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Lauter Einzelteile

26 Teile des Lebens, die sich Sterben nennen
von

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Gedankenflug

„Entschuldigen Sie bitte, mir ist gerade mein Kopf explodiert.“

„Ach, dann ist das Ihre Hirnmasse?“

„Ja, ich mache das gleich weg.“

„Das will ich Ihnen auch geraten haben. Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder hier seinen Dreck herumliegen lassen würde. Es liegt schon genug Müll auf der Straße.“

„Da haben Sie Recht. Es war auch gar keine Absicht.“

„Dann beeilen Sie sich aber, bevor der Verwalter kommt. Der sieht es nicht so gern, wenn lauter Einzelteile überall verstreut herumliegen, Gehirnmasse von irgendwelchen Menschen und so ein Zeug. Zu viele Gedanken auf einmal, verstehen Sie?“

„Ja, durchaus. Wann kommt denn der Abdecker?“

„Wegen der Proteine?“

„Kann man daraus noch Geld machen? Ich dachte, das wäre nur noch Müll.“

„Müll ist relativ, schauen Sie sich doch nur mal um. Diese Kanne zum Beispiel. Das Wasser hier.“

„Was ist das?“

„Die Ursuppe, quasi. Der Urschleim, wenn Sie so wollen, zumindest in Verbindung mit weiteren Zutaten.“

„Sind diese Zutaten, von denen Sie sprechen, etwa da drin? Das ist doch ein Krug.“

„Nein, eine Urne.“

„Ein Topf.“

„Nein, eine Urne.“

„Was ist das?“

„Was ist, vergeht. Was einst war, ist nicht mehr. Was nicht mehr ist, das war einmal. Merken Sie sich das.“

„Nun, was war das dann?“

„Meine Mutter.“

„Ich glaube kaum, dass sie es in Ordnung findet, hier verstreut zu werden.“

„Asche zu Asche und Staub zu Staub. Man nehme Wasser aus einer Kanne, unter ständigem Rühren mit der Asche vermischen, bis sich eine zähe Masse ergibt. Was zählt, ist das, was dabei hinten rauskommt, was bei Wasser und Erde logischerweise Matsch ist.“

„Sprechen Sie nicht so über Ihre Mutter.“

„Ich will gar nicht wissen, wie lange sie brennen musste. Allein das Herz ist schon ziemlich zäh. Früher hat man fremde Menschen, die man nicht als Menschen akzeptierte, für Kannibalen gehalten.“

„Wie kann man jemandem unterstellen, ein Kannibale zu sein, wenn man ihm nicht zugesteht, Mensch zu sein?“

„Angeblich sollen sie einem das Herz aus der Brust gerissen und gegessen haben. Stellen Sie sich das mal vor, ein kräftiger Muskel, der ein ganzes Leben lang arbeitet. Das braucht eine Menge Zeit in einem ziemlich heißen Topf. Eine wirklich anstrengende Arbeit, so ein Leben zu zerlegen.“

„Ich glaube wirklich nicht, dass Ihre Mutter damit einverstanden wäre. Mein Hirn liegt da schließlich auch noch rum.“

„Wussten Sie, dass, genauer betrachtet, das Gehirn nur ein Klumpen Matsch ist?“

„Wir sind aus der Erde entstanden und gehen wieder in sie ein, das ist wohl wahr. Irgendwelche Leute, wie beispielsweise Sie jetzt, können aus dem Schlamm einen Kuchen bauen.“

„Einen Mutterkuchen, quasi. Nehmen Sie sich ruhig ein Stück.“

„Nein, danke.“

„Greifen Sie zu. Das hätte auch ich sein können. Aber was haben Sie denn dort?“

„Das ist ein Double-Action-Revolver.“

„Oh, der ist aber schwer.“

„Ja, Sünden wiegen immer schwer, nicht wahr? Oh, bitte halten Sie ihn nicht an ihre Schläfe.“

„Wieso denn nicht?“

„Setzen Sie hinter dem Ohr an, sonst sterben Sie vielleicht nicht, sondern werden nur blind.“

„Keine Sorge, das bin ich schon.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blaetterklingen
2010-11-19T11:48:48+00:00 19.11.2010 12:48
Wieso ist das immer wieder von neuen lustig :D Ich kann nicht genug davon bekommen. Das gehört definitive Aufgenommen und auf Youtube gestellt^^ Der Humor ist so genial. Und es ist toll, die ganzen Einzelnen Bilder, die Einzelteile sozusagen immer wieder auf sich wirken zu lassen, weil einen auch immer ein anderer Aspekt mehr ins Bewusstsein rückt. Vor allem so viel Wirkung mit so wenig Wörtern. Nichts zu meckern. Leider. Ich glaub ich lass mich mal an anderen Sachen von dir aus, damit ich mal was negatives sagen kann^^


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