfen? Ich will nicht, dass Zelos...". "Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, aber manchmal müssen wir der Wahrheit ins Auge sehen" unterbrach er die Kleine, lief mit ihr durch das Stadttor und holte seinen Rheaird aus der Flügeltasche. Sich auf den Sitz setzend und den Antrieb startend sah er Jean abwartend an, welche ihre Hände zu Fäusten ballte. Ja, er klang hart, aber er war noch nie der Typ Mann gewesen, welcher Gefühle zeigte und dessen war sich auch sein Patenkind bewusst. Yuan hatte sein Möglichstes versucht, aber in Seles' Fall gab es keine Heilmethode, auch wenn Zelos so unendlich unter ihren Tod leiden würde.
 

"Lloyd hat gesagt, dass es immer eine Möglichkeit gibt" murmelte Jean, denn sie vertraute auf die Worte ihres älteren Bruders. Oft hatte er ihr Geschichten erzählt, hatte ihr seine Denkweise erklärt und Jean selbst dachte inzwischen ebenso. Es gab bestimmt eine Möglichkeit, um Seles zu retten und an diesem Glauben wollte sie festhalten. "Dein Bruder weiß aber auch, dass es manchmal keine Möglichkeit gibt. Ich weiß, es fällt dir...". "Du bist so gemein, Yuan. Warum bist du nur so? Verstehst du denn nicht, dass Zelos daran zerbrechen wird? Du bist so ein Mistkerl" brüllte Jean ihm entgegen. Er machte all ihre Hoffnungen einfach so zunichte, verzog dabei nicht mal eine Miene und tat so, als kümmerte ihn Zelos überhaupt nicht.
 

Yuan erwiderte nichts, denn mit ihrer Reaktion hätte er rechnen müssen, war Jean im Moment auch einfach zu aufgewühlt, um einen kühlen Kopf zu bewahren. Nach etlichen Minuten der Stille, in denen sie sich beruhigte, stieg sie endlich zu ihm auf den Rheaird und klammerte sich an ihm fest. Ein leiser Seufzer entwich seinen Lippen, ehe er sich ebenso leise bei ihr entschuldigte und allmählich den Rheaird in Bewegung setzte. Jean schloss ihre Augen, blendete jegliche Geräusche aus und blieb in ihren Gedanken bei Zelos. Stumme Tränen liefen ihr an den Wangen hinab, als sie sich an sein trauriges und gleichzeitig so verzweifeltes Gesicht erinnerte, doch im Augenblick konnte die junge Dame nichts tun, sondern nur warten und hoffen.
 

Nach einigen Minuten erreichte Yuan das immer noch sehr kleine Dorf Iselia, landete vor dem Haus seines besten Freundes und stieg vom Sitz. Jean wischte sich mit ihrer Hand durch ihr Gesicht, behielt ihren Kopf gesenkt und versuchte sich nun allmählich zu beruhigen. Sie wollte unter keinen Umständen, dass ihr Vater irgendwelche Fragen stellte, denn eine Antwort konnte sie ihm sowieso nicht geben. Nein, sie würde die Sache mit Seles für sich behalten.
 

Yuan wollte gerade seine Stimme erheben, als er vier Hände an seinen Hosenbein und über seinen Augen spürte. An seinem rechten Hosenbein hielt sich Mithos, sein zweites Patenkind, fest und strahlte ihn an, nachdem er die Hände von seinen Augen genommen hatte. Er schenkte dem Jungen ein zaghaftes Lächeln, ehe er über seine Schulter blickte und eine junge Dame erblickte, welche ihm keineswegs unbekannt war. "Suzu... Wenn du hier bist, sind deine Eltern...". Eine Hand auf seiner rechten Schulter ließ ihn verstummen und augenblicklich sah er in braune Augen einer schwarzhaarigen Frau, welche ihm ein sanftes Lächeln schenkte. "Sheena... Es ist lange her" murmelte er und blickte nun wieder zu dem Mädchen, welche mit Mithos zur Schule lief, um auf der daneben liegenden Wiese zu spielen. Suzu war im gleichen Alter wie Mithos und war ihrer Mutter erschreckend ähnlich. Sie war ebenso ein liebes Kind, aber wenn sie einmal sauer wurde, ergriff sogar ihr Vater die Flucht.
 

"Das liegt wohl kaum an uns. Du kommst uns doch so selten besuchen" erwiderte die Kunoichi und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sheena warf einen kurzen Blick zu Jean, welche nun ebenfalls vom Rheaird stieg und ohne ein Wort, nicht einmal Sheena begrüßte, die Tür öffnete und das Haus betrat, um sich in ihrem Zimmer zu verschanzen. "Ähm... Raine sagte, dass Jean in Meltokio war. Ist etwas vorgefallen? Das sie sich mit Zelos gestritten hat, kann ich mir nicht vorstellen" wollte Sheena in Erfahrung bringen, denn bisher waren Jean und Zelos immer ein Herz und eine Seele gewesen.
 

Yuan seufzte leise aus, schüttelte seinen Kopf und hielt seinen Mund. Er besaß nicht das Recht, von den neuen Erkenntnissen zu erzählen, weswegen er auf seinen Rheaird stieg und sich von Sheena verabschiedete. Die Kunoichi sah Yuan noch eine Weile hinterher, ehe sie ebenfalls ins Haus ging und sich zu Raine an den Tisch setzte. Ihre Männer würden wohl erst in einer halben Stunde zurückkehren, denn meist mussten sie erst einen Schwertkampf austragen, um ihre Stärke unter Beweis zu stellen. Wie kleine Kinder, dachte sich Sheena und sah nun Raine an, welche in den Flur blickte.
 

Die Haustür ging im nächsten Moment unerwartet auf, ehe Lloyd und Kratos die Küche betraten. Der Ältere bemerkte sofort den besorgten Blick seiner Frau, trat an sie heran und legte seine Hände auf ihre Schultern. "Was ist denn los?" fragte Lloyd und blickte, wie Raine es tat, in den Flur. "Kratos... Unsere Tocher, sie..." murmelte Raine, hatte sie vor wenigen Minuten noch vor der verschlossenen Tür gestanden und die leisen Schluchzer gehört. Nur Kratos konnte nun vielleicht mit ihr reden, denn ihm vertraute sich Jeam meistgehend an.
 

Kratos nickte ihr zu, lief sofort in den Flur und blieb vor der Zimmertür seiner Tochter stehen. Er hörte natürlich ihre leisen Schluchzer, überlegte auch schon fieberhaft, ob Zelos vielleicht etwas Falsches zu ihr gesagt haben könnte, aber irgendwie wollte und konnte er es sich nicht vorstellen. Noch nie hatte der Rothaarige seine Tochter derart zum Weinen gebracht, weswegen es andere Gründe für ihre Tränen geben musste.
 

"Jean, ist alles in Ordnung?". Kratos biss sich auf die Zunge, denn diese Frage hätte er sich auch schenken können. "Magst du mir vielleicht erzählen, warum du weinst?" fügte er nach wenigen Sekunden hinzu, hörte jedoch nur ein dumpfes Geräusch, ehe die weinerliche Stimme seiner Tochter ertönte. "Lass mich in Ruhe" brüllte Jean, blickte auf ihr Kissen, welches sie gegen die Tür geworfen hatte und vergrub ihr Gesicht erneut in ihren Händen. Ihr Vater konnte ihr nicht helfen, auch wenn er ihr immer zur Seite stehen würde.
 

Ein leiser Seufzer entwich Kratos' Lippen, denn nun war er sich sicher, dass etwas Schreckliches in den Augen seiner Tochter geschehen sein musste, denn Jean hätte sonst nicht so reagiert. "Falls du doch reden möchtest, Jean... Du weißt, dass ich immer ein offenes Ohr für dich habe" murmelte Kratos gegen die verschlossene Tür und lief zurück in die Küche. Voller Hoffnung wurde er aus blauen Augen gemustert und dennoch musste er seine Frau mit einem leichten Kopfschütteln enttäuschen. Kratos setzte sich zu ihr an den Tisch, legte seinen Arm um sie und wisperte ihr leise Worte ins Ohr. Ihre Tochter würde schon mit ihnen reden, aber vorerst brauchte sie wohl noch etwas Zeit für sich, auch wenn sich der Braunhaarige natürlich seine Gedanken um das derzeitige Befinden seiner Tochter machte.
 

Jean vergrub nun ihr Gesicht in ihrer Zudecke, ließ ihren Tränen erneut freien Lauf und kämpfte weiterhin gegen diese Erkenntnis an. Obwohl sie nicht mit Seles verwandt war, war sie dennoch wie ein Teil der Familie behandelt worden. Ja, Seles war wie eine ältere Schwester für sie und aus diesem Grund wollte Jean diese Erkenntnis nicht akzeptieren. Schluchzend öffnete Jean das Medaillion, warf einen Blick auf das Bild des Rothaarigen und legte ein erzwungenes Lächeln auf. Zelos lächelte oft nicht ehrlich, versuchte seine Gefühle vor ihr zu verbergen, aber vor ihr konnte er einfach nichts verbergen. Nein, Jean sah seine Einsamkeit und seinen Kummer und nun musste sie Yuan zustimmen. Wenigstens sie musste stark sein, wenn Zelos in einem Meer aus unendlicher Trauer zu versinken drohte.
 

Zur gleichen Zeit saß Zelos auf einem Stuhl vor Seles' Bett und hielt ihre Hand, während er ihr immer wieder prüfend in die Augen schaute. "Mein großer Bruder ist doch noch ein anständiger Mann geworden" lächelte Seles müde und blickte nun an die hohe Zimmerdecke. "Eigentlich wolltest du Jean nicht nach Hause schicken, nicht wahr?" fügte die jüngere Schwester des Rothaarigen leise hinzu, welcher nun seine freie Hand erhob und sich vereinzelte Tränen aus dem Gesicht wischte. "Du sollst dich schonen. Bitte ruh dich aus" ermahnte er Seles mit brüchiger Stimme, war doch jegliche Anstrengung und jegliche Aufregung wie pures Gift für seine Schwester.
 

"Mein großer Bruder... Ich habe dir in der Vergangenheit nur Kummer bereitet. Vergib mir... Ich bin dir so unendlich dankbar, dass du in den letzten Jahren für mich da gewesen bist" murmelte Seles, spürte plötzlich die Arme von ihrem Bruder um ihren Körper und wie seine Tränen an ihren Wangen hinab liefen. "Hör auf... Gib nicht auf, Seles... Ich... Du darfst nicht sterben. Ich verbiete es dir, verdammt noch mal" schluchzte Zelos, drückte seine Schwester noch ein wenig mehr an seinen Oberkörper und biss fest die Zähne aufeinander, um weitere Schluchzer zu unterdrücken. Jeden verfluchten Tag und das nun schon seit einem Jahr fühlte er sich nun schon so hilflos, aber in den letzten Tagen hatte sich Seles' Zustand so dermaßen verschlechtert, dass er befürchtete, sie würde jeden Augenblick in seinen Armen sterben. Warum? Seles hatte nie etwas Böses getan, also warum musste sie sterben?
 

"Weine nicht um mich, großer Bruder. Du hast mir etwas versprochen, erinnerst du dich?". Zelos nickte ihr zu, erhob sich nun wieder von ihr und setzte sich auf den Bettrand. "Ich soll stark sein und... Ich soll Jean immer liebevoll behandeln" sprach er das Versprechen aus, welches er seiner Schwester gegeben hatte. Seles nickte ihrem Bruder lächelnd zu, ließ ihre Augenlider sinken und seufzte leise aus. "Du kannst in dein Zimmer gehen, Zelos. Ruh dich aus und lass auch mich in Ruhe schlafen. Ich werde Tokunaga rufen, wenn ich etwas benötige" wisperte Seles und nur widerwillig wurde ihre Hand behutsam unter die Bettdecke gebettet. Zelos erhob sich vom Stuhl, beugte sich zu seiner Schwester hinab und küsste ihre Stirn. "Ich liebe dich, Seles" hauchte er, ehe er ihr Zimmer unter Tränen verließ.
 

Seles öffnete ihre Augen, drehte ihren Kopf zur Tür und seufzte bekümmert. "Ich liebe dich auch, mein großer Bruder" hauchte sie, schloss erneut ihre Augen und fiel in einen ruhigen Schlaf. Zelos lehnte noch gegen die geschlossene Zimmertür, musterte den Boden unter seinen Füßen und atmete einige Male durch. "Zelos, immer schön lächeln, okay?" kam ihm ein vertrauter Satz in den Sinn und das Bild seiner süßen Prinzessin tauchte unweigerlich vor ihm auf. "Ich weiß, Jean. Ich werde immer für dich lächeln, Prinzessin" murmelte er und stieß sich von der Tür ab, um hinunter ins Wohnzimmer zu gehen.
 

Im selben Moment betrachtete Jean den Sichel ähnlichen Mond von ihrem Bett aus, betrachtete die Sterne und dachte erneut an den ehemaligen Auserwählten. Wie es ihm wohl im Moment ging? Jean wollte ihn in ihre Arme schließen, wollte ihm Trost spenden, aber er hatte ihre Hilfe abgelehnt und sie nach Hause geschickt. Warum? "Bin ich in deinen Augen immer noch ein Kind?" dachte sie sich insgeheim, blickte erneut auf das Bild und seufzte leise aus. Jean wusste es nicht und strich mit ihrem Zeigefinger über das kleine Bild, ließ ihre Augenlider sinken und unterdrückte einen Schluchzer. "Ich werde immer für dich lächeln, Prinzessin" kam ihr ein vertrauter Satz in den Sinn und sofort erschien ihr das ehrliche Lächeln von Zelos vor ihrem geistigen Auge. Ja, Jean würde immer wieder dafür sorgen, dass Zelos ein ehrliches und reines Lächeln auflegen konnte.

'Ich bin immer für dich da'

Drei Tage waren nun schon ins Land gezogen und allmählich fragte sich der Braunhaarige, ob er nicht Zelos aufsuchen sollte, denn seine Tochter hatte seit ihrem Heulkrampf kein Wort mehr gesprochen. Auch heute Abend, wollten sie nun zu Abend essen, saß Jean still beim Esstisch und stocherte lustlos in ihrem Essen herum. Selbst Mithos hatte sein Glück versucht, aber die junge Dame schwieg, legte meist nur ein erzwungenes Lächeln auf und sah ihre Familie aus traurigen Augen an. Was war nur vor drei Tagen in Meltokio geschehen? Raine hatte schon die schrecklichsten Möglichkeiten in Betracht gezogen, doch Kratos glaubte nicht, dass seine Tochter ein Opfer eines Gewaltverbrechens geworden war. Wäre dem wirklich so, würde Jean vermutlich in ihrem Zimmer bleiben und sich völlig von der Außenwelt abkapseln.
 

"Jean... Wir machen uns große Sorgen um dich. Wieso sprichst du nicht mit uns?" durchbrach Raine die unangenehme Stille und erhoffte sich nun endlich eine Antwort. Ihre Tochter konnte doch nicht die ganze Zeit über schweigen und ihrer Familie solche Sorgen bereiten. Raine würde alles in ihrer Macht stehende tun, um Jean zu helfen, auch wenn ihre Befürchtungen mit jeder weiteren Minute schlimmer wurden. "Wurdest du von einem Fremden angefasst? Du musst keine Angst haben, denn dein Vater und auch ich werden dir helfen" fügte die Professorin leise hinzu, wurde von ihrem Mann in die Arme geschlossen, während Jean ihren Kopf schüttelte und sich vom Stuhl erhob, um sich ein Glas aus dem Schrank zu nehmen.
 

Bevor Raine eine weitere Frage hätte stellen können, klopfte es an der Haustür, weswegen sich der Braunhaarige erhob und nochmals einen prüfenden Blick zu seiner Tochter warf. Die Tür öffnend und sich gleichzeitig über den ungewöhnlichen Besuch wundernd blickte Kratos den elegant gekleideten Mann in die Augen. Raine wunderte sich ebenfalls, während ihr Mann einen Umschlag entgegen nahm und der Bekannte endlich erklärte, warum er am späten Abend noch stören musste. "Lady Seles ist heute Morgen verstorben" berichtete Tokunaga leise und senkte seinen Kopf. Diese Nachricht überbrachte er schon den ganzen Tag und er hatte einige Bekannte und Freunde von dem Master noch vor sich.
 

Raine zuckte erschrocken zusammen, als ein lautes Klirren ertönte und blickte nun zu ihrer Tochter, welche wie Espenlaub zitterte und sich ihre Hände vor den Mund geschlagen hatte. Kratos warf nur einen kurzen Blick über seine Schulter, studierte den geschockten Blick seiner Tochter, ehe er sich wieder Tokunaga zuwendete. "Unser herzliches Beileid. Wie geht es Zelos? Kommt er zurecht?" murmelte Kratos fragend, denn er wusste sehr wohl, wie sehr der ehemalige Auserwählte an seiner Schwester hing. Vielleicht hatte sich Jean in den letzten Tagen nur so verschwiegen benommen, weil sie etwas erfahren hatte? Möglich wäre es schon, doch weitere Gedanken konnte er sich nicht machen, da seine Tochter überhastet die Küche verließ und in ihr Zimmer eilte.
 

"Master Zelos weigert sich vehement aus seinem Zimmer zu kommen. Sebastian und ich machen uns große Sorgen, weil er im Moment traumatisiert ist und...". "Papa... Lass mich zu ihm gehen. Ich... Ich kann und will nicht mehr warten" unterbrach Jean außer Atem den Butler, stellte eine Reisetasche vor ihren Füßen ab, die die junge Dame in Windeseile gepackt hatte und sah ihren Vater flehend an. Kratos erwiderte ihren Blick, ehe er Raine stumm um Erlaubnis bat, denn in der Erziehung mussten er und seine Frau an einem Strang ziehen. Raine nickte ihrem Mann leicht zu, sah nochmals zu ihrer nun entschlossenen Tochter, ehe Tokunaga erneut das Wort ergriff.
 

"Ich danke Ihnen, Lady Jean. Sie sind möglicherweise die einzige Person, die unseren Master erreichen kann". Jean nickte diesen Worten zu, hängte sich nun ihre Reisetasche um und huschte an ihrem Vater vorbei. "Warte, ich bringe dich nach Meltokio" murmelte er, wendete sich um und lief zum Tisch. Er gab seiner Frau einen kurzen Kuss und wuschelte seinem Sohn durchs Haar, welcher vermutlich überhaupt nicht verstanden hatte, was nun eigentlich los war. Raine würde wahrscheinlich erklären, wer Seles war und warum Jean nun so aufgewühlt wirkte.
 

Jean wartete bereits vor dem kleinen Teich, hatte sie sich eben noch von Tokunaga verabschiedet, da er noch zu Colette musste, um ihr die Nachrichten zu überbringen. Schweigend blickte sie zum Sternenhimmel auf und konnte nun auch nicht länger ihre Tränen unterdrücken, obwohl sie doch eigentlich stark bleiben wollte. Für Zelos war mit Sicherheit eine Welt untergegangen und nun saß er in seinem Zimmer, ließ nicht mal seinen vertrauten Butler an sich heran und weinte sich seinen Kummer von der Seele.
 

"Du wusstest es, nicht wahr?" ertönte die Stimme ihres Vaters hinter ihr, weswegen Jean leicht nickte und sich vereinzelte Tränen von ihren Wangen wischte. "Zelos erzählte mir, dass Seles... Das sie sterben wird. Ich wollte ihn eigentlich nicht alleine lassen, aber... Ich fühle mich so schuldig, weil ich...". "Du trägst keinerlei Schuld an Seles' Tod und Zelos würde auch nicht wollen, dass du so denkst" widersprach Kratos seiner Tochter unterbrechend, legte schützend seine Arme um ihren bebenden Körper und versuchte ihr zumindest ein wenig Trost zu spenden.
 

"Trotzdem... Warum hat er mich nach Hause geschickt? Ich wusste, dass er zerbrechen wird und...". "Beruhige dich, Jean. Er wollte dir sicherlich solch eine Erfahrung ersparen und er wollte vermutlich die letzten Tage mit seiner Schwester allein verbringen. Du musst dir keine Vorwürfe machen und du weißt, dass ich recht habe" unterbrach er seine Tochter erneut und strich ihr nun vereinzelte Tränen aus dem Gesicht. Zelos war ihr schon immer sehr wichtig gewesen und immerzu hatte Jean gestrahlt, wenn sie von dem Rothaarigen und den Erlebnissen mit ihm erzählt hatte. Ja, wahrscheinlich war Jean im Moment die einzige Person, welche Zelos in seiner Umgebung dulden würde.
 

"Kopf hoch, Kleines. Ich bringe dich zu ihm" lächelte Kratos, hob seine Tochter auf seine Arme und ließ seine Flügel erscheinen. Jean hatte sein Geheimnis vor einigen Jahren herausgefunden und natürlich hatte er ihr demnach einige Dinge aus seiner Vergangenheit erzählen müssen. Auch wusste Jean, dass der ehemalige Auserwählte einige Engelsfähigkeiten besaß. Kratos schmunzelte, als er sich an eine sehr amüsante Szene erinnerte, denn Jean hatte Zelos darum gebeten, ihr seine Flügel zu zeigen. Einen ganzen Monat hatte sie Zelos einen wunderschönen Engel genannt, doch diese Zeiten waren schon lange vorbei. Jean war nicht mehr das kleine Mädchen, sondern eine junge Dame, welche sich nun Sorgen um den Rothaarigen machte.
 

Nach nur wenigen Minuten Flugzeit landete Kratos mit seiner Tochter vor der prunkvollen Villa, setzte Jean auf den Boden ab und strich ihr mit seiner Hand nochmals beruhigend über ihren Rücken. "Du musst ihn nun mit Samthandschuhen anfassen und...". "Papa... Wieso behandelst du mich ständig wie ein Kind? Ich weiß selbst, wie ich mit Zelos umgehen muss" murrte Jean und wendete sich von ihrem Vater ab. Mit eiligen Schritten erklomm sie die Stufen, blieb vor der Tür stehen und erhob ihre rechte Hand, um an die Tür zu klopfen. "Danke..." murmelte Jean kaum hörbar, weswegen Kratos leicht lächelte und sich nun in die Lüfte erhob. Gut, seine Tochter musste den Rest des Weges alleine gehen, denn weder er, noch seine Freunde konnten nun noch etwas für Zelos tun.
 

Seufzend klopfte Jean an das massive Holz, musste nur wenige Sekunden warten, bis ihr die Tür geöffnet wurde und sie in das Gesicht eines verzweifelten Butlers blickte. "Lady Jean... Ich freue mich, Sie zu sehen" murmelte Sebastian, gewährte der jungen Dame Einlass und schloss die Türe hinter ihr. Jean sah sich im Wohnzimmer um, konnte nichts Verdächtiges erkennen, denn die Villa wirkte wie vor drei Tagen. Nur eine unangenehme Kälte lag in der Luft, ließ die Kleine ein wenig frösteln, ehe sie einen Blick zur Treppe riskierte. "Zelos..." hauchte sie leise und stellte ihre Reisetasche neben der Couch ab. Hoffentlich hatte er in seiner Verzweifelung nichts Dummes angestellt, dachte sie sich insgeheim und blickte nun wieder zu Sebastian, welcher bereits bei der Treppe auf sie wartete.
 

"Tokunaga hat Ihnen erzählt, dass sich unser Master in seinem Zimmer eingeschlossen hat, nicht wahr? Er lehnt jede Hilfe ab, möchte nichts essen und... Ich bin mit meinem Latein am Ende. Bitte, Sie müssen Master Zelos helfen" erklärte der Butler sein Anliegen verzweifelt, ehe Jean ihm zunickte. "Kochen Sie bitte eine Suppe, Sebastian. Den Rest überlassen Sie ruhig mir" erwiderte die junge Dame und erklomm die Stufen, um in den ersten Stock zu gelangen. An Seles' ehemaliges Zimmer lief Jean vorbei, schüttelte leicht ihren Kopf und versuchte nun nicht ihre Fassung zu verlieren. Nun brauchte sie all ihre Stärke, um Zelos aus dem Meer der Einsamkeit und unendlich tiefer Trauer zu ziehen.
 

Vor seiner Zimmertür blieb sie stehen, legte ihr Ohr an das massive Holz und lauschte. Nichts Verdächtiges konnte sie hören, nicht mal einen leisen Schluchzer, weswegen sich ihre Sorge verstärkte. Zelos hatte sich doch hoffentlich nichts angetan, oder? Nein, daran wollte Jean nicht denken, erhob nun ihre bereits zittrige Hand und klopfte zaghaft an die Tür. "Zelos... Ich bin es. Deine süße Prinzessin" murmelte sie, wartete einige Sekunden, doch eine Antwort wurde ihr nicht gegeben. Jean bekam allmählich Panik, klopfte nun etwas lauter und rief erneut nach dem ehemaligen Auserwählten. Er machte ihr Angst, wusste Jean doch nicht, was er in seinem Zimmer anstellte und ob er nicht schon längst das Bewusstsein verloren hatte oder sonst was in der Art.
 

"Zelos, bitte..." schluchzte Jean verzweifelt, rutschte an der Tür hinab und lehnte ihre Stirn an das kühle Holz. Warum gab er nicht wenigstens ein Lebenszeichen von sich? Sie machte sich solche Sorgen um ihm, wollte nun für ihn da sein, aber so lange die Tür vor ihr verschlossen blieb, konnte Jean überhaupt nichts tun. Jedoch fiel ihr dann eine Möglichkeit ein, wie sie sich Zutritt zu sein Zimmer verschaffen konnte und nestelte in ihrem Haar. Mit einer Haarnadel bewaffnet, versuchte sich Jean zu konzentrieren, um das Schloss zu öffnen. Lloyd hatte ihr vor einigen Jahren gezeigt, wie massive Schlösser geöffnet werden konnten, auch wenn ihre Mutter dagegen gewesen war. Nun könnte ihr dieses Wissen helfen und auch wenn Zelos keine Person sehen wollte, Jean würde ihm die nächsten Tage nicht von der Seite weichen.
 

Nach einigen Versuchen machte es Klick, ehe Jean die Klinke betätigte und ins Zimmer krabbelte. Ein unangenehmer Geruch stieg ihr in die Nase und erst als sie den Lichtschalter neben der Tür betätigte, konnte sie sich im Zimmer umsehen, waren doch die großen, in einem Rotton gehaltenen, Vorhänge zugezogen und hielten das Mondlicht fern. Vor dem Bett auf dem Boden lagen zwei leere Weinflaschen und als sich Jean erhob und auf das große Bett starrte, erkannte sie den Rothaarigen, welcher eine weitere geöffnete Weinflasche in der Hand hielt und ausdruckslos die hohe Zimmerdecke musterte.
 

Sich die Nase zuhaltend, denn dieser Geruch verursachte einen leichten Würgereiz bei ihr, lief Jean an dem Bett vorbei, zog den Vorhang zur Seite und öffnete das Fenster, damit endlich frische Luft ins Zimmer kommen konnte. Sich ihrer Schuhe entledigend krabbelte sie schließlich vorsichtig zu Zelos aufs Bett, beugte sich über ihm und nahm ihm langsam die Weinflasche aus der Hand. Er wirkte abwesend, schien Jean überhaupt nicht wahrgenommen zu haben, obwohl sie ihm direkt in die Augen sah. "Zelos..." murmelte Jean, legte ihre rechte Hand auf seine Wange und blinzelte einige Male, weil ihr erneut Tränen in die Augen stiegen.
 

Eine Träne tropfte von ihrer Wange, fiel ihm ins Gesicht und endlich schien er Jean zu registrieren, da nun er einige Male blinzelte, um seine Sicht zu schärfen. "Prinzessin..." hauchte Zelos, erhob seine Hand und wischte die Tränen fort, welche unaufhaltsam über ihre Wangen liefen. "Meine süße Prinzessin" murmelte er und zog die Kleine zu sich hinunter, strich ihr behutsam über ihren Rücken und atmete tief durch. Seine süße Prinzessin war nun bei ihm, klammerte sich an seinem Gewand fest und weinte sich an seiner Brust aus. Vermutlich sah er schrecklich aus, oder? Ja, in seiner Trauer hatte er nur diese Möglichkeit gesehen, um dem bestialischen Schmerz in seiner Brust zu entkommen.
 

"Du Dummkopf" schluchzte Jean und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust, während sie an seinem Gewand zerrte. "Ich hätte nicht gehen dürfen. Ich hätte dir widersprechen müssen, aber...". "Ich wollte nicht, dass du siehst, wie Seles stirbt. Heute Morgen saß ich bei ihr und musste hilflos zusehen, wie sie ihre letzten Atemzüge... Meine Schwester... Sie hat mich einfach nur angelächelt und dann... Dann ist sie für immer eingeschlafen" unterbrach er die Kleine in seinen Armen, strich ihr nun durchs Haar und hob ihr Kinn etwas an. "Bleibst du bei mir? Ich... Ich will nicht alleine sein, Jean" fügte er flehend hinzu und nun erst bildeten sich Tränen in seinen Augen, weil der Alkohol nicht mehr wirkte. Nein, der Schmerz in seiner Brust kehrte zurück und somit auch seine Trauer, weil er den letzten Menschen aus seiner Familie verloren hatte.
 

Jean nickte ihm leicht zu, strich mit ihren Fingerkuppen über seine Wangen und beseitigte die Tränen, welche unaufhaltsam über seine Wangen liefen. "Ich werde immer für dich da sein, Zelos. Du bist doch mein Prinz" entgegnete sie ihm und obwohl der Rothaarige so verbittert weinte, musste er bei dieser Bezeichnung schmunzeln. Bevor er jedoch eine Antwort hätte geben können klopfte es an der offen stehenden Tür und Sebastian trat ein, in der Hand ein Tablett haltend, welches er auf dem Nachttisch abstellte. Wortlos hob er die leeren Weinflaschen auf, nahm die geöffnete Weinflasche ebenso an sich und verließ das Zimmer wieder.
 

"Zelos, ich... Ich werde dich füttern, ja? Du musst nicht die ganze Suppe essen, aber... Nur ein paar Löffel, bitte" flehte Jean, setzte sich auf und blieb auf seinem Becken sitzen. Mit der rechten Hand ergriff sie die Schüssel und den Löffel, blickte nun wieder zu Zelos hinab und tunkte das silbrige Besteck in die köstlich riechende Brühe. Der ehemalige Auserwählte nickte ihr leicht zu, setzte sich nun ebenfalls auf und stützte sich mit seinen Händen auf der Matratze ab. Die Kleine machte sich große Sorgen um ihm und auch wenn er keinerlei Hunger verspürte, öffnete er bereitwillig seinen Mund, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen.
 

Lächelnd fütterte Jean den Rothaarigen, achtete dabei auf seine Miene und pustete immer wieder, da die Suppe noch immer sehr heiß war. "Ich habe mir in den letzten Tagen solche Sorgen um dich gemacht. Ich bin so froh, dass es dir wenigstens körperlich gut geht" murmelte Jean und schob ihm erneut einen Löffel der köstlichen Brühe in den Mund. "Vergib mir... Hätte ich gewusst, dass du dir solche Sorgen um mich machst, hätte ich dir nichts erzählt. Du siehst auch sehr müde aus, Jean. Hast du in den letzten Tagen denn nicht geschlafen?" erwiderte Zelos und nun erst nahm er die Kleine in Augenschein. Ja, sie wirkte müde, sah er doch die angedeuteten Augenringe unter ihren Augen. Vermutlich hätte er wirklich seinen Mund halten sollen, denn Jean schien die ganze Zeit über ebenso gelitten zu haben.
 

"Nur sehr wenig, aber die gleiche Frage könnte ich dir stellen. Außerdem müffelst du und stinkst nach Wein. Total widerlich, wenn du mich fragst" entgegnete Jean und schob sich nun selbst einen Löffel der köstlichen Suppe in den Mund. Zelos hatte noch nie so gerochen, achtete er doch auch sehr auf sein Aussehen, aber in den letzten Tagen schien er weder geduscht, noch das Wort Körperpflege oder Reinheit in den Mund genommen zu haben. Zelos war eben auch nur ein Mensch, welcher in schweren Zeiten sein Äußeres vergaß.
 

"Ich... Ja, ich werde gleich duschen und mein Haar in Ordnung bringen" lächelte der Rothaarige und sah ihr dabei zu, wie sie die fast leere Schüssel zurück auf das Tablett stellte und ihn nun musterte. Jean schien ihm eine Frage stellen zu wollen, denn ihre braunen Augen richteten sich fragend auf ihn. "Zelos, ich... Papa behandelt mich immer noch oft wie ein Kind und... Weißt du... Ich habe mich gefragt, ob du auch... Ob ich in deinen Augen auch noch ein Kind bin? Ich meine, du hast mich nach Hause geschickt und na ja...". Jean brach ihre Erklärung ab, wusste sie auch nicht so genau, wie sie ihm ihre Sicht erklären sollte, denn sie wollte nicht auch noch von ihm wie ein Kind behandelt werden.
 

Zelos lächelte leicht, beugte sich zu ihr vor und legte seine Hände um ihr Gesicht. Seine blauen Augen sahen direkt in ihre braunen Seen, während er leicht mit seinen Daumen über ihre Wangen fuhr. "Nein... In meinen Augen bist du schon sehr lange eine junge Schönheit. Dein Vater macht sich nur unheimliche Sorgen um dich und ich... Ich habe dir gerade den Grund genannt, warum ich dich Heim geschickt habe. Ich wollte dir diese Erfahrung einfach ersparen, Prinzessin" erklärte er ihr, fuhr mit seinen Fingerkuppen durch ihr Haar und lehnte schließlich seine Stirn gegen ihre Wange.
 

"Du stinkst, Zelos. Ehrlich... Total uncool" murrte Jean und schob den Rothaarigen von sich, während sie sich erneut die Nase zuhielt. Zelos grinste frech, schnupperte an sich und musste ihr leider zustimmen. Er musste dringend unter die Dusche und sich die Zähne putzen, wenn er nicht länger ihr unzufriedenes Gesicht ertragen wollte. "Okay... Dann wird der große Zelos Wilder, dein persönlicher Prinz, nun ins Bad verschwinden". Grinsend zwinkerte er ihr zu, stieg aus dem Bett, nachdem Jean von seinem Becken gestiegen war und lief zum angrenzenden Bad. Die Kleine blieb einfach auf dem Bett sitzen, verschränkte ihre Arme vor der Brust und sah mit einem missmutigen Gesichtsausdruck aus dem Fenster. Ja, im Moment war Zelos total uncool in ihren Augen.
 

Erst nach einer knappen halben Stunde betrat Zelos sein Zimmer wieder, besah sich kurz Jean, welche aus ihren Gedanken schreckte und ihn nun von Kopf bis Fuß musterte. "Was ist? Gefalle ich dir etwa nicht mehr?" wollte Zelos wissen und betrachtete sich nun selbst. Gut, er trug nur ein Handtuch, um wenigstens seine Blöße verstecken zu können, aber was bedeutete ihre auffällige Musterung? Er war doch schon oft mit ihr schwimmen gewesen und da hatte er auch nur ein sehr knappes Höschen getragen.
 

"Doch... Ich dachte nur eben, dass kein Junge aus Iselia mit deinem Aussehen mithalten kann. Es gibt zwar viele Jungs, die mit mir gehen wollen, aber... Ich weiß auch nicht so genau. Die Jungs sind alle so langweilig" erklärte Jean ihre intensive Musterung, errötete ein wenig und blickte nun auf den Fußboden. Der ehemalige Auserwählte grinste bei ihrer Bemerkung, nahm ihr Kompliment nur zu gern entgegen und nahm sich nun eine frische Shorts aus dem Kleiderschrank. Während er in die Shorts schlüpfte und ihr den Rücken präsentierte, überlegte er bereits, was er erwidern konnte, denn das er in ihren Augen cool war, wusste er nicht erst seit eben.
 

"Tja... Bei dir im Dorf wohnen eben nur Landeier, meine süße Prinzessin. Was meinst du, wie ich am Anfang über deinen großen Bruder gedacht habe?". Zelos legte das Handtuch auf einen Stuhl, setzte sich nun zu Jean aufs Bett und zog sein linkes Bein an seinen Oberkörper. "Außerdem wärst du mir viel zu schade für einen dieser Dorftrottel. Du brauchst einen richtigen Mann" fügte er leise murmelnd hinzu und gähnte schließlich, da ihn nun doch allmählich die Müdigkeit einholte.
 

Jean musste unweigerlich beim letzten Satz lächeln, ließ ihren Kopf auf seine Schulter sinken und sah den Rothaarigen schmunzelnd an. "Es ist schon spät und außerdem brauchst du Schlaf. Ich ziehe mich nur eben um und...". "Dein Vater bringt mich um, wenn ich dich bei mir im Bett schlafen lasse, Jean. Ich weiß, du möchtest mich nicht alleine lassen, aber du solltest dennoch ein Gästezimmer beziehen. Mir reicht das Wissen, dass du in meiner Nähe bist, wirklich" unterbrach er die Kleine sofort, strich ihr liebevoll über den Rücken und legte ein aufmunterndes Lächeln auf.
 

Die Zeiten, in denen er mit Jean in einem Bett geschlafen hatte, waren schon lange vorbei. Mit ihm in einem Bett zu schlafen war eben nicht ungefährlich, weil Jean nun mal kein kleines Kind mehr war. Sie war zu einer jungen hübschen Frau heran gewachsen, besaß eine wohlgeformte Oberweite, einen wirklich knackig aussehenden Po und konnte ihn allein mit ihren Augen in den Bann ziehen. Nein, er durfte erst gar nicht in solche Richtungen denken, sonst könnte er sich gleich Kratos ausliefern, weil er an unanständige Dinge mit dessen Tochter dachte.
 

"Aber...". "Glaub mir, Jean. Ich bin... Ich... Weißt du..." stammelte Zelos, kratzte sich am Hinterkopf und überlegte, wie er ihr verständlich machen konnte, dass er seit Jahren seine Sehnsüchte nicht mehr auslebte. Er wollte sie auch nicht verschrecken, wenn er ihr offen die Wahrheit auf den Tisch legte, weswegen er Sebastian rief, damit sein Butler das Gästezimmer vorbereiten konnte.
 

"Zelos..." murmelte Jean traurig, wurde bei der Hand ergriffen und mit zur Zimmertür gezogen. "Ich hab dich sehr lieb, meine süße Prinzessin. Schlaf schön und träum etwas Süßes" murmelte er leise, drückte die Kleine liebevoll an sich, ehe er sie aus seinem Zimmer schob und die Tür wieder schloss. Natürlich wusste er, wie sein Verhalten nun wirken musste, aber er wollte Jean in Sicherheit wissen, denn jede noch so kleinste Berührung würde sein Feuer nur noch mehr erhitzen.
 

Jean blieb noch eine Weile vor der Zimmertür des ehemaligen Auserwählten stehen, versuchte eine logische Erklärung für sein Verhalten zu finden, doch schließlich folgte sie Sebastian in ihr Gästezimmer, ohne Antworten auf ihre Fragen bekommen zu haben. "Früher haben wir doch auch oft zusammen in einem Bett geschlafen. Warum weist du mich seit einigen Jahren zurück, obwohl ich bei dir sein will?" fragte sich Jean gedanklich und wünschte Sebastian eine gute Nacht.
 

Er hatte ihre Reisetasche neben das große Bett gestellt, weswegen sie sich nun ihr weinrotes Nachthemd anziehen konnte, nur um anschließend ins weiche Bett zu krabbeln. Was war nur mit Zelos? Lag es vielleicht an die Trauer? Nein, vielleicht mochte er einfach nur nicht mit ihr zusammen in einem Bett schlafen, obwohl sie immer so schön miteinander gekuschelt hatten. So viele Gedanken huschten ihr nun durch den Kopf, doch noch immer fiel ihr keine logische Erklärung ein. "Ich hab dich auch sehr lieb, mein Prinz" murmelte Jean, ließ ihre Augenlider sinken und versuchte den erholsamen Schlaf zu bekommen, auf den sie drei Tage hatte verzichten müssen.

Kuscheleinheit bei Nacht

Unruhig wälzte sich Jean im Bett hin und her, strampelte schließlich die Zudecke von sich und murrte etwas Unverständliches in sich hinein. Nun lag sie schon seit einer geschlagenen Stunde im Bett, versuchte verzweifelt ihren Schlaf zu finden, aber es gelang ihr irgendwie nicht. Jean setzte sich auf, sah aus dem Fenster und betrachtete die Sterne. Ob nun Seles zu einen der Sterne geworden war und wachte sie nun über ihren Bruder? Die Kleine wusste es nicht, strich sich beiläufig einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und erneut war sie in ihren Gedanken bei Zelos, dessen Zimmer nicht weit von ihr entfernt lag. Ob der Rothaarige schon seinen Schlaf gefunden hatte? Warum konnte Jean nicht einfach sorglos einschlafen, um am nächsten Morgen ausgeruht beim Frühstückstisch zu sitzen, nur um ihm ein wenig zu ärgern, indem sie ihm mit Marmelade bewarf?
 

Seufzend schwang Jean ihre Beine aus dem Bett, gähnte müde und lief zur Zimmertür, welche sie ohne zu zögern öffnete. Vorhin hatte sie die Haustür gehört, also war Tokunaga zurück und schien sich direkt ins Bett gelegt zu haben. Kein Wunder, er hatte eine halbe Weltreise gemacht und da war es nur verständlich, dass er nach dieser langen Reise müde ins Bett gefallen war. Ohne die Nachricht des Butlers wäre Jean nun immer noch zu Hause, würde sich noch immer furchtbare Sorgen und Vorwürfe machen und ihren Tränen erliegen. Es war schon immer sehr seltsam zwischen ihr und Zelos gewesen, denn wenn er traurig war, schaffte sie auch kaum ein ehrliches Lächeln auf ihre Lippen. Es erschien Jean manchmal so, als sei sie mit ihm durch ein unsichtbares Band verbunden, welches kein Lebewesen je zu durchtrennen vermochte.
 

Nochmals gähnte Jean, öffnete die gegenüber liegende Tür und aktivierte den Lichtschalter. Blinzelnd trat sie ins Bad ein, rieb sich über ihre Augen und besah sich schließlich im Spiegel. Ihr Vater sagte meist, dass er eine wunderschöne Tochter habe, aber er musste solche Sachen sagen, oder? Welcher Vater würde schon behaupten, er hätte eine hässliche Tochter? Jean schüttelte ihren Kopf, hob ihre Oberweite mit ihren Händen an und besah sich nun von der Seite. Ihre Mutter hatte vor einiger Zeit gemeint, dass ihre Brüste für ihr junges Alter schon relativ groß waren, aber spielte eine große Oberweite überhaupt eine Rolle? Was bevorzugte wohl Zelos? Welchen Typ Mädchen mochte er wohl besonders gern?
 

Seufzend ließ sie ihre Hände sinken, wendete sich nun wieder vollständig ihrem Spiegelbild zu und betrachtete ihr Gesicht. "Du bist das schönste Mädchen im ganzen Dorf, Jean. Ich liebe dich und... Willst du mit mir gehen?" kam ihr ihr letztes Liebesgeständnis in den Sinn. Ja, die Jungs aus ihrem Dorf liefen ihr andauernd wie reudige Hunde hinterher, schmachteten nach ihr, aber in ihren Augen waren ihr diese Typen nicht gut genug. Sie sehnte sich nach einem Mann, welcher wusste, was er wollte und der ihr immer ein herzhaftes Lachen entlocken konnte. Ja, ihr Traumprinz musste Humor besitzen, ihr gänzlich den Kopf verdrehen können und auch optisch zu ihr passen.
 

Nochmals seufzte Jean, öffnete nun den Schrank und erblickte einige Kosmetikartikel. Lippenstift, Puder für die Haut und andere Dinge, die ihr fremd waren. Geschminkt hatte sie sich noch nie, denn bisher hatte Jean keine Notwendigkeit darin gesehen. Dennoch könnte sie es einmal ausprobieren, um zu sehen, ob Schminke ihr Aussehen weitgehend veränderte. Erst puderte sie sich ihr Gesicht, hustete einige Male, ehe Jean einen roten Lippenstift auftrug. Irgendwie kaum vorstellbar, aber ihr gefiel dieses Zeug überhaupt nicht, aber noch gab sie nicht auf und griff zu einem schwarzen Buntstift, jedenfalls sah es so aus. Verzweifelt versuchte sich Jean daran zu erinnern, wie man diesen Buntstift verwendete, ehe ihr die Mädchen aus ihrer Klasse einfielen. Ach ja, dieser Stift war für die Augen gedacht und es sah auch immer sehr einfach aus, wenn die Mädchen eine Linie unter ihren Augen malten.
 

Ängstlich setzte sie den Stift unter ihr linkes Auge an, versuchte krampfhaft ihre zittrigen Hände zu beruhigen und malte sich eine Linie, bis sie plötzlich mit dem Stift verrutschte und sich ins Auge stach. "Verdammt... Aua... Mein Auge... Zur Hölle mit diesen Müll" brüllte Jean, warf unbeabsichtigt die Kosmetikartikel zu Boden und rieb sich ihr immer noch schmerzendes Auge. Das war doch lebensgefährlich, dachte sie sich insgeheim und sah vorsichtig in den Spiegel. Gut, ihr Auge schien noch in Ordnung zu sein, aber dennoch würde sie nun ihre Finger von diesem gefährlichen Stift lassen. Leise murrend ließ sie sich zu Boden sinken, besah sich noch einige Sekunden die blöden Kosmetikartikel, ehe sie leise seufzte.
 

"Was machst du denn hier für einen Krach? Es ist schon...". Zelos blieb im Türrahmen stehen, traute seinen müden Augen nicht und blinzelte einige Male. Saß seine süße Prinzessin wirklich auf dem Boden im Badezimmer, dazu auch noch ungewöhnlich geschminkt und sich ihr linkes Auge reibend? Jean blickte sofort auf, sah verlegen zur Seite, als sie Zelos im Türrahmen erkannt hatte und ließ ihre Hand sinken. Ein schwarzer Fleck war nun unter ihrem linken Auge deutlich zu sehen, während ihr Auge tränte und Jean nun nicht so genau wusste, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte.
 

"Oh je... Du siehst vielleicht aus und dein linkes Auge ist total gerötet. Hast du dich verletzt?" wollte Zelos wissen, ging vor ihr auf die Knie und nahm ihr Gesicht in Augenschein. "Zelos, ich... Weißt du... Bevorzugst du geschminkte Mädchen? Ich wollte doch nur...". Jean stoppte in ihrer Erklärung, sah dem Rothaarigen dabei zu, wie er nun einen Waschlappen mit Wasser befeuchtete, nur um ihr im nächsten Moment die Schminke aus dem Gesicht zu entfernen. "Meine süße Prinzessin benötigt keine Schminke, denn du bist von Natur aus eine wahre Schönheit" lächelte Zelos und säuberte ihr Gesicht. Ihre zarte Haut sollte nicht durch Kosmetik verunreinigt werden, gefiel sie ihm doch so, wie sie nun mal war und wie sie sich gab.
 

Jean ließ ihre Augenlider sinken, schmiegte sich dem Waschlappen entgegen und legte ein zufriedenes Lächeln auf. Zelos mochte sie so, wie sie war? Jean benötigte also keine Schminke, um ihm zu gefallen? "Du machst vielleicht Sachen, Jean. Der rote Lippenstift passt überhaupt nicht zu dir" grinste der Rothaarige und säuberte nun ihren Mund, ging liebevoll und behutsam vor, während sich die Kleine zu ihm vorbeugte. Er wusste sehr wohl, dass sie gern von ihm gekrault wurde, hatte er sie doch vor einigen Jahren immerzu in die Arme genommen und Jean über Stunden gekrault, bis sie schließlich eingeschlafen war.
 

"Kannst du nicht einschlafen?" murmelte er fragend und ließ den Waschlappen sinken. Im nächsten Moment spürte er ihre zierlichen Arme um seinen Oberkörper, legte nun auch seine Arme um sie und ließ seinen Kopf auf ihre Schulter sinken. "Ich... Ich möchte mit dir kuscheln, Zelos. Lass mich bei dir schlafen und... Papa wird auch nichts erfahren, versprochen" murmelte Jean gegen seine nackte Brust, schmiegte sich noch näher an seinen Oberkörper und nahm den Duft von Rosen wahr. Wie sehr sie diesen Geruch doch vermisst hatte, vermochte Jean nicht in Worte zu fassen. Jean löste sich nur wenige Zentimeter von ihm, sah ihm flehend in die Augen, denn noch eine Zurückweisung wollte sie nicht von ihm bekommen. Würde er sie erneut in ihr eigenes Bett verweisen, obwohl sie seine Nähe so gern wollte?
 

Der ehemalige Auserwählte seufzte, erhob sich mit ihr vom Boden und fuhr ihr liebevoll durch ihr seidiges Haar. "Ich weiß, meine süße Prinzessin. Ich möchte doch auch mit dir kuscheln, dich an meiner Seite wissen und...". "Warum weist du mich dann immer zurück?" unterbrach Jean ihn und klammerte sich an ihm fest. Sie wollte doch nur bei ihm sein, wollte ihren Kopf auf seine nackte Brust betten und seinem Herzschlag lauschen. Immer noch flehend sah sie zu ihm auf, fuhr nun mit ihren Händen durch sein rotes Haar und schmiegte sich eng an seine Brust. Ein leiser Seufzer entwich seinen Lippen, ehe er ihr Gesicht mit seinen Händen umrahmte und seine Stirn an ihre Wange lehnte.
 

"Du hast gewonnen. Heute Nacht wird mein Reich auch dein Reich sein und jetzt komm mit mir ins Bett. Es ist schon weit nach Mitternacht". Jean strahlte Zelos an, löste sich von ihm und nickte ihm zufrieden zu, ehe sie nochmals in die Hocke ging und die Kosmetikartikel einsammelte, welche sie vor wenigen Minuten zu Boden geworfen hatte. Zelos legte den Waschlappen zurück, half der Kleinen schließlich beim Aufsammeln und verstaute die Kosmetikartikel zurück in den Schrank. Lächelnd verließ Jean mit Zelos das Bad, nachdem sie das Licht gelöscht hatte und ergriff seine Hand. Es war ihr egal, was Außenstehende denken mochten, denn Jean war glücklich und wollte nur ihre Zeit mit Zelos verbringen.
 

Gemeinsam liefen sie den Flur entlang, ehe Zelos vor seiner Zimmertür stehen blieb und nochmals überlegte. Kratos und auch Raine hatten ihm verboten, sich mit ihr ein Bett zu teilen, war sie doch kein kleines Kind mehr, sondern nun eine junge Dame, welche natürlich von ihm aufgeklärt worden war. Ja, an ihrem 13. Geburtstag hatte er ihr verschiedene Beziehungen zwischen einem Mädchen und einem Jungen erklärt. Auch was Bettgeschichten betraf hatte er sie aufgeklärt, denn Jean musste doch wissen, wie Kinder entstehen konnten und wie die Verhütung funktionierte. Zwar hatte sie bisher scheinbar noch keinen Freund gehabt, aber Vorsicht war dennoch beser als Nachsicht, jedenfalls seiner Meinung nach.
 

Die Tür zu seinem Zimmer öffnend, ihm wurde allmählich auch ein bisschen kalt, trat er mit ihr ein und ließ die Tür hinter ihr ins Schloss fallen. Jean ließ seine Hand los, krabbelte sofort in sein Bett und gab einen wohligen Laut von sich. Oh ja, es müssten nun schon vier Jahre her sein, seit er das letzte Mal mit ihr in einem Bett hatte schlafen dürfen. Er konnte Kratos' Sorge auch irgendwie nachvollziehen, denn er würde vermutlich ähnlich denken, wenn er eigene Kinder hätte. Wer ließ seine noch so junge Tochter denn schon gern im Bett eines erwachsenen Mannes schlafen, welcher zu früheren Zeiten noch einen üblen Ruf gehabt hatte? Weitere Gedanken konnte sich Zelos nicht machen, da Jean die Bettdecke angehoben hatte und neben sich auf den freien Platz klopfte. Ja, er sollte nun mit diesen Gedanken aufhören, denn er würde ihr nie an die Wäsche gehen. Zumindest sofern sie ihn nicht um solche Dienste bat und er selbst nicht ungewollt die Beherrschung verlor.
 

Lächelnd krabbelte er zu ihr aufs Bett, legte seine Arme um ihren zierlichen Körper und seufzte nun selbst wohlig aus. Wie früher, war sein nächster Gedanke, glitt mit seiner rechten Hand zu ihrem Nacken und begann sie zu kraulen. Jean kuschelte sich automatisch näher an seinen Oberkörper, gab einen zufriedenen Laut von sich und ließ ihre linke Hand über seinen Bauch wandern. "Ich möchte für immer bei dir bleiben, Zelos. Du bist doch der einzige Mann, dem ich bedingungslos vertraue und außerdem...". Die Kleine sah nun zu ihm auf, blickte in zwei wunderschöne blaue Augen und errötete ein wenig. "Ich... Du hast dein Versprechen bestimmt vergessen, oder?" murmelte Jean und spürte im nächsten Moment, wie ihr behutsam eine Haarsträhne aus der Stirn gestrichen wurde.
 

"Du erinnerst dich also tatsächlich noch an mein damaliges Versprechen? Du warst erst vier Jahre alt und ich rechnete damit, dass du dieses Versprechen vergessen wirst" erwiderte Zelos erstaunt, konnte jedoch ein sanftes Lächeln nicht verbergen und strich ihr über ihre Wange. Es waren so viele Jahre vergangen, aber sie hatten seither kein Wort mehr über das damalige Versprechen verloren. Zelos hatte angenommen, dass seine süße Prinzessin dieses Versprechen vergessen hatte, war sie doch auch zur damaligen Zeit noch so ein kleines und vor allem süßes Mädchen gewesen.
 

Traurig senkte Jean ihren Kopf, lehnte ihre Stirn an seine Brust und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken, welche sich unaufhaltsam in ihren Augen bildeten. "Du bist gemein" hauchte Jean mit brüchiger Stimme, ehe ihr Kinn zaghaft angehoben wurde. "Willst du mich denn immer noch heiraten? Erinnerst du dich noch an die Gefühle, die nötig sind, um eine Heirat zu vollziehen?" erwiderte er ihr, wollte er doch nicht, dass sie nun weinte, denn er würde doch sein Versprechen halten. Allerdings hegte er nicht diese aufrichtige Liebe für sie und aus diesem Grund würde er nicht mit ihr zum Altar schreiten. Sicher, die Kleine war wirklich wunderschön und aus dem Bett würde er sie auch nicht stoßen, aber in seinen Augen wäre es falsch, denn eine Heirat war in seinen Augen etwas Heiliges und sehr Kostbares.
 

"Natürlich erinnere ich mich. Ich will mich doch auch in dich verlieben, aber...". "Prinzessin... Derartige Gefühle entstehen nicht durch Willenskraft. Die Liebe entsteht langsam im Herzen und braucht Zeit, um zu wachsen. Du stellst dir das zu einfach vor, denkst du nicht?" unterbrach er die Kleine und wischte ihr die Tränen von den Wangen. Oh je, da hatte er scheinbar etwas angestellt. Wie sollte er seine süße Prinzessin nur beruhigen, denn sie weinte sich nun allein wegen ihm die Augen aus dem Kopf.
 

"Wie lange hast du denn noch Sommerferien?" sprach er leise auf sie ein, wischte ihr erneut ihre Tränen von den Wangen und lehnte seine Stirn erneut an ihre Wange. "Noch sechs Wochen" entgegnete Jean ebenso leise, ließ ihre Augenlider sinken und atmete tief durch. Zelos lächelte leicht, strich ihr erneut über die Wange und schloss nun ebenfalls seine Augen. "Magst du deine Sommerferien bei mir verbringen? Du bist doch meine süße Prinzessin und in letzter Zeit war ich nicht sehr oft für dich da, oder?" murmelte er, wurde auf der Stelle umarmt und bemerkte sehr wohl, wie sehr sich Jean über seinen Vorschlag freute.
 

"Ich habe dich sehr lieb, Zelos. Du bist und bleibst mein Prinz" murmelte Jean ihm ins Ohr, ehe ihre stürmische Umarmung erwidert wurde. "Ich habe dich auch sehr lieb, Jean und du bleibst auch für immer meine süße Prinzessin" lächelte Zelos und ließ seine Hände über ihren Rücken wandern. Ja, auch wenn er keine aufrichtige Liebe für sie fühlte, er wollte dennoch für Jean da sein und vielleicht, auch nur vielleicht, lernte er sie eines Tages lieben.
 

"Kann ich dich vielleicht um einen Gefallen bitten?" fragte Zelos nach einigen Minuten, blickte ihr nun wieder in die Augen und senkte seinen Kopf. "Könntest du mir bei den Vorbereitungen für Seles' Beerdigung helfen? Ich glaube, ich... Ich schaffe das nicht allein" fügte er seine Bitte leise hinzu, ehe er ihre linke Hand unter seinem Kinn spürte und sein Gesicht mit sanfter Gewalt angehoben wurde. "Nicht weinen, Zelos. Ich... Ich helfe dir und ich bin für dich da" erwiderte Jean und umarmte den ehemaligen Auserwählten noch ein wenig fester. "Ich bin so egoistisch und habe...". "Nein... Du bringst mich wenigstens auf andere Gedanken. Ich bin dir so dankbar, aber... Ich kann jetzt nicht lächeln. Ich kann es einfach nicht" unterbrach er die Kleine und vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Nein, dieses Mal musste er weinen, musste seiner Trauer freien Lauf lassen und konnte sich nur an Jean klammern, um nicht vollends den Boden unter den Füßen zu verlieren.
 

Jean erwiderte nichts, strich ihm liebevoll durchs Haar und schmiegte sich an seinen Oberkörper. Leise ertönten seine schweren Atemzüge neben ihrem Ohr, während seine Hände über ihren Rücken wanderten und sich schließlich in ihrem Nachthemd verkrallten. "Ich habe diese Nähe zu dir vermisst, Jean. Ohne dich würde ich...". "Ich habe dich auch vermisst" murmelte sie ihm entgegen, legte ihre Lippen vorsichtig auf seine Wange und strich ihm beruhigend über seinen Kopf. Zelos seufzte leise aus, genoss ihre Berührungen und legte schließlich ein kaum merkliches Lächeln auf. Die Kleine hatte ihn schon lange nicht mehr geküsst, wenn er sich recht entsann.
 

"Hätte ich etwa nicht...". "Nein, keine Sorge, Prinzessin. Es ist nur schon eine Weile her" unterbrach Zelos die junge Dame, kuschelte sich an ihren zierlichen Körper und seufzte erneut leise aus. "Wir sollten schlafen. Morgen haben wir eine Menge vor uns" fügte er leise hinzu, zog die Kleine noch ein wenig näher und spürte plötzlich ihren Kopf auf seiner Brust, während sich ihre Arme um seinen Körper schlangen.
 

"Gute Nacht und träum süß" hauchte er ihr zu, streichelte ihr noch einige Male über ihren Rücken und schmiegte seine Wange auf ihren Schopf. "Gute Nacht, mein Prinz" murmelte Jean und war nach nur wenigen Minuten im Land der Träume. Zelos dachte noch eine Weile nach, fuhr mit seiner Hand abwesend über ihren Rücken und ließ sich von einigen Erinnerungen verführen. Er würde die Hilfe der Kleinen benötigen, um Seles' Tod verarbeiten zu können. Allein würde er mit Sicherheit verkümmern, aber Jean war nun bei ihm, kuschelte sich an seine Seite und gab immer wieder wohlige Laute von sich. Ja, mit ihr könne er in die Zukunft blicken.

Abschied

Drei weitere Tage waren ins Land gezogen, in denen Zelos und Jean die Vorbereitungen für die nun anstehende Beerdigung abgeschlossen hatten. Heute war dieser traurige Tag, weswegen Jean bereits vor dem Spiegel in ihrem zugewiesenen Gästezimmer stand und sich eingehend betrachtete. Der Rothaarige hatte ihr ein schwarzes Kleid gekauft, war der heutige Tag doch von unendlicher Trauer erfüllt und würde die Wunden nur erneut aufreißen. Tagsüber hatte sie ihn meist ablenken können, doch in den Nächten waren all seine Erinnerungen in ihm aufgestiegen und Jean hatte ihn nur schützend in die Arme schließen können, um ihn zu beruhigen, bis er unter Tränen eingeschlafen war.
 

Die junge Dame seufzte beunruhigt, betrachtete nochmals ihr Spiegelbild und zupfte an ihrem schwarzen Kleid. Eine schwarze Blüte beschmückte ihr Haar und obwohl sie sich natürlich gern im Spiegel betrachtete, erschwerte der heutige Tag zu sehr ihr Herz, ließ sie schlucken und an vergangene Tage denken. Auch ihr war Seles sehr wichtig gewesen, hatte sie doch gern ihre Kleider angezogen und in ihrem Zimmer eine Modenschau veranstaltet. Zusammen hatten sie soviel Spaß gehabt, doch nun waren diese Zeiten vorbei und auch Jean musste Abschied nehmen, obwohl sie sich furchtbar vor diesem Moment fürchtete.
 

"Jean, darf ich eintreten?" ertönte die Stimme des Rothaarigen, weswegen sich die junge Dame vereinzelte Tränen von den Wangen wischte und mit einem leisen 'Ja' antwortete. Die Tür wurde geöffnet und Zelos betrat ihr Zimmer. Ihre braunen Augen nahmen ihn sofort in Augenschein, betrachteten seinen schwarzen Anzug, welchen er nur den heutigen Tag über tragen würde und blickte ihm nun in die Augen. In seinem roten Haar konnte sie eine Sonnenbrille erkennen und nur vage konnte sie sich vorstellen, dass er sie später aufsetzen würde, um seine Tränen vor seinen Freunden zu verbergen. Er mochte es eben nicht, wenn er seine verletzliche Seite zeigen musste.
 

Wortlos ging er auf Jean zu, strich ihr vereinzelte Tränen mit dem Daumen von ihren Wangen und nahm sie schützend in seine Arme. "Deine Eltern und dein kleiner Bruder sind eingetroffen. Du solltest sie begrüßen und... Sie sind damit einverstanden, dass du die Sommerferien bei mir verbringst" murmelte Zelos nahe an ihrem Ohr, spürte plötzlich ihren Kopf auf seiner Schulter und musste einige Male blinzeln, um nun nicht selbst in Tränen auszubrechen. Seit drei Tagen hatte er ihr nicht einmal ein ehrliches Lächeln geschenkt, aber seine süße Prinzessin schien verstanden zu haben, dass er noch Zeit brauchte, um sich an diesen Gedanken, nun der Letzte seiner Familie zu sein, zu gewöhnen.
 

"Darf ich in der Kirche neben dir sitzen?" murmelte Jean, verkrallte ihre Finger in seinem schwarzen Jackett und sah erneut zu ihm auf. Die blauen Augen hatten ihren Glanz verloren, wirkten so unendlich traurig und leer, dass es Jean beinahe die Luft zum Atmen nahm. Bisher hatte sie ihn immer zum Lächeln bewegen können, doch in dieser Situation war sie machtlos und konnte dem sonst so freudigen Zelos nicht helfen. Jean konnte ihm nur zur Seite stehen, seine Hand halten und ihm ein wenig Kraft geben.
 

"Ja, du darfst bei mir sitzen" erwiderte Zelos, ergriff ihre linke Hand und zog sie mit sanfter Gewalt hinter sich her. Oberhalb der Treppe blieb er stehen, deutete ihr mit seiner freien Hand an, dass sie hinunter zu ihrer Familie gehen sollte und wendete sich nun Sebastian zu, welcher hinter ihm stand. "Die letzten Vorbereitungen überlasse ich Ihnen, Sebastian". Der Butler nickte seinem Master zu, denn er würde das Mahl für die Trauerfeier herrichten und für genügend Sitzmöglichkeiten im Wohnzimmer sorgen. Mehr konnte er im Augenblick nicht tun, denn Jean besaß mehr Einfluss auf seinen Master und würde sich sicherlich um ihn in der schweren Stunde kümmern.
 

"Papa, Mama, Mithos... Ich..." hauchte Jean und ließ sich von ihrem Vater in die Arme schließen. Auch ihre Familie war in schwarzer Kleidung gehüllt, auch wenn ihr Bruder scheinbar einen lockeren Eindruck auf sie machte. Er war eben noch zu klein und hatte auch nie mit Seles zutun gehabt, um ihre Trauer zu verstehen. "Unsere Freunde warten bereits auf dem Vorplatz" murmelte Raine, hielt ihren Sohn bei der Hand und blickte nun zu Zelos auf, welcher die Stufen hinab stieg. Er sah ziemlich mitgenommen aus, ließ nun seine Sonnenbrille auf seine Nase sinken und lief direkt weiter zur Haustür. "Wir gehen" ertönte seine Stimme leise und dennoch hörte Kratos deutlich die Trauer heraus, entließ seine Tochter aus seinen Armen und nickte dem Rothaarigen verstehend zu.
 

Gemeinsam verließen sie die Villa, sahen sich kurz im Adelsviertel um, ehe Zelos die Hand seiner süßen Prinzessin ergriff und seinen Weg fortsetzte. Bis zur Kirche war es nicht weit, doch vorher würde er zumindest seine Freunde begrüßen. Jean blickte immer wieder zum ehemaligen Auserwählten auf, übte leichten Druck auf seine Hand aus und blickte schließlich gen Boden. "Danke... Ich weiß deine Hilfsbereitschaft zu schätzen, Jean. Vielen Dank, dass du mir zur Seite stehst" wisperte Zelos, ohne seinen Blick zu heben. Er war der Kleinen so unendlich dankbar, denn keine andere Person konnte ihm im Moment zur Seite stehen, weil er sich so sehr für seine verletzliche Seite schämte.
 

Vor dem Schloss blieb Zelos unerwartet stehen, denn seine Freunde warteten bereits vor der Kirche, waren allesamt in schwarzen Anzügen und Kleidern gehüllt und sahen gen Boden. Niemand wollte die unangenehme Stille brechen und Zelos wollte auch keine mitfühlenden Worte hören, weswegen er mit Jean wortlos an seine Freunde vorbei lief und die Kirche betrat. Er sah sich kurz um, erkannte einige Leute aus seinem Viertel und nickte ihnen dankend zu, bevor er mit Jean zur ersten Reihe lief und sich mit ihr auf die hölzerne Bank setzte. In wenigen Minuten hieß es Abschied nehmen und nur die Erinnerungen würden bleiben.
 

"Zelos..." wisperte Jean und wischte sich einige Tränen aus dem Gesicht, weil sie einfach nicht stark bleiben konnte. Nein, sie erlebte nun die erste Beerdigung in ihrem Leben, konnte die leblose Seles in dem noch geöffneten Sarg sehr wohl sehen und begann zu zittern. Ihre Fassung fiel mit jeder weiteren Sekunde, doch noch bevor sie hätte schreiend aus der Kirche rennen können, sie ertrug die Wahrheit einfach nicht, wurde Jean an die Brust des Älteren gezogen und ihr Kopf sanft auf dessen Schulter gebettet. "Schließe deine Augen und singe ein Lied in deinen Gedanken. Ich passe auf dich auf, Prinzessin" entgegnete Zelos, fuhr ihr liebevoll durch ihr Haar und lenkte nun seine Aufmerksamkeit auf den Priester, welcher sich räusperte, um letzte Worte zu sagen.
 

Der Priester sprach in ruhigen Worten sein Gebet, erzählte viele Dinge über Seles, während Zelos diese lästige Stimme ausblendete und stattdessen seinen Erinnerungen freien Lauf ließ. Seles war vor vielen Jahren noch eifersüchtig auf ihn gewesen, weil er der damalige Auserwählte geworden war. Ja, ihr Verhältnis war nicht immer das Beste gewesen, aber nach der wahren Welterneuerung hatten sich die Geschwister ausgesprochen und Seles war bei ihm eingezogen. Soviel hatte er mit seiner Schwester erlebt und mit Jean war ihr gemeinsames Glück perfekt gewesen, bis Seles vor einem Jahr noch kränklicher geworden war. Zelos hatte so verzweifelt nach einem Heilmittel gesucht und dennoch hatte er der nackten Wahrheit ins Auge sehen müssen. Ja, er hatte seiner Schwester nicht mehr helfen können und nun war sie von ihrem kränklichen Dasein erlöst worden. Seles verspürte keine Schmerzen mehr, dachte er sich insgeheim und ließ seinen Kopf auf die Schulter der Kleinen sinken.
 

Ruckartig wurde er allerdings aus seinen Erinnerungen gerissen, als sich Jean ohne ein Wort von ihm löste und überhastet die Kirche verließ. Zelos sah ihr traurig hinterher, blieb allerdings auf seinem Platz sitzen und faltete seine Hände ineinander. Er hatte der Kleinen zuviel zugemutet, denn Jean war in gewisser Hinsicht doch noch ein Kind und konnte mit dem Tod eines geliebten Mneschen nicht umgehen. Allein aus diesem Grund hatte er sie auch nach Hause zu ihren Eltern geschickt, denn Jean hätte weitaus mehr gelitten, obwohl sie nicht mit Seles verwandt gewesen war.
 

Jean saß weinend auf eine der Stufen zum Vorplatz, hatte ihren Kopf auf ihre Arme gelegt und versuchte nun wieder zur Ruhe zu kommen. Was wohl Zelos nun von ihr denken mochte? War er sehr enttäuscht von ihr, weil sie die Rede von dem Priester nicht länger hatte ertragen können? Jean wusste es nicht, schluchzte erneut und erhob sich schließlich, als sie Schritte hinter sich hören konnte. Jean trat einen Schritt zurück, ließ die vier Personen vorbei, welche den Sarg nun zum Friedhof tragen würden und wurde an eine starke Brust gezogen, während sich zwei Hände auf ihren Bauch legten.
 

"Entschuldige... Du musst nicht mit zum Friedhof gehen, wenn du dich unwohl fühlst" erklang eine vertraute Stimme neben ihrem Ohr. Jean blickte über ihre Schulter, blickte in verweinte blaue Augen und schluckte schließlich den Kloß hinunter, welcher sich in ihrem Hals gebildet hatte. "Ich... Zelos, ich...". "Ich mache dir keine Vorwürfe, Prinzessin. Ich möchte nicht, dass du so über dich denkst, nur weil du der Wahrheit entfliehen willst. Ich bin auch sehr oft vor der Wahrheit geflohen, daher kenne ich dieses Gefühl" murmelte Zelos, strich ihr vereinzelte Tränen aus dem Gesicht und löste sich von ihr. Es war an der Zeit, dachte er sich und lief den vier Personen hinterher, während seine Freunde ihm schweigsam folgten.
 

Jean blickte traurig gen Boden, ehe sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte und sich der Person zuwendete. "Genis..." murmelte die Kleine und blickte nun zu Presea, welche sich in all den Jahren sehr verändert hatte. Sie war genauso groß wie Jean selbst geworden und trug ihr Haar offen. Vor ihren Füßen stand ein gerade mal acht Jahre altes Mädchen, welches ebenso rosafarbenes Haar wie ihre Mutter besaß und sie nun schüchtern anlächelte. Ja, ihre kleine Cousine, welche den Namen Marie Sage trug, weil ihr Onkel vor zehn Jahren geheiratet hatte.
 

"Jean, würdest du auf Marie aufpassen, wenn du zurück zur Villa gehst? Es ist so, wie Zelos bereits sagte. Du musst dir keine Vorwürfe machen, nur weil du mit dieser Situation überfordert bist" erklärte Genis, wollte er doch ungern, dass seine Nichte litt, während seine Frau seinen Worten zustimmend zunickte. "Aber... Zelos braucht mich und ich muss...". "Zelos würde nicht wollen, dass du ihm zuliebe leidest, Jean. Du bist ihm sehr wichtig, also geh zur Villa und warte dort auf uns" unterbrach Presea die junge Dame und legte ein zaghaftes Lächeln auf. In all den Jahren hatte sich Jean kein Stück verändert, dachte überwiegend an das Wohlergehen ihrer Mitmenschen und vergaß dabei ihr eigenes Wohl.
 

"Ich...". "Jean, spielst du mit mir?" wurde die Kleine unterbrochen und wurde aus großen blauen Augen gemustert, weswegen Jean seufzte und widerwillig nickte. "Toll" jubelte Marie und zog ihre große Cousine bei der Hand mit zur Villa. Genis lächelte müde, warf einen kurzen Blick zu seiner Frau und ergriff schließlich ihre Hand. "Jean ist zu gutherzig und nimmt jeglichen Schmerz in Kauf. Manchmal frage ich mich, ob sie nicht irgendwann zerbrechen wird? Du hast doch auch ihre Blässe im Gesicht bemerkt, oder?" murmelte er und stieg die Stufen zum Vorplatz hinab. "Zelos weiß zwar die Gründe für ihre Blässe nicht, aber er wollte ihr die restliche Beerdigung ersparen. Jean wird ihr Problem nicht mehr lange verheimlichen können" erwiderte Presea nachdenklich und folgte ihrem Mann.
 

"Wer war denn die tote Frau in der Kiste und warum bist du weinend aus der Kirche gelaufen?" wollte Marie wissen und blickte zu ihrer Cousine auf. Jean war immer lieb zu ihr und wenn sie zu Besuch bei dem netten Onkel Kratos war, spielte sie immer mit Mithos und Jean. Die Ältere von den beiden Mädchen brachte kein Wort hervor, klopfte an die Tür und trat ein, als Sebastian ihnen öffnete. "Lady Jean, Sie sehen blass aus. Möchten Sie sich ausruhen?" wollte der Butler besorgt wissen, bot der jungen Dame ein Glas Wasser an und wartete auf ihre Antwort. Jean verneinte seine Frage jedoch, setzte sich stattdessen auf die Couch und lehnte sich ins Polster zurück. Ja, ihr war ein wenig unwohl zumute, aber sie würde sich nun nicht ins Bett legen, sondern auf Zelos, ihre Eltern, ihren Bruder und ihre Freunde warten.
 

"Geht es dir nicht gut?" wollte Marie wissen und betrachtete das Gesicht ihrer Cousine. Der Onkel hatte recht, denn Jean war seit wenigen Minuten ungewöhnlich blass um die Nase, zitterte auch ein wenig und hielt sich nun das Glas Wasser an ihre Lippen, um ein wenig Flüssigkeit zu sich zu nehmen. "Geht schon, Marie... Es war nur..." murmelte Jean, ehe ihr das Glas Wasser aus der Hand glitt und kippte zur Seite. Sebastian kehrte sofort ins Wohnzimmer zurück, da er das Klirren eines Glases vernommen hatte, überprüfte den Zustand der jungen Lady und seufzte erleichtert aus. Ihre Nerven schienen die letzten Ereignisse nicht sonderlich gut verarbeitet zu haben und nun war sie in Ohnmacht gefallen. Sein Master hatte wohl zuviel von ihr verlangt, oder?
 

"Onkel, was hat Jean? Ist sie krank? Muss sie ins Krankenhaus?" fragte Marie den Butler, welcher sich bereits zur Tür begab. "Machen Sie sich keine Sorgen, Lady Marie. Warten Sie hier auf meinen Master, bis ich mit dem Arzt zurück bin" erwiderte Sebastian, denn er musste seine Vermutung dennoch untersuchen lassen. Hoffentlich stand ihm ein gewisser Arzt zur Verfügung, aber eigentlich müsste er Zeit haben, denn er war doch der Butler von Zelos Wilder. Doktor Malsa lautete der Name des Arztes, welcher auch über Jahre die Krankheit von Lady Seles behandelt hatte.
 

Marie fuhr ihrer Cousine durchs Haar, zog ihr die schwarzen Schuhe von den Füßen und hob ihre Beine nun ebenso auf die Couch. Jean war einfach ohne Vorwarnung zur Seite gekippt, oder? Ob ihr Papa geahnt hatte, dass Jean sich nicht sonderlich wohl gefühlt haben musste? Marie wusste es nicht, bettete Jean's Kopf auf die Lehne und legte eine kuschelige Wolldecke über ihren Körper. Ihre Tante hatte ihr erst vor einigen Wochen erklärt, dass Stresssituationen wie Gift für Jean sein mussten, denn einmal war sie sogar während einer Prüfung in der Schule umgekippt. Onkel Kratos hatte gesagt, dass Jean oft über ihre Probleme reden sollte, aber scheinbar mochte ihre Cousine nicht reden, auch wenn sich ihre Familie solche Sorgen um sie machte.
 

Die Haustür wurde geöffnet und Stimmen drangen an ihre Ohren, weswegen die Rosahaarige über ihre Schulter blickte und ihren Vater und ihren Onkel unter ihrer Familie und Freunden erblicken konnte. "Papa... Jean ist ohnmächtig geworden. Der nette Onkel ist zum Krankenhaus gegangen und holt einen Arzt" erzählte Marie den Anwesenden und nun war es ihr Onkel, welcher sofort den Puls seiner Tochter überprüfte. "Es war also die richtige Entscheidung, Jean dieser Situation nicht länger auszusetzen. Raine, erkläre Zelos doch bitte, dass er unsere Tochter im Auge behalten muss" erklärte Kratos und lief zum nächsten Bad, um seiner Tochter einen kühlen Waschlappen für die Stirn zu holen.
 

Zelos war nun mehr als verwirrt, vergaß unter den neuen Umständen seine Trauer und setzte sich zu Jean auf die Couch. Natürlich hatte er ihre Blässe im Gesicht bemerkt, aber er war der Meinung gewesen, sie wäre nur nicht mit der Tatsache zurecht gekommen, seine tote Schwester im Sarg gesehen zu haben. Raine trat nun ebenfalls heran, während sich ihre Freunde auf die Sitzmöglichkeiten setzten und die Situation im Auge behielten. Niemand mochte nun ein Wort sagen, auch wenn Lloyd und Sheena natürlich wussten, was hier vor sich ging, ebenso Mithos und Suzu, welche die bewusstlose Jean aus einiger Entfernung besorgt musterten.
 

"Jean kann mit vereinzelten Stresssituationen nicht umgehen, Zelos. Mit dem 6. Lebensjahr, als sie zur Schule gehen sollte, hat sie zum ersten Mal ihr Bewusstsein verloren. Kratos und ich sind natürlich mir ihr zum Arzt gegangen und er sagte, Jean sollte erst ein Jahr später die Schule besuchen, damit wir eine Reihe von langwierigen Tests mit ihr durchführen konnten. Wir wollten herausfinden, wann Jean mit speziellen Situationen nicht umgehen kann" erklärte Raine ausführlich und trat einen Schritt für ihren Mann zur Seite, damit er Jean den kühlen Waschlappen auf die Stirn legen konnte.
 

"Ähm... Moment... Wieso weiß ich denn nichts davon? Ich habe doch die meiste Zeit mit Jean verbracht, aber bei mir ist sie nie in Ohnmacht gefallen" erwiderte Zelos und blickte nun in das blasse Gesicht seiner süßen Prinzessin. Hätte er das gewusst, hätte er doch niemals ihre Hilfsbereitschaft so sehr in Anspruch genommen. Vermutlich trug er sogar die Verantwortung, weil Jean in den letzten Tagen soviel für ihn getan hatte. Verdammt, wieso hatte Kratos denn kein Wort erwähnt? Nun badete er doch nur noch mehr in Schuldgefühlen.
 

"Es war ihr eigener Wunsch, dass wir dir nichts von ihrer Schwäche erzählen. Hauptsächlich geht es Jean auch gut, aber du solltest wissen, dass sie es in ihrer Klasse nicht leicht hat. Die Mädchen sind eifersüchtig auf sie und dementsprechend wird Jean auch wie ein Außenseiter behandelt. Oft ist sie schon durch diese Situationen umgekippt und die Mädchen nutzen ihre Schwäche aus. Genauso wurde schon oft die Behauptung aufgestellt, dass Jean gute Noten in der Schule hat, weil wir ihre Eltern sind" fuhr nun Kratos fort, denn er hatte in den letzten Jahren auch hin und wieder den Unterricht gestaltet, demnach wusste er auch, dass es seine Tochter nicht sehr leicht in der Schule hatte. Ihr eigentliches Problem war jedoch, dass sie kaum über ihre Probleme sprach und dies löste letzten Endes die schwachen Momente aus.
 

Zelos wollte gerade die schlimmsten Beschimpfungen über die Lippen bringen, denn es war eine Schande, dass seine süße Prinzessin von solchen blöden Zicken im Unterricht fertig gemacht wurde, wenn der Braunhaarige nicht erneut sein Wort erhoben. "Richter hat vor etwa einem halben Jahr den Unterricht für Raine übernommen, weil Mithos krank und ich nicht zu Hause war. Jean erzählte, dass er in seiner Wut die Tafel zertrümmert hat, weil die Mädchen unsere Tochter wieder ins Gebet genommen haben. Nun darf er zwar nicht mehr unterrichten, aber er hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wie mir scheint. Im Unterricht ist es nun ruhig, aber außerhalb der Schule wird Jean dennoch mit harten Worten attackiert".
 

"Wieso hat Jean mir noch nie von ihren Sorgen und ihren Problemen in der Schule erzählt? Ein ganzes Jahr muss sie doch noch die Schule besuchen, oder?" wollte Zelos wütend in Erfahrung bringen, konnte er einfach nicht verstehen, warum seine süße Prinzessin nie ein Wort über die Lippen gebracht hatte. Er hätte ihr doch geholfen, es zumindest versucht, denn Jean verdiente ein sorgenfreies Leben. "Jean redet nie über ihre Probleme und sie wollte dir auch keine Sorgen bereiten. In diesem Punkt ähnelt ihr euch wirklich sehr, Zelos und ich sage dir auch nur die Wahrheit, weil du auf unsere Tochter achten sollst. Zudem darf sie auch nur die Sommerferien bei dir verbringen, weil Raine und ich es für das Beste halten. Hier in Meltokio wird Jean nicht durch Worte verletzt und kann sich für einige Wochen erholen" erklärte Kratos und setzte sich nun ebenfalls, denn mehr gab es von seiner Seite her auch nicht.
 

"Jean, du Dummkopf" wisperte Zelos und senkte seinen Kopf. Seit ihrem 4. Lebensjahr vertraute er sich ihr an, erzählte ihr von seinen Sorgen und seinen Ängsten und sie verschwieg ihre grausamen Erlebnisse, nur um ihm keine Sorgen zu bereiten. Seufzend erhob er sich, legte die Wolldecke zur Seite und hob die Kleine auf seine Arme. "Ich bringe Jean in mein Zimmer, damit sie sich ausruhen kann. Wenn Sebastian mit dem Arzt zurückkehrt, erklärt ihm die Sachlage und bedient euch beim Buffet" erklärte der Rothaarige und lief mit Jean an seiner Brust gepresst zur Treppe, welche in den ersten Stock führte.
 

"Zelos, wir können auch gehen und...". "Nein, die Trauerfeier wird stattfinden, Lloyd. Bitte denkt an meine Schwester und macht euch keine Sorgen um mich. Ich stecke seit Jahren zuviel ein, also werde ich auch ihren Tod verarbeiten können" unterbrach er seinen besten Freund und erklomm die Stufen, um in den ersten Stock zu gelangen. Sofort lief er zu seinem Zimmer, öffnete die Tür umständlich mit seinen Ellenbogen und ging auf sein Bett zu. Seufzend legte er die Kleine hin, deckte sie zu und zog einen Stuhl heran, um sich zu setzen. Vorsichtig ergriff er ihre Hand, strich mit seinen Daumen über ihren Handrücken und biss sich auf die Unterlippe.
 

"Warum verheimlichst du mir solche Dinge, Jean? Ich bin doch dein Prinz und ich will dir auch zur Seite stehen" hauchte er ihr leise zu, lehnte sich zu ihr vor und bettete seinen Kopf auf ihren Bauch. Langsam ließ er seine Augenlider sinken, entfernte mit seiner freien Hand seine Sonnenbrille aus seinem Haar und legte sie zur Seite. "Ich möchte auch für dich da sein und dich vor solchen Menschen beschützen. Nie mehr sollst du in diese Situation geraten, meine süße Prinzessin" murmelte Zelos und schlief nach nur wenigen Minuten entkräftet ein. Der ganze Morgen und auch der Vormittag waren anstrengend gewesen, weswegen er nun diese kleine Pause begrüßte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von:  YuneCardelia
2011-11-08T14:45:34+00:00 08.11.2011 15:45
Wieder ein tolles Kapi!^^
Wenn auch ein wenig traurig. Ich freu mich schon richtig aufs nächste Kapitel!XD

Bis dahin,

Lg Luna^^
Von:  xXSakuraHarunoXx
2011-10-19T13:17:50+00:00 19.10.2011 15:17
das ist ja trauig das seles tod ist hoffe das jen zelos anvertraut den das ist nicht gut für ihre gesundteit ist.biss dann.
Von:  YuneCardelia
2011-09-29T20:31:11+00:00 29.09.2011 22:31
Oh, wie süß. Ich liebe deine FFs, bin ich voll beigeistert von und ich freu mich schon auf dein nächstes Kapi. Das Liebesgeständnis kam ja schon per ENS...

Lg Lunarell XD
Von:  xXSakuraHarunoXx
2011-09-29T19:29:23+00:00 29.09.2011 21:29
ahhh ist das eine süße´s kapi der prinz und seine prenzessen ligen zussammen ihm bett und knudln und shmicke braucht sie nicht ja.biss zur nächsten.
Von:  xXSakuraHarunoXx
2011-09-26T16:48:15+00:00 26.09.2011 18:48
nnnnnnnnnnnnnnneeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiinnnnnnnnnnnnn sie ist tod armer zelos das wünsche ich keinen hoffe das alles wieder gut werden und das sie ihn wieder hoch krigehn.biss zur nächsten.
Von:  YuneCardelia
2011-09-26T13:49:04+00:00 26.09.2011 15:49
Tolles Kapi!^^
Ehrlich, ich finde mich in deine Storys immer so toll rein, du hast nen richtig guten Schreibstil und ich bin schon total gespannt auf dein nächstes Kapitel...
Bis dann!

LG Lunarell!^^
Von:  YuneCardelia
2011-09-21T19:37:35+00:00 21.09.2011 21:37
Oh Gott, arme Seles, arme Jean und armer Zelos, ich würde auch heule in seinem Fall...
Naja, ist wie immer toll geschrieben und schreib bitte bitte schnell weiter!^^

Lg Luna
Von:  xXSakuraHarunoXx
2011-09-21T14:38:34+00:00 21.09.2011 16:38
das darf doch nicht war sein hoffe das seles nicht vile smerzen hatt.biss dann.
Von:  YuneCardelia
2011-09-16T19:12:57+00:00 16.09.2011 21:12
Tolles Kapi!^^
Ich hab die vorangegangene FF auch gelesen und ich find deinen Schreibstil toll. Mach bitte schnell weiter! Ich freu mich drauf!XD


Und könntest du mir bescheid sagen, wenn es weiter geht?

Lg Lunarell
Von:  xXSakuraHarunoXx
2011-09-16T16:29:40+00:00 16.09.2011 18:29
nein das darf nicht wahr sein und er trägt es mit sich rumm das ist nicht gut.und die kleine sollte auf der hut sein wenn noch mal so was passirt.biss dann.


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