Zum Inhalt der Seite

Assoziatives Schreiben

Du liest nur einen Satz...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Satz 18: Anthropos Raven

Während er zur Straße hinaufkletterte, wo sein grauer Wagen ihn erwartete, ließ er Handgelenke und Ellenbogen in vermeintlich komischer Nachahmung rudimentärer Flügel flattern.

Ein unscheinbarer Chauffeur hielt ihm die Tür auf.

„War die Mission erfolgreich, Sir?“

„Ja, Rupert. Das Ei ist gelegt.“

„Gratulation, Sir.“

„Danke, Rupert.“

Der graue Wagen fuhr los. Nachdenklich blickte Wolfram aus dem Fenster. Schickte noch einen letzten Blick der verlassenen Bauernhofruine, eher er sich seinen geschäftlichen Gedanken widmete. Morgen tagte der Vorstand und wollte mit ihm über den Fortbestand und die Zukunft seines Unternehmens verhandeln. Nun für den Fortbestand hatte er gesorgt. Langfristig würde das Unternehmen versorgt sein. Aber für die nächste Zeit würde er einen Plan brauchen, um sich diese lästigen Parasiten vom Hals zu halten.
 

„Jahrzehntelang haben Sie Ihr Unternehmen versucht als traditionsbewusstes Familienunternehmen zu führen“, erklang die Stimme von William Poissner.

„Jahrhunderte“, murmelte Wolfram leise.

„Aber nun geht es so nicht mehr weiter. Sie müssen sich der neuen Zeit anpassen und eine Aktiengesellschaft gründen. Das Unternehmen braucht das Geld für Investitionen. Zudem sollten Sie Ihr Alter bedenken und die Tatsache, dass Sie keinen Nachfolger haben“, polterte Poissner weiter. Seine Stimme hatte etwas Aufrüttelndes. Sollte sie jedenfalls, aber für Wolfram war sie wie eine Made auf dem Essen. Nun nahm sie etwas Versöhnliches an:

„Wolfram, bitte nimm das nicht persönlich. Du hast dein ganzes Leben in dieses Unternehmen investiert und immer wieder über die Jahre riesige Geldsummen für neue Projekte aufgetrieben. Aber wir stehen vor dem Ende.“

Die leblosen von zahlen gezeichneten Gesichter der weiteren Vorstandsmitglieder blickten Wolfram monoton und abwartend an. Langsam erhob er sich nun.

„Du hast recht William. Es wird Zeit für einen neuen Schritt. Ich stimme der Umwandlung zur Aktien Gesellschaft zu, aber du wirst an dieser Umwandlung nicht beteiligt sein. Desweiteren möchte ich hier verkünden, dass für einen Stammfolger gesorgt ist. Das Unternehmen wird also weiterhin in den Händen meiner Familie bleiben. William Poissner, Sie sind aus der Position des Geschäftsführers enthoben und räumen bitte doch schnellstmöglich Ihr Büro.“

Mehr gab es seiner Ansicht nicht zu sagen. Also begab er sich Richtung Tür, vorbei an den leblosen Vorstandsmitgliedern und dem erstarrten William Poissner.

Dieser fand doch noch seine Sprache, bevor Wolfram den Raum verlassen konnte.

„W… woher hast du auf die Schnelle einen Nachkommen gefunden? Hast du ein uneheliches Kind?“

„Nein, William. Die Mutter ist bei der Geburt gestorben. Aber ich versichere dir, dass er oder sie innerhalb der nächsten fünf Jahre bereit sein wird, meine Nachfolge anzutreten.“

Wolfram zog die Tür hinter sich zu. Er vernahm noch leise William Poissners nachgerufene Frage:

„Er oder sie? Was meinst du damit, Wolfram?“

Rupert stand bereit zu seiner Rechten.

„Wir können dann. Das Meeting ist beendet.“

„Sir, fanden Sie das nicht etwas zu gewagt, derartige Informationen Preis zu geben?“

Sein Chauffeur lief neben ihm her, ohne auch nur ein Geräusch zu machen. Mehr schwebend wie gehend.

„Nein, nein. Diese Idioten haben einen zu beschränkten Intellekt, als das sie dahinter kommen könnten. Nicht mal in deren schlimmsten Alpträumen würden sie auf diese Idee kommen. Mach dir mal keine Sorgen!“

Er klopfte seinem langjährigen Chauffeur und Freund auf die Schulter.

„Da fällt mir ein; du hast dich seit nunmehr dreißig Jahren auch nicht mehr reproduziert. Findest du nicht, dass es mal wieder Zeit wird?“

„Ja Sir, mir fehlt nur ein passendes Weibchen.“

„Nimm‘ dir die nächsten zwei Wochen frei und kümmere dich darum. Wenn ich bald geschlüpft bin, brauche ich nach mindestens einem Jahr einen fitteren Chauffeur.“

Wolfram lachte leise und stieg nun in den Wagen. Rupert nahm auf dem Fahrersitz Platz und startete den Motor.

„Nach Hause, Rupert.“

„Jawohl, Sir.“
 

Irgendwo in einem verregneten Wäldchen hörte eine Frau das Knacken von zerbrechender Schale. Katrin lag da. Hände auf dem Rücken gebunden, Beine fest verschnürt und der Mund geknebelt. Nur das Tuch, das die Augen bedeckte, war herunter gerutscht. Sie sah das riesige Ei neben sich liegen und hörte wie sich darin etwas bewegte. Das Knacken, anfangs noch vom prasselnden Regen, der auf den alten Bauernhof hinabstürzte, überdeckt, wurde nun lauter und energischer.

Katrin fragte sich, welcher Vogel bloß so riesige Eier legte. Es war mindestens einen halben Meter hoch, wenn nicht mehr. Das erste Stück der Schale platzte heraus. Ein schwarzer Schnabel erschien und ein schriller Schrei füllte den Raum. Der Schnabel verschwand wieder im Inneren des Eis, aber nun konnte Katrin sehen, wie ein Auge die Außenwelt besah. Um das Auge waren feine schwarze Federn zu sehen, aber etwas war merkwürdig. Katrin hatte noch nicht herausgefunden, was sie an diesem Auge störte, da erblickte es sie und Katrin sah es. Ein Menschenauge! Das war definitiv ein menschliches Auge. Noch bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte, verschwand das Auge und ein dürrer Arm schoss aus dem Loch. Ein mit Haut überzogener menschlicher Arm! Doch die Finger endeten als Spitze Krallen. Und genau diese wurden Katrin in den Bauch gebohrt.

Ihr Schrei war gedämpft durch den Knebel. Die Hand zog sich nach wenigen Sekunden auch wieder zurück ins Ei und ein schlürfen ertönte. Katrin rollte sich schwerfällig weg, was ihr Tränen in die Augen trieb. Blut lief aus ihren Wunden und sie konnte sich nicht befreien. Die Hand schnellte wieder aus dem Ei auf der Suche nach mehr Blut. Doch da war nun nichts mehr wie Luft.

Wieder tauchte das Auge auf und suchte das Zimmer nach Katrin ab. Als es Katrin erblickt hatte, begannen mehr Schalenstücke herauszuplatzen und die Schale zerbrach komplett.
 

Wolfram saß am Kamin mit einer Tasse Tee und der Zeitung. Gedankenverloren nippte er am Tee. Er hatte Katrin an der Universität kennengelernt, an der er ab und zu dozierte. Ein Mädchen, das nicht beachtet wurde und ihm alles geglaubt hatte. Perfekt um als Mutter für seinen Nachkommen zu dienen. Er fragte sich, ob sie schon vollständig aufgefressen war.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Bombadil
2009-09-28T11:35:16+00:00 28.09.2009 13:35
Hehehe...

Die gute alte Parasitengeschichte. Ja, davor scheinen Menschen sich echt zu fürchten. Wenn ich näher drüber nachdenke... *grins* Jaja, da kommen einem recht gute Ideen, wie Menschen ticken...

Aber zur Geschichte: Lässt sich gut lesen, außerdem mag ich Perspektivenwechsel. Aber ich finde diesmal sind ein paar viele Rechtschreibfehler drin, (zumindest in Richtung Zeichensetzung) die den Lesefluss zuweilen bremsen. Aber ansonsten eine "schöne" Geschichte, die die menschliche Paranoia nährt. Erinnert mich ein wenig an "Alien" und Ähnliches...
Von:  Ito-chan
2009-09-21T14:58:31+00:00 21.09.2009 16:58
Hi,

also... ich bin etwas... schockiert. Ich dachte eigentlich mein Wochenende würde damit enden, dass ich KEINEN Splatter mehr lesen muss.
Also die erste Hälfte gefällt mir und danach finde ich es einfach nur noch unangenehm beklemmend. Entschuldige, dass ich das sage, aber sowas ist einfach nicht mein Genre, nie gewesen, wird es nie sein.
Aber die Idee ist interessant, wirkt irgendwie... nun ja... gut überlegt und passt auch irgendwie zu dem Satz. (Ich hätte nie an etwas Vogelartiges gedacht.)
Du löst echte Emotionen aus, nur sind das leider keine positiven sondern eher Gänsehaut und auch irgendwie... Angst. Wenn das so sein soll Gratulation, ansonsten auch Gratulation. Ich muss sagen schreibtechnisch ist das sehr gelungen und auch gut geworden, aber sonst leider so gar nicht mein Fall, einfach weil das Thema mir nicht so sehr liegt.

Nun denn bis nächsten Monat.

Liebe Grüße
Ito
Von:  DJ
2009-09-20T18:25:07+00:00 20.09.2009 20:25
... Boah o.o"
Grausam.
Also ich dachte ja zuerst, dass es hier um Klonen geht. Aber sowas... *sprachlos*
Ich bewundere Leute, die solche Ideen haben!
Und du hast die Spannung, die auf diesen so grausamen Höhepunkt geführt hat, wirklich super aufgebaut. Trotz der Kürze immer wieder nur kleine Hinweise gestreut, mit denen man hätte draufkommen *können*.
Wahnsinn, ich bin ganz baff.

Mir gefällts wirklich super - natürlich nicht die Tatsache, aber wie du es geschrieben hast xD

Mach so weiter ^^
DJ


Zurück