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Blutrote Rosen

von

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Kapitel 4

Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, stand ich auf, wusch mich und zog mich an.
 

Dann lief ich nach draußen. Es goss wie aus Eimern und ich hatte keinen Schirm dabei. Trotz meiner Kapuze wurde ich nass. Und als ich mein Ziel erreichte, war ich durchnässt bis auf die Haut. Aber das hielt mich nicht von meinem Ziel ab:
 

Ich wollte unbedingt mit Kalle sprechen!
 

Ich betrat das Firmengebäude und stieß prompt mit jemandem zusammen.
 

„Holla Kurzer, pass auf wo du hintrittst…“
 

Ich stöhnte innerlich auf.
 

Diese rauchige Stimme hätte ich unter Tausenden wieder erkannt: Fiddi!

Ich versuchte, mich mit gesenktem Kopf an ihm vorbei zu mogeln. Aber Fiddi hielt mich zurück.
 

„Moment ma… Bissu nich der Kleine von neulich?“
 

Diesmal würde ich mich nicht einschüchtern lassen. Ich blieb stehen, drehte mich demonstrativ langsam um und starrte ihn an.
 

„Nee, ich bin Kalle, weißte?“, meine Stimme zitterte leicht. Ich hoffte, dass Fiddi das nicht bemerken würde.
 

Der kicherte besoffen.
 

„Du gefälls mir!“, lallte er und trank den letzten Schluck Bier aus seiner Flasche. „Und du hast ne süße Visage! Wenn ich nich schon ne’n Freund hätte, würd ich dich auffer Stelle flachlegen!“ Er grinste wieder sein dreckiges Grinsen.
 

Ich starrte ihn entgeistert an. „Das hast du letztes Mal auch versucht!“
 

Fiddi runzelte die Stirn. „Jaaah“, rülpste er. „Abba da war ich noch Single und ich stand unta Drog’n! Bin jezz endgültich’ clean!“
 

„Sicher! Deswegen bis du auch grad so besoffen!“
 

„Ey, das macht das Bier! Drogen hab ich seitdem nich mehr genom’n!“

„Bist also auf Alk umgesprungen, was?“
 

„Ja und, was geht’n dich Zwerg das an? Du bist schließlich nich meine Mudda…“
 

Oh ja… ich war wirklich froh darüber, nicht Fiddis Mutter zu sein.
 

„Sach ma, was machsu’ eigentlich hier?“
 

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Ich suche Kalle, wieso?“
 

Fiddi schüttelte den Kopf. „Der is heut’ nich da!“
 

„Wie, er ist nicht da?“
 

„Ja, er is halt nich da! Was willse’ denn von ihm?“
 

„Ähm“, ich zuckte mit den Schultern „Ich wollte ihn was fragen!“
 

„Oh“, krächzte Fiddi „War… Ich meine… Isses’ wichtig?!“
 

Ich überlegte. Naja… so irgendwie war es ja schon wichtig… Also nickte ich. „Ja, eigentlich schon!“
 

„Okay, komm mit!“
 

„Wieso sollte ich dir vertrauen?“
 

„Weil ich dich zu ihm bringen kann“
 


 

Ich wunderte mich, das Fiddi überhaupt noch gerade laufen konnte. So wie er gelallt hatte, hätte man meinen können, er hätte mindestens drei Liter intus.
 

Manchmal schwankte er ein wenig und ich musste ihn stützen, aber es kam selten vor. Normalerweise wäre es mir peinlich gewesen, neben jemandem her zu gehen, der besoffen war. Zumindest hatte ich das gedacht.
 

Aber ich spürte eine Veränderung: War ich sonst immer geduckt durch die Straßen gelaufen und hatte gehofft, dass mich niemand bemerkte, so wünschte ich mir jetzt fast gesehen zu werden.
 

Wenn jetzt jemand aus meiner Schule vorbeigekommen wäre, ich hätte nichts dagegen einzuwenden gehabt. Ja, sie sollten sehen, dass Fabian Maurer eben doch Freunde hatte!!!
 

Wenn auch nur Besoffene Freunde…
 

Dann wurde mir klar, was ich da gedacht hatte und verbannte diese Gedanken mit einem entschiedenen Kopfschütteln aus meinem Kopf. Ich schämte mich dafür. Wie sehr ich mich doch schämte. Wieso? Hatte ich so was wirklich nötig?

Fiddi war nicht mein Freund!
 

Fiddi hatte versucht mich zu vergewaltigen!
 

Fiddi nahm Drogen und trank Alkohol!
 

Und Fiddi war schwul!
 

Trotzdem… Wenn ich mir einredete, dass dem nicht so war, konnte ich mir sogar eine Freundschaft mit Fiddi vorstellen…
 

Ich schüttelte erneut den Kopf! Ich kannte ihn doch gar nicht!
 

„Was bisse’ denn so schweigsam?“
 

Ich zuckte zusammen. „Was? Hast du was gesagt?“
 

Fiddi schüttelte den Kopf „Nee“, sagte er. „Scheint mir nur so, als hättest du was auf’m Herzen“
 

Ich schwieg. Fiddi betrachtete mich nachdenklich von der Seite.
 

„Wenn was is kannstes’ mir ruhig sagen!“
 

Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer! Nein, das konnte nicht sein! Ich musste mich verhört haben. „Das sagst du nur, weil du besoffen bist“, grummelte ich.
 

„Nee, tu ich nich!“ Fiddi beugte sich so zu mir runter, dass ich ihm in die Augen sehen musste. „Ich mein das ernst! Sag ma: … Können diese Augen lüg- Oh, da isses’ ja, wir sind da!“
 

Fiddi unterbrach sich selbst mit diesen Worten und blieb vor einem Gebäude stehen. Er kramte einen Schlüssel aus seiner Tasche, schloss die Tür auf und zerrte mich hinter sich her ins Treppenhaus und dann in den Aufzug. „Null Bock zu laufen“, erklärte er und drückte den Knopf, auf dem eine große Fünf blinkte.

Mein Kopf wirbelte. Fiddi meinte es tatsächlich ernst! War das vielleicht so eine Art Freundschaftsangebot gewesen? Oder war es nur ein Trick um mich in eine Falle zu locken? Immerhin hielt ich Fiddi für nicht ganz dicht! Und er hatte mich vor kurzer Zeit noch umbringen wollen… Ob diese Aggressivität wirklich nur von den Drogen gekommen war?
 

Ich schielte misstrauisch zu ihm herüber; rechnete damit, dass er jeden Moment den Stoppknopf drückte und dann über mich herfiel…
 

Aber nichts dergleichen geschah. Fiddi stand einfach nur da, starrte auf die gegenüberliegende Fahrstuhltür und trommelte nervös mit seinen Fingern gegen die Wand.
 

Dann ruckelte es. Der Aufzug hielt an und wir waren im fünften Stock angekommen.
 

Fiddi angelte sich erneut den Schlüssel aus seiner Tasche. „Apartment 23“ Er grinste. „Kannst ruhig mit rein kommen… Kann nur sein, dass er noch nich wach is…“
 

Wieder dieses unheimliche Gefühl. Warum hatte Fiddi den Schlüssel zu Kalles Wohnung? Wohnte Kalle vielleicht gar nicht hier und Fiddi hatte mich wirklich herein gelegt? Ich schluckte. Vielleicht war ein Päderast, der kleine Jungs vergewaltigte? Oder vielleicht hatte er Kalle entführt und wollte nun auch noch mich haben um seine Sammlung an Liebessklaven weiter fortzusetzen? Oder er war ein Killer und hatte Kalle schon getötet?
 

So eine Art Nekrophiler! Ja, genau, dass musste es sein!
 

Ich würgte meine absolut schwachmatischen Wahnvorstellungen ab – das ging jetzt doch etwas zu weit – und folgte Fiddi mit wabbeligen Beinen und doch etwas nervös in die Wohnung.
 

„Ey, ich bin wieda’ zu Hauuuuseeeeeeeee!“, blökte Fiddi.
 

Diese Lautstärke wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen, denn soweit ich sehen konnte, bestand die Wohnung nur aus 2 Zimmern, einem Bad und einer kleinen Diele.
 

Auf dem Bett, in dem Zimmer dessen Tür nur angelehnt war, regte sich etwas.
 

„Fiddi?“, fragte eine Stimme „Bist du das?“
 

Ich kannte diese Stimme! Ich kannte sie gut!
 

Fiddi kickte lässig seine Schuhe von den Füßen, schmiss seine Jacke achtlos in eine Ecke und kletterte auf das Bett.
 

„Jupp“, sagte er und küsste die darauf liegende Gestalt sanft auf den Mund.
 

Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen: Es war Kalle!
 

Kalle setzte sich im Bett auf. „Du hast wieder getrunken“, murrte er. „Sollst du doch nicht!“
 

Fiddi schob beleidigt seine Unterlippe vor.
 

„War doch wirklich nur n’ ganz kleines bisschen“, nuschelte er. „Wirklich“
 

Kalle schüttelte den Kopf. „Also wirklich“, murmelte er. „Das gibt Strafe!“
 

Er wuschelte Fiddi durch die Haare. „Iiiieh“, sagte er plötzlich und zog die Hand zurück. „Du bist ja ganz nass! Regnets’ draußen?“
 

Fiddi nickte und strahlte. „Wir ham’ Besuch!“
 

Kalle hob irritiert den Kopf und sah mich an. Ich starrte nicht minder verwirrt zurück!
 

Nein! Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! Kalle auch noch schwul?
 

Warum hatte er mir das nie gesagt?
 

In meinem Kopf ertönte Fiddis Stimme: Du hast ne süße Visage!
 

Vielleicht sah Kalle das ja genauso und hatte mir nur seine Hilfe angeboten um… Oh mein Gott, vielleicht war er genau so ein Päderast wie Fiddi es zu sein schien?
 

Ich wich entsetzt einen Schritt zurück.
 

Kalle setzte sich anständig im Bett auf und strich sich eine Strähne seiner Haare aus der Stirn. Außer seinen Shorts hatte er nichts an. „Hi Fabi! Was machst du denn hier?“
 

Ich wich kopfschüttelnd noch einen Schritt zurück, spürte die kalte Türklinke in meinem Rücken. In meinem Hals saß ein riesiger Klos. „Nein“, flüsterte ich.
 

Tatsächlich, ich brachte nicht mehr als ein Flüstern zustande. „Nein, das kann nicht sein! IHR HABT MICH DIE GANZE ZEIT NUR VERARSCHT! IHR SCHWUCHTELN! IHR SEID EKELHAFT!“
 

Ich wartete die Antwort nicht ab, ich drehte mich einfach um und rannte aus der Tür.



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