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Erwachen

von

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Viele Fragen

Der Elb lotste sie zu den Überresten des Feuers zurück, wo der Zwerg sofort ein paar trockene Zweige auf die Glut legte und das Feuer wieder entfachte. Wortlos legte Elisha ihre Beute auf den Boden und schaute zaghaft zu den beiden sonderbaren Gefährten. Was würden sie wohl jetzt mit ihr tun? Der Zwerg stand mit verschränkten Armen neben ihr und schaute sie grimmig von der Seite an. Der Elb stand ebenfalls nur wenige Meter entfernt und musterte sie aufmerksam. Sie mußte ein seltsames Bild abgeben wie sie da in ihrem zerlumpten Nachthemd stand, die langen Haare wirr im Gesicht hängend und von Kopf bis Fuß verdreckt.

"Was zum Teufel treibt dich mitten in der Nacht dazu arglosen Wanderern das Essen zu stehlen?", fragte der Zwerg mürrisch. Das Mädchen brauchte nicht zu antworten, ihr Magen übernahm diese Aufgabe indem er laut knurrte. Verlegen schaute sie zu Boden und entschloß sich einfach abzuwarten, was mit ihr geschehen würde. "Diebe sind niemals willkommen. Du hättest fragen können, wir hätten einen hungrigen Wanderer nicht abgewiesen.", hörte sie nun die Stimme des Elben. Weiterhin schaute Elisha zu Boden, bereit, alles über sich ergehen zu lassen. Flucht war nicht möglich und Kampf erst recht nicht, sie konnte einfach nur warten. Vor sich hin knurrend ergriff der Zwerg die Ledertasche und förderte einen großen grünen Apfel zutage. "Nun hat sie auch noch die Sprache verloren. Hier, vielleicht hilft das ja!" Er drückte dem verblüfften Mädchen den Apfel in die Hand. Aus weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an, doch dann zweifelte sie nicht länger an ihrem Glück und biß herzhaft in den Apfel. "Danke! Vielen Dank!", brachte sie zwischen zwei Bissen hervor und widmete sich dann sofort wieder voll und ganz ihrem Apfel. Vor lauter Freude bemerkte sie nicht einmal, wie die beiden Fremden sich vielsagende Blicke zuwarfen. "Setz dich!" Elisha realisierte nicht einmal, wer die Worte zu ihr gesprochen hatte, doch sie folgte der Aufforderung widerstandslos. "Na dich hatìs ja schlimm erwischt! Wo kommst du denn überhaupt her?", fragte der Zwerg, nun schon freundlicher. "Berlin.", murmelte sie und machte sich weiter über das Essen her, daß er ihr zugeschoben hatte. Wieder wechselten die Gefährten einen Blick, dann wandte sich der Elb an das Mädchen: "Wie ist dein Name?" Sie schaute für einen Moment auf und musterte ihr Gegenüber. "Elisha", antwortete sie kurz. "Bist du ein Elb?" Der junge Mann mußte lächeln über die unschuldige Frage. Er nickte. "Wirklich? Ist ja toll!", bemerkte sie begeistert und wandte sich der zweiten Gestalt zu, "Dann bist du ein Zwerg, oder?" Stolz erhob sich der Angesprochene: "Ein Zwerg? Ja, das bin ich, doch nicht irgendein Zwerg, ich bin Gimli Glóins Sohn vom Einsamen Berg und einer der neun Gefährten im großen Ringkrieg, wo ich, wie ich sagen muß, keine unbedeutende Rolle zu spielen hatte. Mein Freund hier ist übrigens Legolas vom Düsterwald und auch er hat eine recht wichtige Rolle gespielt." "Ist ja toll!", staunte das Mädchen bewundernd, was ihr bei dem Zwerg sofort weitere Pluspunkte einbrachte. "Dieses Mädchen muß ja fast verhungert sein! Ich werde sofort noch etwas Fleisch braten!", beschloß er und setzte seine Idee auch auf der Stelle in die Tat um.
 

Nach einem reichlichen Essen richtete sich die Aufmerksamkeit der Gefährten wieder auf Elisha. "Was führt dich hierher?" Elisha schaute von den Resten ihres recht üppigen Mahles auf und sah den Elben hilflos an. "Ich hab keine Ahnung.", flüsterte sie beinahe, "Ich bin eingeschlafen und im Wald aufgewacht. Ich wurde verfolgt und bin geflohen, die ganze Nacht. Und heute bin ich den ganzen Tag durch diesen Wald hier gelaufen. Ich habe gehofft, hier irgendwo ein Dorf zu finden, doch hier ist überall nur Wald!" Die letzten Worte hatten frustriert geklungen und die Erschöpfung war dem Mädchen deutlich anzusehen. Doch noch war Legolas nicht zufrieden. "Wer hat dich verfolgt?" "Ich kenne sie nicht. Es waren schwarze Reiter. Sie waren schrecklich, unmenschlich. Sie leben nicht wirklich und selbst ihre Pferde scheinen nur grauenvolle, real gewordene Schatten zu sein. Sie haben mich durch den Wald gejagt. Ich war überzeugt, daß sie mich umbringen würden." Elishas Stimme war immer leiser geworden. Allein die Erinnerung an das schreckliche, alptraumhafte Erlebnis, jagte ihr Schauer über den Rücken. Sie wollte nicht daran denken und schon gar nicht darüber reden, besonders jetzt nicht, wo sie sich gerade wohl zu fühlen begann.

"Nun laß das Mädchen doch endlich schlafen!", forderte der Zwerg von seinem Gefährten. Dieser nickte. "Gimli hat recht, ruh dich nun aus. Du bist hier in Sicherheit." "Wieso tut ihr das?", fragte Elisha mißtrauisch. Legolas lächelte beruhigend: "Wir haben viel zu bereden, doch heute ist es zu spät dafür. Wir sind weit fort vom nächsten Dorf und du bist in großen Schwierigkeiten. Heute nacht sollst du ruhen, morgen brechen wir in aller Frühe auf. Also schone deine Kräfte und erhol dich von den Strapazen des Tages!" Das Mädchen fand diese Worte zwar ganz und gar nicht beruhigend, doch sie war bereits viel zu müde um zu widersprechen. So rollte sie sich einfach am Feuer zusammen und schlief fast auf der Stelle ein.
 

Als das Mädchen erwachte, war der Tag bereits angebrochen. Sie öffnete die Augen und versuchte sich zu orientieren. Sie lag auf dem harten Waldboden, den Kopf auf einer kleinen Erhebung gebettet. Gleich neben sich hörte sie leise Stimmen, die ihr Gedächtnis erst einmal einordnen mußte. Elisha wagte nicht sich zu bewegen, dafür lauschte sie auf die Stimmen. "Sie wird Fragen stellen. Wir können es ihr nicht verheimlichen." In der durch Schlaf getrübten Erinnerung des Mädchens erschien bei dem Klang der Stimme ein Zwerg - gut anderthalb Köpfe kleiner als sie selbst, jedoch mutig und stark, sowohl im Körper, als auch im Willen. "Es ist nicht unsere Aufgabe, es ihr zu sagen. Wir müssen sie zu Elrond bringen!" Die zweite Stimme ordnete Elisha einem Elben zu - schlank und hochgewachsen, auf den ersten Blick recht ernst, jedoch freundlich. "Es sind drei Tagesmärsche bis Bruchtal. Wie lange willst du sie ohne Antwort lassen?" "Auch die anderen haben zuerst mit Elrond gesprochen. Es könnte wichtig sein!" "Alle anderen sind auch in Bruchtal angekommen, soweit ich weiß." Es wurde still. Elisha dachte darüber nach, was das alles wohl zu bedeuten hatte, da wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. "Guten Morgen, Elisha. Es ist gut, daß du erwachst. Wir haben einen weiten Weg vor uns.", wurde sie von dem Elben begrüßt. Das Mädchen erhob sich und schaute ungläubig von einem zum anderen: "Guten Morgen! Woher wußtet ihr, daß ich wach bin." "Die Elben haben so etwas wie einen sechsten Sinn.", erklärte Gimli mit einem Seitenblick zu Legolas. "Und wahrscheinlich noch ein paar mehr ...", fügte er dann leise hinzu, was Elisha zum Grinsen brachte. Diese beiden Gefährten gaben schon eine seltsame Mischung ab. "Iß etwas, dann brechen wir auf. Unser Weg führt uns nach Norden. Wir gehen nach Bruchtal.",erklärte Legolas lächelnd. Ohne Widerworte griff sie nach den Essensresten vom Vortag. "Wieso nach Bruchtal? Wo ist das und was soll ich da?", fragte sie beiläufig. Gimli warf dem Elben einen zufriedenen Blick zu, aus dem man die Worte 'Ich habìs dir doch gleich gesagtì deutlich ablesen konnte. Doch Legolas blieb ruhig: "Wir bringen dich zu Elrond, dem Herren vom Bruchtal und einem der Höchsten aller Elben. Er wird dir deine Fragen beantworten können. Auch vor deinen Verfolgern wirst du dort sicher sein." "Wißt ihr etwa wer die waren?" Das Mädchen war beeindruckt. Offenbar war sie genau an die richtigen Leute geraten. Legolas senkte den Kopf, doch Gimli ergriff das Wort: "Die Nazgúl, Ringgeister, einst Menschen, doch mit den Ringen der Macht verfielen sie Sauron, dem dunklen Herrscher. Sie hätten sterben müssen als ihr Herr fiel, doch sie streunen noch immer umher. Ihre Macht ist zwar geschrumpft, doch trotzdem sind sie schreckliche Gegner! Irgend etwas erhält sie am Leben und wir hoffen, daß Elrond auch auf diese Frage eine Antwort kennt! " "Und was wollten die von mir?" "Vielleicht gar nichts, vielleicht steckt jedoch mehr dahinter. Vielleicht haben sie es ja auf den Ring abgesehen, ..." "Gimli!" Der Elb war aufgefahren und schaute den Zwerg streng an. Dieser knurrte unwillig. "Wir wissen doch sowieso kaum etwas. Wieso sollen wir das dann noch verbergen?" "Eben weil wir zuwenig wissen, müssen wir aufpassen, daß wir kein Unheil anrichten. Falsche Informationen sind manchmal gefährlicher als gar keine." Mit diesem Worten erhob sich Legolas und begann, die über den Rastplatz verstreuten Sachen einzupacken. Offenbar war die Diskussion beendet. Gimli warf dem Mädchen noch einen Blick zu, der verriet, daß er dem Elben nicht zustimmte, doch dann packte auch er seinen Rucksack und machte sich bereit für den Aufbruch.
 

In den folgenden Stunden liefen sie weit durch den Wald. Erst gegen Mittag machten sie eine kurze Pause, doch das gute Essen und eine Nacht voll Schlaf hatten Elisha gestärkt und so machte ihr der lange Marsch nur wenig aus. Dafür hatte sie einiges über ihre neuen Reisegefährten in Erfahrung gebracht. Sie hatte feststellen müssen, daß Zwerge gerne und viel redeten, besonders wenn es um sie selber oder zumindest um ihr Volk ging. Und auch der Elb stellte sich als wesentlich gesprächiger heraus, wenn man ihn nicht gerade über Dinge ausfragte, über die er nicht sprechen wollte. Doch in einer unbekannten Welt gab es unzählige Dinge, die einen Neuankömmling interessierten und Elisha war bereits zufrieden, endlich zu erfahren, wo sie überhaupt gelandet war. Dazu hatte sie in wenigen Stunden ein paar wichtige Fakten über Elben und Zwerge zusammengetragen. Sie war höchst erstaunt zu erfahren, daß die Elben tatsächlich unsterblich waren, wenn man sie auch töten konnte. Insofern hielt sie die Tatsache, daß Elben weiser, bessere Krieger und begabtere Künstler waren, keineswegs für übertrieben. Wer soviel Zeit im Leben hatte, mußte schließlich automatisch umfangreichere Kenntnisse erlangen.

Auch das Volk der Zwerge schien ein erheblich längeres Leben zu führen als die Menschen. Dazu waren sie allesamt kräftig und ausgezeichnete Handwerker, die in ganz Mittelerde berühmt waren. Das alles fand Elisha höchst interessant, doch bekam sie allmählich die Befürchtung, daß man als einfacher Mensch in dieser Gesellschaft echte Minderwertigkeitskomplexe entwickeln konnte.
 

"Hier rasten wir heute Nacht!" Legolas hatte das Mädchen mit diesen Worten aus ihren Gedanken gerissen. Während sie den ganzen Vormittag und einen Teil des Nachmittags noch damit verbracht hatte, ihren neuen Freunden Löcher in den Bauch zu fragen, und auch ihre Fragen zu beantworten, war sie gegen Abend ruhig geworden. Die scheinbar endlose Strecke hatte sie doch ziemlich erschöpft und die aufkommenden Dunkelheit verdüsterte auch ihre Gedanken. Auch wenn sie sich durch die Begleitung sicherer fühlte, begannen ihre überreizten Nerven doch damit, ihr Streiche zu spielen. Hinter jedem Baum sah sie den Schatten eines dunklen Reiters und jeder aufgeschreckte Vogel, der in der Dämmerung noch rasch sein Nest erreichen wollte, klang für sie wie die grauenvollen, unmenschlichen Schreie der glutäugigen Reittiere der Wesen, die sie so erbarmungslos gejagt hatten.

Elisha ließ sich einfach fallen wo sie stand. Dann erst schaute sie sich um. Legolas hatte einen schönen Schlafplatz ausgesucht. Es war eine kleine Lichtung, die selbst im verblassenden Licht der untergehenden Sonne noch freundlich aussah. Überall wuchsen noch recht kleine Schößlinge von unterschiedlichen Laub- und Nadelbäumen. Sie hatte sich schon vorher im Wald umgesehen. Die meisten Baumarten kannte sie, doch bei einigen war sie sich völlig sicher, daß sie sie noch nie zuvor gesehen hatte

Das Mädchen sah, daß der Zwerg gerade im Wald verschwand und drehte sich rasch nach dem Elben um. Auch wenn ihr die Lichtung gefiel, wollte sie doch auf gar keinen Fall alleine bleiben. "Gimli holt nur Brennholz, er ist bald wieder da.", hörte sie die beruhigenden Worte von Legolas. "Kannst du etwa auch Gedanken lesen?", fragte Elisha vorsichtig. Der Elb schüttelte den Kopf und schmunzelte: "Nur wenn man sie so deutlich vom Gesicht ablesen kann wie bei dir." Rasch senkte das Mädchen wieder den Blick und konzentrierte sich auf die Stelle, an der das Feuer errichtet werden sollte. "Kann ich irgendwie helfen?" Legolas schien zu überlegen. Dann schüttelte er jedoch erneut den Kopf. "Ruh dich aus! So ein Marsch ist anstrengend, wenn man ihn nicht gewohnt ist. Du solltest jeden Moment der Ruhe nutzen, es sind nur wenige davon gegeben."
 

Kurze Zeit später kam Gimli wieder, beladen mit einem kleinen Berg von Brennholz. Elisha hätte das Bild, das der Zwerg unter dem ganzen Holz abgab, sicher witzig gefunden, doch sie war einfach zu erschöpft und konnte sich nur noch schwer wachhalten. Als eine weitere halbe Stunde später das Abendessen über dem Feuer fertig war, schlief sie schon tief und fest. Gimli überlegte, ob er sie wecken sollte, doch Legolas hielt ihn davon ab. "Sie kann morgen zum Frühstück essen. Laß sie schlafen!" Verständnisvoll nickte der Zwerg. "Hoffentlich läßt der Ring sie bald wieder gehen. Dieses Leben ist wirklich nichts für sie.", meinte er leise. "Ich weiß nicht," erwiderte der Elb, "sie macht sich besser als viele zuvor. Es ist erstaunlich, daß sie vor den Nazgúl so lange fliehen konnte und die lange Reise nach Bruchtal hätten viele von den anderen nicht durchgestanden." "Glaubst du vielleicht, daß sie es ist?" "Ich weiß es nicht. Deshalb müssen wir zu Elrond. Sie hat den Ring noch nicht getragen, wir müssen abwarten." "Der Ring sucht sich aber auch seltsame Träger aus! Wieso nicht einmal ein Krieger? Die wenigen Männer, die der Ring überhaupt hergebracht hat, waren noch ungeeigneter als die Mädchen." Der Zwerg schaute Elisha an, die sich gerade unruhig auf die andere Seite wälzte. "Kannst du dir vorstellen, wie SIE mit einem Schwert kämpft?" Legolas lächelte bei der Vorstellung: "Noch nicht, doch du selber solltest es doch wissen, daß Menschen oft stärker sind, als sie aussehen. Die meisten können über sich hinauswachsen, wenn es eine große Aufgabe erfordert. Wir können nur abwarten." Mit diesen Worten war das Gespräch beendet. So saßen sie schweigend nebeneinander und blickten in die Glut des Feuers, beide den selben Gedanken nachhängend.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2003-07-08T05:26:48+00:00 08.07.2003 07:26
Kommentar: Wirklich gut!
Von: abgemeldet
2003-07-07T09:25:59+00:00 07.07.2003 11:25
toll einfach super schnell ich mag wissen wie es weiter geht


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