Zum Inhalt der Seite

Der Spiegel der Seele

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ryous Leid und Bakuras Hass

Es war wieder einer dieser Tage. Die Tage, die sich endlos, trostlos und schmerzvoll durch Ryous Leben zogen wie eine nebelverhangene, mit Reisnägeln bestreute Strasse, die er immerfort beschreiten musste. Alles, was er tat, war für Bakura auf irgendeine Weise falsch, auch wenn es keinen offensichtlichen Grund dafür gab. Und Fehler setzten Hiebe. Doch selbst nachdem er sich abreagiert hatte, war seine schlechte Laune nicht fort, doch dann durfte er sich wenigstens zurückziehen. Das war Ryous Tagesablauf; ein Aneinanderreihung aus Arbeit und Strafe. Früher einmal war das nicht so gewesen. Sein Yami und er waren noch Freunde gewesen, bis sich Bakura dann langsam und unaufhaltbar veränderte. Doch das war Vergangenheit und Ryou wollte sein Leben mit Erinnerungen an alte Zeiten nicht noch trostloser machen, als es ohnehin schon war.

Langsam löste er sich wieder aus seiner zusammengerollten Pose am Boden. Er gab eine jämmerliche Gestalt ab. Am ganzen Körper war er von blauen Flecken und Schürfwunden übersäät und an der Schulter hatte er blutige Schnitte. Als er sich aufrichtete, verzog er das Gesicht und biss sich auf die Lippe als die Schnitte wieder zu brennen begannen und sein ganzer Körper pochte. Endlich hatte er eine sitzende Position erreicht. Mit Augen, in denen nichts als Hoffnungslosigkeit lagen, begann er die Scherben des Glases aufzusammeln, das Bakura nach ihm geworfen hatte. Jede einzelne betrachtete er, als würden sie die Geschichte seines Todes erzählen. Langsam kamen die bitteren Tränen seiner Ausweglosigkeit zurück. Die letzte Scherbe betrachtete er wie durch einen Nebelschleier, doch als würde sie den qualvollen Zeitpunkt wiedergeben, in dem sein Leben erlosch, dann drückte er die Hand um sie zusammen. Das scharfe Glas an der Bruchstelle schnitt sich tief in sein Fleisch und liess Blut von seiner Hand zu Boden tropfen, ein krasser Kontrast zu seiner hellen Haut.

Ryou begann leise zu schluchzen und liess sich wieder zu Boden sinken. Er war kalt und hart wie das Herz seines Herren es wieder geworden war, Bakura, Grabräuber, Seelenstehler, Dieb. Doch war er ihm so vertraut, dass er ihm Halt gab. So oft schon hatte er sich auf dem Steinboden zusammengekauert und darauf gewartet, dass die Schmerzen vergehen würden. Doch das taten sie nie. Immer schmerzte ihn etwas, als ob die Luft um ihn stets mit kleinen Funken gefüllt sein würde.

Er rappelte sich wieder auf, als er sich daran erinnerte, dass Bakura noch mehr Abscheu gegen ihn zu hegen schien, wenn er herausfand, dass er wieder einmal seine Schwäche und Verletzlichkeit gezeigt hatte, wenn er nicht in seinem eigenen Bett lag.

Das war es, was ihn am meisten Schmerzte, Bakuras Abscheu. Er sah sie in seinen Augen, wenn er ihn mit kaltem Blick musterte und spürte sie in seinen Hieben, in den Dingen, die er nach ihm Warf. Sogar in den scharfen Scherben in seiner Hand schien sie zu liegen. Bakura bedeutete ihm immer noch so viel. Er hatte sich bei ihm gefühlt, als ob ohne Zweifel alles gut werden würde. Doch dort, wo er das früher gefühlt hatte, war nun nur noch ein dumpfer, doch unendlich kalter und brennender Schmerz, tief und schwarz wie ein Abgrund.

„Ku... Kura...“, schluchzte Ryou. Und schloss dann plötzlich den Mund, presste seine Hand darauf. Bakura hasste ihn dafür, dass er ihn so nannte. Das war sein Spitzname von früher. Früher...

„Was habe ich... Nur getan...? Weshalb hast du dich... Nur so verändert...“, flüsterte Ryou und klang dabei, als würde er seinen Lebensatem aushauchen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Rückblende

„He, du! Ryou!“, rief Bakura unbarmherzig. Doch Ryou hatte ihn nicht gehört, denn er lag eingerollt auf der Couch und schien zu schlafen. Bakuras Blick wurde kalt und hart.

„Kuraaaa...“, murmelte Ryou leise im Schlaf und lächelte friedlich.

Bakuras Körper spannte sich und sein Gesicht wurde wütend. Wie aus Reflex griff er sich ein Wasserglas von einem kleinen Tisch und schleuderte es nach Ryou. Es zersprang an seiner Schulter, und liess ihn hochfahren. Mit geschocktem und paradoxerweise doch schicksalsergebenem Blick sah ihm dieser entgegen, hielt sich mit der einen Hand die verwundete Schulter. „Ba...Bakura?“, sagte Ryou mit dünner Stimme.

Bakura biss sich wütend auf die Lippe und seine Augen wurden schmal.

„Wie viele Male habe ich dir schon gesagt, dass du auf dein Zimmer gehen sollst, wenn du schlafen willst!“, schrie er schon fast und ging dabei drohend auf Ryou zu. „Wirst- du- das- nie- mehr- tun?“, flüsterte er eindringlich, als er vor ihm stand, auf ihn herabblickend. „J- Ja, Bakura. Verzeih mir...“, sagte Ryou leise und versuchte zu lächeln, so wie er früher gelächelt hatte.

„Schau nicht so erbärmlich!“, schrie Bakura und gab ihm eine Ohrfeige. Erschrocken drehte Ryou den Kopf wieder und sah zu Bakura herauf, die braunen Augen geweitet.

Bakuras Blick wurde wahnsinnig. „Was habe ich eben gesagt? Hikari?!“

Dann holte er wieder aus, schlug ihn zu Boden. Begann ihn mit Hieben und Tritten zu bedecken. Ryou liess es schicksalsergeben über sich ergehen. Das versetzte Bakura nur noch mehr in Rage. Gnadenlos liess er all seine Wut an seinem kleineren Ebenbild aus. Sie verrauchte nur langsam. Doch irgendwann hörte mitten im Schlag auf und sagte kalt: „Und wehe dir, du stirbst. Es ist ein Leichtes, eine Seele für immer ins Schattenreich zu schicken. Dann wandte er sich ab und verschwand um die Ecke. Doch als er es klirren hörte, als Ryou sich in den Scherben auseinanderrollte, erstarrte er im Gehen. Leise und mit immer noch wütendem Blick presste er sich an die Wand und blickte um die Ecke. Ryous Gesicht war von dem Schmerzen gezeichnet. Er bewegte sich wie durch Wasser, als er begann, die Scherben aufzusammeln. Jede einzelne schien er genau zu betrachten. Als er um die letzte die Hand zusammendrückte und zu weinen begann biss sich Bakura vor Abscheu auf die Lippe, bis sie zu bluten begann. Dann hörte er, wie Ryou unter Tränen seinen Namen murmelte und wie er sich selbst die Schuld an Bakuras scheinbarer Veränderung gab. Früher. Was war früher gewesen? Er wollte sich nicht daran erinnern. Damals hatte sein Hikari noch gelacht und freudig seinen Namen gerufen, wenn er ihn sah. Früher. Bakura schnaubte. Glücklich. Was hatte man schon davon glücklich zu sein? Irgendwann war sowieso alles vorbei. Nichts als sentimentales Geschwafel.

Nichts als das.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura lag im schwindenden Abendlicht auf seinem Bett. Einer der letzten Sonnenstrahlen warf einen Lichtkegel auf seine Hände. Langsam öffnete er die Augen und betrachtete sie. Er fühlte die Bewegung darin, die er gemacht hatte, um auszuholen und zuzuschlagen. Er hatte es schon wieder getan. Jeden Tag mehrere Male musste Ryou leiden. Ein Wunder, dass er noch lebte. Wieso tat er das überhaupt? Er wusste es nicht. Jedes Mal, wenn er Ryou sah, überkam ihn riesige Abscheu. Lag das überhaupt an Ryou? Wenn er darüber nachdachte... Die Abscheu war auch da, wenn er nicht an Ryou dachte. Wenn er einfach nur dalag und die Decke anstarrte. Wenn er die Risse darin zählte und sich die rostige Öllampe daran in allen Einzelheiten einprägte. Sie war immer da. Lag es am Ende gar nicht an seiner Umgebung sondern an ihm selber?

„Hn.“, machte Bakura. „Jämmerlich. Ich bin Ryous Yami. Ich kann mit ihm tun, was ich will.“ Ruckartig setzte er sich auf. „Was... Ich will? Wieso gehe ich dann nicht einfach zu ihm und... Nein! Was, wenn... Ich würde ihn wieder... Wie erbärmlich ich bin... Lasse die Wut auf mich selbst an meinem hilflosen Hikari aus....“ Bei den Göttern... Ich bin nicht einmal mehr Herr über meine eigenen Gedanken... Was ist nur aus mir geworden?, dachte Bakura und liess sich aufs Bett zurückfallen.

So konnte es nicht weitergehen.

Auf keinen Fall. Er musste wieder der werden, der er früher war. Er wollte nicht mehr diese hässliche Ausgeburt der Hilflosigkeit sein, zu der er geworden war. Er war schliesslich immer noch Yami Bakura.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Den ganzen nächsten Tag liess sich Bakura nicht blicken. Auf die eine Weise erleichterte es Ryou, doch stimmte es ihn auch furchtbar traurig. Vielleicht ist er nun endgültig wahnsinnig geworden..., dachte er voller Sorge. Er verbrachte den Tag damit, in seinem Zimmer zu sitzen und beim geringsten Geräusch aus der Richtung von Bakuras Schlafzimmer sofort aufzufahren und zu lauschen. Irgendwo machte er sich die Hoffnung, dass er, wenn er wieder aus durch den massiven Türrahmen würde, wieder der alte Bakura war.

Der Bakura, der ihn immer aufgezogen hatte. Der Bakura, der ihn so oft geärgert hatte und danach so sehr gelacht hatte, dass Ryou nicht anders konnte als mitzulachen. Er war so oft so kalt gewesen, doch hatte Ryou immer wieder erlebt, wie liebevoll er zu jenen sein konnte, denen er vertraute. Natürlich hatte er einen furchtbaren Sturkopf. Er hasste es zu verlieren und liebte es, mit den Gefühlen seiner Opfer zu spielen. Er weidete sich an verzweifelten Blicken und ausweglosen Versuchen sich zu retten. Ausserdem war er furchtbar mürrisch, wenn er einmal nicht bekam, was er wollte, obwohl das nicht sehr oft der Fall war. Ryou nahm es ihm übel, wenn er jemandem so etwas antat, doch hatte er ihn wenigstens immer davon abhalten können, jemanden ins Schattenreich zu schicken. In naher und ferner Vergangenheit, als er noch allein gewesen war, hatte er zahlreiche Menschen auf Nimmerwiedersehen dort hin verbannt. Doch Ryou das immer egal gewesen. Es zählte doch, wie der Moment war. Die Vergangenheit spielte keine Rolle. Ryou wusste, dass der Bakura, den er kannte, irgendwo immer noch existierte. Doch seit er sich verändert hatte, schien es ihm immer mehr, als sei der Grabräuber, Seelenstehler und Dieb wieder zu seinem wahren Ich geworden wäre.

Doch Ryou wollte nicht aufgeben, er glaubte immer noch daran, dass er irgendwann wieder zurückehren würde. Sein Kura.

Ihm musste irgendetwas zugestossen sein, und wenn es ihm dabei half, seinen Frieden zu finden, durfte er ihn so oft schlagen wie er wollte. Wie sehr seine Seele dabei auch zu Schaden kam, wie sehr sein Köper auch darunter litt. Solange er noch weinen durfte, wenn er alleine war, nahm er das alles hin, wenn sein Kura dadurch zurückkehren würde.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryou erwachte am frühen Morgen, als er draussen Schritte hörte. Verschlafen und wie immer mit schmerzenden Gliedern öffnete er die Tür seiner Schlafkammer einen Spalt breit und sah in den schmalen Gang hinaus. Dann verliess er das kleine Zimmer und blickte um die Ecke ins Wohnzimmer und zum Eingang. Bakura stand vor der Türe und streifte sich gerade einen langen schwarzen Mantel mit einem hohen Kragen über die Schultern. Verwundert sagte er mit dünner, ängstlicher Stimme: „Bakura...? Wohin gehst du...?“

„Ryou. Ich habe etwas Wichtiges zu erledigen. Mit mir selber.“, antwortete Bakura so emotionslos wie möglich.

„Du... Kommst doch wieder, oder?“, fragte Ryou vorsichtig, nicht richtig realisierend, was gerade geschah.

„Vielleicht... Je nach dem.“

Bevor Ryou noch etwas erwidern konnte, war Bakura schon durch die Tür verschwunden. Ein kalter Luftzug wehte herein, der seinen Mantel bauschte und Ryou frösteln liess. Doch er spürte die Kälte nicht. Sprachlos und hilflos stand er dort und sah Bakura nach. Dann nahm er seinen Mut zusammen und rief verzweifelt: „Kura! Komm zurück!“

Doch der Angesprochene hörte das schon nicht mehr. Den Blick in die Richtung seines Ziels gerichtet, ging er entschlossenen Schrittes und in den dämmernden Morgen davon.

Ryou sank auf die Knie und vergrub das Gesicht in seinen Händen.

Der kalte Wind draussen wirbelte das trockene Herbstlaub in einer Sturmwolke herum. Bakura schritt mit starrem Blick hindurch. Er hatte sich entschieden, die Wahrheit zu finden und davon würde er sich jetzt nicht mehr abbringen lassen.

Das Pfeifen und Rascheln des Mittherbsts schien seine Reise zu besingen, ein kalter Abschiedschor, der ihn in die Einsamkeit der Selbstfindung schickte. Und wohin sie ihn auch treiben mochte, er würde es geschehen lassen, wenn er dadurch nur zu seinem alten Ich finden würde. Das, was er gewesen war, als er noch nicht hilflos, verstört und verabscheuenswert gewesen war. Und als er sich noch nicht selber so sehr dafür gehasst hatte so zu sein, wie er war und Ryou dafür zu leiden gehabt hatte.

Er würde wieder Yami Bakura sein.

Der wahre Yami Bakura...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽

Der Kupferspiegel

Bakura durchquerte die Stadt zu Fuss. Sein Ziel lag an ihrem anderen Ende, es würde ihn einige Zeit kosten, dort hin zu gelangen. Einerseits um sich auf das vorzubereiten, was kommen würde, andererseits, um vielleicht selbst eine Antwort zu finden. Er dachte darüber nach, wieso er solchen Hass auf sich selber empfand, wieso er es an Ryou ausliess und weshalb es besonders schlimm war, wenn er in Ryous leidendes Gesicht blickte. Gedanken und Bilder schnellten durch seinen Kopf. Seine Augen waren steif auf die Strasse gerichtet, wie die Augen einer Puppe.

Er sah seinen eigenen Arm auf Ryou zuschnellen, seine geweiteten Augen. Seine tiefen, angsterfüllten, rehbraunen Augen. Wie er sie zusammenkniff, als er geschlagen wurde und wie er sich am Boden zusammenkauerte, sich mit den Zähnen auf die Lippe biss vor Schmerz über Bakuras Hass.. Danach fühlte Bakura immer noch mehr Hass als zuvor. Eine riesige Welle, die sich über ihm aufbaute. Bakura wusste, wenn er noch länger geblieben wäre, hätte er Ryou noch umgebracht. Doch wieso schreckte ihn die Vorstellung, Ryou zu Tode zu prügeln so ab? Eigentlich war er nur ein Hindernis. Wäre er weg, hätte er nicht immer ein lästiges Balg am Rockzipfel, das in ihm solche Abscheu auf sich selber erregte. Vor allem, wenn er wieder einmal so erbärmlich dreinblickte, als ob er Mitleid erregen wollte. Wieso beseitigte er ihn nicht einfach? Er blieb stehen und sah zum dämmernden Morgenhimmel hinauf. Dann schloss er die Augen.

Ryou.. Er sah sein Gesicht ganz deutlich vor sich. Er lächelte ihn an. So wie früher. Wieso fühlte er sich so seltsam, wenn er in sein lächelndes Gesicht blickte? So viele Fragen und keine Antworten.

Es war Zeit, diese zu finden. Er hatte bereits viel zu lange gewartet. Er öffnete langsam die Augen und lief in Richtung seines Ziels, begleitet von Ryous glücklichem Lachen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryou starrte noch eine lange Zeit auf die offene Tür, durch die immer noch der kalte Wind pfiff. Mit geschocktem Blick sah er ins Morgengrauen hinaus, immer noch vor Augen, wie Bakura in die Dunkelheit getreten war.

Vielleicht....

Vielleicht.

Vielleicht! Das war nicht genug, verdammt noch mal!

Das erste Mal in seinem Leben hätte Ryou am liebsten einfach auf seinen Yami eingehämmert.

Vielleicht, vielleicht, vielleicht

Das Wort wiederholte sich in seinem Geiste, als hätte man es ihm mit einem heissen Eisen eingebrannt.

Vielleicht. Je nach dem.

Was sollte das bedeuten? Was? Es klang auf jeden Fall nicht so, als ob er Bakura so bald wieder sehen würde.

Mit halb geschlossenen Augen begann er zu weinen, schwankte ins Wohnzimmer und zu Bakuras Zimmer. Mit zitternden Armen stiess er die Tür auf. Zuletzt hatte er das Zimmer betreten, als Bakura noch ganz anders gewesen war.

Mit Schritten, die so unsicher waren, dass er aussah, als würde er gleich zusammenbrechen, schritt er auf Bakuras Bett zu. Als er davor stand, liess er sich langsam darauf sinken. Mit einer mühsamen Bewegung zog er Bakuras Kissen zu sich und drückte es an sich. In einem tiefen Atemzug atmete er den ihm so vertrauten Geruch ein. Er umschlang das Kissen so fest, dass es schien, als würde er sich an dem einzigen Ding festhalten, dass ihn noch vor einem tiefen Fall in die Tiefe bewahrte.

„Kura...“, flüsterte Ryou schluchzend, „Komm zurück... Ich will dich.... Nicht verlieren...!“

Dann schloss er die Augen und glitt langsam in einen tiefen, traumlosen Schlaf, der so leer war wie er selber sich fühlte.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik streckte sich genüsslich vor dem Fernseher aus.

Endlich lässt mich dieses Scheusal mal in Ruhe, dachte er. Sonst rückt er mir immer gleich auf die Pelle, wenn ich mein Zimmer verlasse. Als ob ich etwas vom Mörder meines Vaters würde wissen wollen. Froh, ihn los zu sein. Quark. Er war immerhin mein Vater gewesen. Der blonde Ägypter zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen. Ich sollte ihn-

„Maliiiiiiiiik....“

Da ging er hin, der Friede. Malik schaltete den Fernseher seufzend aus und machte sich bereit, sich zu verteidigen.

Mariku stürmte die Treppe hinab, auf Malik zu. „Hey, du willst also doch was mit mir machen?“, sagte er freudig und grinste schelmisch.

„In deinen Träumen“, grummelte Malik und wandte trotzig sein Gesicht ab.

„Ja, da auch... Die Realität kann es kaum erwarten!“, lachte er und fuhr sich mit der Zunge über die Zähne.

„Lass- mich- in- Ruhe- Mariku!“

„In deinen Träumen...“ Mariku schmiss sich zu seinem Hikari auf die Couch und legte die Arme locker um seinen Hals.

„Marik, ich versuche dich zu ignorieren, also lass deine dreckigen Finger von mir. Ich lege Wert auf meinen privaten Radius von mindestens sechzig Zentimetern.“

„Wenn du mich ignorierst, wieso sprichst du dann mit mir?“ Mariku grinste noch breiter und fuhr mit seiner rechten Hand durch Maliks Haar,

„Du kannst mich mal!“

„Aber gerne....“, flüsterte der Andere seinem Hikari ins Ohr und begann an seinem Ohrläppchen zu knabbern.

Malik knurrte und versuchte Mariku wegzudrücken, doch dieser war stärker. Als der Yami ihn noch fester umschlang, errötete sein Opfer.

„Hach, ich liebe es, wenn du dich wehrst....“, seufzte Mariku und fuhr mit den Lippen Maliks Hals hinab. „Komm schon, ich weiss, dass du es willst!“ Er kicherte amüsiert und vorfreudig.

„Mariku! Bist du schwerhörig? Ich will nicht angebaggert werden!“ Mittlerweile war der kleinere Ägypter knallrot im Gesicht.

„Dein Körper spricht eine andere Sprache... Deine Stirn ist ja ganz heiss....“, sagte Marik in bedauerndem Tonfall und näherte sein Gesicht dem von Malik so, dass seine eigene Stirn auf seiner lag und ihre Nasen sich berührten.

„Du bist unerträglichste Person, die mir je über den Weg gelaufen ist... Mistkerl...“, knurrte Malik die Augen ärgerlich halb geschlossen.

„Danke, du gefällst mir auch...“, erwiderte Marik, schloss die listig funkelnden violetten Augen und küsste ihn.

Maliks Gesicht lockerte sich sichtlich, als sein Yami ihn nicht mehr anblickte. Plötzlich schien er es zu geniessen.

Wenn er sich verstellte, war das nicht immer leicht, ihn dazu zu bringen, die Maskerade aufzugeben, doch Mariku war es noch nie misslungen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Endlich hatte Bakura sein Ziel erreicht. Nachdem er vom einen Ende der Stadt zum anderen gerannt war, war sogar er ausser Atem. Mittlerweile war die Sonne fast aufgegangen und warf die ersten schwachen Strahlen auf die Stadt. Atemlos drückte er die Klingel und wartete ungeduldig.

Drinnen hörte er etwas rumpeln, als würde jemand irgendwo herunterfallen. Skeptisch blickte er auf die Türe.

Dann hörte er Schritte und die Tür wurde geöffnet. Marik stand im Türrahmen, die Haare zerzaust und das Oberteil schon halb über dem Kopf. „Bakura? Was willst du?“, sagte er in geärgertem Tonfall.

Bakura stöhnte und sein Blick schien zu sagen: „Heute ist definitiv nicht mein Tag.“

„Kann es sein, dass ich gerade bei irgendetwas störe? Malik?“

Von hinten trat nun Mariku an Malik heran und legte ihm die Arme um die Schulter. Er platzierte seinen Kopf auf seiner Schulter und legte den Blick eines Raubtiers auf, dass gerade beim Verzehr seiner Beute gestört wird. „Ja, du störst. Definitiv. Beehre und bald wieder.“ Dann zerrte er Malik ins Wohnzimmer zurück und knallte gleichzeitig die Tür zu.

Bakura sog scharf die Luft ein und biss die Zähne zusammen. Das hatte noch nie jemand gewagt. Ein Yami Bakura wurde nicht abserviert. Erst recht nicht wenn es um seine Zukunft ging. Das würde er nicht auf sich sitzen lassen. Egal, ob er die beiden nun bei Kuchenbacken oder beim Retten ihrer Leben störte. Oder bei dem, was Mariku gerade vorhatte zu tun.

Er holte aus und begann auf die Türe einzuschlagen, sodass man es drinnen hämmern hören musste. Als er sicher war, dass man ihm zuhörte, knurrte er wütend und drohend, aber so, dass man ihn genau verstand: „Hört zu, wenn ihr nicht sofort diese verdammte Türe öffnet, werdet ihr den Tag bereuen, an dem ihr meine Bekanntschaft gemacht habt!“

Keine Antwort.

„Ihr wisst genau, dass ich die Türe auch selber öffnen kann, oder? Wenn ihr sie selbst öffnet, erspart ihr euch allerdings die Reparatur.“

Wieder blieb es still.

„Ihr habt es so gewollt, Bastarde!“, rief Bakura, trat einen Schritt zurück und trat mit einem einzigen Kick die Tür auf.

Mit bestimmten Schritten trat er in die Wohnung. Auf der Couch war gerade Mariku erneut über Malik hergefallen. Seufzend setzte der Yami sich auf. „Bei den Göttern, Bakura. Du warst schon immer so ungeduldig. Gerade als ich ihn so weit hatte...“ Malik errötete und schaute den Grösseren, der gerade die Denkerpose so eingenommen hatte, dass sie eher als Verärgertes Abstützen durchging, böse an.

„Mariku, ich will’s nicht wissen. Behaltet eure kleinen Geheimnisse für euch.“, sagte Bakura völlig entnervt..

Malik zog sich sein Oberteil wieder an. „Bakura, lass uns zur Sache kommen. Was willst du?“

Mariku streckte sich gelangweilt und schmollend auf der Couch aus.

„Habt ihr immer noch diesen verstaubten Spiegel? Ich brauche das Ding.

„So, so. Mister Alles-unter-Kontrolle braucht Einblick in seinen eigenen Geist? Das ist ja mal interessant. Das entschuldigt die Störung natürlich... Yami Bakuras Probleme mit seiner Gefühlswelt. “, sagte Malik spöttisch. „Du bist also so verzweifelt, dass du dieses Ding benutzen willst? Das ist ja mal interessant.“

„Das entschuldigt überhaupt nichts.“, erwiderte Mariku beleidigt.

„Ich brauche eure Kommentare nicht. Erlaubt mir, diesen verdammten Spiegel zu benutzen, erklärt mir, wie das Ding funktioniert und ihr habt eure Ruhe.

„Hn“, machte Malik, „Ich lasse mir doch nicht die Chance nehmen, einen Einblick in deinen Geist zu erhalten, Bakura... Im Gegenzug tue ich, was du verlangst.“

„Wenn es sein muss.“ Verdammte Aasfresser. Aber das ist es mir wert.

„Nun gut, komm mit.“, sagte Malik und stand auf.

„Nur dass du’s weißt, ich bin noch nicht fertig mit dir...", knurrte Mariku Malik nach.

"Klappe", erwiderte der Angesprochene knapp und wandte ihm den Rücken zu knapp.

Als Malik Bakura die Treppe in den Keller hinunterführte, warf der Yami ihm einen funkelnden Blick nach.
 

Als sie im Keller ankamen, wurde Bakura noch durch etliche eingestaubte Gegenstände hindurchgeführt. Ganz hinten nahm der Blonde einen verstaubten Spiegel aus einer grossen Truhe.

Der Rahmen war rötlich und kunstvoll verziert, wahrscheinlich war er aus Kupfer. Er war etwa so gross wie Bakura. Darin schien sich nichts zu spiegeln, ausser sie.

„Gut. Das ist es, was ich suche.“, sagte Bakura zufrieden. „Wie funktioniert er?“

„Du musst nur hineingehen. Damit betrittst du deine Seele, natürlich ohne Körper. Während du hindurchgehst erlebst du deine Gefühle in ihrer Reinform. Wenn du dadurch nicht wahnsinnig wirst, wirst du die eine oder andere Erkenntnis haben. Vorausgesetzt du stellst dich klug genug an. Ich würde dir raten, etwas geduldiger zu werden.“

„Ich habe schon einmal gesagt: Ich brauche keine Kommentare. Du wirst das Vergnügen haben, wie ich mich da drin abquäle und dafür lasst ihr mich einfach machen.“

„Schon gut. Auf jeden fall wirst du erst wieder aus dem Spiegel können, wenn du deine Antworten gefunden hast. Oh, ja, und wenn du wahnsinnig wirst oder dein Körper aus irgendeinem Grund sterben sollte...“, Malik grinste amüsiert, „...Darfst du für immer da drin bleiben, einem ewigen Wechselbad der Gefühle und somit dem sicheren Wahnsinn ausgeliefert.“ Bakura starrte unbeeindruckt auf den Spiegel. Ein geringes Risiko. Ich bin noch nie besonders anfällig dafür gewesen, unfreiwillig dem Wahnsinn zu verfallen.

„Und ich werde dir von zuschauen und mich darüber amüsieren, dass Yami Bakura an Gefühlschaos leidet. “

„Kümmer dich um deinen eigenen Dreck.“, knurrte Bakura. Malik stellte den Spiegel mit beschwichtigender Miene an die Wand.

Bakura trat einen Schritt auf den Spiegel zu und streckte die Hand nach der Oberfläche aus. Als er sie berührte, kräuselte sie sich wie Wasser, in das ein Regentropfen fällt. Als er seinen Arm weiter hineinstreckte fühlte er, wie er sich plötzlich selbstständig hineinbewegte. Sein Körper viel nach hinten, Malik fing ihn auf und legte ihn nicht besonders vorsichtig auf den Boden.

Das Bild eines hilflosen Yami Bakura schien im sichtlich zu gefallen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryou erwachte, als es schon Abend war. Die Sonne verschwand schon hinter dem Horizont und warf helle, goldene Strahlen durch das Fenster.

Er rappelte sich auf, nahm Bakuras Kissen und ging nun etwas erholt ins Wohnzimmer, wo er auf die Couch sass.

Ein ungutes Gefühl hatte ihn aufgeweckt. Er hatte irgendwie gespürt, dass gerade etwas Seltsames mit Bakuras Seele geschah. Es war, als hätte sie sich gerade geöffnet wie ein Buch, das man aufschlägt aber die Schrift darin nicht lesen kann.

Was tat Bakura bloss? Ryou wusste nicht, was er tun sollte, wenn er nicht mehr zurückkehren würde, egal aus welchem Grund.

So würde er nicht mehr leben wollen. Sein einziger Lebenszweck in der letzten Zeit war gewesen, zu hoffen, dass Bakura wieder so werden würde wie früher, doch was würde er tun, wenn er endgültig fort wäre? Für immer? Er wollte sich nicht vorstellen, wie es war, genau zu wissen, dass man die einem liebste Person nie mehr wiedersehen würde. Er fühlte sich schon jetzt, als ob man ihm einen Teil seiner Seele fortgenommen hätte. Nein, daran wollte er nicht denken. Er musste stark sein. Für Bakura. Wenn er zurückkehren würde, würde er ihn mit einem Lächeln auf den Lippen begrüssen, egal, was er tun würde.

Solange er nur zurückkehren würde, würde er für ihn Lächeln.

Für den, der ihm am Meisten bedeutete.

Für Bakura...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽

Puppenspiel

Ja, erstma ein kleines Vorwort^^

Thx an alle, die das hier lesen, freue mich in Grund und Boden! (ist das ne Redewendung? Oo)

@Kura-sama: Nochmals (nervst du dich schon? :D Hä? ;D Geh unter in Spaaaaaams, muahahahaha.... -> Mein erster Schritt zur Beherrschung von Animexx: Kura-sama ausschalten! :3 Gut, fertig mit dem Ausleben meiner Verdrehtheit xD *sinnlose Wörter auf Papier zu schreiben beginn*)

Auch allen anderen, die kommentiert haben vielen Dank! ;)

Gruss und Hail wasauchimmer :3

InfernalMirror
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura spürte, wie er sich von seinem Körper löste. Dann sah er nichts mehr. Einige Minuten war es vollkommen dunkel, dann bildete sich vor seinen Augen ein seltsamer Umriss. Die schwachen Konturen wurden schärfer, eine zerklüftete Burgruine bildete sich vor seinen Augen. Erst sah er in verschiedenen Graustufen, dann wurde das Bild allmählich matt farbig. Einzelne karge Büsche wurden schwach hellgrün, zwischen den dichten, auf ewig still stehenden Wolken am Himmel fielen einzelne goldene Sonnenstrahlen hindurch. Es schien ihm eine kalte und kantige Welt zu sein, doch auch voller Elend. Die halb eingestürzten Türmchen ragten spitz und bedrohlich aus dem Haupttrakt herauf wie scharfe Lanzen. Man sah eingestürzte Torbögen, verrostete Blumentore, an denen verdorrte Rosen hinunter hingen, von Moos und Efeu verwachsene, halb zerbröckelte Steine, die sich unsicher zu den Mauern auftürmten.

Früher musste der Ort einmal stolz gewesen sein, kalt, grausam und majestätisch, doch auch von einer bizarren Schönhneit. Doch diese alte Pracht schien er schon lange verloren zu haben. Bakura mochte den Ort nicht. Gerade weil, es ihm so bekannt vorkam.

Plötzlich hörte er Maliks Stimme., sie schien vom Himmel zu kommen, jenseits dieser Welt. „Wieso so überrascht? Natürlich kommt dir das bekannt vor. Ist schliesslich deine Seele.“

Bakura schlug sich mit der Hand vor den Kopf. Sag bloss nicht, dass du jetzt auch noch meine Gedanken hören kannst...

„Du bist ein Narr, Bakura. Du bist nur noch reine geistige Energie. Du sprichst, in dem du denkst.“

Na toll, das war es dann wohl mit der Privatsphäre. Ich bin ein offenes Buch für alle, die in diesen verdammten Spiegel schauen..., dachte Bakura seufzend.

„Was denkst denn du, weshalb ich so scharf darauf war, zuschauen zu dürfen? Danach kenne ich genau deine Schwachpunkte. Das ist noch besser als Geisteskontrolle.“, sagte Malik zufrieden.

Halt die Klappe!, knurrte Bakura und begann, sich umzusehen.

Er stand scheinbar in einem Innenhof der grossen Ruine. Es war ein grosser Platz, der von zerbröckelten, von Efeu bewachsenen Spitzbögen umgeben war. Einige waren ganz eingestürzt. Um den Platz selbst war ein verwittertes Relief gemeisselt. Nun war es an der Zeit, sich für eine Richtung zu entscheiden. Davon konnte alles abhängen. Wenn er sich in dem Gebäude verlief, ohne die Antworten zu finden, die er so dringend brauchte, würde er nie mehr herausgelangen. Denn in einer gewissen Zeit musste er sie schliesslich gefunden haben, weil sonst sein Körper sterben oder er wahnsinnig werden würde. Entschlossen sah er sich um. Einer der Torbögen sah ein wenig dunkler aus als die anderen.

Perfekt, dachte Bakura grimmig, das erleichtert mir die Entscheidung und passt zu meiner Stimmung.

Als er sich in Bewegung setzte, wurde ihm plötzlich komisch. Seine Glieder wurden schwer und sein Denken langsam. Sein Ziel schien plötzlich in die Ferne zu treten. Es erschien ihm sinnlos, weiterzugehen, den Torbogen zu erreichen. Alles war auf einmal hoffnungslos, pessimistisch. Ihm fiel nichts mehr ein, für das es sich zu kämpfen lohnte, woran er glauben konnte. Langsam glaubte er nicht einmal mehr an sich selbst, daran, dass er auch nur noch einen Schritt tun konnte. Er wollte sich am liebsten einfach auf den Boden legen und sich nicht mehr bewegen. Nur noch schlafen, der Stille lauschen, nicht mehr nachdenken. Auf das Ende warten. Denn das kam bestimmt.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik sass auf dem Boden vor dem Spiegel und sah Bakura dabei zu, wie er über den grossen Platz schritt. Wie seine Schritte träge und schwankend wurden. Dann blieb er plötzlich stehen.

Malik hob skeptisch eine Augenbraue. „Schade um ihn. Ich hätte mehr von ihm erwartet. Ich hab ihn gemocht.“

„Waschlappen“, kommentierte Mariku aus dem Hintergrund.

Bakura liess sich zu Boden sinken und bewegte sich für eine Weile nicht mehr. Es schien, als würde das auch so bleiben.

Seufzend musterte Malik übergenau den Spiegelrahmen. „Mariku? Hattest du nicht noch etwas vor?“ Seine Stimme klang übertrieben gelangweilt.

„Nein, wieso?“, sagte Mariku beleidigt und schaute mit schmollendem Blick nach rechts oben.

„Du hast doch gesagt, dir ist langweilig.“

„Hab ich nicht.“

„hör auf zu schmollen. Das ist kindisch.“

„Ich schmolle nicht.“

„Kannst du das beweisen?“, sagte Marik und musterte diesmal den am Boden liegenden Bakura.

Marikus Blick wurde wieder etwas interessierter. „Vielleicht“, sagte er in fragendem Tonfall.

„Dann versuch’s.“

„Vielleicht.“ Diesmal grinste er verschlagen.

„Es ist in deinem Interesse“, sagte Malik eindringlich und starrte noch angestrengter auf den Spiegelrahmen.

„Na gut, wenn du meinst...“

Mariku seufzte gespielt und schlich sich auf vier Beinen von hinten an seinen Hikari heran. Dann setzte er sich hinter ihn und zog ihn in seine Arme.

Malik lehnte sich bereitwillig zurück und liess sich von seinem Yami den Hals küssen. Genau in diesem Moment bewegte sich Bakura im Spiegel wieder und schien sich aufzurappeln.

Interessiert drehte Malik den Kopf in Richtung Spiegel, löste sich aus der Umarmung und sagte überrascht: „Er hat sich also doch noch nicht der Sinnlosigkeit hingegeben? Er ist zäher, als ich dachte.“

Mariku zog eine Schnute und legte den Kopf auf die Schulter des Anderen.

„Ich sollte dich mal davon überzeugen, dass ich interessanter bin als dein antiker Fernseher.“

„Das bezweifle ich.“ Mariku zog die Augenbrauen hoch, als er das gespielte Desinteresse seines Hikaris hörte.

„Soll ich es dir beweisen?“, flüsterte er dem Kleineren ins Ohr, riss ihn zu Boden und wälzte sich über ihn. Malik wurde knallrot.

„Du legst mich nicht rein“, sagte Mariku sanft, „Ich weiss, dass du mich genauso sehr liebst, wie ich dich. Deine Augen sagen mehr über dich, als du selbst weißt.“ Er grinste zufrieden, als er sah, dass Malik lächelte. „Du hast schon wieder gewonnen.“, sagte er, hob seinen Kopf und küsste Mariku. Das hatte er noch nie getan.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura war schon fast in eine Art Koma gesunken, als er plötzlich Ryous Gesicht vor sich sah. Erschrocken riss er die Augen auf. Was tat er da? Er war schliesslich hierher gekommen, um Antworten zu bekommen. Und da liess er sich von ein wenig Hilflosigkeit überwältigen? Auf keinen Fall. Mühsam rappelte er sich auf. Es schien eine unsichtbare Last von ihm abzufallen, als er sich wieder aufgerichtet hatte. Energie durchflutete ihn und liess ihn sein Ziel wieder vor Augen haben. Mit der grimmigen Mine eines Kriegers ging er wieder auf den Torbogen zu, dessen Gang dunkler zu sein schien als die anderen.

Das erste Hindernis hatte er bewältigt. Die Hoffnungslosigkeit hatte er hinter sich gelassen. Doch noch war es ein langer Weg zu gehen, das fühlte er. Und er würde all seinen Verstand benützen müssen, um immer wieder sein Ziel zu finden. Bereits jetzt wäre es beinahe aus mit ihm gewesen.

Nun hatte er den zerbröckelnden Torbogen erreicht. Tatsächlich war es dort gemäss den Naturgesetzen zu dunkel. Doch was waren schon Naturgesetzte? Er lief schliesslich gerade in seiner eigenen, ruinierten Seele herum. Er schnaubte sarkastisch und ging einen langen Gang entlang, der von innen noch dunkler war als er von aussen aussah. Die Dunkelheit schien wie ein lebendes Gas in der Luft zu hangen, dass Bakura das Augenlicht nehmen wollte. Er lief weiter und erreichte eine kleine, runde Kammer, die von einigen Kerzenhaltern an den Wänden erleuchtet wurde. Sie war mit schweren Tüchern behangen und in der Mitte stand ein reich verzierter Stuhl aus Ebenholz. Bakura schritt über den kühlen Marmorboden auf ihn zu und sah, dass in die Lehne eine Krone geschnitzt war.

Bakura ahnte schon, was auf ihn zukam, doch er musste es schaffen. Er wusste, dass er, um seine Antworten zu finden, alle Prüfungen bestehen musste, die er selbst sich stellte. Entschlossen ging er auf den von ihm abgewandten Stuhl und setzte sich. Erst passierte nichts. Doch dann schien sich die Wand vor ihm zu öffnen. Am Boden erschien plötzlich eine Art Podest, das von einem Tuch aus schwarzem Samt bedeckt war. Bakura senkte den Kopf wie ein lauerndes Raubtier.

Wie vom Wind weggeblasen enthüllte das Tuch auf dem Podest drei sargähnliche, offene Behälter, in denen Gestalten lagen, die in verschiedene Blumen eingebettet waren.

Ihre Haut war makellos, die Augen geschlossen, das Gesicht emotionslos. Die Arme hielten sie steif neben ihrem Körper gestreckt, die Handflächen nach unten. Ihre Glieder waren seltsam unterteilt, wie die von Puppen. Bakura erkannte, dass es Kugelgelenke waren... Es waren Puppen.

Misstrauisch betrachtete er die Puppe, die zuvorderst lag. Sie hatte dunkle Haut, helle Haare, eine Linie unter beiden Augen.... Es war Malik... Was sollte das bedeuten? Beunruhig wanderte seinen Blick zum nächsten Sarg. Er erkannte das Gesicht sofort. Es stellte Mariku dar. Die ganze Sache war ihm ziemlich suspekt...

Um in den letzten Sarg zu sehen, musste er sich ein wenig vom Stuhl erheb, da er hinter den beiden anderen stand.

Als Bakura die Puppe erkannte, weiteten sich seine Augen. Die zarten Glieder schmiegten sich an schwarze Rosen, deren Dornen rote Linien über sie zogen. Die zerbrechliche Porzellanhaut war so bleich, dass sie fast schneeweiss erschien und die langen Haare fein, leicht wie eine Feder, von einem perlenen Weiss.

Ryou.

Er wusste nicht, was das für ein Spiel war, das da mit ihm gespielt wurde, doch es gefiel ihm überhaupt nicht.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku hockte mit Malik im Arm vor dem Spiegel. Interessiert betrachtete er die Puppen. „Sieh mal wir kommen auch vor“, sagte er amüsiert.

Malik öffnete die Augen. Er schien vor sich hingedöst zu haben. „Das ist ja interessant. Dabei behauptet der alte Sadist doch immer, wir seien ihm egal.“

Marik zog die Augenbrauen hoch und betrachtete die Särge. „Seit wann hat der denn eine Vorliebe für Blumen?“

„Wird wohl sinnbildlich zu verstehen sein, ist schliesslich seine Seele.“

„Weißt du, wenn du eine Puppe wärst...“

Maliks Gesicht wurde ärgerlich. „Kannst du nicht eine Stunde keine perversen Fantasien haben?“

„Tut mir leid....“, sagte Marik gespielt schuldbewusst. „Aber du weißt doch, wie sehr du...“

„Ich will’s nicht wissen.“

Mariku seufzte. „Na gut.“

Zuvor waren nur Die Puppen von Malik und Mariku im Spiegel erkennbar gewesen, doch jetzt sah man auch den durchscheinenden Sarg, indem inmitten von schwarzen Rosen auf einem samtenen Kissen der verletzte Ryou lag.

„Sieh mal einer an. Da ist ja der kleine Ryou. Und sieh dir mal Bakuras Gesicht an. Die Dinge werden interessant.“, sagte Marik und musterte Bakuras beunruhigtes Gesicht. „Nicht nur wir haben also Platz in seiner Seele, sondern auch Ryou.“ Malik beobachtete aufmerksam jede von Bakuras Bewegungen. Im observieren und analysieren war er schon immer gut gewesen.

„Und, welche übertragenen Bedeutungen erkennst du wieder einmal, Mister Philosoph?“, fragte Marik. Die Frage war offensichtlich ein Witz gewesen, doch Malik schien sich ohnehin schon darüber Gedanken gemacht zu haben.

„Offensichtlich schlägt Bakura Ryou. Dazu muss man Ryou nicht sehen, selbst ein Trottel wie du sollte merken, was für eine Wut Bakura in sich aufstaut. Und logisch ist auch, an wem er diese folglich ab und zu auslässt, natürlich an Ryou. Kein Wunder, wenn er sich nicht wehrt.“ Bei diesen Worten wurde sein Gesicht traurig und besorgt. Wieso hatte Ryou ihm nichts erzählt? Sonst verheimlichte sein Freund ihm nichts...

„Hm“, machte Marik offensichtlich gelangweilt.

Malik fuhr unbeirrt fort.

„Schau dir mal die Ryou-Puppe an. Fällt dir was auf?“

„Nö“, sagte Marik und gähnte herzhaft.

„Arschloch“, erwiderte Malik genervt und versetzte ihm mit dem Ellenbogen einen herzhaften Hieb ihn den Bauch.

Marik zog seine Bauchmuskeln an und spürte so gar nichts. Darauf war er vorbereitet gewesen.

„Mir ist langweilig“, sagte er sachlich und sah Bakura dabei zu, wie er die Puppen musterte.

„Dein Problem.“

„Lass uns...“

„Nein. Siehst du? Da passiert was. Sieht aus, als würde unser Grabräuber was spüren. Er sieht ziemlich weggetreten aus....“, unterbrach ihn Malik.

„Tastsächlich....“ Mariku gähnte noch einmal, doch dann wurde plötzlich auch er aufmerksam. Etwas schien mit den Puppen zu passieren und es schien mit Bakura zu tun zu haben.

Sein Blick war starr, sein Mund leicht geöffnet. Langsam drehte er die Handflächen oben. Beunruhigt musterte er seine Fingerspitzen, bewegte sie hin und her. In der Luft blitzte etwas aus. Von jeder seiner Finger schien eine dünne silberne Linie auszugehen, die aufblitzte, wenn Bakura durch die Bewegung den Lichteinfall darauf veränderte.

Plötzlich raschelte etwas. Bakura sah hektisch auf und starrte die Puppen an. Als es abermals raschelte, zuckte er zurück.

Das zweite Spiel hatte begonnen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ein plötzlicher Luftzug liess Bakura vom Betrachten seiner Hände aufschrecken. Er spürte, dass nun irgendetwas begonnen hatte. Etwas klackerte, als würden sich zwei Zahnräder ineinanderhaken. Der Raum schien zu erzittern, dann ertönte eine helle Glocke. Ein langer, reiner Ton, doch bestimmt und hart wie ein klarer Diamant.

Bakura starrte angestrengt auf die Puppen. Und er hatte nicht das Falsche geahnt.

Langsam, aber unaufhaltbar, öffnete sich ein fliederviolettes, ein amethystfarbenes und ein rehbraunes Augenpaar.

Bakura stand auf und blickte entschlossen über die Puppen hinweg. Wenn er sein Ziel erreichen wollte, musste er das Spiel mitspielen und gewinnen. Er hob seine Hände und bewegte rechten Zeigefinger. Der silberne Draht daran blitzte auf, die Puppe, die Ryou darstellte, durchfuhr ein Schauer. Sie erhob sich mit einem Gesicht wie aus Eis und setzte sich auf den Rand des Sarges.

„Ryou... Was genau bezweckt das hier?“, murmelte Bakura besorgt und musterte Ryous Puppe. Abgesehen von den typischen Merkmalen einer Puppe sah sie genau aus, wie sein Hikari.

Die helle Haut, die zarte Gestalt, das perlweisse Haar, die braunen Augen, alles war genau wie das lebende Vorbild. Die Augen... Bakura blickte abermals in die Augen der Puppe. Etwas darin schien sich zu bewegen... Er machte einen Schritt nach vorne, versuchte, zu erkennen, was es war.

Hinter der perfekt nachgeahmten Iris befand sich ein fragiles, metallenes Zahnrad das sich langsam drehte.

Bakura betrachtete seine Finger, bewegte sie einzeln und beobachtete die Reaktionen der Puppen. Marik und Malik erhoben sich, traten nach vorne und senkten sich auf die Knie, die Köpfe demütig gesenkt.

Hätte nichts dagegen, wenn die immer so wären..., dachte Bakura, belustigt ob der makabren Situation.

Bald wusste er, wie die Puppen auf die verschiedenen Drähte reagierten.

Er ahnte, dass Ryou der Schlüssel dieser Prüfung war. Erst als er die Kontrolle über die anderen beiden Puppen hatte, begann er zögerlich die übrigen Finger zu bewegen.

Ryous Puppe lächelte, mechanisch, kalt, distanziert. Die Puppe mochte eine perfekte Imitation von Ryous Körper sein, doch niemals würde sie Ryous Herz nachahmen können.

Bakura bewegte einige Finger auf und ab.

Die Puppe schritt auf ihn zu und liess dabei eine Spur aus schwarzen Blütenblättern hinter sich.

Plötzlich schien sich seine Hand wie von selbst zu bewegen, als würde auch er selbst von einem Puppenspieler gesteuert. Die Puppe stoppte kurz, senkte dann den Kopf und tat dann kleine, langsame Schritte auf Bakura zu.

Plötzlich spürte Bakura etwas Seltsames, doch sehr Vertrautes. Ein Kribbeln, das sich aus seinem Bauch heraus entfaltete. Plötzlich fühlte er sich, als ob ihn nichts mehr aufhalten könnte. Mit jedem Schritt, den Ryou mit gesenktem Haupt machte, wurde das Gefühl stärker. Als Ryou noch einige Schritte von ihm entfernt war und dort stehen blieb, war das Gefühl so stark, dass er begann, zu kichern, wie ein kleines Kind. Er hatte seine Hand wieder unter Kontrolle. Freudig hob er sie und betrachtete sie mit einer wahnsinnigen Genugtuung. Dann hob er den Kopf und betrachtete die drei demütigen Gestalten. Mariku und Malik vor ihm, auf den Knien.

Ryou, mit gesenktem Haupt vor ihm stehend.

Er konnte mit ihnen tun, was auch immer er wollte und nichts konnte ihn daran hindern.

Nichts.

Seine zwei Freunde. Nun erst waren sie wirkliche Freunde. Wenn sie waren, wie er sie wollte.

Ryou. Über ihn musste er sich nun keine Gedanken mehr machen. Er konnte mit ihm machen, was er wollte.

Bakuras Kichern schwoll zu einem leisen Lachen an, wurde dann immer lauter, diabolischer, wahnsinniger. Mit geweiteten Augen und immer noch lachend hob er beide Arme und begann freiwillig wieder damit, seine Finger zu bewegen. Er tat es mit solcher Präzision, als hätte er es schon sein ganzes Leben lang gemacht. Ryou schritt nun wieder langsam auf ihn zu, dann blieb er vor ihm stehen

Die Zahnräder in den Augen der Puppen drehten sich immer schneller, doch das bemerkte Bakura nicht. Er hörte auf zu lachen und sein Blick wurde ernst und hart. Nun liess er auch Ryou vor sich niederknien.

Zufrieden liess er alle drei mit einer einzigen Bewegung demütig zu ihm aufblicken. Mit einem raschen Wink liess er sie die Köpfe wieder senken.

Er ging einige Schritte rückwärts. In seinem Rücken hatte sich der unscheinbare Stuhl in einen gewaltigen Thron verwandelt. Die kunstvollen Schwünge der Lehne waren kalten, scharfen Zacken gewichen. Das dunkle Holz schien zu schwarzem Metall geworden zu sein und die künstlerischen Muster hatten sich zu Darstellungen von Herrschern und ihrem niederknienden Volk verwandelt, dessen Gesichter seltsam verzerrt waren.

Bakura setzte sich mit Bestimmtheit auf den grossen Thron. Die Bewegung schien die eines Herrschers bei seiner Ernennung zu sein. Eine Bewegung wie ein Siegel.

Er blickte auf seine kniehenden Freunde hernieder und lächelte. Es war nicht das milde Lächeln eines gütigen Königs, der auf seine treuen Untertanen herunterblickt. Es war das Lächeln eines Tyranns. Das Lächeln von Yami Bakuras Machtgier.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽

Kühle, Schwarze Klinge

Joa nochma hi zusammen^^

Und auch noch mal danke fürs lesen! * verbeug*

Und... für die Kommis... * lechz* Ich liebe euch! >.<

Tja ich hab ja mitten im Schreiben dieses Kapitels total meine Gedankengänge verdreht bekommen... oo Ja, liebe Kura, du bist Schuld! Schweinchen... ;P Danach war ich ja erst unfähig was sinnvolles zu schreiben, bis es mir dafür ne Idee beschert hat.... xD War trotzdem total hart.... >////< (Ja, ich bin dramatisch! Dx)

Noja hab mir jedenfalls überlegt, dass ich Marik und Malik nicht die ganze Zeit vor dem Fernseher ( Verzeihung, Spiegel) rumhocken und es gelegentlich treiben lassen kann... xD hyahaha...

Noch was Wichtiges: Im Spiegel vergeht die Zeit langsamer als draussen. Ihr werdet sehen, wieso das wichtig ist... Achja und noch ne kleine Info: Bakura wird jetzt nicht durch alle Gefühle gehen. Das würde ja endlos werden. Es geht um die Gefühle, über die er die Kontrolle zurück will, deren Ursprung er kennen will, um wieder sich selbst zu werden. Oder so ähnlich. Ich bin ein Chaot und beim Schreiben überleg ich nie viel, weil dann die Geschichte komisch rauskommt xD Seht es mir nach v.v * verbeug*

Wie auch immer, viel Spass beim lesen! (hoff ich xD) ^o^
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik sass mit geärgertem Blick vor dem Spiegel und beobachtete den steif auf die Puppen herunterlächelnden Bakura auf dem Thron.

„Ich mag es nicht, als Sklave dargestellt zu werden.“, bemerkte er genervt. „Bakura kriegt noch was von mir zu hören.“

„Dieser Spiegel ist wirklich interessant. Ich meine, Sklaven, Puppen, was kommt als nächstes?“ Mariku grinste lasziv und blickte nach oben. Er fantasierte wieder einmal.

Malik blickte sich um und musterte seinen abwesenden Blick. „Denk nicht einmal daran, dein perverses Kopfkino in die Tat umzusetzten.“

„Nein, aber ich könnte dir davon erzählen. Wäre das nicht schön? Wir könnten zusammen von unseren gemeinsamen Träumen schwärmen...“

„Deine Träume, Mariku.“

„Ach, komm schon. Bin ich denn nicht der Traum deiner schlaflosen Nächte?“, das war keine Frage gewesen, sondern eine Feststellung.

„Ich habe in meinen schlaflosen Nächten keine Zeit zum Träumen, weil ich mich vor deinen Überfällen verteidigen muss“, schnaube Malik und musterte weiter genervt Bakuras arrogant auf die Puppen niederstarrendes Gesicht.

Mariku nahm wieder seine Denkerpose ein, schien in seinen Träumen zu schwelgen und schmollte ein wenig darüber, dass er mit Malik nicht seine Gedanken ausleben durfte.

Schliesslich schien ihm etwas einzufallen und ein breites Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.

„Ich geh ein wenig Spass haben“, sagte er und leckte sich lasziv über die Zähne, „Bin bald wieder da.“ Er stand auf und wandte sich Richtung Treppe, ein vorfreudiges Grinsen im Gesicht.

„Gut, verschwinde...“,sagte Malik scheinbar gleichgültig, doch mit dem Rücken zu seinem Yami gewandt presste er die Lippen zusammen und seine fliederfarbenen Augen blitzten.

„Bye, Honey!“, rief Mariku und hauchte dem kleineren einen Handkuss zu.

„Verpiss dich endlich!“, rief Malik nun nicht mehr ganz so gleichgültig.

Marik zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Bin ja schon weg.“

Dann wandte er sich ab, ein arrogantes Lächeln auf dem schönen, exotischen Gesicht und ging die Treppe nach oben.

Malik hörte wenig später, wie sich die Haustür schloss. Als er sicher war, dass sein Yami weg war, sank er in sich zusammen, die Zähne aufeinanderbeissend.

Erst krallte er seine Hände in den Teppich, dann schien er sich selbst zu umarmen, als ob er sich davor bewahren wollte, zu zerbrechen. Wie in einem Krampf krallten sich seine Fingernägel in die Arme. Sein Gesicht war schmerzerfüllt.

Nach einigen Momenten liess er sich vornüber fallen und blieb liegen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku machte sich unterwegs ans andere Ende der Stadt, zum Ort von Bakuras Aufbruch.

Wenn Bakura weg war, musste das heissen, dass sein Hikari ganz allein war. Er hatte ihn nur einige Male gesehen aber er war wirklich niedlich, das war ihm gleich aufgefallen. Er hatte Porzellanweisse Haut, eine schlanke Figur und trotzdem hübsche Rundungen.

Wieso sollte er die Chance nun nicht nutzen und sich ein wenig amüsieren? Wieder stohl sich ein obszönes Grinsen auf sein Gesicht. Mit zielstrebigen Schritten steuerte er in Richtung seines Ziels. Den Kleinen rumzukriegen würde bestimmt nicht schwierig sein. So zuvorkommend und nachgiebig wie er war.

In kurzer Zeit würde er seinen Widerstand gebrochen haben.

So jemanden verspeiste er zum Frühstück.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura sass eine Weile auf dem kantigen Thron und genoss es, alle zu beherrschen, die in seinem Leben eine Rolle spielten.

Zufrieden musterte er die gesenkten Köpfe und blieb an Ryous schneeweisem Schopf hängen. Nun war es endlich so weit. Er konnte mit Ryou tun, was auch immer er wollte. Er musste auf nichts mehr Acht geben. Und Ryou würde ihn nie mehr so widerlich anlächeln oder jämmerlich weinen.

Nie mehr.

Er war frei zu tun, was auch immer er wollte.

Er liess Ryou wieder aufstehen, indem er mit den Fingern einige einfache Bewegungen machte.

Ryou blickte ihn ohne die geringste Bewegung an. Nur die zwei zerbrechlichen Zahnräder im Innern seiner Augen drehten sich so schnell, dass man den Rand nicht mehr eindeutig ausmachen konnte.

„Ryou“, sagte Bakura nüchtern, doch mit einer beherrschenden Bestimmtheit. „Komm zu mir.“

Gleichzeitig machte er einige komplizierte Bewegungen mit den Fingern. Ryou kam auf ihn zu. Bakura ging ihm entgegen. Dann legte er beide Arme auf die schmalen Schultern und lehnte seine Stirn an seine. Sie war kalt. So unendlich kalt. Es fühlte sich an, als würde er eine Leiche berühren.

Bakura neigte seinen Kopf wieder etwas zurück, sodass er ihm direkt in die Augen sehen konnte.

Endlich war es so weit. Ryou gehörte ihm. Nur ihm.

Doch wieso war er so kühl, als ob er bloss eine leere Hülle wäre?

Wo war seine Wärme hin?

Er konnte sich erinnern. Früher hatte er seine Wärme so oft gespürt. Er hatte ihn so oft in den Armen gehalten.

Bakura drückte ihn an sich, merkte, wie kräftig und hart die Glieder waren. Er spürte keinen Widerstand.

Sein ganzer Körper war so kalt, als wäre er aus Eis. Ryou war nicht so kalt. Ryous Körper war so weich, so zart, so zerbrechlich und warm....

Das war nicht der Ryou, den er kannte.

Das war nicht der Ryou, dessen Wärme er spüren wollte.

Er versuchte, die Puppe wegzudrücken, doch diese schloss plötzlich ihre Arme um ihn.

Bakura versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch die harten Arme hielten ihn wie in einem Käfig. Das Gefühl von vorher schien wieder zurückzukehren und fast wäre er wieder in irres Gelächter ausgebrochen. Doch bevor dies geschehen konnte, rief er mit dem letzten Hauch Verstand, der ihm noch geblieben war: „Nein! Ich will keine Macht über euch!“

Ryous Puppe erschlaffte augenblicklich in Bakuras Armen. Er seufzte erleichtert, hob er ihn sanft an und trug ihn zu dem Sarg. Mit trauriger Miene legte er die Puppe in das Bett aus schwarzen Rosen, die die Haut der Puppe noch zerbrechlicher, die Striemen auf der Haut noch blutiger erscheinen liessen. Auch die anderen beiden Puppen legte er vorsichtig wieder zurück in die gläsernen Särge.

„Nie wieder will ich Macht über euch....“

Er schloss die Augen. „Nie wieder...“, murmelte er noch einmal. In diesen Worten lag ein stiller Schwur.

Nach einigen Augenblicken öffnete er die rot-braunen Augen wieder und blickte entschlossen in den Gang, der nun aus der Kammer wegführte.

Es war noch nicht zu Ende.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik stolperte wütend und hilflos in der Wohnung herum. Ab und zu nahm er einen Gegenstand und schleuderte er mit einem Aufschrei an die Wand. Schon nach kurzer Zeit lagen etliche zerbrochene oder umgestürzte Gegenstände herum. Andauernd trat er in irgendwelche Scherben, doch es kümmerte ihn nicht.

„Du... Arschloch... Ich hasse dich... Ich hasse dich!“, schrie er immer wieder und hieb dabei auf die Wand ein. Seine Hände waren vom harten Abrieb an etlichen Stellen aufgeschürft. Doch auch das kümmerte ihn nicht.

Es war immer alles egal

Alles ausser eine Tatsache.

Die, dass er Mariku umbringen würde, wenn er wiederkommen würde.

Bis er sich wieder einigermassen beruhigt hatte, hatte er das wörtlich gemeint.

Nun sackte er erschöpft und fassungslos gegen eine Wand und starrte auf seine wunden Hände.

Aus seinen geweiteten augen rannen Tränen.

„Wieso tust du das?“, murmelte er. „Zuerst sagst du, du liebst mich, dann verlässt du mich. Schon wieder. ‚Spass haben.’ Du bist so ein... U-unsensibles A-Arschloch...“ Der letzte Satz ging in verzweifeltem Schluchzen unter.

Malik hatte sich Mariku in einer Sache immer kalt gezeigt. Nie hatte er im gesagt, wie wichtig er ihm eigentlich war. War das seine Strafe?

Immer wieder benutzte Mariku ihn wie ein billiges Spielzeug und wenn er das einmal nicht sein konnte, suchte er sich eben ein anderes.

Er hatte geagt, er liebe ihn. Er hatte es ihm geglaubt. Doch jetzt musste er realisieren, dass er ihn nur verarscht hatte. Schon oft war er mal kurz abgehauen. ‚Spass haben.’ Er hatte ihm immer vergeben. Es als harmlos abgetan. Er war ihm einfach zu wichtig. Und doch ging er daran kaputt. Doch jetzt reichte es ihm. Er konnte nicht mehr. Er fühlte sich an, als sei sein Inneres durchlöchert war, von all den Malen, die Mariku ihn verletzt hatte.

Er konnte nicht mehr.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ein wenig erschöpft ging Bakura an den Särgen vorbei. Der Gang schien plötzlich heller zu werden. Er trat in ein helles Wohnzimmer. Die Wände waren in einem hellen grau gehalten.

Einzelne kleine Tischchen und an der Wand stand eine kleine Couch. Es schien gemütlich zu sein... Dann erkannte Bakura, dass das das Wohnzimmer seiner Wohnung war. Die Möbel waren umgestellt und anderes hatte etwas ander Farben. Aber es war ihm definitiv bekannt. Plötzlich leichtete auf der Couch ein Licht auf, wurde grösser und wurde zu einer fast durchscheinenden, blassen Gestalt.

Das gefiel Bakura gar nicht. Wieder war es Ryou. Das musste wieder eines dieser kranken Spiele mit seinen Gefühlen sein.

Plötzlich hörte er Schritte. Schnell drehte er den Kopf. Eine andere durchscheinende Gestalt mit wütendem Gesicht ging direkt auf ihn zu... und ging durch ihn hindurch, bis er am Eingang des Wohnzimmers stand.

Das war er selbst.

Beunruhigt entschied er, dass er wohl einfach abwarten musste.

Ryou murmelte etwas im Schlaf, doch Bakura konnte es nicht hören. Doch als sich der andere Bakura auf die Lippe bis, wusste er sofort, was das darstellen sollte. Es war eindeutig er, der dem kleinen Ryou gleich ein Wasserglas an die Schulter knallen würde, ihn verletzen würde.

Wieder stieg diese abscheu in ihm auf, als er die beiden ansah. Der andere Bakura nahm nun das Wasserglas und schleuderte es Richtung Ryou, wo es an seiner Schulter zerspang und ihn mit einem gedämpften Aufschrei aufwachen liess. Er presste die Augen aufeinander. Er wusste nur zu gut, was nun passieren würde.

Etwas begann sich in seinem Bauch zu regen, züngelte auf... Dieses wohlbekannte Gefühl.. Wie sehr er hasste. Wie sehr sein eigener Hass ihn von innen auffrass.

Plötzlich öffnete er die fest geschlossenen Augen. Er versuchte, dagegen anzukämpfen, doch er konnte es nicht.... Er musste sehen. er wurde dazu gezwungen, zu sehen...

Der andere Bakura stand nun vor Ryou und verpasste ihm eine Ohrfeige. Überdeutlich sah er die Bewegungen, fast wie in Zeitlupe. Als der andere Bakura wieder redete, hörte nichts, doch wieder sah er in allen Details, wie er Ryou zu Boden warf und auf ihn einzutreten begann.

Plötzlich riss Bakura die Augen auf. Eine Flamme begann in seinem Bauch zu toben, als hätte sie ein eigenes Leben. Er verkrampfte sich. Hass. Hass. Hass. Da war nichts mehr ausser Hass. Er sank af die Knie, die Augenweit aufgerissen und die Zähne zusammengebissen. Seine Hände krallten sich in sein Haar, immer fester.

Dann schrie er. Nicht vor Schmerz, denn die Flamme in ihm schmerzte ihn nicht. Aber sie begann sein Herz zu verbrennen mit einer unglaublichen Kraft, die über ihm zusammenzubrechen drohte wie eine riesige Welle.

Als sein Schrei verstummte, wurde sein Kopf wie gesteuert herumgerissen. Wieder musste er mit ansehen, wie er selber Ryou schlug, immer wieder schlug. Ryou hatte sich am Boden eingerollt und kniff die wässrigen Augen zusammen, als ob er dadurch alles vergessen könnte. Den Gedanken, dass sein Yami ihn hasste. Seine kalten Hiebe und dass er sich fühlte, als ob seine Seele nur noch von einem seidenen Faden vor einer Ewigkeit in Fall bewahrte.

Plötzlich materialisierte sich auf einem Tisch in Bakuras Nähe etwas Längliches. Wieder wurde sein Kopf herumgerissen. Auf dem kleinen Glastisch lag ein langer, schlanker Dolch aus spitzem Metall mit einem silbernen Griff, der aussah, als wäre er aus zahllosen Tränen zusammengegossen worden. An der langen Klinge gab es einige kleine Unebenheit, die von einem dunklen Rot waren... Rot wie frisches Blut.

Bakura verkrampfte sich. Langsam und zitternd nahm er den Dolch. Dann blickte er wieder zu sich selber hinüber. Immer noch hieb er gnadenlos auf den kleinen, verletzten Hikari ein.

Wieder schrie er vor Abscheu.

Langsam und immer noch zitternd nahm er den Dolch in beide Hände und setzte ihn sich an die Kehle. Das kalte Metall war so unendlich angenehm auf seiner heissen Haut. Es kühlte und beruhigte seinen unendlichen Hass. Es lockte ihn und flüsterte ihm zu. Verführerisch glänzte das kalte Metall und verbreitete eine wohlige Kälte in seinem Oberkörper, doch noch immer drohte Bakura jeden Moment den Verstand zu verlieren.

Er liess ein unterdrücktes Stöhnen hören.

„Ya...mi... Bakura hat... Genug Schaden.... Angerichtet...“, keuchte Bakura. „Ryou... Nun ist es... endlich vorbei...“

Bakura schloss die matten Augen.

„Endlich.... Bist du frei...“
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryou schlief. Er schlief fast immer seit Bakura gegangen war, nur selten stand er kurz auf, um etwas zu trinken oder an die frische Luft zu gehen.

Er hielt Bakuras Kissen an sich gedrückt. Noch immer duftete es nach ihm und um nichts in der Welt hätte er es losgelassen.

Ryou träumte nicht. Konnte man träumen, wenn man sich leer fühlte?

Er glaubte nicht daran.

Plötzlich klingelte es.

Hektisch sprang er auf.

Kura!, dachte er. Kura, Kura Kura! Das ist Kura, ganz sicher!

Seine Augen glänzten und fast hätte er vor Freude begonnen zu weinen.

Er rannte zur Tür, riss sie auf. „Kura!“, schrie er, doch da stand nicht Bakura.

Ein gebräunter, sandblonder Ägypter stand mit dem üblichen Grinsen in der Tür und trat so gleich ein, als ob man ihn darum gebeten hätte.

Er ist wirklich noch niedlicher, als ich ihn in Erinnerung habe, dachte Mariku und grinste immer breiter. Der Weg hat sich auf jeden Fall gelohnt...

„Fühlst du dich einsam?“, fragte Mariku schelmisch und trat noch einen Schritt auf den kleineren zu.

Ryou stolperte instinktiv zurück. Irgendetwas an Marikus Ausstrahlung war anders als sonst und das gefiel ihm gar nicht...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽

Sein allerliebstes Spielzeug

Kapitel 5! ^-^

*sich vor allen verbeug, die bis hierhin durchgehalten haben * Dankeeeeh :D schon wieder ;) Das hier ist ehrlich gesagt das erste Kapitel, bei dem ich nachgedacht habe, was ich schreiben soll und über die Geschichte und so xD Das mit Mariku und Ryou hat mir ja rechtes Kopfzerbrechen bereitet, weil es so viele Mööglichkeiten gab... Noja, hab dann schlussendlich eine genommen (wow, wirklich? xD), von der ich hoffe, dass sie einigermassen zufrieden stimmt. Manche hab ich von vorneherein ausgeschlossen, weil es dann schlussendlich in nem Blutbad oder ner lebenslangen Fehde zwischen einigen Leuten geendet hätte und das wollte ich nun wirklich nicht... oo Hoffe, sie kommt für euch nicht zu billig rüber, ich glaube, ich war nicht so einfallsreich xD Naja, bildet euch ne eigene Meinung und lasst mir ne Kopie davon da, wenn ihr schon dabei seid! :3

Gut, dann nochma danke fürs lesen und ein fettes, hoffnungsvolles „Enjoy! ^-^“
 

Malik hatte sich nicht die Mühe gemacht, das Trümmerfeld, zu dem er die Wohnung mehr oder weniger gemacht hatte, aufzuräumen. Das war ihm nicht mehr wichtig. Er wollte das so wie so alles bald hinter sich lassen, und da spielte es keine Rolle, ob es nun aufgeräumt war oder nicht.

Wieder stieg die Wut, Enttäuschung und Trauer in ihm auf. Er verkrampfte sich und krallte die schlanken Finger in den kühlen Teppich unter ihm. Wie gerne er jetzt einfach versinken und alles hinter sich lassen würde. Einfach nur schlafen. Er war so müde... Mit feuchten Augen beobachtete er die vorüber ziehenden Wolken durch das Glasdach.

Er liebte es, die Wolken zu beobachten. Das hatte er schon immer getan, wenn er nachdenken wollte.

Er beneidete sie. Auch das hatte er schon immer getan, vom ersten Mal an, als er sie erblickt hatte, hatte er am liebsten einfach genau so frei sein wollen, irgendwo weit oben, wo man ihn nicht einsperren konnte.

Es war immer sein Traum gewesen. Seine ganze Kindheit hatte er im ägyptischen Untergrund verbracht, nur einmal hatte er sich mit seiner Schwester verbotenerweise nach draussen gestohlen. Es war umwerfend gewesen, als er seinen ersten Schritt nach draussen getan hatte. Zuerst hatte ihn das helle Tageslicht geblendet und er hatte nicht hinsehen können, doch dann, als sich seine Augen daran gewöhnt hatten, hatte sich das blau vor ihm ausgebreitet wie ein gewaltiger Baldachin. Bis da hin hatte er das Wort „unendlich“ nicht verstanden, doch dieser eine, kleine Schritt nach draussen hatte das geändert. Die Schönheit des Himmels hatte ihn ihm den tiefen Wunsch geweckt, einmal dahin gehen zu dürfen, wohin er wollte. Zu tun, was er wollte.

Von jenem schicksalhaften Tag an, an dem Mariku in ihm erwacht war und ihn von seinen Fesseln durch seinen Vater befreit hatte, hatte er diese Freiheit gehabt. Doch diese hatte nicht lange gewährt.

Mariku hatte ihn verlassen, nachdem er sein Werk getan hatte. Er wusste nicht wohin er gegeangen war und was er getan hatte, doch er hatte es geschafft, seine Seele zu verkörpern. Malik wollte auch nicht wissen, wie genau.

Eines Tages dann war er zurückgekommen. Bis dahin hatte er noch nie mit ihm geredet oder ihn gesehen, denn wenn er von seinem Körper Besitz ergriffen hatte, war es, als würde er in einen tiefen Schlaf fallen.

Doch von dem Moment an, als er das erste Mal in amethystfarbene Augen geblickt hatte, war er wieder gefangen gewesen.

Mariku hatte ihn in einen sanften, doch unzerstörbaren Käfig gesperrt, aus dem es kein Entrinnen gab.

Wenn er nach seines Vaters Tod zu einer Wolke geworden war, dann war Mariku der plötzliche Windstrom, der ihn immerfort mit sich zog und ihm seine Freiheit wieder nahm.

Und doch war es eine so süsse Gefangenheit.

Er war immer glücklich gewesen, so lange er in diese Augen hatte blicken dürfen. Er liebte es, einfach nur seine Stimme zu hören, und wenn sie auch stritten. Er liebte sein breites Grinsen, dem er so verfallen war. Er liebte es, seine Hand in seinem Haar zu spüren, weiche Lippen auf seinen.

Es war wie eine Krankheit, die seinen Körper so furchtbar schwach machte. Seine Seele so schutzlos. Und unsagbar glücklich.

Doch schlussendlich hatte sie ihn in die Knie gezwungen.

Nun war er nur noch ein verängstigtes Tier, das sich zusammenrollte und seine Wunden leckte. In die Ecke gedrängt, sich duckend und bereit, sich zu verteidigen, niemanden mehr in sein Herz lassend.

Doch wie sehr er auch wünschte, nun seinen Frieden zu haben, so leicht war es nicht.

Es gab noch zwei grosse Hürden zu überwinden, bis er wieder frei sein konnte von all dem Schmerz.

Die erste war Mariku selbst.

Die zweite seine Liebe zu ihm.

Zwei Bürden, nur eine Chance, sie zu überwinden. Eine Chance, die er nicht verspielen durfte, auch wenn er sich so sehr zusammenreissen musste, wie er es noch nie getan hatte.

Um seiner Freiheit Willen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura presste seine Augen zusammen. Das war das grösste, was er Ryou nun schenken konnte. Seinen eigenen Tod. Das Ende seiner Schmerzen.

Langsam ritzte er sich mit dem Dolch über den Hals und liess einen tiefen Ritz zurück, von dem aus ein rotes Rinnsal wie in Zeitlupe die helle Haut in Besitz nahm.

„Mein Blut für dein Glück... Ein geringer Preis“, flüsterte Bakura, legte die kühle Klinge wieder an seinen Hals.

Dann führte er sie an seinem Kopf vorbei, um sein Leben mit einem einzigen Vorüberschnellen des scharfen Metalls beenden zu können.

Er atmete tief durch., begann eine schnelle Bewegung.

Die Klinge schien zu erbeben, als sie auf Bakuras porzellanweisse Kehle zuschnellte.

Und da erstarrte sie mitten in der Luft, die scharfe Spitze schon an der dünnen Haut.

„Kura...“

Bakura riss seinen Kopf hoch, den Blick auf Ryous Ebenbild gerichtet.

Er kannte das Bild. Er wusste, dass sein Doppelgänger gerade hinter der Ecke stand und Ryou beobachtete.

Dass er sich vor Wut die Unterlippe blutig biss.

Ryou regte sich in den Scherben, die ein kaltes Klirren von sich gaben.

„Kura...“, flüsterte er noch einmal und seine Stimme erzeugte ein Echo, dass so laut war, als hätte er geschrien.

Wieder und wieder hallte es durch den Raum, aus dem plötzlich alles verschwand, ausser die kahlen Wände und Ryou.

Dieser öffnete seine Augen und blickte Bakura an.

Die braune Iris schien zu leuchten, fast zu brennen, so sehr pulsierte Ryous Blick.

Ein warmes, grausames braunes Feuer, dass ihm die Netzhaut versengte.

Darin lag weder Wut, noch Anklage, doch umso mehr davon loderte nun wieder in Bakura hervor.

Er zuckte zusammen und sein ganzer Körper schien sich zu verkrampfen. Doch noch immer war seine Hand mit der Klinge darin starr und unbeweglich.

Da wurde vor ihm eine nebelhafte Gestalt immer deutlicher. Was erst ein schemenhafter Streich des Lichts war wurde zu einer Gestalt, die ihm exakt glich.

Wieder blickte Bakura in sein eigenes Gesicht.

Die Augen waren zusammengepresst und in Zeitlupe sah er die Bewegung des Dolches, die er vorhin getan hatte, wie die Klinge langsam auf seine Kehle zufuhr. Bakura blickte auf die funkelnde Klinge und da durchströmten ihn alle Fragen, die er sich selbst stellte auf einmal. Doch etwas hallte in seinem Kopf und wiederholte sich immer wieder. Und so wie vorhin Ryous Blick schien auch dieser Gedanke zu brennen.

War Ryou wirklich frei, wenn Bakura sich dem Tod hingeben würde? Würde er damit je gut machen können, was er getan hatte? Hatte er es nicht verdient, unter seinen Gefühlen zu leiden, indem er lebte, anstatt sich einfach dem erlösenden, kalten Nichts hinzugeben? Und war das wirklich Yami Bakura? Diese Gestalt, die da vor ihm kauerte, dabei sich selbst das Leben zu nehmen, Furcht in den geschlossenen Augen und schwach im Herzen? War das das Ich, dass er hatte wieder finden wollen?

„Nein...“, flüsterte Bakura eindringlich. Die Furcht und die Hitze seines Hasses waren aus seiner Stimme verschwunden.

Er durfte nicht einfach so aufgeben, nur weil es für ihn selber leichter sein würde. Er hatte sich selbst belogen. Es wäre nicht für Ryou gewesen, nicht um der Gerechtigkeit Willen oder um die Welt von seinem Hass zu befreien, er hätte es nur für sich selbst getan, nur weil er so schwach war.

Bakura schmetterte den Dolch zu Boden.

Nun war es nicht mehr weit. Er spürte es.

Noch ein wichtiges Bruchstück fehlte.

Und er fühlte, dass es bereits darauf wartete, von ihm gefunden zu werden.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryou schaute ängstlich zu dem Ägypter hoch, der auf ihn zukam.

„Wieso läufst du denn weg?“, sagte Mariku betont liebevoll, blieb stehen und stämmte die Arme in die Hüfte. „Ich will dir doch nichts tun.“

Ryou entspannte sich nicht. Er machte noch einmal einen zittrigen Schritt rückwärts.

Der Blonde seufzte. „Ach, komm schon, ich will doch bloss ein wenig Spass haben. Du wartest allein und verlassen auf deinen scheinbar doch nicht so tollen Yami und Malik scheint kein Interesse daran zu haben, etwas mit mir zu machen. Das ergänzt sich doch, findest du nicht, Kleiner?“

Ryou wusste nicht genau, was Mariku mit „Spass“ meinte, doch dass er nicht näher darauf einging, was er von ihm wollte, machte ihm Angst..

„W-was genau willst d-du? Mariku?“, sagte Ryou unsicher und fixierte dabei einen Punkt an der Wand.

„Hey, entspann dich!“, sagte der Andere beschwichtigend, stahl sich an Ryou vorbei ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa, auf dem er sich lässig ausstreckte. „Nun komm schon, setz dich!“, rief er Ryou zu, als ob er ihn auf seine eigene Sitzgelegenheit einladen würde.

Immer noch etwas misstrauisch und ängstlich aber etwas entspannter liess sich Ryou mit grösstmöglichem Abstand neben Mariku nieder.

Dieser grinste schelmisch. „Na also, geht doch.“

Ryou bemühte sich, den Grösseren nicht anzuschauen, was wirkte, als würde er den Boden nach Staub absuchen.

„Du wirkst so niedergeschlagen, Kleiner. Stimmt was nicht?“ Der Blonde stützte sein Gesicht mit der Hand ab und musterte den zu Boden blickenden Ryou mit hochgezogenen Augenbrauen.

„N-Nein, alles bestens....“, stotterte Ryou und starrte nun angestrengt aus dem Fenster.

„Du hast geweint.“

„Ich sagte doch, es geht mir g-„

Mariku schnaubte laut, ein deutliches Zeichen, dass nun er wieder an der Reihe war. Der blonde Ägypter hatte nie besonders auf Respekt geachtet. Er sagte, was er sagen wollte, und wann er es sagen wollte.

„Du kannst mir nichts vormachen. Darin bist du nicht einmal halb so begabt wie mein liebenswerter Hikari.“

Nun wandte Ryou den Kopf zu ihm um.

„Mariku, was willst du?“, sagte er mit zittriger aber dennoch ärgerlicher Stimme.

Der Angesprochene seufzte noch einmal und liess seinen Kopf genervt nach hinten fallen. „Mir ist langweilig.“

„Da kann ich dir auch nicht helfen.“

Mariku hob den Kopf wieder und blickte dem Kleineren direkt in die Augen.

„Bringen wirs auf den Punkt. Wie du wahrscheinlich weißt, bin ich kein Freund langer Reden und indirekter Botschaften wie eine gewisse ander Person.“

Ryou zuckte unter der plötzlichen Härte der Stimme seines Gegenübers zusammen. „Du bist allein, ergo ist Bakura nicht da.“

„Woher weißt du-„

„Du hast geweint und was man sonst noch so macht, wenn man jemanden vermisst und sich einsam fühlt. Und mir ist langweilig, also bin ich hergekommen, um dich zu trösten. Ich tröste nun mal gern. Klar?“

„K-klar?“, stammelte Ryou in einem fragenden Ton.

„Nun, Kleiner, jetzt darfst du zugeben, dass du einsam bist.“ Mariku grinste wieder.

„Aber ich bin nicht-„

„Hatten wir das nicht eben durch? Komm schon, ich bin nicht hier um dich aufzufressen aber damit ich dich trösten kann, musst du mir schon etwas entgegenkommen.“ Nun lächelte Mariku. Eigentlich tat er doch gar nichts Schlimmes.

Auf einmal hatte Ryou das Bedürfnis, Mariku alles anzuvertrauen, einfach um jemanden zu haben, der ihm zuhörte. Er wollte wieder Halt haben. Halt bei jemandem, der einfach nur da war. Und schliesslich hatte sein Yami Mariku lange gekannt und sie waren immer Freunde gewesen.

Doch als er den Mund öffnete, sagte er viel weniger als beabsichtig, einen einzigen Satz, viel zu klein und bedeutungslos für all das, was ihm auf dem Herzen lag.

„Kura... Ist... Fort....“ Ryous Augen wurden feucht und sein Blick so verloren wie der eines in einem Schneesturm ausgesetzten Rehkitzes.

Mariku grinste zufrieden. „Siehst du, jetzt gibst du mir endlich meinen Grund, dir Trost zu spenden, Kleiner.“

Ryous glänzende Augen weiteten sich erschrocken, als Mariku ihn auf seinen Schoss zog. „Du bist nicht mehr allein und ich hab meinen Spass. Vorteil für beide Seiten.“

Dann vergrub er das Gesicht in Ryous Haar und begann mit den Händen sein Gesicht zu streicheln.

Ryou zuckte zusammen. Plötzlich spürte er heissen Atem in seinem Nacken, dann Marikus Lippen, die mit seinem Ohrläppchen spielten, einen Finger der seine Lippen entlang fuhr.

„Ma...Rik, hör auf...!“, flüsterte er schwach. Es fühlte sich so gut an, nicht mehr allein zu sein, jemanden zu spüren. Und er musste zugeben, dass es nicht unangenehm war und doch hasste er, was Mariku tat. „Hör auf!“

„Du hast also Angst vor deiner Lust... Interessant.“, erwiderte dieser und liess seine Hände Ryous Oberkörper hinabfahren.

„Nein! Ich will nicht!“

„Das glaube ich dir nicht...“, murmelte Mariku grinsend schob Ryou auf den Rücken und beugte sich über ihn. Ihre Gesichter waren sich so nah, dass sich ihre Nasenspitzen berührten.

„Wieso tust du das?“

„Aus Langeweile.“

„Aber... Du hast doch Malik!“

Der Yami zuckte kaum merklich zusammen, als er den Namen seines Hikaris hörte. „Malik hat anderes zu tun.“

„Du benimmst dich wie ein Kleinkind!“

„Na und?“ Mariku schürzte die Lippen.

„Du behandelst Menschen wie Spielzeug, merkst du das denn nicht?“

Der Grössere grinste höhnisch. „Was, wenn Menschen Spielzeug sind?“

Dann senkte er seine Lippen auf Ryous. Dieser begann zu zappeln und versuchte den Grösseren wegzudrücken, doch er hatte keine Chance.

Mariku hob den Kopf wieder und drückte mit beiden Händen Ryous Arme fest nach unten, so dass er sie nicht mehr bewegen konnte. „Komm schon, es wird dir gefallen.“

Ryou traten Tränen in die Augen.

„Nein... Nein...! Kura... Hilf mir.... Kura...!“, schluchzte er und wand sich unter Mariks eisernem Griff.

Mariku verzog das Gesicht und beobachtete sein wehrloses Opfer.

„Komm zurück... Kura...“

„Tse“, machte der über ihm lehnende plötzlich. „Dein Verlust.“ Dann seufzte er und fuhr sich mit der Hand durch das ungestüme Haar. „Nun gut, du hast gewonnen, Kleiner.“

Fassungslos zog Ryou seine Beine ein und drückte sich verängstigt in eine Ecke des grossen Sofas.

„Hör mal, ich hab nicht gedacht, dass es dir wirklich so beschissen geht... Hatte keine Ahnung, dass dir der alte Sack so viel bedeutet.“

Ryou hätte den Worten allein nicht vertraut, doch er wusste, das Mariku die Wahrheit sagte. Er war zwar eine wirklich schlimme Person, was viele Dinge anging, doch er war ehrlich.

„Sorry... Ich hätte es wissen müssen.“, schnaubte Mariku, genervt darüber, dass er sich entschuldigen musste, doch er meinte es ernst.

„Ich... schon gut...“

Der Yami wandte sich ab und schien das Wohnzimmer zu mustern.

„Mariku?“, sagte Ryou, immer noch etwas eingeschüchtert.

„Hm.“

„Wieso bist du hierher gekommen?“

„Hab ich doch schon gesagt. Mir war langweilig. Ausserdem bist du echt zum Anbeissen. Ein Wunder, dass Bakura sich noch nicht an dir vergriffen hat.“ Mariku klang, als rede er gerade über das Wetter.

Ryou errötete und zog ein wenig ärgerlich die Augenbrauen zusammen. „Das... War es nicht, was ich meinte. Was ist mit Malik?“

Der Andere stöhnte genervt und drehte sich nun zu Ryou um, ein Funkeln in den Augen. „Hab ich auch schon gesagt. Der hat Besseres zu tun.“

Ryou atmete einmal tief durch. Er wollte ihn etwas fragen, was Mariku wahrscheinlich wütend machen würde, doch Ryou war entschlossen, es zu tun, weil Malik sein Freund war und das schon seit Langem. Bevor sich Bakura verändert hatte, hatten sie sich sehr oft getroffen und wenn Mariku wieder einmal sein Unwesen getrieben hatte, hatte er bei Ryou stets Trost gefunden. Mit ihm hatte er über alles sprechen können, was ihn beschäftigte, auch, wie sehr das Verhalten seines Yamis ihn traf.

Mariku hasste es, wann man sich in seine Angelegenheiten einmischte, doch das war Ryou nun egal. „Du sagst ihm, du liebst ihn, tust aber das Gegenteil! Wieso?“, sagte er mit für ihn ungewöhnlich wütender Stimme. Etwas erschrocken über seinen eigenen wütenden Ton und in Erwartung, dass Mariks Stimme ihn drohend anzischte, kniff er die Augen zusammen.

Doch als nichts geschah, öffnete er sie langsam wieder und blickte ihn verwundert an.

Der blonde Ägypter hatte den Kopf abgewandt, doch es schien, als würde er betreten zu Boden blicken. „Das... Das sagt man eben einfach, Kleiner. Aber vorhin hast du das sehr gut erfasst.“ Nun wandte Mariku ihm wieder das Gesicht zu, strenge, amethystfarbene Augen, die es ihm verbieten wollten, sich einzumischen. „Menschen sind für mich wie Spielzeug. Wie sehr du oder er es sich auch wünschen, Malik bildet keine Ausnahme.“ Sein Ton schien keinen Widerspruch zu dulden, doch Ryou ignorierte das.

„Dafür, dass er nur ein Spielzeug ist, erwähnst du ihn sehr oft.“

„Dann ist er eben mein Lieblingsspielzeug. Ist doch egal.“ Mariku stützte sein Kinn mit der Hand ab und blickte aus dem Fenster.

Ryou wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Betretenes Schweigen erfüllte den Raum. Malik litt so sehr unter Marikus ständiger Fremdgeherei, doch am Schlimmsten war es für ihn, dass er sich nicht mehr sicher sein konnte, ob dieser seine Zuneigung ernst meinte, oder es für ihn nur ein Spiel war.

Ryou war sich sicher, dass er es eigentlich ernst meinte, doch was brachte das, wenn er ihn nicht dazu bringen konnte, es sich einzugestehen...? Oder glaubte er nur zu sehr an das Gute in ihm?

Mariku streckte sich, dann stand er auf. „Ich geh dann mal. Nachschauen ob mein Spielzeug wieder verwendungsfähig ist“, sagte Mariku betont gelangweilt und schlenderte zur Tür. Ryou erhob sich hastig und in seinem Kopf wirbelten seine Gedanken durcheinander, während er versuchte, eine Möglichkeit zu finden, Mariku dazu zu bringen, sich seine Gefühle, von denen er hoffte, dass sie da waren, einzugestehen.

Etwas schwankend ging er zur Tür, die er absichtlich langsam öffnete. Es musste doch eine Möglichkeit geben...

Der Andere musterte erst die sich langsam öffnende Tür, dann Ryous besorgtes Gesicht. Dann zog er eine Augenbraue hoch und grinste. „He, Kleiner, willst du etwa, dass ich bei dir bleibe? Ich hätte ja nichts dagegen.“

Ryou schreckte hoch. „J- N-Nein!“ Natürlich wollte er, dass er blieb, aber aus einem anderen Grund. Wenn er ihn dazu auffordern würde, würde er das zweifellos falsch verstehen. Und wenn er ihm sagen, würde, dass er über Malik reden wollte, würde er erst recht gehen. Eben wie ein kleines Kind, dass vor seinen Problemen davonläuft.

Marik betrachtete eindringlich Ryous Gesicht, dann seufzte er bedauernd. „Schande... Das ich jemanden wie dich nem anderen überlasse...“ Mariku ging zur nun offenen Tür hinaus, steckte dann jedoch den Kopf noch mal hinein, sein typisches Grinsen im Gesicht. „Und bleib so verführend, wie du bist, du wirst es nicht bereuen. Weder im einen, noch im anderen Fall.“ Dann verschwand Marikus wilder Haarschopf aus dem Türspalt und liess einen verwirrten Ryou zurück.

Was sollte das denn heissen?

Nachdenklich ging Ryou in die Küche, wo er sich etwas Milch wärmte.

Er hatte schon immer gern Milch getrunken. Bakura hatte ihn deswegen immer „Kätzchen“ genannt. Bei dem Gedanken musste er lächeln. Er hatte wieder ein wenig mehr Zuversicht, dass er zurückkehren würde, wahrscheinlich lag es an der, wenn auch etwas unangenehmen, Gesellschaft. Es waren mehr als unkonfortable Gesprächsthemen gewesen, doch es war besser, als herumzusitzen und sich zu fragen, was er falsch gemacht hatte. Natürlich fand er, das Mariku kein schlechter Mensch sei. Er hatte auch seine humorvollen und freundschaftlichen Seiten, doch wenn er wieder einmal Malik betrog, litt er immer mit ihm. Er würde so gerne einfach zu Malik gehen und ihn trösten, doch er musste doch auf Bakura warten... Fast schon hätte er wieder angefangen, über alles nachzugrübeln, doch dann fiel ihm ein, was Bakura immer gesagt hatte.

Das Leben ist wie ein Grab. Geh rein und hol dir alles, was du kriegen kannst. Wenn du dir Sorgen um die Fallen machst, hat dich schon eine erwischt, also denk besser darüber nach, wie du das ganze Zeug in deine Tasche kriegst...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Noch ein kurzes Nachwort...

Ich wollte das ganze mit Marik und Ryou nicht in der Mitte abbrechen, das hätte nicht wirklich geklappt, deswegen gabs in diesem Chapi etwas wenig von Bakura, aber im nächsten kommt er wieder zum Zug, dafür wahrscheinlich Marik /Malik weniger. Ich hoffe mal, das macht nix... xD Wenn ich das ganze in einem Kapi machen würde hätte ich wieder mal Probleme beim Titelsuchen... oo

Verzeiht Ryou seine Naivität... So ist er eben xD Ein normaler Mensch würde Marik für so etwas richtig fürchten.... x)

Noja, ich hoffe, es hat euch gefallen! Da ich jetzt ne Woche Ferien habe, kommen die nächsten Kapis auch schneller als das hier ;) Da ich jetzt mal darüber nachgedacht habe, bin ich zum Schluss gekommen, dass das Ganze auf etwa 8 / 9 Kapitel hinauslaufen wird. (Hab jetzt schon Angst, den Schluss zu versauen xD )

Gruss >.<

InfernalMirror

Heile Welt

Wow, jetzt bin ich schon über der Hälfte xD

Ich zittere immer noch vor Angst, das Ende zu versauen... oo Ich brauch ne Beruhigungspille xD An ner Geschichte ist das Ende so was von wichtig...

@ Kura-sama: danke dir! >.< Du bist echt goldig! :3 Naja ich hatte ja so das Gefühl, dass sich das irgendwie zu reibungslos geklärt hat... xD Aber ich wollte ja echt keine Blutfehde mit Bakura hinbekommen oder Mariku zum Vergewaltiger machen oder was ähnliches xD (Du glaubst nicht, wie mir bei der Ryou-Mariku Szene bmbb im Kopf rumgeschwirrt ist, das war echt schlimm... =.=')

Nunja dieses Mal werde ich bisschen schneller meine Klappe halten und beginnen, zu schreiben... Und wenn ihrs lest, werft doch bei Gelegenheit nen Kommi rein! ;3
 

Wie auch immer, wheee, weiter geht’s! ^-^
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura ging zielstrebig einen langen, recht hellen Gang entlang. Er war hoch und breit, sodass die Geräusche seiner Schritte merklich widerhallten. Der Boden bestand aus warmem, dunkelrotem Stein. In den bröckelnden Wänden und an der Decke waren schwungvolle, gotische Fenster eingelassen, durch die das ewige Dämmerlicht zu Boden viel und schwarze Muster darauf zeichnete.

Der Korridor war von einer angenehmen Wärme erfüllt. Mit jedem Schritt, den Bakura weiter hinein machte, fühlte er sich besser. Irgendetwas löste ein angenehmes Prickeln in seiner Brust aus. Vielleicht war es der Duft, der durch die Fenster, deren Scheiben schon lange kaputt schienen, hereinwehte. Er roch so vertraut... Wie eine lang vergessene Erinnerung, die langsam wie eine Feder wieder in sein Bewusstsein schwebte. Er kannte ihn, so gut, dass er ihn unter tausend anderen erkannt hätte. Und doch wollte ihm nicht einfallen, woher...

Als er weiterging, wurde der Duft plötzlich schwächer und erlosch dann ganz. Von da an schritt er noch eine ganze Weile durch den hellen Gang.

Bis er plötzlich an seinem Ende stand. Er befand sich am Eingang zu einer grossen, zu seiner Überraschung völlig intakten, kunstvollen Steinkuppel, in deren Zenit sich ein grosses, kriesrundes Fenster befand, dass das goldene Licht einliess.

Bakura wäre hineingegangen, jedoch befand sich am Ende des Ganges eine kaum wahrnehmbare, feine Glasscheibe. Wenn er gewollt hätte, hätte er sie leicht durchbrechen können, beschloss aber, erst einmal abzuwarten.

Etwas neugierig betrachtete er die Kuppel. Sie war aus demselben rötlichen Gestein, wie auch der Boden unter seinen Füssen. Den Boden der Kuppel jedoch konnte er nicht sehen. Er war vollkommen mit strahlend goldgrünem Gras bewachsen, in dem zahlreiche weisse Blumen blühten. Sie waren schlank und zart, hatten lange, elegante Blütenblätter, die einen sich gegen oben spreizenden Kelch bildeten. Es waren weisse Lilien. Bakura war noch nie ein Talent darin gewesen, sich Namen und Aussehen von Blumen zu merken, doch diese kannte er sehr gut. Es waren Ryous Lieblingsblumen. Gegen Mitte der Kuppel, wo der goldene Lichtstrahl den Boden traf, wuchsen sie immer dichter, als wollten sie ein Kissen bilden.

Der Duft kehrte so langsam und unaufhaltsam zurück, wie er verschwunden war. Der Duft schien aus der Kuppel zu kommen, als wäre die Glasscheibe gar nicht da. Waren es die Blumen, die so gut rochen? Der Duft legte sich wie eine weiche Decke auf ihn, die ihn behüten sollte, so weich, so friedlich... Nein, es waren nicht die Blumen. Er hatte den Duft der Lilien nie als so besonders empfunden. Er kam von etwas so viel Wertvollerem, so viel Vertrauterem...

Ahnend folgte er mit dem Blick dem warmen Lichtstrahl, in dem feiner Staub tanzte, als würde er von zahlreichen Windströmen durcheinander gewirbelt.

Das Licht legte sich sanft auf die schneeweissen Blüten, wie ein feines Tuch. Fragile Schatten zeichneten Muster auf das unschuldige weiss und liessen es noch bleicher erscheinen.

Ganz im Zentrum des Lichts und der Kuppel jedoch tauchte sie ein schönes, porzellanweisses Gesicht in goldenen Glanz. Es fiel auf eine schlanke Nase, feine Gesichtskonturen, lächelnde Lippen, wie von einem rosanen Hauch und streichelte friedlich geschlossene Augen. Strähnen silberweissen Haares lagen auf der Stirn.

Als Bakura den schlafenden Ryou anblickte, der wie in einem Meer aus weissen Blüten zu schlafen schien, fühlte er plötzlich etwas Seltsames...

Jeder Herzschlag schien seinen Körper zu erschüttern wie ein Erdbeben. Es war, als würde es vor Wehmut seinen Körper zerreissen wollen. Er fühlte winzige Risse, die von seinem Herzen ausgingen und seinen ganzen Körper in tausende kleine Fragmente unterteilte, die nur noch hielten, weil sie sich gegenseitig stützten.

Da schlug Ryou die Augen auf und setzte sich auf. Dann wandte er sich zu Bakura um. Und lächelte. Und wie er lächelte. Sein ganzes Glück schien sich in diesem Moment in seinen Augen zu konzentrieren und Bakura schien es, als würde er leuchten vor Seligkeit.

Als die schokoladenbraunen Augen seine trafen, fühlte Bakura sich, als hätte man ihn geschlagen. Obwohl Ryou nichts tat, als ihn anzulächeln, taumelte er zurück und keuchte, konnte die Augen doch nicht von Ryous strahlendem Gesicht abwenden.

Da stand Ryou auf, immer noch lächelnd, breitete die Arme aus und rief freudig: „Kura!“

Bakuras Blick haftete immer noch auf dem Gesicht seines Hikaris, der ihm plötzlich überirdisch schien, so unendlich schön, unendlich rein, einfach so vollkommen...

Da wusste er plötzlich nur noch eines: Er musste zu ihm! Nichts auf der Welt wollte er mehr, als ihn an sich zu drücken, seine Nase in seinem weichen Haar vergraben, für immer sein Glück spüren...

Verzweifelt begann er auf die Glasscheibe einzuschlagen. Wieso zerbrach sie nicht? Sie war doch so unglaublich dünn...

Als seine Knöchel zu schmerzen begannen, presste er die Fäuste mit zusammengebissenen Zähnen an das Glas auf dessen anderen Seite Ryou immer noch dastand und lächelte.

Wieso schmerzte es ihn so sehr, nicht bei ihm zu sein? Auf einmal schien ihm sein Leben so unbedeutend und belanglos neben dem seinen... Es gab nur noch Ryou, das einzige, was bewirkte, dass die ganze Welt etwas wert war.

Ein wohliges Kribbeln erfüllte seinen ganzen Körper nun und wieder fühlte er sich, als würde er gleich auseinanderbrechen.

Was... War das bloss?

Wieso nahm es ihn so sehr in, dass er an nichts Anderes mehr denken konnte.

Dieses Gefühl, nur noch zu leben, um eine einzige Person glücklich zu machen...

War das...

War das das, was man „Liebe“ nannte?

Er liess die eine Hand sinken. Die andere entspannte er und legte sie sanft an das Glas. „Ich habe meine Antwort gefunden...“, flüsterte er eindringlich.

Da schien es plötzlich unter ihr weg zu schmelzen und sich im Fall aufzulösen.

Er lief schnell auf Ryou zu und umarmte ihn. Da war er, dieser Duft, so wertvoll, dass er sich fragte, wie er ihn je hatte vergessen können.

Plötzlich schien er unter seinen Armen nachzugeben. Etwas raschelte und als Bakura die Augen öffnete, löste sich Ryous Ebenbild in hunderte Blütenblätter auf, die auseinanderstoben und dann zu feinen Glassplittern wurde, die wie ein glitzernder Regen niederfielen.

Bakura grinste. Endlich fühlte er sich wieder komplett. Seine Gefühle gehörten wieder ihm selbst. Und nun wusste er ganz genau, was er tun wollte und weshalb. Egal was geschah, nun wusste er, was zu tun sein würde.

Nun konnte er wieder sich selbst sein. Yami Bakura. Denn Yami Bakura wusste immer was er wollte. Er hatte wieder ein Ziel und er gedachte, es auch zu erreichen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Müde ohne irgendetwas, an das er noch glauben konnte, hatte Malik seinen Kopf auf die Tischplatte gelegt und war eingeschlafen. Er hatte lange darüber nachgedacht, was er nun tun sollte, doch er wusste es einfach nicht. Er wollte, dass Mariku wusste, wie sehr er ihn verletzt hatte, andererseits wollte er seine Schwäche nicht zeigen. Einerseits wollte er, dass er ihn um Verzeihung bat, wusste aber genau, dass er dann nicht einfach gehen können würde. Aber er wollte nicht wieder verletzt werden... Es gab Wunden, die selbst die Zeit nicht heilen konnte.

Und wenn er jetzt einfach gehen würde, ohne... Irgendetwas zu tun

Aber was sollte er ihm sagen? Etwas, dass keinen Widerspruch zuliess, sodass Mariku nicht einmal versuchen würde, ihn zurückzuhalten. Denn auch dann würde er es nicht schaffen, ihn hinter sich zu lassen, so gut kannte er sich selber...

Malik stöhnte vernehmlich, setzte sich auf und versuchte, die neuen Tränen wegzuwischen.

Er fühlte sich so leer, als hätte er etwas unschätzbar Wichtiges unwiederbringlich verloren. Die Leere drängte sich so sehr in den Vordergrund seiner Gedanken, dass sie es Malik unmöglich machte, weiter darüber nachzudenken, was zu tun war. Er hatte wahrscheinlich nicht mehr allzu viel Zeit... Schliesslich würde sein Yami nicht ewig wegbleiben...

Wieder einmal sah er Marikus Grinsen vor sich und hörte seine Stimme, die ihn triezte.

Er wollte ihn doch nicht verlieren.

Malik begann wieder zu schluchzen, ärgerte sich einen Augenblick später über die eigene Schwäche.

Wie soll ich allein zu recht kommen, wenn ich es nicht einmal in Gedanken fertig bringe?, dachte er schmerzlich und schlug sich verzweifelt den Kopf an den Ecken der Tischplatte.

„Ma...Rik....“

Da flossen sie wieder, die Tränen. Wie konnte ihn ein einziger Mensch so schwächen? Er war früher oft alleine gewesen und nie war es ein Problem gewesen. Er musste doch irgendwie seine Unabhängigkeit zurückgewinnen können...

Doch wie konnte er es schaffen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, wenn er so verdammt schwach war?

Er wusste es nicht...

Mühsam stand er auf und ging Richtung Tür. Dabei trat er auf eine Scherbe, zuckte zusammen und fluchte. Wenigstens schien es ihm so weit besser zu gehen, dass er wieder etwas fühlte. Was für ein Erfolg.

Mit pochendem Fuss öffnete er die Tür und trat hinaus in den dunkelnden Nachmittag. Der Himmel war wolkenverhangen, grau und tränenschwer, wie er sich selbst fühlte. Wo auch immer der prachtvolle Sonnenuntergang steckte, er war jenseits seiner Reichweite.

Seine Wohnung stand am Stadtrand, in der Nähe eines selten besuchten Parks, um den sich niemand mehr kümmerte. Ein halb verfallener Kiosk markierte den Eingang, der am nächsten lag. Malik war oft dorthin gekommen. Da er für einen Park eigentlich schon verwildert war, kamen praktisch keine Leute mehr dorthin. Es schien ihnen wohl einfach nicht zu gefallen. Malik hingegen mochte den Park. Die morschen Bänkchen mit den verrosteten Metallverzierungen, das zu hohe Gras, das sich im Wind wiegte und die moosbeachsenen Bäume, deren Äste schon lange nicht mehr gestutzt worden waren, waren zu einer Art Heimat geworden. Sein Lieblingsplatz war eine Bank, die unter einer Trauerweide an einem kleinen See, nicht viel grösser als ein Teich, stand. Um sie zu erreichen musste man vom gemütlichen Spazieren ablassen, was wahrscheinlich der Grund war, weshalb sie von den Initialenschnitzern aus besseren Zeiten verschont geblieben war. Obwohl der See sehr klein war, war sein Wasser so klar, wie das eines Bergbaches, was daran liegen mochte, dass ein kleiner Bach darin mündete und auf der anderen Seite wieder abfloss, weshalb ständig neues Wasser das alte verdrängte.

Einmal im Sommer, als es lange nicht mehr geregnet hatte, hatte Mariku mit ihm gewettet, dass er im ausgetrockneten Seebett übernachten würde, ohne nass zu werden und falls er gewinnen würde hatte er verlangt, dass Malik den ganzen nächsten Tag ein von ihm ausgesuchtes Kostüm tragen würde...

So weit war es zu Maliks Erleichterung nie gekommen, denn am nächsten Morgen war an einer anderen Stelle des Baches ein Gewitter losgebrochen und hatte mehr als genug Wasser bachabwärts gespült, um den kleinen See wieder aufzufüllen. Und Mariku, der in seinem Schlafsack auf der Blache darin gelegen hatte, wurde mit einer wundervoll kalten Spülung aus dem Schlaf gerissen. Beim Gedanken daran musste Malik, obwohl im gar nicht danach war, schmunzeln. Es war köstlich gewesen, die Tür zu öffnen und in das Gesicht eines durchnässten, frierenden und verärgerten Marikus zu blicken. Malik war nach seinem Lachanfall fast im Türrahmen zusammengebrochen vor Atemlosigkeit und Mariku hatte den ganzen restlichen Tag geschmollt, bis Malik ihm scherzhaft angeboten hatte, das Kostüm doch noch anzuziehen, was Marikus gespieltes Schmollen verschwinden liess und er ihn gewaltsam in ein vor Siegessicherheit bereits beim Kostümverleih ausgeliehenes Dienstmädchenkleid zwang, dass er unmöglich selber wieder ausziehen konnte, weil Mariku mit den Schnüren des Korsetts hinten einen Knoten gemacht hatte, den er noch nie gesehen hatte. Natürlich hatte der sich prächtig amüsiert und keine Gelegenheit versäumt, sich anrüchige Dienstmädchen-Witze auszudenken.

Als Malik sich nun auf diese Bank setzte, nachdem er über einige Brombeersträucher gestiegen war, fielen ihm immer mehr Dinge wieder ein, die er hier erlebt hatte.

Verdammt! Ich bringe diesen Bastard einfach nicht aus meinem Kopf heraus..., dachte er verbittert, stützte die Ellenbogen auf den Knien ab, beugte sich vor und krallte sich die Finger ins Haar.

Verschwinde endlich!Angestrengt presste er die Augen zusammen und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch es gelang ihm nicht.

Dort wo er jetzt sass, hatte er Mariku das erste Mal bei Bewusstsein getroffen...
 

Malik hatte sich auf der Bank ausgestreckt und liess sich die warmen Sonnenstrahlen das Gesicht wärmen, wobei er entspannt das klare Wasser des Sees beobachtete, in dem sich die sich im Wind wiegenden Äste der Trauerweide spiegelten.

Plötzlich stand jemand neben ihm, als er die Augen gerade geschlossen hatte.

„Hey, Blondie, ganz allein hier?“, fragte eine tiefe, raue Stimme.

Malik jedoch döste gerade vor sich hin und vergass dabei oft alles um sich und reagierte deshalb nicht.

„Muss ich dich wachküssen, Prinzesschen? Wär’ mir auch recht. Märchen sind eigentlich ziemlich schmutzig, weisst du...“

Plötzlich spürte er heissen Atem auf seinem Gesicht und als die Augen öffnete und in ein anderes Gesicht direkt über ihm blickte, übernahm ein Reflex die Kontrolle und er gab dem Fremden eine Ohrfeige, erst dann betrachtete er ihn. „Was sollte das eben, du Perverser? Hast du einen an der Waffel im Park herumzuspazieren und fremde Typen zu belästigen?“

Mariku ignorierte die Ohrfeige gekonnt und liess sich neben Malik auf die Bank plumpsen. „Das nennst du belästigen? Ich kann noch ganz anders.“, erwiderte er mit hochgezogener Augenbraue.

Malik war damit beschäftigt, sein Gesicht zu mustern. Dann sagte er überrascht: „Du siehst ja aus wie eine Psycho-Version von mir!“

Eine ziemlich anziehende Psycho-Version..., fügte er unfreiwillig in Gedanken hinzu und errötete leicht. Das Haar des Fremden hatte die gleiche Farbe wie seines, stand aber in alle Richtungen ab. Er trug zwei schwere goldene Ohrhänger, einen langen, schwarzen Umhang, an den Armen Goldreifen und ein enges, schwarzes Oberteil und eine helle Cargohose.

„Abgesehen von meiner Anbetungswürdigkeit meinst du.“

„Du bist nicht nur pervers, sondern auch noch selbstverliebt, was?“

„Und ziemlich heiss, das hast du ja auch schon selbst erkannt.“

„W-Wa-“, sagte Malik überrumpelt und starrte den Fremden an, von dem er noch nicht einmal den Namen kannte.

Mariku unterbrach ihn mit einer harschen Geste, doch dann grinste er. „Ach, komm schon, ich war schliesslich mal in dir drin, ich kenne dich bis in den hintersten und letzten Ecken.“

Malik prustete. „Ra, du bist echt pervers...“

„Schon möglich, aber überraschenderweise hab ich das nicht so gemeint, obwohl mich das auf eine Idee bringt...“

„Die du besser für dich behältst.“

„Schon gut, das hole ich schon noch nach, wo war ich... Genau... Du kannst dich nicht daran erinnern, wer deinen Vater umgebracht hat, oder?“

„Woher weißt du das? Wie lange stalkst du mich schon?“, fragte Malik erschrocken und vollkommen ernsthaft.

„Ach, so lange, dass ich alle deine perversen kleinen Vorlieben kenne und zum Schluss gekommen bin, dass ich nicht der einzige hier bin, der-“

„Rede weiter und ich trete dir so heftig ans Schienbein, dass du ein Jahr lang nicht mehr gehen kannst.“

„Hmmm, ich mag sie temperamentvoll....“, schnurrte Mariku und schlang seinen Arm um den Kleineren.

Malik stiess den Arm weg. „Wer bist du überhaupt und was willst du?“, zischte Malik und blickte ihn verärgert an.

„Tse, du verdirbst die ganze Spannung. Dein Verlust. Ich bin Mariku, der heldenhafte, gutaussehende, unanständige...“

„Ohne Adjektive bitte.“

Mariku seufzte. „Nun gut. Ich war der, der deinen Alten ins Jenseits geschickt hat, also sei mir dankbar. Und was ich will, ist einfach...“ Er grinste schief. „Ein bisschen Spass. Und zu diesem Zweck darfst du mich gerne noch einmal hauen, das war echt gut...“

Malik sprang auf und blieb mit grossen Augen vor Mariku stehen. „Du dreckiger, masochistischer Mörder!“

„He, komm schon, ohne mich wärst du jetzt nicht hier, sondern in irgendeinem muffigen Keller in Ägypten.“

„Du hast meinen Vater umgebracht!“

Mariku seufzte. „Versuchst du gerade, eine normale Reaktion zu imitieren? Wir beide wissen, dass dein Vater ein psychopathischer Bastard war, der dich und deine Geschwister euer ganzes Leben lang einsperren wollte.“

„Er war mein Vater!“

„In Wirklichkeit hast du doch nur ein schlechtes Gewissen, dass es dein Körper war, der ihn umgebracht hast und jetzt hast du einen Schuldigen gefunden.“

„Das-“ Malik schaute zu Boden und biss sich auf die Unterlippe.

Mariku lachte. „Du könntest ein wenig Gesellschaft ertragen, weißt du das? Und ich habe meinen Spass? Wo wohnst du? Ich ziehe ein.“

Malik starrte ihn fassungslos an. „Du kannst doch nicht einfach-“

„Wieso nicht? Wir haben beide was davon.“

„Ich habe gar nichts dav-“

„Schsch, du bist ja echt verbittert vor Einsamkeit! Ich denke, ich werde eine Weile bei dir bleiben... Auf ein spannendes Zusammenleben, Blondie...“

Malik resignierte. „Du bist genau so blond wie ich.“

„Abgesehen davon, dass mein blond speziell ist, weil es eine gewisse extrem wilde Ausstrahlung hat... Und jetzt zeigst du mir mal mein Zuhause.“

Malik schnaubte. Ehrlich gesagt war er froh, nicht mehr allein zu sein. Und ausserdem würde er alles tun, nur um noch etwas tiefer in diese amethystfarbenen Augen hineinzublicken...
 

Es war wahrlich eine schöne Zeit gewesen, die sie miteinander verbracht hatten, trotz Marikus regelmässigem Missverhalten.

Die schönste Zeit seines Lebens, trotz Allem.

Doch alles ging einmal zu Ende.

Und auch dafür war die Zeit nun gekommen.

Es hatte gut getan, ein letztes Mal dort zu sein, wo alles begonnen hatte. Nun würde er es schaffen, Mariku zu sagen, was Sache war und dann alles hinter sich zu lassen. Ein Windstrom riss eben selten nur eine Wolke mit.

Doch nun war es Zeit, wieder frei zu sein.

Dem Windstrom wieder zu entkommen.
 

Die Weiten des Himmels riefen ihn.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Plötzlich schienen sich die Blumen aufzulösen. Es begann am Rand der Kuppel, bis sich das Bett aus weissen Lilien unter Bakuras Füssen auflöste.

Erstaunte blickte Bakura sich um. Da begann die Luft vor ihm zu glänzen und langsam materialisierten sich die zarten glieder einer schlanken Frau vor ihm. Sie schien ganz aus spiegelglas zu bestehen, nur ihre Augen, ihre Haare und ein elegantes, rückenfreies Kleid, das in Meeresbrandung zu Boden niederging und ihren zerbrechlichen Körper einhüllte wie ein Kissen eine Glaskugel, glänten kupferfarben. Ihre Haare waren hinten mit einer gläsernen Spange zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden, nur zwei lange Strähnen lagen über je einer Schulter.

Ihre Augen schienen irgendwie kalt und distanziert und doch unglaublich schön. Überhaupt war ihre Erscheinung von einer überirdischen, kalten Schönheit, die Bakura noch nie gesehen hatte.

Sie lächelte nicht, als sie begann, zu sprechen. „Du hast die Prüfungen bestanden, Yami Bakura. Du darfst nun in deine Welt zurückkehren.“ „Tse. Irgendwie hätte ich hier auch ohne dich rausgefunden.“, erwiderte er. Doch sie schwieg wieder und verbeugte sich, wobei ihre ganze Gestalt weisses Feuer zu fangen schien, das so hell war, dass Bakura sich einen Arm vor die Augen halten musste, um nicht geblendet zu werden.

Als er den Arm wieder senkte stand ein solcher Spiegel vor ihm, wie der, den Malik in seinem Keller aufbewahrt hatte und er als Eingang in seine Seele benutzt hatte. Der Unterschied war nur, dass der, den er vor sich hatte nicht aussah, als sei er schon Jahrzehnte alt, nein, er sah aus, als sei er gerade fertiggestellt worden. Das Kupfer glänzte orangegolden, die feinen Moster waren exakt zu erkennen und das Spiegelglas wies nicht einen Abdruck oder einen Kratzer auf.

Doch warum sollte ihn das auch kümmern? Endlich hatte er sich wiedergefunden, da war es ihm egal, ob das Portal, das ihn in seine Welt zurückführte, hübsch war oder nicht.

Mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht schritt Bakura auf den Spiegel zu. Als er durch das Glas ging, fühlte er eine plötzliche Kälte, die jedoch genau so schnell wieder vorbei war, wie sie gekommen war.

Wie bei der Ankunft wurde plötzlich alles schwarz, nur war die Schwärze nicht wie damals wie eine wärmende Decke, sondern kam ihm eher vor wie ein Sakrophag aus Eis.
 

Als er wieder erwachte, spürte er etwas Weiches unter seinem Körper und als er die Augen aufschlag, blendete ihn grelles Licht. Etwas verwirrt blickte er sich umher und blickte plötzlich in das Gesicht seines Hikaris.

„Guuuuten Morgen, Kura!“, rief Ryou strahlend und zog an seinem Arm. „Komm schon, wenn du noch weiter schläfst, ist schon ein Grossteil des Tages vorbei!“

erst da merkte Bakura, dass er in seinem Schlafzimmer im Bett zu lag, mit der dünnen, schwarzen Hose bekleidet, die er immer zum Schlafen trug.

War er nicht eben noch in diesem Spiegel gewesen? Natürlich! Da war diese Gestalt gewesen, die ihm gesagt hatte, er habe die Prüfungen bestanden und dürfe in seine Welt zurückkehren... Und dann hatte sie sich in ein Spiegelportal verwandelt, dass er betreten hatte. War er etwa wieder zurück?

„Was hast du denn, Kura? Du guckst so erschrocken!“

„Oh, Ryou...“, Bakura drehte schnell den Kopf zu Ryou, der auf seinem Bett sass und ihn verwundert betrachtete. „Ich...“

„Hast du schlecht geträumt?“, fragte Ryou mit einer ernsthaft besorgten Miene. Bakura musste lächeln. War es nicht früher so gewesen? Ryou war schnell beunruhigt, wenn es um ihn ging.

Hatte diese seltsame Frau ihm etwa die Gunst erwiesen, ihn in die Vergangenheit zurückzuversetzen?

„Ich habe nur... Vergiss es, nichts, worum du dir Sorgen machen müsstest.“, erwiderte Bakura, richtete den gedankenverlorenen Blick auf die Wand und begann, mit der linken Hand Ryous Haar zu zerzausen.

„He, Kura, lass das...“Ryou verkniff sich sichtlich ein Lächeln und versuchte stattdessen, ihn schmollend anzusehen, was ihm nicht so recht gelang.

Bakura grinste schief, zog ihn an sich und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Was immer mein kleines Kätzchen wünscht.“

Verdammt, fluchte Bakura innerlich. Die Situation erinnerte ihn schon so sehr an damals, dass er sich schon entsprechend benahm.

Ryou errötete lächelte ihn verlegen an.

Bakura jedoch hatte seinen Blick wieder an die Wand gerichtet und grübelte nach, was genau geschehen war.

Ryou musterte ihn verärgert und zog an einer von Bakuras Haarsträhnen. „Wenn du jetzt nicht kommst, esse ich das Frühstück alleine, klar?“

Wieder schreckte der Angesprochene aus den Gedanken.

„Als ob du so viel in dich reinkriegst.“, erwiderte er, nachdem er sich ins Gedächtnis gerufen hatte, was Ryou soeben gesagt hatte.

Ryou streckte ihm die Zunge heraus, dann zog er ihn mit einem Ruck aus dem Bett.

In der Küche war bereits der verhältnismässig kleine, hölzerne Küchentisch reich gedeckt. Wie immer hatte sich Ryou unglaubliche Mühe gemacht. Die Servietten war zu solchen Kunstwerken gefaltet, dass es einem wie Zweckentfremdung schien, sie zu benutzen, es gab gleichmässig gebackenen Toast, perfekte Spiegeleier, braun gebratenen Speck, allerlei Arten Marmelade und eine Fruchtschale.

Bakura hatte schon immer viel gegessen, was nicht minder am Koch lag, weshalb Ryou immer grosse Portionen zubereitete.

Es schien tatsächlich alles so zu sein, wie früher, bevor Bakura so etwas wie Liebe für Ryou empfunden hatte. Er hatte oft solche Gesten wie den Kuss auf den Stirn vorhin gemacht, aber das eher, weil er es unglaublich amüsant fand.

Doch so schön es auch war, er wollte wissen, ob es tatsächlich die Vergangenheit war.

Also blickte er etwas später von seinem Toast auf und fragte beiläufig: „Wie geht’s deiner Schulter, Kleiner?“

Ryou schaute ihn verwundert an. „Gut, was sollte mit ihr sein?“

Bakura musterte ihn eindringlich. Also war tatsächlich die Zeit zurückgedreht worden? Jetzt fiel ihm auf, dass Ryou überhaupt keine Verletzungen zu haben schien, was eigentlich schon länger her war.

Als Bakura keine Antwort gab, sondern sich wieder seinem Toast widmete, beliess Ryou es dabei und ass ebenfalls weiter.

Bakura stützte das Kinn auf der Hand ab und starrte aus dem Fenster. Wieso machte er sich überhaupt Sorgen? Wenn er sich tatsächlich mit seinem neuen Gefühlsstand in der Vergangenheit befand, war das perfekt. Auch wenn ihm das Spiegelwesen, dass das bewirkt hatte, etwas suspekt vorgekommen war. Aber wahrscheinlich machte er sich nur wieder zu viele Sorgen. Am Besten sollte er es einfach geniessen. Das war sein neues Leben.

Als sie beide fertig gefrühstückt hatten, räumten sie das Geschirr in dir Spülmaschine und setzten sich wieder an den Tisch, wo sie über alles Mögliche redeten. Bakura merkte, wie sehr er das vermisst hatte. Mit Ryou konnte er einfach nur reden, sehr lange und ohne, dass ihm langweilig wurde. Bakura neckte ihn oft und trieb seine Witze mit ihm, doch dann wiederum konnten sie ernsthaft über etwas diskutieren.

„...Und deshalb sollte man die allesamt Zorc zum Frass vorwerfen.“, schloss Bakura gerade mit einem Schulterzucken.

Ryou lachte. „Kura, sei doch nicht so hart!“

„Wenn sie es doch verdient haben.“

„Ach ja, Malik hat uns heute Nachmittag ins Kino eingeladen, was meinst du?“, erwähnte Ryou.

„Klar, wieso nicht.“, erwiderte Bakura interessiert. Er wollte wirklich wissen, wie sich der Zeitsprung genau auf Malik und Mariku ausgeübt hatte.

Ryou runzelte die Stirn und schaute ihn besorgt an. „Kura, was ist denn heute mit dir los? Du bist so abwesend und irgendwie... Anders.“ Am Schluss des Satzes blickte er betreten zu Boden, weil ihm kein anderer Begriff eingefallen war.

Klar, ich stamme auch aus einer anderen Zeit..., dachte Bakura.

„Kura?“

„Hm, tut mir leid. Das gibt sich schon wieder. War ich in den letzten Tagen fort?“, fragte Bakura und sah ihn entschuldigend an.

„Nein, wieso auch? Einmal warst du mit Mariku unterwegs und bist grinsend zurückgekommen, aber mehr war da nicht...“

„Dann ist ja gut, danke Kleiner.“ Und mit diesen Worten zerzauste er noch einmal Ryous Haar.

Als sie nachmittags bei Mariku und Malik ankamen, hatte Bakura sich schon recht an die neue Situation gewöhnt und zumindest nach seiner Beurteilung verhielt er sich wieder so wie früher.

Die Wohnungstür war offen, also traten sie ohne Bedenken ein. Die beiden hatten sich auf dem Sofa niedergelassen. Malik schien in ein Buch vertieft, doch es war offensichtlich, dass das nur Maskerade war, denn sein Gesicht war rot und schien zu glühen vor Hitze, weil sich Mariku gerade über seinen Hals hermachte.

Bakura hob eine Augenbraue. „Ihr solltet mal ne Komödie drehen, das sieht ja echt zum Schiessen aus.“

Malik schreckte von seiner „Lektüre“ hoch und stiess Mariku reflexartig von sich, sodass sein Kopf an die Wand knallte.

Mariku rieb sich den schmerzenden Hinterkopf. „Du bist ne kleine, bockige Zicke Blondie...“

Malik ignorierte ihn und begrüsste übertrieben schwungvoll Bakura und Ryou, die im Eingang des Wohnzimmers standen.

„Warte nur, ich krieg meine Rache und dann wirst du es bereuen...“, knurrte Mariku.

Mariku und Malik schienen so zu sein wie immer. Nur wenn Bakura sich genau auf Malik achtete, fiel ihm auf, dass dieser fröhlicher als sonst zu sein schien. Langsam kam ihm der Verdacht, dass das keine Zeitreise war, sondern viel mehr ein Leben, in dem alles Negative in Bakuras Realität nicht existierte.

Doch was hatte er dagegen einzuwenden? Es barg nur Vorteile.
 

Als sie alle im Kino sassen, achtete sich Bakura schliesslich praktisch nicht auf den Film, der lief,, vielmehr betrachtete er fast die ganze Zeit über Ryous glückliches Gesicht. Es war so viel schöner, ihn so zu sehen, als so, wie er in seiner Realität war. Denn auch wenn er dort lächelte, es war immer ein trauriges, schmerzerfülltes Lächeln gewesen, hier jedoch schien seine Seele darin zu liegen und vor Glück zu strahlen.

Plötzlich hörte er ein Knurren von links, wo Mariku und Malik sassen. Er hatte einen Verdacht, also beschloss er, es zu ignorieren. Mariku sollte schliesslich seinen Spass haben, ihn sollte es nicht stören, solange er seine Finger bei Malik behielt.

Wenig später hörte er ein Klatschen und Malik, der eindringlich flüsterte: „Hör auf mich zu befummeln, du Perverser!“

Mariku ignorierte die Ohrfeige wieder einmal talentiert und kicherte. „Wenn du nicht die Aufmerksamkeit des ganzen Kinos willst, solltest du besser die Klappe halten und mich machen lassen.“ Damit setzte er sein Werk fort, versenkte die Nase in Maliks Haar und die Arme unter seinem Oberteil. Malik musste sich anstrengen, unter den Streicheleinheiten nicht laut zu seufzen, so versuchte er, die Marikus Arme wegzuschieben, doch wie gewöhnlich brachte er es nicht fertig. Wenn er ihm noch einmal eine klatschte, würde zweifellos die eine oder andere reihe auf sie aufmerksam werden und die hintere war es bestimmt schon...

„Ma... Riku... Lass das...“, brachte er nur hervor, dann musste er den Mund zusammenpressen. Gezwungenerrmassen liess er Mariku machen und achtete darauf, keinen Ton von sich zu geben, was ihm sogar gelang, doch nur, indem er die ganze Zeit die Namen der Pyramiden herunterratterte. Cheops, Mykerinos, Chephren..., dachte er angestrengt und biss die Zähne zusammen.

Bakura hatte sich schon lange daran gewöhnt, dass Mariku die ganze Zeit solche Dinge tat, also ignorierte er es ganz einfach.

Es störte ihn ja nicht.

Stattdessen hob er aus einem plötzlichen Antrieb die Hand und strich Ryou mit einem Finger sacht über die Wange. Dieser wandte sich zu ihm um und lächelte, so ein ehrliches und herzliches Lächeln, wie seiner Meinung nach nur Ryou es konnte.

Da sass er und alle, die ihm etwas bedeuten, waren bei ihm. Malik, Mariku, Ryou.

Und Ryous Lächeln galt nur ihm. Gefangen in den Augen seines Hikaris, grinste er schief zurück. Es war so wunderschön, besser als er es sich je erträumt hatte. Wenn der Moment doch nur ewig sein könnte... Doch eigentlich musste er das nicht. Denn diese Welt, die er nun erreicht hatte, war voll von solchen Momenten und deshalb wünschte er sich nur sehnlichst, bleiben zu können, wo er war.

In der Welt seiner Wünsche.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽

Eine Art, zu lieben

Sry für die lange Pause xD

Da mir jetzt gerade nix gescheites einfällt vorm Schreiben danke ich an dieser Stelle einfach noch mal den lieben Kommischreibern und den Leuten, die ne Favo gemacht habe... :3

Vielen Dank! >.<

Nochma kurz zur Erinnerung: Bakura kann nen Monat in dem Spiegel drin sitzen, während draussen eine Stunde verstreicht, das funktioniert allerdings nicht immer im gleichen Verhältnis.

So, jetzt werd ich mal... xD *streck *
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura war selten so glücklich gewesen, wie er es jetzt war. Anfangs hatte er sich noch gefragt, was genau passiert war, wo er war und wieso, doch das war vergangen. Nun war es ihm ganz egal, denn er brauchte nicht mehr als das, was er im Moment hatte. Alle seine Wünsche waren erfüllt. Morgens wurde er von Ryou geweckt und abends schlief dieser in seinen Armen ein.

Sein Glück schien so komplett zu sein, dass es ihm fast unwirklich vorkam.

Die Welt schien, seit er durch das Portal getreten war, vollkommen perfekt zu sein. Alles schien aus dem Inneren zu strahlen, als wolle es seinen Betrachter verzaubern.

Ryou war immer glücklich und zeigte es mit seinem strahlendsten Lächeln. Doch in einer Weise war auch er ein wenig anders als Bakura es gewohnt war. Er hatte ein grosses Stück seiner Schüchternheit verloren, was ihm allerdings durchaus recht war. Ausserdem stolperte er nicht mehr über jeden Absatz, liess nichts mehr fallen und stiess sich nichts mehr. Seine Kleidung sass immer perfekt und Bakura konnte schwören, dass vom einen Tag auf den anderen kein Haar seinen Platz verliess. Niemals wies seine Porzellanhaut eine Prellung, Schürfwunde oder einen anderen Makel auf. Sogar Ryous Stimme schien ein wenig anders zu sein, irgendetwas darin fehlte. Doch daran hatte sich Bakura schon lange gewöhnt und mittlerweile kam es ihm schon fast normal vor. Und deshalb machte er sich auch keine Gedanken mehr darüber. Worüber über die Richtigkeit nachdenken, wenn es keinen Nachteil für ihn barg?
Seine Vergangenheit schien bereits in weite Ferne gerückt zu sein, als ob nach und nach ein dichter Nebel in seinen Erinnerungen aufkommen würde. Wenn er ehrlich war, konnte er nicht einmal mehr genau sagen, ob Ryou wirklich einmal tollpatschig gewesen war. Mehr und mehr vergass er und bald wusste er nur noch wenige Dinge, die ihm mehr vorkamen wie ein Traum kurz nach dem Aufwachen. Das was jetzt war, kam ihm so unendlich realer und schöner vor, dass es ihm egal war, dass er die Vergangenheit vergass.

Langsam aber sicher verschwand Ryous Stimme und sein Geruch aus seinen Erinnerungen und es blieb nur noch ein verblassendes Bild, ein Hauch eines Gedankens, der bald vergehen würde..

Stattdessen trat etwas anderes an die Stelle seiner Vergangenheit. Fremde Erinnerungen, die ihm plötzlich so bekannt vorkamen. Er begann, sich an Dinge zu erinnern, die er nie erlebt hatte, doch waren es schöne Dinge, voller Wärme, Geborgenheit und Liebe. Und nach und nach wurde auch der Ryou seiner Vergangenheit immer perfekter, seine Wunden, Prellungen und Tränen verschwanden genau so, wie die Tatsache, dass Bakura seine Wut und seinen Hass des Öfteren an seinem Hikari ausgelassen hatte. Was auch immer am Werk war, schien keine Macht über seine Schuldgefühle zu haben. Wichtige Tatsachen lösten sich auf, wesentliche Bestandteile seiner Vergangenheit und Antriebe, wie, dass er einmal der Geist des Milleniumsringes gewesen war.

Eines Abends jedoch wurde er plötzlich an all das erinnert.

Bakura hatte sich auf dem Sofa ausgestreckt, den Arm um Ryou, der mit halb geschlossenen Augen fast schon eingeschlafen war. Dann jedoch erinnerte sich Bakura wieder an etwas, dass er nie erlebt hatte und trotzdem ganz klar in seinen Erinnerungen existierte. Bakura lächelte und strich Ryou eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht.

Ryou blickte ihn etwas verschlafen an. „Kura?“, fragte er.

„Sorry... Aber genau so hast du geguckt, als ich das erste Mal mit dir geredet habe.“ Bakura zwickte ihn in die Wange. „Das war vor einigen Jahren und du hast dich nicht verändert. Und du ärgerst dich darüber, dass ich dich „Kleiner“ nenne?“

„...Du bist mir eben nicht mehr aus dem Kopf gegangen...“, murmelte Ryou mit müder Stimme und lächelte.

Bakura lachte verwegen. „Ich bin also so toll, dass du am nächsten Tag so unausgeschlafen warst, dass du vor lauter Müdigkeit in meinen Rücken geschwankt bist, ja?“ Wenn er sich früher so reden gehört hätte, hätte er sich über das Klischee geärgert. Seine Vergangenheit hatte seinen Charakter gebildet und mit ihrem Wandel zur Perfektheit wurde seine Gedanken durcheinander gewirbelt, einiges verschwand oder wurde hinzugetragen.

Ryou nickte lächelnd, dann gab er ihm einen Kuss auf den Mundwinkel. „Hmmm....“ Bei dieser Berührung wurde Bakura plötzlich erfüllt von einem seltsam bekannten Schuldgefühl, von dem er nicht wusste, woher es kam.

Bakura drückte ihn sanft weg und sah ihm in die Augen. „Ryou... Es tut mir so Leid...“

Der Kleinere öffnete die Augen und blickte ihn verwundert an. „Was tut dir Leid, Kura?“, fragte er.

Bakura schaute ihn besorgt an. „Ryou... Ich weiss es nicht... Ich weiss nur noch, dass ich dir wehgetan habe... Irgendwie...“

Ryou sah ihn mit einem undefinierbaren Blick an. „Das hast du nicht, Kura, niemals. Wir haben uns noch nie gestritten. Das, was du denkst, ist nie passiert.“ In den Worten lag eine ungewöhnliche Härte, fast so, als wolle er ihm diese Tatsache aufzwingen. Bakura jedoch fühlte immer noch irgendetwas, von dem er selber nicht wusste, was es war, denn es kam ihm vor, wie aus einer längst vergangenen Zeit.

„Wir haben uns... Nie gestritten?“, fragte Bakura verwirrt.

Ryous Gesichtszüge wurden hart. „Nein, wir haben uns nie gestritten.“

„Wir haben uns nie gestritten...“, echote Bakura und richtete seinen Blick auf den Boden.

Ryou lächelte wieder und die Härte schien weggewischt, wie die Träne eines Gesicht, dem man eine Maske aufsetzt. Als Bakura das Lächeln nicht erwiderte, wurde sein Gesicht traurig. „Kura..?“

Bakura schreckte aus seinen Gedanken hoch. Das, was Ryou gesagt hatte, konnten seine schon fast verschwundenen Gedanken nicht widerlegen, doch kam es ihm unglaublich falsch vor.

Doch als er in Ryous trauriges Gesicht blickte, blitzte ein Bild vor seinen Augen auf.

Ryou. Er blickte Bakura entsetzt an. Seine Wange war rot, als hätte er soeben eine Ohrfeige bekommen, seine Lippen bluteten, die Augen waren feucht. Und er wusste, dass er es war, der ihn so zugerichtet hatte...

Ryou blickte ihn unverwandt an, dann umarmte er den Grösseren und flüsterte ihm etwas ins Ohr. „Du bleibst doch hier, oder? Kura? Du gehörst hier hin... Vergiss, was war, das ist jetzt nicht mehr wichtig. Du bist hier, das ist das Einzige, was zählt. Wieso hältst du diese schlechten Erinnerungen fest, wenn du doch neue, bessere bekommen kannst?“

Bakura starrte ausdruckslos an die Wand. Unzählige Erinnerungen durchfluteten ihn, schon vergessene vermischten sich mit künstlichen. Er konnte nicht mehr sagen, was er wirklich erlebt hatte. Manchmal erinnerte er sich zwei Mal an den selben Zeitpunkt...

Ryou drückte ihn noch fester an sich und krallte seine Finger in Bakuras Hemd. „Ja, du bleibst hier... Du gehörst jetzt mir... Mir ganz allein...“
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ein kühler Wind durchwirbelte das Laub auf der kalten Strasse, wie in der Nacht, als Bakura aufgebrochen war. Wieder lag die Dunkelheit über den leeren Strassen wie ein dickes Leinentuch. Ab und zu huschte eine Katze über die Strasse und war eben so schnell wieder in einer Gasse verschwunden, wie sie aus einer anderen aufgetaucht war. Die Strassenlaternen flackerten, von einigen kleinen Insekten umflattert. Nur einige wenige Lichter brannten noch und so schien die Stadt fast verlassen zu sein.

Nicht einmal die gebückte Gestalt, die langsam und in seltsamen Bahnen auf ein unsichtbares Ziel zusteuerte störte die Stille und Leere. Mehr schien sie sie zu vervollständigen, so , als bestünde sie selbst aus Einsamkeit, Leere und Finsternis. Die kalte Briese bauschte den dunklen Umhang, die sie um sich geschlungen hatte und vorne mit einer goldenen Kette zusammengenommen war. Ihre Augen waren matt und in weite Ferne gerichtet, von einem leuchtenden Violett, die im Kontrast zu den ungezähmten blonden Haaren standen. Ihre Schritte waren langsam und bedächtig, fast zögerlich, als würde sie vor jedem über seine Richtigkeit nachdenken. Dennoch merkte man dem grossen Ägypter keine Melancholie oder Traurigkeit an, bloss Zweifel. Sein Weg schien das andere Ende der Stadt zu sein. Er bewegte sich jedoch nicht auf dem direktesten Weg, der Hauptstrasse entlang, dorthin, sondern bog in immer kleinere Nebengassen ein, als ob er das Erreichen des Ziels so lange wie möglich würde hinauszögern wollen. Er fluchte, als er bereits zum fünften mal in eine Sackgasse lief. Zu sehr erinnerte ihn das Labyrinth der Nebengassen an seine eigene Gedankenwelt. Eine Sackgasse nach der anderen. Wütend trat er gegen die Wand. Er konnte Ryous Worte einfach nicht vergessen. Immer wider durchzogen sie seine Gedanken wie eine Sutra. Mariku! Du sagst, du liebst ihn aber tust das Gegenteil! Wieso?!

Ja, wieso? Weil... Weil... In dem Moment, als er das das erste Mal gesagt hatte, hatte er nicht darüber nachgedacht. Er hatte es eben einfach gesagt, weil es ihm in diesem Moment richtig vorgekommen war und irgendwann war es zur Gewohnheit geworden. Und Malik schien es zu mögen. Was war also das Problem? Wieso sollte er auch über etwas nachdenken, wenn es ihm sowieso nichts bringen würde? er tat eben, was er wollte, da waren ihm tiefere Sinne und verborgene Antriebe herzlich egal. Und nun wurde auf einmal verlangt, dass er wusste, wieso er was tat?

Mariku schnaubte, atmete dann tief durch und blickte zum verhangenen Himmel empor.

Ryou war wirklich sentimental. Was waren schon Gefühle? Zu was waren sie nutze? Zu gar nichts. Sie machten einen nur verwundbar. Für was brauchte er sie also? So naiv war er nicht. Er hatte keinen Grund, etwas anzunehmen, dass ihm nichts einbrachte. Und was Malik anging, war es, wie er gesagt hatte. Es war furchtbar amüsant, seinen Spass mit ihm zu haben. Dafür sorgte sein Charakter. Sein Lieblingsspielzeug. Für was aber sollte er an einem Spielzeug herumdrücken, dass einen Wackelkontakt hatte? Dann vertrieb er sich die Zeit eben anders. Was genau war daran falsch?

Abermals schnaubte der Ägypter und drehte sich um, um einen anderen Weg zu gehen.

Ryou war wirklich naiv. Gefühle waren auch nichts mehr als Heucheleien und Illusionen.

Mit einem tiefen Seufzen streckte Mariku sich und setzte seinen Weg durch eine etwas breitere fort, die wieder in Richtung Hauptstrasse führte.

Es wurde Zeit, nachzuschauen, ob sein Lieblingsspielzeug wieder verwendungsfähig war.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura konnte sich nicht mehr bewegen. In seinen Rücken krallten sich die Hände des anderen Ryous in einer kalten Umarmung und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, seit sich alle wahren und falschen Erinnerungen gegen einander auftürmten wie die Wellen eines vom Sturm gepeitschten Meeres.

Mit geweiteten, glasigen Augen und unfähig zu denken starrte er ins Nichts. Es fühlte sich an, als würde Ryous Griff immer härter werden und ihm langsam die Lebenskraft aussaugen. Gleichzeitig nahm sein Haar einen bronzefarbenen Ton an und seine Haut schien immer glänzender und transparenter zu werden und es kam wieder Ruhe in Bakuras Gedankenwelt. Die künstlich erzeugten Erinnerungen wurden wieder zu seiner Wahrheit, während sich das Wahre ungreifbar verflüchtigte. Nicht ein Hauch davon blieb übrig, ganz so, als hätte es nie existiert. Ryou entliess ihn aus der Umarmung, liess seine Hände jedoch auf seinen Schultern und starrte ihn an. Seine Haare waren nun fast vollständig bronzefarben und seine Haut wie aus Glas. Hätte Bakura seine Erinnerung nicht verloren, hätte er die Gestalt erkant, es war eindeutig die Frau, die ihm begegnet war, bevor er eingeschlafen und wieder aufgewacht war, nur in der Gestalt Ryous. So jedoch veränderten sich mit Ryous Erscheinung auch Bakuras Erinnerungen kontinuierlich, so dass es ihm vorkam, als sei er schon immer so gewesen.

Die nun bronzefarbenen Augen bohrten sich mit einer unglaublichen Begierde in seine.

„Yami Bakura... Endlich wirst du mir gehören... Mir allein!“ Ryous Stimme war nun deutlich nicht mehr die des echten, doch Bakura merkte das natürlich nicht. Stattdessen grinste er schief und nickte gefügig, wie es eigentlich gar nicht seine Art war, doch mit der komplett veränderten Vergangenheit war nun auch sein Charakter ganz anders als vorher.

Da kniff die Spiegelgestalt die Augen zusammen und riss plötzlich die Hände vor das Gesicht, was eindeutig nicht geplant gewesen zu sein schien. Ihr Gesicht verzog sich zu einer furchtbaren Leidensmiene, dann veränderte sich ihr Äussere wieder. Das wellige Haar glättete sich und nahm einen leichten Blondstich an, wobei die Augen ein wenig violett wurden. Ein kurzer Bogen wie ein Tattoo bildete sich wie eine Glasschnitzerei unter den Augen. Die Gesichtskonturen wurden kräftiger aber immer noch zierlich. Die Spiegelgestalt hatte sich in Malik verwandelt. In Bakuras Erinnerungen befand sich nun ein Ryou in der Gestalt Maliks.

Die Augen von Bakuras Gegenüber füllten sich mit bitterlichen Tränen. „Ich... Fühle mich so einsam... Wieso bist du nicht da...? Bin ich dir nicht gut genug...?“, schluchzte sie, doch dann war die Erscheinung Maliks wieder verschwunden und abermals sass Ryous Gestalt mit Bakura auf der Couch. „Bleib bei mir. Sag, dass du bei mir bleibst, und eure Seele gehören für immer mir... Wir werden nie mehr einsam sein. Schwöre, dass du hier bleiben wirst, und ihr werdet grenzenlose Liebe erfahren... Bei mir... Für immer...“, flüsterte er eindringlich in gebieterischem Ton. Bakura lächelte und zog Ryou an sich. Er fügte sich. Yami Bakura war gezähmt worden, ein zutraulich gewordener Wolf. Ein wildes Tier, dem man seine Vergangenheit, seine Persönlichkeit weggenommen hatte, das eigene Wesen vergessen liess.

Die Hände des Wesens, das er umschlang krallten sich abermals in seinen Rücken und grinste wie ein kleines Kind, dass endlich bekommen hatte, was es sich schon lange wünschte.

„Ich gehöre nur dir...“, murmelte Bakura eindringlich. Die Worte schienen trotz der geringen Lautstärke in dem Raum widerzuhallen. In ihnen lag ein unbegreifliches Gewicht, das sich nicht in Worte fassen liess, eine Bedeutung, wie sie das Siegel auf einem wichtigen Brief innehat. Schicksalhaft und nur durch das zu brechen, von dem es kam.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryou schreckte auf und liess dabei das Trinkglas, dass er gerade in der Hand gehabt hatte, zu Boden fallen. Gerade hatte ihn ein seltsamer Schauer durchfahren...

Ein Gefühl, als ob sein Körper von allen Seiten zusamengedrückt, fixiert werden würde. Es fühlte sich an, als ob es plötzlich nur noch einen Weg gäbe, von dem er nicht abweichen konnte, was auch immer er unternehmen würde. Ein unglaublich beklemmendes Gefühl, wie wenn man wissen würde, dass sein Schicksal schon längst besiegelt worden war und man nur mitspielen konnte.

Wieder ging ein Schauer durch seinen Körper und dieses Mal bestand er nicht aus Bestimmtheit, sondern aus Irreaität. Er fühlte sich, als ob er sich auflösen und verflüchtigen. Sein Ziel überall und nirgends. Verwirrt betrachtete er seine Hände und riss die Augen auf, als er bemerkte, dass das, was er dachte auch tatsächlich zu passieren schien. Seine Fingerspitzen wurden schleichend immer glänzender und transparenter, durchscheinend wie Glas, und von da aus schien es sich auf die ganze Hand und weiter auszubreiten. Rypu begann zu zittern. Was ging hier vor? Tatsächlich schien sei Körper zu Glas zu werden... Entsetzt starrte er die langsam fortschreitende Veränderung an, die nun bereits seine Schultern erreicht hatte und sich dort fein verästelte, um in alle Richtungen gleichzeitig vorzustossen. Seine ganze Brust war zu Glas geworden, als es plötzlich aufhörte, jedoch aber der Rest seines Körper gleichmässig immer mehr klarem Glas zu ähneln schien. Als plötzlich sein Sichtfeld zu verschwimmen schien und alles dunkel wurde, zitterte Ryou heftig und starrte immer noch seine gläsernen Glieder an. Plötzlich begannen sich feine Risse durch ihn zu ziehen, fein verästelt wie ein Eiskristall und von ebensolcher Kälte.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura fühlte sich, als würde er in einen sanften Schlaf hineingleiten. Sein Bewusstsein entschwand immer mehr dem Frieden, verlangte danach. Bakura sträubte sich nicht dagegen. Zufrieden liess er sich mitziehen, entführen. Sein Körper schien ebenso gläsern und zerbrechlich zu werden, wie der seines Hikaris, weit weg von ihm, in einer anderen Welt. Als er vollkommen durchscheinen geworden war, schlang Ryou seine Arme um ihn und presste ihn an sich. Ein feines Spinnennetz von Rissen begann, sich von seinem Herzen aus auzudehnen, immer weiterzuziehen. Er bemerkte es nicht.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Ryous ganzer Körper bestand nur noch aus Glas, das von tausenden von Rissen durchzogen war. Plötzlich hörte er etwas zu Boden klirren. Entsetzt starrte er an sich hinunter und stellte fest, dass sein Körper von der Stelle, in der sein gläsernes Herz schlug, auseinanderbrach. Winzige Stücke bröselten zu Boden, glitzerten im Fall in den Spektralfarben, obwohl kein Licht vorhanden war.
Er spürte, wie immer mehr auseinander brach. Es schmerzte nicht, doch war es unerträglich, es zu spüren. Er biss die Zähne aufeinander und unterdrückte Tränen der Verzweiflung und Verwirrung. Hart fiel er auf die Knie, in den Scherbenhaufen, der ihn nun nur zu sehr an sich selbst erinnerte. Ryou wusste nicht warum und wie genau, aber so schien es nun endgültig zu enden. Mit einem Schluchzer flüsterte er: „Kura... Was hält dich so lange auf?“ Seine Stimme war erstickt und er schien mit den Tränen zu kämpfen. „Ich wollte dich doch willkommen heissen...“ Ryou presste die Augen zusammen und hob den Kopf in die Dunkelheit. Die Stille schien zu pulsieren, ein eigenes Wesen zu werden, so greifbar war sie,

„Kuraaaaaaaaaa!“, schrie er, wie er es noch nie getan hatte, Verzweiflung und Angst in der Stimme, Einsamkeit und Sehnsucht, Wut und Verbitterung.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura war schon fast aufgebrochen zu seinem letzten Ziel ohne Wiederkehr, da vernahm er plötzlich in weiter Ferne einen Schrei. Es klang wie ein fast verklungenes Echo, drang aber trotzdem klar und deutlich an sein Ohr. Weshalb kam ihm die Stimme so bekannt vor? Ihm war, als würde er sich plötzlich an einen schon lange vergessenen Traum erinnern. Der Klang der Stimme weckte sein wahres Wesen wieder auf, diese Stimme, die ihm so vertraut war, wie seine eigene. In einer riesigen Flut kam seine ganze Vergangenheit zurück und reinigte seine vergifteten Erinnerungen.

Bakura schreckte hoch. Es fühlte sich an, als würde er aus einem langen Schlaf erwachen. Noch zuvor hatte er alles für wirklich gehalten, doch nun erkannte er es als Lüge. All die falschen Erinnerungen verschwanden und Bakura hatte sein Selbst zurück. Endich. Zuvor hatte er sich für Vollständig gehalten und hatte geglaubt, dass endlich das Ende der Prüfungen gekommen war doch in Wirklichkeit hatte der schwierigste Tel erst begonnen, als er durch das Portal hierhin gelangt war.

Sanf aber bestimmt drückte er Das Wesen von sich. Malik war, als Mariku ihn wieder einmal im Stich gelassen hatte, so verzweifelt gewesen, dass er einige Tag lang verschwunden gewesen war. Nun machte alles Sinn. Auch er hatte die Kräfte des Spiegels in Anspruch genommen, um wieder aus dem Abgrund herauszufinden. Deshalb hatte er so gut über ihn Bescheid gewusst.
Auch er war in der heilen Welt gelandet, in der er sich befand, der er sich fast hingegeben hätte, von ihrem Zauber gefangen. Nur hatte er niemanden gehabt, der ihn an sich selbst erinnert hatte.Niemand war da gewesen und deshalb hatte Malik sich alleine daran erinnern müssen, wer er war. Und das hatte lange genug gedauert, dass das Spiegelwesen einen Teil seiner Lebenskraft gestohlen hatte, was die Erscheinung von vorhin erklärte. Das war Malik gewesen, der Malik, der verzweifelt war und Ruhe suchte. Als er den Spiegel wieder verlassen hatte, war er durch den Verlust sehr geschwächt gewesen, jedoch ging es ihm viel besser. Doch das hatte nicht lange angehalten. Mariku war kein Mensch, der lange ohne Beschäftigung blieb und sein Verschwinden hatte das eher schlimmer als besser gemacht. Wie ein beleidigtes Kleinkind.

Das Spiegelwesen starrte ihn an. Bakura verstand nun, was sein Ziel war. Es waren die Seelen der Wesen, die den Spiegel betraten. Seine Augen schrien vor Einsamkeit. Es wollte nichts anderes, als zu lieben und geliebt zu werden. Es wollte jemanden bei sich behalten, in sich aufnehmen, besitzen, in seine Liebe Zwängen. Eine Art zu lieben. Eine schreckliche Art, zu lieben, die besitzergreifende und zwingende Art.

Bakura starrte zurück. „Du bist nicht die, die mir etwas bedeuten. Du versuchst, mich zu behalten, aber schlussendlich verlierst du. Du bist schwach. Schwächer als all die törichten Menschen, die ich in mehr als fünftausend Jahren getroffen habe, die nur so triefen vor Sentimentalität. Such dir eine andere Beschäftigung, hier bleibe ich nicht. Ich habe meine eigene Realität, meine eigene Vergangenheit. Ich akzeptiere sie so, wie sie ist und versuche nicht mehr, sie zu ändern oder ihr zu entfliehen. Ich muss ich dir danken, das hast du mir beigebracht. Schlussendlich war deine schwache Seele doch noch zu etwas nütze. Mach so weiter, wie bisher, und du zerbrichst an deiner Einsamkeit. Deine Wahl.“, sagte Bakura kalt, erhob sich und blickte umher. Da hörte er ein Klirren. Das Spiegelwesen starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sein Körper bekam Risse, wie zuvor Bakuras. Fein verästelt überspannten sie es, wie Eisblumen. Das Wesen verlor Ryous Gestalt und wurde wieder so, wie, als Bakura es zum ersten Mal getroffen hatte. Es krallte die Hände in die kupferfarbenen Haare und schrie, bevor es sich in Myriaden kleiner Glassplitter verwandelte, die klirrend zu Boden rieselte. Mit undurchschaubarem Blick musterte Bakura die Splitter und drehte sich abrupt um, als plötzlich alles zu beben begann. Alles wurde immer glänzender und durchsichtiger, gläserner, bevor es zu Scherben zerfiel. Eine Scherbe riss ihm einen Schnitt in die Wange. Dann löste sich das Trümmerfeld plötzlich auf und Bakura stand da, wo er den Spiegel betreten hatte, auf dem weiten Platz, der aus rötlichem Gestein bestand. Es schien alles zu sein, wie vorhin, und doch hatten sich einige Dinge entscheidend verändert. Seine Seele hatte eine neue Form angenommen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Als sein Schrei verklungen war, verschwand auch plötzlich die Veränderung. Seine Arme und Brust wurden wieder zu dem, was sie gewesen waren. Die Dunkelheit verschwand. Erleichtert und verwirrt sank Ryou auf die Knie. Die Scherben zu seinen Füssen waren verschwunden. Es war, als seien alle gläsernen Dinge im Umkreis von zwei Metern im Nichts verschwunden. Was hatte das zu bedeuten? Ryou wusste nicht weshalb, aber er hatte das Gefühl, dass das alles mit Bakura zu tun hatte... War das nun gut, oder schlecht? Er hoffte, dass er es bald erfahren würde. Er wollte endlich wissen, was passierte, egal, ob es nun unangenehm war. Die Unwissenheit machte ihn fertig. Ryou seufzte müde und liess sich auf die Couch fallen. Hoffentlich würde er bald aufgeklärt werden, was überhaupt im Gange war...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura sah sich erstaunt um. Die Burg, in deren Hof er stand, war nicht länger verfallen. Sie schien majestätisch, doch nicht prunkvoll zu sein, gefährlich und schön, warm und geheimnisvoll. Die Türmchen mit den Erkern ragten Spitz in den Himmel. Die Sonne befand sich immer noch im Dämmerzustand, doch war es nun eine Morgendämmerung. Der dunkelrote Stein, war nicht mehr zerrüttet, sondern glatt und unversehrt. Das ganze wirkte stolz und etwas bizarr. Unverschnörkelt und doch kunstvoll ragten die gotischen Spitzbögen am Rande des Platzes hinauf, der Eingang zu den Gängen, in die Glasfenster das Licht fallen liessen. Seine Seele war nun kein Trümmerfeld mehr, sondern das, was sie einmal gewesen war. Sie wurde aus seiner Vergangenheit und Gegenwart gebildet und wenn sich etwas davon verändern würde, würde auch sie sich zweifellos verändern. Zuletzt konnte Bakura die Realität annehmen. Mühsam war diese Reise gewesen, doch hatte er durch sie sich selbst wiedergefunden. Nun war es Zeit, zurückzukehren. Es war Zeit für einen neuen Anfang.

Bestimmt schritt Bakura in den Spiegel hinein. Diesmal wurde alles hell, fast schon schmerzhaft grell. Er verlor nicht das Bewusstsein, wie dann, als er hineingetreten war. Dann verschwand das Licht und er stand wieder im Keller, dort wo es begonnen hatte. Der Kreis hatte sich geschlossen. Er blickte sich um. Das Spiegelglas war in grosse Stücke zerbrochen. Verzerrt funktionierte er nun wie ein normaler Spiegel. Man sah den Keller darin, einen kleinen Tisch, einen Stuhl, auf dem eine zusammengekauerte Gestalt sass, den Kopf auf dem staubigen Tisch.

Überrascht drehte Bakura sich um. Es war Malik. Er hatte seinen linken Arm auf den Tisch und das Gesicht darauf gelegt, den anderen ausgestreckt daneben. Seine Augen wurden von dunklen Ringen umrahmt, die Haare ungeordnet und sein Gesicht bleich.

Bakura ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Malik!“, flüsterte er eindringlich. „Der Spiegel ist wohl draufgegangen.“ Als keine Antwort kam, wusste er, was los war. Sein Gesicht verfinsterte sich. Man sollte seinem liebenswerten Yami mal kräftig in den Arsch treten..., dachte er und knurrte. Er rüttelte an Maliks Schulter. Widerwillig öffnete der die geröteten Augen und blickte ihn unverwandt an. „Kann ich etwas für dich tun?“, fragte Bakura. Malik schloss die Augen wieder und drehte das Gesicht weg, dann machte er mit der rechten Hand eine bestimmte Geste Richtung Ausgang. Bakura nahm de Hand wieder weg. Er verstand den netten Rausschmiss. Widerwillig verliess er den Keller. Mariku war also wirklich nicht da. Dieses Mal schien sich Malik nicht so schnell zu fangen, wie sonst. Sonst spielte er immer schon wieder den Unversehrten, wenn Mariku zurückkam. Nun sollte Mariku ruhig einmal sehen, was er angerichtet hatte.

Als er hinaustrat, wehte wie fast immer in letzter Zeit ein frischer Wind, der ihm die wilden Haare um das Gesicht wehte. Es war kühl und die Luft roch nach nassem Gras und Morgendämmerung. Mit dem alten Stolz in der Seele trat er hinaus und streckte sich.

Es war Zeit, zu klären, was vor längerer Zeit begonnen hatte.

Voller Entschlusskraft ging er hinaus in den frühen Morgen. Das Laub knisterte unter seinen Füssen wie das Feuer.

Das Feuer, das wieder in ihm brannte.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Danke fürs Lesen :D ;P Nehme alle Arten von Kritik entgegen >o<

So und jetzt werd ich ma frühstücken gehen :3 (jap, unnützer Kommentar, musste sein xD)

Byebye und bis zum nächsten Mal^-^ (hoff ich doch ;P)

pls vergebt mir Fehler und Mängel, ich habs nicht noch mal durchgelesen >.< im schlimmsten Fall schreib ichs nochmal neu, also sagt es ruhig ;P

Frischknackiger, morgenluftiger, laubknisternder Gruss *-*

InfernalMirror

Abschied

Danke für die ganzen Kommis ;P Freue mich immer wieder! :3 (lol mal jemand, der die ganzen absichtlich gestreuten Klischees bemerkt xDDD) Apropos, ist euch aufgefallen, dass es immer windet, wenn Bakura iwo hin geht? xD Luftige Person :3

Nunja, however, weiter gehts :3
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Abgesehen vom Knistern des Laubs auf der Strasse und dem Heulen des Windes, war es vollkommen still. Es war noch sehr früh und niemand war um die Zeit schon unterwegs. Bakura atmete tief die frische Luft ein und wollte sich auf den Weg machen, doch plötzlich hörte er etwas hinter sich rumpeln. Überrascht drehte er sich um. Das Geräusch kam aus der Wohnung. Wieder hörte er es und dieses Mal schien es direkt aus dem Eingangsbereich zu kommen. Mit einem Ruck öffnete sich die Tür und Malik kam herausgestolpert.

Er schien etwas zittrig zu sein, als ob er sehr müde wäre. Doch sein Gesicht verriet keine Unsicherheit. Scheinbar hatte er nur mit seinem Körper zu kämpfen. Er stützte sich am Türrahmen ab, blickte auf und lachte verlegen. Sein Gesicht war ernst und das Lachen wirkte beschwichtigend, als wolle er sich selbst beruhigen und erheitern.

Er lächelte. „Bakura... Warte...“, sagte er mit schwacher Stimme und hob die Hand ein wenig in seine Richtung.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik fühlte sich ein wenig benebelt vom langen Schlafen. Er hatte fast nicht mitbekommen, wer soeben da gewesen war, was zu ihm gesagt worden war und was er geantwortet hatte. Doch nun wurde sein Kopf wieder klarer. Bakura. Es war Bakura gewesen. Überstürzt sprang er auf und fiel fast hin. Seine Beine fühlten sich ziemlich instabil an... Trotzdem lief er so schnell wie möglich die Treppe hinauf Richtung Eingang. Das war wahrscheinlich seine letzte Gelegenheit, seinem Freund Lebewohl zu sagen und seinem besten Freund, Ryou eine Nachricht zukommen zu lassen.

Er hatte nie gezeigt, wie viel ihm die beiden bedeuteten, doch wen er nun gehen würde, wollte er, dass sie es wussten.

Er hatte den Eingangsbereich erreicht. Befürchtend, dass Bakura schon weg war, stolperte er zur Tür und riss sie auf, worauf er fast über die Türschwelle fiel, sich im letzten Augenblick aber noch am Türrahmen abstützen konnte. Erleichtert stellte er fest, dass Bakura noch da war. Dieser hatte sich überrascht umgedreht und blickte ihn nun skeptisch an. Die Schwäche des langen Schlafes war wieder ein wenig von ihm abgefallen aber zur Sicherheit liess er die eine Hand am Türrahmen. Verlegen blickte er zu Bakura hinauf. Er wollte ein freundliches Lachen hören lassen, doch es gelang ihm nicht so recht. Auch seinen Lippen konnte er kein Lächeln entringen. Seine Augen wurden eher noch ernster.

„Bakura... Warte...“, sagte er und hob dabei die rechte Hand ein wenig in seine Richtung. Es klang, als ob er seinen Freund festhalten wollte, aus Angst, dass er ihn allein lassen würde.

„Malik?“, fragte Bakura, nichts Gutes ahnend.

Malik versuchte, gerade hinzustehen, einen weniger jämmerlichen Eindruck zu machen. MIt zwei grossen Schritten stürmte er auf Bakura zu und fiel ihm um den Hals. Ob der unerwarteten Umarmung rang Bakura kurz mit dem Gleichgewicht. Das sah Malik nicht ähnlich. Sonst gab er sich immer recht unberührt und zeigte selten, was er fühlte. Das Gefühl, umarmt zu werden, kam Bakura bekannt vor, und doch war es schon längere Zeit her, seit er es das letzte mal gespürt hatte. Zaghaft erwiderte er die Geste. Er hatte so eine Ahnung, weshalb Malik auf einmal seine sentimentale Seite zeigte.

Malik krallte seine Hand in Bakuras weisse Haarmähne. Es tat so gut, jemanden zu spüren, in dieser schweren Situation und doch bedeutete das, dass er auch wieder loslassen musste. Doch für diesen einen Moment wollte er nicht daran denken. Erleichtert schloss er die Augen und dachte an die Erinnerungen, die er mit Ryou und Bakura teilte. Er hatte die beiden eine lange Zeit nicht mehr gesehen und es war schön, wenigstens Bakura Lebewohl sagen zu können. Er seufzte. „Bakura, ich werde morgen nicht mehr hier sein.“

Bakuras Verdacht schien sich zu bestätigen. „Weshalb?“, sagte er mit träger Stimme, die Klang als würde er die Antwort ohnehin schon kennen. Und trotzdem wollte er es aus seinem Mund hören.

„Es hält mich nichts mehr hier... Ich hatte schon vor, zurück nach Ägypten zu gehen, als ich noch alleine war, doch das, was mich hier gehalten hat... Von dem will ich mich befreien... Deshalb... Gehe ich. Ich gehe zurück zu meinen Geschwistern, dorthin, wo man mich nie ersetzen wird...“ Bei den letzten Worten verstärkte er die Umarmung noch einmal.

Bakura hatte nie gross gekümmert, was das zwischen ihnen vieren war und sich auch nie gefragt, ob es ihm nun etwas bedeutete oder nicht, doch nun, wo Malik vor hatte, sie zu verlassen, spürte er, wie viel er ihm bedeutete. Im alten Ägypten hatte er keine Freunde gehabt, nur Feinde, und es war ihm auch herzlich egal gewesen. Doch jetzt hatte er gleich drei Personen, die ihm viel bedeuteten, und dass er einen von ihnen nicht mehr wieder sehen würde, schmerzte ihn, auch wenn er es nicht wahr haben wollte. Er war immer geistig unabhängig gewesen und das war seine Stärke. Er hatte seine Gefühle zu Ryou eingesehen. Doch eine Person bei dich zu behalten, war wesentlich einfacher, als drei...

„Tu, was dir das Richtigste erscheint“, sagte er in monotoner Stimmlage und legte sein Kinn behütend auf Maliks blonden Haarschopf.

Malik liess einen kurzen Schluchzer hören. Es bedeutete ihm viel, dass Bakura nun zeigte, dass er ihn ebenfalls schätzte. Berührt blinzelte er die Tränen weg. Er stand auf die Zehenspitzen und gab ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. „Richte das bitte Ryou aus und sag ihm, dass ich ihn sehr lieb habe... Eure Freundschaft hat mir sehr viel bedeutet... Bitte vergesst mich nicht.“

„Ich verspreche es“

„Und erlöse ihn endlich. Er wartet nur darauf“ erwähnte der Blonde fast nebenbei und lächelte ein wenig.

Dann löste er die Umarmung und schaute Bakura noch einmal ernst in die Augen. Es kostete ihn grosse Mühe, die nächsten Worte auszusprechen und nicht einfach die Gegenwart seines Freundes zu geniessen.

„Lebe wohl, Grabräuberchen.“ Er grinste schwach.

„Machs gut, Querkopf.“ Bakura grinste zurück und flickte Malik gegen die Stirn.

Malik ging ein paar kleine Schritte rückwärts, dann drehte er sich um und stolperte durch die Tür, die er sogleich zuknallte, um seine Entschidung zu besiegeln und nicht wieder schwach zu werden. Er atmete einmal tief ein und aus, dann liess er sich mit dem Rücken gegen die Tür sinken und musterte mit undurchschaubarem Blick die weisse Decke. Wie als Zeichen dafür, dass er dieses Kapitel seines Lebens nun abschliessen wollte, drehte er mit der linken Hand hinter sich den Schlüssel im Schloss um.

Das war also auch erledigt.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Bakura seufzte und drehte sich wieder von der Tür weg. Es schmerzte ihn, dass Malik gehen würde und trotzdem konnte er nicht anders als ob seinen Worten über ihn und Ryou zu grinsen. Er war ihm dankbar, dass er ihm Mut machte. Es würde noch genug Gelegenheiten geben, über seinen Weggang zu trauern, doch nun wollte er erst einmal erledigen, was ihm selbst auf dem Herzen lag.

Endgültig machte er sich nun auf den Weg. Es wurde endlich Zeit.

Seine Schritte waren eilig. Er konnte sein Ziel nicht früh genug erreichen. Nach kurzer Zeit, fing er an zu laufen.

Endlich war es so weit. Er konnte es endlich loswerden. Endlich.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Nach etwa zehn Minuten verlangsamte Bakura seinen Schritt. Jemand kam ihm entgegen. Er sah nur eine Silhouette. Die Person war etwa so gross wie er, trug einen Umhang und schien recht widerspenstiges Haar zu haben...

Es war Mariku. Unter der nächsten Strassenlaterne blieben sie stehen. „Na Bakura, sagt dein Psychiater?“, sagte Mariku und grinste.

„Nichts, dass dich im Moment interessieren sollte“, erwiderte Bakura und warf seinem Gegenüber einen tödlichen Blick zu.

„Wieso so garstig, Grabräuberchen? Hast du rausgefunden, dass du mit Tea zwangsverheiratet werden wirst?“

„Komm näher, dann sag ich‘s dir“, sagte Bakura, etwas Gefährliches in der Stimme.

Verwundert kam Mariku ein paar Schritte näher. „Du willst flüstern? Das kennt man gar nicht von dir“, sagte Mariku und musterte Bakura abschätzig.

Bakura lachte leise. „Du bist wirklich schwer von Begriff“

Dann holte er aus und schlug Mariku von rechts ins Gesicht. Es ging so schnell, dass Mariku keine Chance hatte, zu reagieren. Er fiel nach hinten zu Boden. Mit einem Stöhnen richtete er sich auf und funkelte Bakura an. „Womit hab ich denn das verdient?!“

Bakura grinste böse. „Das wirst du schon noch selber herausfinden, glaub mir.“ Ohne den am Boden sitzenden Mariku noch eines Blickes zu würdigen, ging er an ihm vorbei, wobei er ihm beiläufig noch einen Tritt in die Seite verpasste.

Mariku beugte sich mit einem Stöhnen vor. Dann drehte er den Kopf zu dem verschwindenden Bakura, der eine Nasenflügel gefährlich zuckend. Mit einem Ruck stand er auf, rannte hinter ihm her und warf ihn mit seinem eigenen Körper zu Boden. Grob drehte er sein Opfer auf den Rücken und riss ihn an seinem Oberteil hoch, wobei er selbst aufstand.

„Sag mal, hat dir dieser beschissene Spiegel den Kopf verdreht?“, knurrte er Bakura an.

Bakuras Augen verengten sich zu Schlitzen. „Zu schade, dass das Ding kaputt ist, du hättest es auch mal nötig. Eine Kopfentwirrung könnte nicht schaden.“

Marikus Nasenflügel fing wieder an zu zucken. „Du hast es gerade nötig!“, fauchte Mariku, „Du hast keine Ahnung davon, was du dem Kleinen antust! Du hast keine Ahnung, was du verschwendest! Man sollte dich dafür köpfen, weisst du das?“

Bakuras Stimme wurde bedrohlich leise. „Du solltest das besser meine Sache sein lassen und dich um deinen eigenen Hikari kümmern. Wenn es nicht schon zu spät ist.“ Braune Augen blitzten noch einmal in violette, dann trat Bakura Mariku mit voller Kraft gegen das Schienbein.

Mariku stolperte rückwärts, das Gesicht schmerzverzogen. „Du verdammter...!“, knurrte er, doch Bakura hörte es nicht mehr.

Er war bereits in den nun dämmernden Morgen verschwunden.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku versuchte die Tür zu öffnen, doch sie war abgeschlossen. Wütend trat er dagegen. Heute ging wirklich nichts, wie er es wollte. Und mit welchem Recht durfte dieser durchgeknallte Psychopath ihn einfach niederschagen? Wütend schnaubte er. Er brauchte dringend Ablenkung.

„Hikari-chan, ich bin wieder daha!“, rief er mit zuckersüsser Stimme.

Keine Antwort. Genervt haute er mit der Faust gegen die Tür. „Blondie, mach die Tür auf!“, rief er und machte keinen Hehl mehr um seine angefressenen Nerven.

Er hatte wirklich keine Lust darauf, noch lange in der Kälte herumzustehen.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku wollte als letztes ein Foto in die fertig gepackte Tasche legen. Es war eines, dass Mariku von ihm im Dienstmädchenkostüm und sich geknipst hatte. Er hatte ihm den Arm um die Taille geschlungen und zeigte ein anzügliches Grinsen. Typisch... Malik entschied es sich anders und warf es unter das Bett. So etwas brauchte er nicht.

„Hikari-chan, ich bin wieder daha!“

Mariku schreckte hoch. Nun war es also so weit. Er stand auf, warf sich die Tasche über die Schulter, schloss die Augen und atmete tief durch. Nun war es so weit.

„Blondie, mach die Tür auf!“, hörte er Mariku nun deutlich genervt rufen. Wunderbar. In diesem Zustand war er ohnehin nicht besonders liebenswürdig, dann würde es ihm leichter fallen. Er ging die Treppe hinunter, entschlossen, es zu Ende zu bringen. Langsam legte er die Hand auf die Klinke und öffnete die Türe. Kaum hatte er die Tür geöffnet, spürte eine Hand an seinem Kinn, die seinen Kopf heraufriss.

Mariku grinste mürrisch. „Genau das brauche ich jetzt...“ Dann legte er seine Lippen auf Maliks und presste ihn gegen den Türrahmen, seine Arme fest im Griff.

Malik widerstand der Verlockung, sich nicht zu wehren und begann, sich zu winden. Doch er konnte sich nicht losreissen. Er presste die Augen zusammen und rammte sein Knie in den Bauch des Grösseren. Dieser liess ihn los und stolperte ein paar Schritte zurück. „Wieso zur Hölle tuen das heute alle?“, knurrte er. Malik, der vorhin fast keine Luft bekommen hatte, keuchte heftig und sah Mariku mit einer Mischung aus Zorn, Trauer und Angst an.

Er musste es nun endlich tun. „Mariku, ich... Ich... Ge...“, stotterte er keuchend. „Ich werde...“

„Was ist los, Blondie? Hat Bakura dich dazu angestachelt?“, sagte Mariku wütend und presste Maliks Arme wieder gegen die Wand, während er ihn aus leuchtenden violetten Augen anfunkelte. „Ja, ich höre?“

Malik öffnete die Augen wieder und starrte zu Boden. Was war los? Wieso brachte er es einfach nicht über die Lippen? Er war noch nie so wütend auf sich selbst gewesen, wie in diesem Augenblick. Mit feuchten Augen riss er sich los, stolperte in die Wohnung und knallte die Tür zu. Sein Herz schlug wie wild und jedes Pochen kam ihm vor, als würde es seinen ganzen Körper zum Beben bringen.

„Blondie! Was zur Hölle soll das?! Hast du deine Tage?!“, rief Mariku nun ziemlich aufgebracht.

Malik zuckte ob der Stimme seines Yamis zusammen. Er konnte es nicht...

Doch er wollte nicht bleiben, um keinen Preis. Er musste wohl auf die harte Art und Weise mit seinen Gefühlen fertigwerden, ohne die Worte loszuwerden, die sein Herz schrie. Ohne seine Schwäche zu überwinden. Er stürmte die Treppe hinunter, in den Keller, zum unteren Ausgang. Draussen hatte es begonnen zu regnen. Doch er nahm keinen der alten Schirmen die am Eingang standen. Der Regen war eine Maske. Eine Maske, mit der er sich selbst überlisten konnte, die helfen konnte, nicht zu merken, dass er weinte. Seine Schwäche zu ignorieren. Er riss die Tür auf und rannte hinaus, irgendwohin, einfach nur weg. Der Regen fiel, als ob er das ganze Mass der Traurigkeit und Wut des aufgewühlten Ägypters zum Ausdruck bringen wollte.

Die schwarze Tasche, die von seiner rechten Schulter hing, schlug ihm immer wieder gegen die Seite.

Etliche kleine Steinchen bohrten sich in seine nackten Füsse.

Die Kälte stach ihn wie winzige Nadeln.

Sein ganzer Körper schmerzte und bebte.

Seine Lunge fühlte sich an, als würde sie brennen.

Sein Hals fühlte sich an, als würde er Glut atmen.

Die nassen Haare hingen ihm vor die Augen, sodass er nicht richtig sah, wohin er überhaupt rannte.

Immer wieder pulsierte Marikus Gesicht vor seinen Augen, als ob man es mit einem heissen Eisen in seine Netzhaut eingebrannt hätte. Wie sehr er sich wünschte, einfach nicht mehr zu sehen, das Licht der Welt, dass ihn so an ihn erinnerte, nie mehr erblicken zu müssen...

Immer wieder stolperte er wegen seines eingeschränkten Blickfeldes. Der beige Stoff über seinen Knien tränkte sich bereits mit seinem Blut.

Plötzlich hörte schnelle Schritte hinter sich.

Rasch blickte er sich um.

Mariku lief ihm nach.

„Nein!“, schrie er in den Regen hinein, „Nein! Ich will ihn nicht sehen! Nein, nein nein!“

Er versuchte krampfhaft zu ignorieren, dass er log, dass der Regen seine Tränen wegwusch. Doch was weggewaschen war hörte deshalb nicht auf, zu existieren.

Er versuchte noch schneller zu rennen, doch wieder viel er vornüber, schürfte sich die Handflächen auf. Hektisch rappelte er sich wieder auf. Er sah, dass er auf den Park zu rannte, in Richtung des kleinen Sees. Er dachte nicht mehr darüber nach, was er tat. Er wollte nicht mehr denken, zu viel Schmerz barg es, seiner Seele, seiner Gefühle bewusst zu sein.

Er fing laut an zu schluchzen, biss dann die Zähne zusammen, als er hörte, dass Mariku immer näher kam.

Verdammt.

Mariku war schon immer schneller gewesen als er.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Verwirrt und aufgebracht rannte Mariku, so schnell er konnte. Heute war definitiv nicht sein Tag.

Malik, etwa 50 Meter vor ihm, fiel immer wieder hin. Merkte er denn nicht, dass das Blut schon sein Bein herunterrann? Auch seine Füsse bluteten schon...

Was war nur in ihn gefahren?

Er wusste nur eines: Er musste ihn aufhalten.

Was immer er vorhatte zu tun, war überhaupt nicht gut.

Schwer atmend löste er die Klammern seines Umhangs und liess ihn zu Boden flatternd. So konnte er schneller laufen. Er kam seinem Hikari immer näher.

„Malik!“, schrie er, „Maliiiiiiik!“

Malik schaute sich für den Bruchteil eines Momentes um. Seine Augen waren aufgerissen, er keuchte, schien kaum noch Luft zu bekommen.

Sein Yami hatte ihn noch nie bei seinem Namen gerufen...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku war noch etwa zehn Meter von Malik entfernt. Panisch beschleunigte Malik seine Schritte.

Er schrie, ein kurzer, verzweifelter Audruck seiner Gefühle, der ihnen trotzdem nicht gerecht wurde.

Er lief durch den Park, den Kiesweg, wie gemacht für seine nackten Füsse...

Langsam kam der See in Sicht. Als er begriff, wohin seine Beine ihn trugen, hob er den Kopf zum Himmel und lächelte. Hier sollte es also enden... Es hatte etwas grausam ironisches.... Es war ihm egal, dass er vor seinen Gefühlen davonlief, vor seinen Schwächen, Ängsten und Hoffungen...

Er wollte nur noch, dass es aufhörte. Dass der Sturm in seinem Herzen sich legte und er endlich frei war...

Das war es, was er sich wünschte...

Stille...

Leere...

Das Nichts.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

So, das wars wieder mal, sry, dass es nicht so lang war... ;P Dafür weiss ich, wies weitergeht... xD

Nunja ich hoffe auf jeden Fall, es war den Ansprüchen gerecht... ^-^

So, dann thx fürs Lesen und bis zum nächsten Kapi! >o<

Lieber Gruss

InfernalMirror

Bittersüsser Schlaf

Man nähert sich dem Ende... xDD *drumrole*

Omg, vier Kommis für ein Kapi xDDD Danke für eure Unterstützung! >_< An dieser Stelle auch danke an Otogi und yuulicious für die Insipration x3 ich hab echt nicht mehr weitergewusst xD

Ausserdem allen anderen, mit denen ich geschrieben habe und denen, die das hier lesen... :)

(ich wiederhole mich, was...? öo wie auch immer xD)
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik kämpfte, doch nicht mehr mit seinem Inneren, sondern mit seinem Körper, der allmählich nachgeben wollte. Sein Blickfeld kam ihm schon verschwommen vor, unscharf, als wolle es die Realität leugnen, die ihn umgab.

Doch nun zog es ihn dahin, wo alles begonnen hatte und er es beenden wollte. Er hatte ein Ziel und er würde nicht aufzuhalten sein, bis er es erreicht hatte.

Hinter sich hörte er Mariku immer näher kommen, er rief immer wieder seinen Namen, immer wieder, immer lauter, verzweifelter...

Ich höre ihn nicht... Ich höre ihn nicht..., wiederholte er in Gedanken immer wieder, wie etwas, das er auf keinen Fall vergessen durfte.

Er wollte, konnte jetzt nicht aufgeben.

Nicht jetzt, da er so nah dran war, an der ihm unbekannten, unendlichen und bittersüssen Freiheit, die er nun als letzten Ausweg sah.

Da.

Er war endlich da.

Für einen kurzen Augenblick stand er vor dem ihm so bekannten, kleinen See, der vom Regen gepeitscht wurde, von Wind aufgewühlt.

Entschlossen drehte er sich um, um ein letztes Mal in das Gesicht seines Verfolgers zu blicken.

Keuchend stand er da, die Tränen vom Regen verdeckt, keuchend, durchnässt, die einst so leuchtenden Augen matt, halb geschlossen.

Er lächelte, er lächelte über die Welt, die so dumm gewesen war, dass sie glaubte, ihn gefangen halten zu können. Er lächelte über sich selbst, der so lange übersehen hatte, wie er endlich bekommen konnte, was er wollte.

Er lächelte seinen Freunden zu, Ryou, mit dem er über alles hatte reden können, so hilfsbereit, naiv, schüchtern, liebenswert... Ryou... Und Bakura, den er immer für sadistisch, kalt, unantastbar und böse gehalten hatte, Bakura, von dem er sich nicht bewusst gewesen war, wie wichtig er ihm werden konnte.

Doch am meisten galt sein Lächeln Marik, der ebenso schwer atmend wie er immer näher kam, nur noch wenige Meter trennten sie. Er lächelte über seines Yamis Naivität, zu glauben, er sei nicht im Stande, ihm zu entkommen. Der gedacht hatte, er würde brav zu Hause bleiben und ihn machen lassen, was auch immer wollte.

Nur noch einen Augenblick, dann würde Mariku ihn berühren.

In diesem Brucheil eines Moments sahen sie sich in die Augen und Mariku musste ungewollt schief grinsen und eine Spur Schalk blitzte in seinen Augen auf.

Das erste Mal hatte er die vollkommene Kontrolle über sein Leben.

Er hatte ihn augetrickst.

Doch gleichzeitig fragte er sich, ohne es recht zu wollen, was Mariku wohl tuen würde, wenn er nicht mehr da war.

Würde er zornig sein?

Würde er vor Wut schreien?

Würde er Abscheu empfinden?

Oder Hass?

Oder..

Würde er weinen..?

Vor Schmerz schreien?

Sich selbst dafür hassen, dass er das Spiel verloren hatte, dieses Spiel, das zuerst so gut für ihn gelaufen war?

Nein, das würde er bestimmt nicht...

Er war schliesslich nichts anderes für ihn als ein Spielzeug.

Etwas, womit man Spass hatte und es wieder weglegte, wenn man es nicht mehr wollte.

Für ein Kind war der Verlust eines Spielzeuges schmerzlich, doch es war ein flüchtiger Schmerz.

Der Schmerz, der etwas zurückliess, dass leicht zu ersetzen war.

Nein, er würde ihn bestimmt nicht vermissen...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Fast hatte er es geschafft. Malik rannte nicht mehr, er stand frierend da, an diesem kleinen See, als er das erste mal in seine verschmitzt glitzernden Augen geblickt hatte.

Er stand nur da und lächelte.

Was sollte das?

Noch eine Handbreite trennte seine ausgestreckte Hand von ihm, als er plötzlich schief grinste, die Augen schloss, sich fallen liess...

„Malik! Nein! Nein!!“, schrie er verzweifelt, ein letzter zum Scheitern verdammter Versuch, ihn zurückzuhalten. Seine Hand griff ins Leere und so genau, als würde er es in Zeitlupe sehen, sah er, wie seine Augen sich langsam schlossen, ihm eine letzte Träne über das Gesicht rann, ein Träne, die der Regen nicht zu verwischen vermochte.

Sein Grinsen schwand, wurde ersetzt eines Ausdrucks der Befriedigung.

Fassungslos starrte er ihn an, in diesem Augenblick, als er noch auf ihn zu schlitterte.

Maliks Körper durchbrach die Wasseroberfläche und das kalte Wasser spritzte in das Gesicht seines Yamis, eine stumme Erinnerung an die Realität.

Einige Augenblicke stand er dort, starrte aufs Wasser, die Hand leicht erhoben, dort, wo er jetzt eigentlich Maliks warme Schulter spüren sollte,

Dann realisierte er und zögerte keinen Augenblick mehr, stürzte sich ins Wasser, das seinen Körper mit einem kalten Peitschenhieb empfing.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Malik fühlte sich seltsam schwerelos, gefangen in einem Augenblick, der keinen Platz für Zeit liess.

Das Wasser war eiskalt, doch es störte ihn nicht, denn es kühlte seine Wunden und legte einen beruhigenden Schleier auf sein Wundes Herz. Die Kühle umhüllte ihn wie ein Mantel, seltsam abweisend und doch liebevoll.

Er wehrte sich nicht gegen den Sog der Tiefe, nahm ihn dankbar entgegen. Es tat so gut, nicht mehr vom grellen Licht der Realität geblendet zu werden, die Grausamkeit ihrer Geschöpfe spüren zu müssen.

Er sehnte sich so sehr nach der Freiheit, die sie still und friedlich, dunkel und leer war, dort, wo ihn niemand mehr festhalten konnte. Wie hatte er nur übersehen können, dass sie so nah war?

Ergeben liess er sich in die samtene Dunkelheit unter ihm ziehen, hingebungsvoll, wie in die Umarmung eines Freundes...
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku versuchte, sich nach unten zu kämpfen, doch kam kaum voran. Er hatte nie richtig Schwimmen geschweige denn Tauchen, gelernt. Dazu hatte er nie einen Grund gehabt. Doch nun bereute er es von ganzem Herzen. Panisch versuchte er, weiter zu Malik kommen, doch er musste mitansehen, wie sein Hikari immer weiter nach unten sank.

Wieso! Wieso?!, schrie es in seinem Kopf immer wieder, Was habe ich getan? Weshalb, Malik?

Das erste mal, seit er denken konnte, zweifelte er ernsthaft daran, was er tat und getan hatte, wusste, dass es daran an Richtigkeit fehlte.

Wieso kümmerte es ihn überhaupt so sehr, ob Malik da war oder nicht?

Er hatte mit seinem eigenen Mund gesagt, dass er für ihn bloss ein Spielzeug war, etwas dass man zum Spass benutzte und wieder weglegte, etwas, das ersetzbar war.

Doch das war jetzt egal. Später könnte er immer noch darüber nachdenken. Alles, worauf es jetzt ankam, war, dass er wollte, dass er bei ihm blieb.

Dass er ihn nicht einfach der stillen Umarmung des Wassers überlassen wollte.

Dieser trügerische Frieden, der ihm sein Licht nehmen, nie wieder zurückgeben wollte.

Nie wieder.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Kein Gedanken durchwirbelte mehr Maliks Kopf, kein Gefühl, nur noch eine angenehme Leere.

Wie schön es doch war, nicht nachzudenken...

Sein Kopf lag im Nacken, die glasigen fliederfarbenen Augen friedlich geschlossen, als würde er schlafen. Eine unendliche Ruhe lag in seinem Gesicht, eine Ruhe, die er noch nie gefühlt hatte, die Ruhe, die man aus der Leere schöpfte.

Er hatte vergessen, wie es war zu Leben, zu kämpfen, zu hoffen.

Er hatte seine Entscheidung getroffen und diese war unumstösslich. Weshalb sollte er also darüber nachdenken?

Nun war alles verloren und das war ihm recht so. Es konnte nur noch besser werden.

Die Kälte fuhr im schleichend in die Glieder, machte ihn einen Teil von ihr. Es glich einer Fessel, die ihn immer weiter einnahm, ihn band, an das, worin er sich befand.

Hätte er versucht, sich zu bewegen, sich zu wehren gegen die Schwerkraft, er hätte es von dort an nicht mehr gekonnt. Die Kälte lähmte seinen ganzen Körper, bedeckte die Schmerzen, liess ihn vergessen, was geschah.

Ein heller Schimmer lag auf seiner Haut, gezeugt vom letzten Licht, das durch die Wasseroberfläche fiel,

machte ihn blass, blasser, als er es jemals gewesen war. Seine Haut schien makellos zu sein in dem Licht, wie hergerichtet zu einer Zeremonie, sanft getragen zu dem Ort, der ihn zu sich rief.

Was war das, dieses Gefühl? Es war, als würde er sich immer weiter entfernen, weggleiten von dem, was geschah, sich selbst immer fremder vorkommen. Er fühlte sich, als wäre es nicht er, der da auf den Grund des Sees sank, sondern ein Fremder, jemand den er nie zuvor gesehen hatte, mit dem er nichts teilte ausser die Anwesenheit.

Der Druck nahm immer weiter zu, brachte seinen Körper zum Rebellieren, liessen ihn dagegen kämpfen, sich erschöpft niederzulegen.

Malik zuckte ein wenig, als würde er träumen.

Einige fein gestreute Luftbläschen verliessen seine Lippen, der letzte Hauch an Leben, den er noch gehabt hatte, ein silberner Schwall, der über eisiges Karamell hinwegzog, so warm, voller vergehendem Leben, so falsch an diesem besitzergreifenden Ort.

Sein Herz schlug wild und unregelmässig, stockte, setzte wieder ein, dann wurden die Schläge langsamer, immer unregelmässiger und schwächer, bis es dann nur noch verzweifelt flatterte, ein letzter Versuch, Malik am Leben zu erhalten.

Eine letzte Erinnerung, die seine schlafende Seele streifte, bevor er sich selbst vergass.
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Mariku sah verzweifelt, dass er sich immer weiter von seinem Hikari entfernte. Verzweifelt und kraftlos ruderte er, erschöpft vom langen Rennen und den psychischen Strapazen, zu wenig Kraft, um etwas zu bewirken. Langsam merkte er, wie sein Sichtfeld zu flimmern begann, kurz wurde ihm schwarz vor Augen.

Innerlich fluchend schwamm er auf die Oberfläche zu, tauchte kurz auf, holte Luft, um dann wieder den hoffnungslosen Versuch zu unternehmen, bis zu Malik zu kommen.

Er sah, wie sein sandfarbener Haarschopf immer weiter verschwand, sich vom Licht, das durch die Oberfläche fiel entfernte.

Er wusste genau, wenn er ihn jetzt nicht erreichen konnte, musste er es aufgeben. Er wäre dazu verdammt, zuzusehen, wie er ihn für immer verlor, nie wieder sehen würde.

Würde das das letzte sein, das er von ihm sah, bevor die Tiefe ihn ihm nehmen würde? Wie er den letzten Lichtstrahl verliess, ein Teil der Dunkelheit um ihn wurde?

Nein, das konnte nicht, durfte nicht sein.

Er würde noch einmal sehen, wie er seine Augen aufschlug, das schwor er sich. Auch wenn es sein Leben als Tribut fordern würde.

Malik! Bleib bei mir!, schrie er in Gedanken, ein Befehl an sich selber, der Befehl durchzuhalten.

Nur noch auf sein Ziel fixiert, tauchte er nach unten, so schnell, wie er es zuvor nicht geschafft hatte.

Er durfte nicht denken, wenn er ihn erreichen wollte, sein Ziel im Auge behalten, seinem Körper und seiner Willenskraft vertrauen.

Mit vielen kräftigen Zügen schaffte er es endlich. Seine Lunge stach vor Schmerz, doch er ignorierte es.

Für den Bruchteil eines Augenblicks berührte er die zarte Haut seines Hikaris, so kalt, so zerbrechlich...

Schnell verdrängte er den Gedanken, dass es vielleicht schon zu spät war, dass er seine Augen nie mehr aufschlagen würde.

Hektisch zog er ihn an sich, versuchte, wieder hinaufzuschwimmen, doch es gelang ihm nicht.

Verdammt! Verdammt noch mal!, fluchte er innerlich, bemerkte, dass Malik seine Tasche noch trug.

Eilig streifte er sie über seine Schulter, während sie immer weiter sanken. Er musste schnellstens nach oben, sonst würde ihm die Luft ausgehen und er würde ihn nicht mehr retten können, egal, wie sehr er es wollte.

Wenn es nicht regnete, lag der See tief in seinem hohen Becken und man kam nur über eine steile Böschung an ihn hinunter, doch in den letzten Tagen hatte es oft geregnet und der See war fast bis zum Rand gefüllt. Wer weiss, wie tief unten sie schon waren...

Nun leichter konnte er sie beide Stück für Stück nach oben bringen, doch er spürte, wie seine Kraft, sein Atem zu Ende ging.

Ein schwacher Lichtstrahl fiel auf Maliks Gesicht, zeichnete bizarre Schatten darauf, liess es noch lebloser erscheinen, noch stiller und endgültiger, ein Gesicht aus Sandstein, mit geschickten Händen gemeisselt für die Ewigkeit. Wieder unterdrückte er seine Befürchtungen, richtete seine Augen wieder auf das Ziel, den schwachen Lichtschimmer über ihm, der Ort, der ihm die Wahrheit zeigen würde.

Und endlich kam er ihm näher, mühsam, doch stetig. Doch er war nicht schnell genug, so würde er es nicht schaffen, bevor ihm die Luft ausging,

Qualvoll dachte er an das, was es zu verlieren gab, das Leben seines Hikaris.

Alles was er wollte, war doch, noch einmal in seine tiefen Augen zu sehen, de Schalk in ihnen aufblitzen zu sehen.

Er wollte seine nachdenkliche Stimme hören, seine rosa angehauchten Wangen sehen, wenn er so tat, als sei er beleidigt.

Er lächelte schwach, als er daran dachte. Das war es doch wert, vor Erschöpfung umzukippen.

Sich angestrengt auf die Zähne beissend und Malik umklammernd, verbrauchte er seine letzten Kraftreserven, um voran zu kommen und tatsächlich schien es zu funktionieren.

So würde er es bis nach oben schaffen, so konnte er Malik retten.

Immer näher kam er dem Lichtfleck weit oben, das Licht wurde heller, es wurde wärmer.

Er gewann wieder etwas Hoffnung. Vielleicht war es noch nicht verloren...

Nach kurzer Zeit konnte er mit dem freien Arm aus dem Wasser greifen, hielt sich am Rand des Beckens fest, die Hand in Gras und Erde gekrallt.

Mit einem Ruck zog er sich aus dem See, zog Malik mit sich, schob ihn ganz aus dem Wasser, hustete.

Mühsam kniete er auf, hustete heftig, stützte sich mit den Armen ins Gras. Sein Sichtfeld flimmerte, er fühlte sich, als würde er jeden Moment umfallen. Sich nur schwer wachhaltend, drehte er sich zu Malik um. Er bewegte sich nicht.

Voller Angst drehte er ihn auf den Rücken, hielt ihn an den Schultern, rüttelte leicht.

Ihm lag ein leichtes Lächeln auf den Lippen, das Lächeln, mit dem er Malik begrüssen wollte, wenn er aufwachen würde. Er wollte nicht wahrhaben, was er sah. Es konnte nicht war sein. Malik schlief bloss, ganz bestimmt.

Er neigte sich zu ihm hinunter, den Mund zu seinem Ohr. „Blondie, aufwachen!“, flüsterte er, so, wie er es jeden Morgen tat.

Er drückte ihm einige flüchtige Küsse auf den Hals, kitzelte ihn ein wenig an der Seite.

„Muss ich ich eben doch wachküssen, du kitschige kleine Zicke“, sagte er, versuchte, sich selbst einzureden, er triebe einen Spass mit ihm, indem er grinste.

Langsam, als hätte er Angst davor, drückte er ihm einen Kuss auf die leicht geöffneten, kalten Lippen.

Zögernd erhob er sich wieder ein wenig, öffnete zögerlich die Augen, starrte auf sein Gesicht.

Sein Grinsen zerfiel zu einem schwachen Lächeln, bröckelte wie eine zerbrochene Maske von ihm ab.

„Malik, das ist nicht witzig“, sagte er mit gespielt glücklicher Stimme, während seine Augen zu einem Abbild der Traurigkeit wurden, sich zum ersten Mal in seinem Leben mit Tränen füllten.

Nichts geschah.

Mariku starrte ihn an. Er sprang nicht auf, um ihn anzuschreien, wie eklig er war. Er blinzelte nicht müde, nur um sich wieder umzudrehen, er tat nicht so, als würde er schlafen, ein zuckendes Lächeln auf den Lippen, huschende Augen hinter den geschlossenen Lidern.

Langsam liess er seine Stirn auf Maliks sinken. Seine Tränen fielen auf die Wangen seines Hikaris, liessen ihn aussehen, als würde er weinen.

Er presste seine Augen zusammen, versuchte die Tränen zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht.

„Was ist bloss verkehrt mit dieser beschissenen Welt...?“, murmelte er, die Stimme heiser, tränenerstickt.

Er atmete einige Male ein und aus, so, als wäre er sich unsicher, ob es sich lohnte, überhaupt noch zu atmen.

Mit einem Mal riss er den Kopf hoch; die Augen weit aufgerissen starrte er zum Himmel, die Zähne aufeinander gebissen.

Dann schrie er mit lauter, mit gebrochener Stimme.

Ein Schrei voller Schmerz, Hass, Trauer, Verlust.

Ein Schrei, dafür gemacht, alles zu verfluchen, von den himmlischen Höhen bis in die Tiefen der Erde, alles, das die Geschicke steuerte, die Vergangenheit, die Gegenwart und die für immer verlorene Zukunft, alles, was den Moment zu dem machte, was er war.

Er verstummte erst, als ihm der Atem ausging.

Keuchend sank er vornüber, die Augen immer noch weit aufgerissen, ins Nichts starrend.

Langsam sank er auf Maliks Brust, presste die Augen zusammen, biss sich schmerzhaft auf die Lippe., schluchzte. Seine Hände krallten sich in das Oberteil seines Hikaris, das nass an seinem Oberkörper klebte.

„Wieso...?“, flüsterte er mit gebrochener Stimme,“Wieso genau ihn...?!“

Noch stärker krallte er sich in den nassen Stoff, fühlte, wie seine Fingernägel die zarte Haut brachen, warmes Blut an seinen Fingerspitzen.

„Wieso den Einzigen, den ich liebe...?“
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Als Bakura die Haustür erreichte, war die Sonne bereits aufgegangen. Während er unterwegs gewesen war, hatte es begonnen, heftig zu regnen. Die Luft roch feucht und frisch, reingewaschen von vergangenen Begebenheiten.

Endlich hatte er es geschafft. Fast andächtig musterte er die alte Haustür, von der der mattschwarze Lack bröckelte. Indirekt war es ein sehr weiter Weg gewesen, doch es hatte sich definitv gelohnt, ihn Kauf zu nehmen.

Selbstbewusst, stolz und ein wenig selbstverliebt war er nun, so anders als vorher, gleich wie früher, jedoch mit dem einen entscheidenden Unterschied.

Er sank in die Knie und griff unter die Fussmatte, unter der er den Schlüssel zur Wohnung fand. Er schmunzelte. Ryou legte ihn also immer noch dort ab. Wie naiv er doch war...

Er richtete sich wieder auf, steckte den Schlüssel, der an einem schwarzen Lederband hing, ins Schloss und drehte ihn um. Ryou schlief bestimmt noch und er wollte ihn überraschen...

Vorfreudig grinsend öffnete er die Tür, darauf bedacht, so wenig Lärm zu machen, wie möglich.

Ohne sich die Mühe zu machen, seine Nasen Sachen auszuziehen, ging er durchs Wohnzimmer, die Treppe hinauf.

Er konnte nicht verhindern, bei jedem Schritt den er machte, etwas breiter zu Grinsen. Er hatte so lange auf diesen Moment gewartet... Oben angekommen, ging er zielstrebig zu Ryous Zimmer. Die Tür war einen Spalt breit offen. Leise trat er hinein. Die weisse, von schwarzen Mustern durchzogene Bettdecke auf dem hellen Bett aus Ahornholz war zerwühlt und unordentlich, doch bedeckte sie niemanden.

Ahnend verliess Bakura das Zimmer wieder, ging auf seines zu, dessen Tür fest geschlossen war.

Leise öffnete er sie, blickte hinein.

Da lag er, verschlungen mit der Bettdecke, wie er es immer war, wenn er schlief, die Hände in zwei Zipfel gekrallt, die er bis zum Kinn gezogen hatte.

Der Mund war halb offen, murmelte tonlose Wörter. Ein zartrosa Hauch lag auf seiner blassen Haut, sein weisses Haar lag zerwühlt in allen Richtungen.

Er schien tief zu schlafen, denn sonst hätte ihn das Geräusch der Tür geweckt.

Bakura grinste, als er ihn sah, seinen zierlichen, unverdorbenen Engel, der nur ihm allein gehörte, den nur er allein verderben durfte.

Bestimmt ging er auf ihn zu, setzte sich neben ihm auf das Bett.

Langsam beugte er sich hinab, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.

„Kätzchen...“, hauchte er mir tiefer Stimme, „Ich bin wieder da...“

Genüsslich strich er ihm mit der linken Hand über die ihm zugedrehte Wange. Wie sehr er dieses Gefühl doch vermisst hatte...

Ryou blinzelte schwach, schloss dann die Augen wieder und murmelte etwas.

Bakura grinste. Er kannte Ryous Schwachpunkte...

Sanft schob er seine Haare von dem schlanken Hals, senkte seinen Kopf und berührte kurz mit der Zungenspitze die zarte Haut.

Sein Opfer schreckte auf, schauderte.

Das erste, was er sah, waren Bakuras schalkhaft glitzernde, braun-rote Augen, die ihn halb geschlossen musterten.

Als Ryou begriff, riss er die Augen auf und begann, über das ganze Gesicht zu strahlen, die Wangen von einem feinen Rotschimmer. „Kura!“, schrie er freudig und fiel Bakura um den Hals.

Doch dann merkte er, was er getan hatte und zog sich zaghaft wieder zurück, wandte den Blick neben sich. „Es tut mir Leid, ich habe... Du hast... Es ist über mich gekommen....“, stotterte er hilflos, suchte mit den Augen etwas, woran er seinen Blick legen konnte.

„Ryou... Es ist gut...“, flüsterte Bakura mit sicherer Stimme und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Dieser drehte sich um, starrte ihn überrascht an. „Ku-Kura, bist du es...?“, fragte er stockend.

Er hatte so lange darauf gewartet, dass das geschehen würde, dass Bakura wieder so werden würde, wie er früher gewesen war, dass es ihm nun seltsam unwirklich vorkam.

Bakura musterte ihn skeptisch, verstand. „Wer sollte ich sonst sein?“

„Ich... Ich...“, sagte Ryou suchend, fand keine Antwort.

„Wieso zweifelst du daran, dass ich es bin?“

„Bakura hätte mich schon längst geschlagen...“, erwiderte Ryou, leise und tonlos, doch einen unverkennbaren Schmerz in den Augen.

Bakura legte den Kopf schräg, sah ihn traurig an.

„Schmerzt dich das sehr?“, fragte er, sein ganzes Bedauern über das, was Ryou durchgemacht hatte, lag darin.

„N-Nein, ich... Ich habe mich daran gewöhnt...“ Ryou hatte den Kopf zur Wand gedreht, sodass sein Yami sein Gesicht nicht sehen konnte.

Bakura nahm sanft sein Kinn und drehte sein Gesicht zu ihm. Seine Augen waren feucht und blickten ihn verwirrt an.

„Wieso siehst du dann aus, als würdest du gleich weinen?“

Ryou gab keine Antwort, versuchte nur, sich die Tränen aus de Augen zu blinzeln, was nicht richtig funktionieren wollte.

Bakura strich ihm über die Wange, der Blick tröstend, aufrichtig. Bakura hatte nicht einmal Ryou je diese Seite von sich gezeigt und er dacht auch äusserst selten mit ihr.

„Bist das... Wirklich du...? Kura?“, fragte er ungläubig, jedoch ein wenig lächelnd. Es war so eine schöne Vorstellung, Bakura endlich wiederzuhaben...

Bakura sah, dass er sich beruhigt hatte und begann listig zu Grinsen.

„Irgendwie schon, aber... Irgendwie auch nicht“, erwiderte er und zwickte Ryou in die Seite.

Dieser sah ihn nur mit grossen Augen an, darauf wartend, dass er sich erklären würde.

Sein Gegenüber grinste ihn immer noch an, fuhr sich mit der Zunge neckend über die Lippen.

Ryou errötete, seine Augen wurden noch grösser.

„Ryou... Nun wirst du endlich mein wahres Ich kennenlernen...“, sagte er, Schalk in der Stimme, die Augen lustvoll halb geschlossen, die eine Hand an Ryous Kinn.

„Endlich...“
 

∽∽∽∽∽∽∽∽∽
 

Sou, das wars vorerst von mir. ;)

Das war übrigens das voraussichtlich zweitletzte Kapitel, dh. das Nächste ist ziemlich sicher das letzte x3 Vielen Dank nochmals an alle, die bis hierhin durchgehalten haben, ich persönlich hätte das wahrscheinlich nicht geschafft... xD

Also dann, bis zum 10. Kapitel 〜 ;)

Eure

InfernalMirror

P.S.: "zierlicher, unverdorbener Engel..." x'D (was hab ich mir da gedacht? .___.) Ich denk ja eigentlich, dass Ryou im Grunde seines Herzens genauso dreckig ist, wie die Yamis... >____<



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (33)
[1] [2] [3] [4]
/ 4

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Stanislaw
2010-06-25T17:16:27+00:00 25.06.2010 19:16
XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD
Mariku als psychologe -kicher-
omg ich stell ihn mir grad vor wie er da sitzt, mit der brille auf der nase, nen notiezblock und ryou vor ihm liegt und dann BOOM
tauschen die rollen und mariku erzählt ryou sein ganzes leid

mah ich mag das kapitel*Q* wie die anderen~ gott ich kann mich einfach nur wiederholen *Q*
es ist einfach nur hammer goil *3*
-weiter lesen muss-
Von:  Stanislaw
2010-06-25T16:33:56+00:00 25.06.2010 18:33
-auf maunz-
mah Q//////////////Q ich leide so mit marik mit >.<
aber ist er selber drann schuld wenn er mariku nie sagt was sache ist >> so ein teebeutel ey~
aber ryou -aufquietscht-
wie er sich freut *3*
ich find das so verdammt süß *3*
und ich mag es wie du Kura quälst XDDDD
maaah ~ die FF ist einfach nur der hammer X3
-durch flausch-
mein yami-chan ist doch das beste <3
Von:  RyouAngel
2010-06-22T11:57:24+00:00 22.06.2010 13:57
Oh das war wirklich ein sehr sehr tolles Kapitel...
Als malik gestorben ist (schäm dich sehr dafür!!), habe ich wirklich beinah geweint, es war einfach zu viel in der hinsicht...
*snifls*

Und mit Bakura...
Ja, endlich ist er nach Hause gekommen...
Endlich ist er wieder da wo er hingehört.
*schmelz*
Ich freue mich so sehr auf das nächste Kapitel, das glaubst du gar nicht...
Es wird traurig, da es das letzte ist...
Aber alles gute braucht einmal eine Ende.

Also bis zum nächsten Kapitel
*knuddels*

RyouAngel
Von:  Otogi
2010-06-19T21:55:05+00:00 19.06.2010 23:55
Oh Q___Q
Ist das Kapitel aber wunderschön gewesen...

Und was hab ich geflucht, als Marik es doch noch geschafft hat, Malik hochzuziehen >.<
Wäre er doch gleich mit verreckt! >.<
*hust*
Entschuldigung für meine Ausdrucksweise, aber ich bin immernoch der Meinung, dass Malik seine Erlösung finden soll *_*
Marik hat ihn einfach nicht verdient... <<

Aber nun mal nochwas:
Ich finde es unglaublich schön, wie du diesen Moment von Malik im Wasser beschrieben hast. Diese Gedanken und Gefühle, die er hier hat. Das ist wahnsinn, so etwas lese ich wirklich selten. Respekt.
*Kopf überzeugt nickt*

Und Bakuuu....
Also ich weiß, das klingt jetzt wirklich paradox, aber ich musste bei der Szene, als Baku zurück zu Ryou kam, anfangen zu Weinen, weil ich die Vorstellung einfach schön fand... Hat i-wie mehr Gefühle in mir geweckt, als die Vorstellung, das Malik vielleicht von Marik getrennt wird... Jedenfalls wars ein schönes Kappi, dass meine Gefühle mal wieder etwas auftauen lässt~
Das schaffen wirklich nicht viele~

Also mach braaav weiter so *___*
Von:  Stanislaw
2010-06-19T20:37:35+00:00 19.06.2010 22:37
*///////////////////////////////////////////////////////////////////*
OMFG WIE NIEDLICH *Q*
ICH LIEBE DEIN BRONZESHIPPING *Q*
und ich liebe deine art dinge zu umschreiben und mah aus zu schmücken und AH alles *Q*
die ff ist einfach nur hammer toll *Q*
-sich jedoch vor den puppen versteck-

Von:  Stanislaw
2010-06-19T19:54:40+00:00 19.06.2010 21:54
-lachflash-
-in pinken koribu schlafanzug durch die wohnung roll-
-sich nit mehr halten kann-
XD sorry aber xDDDDDDDDDDDDDDDDDDD
KURA IST SO GEIL XD IHR WISST SCHON DAS ICH DIE TÜR AUCH ALLEINE AUFMACHEN KANN XDDDDDDDDD
ich glaub das hat mir den rest gegeben XD
mah sie ist so genial und marik und mariku -sabber-
*3*
-gespannt weiter les-
Von:  Stanislaw
2010-06-19T16:13:56+00:00 19.06.2010 18:13
*QQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQQ*
-kura einfach mal nur anschmacht-
omg omg omg omg omg omg omg omg *Q*
ich habs endlich angefangen XD
und mah ich kann nur wieder sagen
Dein schreibstil ist so göttlich *Q*
-unbedingt weiter lesen muss-

btw. XD ich glaub ich muss an meinem kura in dem rpg noch etwas arbeiten XD
ich find ihn da noch etwas zu lieb *höhöhöhö*
Von:  Mimmy-chan
2010-06-17T17:41:28+00:00 17.06.2010 19:41
MALIK NICHT STERBEN *schluchtz* +*usammensack*
bitte nicht ich veftrag keine Damatischen enden *schluchtz* *wimmer*
o(T.T)o
---------------------------
*griiiiiiiins* Johu endlich ist bakura wieder zu hause *freufreu* ich bin gespannt was bakura noch vor hat *hehehe*
(>^.^<)
---------------------------
extreme gefühlsschwanken machen sich bei mir breit. ich wies nicht ob ich weinen oder lachen soll *seufz* du bringst mich durcheinander
o(>.<)o

chuchu mimmy-chan
Von:  LDrache
2010-06-17T14:54:16+00:00 17.06.2010 16:54
heul, *shnif* traurig, bitte, lass malik nicht sterben..ich weiss das Marik seine lektion jetzt gelernt hat, ich weiss er ist ein vollide.., aber er und Malik gehören einfach zusammen...*shnif*
schön geschrieben und ich freue mich riesig für Bakura und Ryo, =) endlich sind sie wieder vereint =)
hammer kapitel, freue mich auf den letzten, hoffentlich mit dem happy end für beide partein, Bitteee *Hundeblick* =)
*knuddel*
Von:  Ryou_chan
2010-06-17T13:52:01+00:00 17.06.2010 15:52
Ach neiin wie süüüß Ryou schläft im Bett von Kura *____* Bin mal gespannt was jetzt noch mit den beiden passiert und natürlich auch wie es mit Marik und Malik weitergehen wird :)

Lieeb Grüße ♥


Zurück