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kyoosha - learning by doing

AoixKanon
von

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Wie man der Wahrheit ins Gesicht sieht

Kapitel 58 Wie man der Wahrheit ins Gesicht sieht
 

Das Geräusch der Tür war das Einzige, was in den nächsten paar Sekunden durch den Raum schwang. In ihren Ohren nachklang.

Es wäre merkwürdig, jetzt einfach so weiterzuspielen. Sie wussten schließlich beide, dass Reita niemals freiwillig und ohne Aufforderung einkaufen gehen würde. Zumindest nicht, bevor er sich nicht vergewissert hatte, dass jemand anderes bald gehen würde.

Kanon begann mit seinem Piercing zu spielen. Folgte jetzt das Gespräch, vor dem er so Angst hatte? Bei dem sie über ihre Gefühle reden mussten? Sein Blick war auf die Saiten seines Basses gerichtet, aber er bekam aus den Augenwinkeln mit, wie Aoi die Gitarre vom Schoß nahm und an die Seite des Sofas lehnte. Kanons Herz begann noch schneller zu schlagen. Seine Finger verkrampften sich um das Griffbrett.

„Ich glaub wir lassen es für heute gut sein“, hörte er den Älteren neben sich. Und obwohl die Worte freundlich gewesen waren, hörte Kanon die ernste Aufforderung dahinter: Er solle jetzt das Instrument weglegen und sich Aoi erklären. Der Bassist seufzte und stellte dann tatsächlich seinen Bass zur Seite. Vorhin hatte er doch noch selbst das Gespräch mit Aoi führen wollen. Wieso fiel es ihm jetzt plötzlich so schwer die richtigen Worte zu finden? Wie sollte er das Gespräch beginnen.
 

„Sieben Tage also?“, durchbrach Aoi die Stille.

Kanon nickte. Wenigstens hatte Aoi ihm die Einleitung abgenommen. „Sieben Tage“, bestätigte er leise.

„Dann hat er es also mal wieder geschafft seinen Willen durchzusetzen.“ Aoi Worte klangen bitter und er schenkte Reitas Bass einen Todesblick, der wohl eher seinem Besitzer als dem Instrument selbst gelten sollte.

„Hör auf Reita dafür verantwortlich zu machen“, meinte Kanon müde. Er war den ganzen Hass so leid. Aoi wandte seinen Blick von dem Instrument ab und richtete ihn auf seinen Nebensitzer. Der Hass hatte sich in Verzweiflung gewandelt. War das die ganze Zeit dahinter gewesen? Verzweiflung? Angst?

„Wieso stehst du plötzlich auf seiner Seite?“

Kanon konnte den Vorwurf nachvollziehen. Schließlich hatte sein Motto bis zum vorigen Tag noch „Aoi und ich gegen den Rest der Welt“ gelautet. Aber so einfach war das Leben nun einmal nicht.

„Es gibt hier keine Seiten, Aoi.“ ‚Und wenn doch, würde ich immer auf deiner stehen‘, fügte Kanon in Gedanken noch hinzu, doch traute er sich nicht das Geständnis laut auszusprechen. Wahrscheinlich wäre es auch der falsche Zeitpunkt für solche Worte gewesen. Er musste es irgendwie schaffen, Aoi seinen Standpunkt und seine Entscheidung zu erklären, ohne aber dabei zu viel von seinen eigenen Gefühlen zu verraten.

„Es war doch eh klar, dass ich hier nur für kurze Dauer wohnen werde. Ich kann schließlich nicht für immer in deinem Zimmer wohnen, oder?“ Kanon lächelte Aoi bei den Worten an, doch dieser sah nur von ihm weg. Der Bassist schluckte und versuchte den unsinnig romantischen Gedanken zu verdrängen, dass Aoi ihn vielleicht wirklich gerne für immer hier behalten würde.

„Das geht nicht“, bekräftigte Kanon noch einmal seine eigenen Worte. Wohl auch, um es sich selbst nochmal klarzumachen. Es ging einfach nicht.

„Aber du störst doch niemanden!“, warf Aoi ein. Er schien es wirklich nicht zu verstehen. Oder verstehen zu wollen. „Und wenn du jetzt sagst, dass du wegen Reita ausziehst…“

„Es ist nicht wegen Reita!“ So langsam wirklich genervt von diesem Argument verdrehte er die Augen. ‚Es ist für uns!‘, hätte er dem Anderen am liebsten entgegengeschrien, aber die Worte kamen nicht über seine Lippen. Er war einfach noch nicht so weit.

„Wieso denn dann?“

Die Frage, die Kanon befürchtet hatte. Auf die er eigentlich nicht antworten wollte, aber die Worte verließen seinen Mund schneller, als er denken konnte. „Weil das nicht real ist!“

Es war nicht real.

Seine Beziehung zu Aoi. Mit Aoi.

Eine Beziehung, die keine Beziehung war.

Sie basierte auf Unsicherheit und er bezweifelte, dass sie unter den momentanen Umständen zu einer richtigen Beziehung werden konnte. Schließlich machten beide keine Anstalten über die gestrige Nacht zu sprechen, obwohl sich in diesem Gespräch sicher schon die Möglichkeit dazu geboten hatte. Genau das war es, was ihnen beiden fehlte. Was ihrer Beziehung fehlte: Reden. Der Mut zum Reden.
 

Die Stille, die sich nun über sie gelegt hatte, gefiel Kanon nicht, also versuchte er sich zu erklären: „Das hier. Dass ich hier wohne. Das ist nicht real. Ich bin nur zu Besuch!“

Aoi ging sofort darauf ein. „Aber du kannst hier wohnen!“ Seine Stimme hatte diesen Ausdruck von Verzweiflung, der den Jüngeren so traf. Er wollte nicht, dass der Andere so war. So verzweifelt.

Im Grunde wollten sie doch das Gleiche, nur leider eben auf unterschiedliche Art und Weise. Das glaubte Kanon zumindest. Und was sollte er auch anderes glauben? Nach der gestrigen Nacht.

„Du kannst mein Zimmer haben! Ich schlaf weiter auf dem Sofa! Reita soll sich nicht so aufführen! Du…“ Aois Stimme verstummte mit einem Mal.

Er hatte eingesehen, dass es sich kindisch anhörte. Dass er ja geradezu schon darum bettelte, dass Kanon hier blieb. Der Jüngere sah es in seinem Blick.

„Entschuldige. Wenn du ausziehen möchtest, dann solltest du das natürlich auch tun. Das ist ganz allein deine Entscheidung.“ Aois Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Ich dachte nur, dass…“ Der Ältere stutze, als sich ihre Blicke trafen. Kanon sah, wie der Gitarrist mit irgendetwas in sich selbst kämpfte. Er sah so verletzlich aus, dass er ihn am liebsten in den Arm genommen hätte. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, bevor Aoi aufseufzte und weitersprach: „Vergiss es einfach.“

Kanon wartete noch einen Moment, ob der Gitarrist vielleicht doch noch etwas sagte. Ihm erzählte, wieso er sich wünschte, dass Kanon blieb. Doch es kam nichts mehr.

Der Jüngere hätte ihn dafür gerne als Feigling bezeichnet, aber er wusste dass er selbst nicht besser war. Aoi konnte ihm nicht den wahren Grund sagen, wieso er wollte, dass Kanon blieb, sowie Kanon Aoi nicht den wahren Grund sagen konnte, wieso er es für besser hielt auszuziehen.

Der Ältere hatte inzwischen den Blick abgewandt und starrte auf den Couchtisch. Wahrscheinlich war es ihm peinlich, wie er gerade noch darum gebettelt hatte, dass Kanon bei ihm blieb. Zu gerne hätte der Jüngere ihm diese Sorge abgenommen. Ihm gesagt, dass er sich deshalb nicht zu schämen brauchte, und dem Älteren dann erzählt, wie viel es ihm eigentlich bedeutete, dass Aoi ihn nicht gehen lassen wollte. Aber der Bassist konnte das nicht tun. Seine Angst, dass er mit seiner Annahme doch falsch lag, war viel zu groß.

Und dann wäre alles aus.
 


 

Kanon konnte sich nicht daran erinnern, sich jemals so sehr über Reitas Heimkehr gefreut zu haben. Frustriert erzählte der Blonde ihnen von all den nervigen Leuten, mit denen er sich während seines Einkaufs herumschlagen musste, und durchbrach somit – gewollt oder ungewollt – die bedrückende Stille, die sich nach Aois Worten ausgebreitet hatte. Als sie Reita dann dabei halfen auszupacken und feststellen mussten, dass der Blonde eigentlich nichts fürs Abendessen, sondern fast nur Chips und anderes Knabberzeug, sowie zwei neue DVDs gekauft hatte, schien ihr Gespräch völlig vergessen zu sein.

„Davon können wir uns ja die ganze Woche lang ernähren!“, meinte Aoi, während er mit zweifelndem Blick die Ausbeute an Chips betrachtete. „Und damit könnten wir sogar unsere ganze Band noch mit durchbringen!“

„Party!!“, warf Reita plötzlich ein und erhielt dafür nur fragende Blicke. „Wir haben hier schon lang keine Party mehr gehabt! Um genau zu sein keine einzige, seit der Kleine da ist! Der denkt noch wir sind ein Haufen langweiliger Gammler!“

Kanon fand es immer wieder überraschend, wie gut ihn Reita ignorieren und so tun konnte, als stünde er gar nicht nur einen Meter von ihm entfernt. Und dass er glaubte, Kanon würde denken, Gazette könnten keine Partys feiern. Nach all den Geschichten, die der Jüngste gehörte hatte, und vor allem nach Miyavis Geburtstagsparty, würde er Gazette als alles bezeichnen. Nur nicht als „langweilige Gammler“.
 

„Fragen wir die Anderen morgen bei der Probe“, schlug Aoi vor, aber Kanon erwiderte erstmal gar nichts. Das konnte ja heiter werden. Er zwischen Gazette beim Komasaufen. Erst nachdem er diesen Gedanken einigermaßen verdaut hatte, fiel ihm etwas anderes ein. „Ihr habt morgen Probe?“

Der Gedanke an eine Bandprobe ließ seine Laune immer ziemlich sinken. Vielleicht sollte er auch mal irgendjemanden anrufen und fragen, wie es gerade mit Terminen stand. Wenn sich Teruki schon nicht von selbst meldete. Andererseits konnte er sich nicht vorstellen, dass sie wirklich irgendwas Wichtiges machten, ohne ihm Bescheid zu geben. So unprofessionell waren sie dann wohl doch nicht.

„Um 9, ja. Oder zumindest eher eine Art Besprechung. Es liegen ein paar Sachen an in nächster Zeit“, antwortete ihm Aoi und erntete einen überraschten Blick von Reita, den er aber einfach ignorierte. Und der Blonde schien auch nicht nachfragen zu wollen, um sich nicht wieder selbst bloß zu stellen. Eine Tatsache, die Kanon schmunzeln ließ und die schlechten Gedanken vertrieb.
 

„Okay, jetzt haben wir aber trotzdem das Problem mit dem Essen“, warf der Jüngste ein, nachdem sie alles ausgepackt hatten.

„Wieso?“ Reita sah ihn verwirrt an. „Ich hab unterwegs was gegessen. Hattet ihr auch Hunger?“

Eine Kopfnuss von Aoi folgte. „Natürlich, du Idiot!“

„Dann hättet ihr was sagen müssen!“, verteidigte sich der Blonde und schien seinen Fehler gar nicht einzusehen. Während die beiden sich weiter zankten, dachte Kanon angestrengt darüber nach, ob er aus den gekauften Nahrungsmitteln und dem, was sie noch in der Wohnung hatten, irgendetwas kochen konnte. Ihm fiel aber leider nichts ein, was man aus Chips, Schokolade, Reis und Milch kochen konnte. Stirnrunzelnd betrachtete er die Ware. Reita hatte mindestens sieben Liter Milch gekauft. Wieso? Der Blonde war schließlich nur zu Fuß unterwegs gewesen und wenn man bedachte, dass er noch die ganzen anderen Einkäufe hatte schleppen müssen…

Kanons Augen wurden ganz groß, als ihm der einzige Grund einfiel, wieso Reita so darauf fixiert gewesen war, genug Milch einzukaufen.

Hatte nicht eine Milch gestern zu ihrem großen Streit geführt? Am vorigen Tag hatte Reita noch die ganze Packung ausgetrunken, nur um Kanon zu zeigen, dass er unerwünscht in seiner Wohnung war, und jetzt kaufte er gleich sieben Liter?

Natürlich wusste Kanon nicht, ob es stimmte, aber er fasste das als eine Art Entschuldigung auf. Als ein Zeichen der Wiedergutmachung. Unter Freunden.

Am liebsten hätte er den anderen Bassisten für diese Geste umarmt, besann sich dann aber eines besseren. Vielleicht hatte sich Reita bei dem Einkauf auch gar nichts gedacht und er stand dann am Ende wie ein Trottel da. Außerdem wollte er dem Blonden lieber nicht zu nahe kommen, so wie der schon wieder Aoi anbrüllte. Dennoch konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.
 

„Dann geh ich halt morgen nochmal einkaufen. Ist doch nicht so tragisch“, unterbrach Kanon die Streiterei mit ruhiger Stimme. „Bestellen wir uns eben etwas.“

Der Jüngste lächelte die Streithähne freundlich an, die beide von seiner plötzlichen guten Laune leicht verwirrt schienen. Reita fasste sich als erster wieder.

„Hörst du, Aoi? Alles gar nicht so tragisch! Dann bestellen der Kleine und du euch jetzt was und ich leg eine der neuen DVDs ein.“ Ohne auf eine Antwort zu warten stapfte der Blonde selbstzufrieden Richtung Fernseher. Von Aoi wurde die Aktion nur mit einem genervten Seufzen und einem Todesblick kommentiert.

„Dafür essen wir später ganz laut Chips und unterhalten uns während dem Film ständig“, flüsterte Kanon dem Gitarristen aufmunternd zu. Scheinbar gefiel Aoi der Plan, denn er schenkte dem Jüngeren ein Grinsen, während er die Nummer des Bestellservices raussuchte.
 

Ebenfalls grinsend ließ sich der Jüngere neben Reita auf das Sofa fallen.

Es fühlte sich gut an. Die Zeit, in der er ernsthaft über einen Auszug nachgedacht hatte, war nicht lang gewesen, aber trotzdem zu lang für ihn. Es hatte sich schrecklich angefühlt, Aoi etwas sagen zu müssen, was ihn wohl nicht glücklich machen würde. Jetzt, nach dem Gespräch, fühlte er sich ziemlich erleichtert. Der Gitarrist schien zu verstehen, dass Kanon nicht ewig hier bleiben konnte, auch wenn er den wirklichen Grund für den plötzlichen Beschluss auszuziehen vielleicht nicht kannte.

Ihm das zu erklären war dann wohl Kanons nächste große Aufgabe.

Wahrscheinlich seine größte, im Zusammenhang mit Aoi.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _t_e_m_a_
2011-10-28T11:51:51+00:00 28.10.2011 13:51
yeeahi, ihr seid back :D
(ja, ihr seid schneller im kapitel hochladen als ich im kommentieren xD)
waaaaaaaah, ihr seid so fenomenal (?! aussprechen, dann wist ihr was ich mein xD - phenomenal? venominaelan XD) wie eh und je *O*
und reita so süß mit der milch :3 7l! wie ist er die treppen bis zur wohnung nur hochgekommen xD

wah, das gespräch >////< ich bin gespannt wie es weitergeht (yeah, und vermutlich kann ichs heut noch lesen :D)
Von:  klene-Nachtelfe
2011-10-22T13:14:37+00:00 22.10.2011 15:14
Oh man Kanon könnte endlich mal ausm Quark kommen, immerhin erkennt er Aois Gedankengänge doch echt gut!!!
Aber dann wärs nicht so aufregend.....hmmm....zwiespalt!
Egaaaaal....ich maaaags trooootzdeeeem!
Ich bin gespannt wann Kanon und Aoi es endlich auf die Reihe bekommen und was ihnen noch dazwischen kommen wird!!!
KLASSE FF!!!
LG -^.^-
Von:  Astrido
2011-10-21T21:49:40+00:00 21.10.2011 23:49
ich frag mich echt nur... kanon hat doch ernsthaft kapiert, das aoi schon darum bettelt dass kanon da bleibt... und er ist sich immer noch nicht sicher, ihm zu sagen, dass er ihn mag???
so langsam geht mir das ehrlich gesagt etwas auf die nerven.sorry >_<

reita is ein vogel... der gefällt mir. mich würde sein beziehungsstatus interessieren^^ und iwie fällt mir dabei wieder ein, dass er recht am anfang der ff ja mal sauer/traurig oder sowas war, und sich in seinem zimmer eingesperrt hat... da es so lang her is, gabs dafür eig schon ne erklärung?
ich finde, dass sich reita sehr gewandelt hat von seiner abweisenden seite. jetzt is er richtig lieb(und manchmal etwas frech)
lg
Mayura


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