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Bad Guys Always Die

Wer früher stirbt, ist länger tot
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die überarbeitete und korrigierte Fassung: Komplett anzeigen

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Ride One: You never met me, and you'll probably never see me again

Die Schüsse flogen ihm um die Ohren und das laute Rufen der Männer in seinem Rücken folgte unmittelbar. Sie schrien ihm nach, wollten ihn am Galgen hängen sehen. Er spornte sein Pferd an, trieb es weiter, um seinen Verfolgern so schnell wie möglich zu entkommen. In welche Richtung er ritt, wusste er nicht und so lange ihn die fremden Kugeln nicht trafen, war es auch erst mal nicht wichtig. Hauptsache fort von hier. Sein Pferd preschte davon, flog förmlich über den Sand und wirbelte Staub auf. Es lief geradewegs in die Wüste. Damit würde er seine Jäger abschütteln. Nie folgten sie einem windigen Hund wie ihm blindlings in die Wüste. Das könnte sie umbringen. Lieber zählten sie darauf, dass er sich in der Wüste verirrte und jämmerlich verdurstete und verhungerte, wie der jämmerliche Hund, der er war.

Schweine! »Ihr wollt doch bloß mein Kopfgeld!«, schrie er ihnen zurück, riskierte den Blick nach hinten und streckte ihnen seinen Mittelfinger entgegen. Er konnte es wohl Glück nennen, dass sie das schon nicht mehr sahen, dafür war er schon zu weit geritten. Denn allein für diese Geste hätten sie ihm eine Ladung Blei gratis in den Hintern geschossen.

Trotzdem hatte er Recht, das wusste er nur zu genau. Wenn sie ihn erkannten, jagten sie ihn immer nur wegen seines Kopfgeldes von 60 Millionen Berry und nicht, weil sie der Gesellschaft etwas Gutes wollten. Dabei tat er niemandem weh. Zumindest theoretisch.

Pisste man ihm ans Bein, gab er das gerne auch einmal doppelt zurück. Strafe musste sein und auf das Gesetz konnte man sich hier nicht verlassen. Alles eine Frage des Standpunktes und der Auslegung – des Richters oder des Sheriffs. Die waren natürlich nicht auf seiner Seite. Das Leben konnte schon hart sein als Wüstenpirat, wie man sie nannte.

Er zügelte sein Pferd und lies es in einen seichten Trab fallen. Die Verfolger hatten ihn schon längst aufgegeben und seinem Schicksal überlassen, manifestiert in der unbarmherzig herabscheinenden Sonne. Hoffentlich erreichte er schnell die nächste Stadt.
 

Das einzige, was er erreichte, war Durst, unbändigen Durst und Hunger. Vor drei Tagen war ihm das Wasser ausgegangen und letzte Nacht war ihm sein Pferd weggelaufen. Aber er kämpfte sich weiter durch das trockene Land dieser Ebene, wie die vergangenen drei Wochen schon. Immer vorwärts und hoffend, bald auf einen kleinen Fluss oder Bach, einen Teich zu stoßen oder tatsächlich endlich die nächste Stadt zu erreichen. Ansonsten würde er bald hier draußen krepieren. Dabei hatte er noch so viel vor …

Er blinzelte, beschattete seine Augen. Er glaubte, in der Ferne vor sich lange, große Schatten zu sehen. Könnte eine Stadt sein; wenn es keine Fata Morgana war. Er drückte sich selbst die Daumen.

Stetig schritt er weiter auf die Schatten am Horizont zu, doch sie kamen und kamen nicht näher. Es war deprimierend. Da stand er so kurz vor der Rettung und könnte trotzdem noch ungehört sterben. Aber er setzte weiter einen Fuß vor den anderen, sein Ziel fest und klar im Blick. Ja nicht aus den Augen verlieren! Er hustete, röchelte. Der Staub nistete in seiner Lunge, seiner ausgetrockneten Kehle. Er meinte zu spüren, wie ihm schon Sand statt Blut durch die Adern floss. So ein Schwachsinn.

Er wanderte die ganze Nacht, immerhin wusste man ja nie, ob man am nächsten Morgen wieder aufwachte, wenn man erst einmal schlief. Selbst wenn er noch so erschöpft war, er hatte einen eisernen Willen. Manche sagten, dies würde ihn noch einmal Kopf und Kragen kosten, seine Sturheit. Doch sein stärkster Gegner sah darin seinen Weg zum Ziel. Er gab niemals auf – schon gar nicht kampflos. Auch nicht, wenn er gegen eine Urgewalt der Natur kämpfte.
 

Als die Sonne am höchsten stand, stolperte er an den ersten Häusern vorbei, traf seit langer Zeit erstmals wieder auf Menschen. Die Schatten waren also doch keine Fata Morgana.

Er hielt eine Frau an, die geschäftig ihren Weg ging, und wollte sie nach einem Saloon, einer Kneipe, einem Gasthaus fragen. Irgendwas, wo man trinken und etwas essen konnte. Doch mehr als ein Röcheln bekam er nicht zustande. Die Frau lächelte mild und deutete schräg die Straße hinunter: »Das siebte Haus auf der anderen Straßenseite, da kriegen Sie was zu trinken und zu essen, junger Mann.«

Er nickte leicht, dankbar und ging die Straße hinunter, vergaß die Häuser mitzuzählen. Doch er fand die Lokalität zum Glück auch so. Groß hing das Schild am Giebel: Flying Lamb. Heftig stieß er die Tür auf, betrat die Kneipe oder was es im Endeffekt auch sein mochte, und schritt direkt auf den Tresen zu. Nur wenige Leute saßen hier, vorzugsweise Männer ohne Nutzen. Schwer ließ er sich auf einen der Hocker nieder, nahm seinen sandigen Hut ab und forderte mit brüchiger, staubverklebter Stimme: »Trinken. Essen.« Mehr konnte er nicht sagen.

Der Wirt nickte: »Klar«, und stellte ihm sogleich ein großes Glas Wasser vor die Nase.

Gierig schüttete er sich das wunderbare Nass seine ausgetrocknete Kehle hinunter. Endlich. Unaufgefordert bekam er noch ein weiteres und kurz darauf auch eine Portion Reis mit Sauce. Er verschlang das Essen und das Wasser.

»Nah, nicht so heftig«, grinste der Wirt, »Hast' dich in der Wüste verlaufen, hm?«

Er zuckte mit den Schultern: »Pferd verloren.«

»Glück gehabt. Hätte bös' ins Auge gehen können.«

»Ich weiß«, er nickte leicht, »Haste auch Rum?«

»Hast du auch Geld?«, stellte der Wirt die Gegenfrage und wackelte spöttisch mit einer gekringelten Augenbraue, die unter dem blonden Haar hervor lugte.

»Ich bin g'rad erst dem Tod von der Schippe gesprungen und du denkst an Geld?«, pokerte er.

»So ist das Geschäft. Es sind für uns alle harte Zeiten.«

Er war noch nie gut in Poker gewesen. Theatralisch seufzte er auf, hustete und suchte in seinen sandigen Taschen nach ein paar Münzen. Mit etwas Glück … »Drei Berry und sechzig«, kam er schließlich auf eine Summe, als er alle Taschen durchsucht und die kleinen Münzen gefunden hatte.

»Ist ja nicht gerade viel«, stellte der Wirt fest.

»Wenn du's nicht willst, ich kann's auch woanders ausgeben.«

»Sicher – Rum? Kommt sofort.«

»Geht doch«, brummte er noch und fuhr sich durch die grünen Haare, Sand rieselte auf seine Schultern und den Boden.

Der Wirt stellte ihm den gewünschten Alkohol vor und musterte ihn nun eingehend.

Er trank einen Schluck aus der Flasche, fragte: »Hab ich was im Gesicht?« Der stechende Blick nervte ihn.

»Ja, Sand.«

»… Witz komm raus«, schnaubte er.

Der Wirt zuckte nur leicht und amüsiert mit den Schultern, musterte ihn weiter. Schließlich fragte er: »Kenn' ich dich irgendwoher?«

Er hob zweifelnd eine Augenbraue: »Miese Anmache, die is' doch echt überfällig.«

Ride Two: But I know you – the name's Slim – you want revenge?

»Nah, im Ernst«, erklärte der Wirt, »Dein Gesicht kommt mir bekannt vor. Ich hab' dich schon mal irgendwo gesehen«, war er sich sicher.

Er zuckte nur mit den Schultern: »Und wenn schon.«

Der Wirt wollte noch etwas erwidern, vielleicht nach seinem Namen fragen, als ihn einer seiner anderen Gäste anforderte, auch bedient werden wollte.

Er nutzte die Unterbrechung und sah sich in der Gaststätte um. Rustikal und spartanisch eingerichtete, trotzdem gemütlich. Man konnte hier sicher seine Zeit lang sitzen, wenn die anderen Gäste einen nicht böse anstierten. Einem besonders auffällig gaffenden Mann, dem ein Zahn fehlte, streckte er den Mittelfinger entgegen. Er war doch keine Schaufensterpuppe, nur weil er nicht bei jedem sofort Sympathie weckte.

»Hey, benimm dich!«, meckerte ihn der Wirt postwendend an und schlug ihm auf die Hand, hielt in der anderen ein Tablett mit leeren Gläsern. Hatte wohl den Rundgang genutzt um Leergut einzusammeln.

»Sag das nicht mir«, murmelte er, wandte sich wieder um, seiner Rumflasche zu.

Der Wirt stand wieder hinter dem Tresen, sah ihn neugierig an: »Sind das deine Schwerter?«

»Was dagegen?«

»Ne, sieht man nur nicht alle Tage.«

»Hm.« Wieder trank er von seinem Rum, schwieg sich aus. Er redete nicht besonders viel und hielt die meisten Unterhaltungen, die er mithörte, für überflüssiges Geschwätz. Wen interessierte schon der neueste Klatsch über die Nachbarn oder all der andere Tratsch. Damit versuchten sie doch alle nur die Langweile und Eintönigkeit ihres eigenen Lebens zu vertreiben – erfolglos.
 

»Jetzt weiß ich's!«, rief der Wirt plötzlich aus, kramte unter seinem Tresen, Papier raschelte.

Er zog elegant eine Augenbraue an und bedachte den gebeugten Rücken des anderen mit einem skeptischen Blick. Zehn Minuten Ruhe wären wohl zu schön gewesen. »Was?«

»Woher ich dich kenne«, antwortete der Wirt und holte drei, vier Zeitungen hervor, »Ich hab' dein Foto gesehen.«

»In der Zeitung? Soso…«

Der Wirt nickte leicht und blätterte, »Wie heißt du noch gleich? Irgendwas mit Roro, Toro, Foro … oder so …«

»Zoro. Meine Name ist Roronoa Zoro.«

»Ja, sag' ich doch«, blätterte er weiter und zog schließlich einen Zettel hervor: einen Steckbrief. »Tatsächlich, hier: ›Wanted! Dead or alive: Roronoa Zoro. 120 Millionen Berry‹«, ein Pfiff verließ die Lippen des Wirtes, »Das is' 'ne Stange Geld. Dafür würden 'ne Menge Leute töten.«

»Wem sagst du das … 120 Mille?«, hakte er nach. Es war ihm zwar eigentlich nicht so wichtig, aber man sollte schon wissen, wie viel Geld der eigene Kopf wert war.

Der Wirt nickte: »120 – Wem bist du denn so auf den Schlips getreten?«, er grinste leicht.

»Niemand besonderem, denk' ich …«, zuckte er mit den Schultern.

»Besonders genug …«, der Wirt stutzte, »Du gehörst zur Strohhutbande?«

Er nickte stumm.

»Ist der Rest auch hier?«, der Wirt klang zweifelnd.

Er schüttelte den Kopf: »Nein, hab' sie in der letzten Stadt aus den Augen verloren.« Eigentlich völlig unmöglich mit ihrem Anführer. Der fiel ständig wie ein bunter Hund auf, aber in der Hektik der Flucht passiert so etwas schon mal; redete er sich ein.

Der Wirt lachte auf: »Man muss doch schon blöd sein, wenn man seine Bande verliert!«

Finster blickte Zoro ihn an.

Der Wirt hob beschwichtigend seine Hände und meinte noch: »Mach dir nich' gleich ins Hemd.«

Er schnaubte verächtlich. So machte der blonde Futzi sich bei ihm nicht beliebt.

Der Wirt wurde wieder ernst: »Die werden dich auch aus dieser Stadt jagen. Du solltest besser deine Vorräte aufstocken und so schnell wie möglich deine Bande wiederfinden.«

Skeptisch musterte er den anderen: »Achja?« Als ob er das nicht selbst wüsste.

Der Wirt nickte.

»Und wer gibt mir diesen glorreichen Tipp?«

»Sanji, mir gehört der Laden hier«, erklärte der Wirt und spülte endlich ein paar Gläser, die er schon die ganze Zeit in der Hand hielt, seit er die Zeitungen wieder weggelegt hatte. »Und du solltest dich wirklich bald vom Acker machen. In unser Städtchen kommen nicht viele Leute und wenn, spricht sich das schnell 'rum.«

Zoro hob leicht eine Augenbraue: »Macht sich der Herr etwa Sorgen um einen Wüstenpiraten?« Er hatte zwar nie Pirat sein wollen, aber bei jemandem wie Strohhut Ruffy zählte die eigene Meinung nichts.

Der Wirt Sanji schüttelte den Kopf: »Nein, aber ich geb' meinen Kunden eben Tipps, die sie interessieren könnten. Wenn du bereits mir als Gesuchter auffällst …« Er machte eine weiterführende Handbewegung.

»Alles klar«, er hatte eh nicht vor, all zulange zu bleiben. Er war ein Reisender. Er war nie lange an einem Ort, immer auf der Suche nach jemandem. Eigentlich suchte er Ihn, den besten Schwertkämpfer der Welt, um ihn zu besiegen und seinen Platz einzunehmen. Aber im Moment musste er zuerst seine Freunde suchen, die zu finden war wohl wichtiger.

Die Tür der Kneipe flog auf, brach fast aus ihren Angeln.

»Hey! Die brauch' ich noch!«, rief Sanji.

Der fast zwei Meter hohe Mann ignorierte Sanjis Ruf. Er war in einen schwarzen Umhang gehüllt und kam auf die Theke zu, bestellte mit tiefer Stimme.

Sanji musterte den Schrank von einem Mann skeptisch, stellte ihm aber seine Bestellung vor die Nase. Immerhin betrieb er ein Gasthaus.

Auch Zoro musterte den Neuankömmling skeptisch. Der würde ihm noch Ärger machen. Dafür hatte er ein untrügliches Gefühl. Er winkte Sanji heran und fragte gedämpft: »Ist der Kerl von hier?«

Sanji schüttelte leicht den Kopf: »Nicht direkt. Er ist der neue Besitzer der Stadt. War mal Oberbefehlshaber der Marinebasis in Shellstown… Alle paar Tage guckt er mal nach dem Rechten.«

»Verstehe«, murmelte Zoro und nickte leicht.

Der Mann wandte sich zu ihnen um. Misstrauen schien über ihm in fetten Lettern zu stehen. Er musterte den Raum und den grünhaarigen Schwertkämpfer, der nur zwei Sitze von ihm entfernt saß. Seine steife Haltung verhärtete sich noch weiter und seine massige Faust schlug auf den Tresen. »Roronoa Zoro!«, rief er aus, starrte ihn böse an, »Was machst du hier? Verfolgst du mich?«

Zoro hob skeptisch eine Augenbraue.

»Kennst du den Fleischklops?«, fragte Sanji, wollte gerade einem verschreckten Gast sein Bier reichen.

»Nicht das ich wüsste«, antwortete er ehrlich und hatte keine Ahnung, wer der Mann war. Der Fremde knurrte, nahm den langen Mantel von den Schultern und offenbarte sein Antlitz. Zoro musterte ihn. Irgendwoher kannte er dieses klotzige Gesicht und den Beilarm, aber er wusste partout nicht woher.

»Captain Morgan!«, donnerte die schwere, kratzige Stimme des Fremden und enthüllte nun endlich seine Identität.

»Morgan?«, hakte er leise nach. Es klingelte. Ruffy und er hatten ihn bei ihrem ersten Treffen vollkommen besiegt. »Ich erinner' mich«, erklärte er trocken und nippte wieder an seinem Rum. Es interessierte ihn nicht weiter, wer da neben ihm saß. Er wollte nur seine Ruhe und sich einen Plan zurechtlegen, wie er wieder zu seinen Freunden käme.

»Verfolgst du mich? Willst du mich immer noch fertig machen? Ich bin der Arm des Gesetztes, Pirat!«, donnerte Morgan.

Seine Augen blickten kurz rüber, dann widmete er sich den letzten Tropfen seines Rums und dem Wirt: »Sag mal, kann man hier irgendwo penn'?«

Sanjis Augen lagen ebenfalls auf dem Fleischklotz, ehe Zoro ihn ansprach und seine Aufmerksamkeit ablenkte: »Für umsonst?«

»Äh … sieht so aus.« Er war eben Pirat, die waren gemeinhin nicht als Goldesel bekannt.

»Nicht für Fremde.«

»Und für Bekannte?«, fragte er weiter. Er brauchte dringend Schlaf.

»Hey Roronoa!«, donnerte wieder die kratzige Stimme, »Bammelt's dir vor mir?«

Zoro schnaubte: »Wovon träumst du nachts, Idiot?«

Ride Three: Then don't shoot, I'm in the same boots as you

»Du hast keine Chance gegen mich!”, erklärte Captain Morgan mit lauter Stimme, erhob sich und warf dabei den Hocker um, auf dem er saß. Den Beilarm auf seine Brust gerichtet, drohte er Zoro.

»Das 'ne klare Ansage«, warf Sanji ein, hob skeptisch eine Augenbraue, »Aber ramponiert mir nicht mein Lokal!«

»Du hast Probleme«, murmelte Zoro, trank den allerletzten Tropfen Rum aus seiner Flasche und wandte sich Morgan zu: »Ich hab' dich schon einmal platt gemacht, das schaff' ich auch ein zweites Mal locker!« Seine Schwerter an seiner Hüfte klickten leise, als er sie nacheinander aus ihren Scheiden zog.

Mit seinem Beilarm voran warf sich Morgan dem grünhaarigen Schwertkämpfer entgegen, der leichtfüßig zur Seite sprang. Die scharfe Klinge des Beils fraß sich in das Holz des Tresens.

»Hey!«, rief Sanji, »Mein Tresen! Verdammt!«

Morgan blitzte scharf zu dem blonden Wirt und knurrte: »Bist du für den elendigen Piraten, bist du gegen die Gerechtigkeit!«

»Ich bin für mein Eigentum«, zischte Sanji.

»Hey Hackebeil«, flötete Zoro und mit einem schnellen Schlag nagelte er Morgan auf den Dielen der Kneipe fest, »Alles klar, Arsch?« Er schnaubte verächtlich.

»Mein schöner Tresen. Voll die Riesenfurche. Scheiße!«, grummelte Sanji, war um den Tresen herumgekommen und besah sich den Schaden aus der Nähe. »Verdammter Mist!«

Zoro sah auf, lockerte seinen Griff nicht: »Na, schlimm?«

»Ärgerlich«, Sanji zündete sich eine Zigarette an und deutete auf Captain Morgan: »Darf ich mal?«

Zoro grinste nur leicht: »Tu dir keinen Zwang an«, und überließ ihm den Mann mit dem Beilarm. Sanji schickte den unliebsamen Gast mit einem gezielten Tritt ins Reich der Träume. »Vollidiot.«
 

»Sanji!«, empörte sich ein gerade eingetretener Gast, »Was tust du da um Himmels Willen? Du verprügelst einen ehrenwerten Marinekapitän!«

»Ehrenwert?«, fragte Zoro ungläubig, zog so die Aufmerksamkeit des neuen Gastes auf sich.

»Roronoa Zoro!«

Er verdrehte die Augen: »Berühmt zu sein ist manchmal echt ein Kreuz.«

Sanji grinste leicht.

»Sanji! Du machst doch mit diesem gemeinen Piraten nicht etwa gemeinsame Sache?!«

Zoro hob leicht eine Augenbraue. Gemein? So etwas verbat er sich! Skeptisch musterte er den Mann und erkannte den Stern an seinem Kragen. So schnell lief man also dem Sheriff über den Weg. Großartig, und vorstellen musste er sich auch schon nicht mehr. Dann konnten sie ja gleich zu dem Teil mit dem Blei in seinem Arsch kommen.

»Äh, nein …«, antwortete Sanji leicht irritiert.

»Weißt du, wie viele Berrys auf seinen Kopf ausgesetzt sind? Er gehört sofort aus dem Verkehr gezogen! Greift er auch noch einfach so einen unbescholtenen Bürger und Marinekapitän an«, erschütterte sich der vermeintliche Sheriff weiter.

»He!«, protestierte Zoro. So ließ er nicht über sich reden, wenn er daneben stand. »Ich bin auch ein unbescholtener Bürger! Also wirklich.«

Sanji lachte auf: »Das glaubst du doch selbst nicht!«

»Man kann's doch mal versuchen«, antwortete er grinsend.

»Idiot.«

»Billige Bierschenke.«

»Suchst du Streit?«, Sanji funkelte ihn böse an.

»Sanji! Du willst dich doch nicht mit einem so gefährlichen Verbrecher anlegen!«, rief der Sheriff in Angst um sein Schäfchen.

»Können Sie sich mal entscheiden?«, blökte Zoro, »Erst machen wir gemeinsame Sache, dann legt'r sich mit mir an – entweder hü oder hott!«

»Weder noch«, erklärte Sanji entschlossen, »Ich bin nur der Wirt. Sich mit einem Piraten anzulegen, ist Sheriffsache.« Damit verzog sich der Blonde wieder hinter seinen Tresen: »Aber nicht in meinem Lokal!«

»Stell dich nicht so an. So toll ist das jetzt auch wieder nicht«, entgegnete Zoro, ignorierte den Sheriff gekonnt.

»Roronoa Zoro! Ich verhafte Sie hiermit. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen…«

»Interessiert mich nicht«, unterbrach Zoro, »Ich lass' mich nicht so leicht verhaften, Westentaschencop.«

»Das ist Amtsbeleidigung!«

Zoro wackelte elegant mit seinen Augenbrauen. Das interessierte ihn noch viel weniger. Der Kerl war wohl neu im Geschäft.

»Wunder' dich nicht. Ist erst vorgestern zum Sheriff ernannt worden«, bestätigte Sanji seine Vermutung prompt.

»Wieso? Soll er die Gauner mit seinen Witzen in die Flucht jagen? Ich sag' dir, das funzt nicht.«

»Dacht' ich mir auch schon.«

Anscheinend mit der Situation überfordert, sah der Sheriff von einem zum anderen, unschlüssig, was er als nächstes tun sollte. Wie könnte er die Situation gefahrlos und zu seinen Gunsten auflösen?

Zoro sah noch einen kurzen Moment den Sheriff an, stufte ihn als ziemliche Nullnummer ein und wandte sich wieder dem Tresen und dem Wirt namens Sanji zu: »Also noch mal wegen dem Bett: Kann man hier irgendwo penn'? Für so wenig wie möglich.«

»Als Pirat?«, fragte Sanji, »Da müssteste schon richtig Kohle auf der Tasche haben. Ansonsten … verdien's dir.«

Zoro verdrehte leicht die Augen, nickte aber ergeben: »Klar, aber erst penn'. Ich bin schon seit Tagen wach.« Wenn er sich nicht langsam hinlegte und den Schlaf nachholte, kippte er um.

Sanji nickte: »Dann hätt' ich 'n Zimmer für dich.«

»Sanji!«, protestierte der Sheriff empört, welcher der ganzen Szene nur tatenlos zusehen konnte.

»Klasse«, meinte Zoro noch, ehe er der Treppe nach oben folgte, die im hinteren Teil des Raumes lag, und eines der Zimmer betrat, welches Sanji ihm als Angebot beschrieben hatte. Völlig geschafft und am Ende seiner Kräfte ließ er sich auf das Bett fallen. Kaum spürte er die Matratze und das Lattenrost unter seinem Rücken, fielen ihm bereits die Augen zu und der erste Schnarcher verließ seine sandigen Lungen. Er war wirklich vollkommen erschöpft. Dabei hatte er wenigstens noch seine Stiefel ausziehen wollen, würde seinen geplagten Füßen sicher auch wieder ganz gut tun. Außerdem hätte er sich vielleicht auch noch waschen sollen. Er war noch immer voller Staub, Sand und Dreck. Mehr als gewöhnlich für einen Piraten, und auch für seinen Geschmack zu viel. Aber im Moment schlief er tief und fest. Das war wohl auch im Augenblick das Wichtigste für seinen geschundenen und gequälten Körper. Er hatte sich selten zuvor so kraftlos gefühlt.

Traumlos ruhte sein Körper, versuchte neue Energie zu speichern. Beim Aufwachen musste er wieder volle Leistung bringen. Das verlangte er von seinem Körper, denn Schwäche duldete er nicht. Schwäche war eine Unzulänglichkeit, die unweigerlich Versagen nach sich zog.

Zoro versagte nicht. Niemals.
 

Er schlief. Er wollte lang und ausgedehnt schlafen, doch als er aufwachte, war es ihm, als wäre er gerade erst eingeschlafen. Und tatsächlich war es erst wenige Stunden her. Und jetzt stand der Sheriff vor seinem Bett, breite Männer als Verstärkung in seinem Rücken.

»Verdammt«, knurrte Zoro. Was sollte der Mist? Er war Gast in diesem Gasthaus. Das war doch nicht verboten!

»Wir nehmen dich fest«, versuchte es der Sheriff erneut.

Zoro schnaubte: »Das glaubst auch nur du«, er wollte das Schwert an seiner Hüfte ziehen, doch es fehlte. »Meine Schwerter!« Hastig blickte er sich um und sah sie bei einem der fremden Männer der Verstärkung. »Gebt sie mir zurück! Sofort!«, bellte Zoro. Niemand nahm ihm seine Schwerter ab!

Der Sheriff schüttelte den Kopf, fühlte sich triumphierend: »Nicht in hundert Jahren! Mit deinen Schwertern machst du uns fertig, das wissen wir.«

»Na immerhin«, murmelte Zoro und suchte nach einem Ausweg. Die Männer zielten mit ihren Pistolen und Gewehren auf ihn und würden ihn erschießen, wenn er nur einen falschen Mucks machte. Der Sheriff hatte sich Männer mit Mumm geholt. »Scheiße«, wisperte Zoro. Als Sieb oder Schweizer Käse wollte er nicht enden.

Da ging die Tür mit einem Ruck auf und ein schwarz gekleidetes Bein traf unvermittelt den Mann, der Zoros Schwerter hielt. Er fiel zur Seite und ließ die Schwerter dabei fallen. Zoro fackelte nicht lange, nutzte die Unruhe im Raum um seine Schwerter wieder an sich zu nehmen und in Kampfposition zu gehen.

»Sanji!«, erkannte der Sheriff empört, wer seine gute Tat unterbrach. »Machst du doch gemeinsame Sache mit Piraten!«

Lässig zog Sanji an seiner Zigarette, tippte mit der Schuhspitze auf die Dielen und antwortete ungerührt: »Ich helf' nur meinem Gast. Der Kunde ist König, sag' ich immer.«

Zoro grinste kurz.

»Sanji! Das ist strafbar!«

Ride Four: I'm telling the truth, I got a price on my head too

Der Blonde zuckte mit den Schultern: »Wenn guter Service strafbar ist, nur zu.« Vielmehr war er sauer, dass die Männer ihn in seinem eigenen Gasthaus überrumpelt und niedergeschlagen hatten. Das kratzte ziemlich an seinem Ego.

»Macht sie beide fertig!«, brüllte der Sheriff.

Zoro wackelte mit einer Augenbraue: »Mach doch selber!« Er verachtete Menschen, die nicht selbst Hand anlegen konnte. Kommandieren konnte jeder, aber wenn man wollte, dass etwas richtig gemacht wurde, musste man es selbst tun. War zumindest seine Meinung. Er hieb mit seinen Schwertern durch die Luft und schon allein der Druck überwältigte ein paar der Männer, allen voran den Sheriff. Zoro schnaubte verächtlich: »Schwächling!«, und so etwas schimpfte sich ›Arm des Gesetztes‹.

Auch Sanji blieb nicht tatenlos und zwang mit einem weiteren gezielten Tritt zwei andere Männer in die Knie. Dann schaltete er den sich wieder aufrappelnden Sheriff endgültig aus.

Zoro ließ ihn machen, hinderte einen der zähen Männer lieber daran, auf sie zu schießen.

»Lass uns verschwinden. Ich hab' schon für uns gepackt!«, schlug Sanji vor.

Zoro blinzelte einen Augenblick, folgte ihm aber aus dem Zimmer und zurück hinunter in die Schenke. »Uns? Wir zwei? Zusammen?« Eine bescheuerte Idee.

»Glaub' nicht, dass mir das gefällt, aber wir sitzen jetzt im selben Boot. Die werden auf mich auch ein Kopfgeld aussetzten, weil ich dir geholfen hab'.«

»Selbst Schuld«, Zoro zuckte mit den Schultern, »Hab' dich nicht drum gebeten.«

»Ich hab's auch nicht deinetwegen gemacht. Aber das ist für die doch irrelevant.«

»Hm«, Zoro war das trotzdem suspekt, »Dir ist schon klar, wenn ich meine Freunde gefunden hab', is' Schluss.«

Sanji nickte: »Klar. Solange hatte ich auch gar nicht gedacht. Nur bis in die nächste Stadt. Allein ist die Wüste tödlich.«

Bedächtig wiegte Zoro den Kopf. Er war schon einmal fast in der Wüste verreckt. Das konnte er sich in seinem geschwächten Zustand nicht leisten. »Okay. Bis in die nächste Stadt.«

»Dann hier!« Sanji drückte ihm eine Tasche in die Hand: »Gut drauf aufpassen. Is' Futter.« Dann verließ er sein Gasthaus Flying Lamb schweren Herzens. Er hatte viel Arbeit und Mühe hier hinein gesteckt. »Ich hab' zwei Pferde für uns.” Aber alles trauern half nichts. Sie mussten die Stadt verlassen.

»Dann nichts wie weg!», Zoro schwang sich auf eines der Pferde und gab ihm die Sporen. Sanji folgte ihm so schnell sein Pferd galoppieren konnte. Seite an Seite verließen sie die Stadt, hörten die Schüsse und blickten nicht zurück. Die Männer des Sheriffs wollten seinen, nein, sie wollten ihre beiden Köpfe: Roronoa Zoro, der Strohhutpirat, und Sanji, der Piratenfreund. Zoro lachte auf. Alberner Gedanke.

»Das ist nicht lustig!», wies Sanji ihn scharf zurecht, »Das hätte auch ganz anders ausgehen können.«

»Jaja«, brummte Zoro, trieb sein Pferd weiter voran. Er wollte so schnell wie möglich aus dem Sichtfeld der Stadt.
 

Nach einigen Meilen zügelte Sanji sein Pferd und legte es in einen leichten Trab. »Ich glaub', wir sind weit genug weg.«

Zoro blickte sich kurz um, zügelte dann ebenfalls sein Pferd. »Mhm«, murmelte er und überlegte einen Moment: »Dann bist du jetzt also auch ein Gesetzloser«, stellte er fest.

Sanji zuckte mit den Schultern.

»Gefällt's dir?«, witzelte Zoro.

Sanji schnaubte: »Geplant war das nicht, Graskopf.«

»So schlimm ist das auch nicht – Macht eigentlich Spaß.«

Sanji warf ihm noch einen skeptisch-mürrischen Blick zu und ritt einfach weiter. Also hielt Zoro seinen Mund, sah gleichgültig in die Weite der Wüste. Er ließ seine Gedanken schweifen, gab es ja sonst nichts Besseres für sie zu tun. Immerhin sah jedes Sandkorn gleich aus und das Pferd trabte von alleine geradeaus, da musste er sich nicht für anstrengen. Mit dem Blick auf den Horizont fragte er sich, wie es seinen Freunden wohl gerade ging, was sie jetzt wohl taten. Wahrscheinlich regte sich Nami wieder auf und zickte durch die Gegend, dass Ruffy Scheiße gebaut und sie sich auf der Flucht verloren hatten. Sicherlich gab sie ihm, Zoro, die Schuld, dass er jetzt getrennt von ihnen durch die Wüste ritt. Er glaubte, ihre schimpfende Stimme hören zu können – und Ruffys Gelächter.

Zoro schüttelte den Kopf. Er brauchte sich nicht seine Freunde einbilden. Bestimmt sah er sie noch früh genug wieder und das schneller, als ihm lieb war. Manchmal gingen sie ihm derart auf die Nerven … Er seufzte leise und ließ seinen Blick durch die Wüste schweifen. Vielleicht wäre es doch ganz gut, wenn er etwas tun könnte. »Warum hast du das jetzt eigentlich gemacht?«, fragte Zoro, sah kurz zu dem Blonden. Er war zwar eigentlich kein sehr gesprächiger Mensch, aber immer noch besser, als von seinen Freunden zu halluzinieren.

»Hat sich so ergeben«, wich Sanji aus.

»Klar.« Sanji war ihm keine Rechenschaft schuldig, aber irgendwie machte ihn das neugierig. Ausnahmsweise. »Jetzt mal im Ernst.«

Sanji sah ihn scharf an und schnaubte: »Das geht dich nichts an.«

»Dann war's also meinetwegen«, grinste Zoro.

»So ein Unsinn!«, fuhr Sanji auf.

Zoro lachte. Das war doch eine schöne Ablenkung von dieser beschissenen, staubigen Einöde.

»Hör auf zu lachen!«

»Nah«, er schüttelte leicht den Kopf, hörte aber auf zu lachen; nur sein breites, amüsiertes Grinsen blieb. »Is' doch lustig.«

Sanji rollte genervt mit den Augen: »Du bist 'n Arsch.«

»Ach komm, ich langweil' mich nur.«

»Idiot«, brummte Sanji, »Gut, weißt du was? Ich fand's da eh ziemlich scheiße.«

»Tatsächlich?«, hakte er nach, »Ich dachte, dein Laden bedeutet dir was? Sah so aus.«

»Aber die Stadt is' ziemlicher Müll«, Sanji zuckte mit den Schultern.

Zoro nickte verständnisvoll: »Glaub' ich sofort.«

»Naja, eigentlich ging mir dieser Sheriff auf die Nerven«, er rieb sich den Hinterkopf, wo sich eine Beule ins Haar schälte. Diese Hinterwäldler mussten auch immer so grob sein.

Zoro grinste: »Der war sowieso so'n Vollidiot.« Er schmunzelte.

Sanji nickte bestätigend, sah kurz zu Zoro und lächelte leicht. Vielleicht war es doch nicht so schlimm ein ›Gesetzloser‹ zu sein, wie er dachte.

Ride Five: You ride like a cowboy toward the sun

Eigentlich verabscheute Sanji Wüstenpiraten. Sie überfielen unschuldige Reisende, fielen in Städte ein und raubten sie aus, schändeten Frauen und was sie sonst noch alles Schreckliches taten. Nur irgendwie erschien ihm Zoro anders. Sicher waren die 120 Millionen Berry nicht umsonst auf seinen Kopf ausgesetzt, aber wenn er ehrlich war: Was wusste er schon von Roronoa Zoro? Oder den anderen Strohhutpiraten? Nichts, und bisher hatte Zoro auch noch nichts wirklich Schlechtes getan. Er hatte etwas zu trinken gewollt und ein Dach über den Kopf für eine geruhsame Nacht. Außerdem hatte er ehrlich gesagt, dass er kein Geld besaß. Wie oft waren Sanjis Gäste schon einfach abgehauen ohne zu bezahlen, selbst wenn sie Geld hatten? Seltsamerweise glaubte er Zoro sogar, dass er seine Schulden abgearbeitet hätte. Er hatte die Ausstrahlung eines Ehrenmannes, voller Stolz und Würde seine Schulden zu begleichen. Selbst als Pirat. Leicht schüttelte Sanji den Kopf, schüttelte die Gedanken beiseite.

»Wir sollten uns niederlassen und Feuer machen«, meinte er dann und zügelte sein Pferd, dass es stand. Es war gleich, wo sie rasten würden. Hier war doch sowieso alles gleich.

»Hm«, stimmte Zoro ihm zu und hielt sein Pferd neben dem anderen. »Befestige aber dein Pferd gut«, riet er ihm. Er spürte noch den beschwerlichen Fußmarsch in seinen Knochen. Ohne Pferd, ohne Wasser und ohne Proviant die Wüste zu durchqueren, war eine Schnapsidee!

Sanji schmunzelte: »Da spricht wer aus Erfahrung.«

»Hm.«

Sanji klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Dann führte er sein Pferd zu einem dürren Busch, der mehr eine Ansammlung verholzter Gräser darstellte, und band sein Pferd an den festesten Strang. Zoro sah ihm zweifelnd zu, tat es ihm aber schließlich gleich in Ermangelung einer anderen Alternative. Sie sattelten ihre Pferde ab, nicht nur um diese zu entlasten, sondern auch um die Sättel später als eine Art Kissen zu verwenden. Man musste nicht heraufbeschwören, dass einem ein Skorpion ins Ohr kroch. Während Sanji ihren Pferden Wasser gab, suchte Zoro in der näheren Umgebung nach Feuerholz. Immerhin ging bereits die Sonne unter, und das schneller als den beiden wirklich lieb war.

Leise grummelnd kam Zoro zu ihrem provisorischen Lager zurück, das wenige Holz und Gestrüpp auf seinem Arm würde kaum für ein richtiges Feuer reichen. Aber mehr gab es hier nicht. Weit und breit nur Staub und Sand und Erde, aber kein Grünzeug. Nicht mal verdorrt.

»Hier gibt's nichts«, erklärte er, als er das wenige Pflanzenmaterial zu Boden fallen ließ.

»Is' ja auch 'ne Wüste«, entgegnete Sanji trocken.

Zoro ließ sich erschöpft auf den Boden fallen, streckte seine Beine von sich. Er war mehr als nur fertig und brauchte dringend erholsamen Schlaf. Wie aufs Stichwort musste er herzhaft gähnen.

Sanji war gerade dabei, das bisschen Unterholz in Brand zu stecken bis er schließlich ein bisschen Essen auf den flammenden Zungen kochte. Sie brauchten eine Stärkung. Vor allem Zoro brauchte eine Stärkung und Ruhe, wenn er das richtig sah. Sicher, er war ja schon vor ihrer Flucht durch die Wüste gezogen. »Bist du schon lange unterwegs?«, fragte Sanji. Er war ja nicht neugierig; obwohl, doch, er war neugierig.

Zoro sah auf, zuckte mit den Schultern: »Bestimmt. Hab nicht mitgezählt.«

»Ungefähr?«

»Vielleicht drei Wochen oder so? Wenn ich richtig gezählt hab«, er schloss die Augen. Eigentlich wollte er nur schnell etwas essen und dann endlich richtig schlafen. Sein Körper war so schwer und kraftlos wie schon lange nicht mehr. Manchmal, oder eigentlich ziemlich oft, wunderte er sich über sich selbst. Woher er all die Kraft und Energie hernahm um solche Strapazen zu überleben, von seinen gefährlichen und lebensbedrohlichen Kämpfen mal ganz zu schweigen. Aber er wusste auch, dass er einfach viel zu stur war, um jetzt einfach zu sterben. Er musste noch der beste Schwertkämpfer der Welt werden. Da machte es sich schlecht, wenn er in der Wüste just krepierte.

»So lange?«, Sanji sah ihn ungläubig an. Das ein Mensch das überhaupt aushielt. Unglaublich. Besonders da Sanji annahm, Zoro wäre die gesamte Zeit ohne Pferd, ohne Wasser und ohne Essen gewandert.

Zoro zuckte leicht mit den Schultern. So war das eben bei ihm. Dafür schüttelte Sanji nur leicht den Kopf und reichte ihm sein Abendessen. Es war zwar nur spärliches und sonst nichts weiter besonderes Essen, aber immerhin. Und Zoro war es eh gleich, was es genau zu essen gab. Hauptsache sein Magen hörte auf zu knurren.

Dementsprechend ausgehungert schlang er sein Essen und außer leisen Schmatz- und Schlürfgeräuschen sagte er auch nichts weiter. Wozu auch? Sie waren nur eine Zweckgemeinschaft, flüchteten in dieselbe Richtung. Sanji hatte selbst klargestellt, dass sie keine Freunde waren und sich ihre Wege so bald wieder wie möglich trennten. Schließlich stellte er die Schüssel ab, hätte ruhig noch mehr essen können. Aber er war weder gierig, noch wollte er schon bald wieder am Hungertuch nagen, weil er schon in der ersten Nacht den ganzen Proviant aufäße. Er war nicht lebensmüde!

»Am besten, du legst dich schon mal schlafen«, erklärte Sanji, als er die Schüssel an sich nahm, um sie notdürftig zu reinigen.

Zoro nickte leicht. Der Blonde hatte ja gar keine Ahnung, wie Recht er damit hatte. So fackelte er auch nicht lange, streckte seine schmerzenden Glieder, bettete seinen Kopf auf dem Sattel und war sofort eingeschlafen.

Sanji lächelte, als er das sah und hörte. Zoro schnarchte wie ein Holzfäller – dabei gab es hier im Umkreis von mehreren Meilen nicht einen Baum, der er hättet niedersägen können. Aber es ging ja auch nicht um das wie, sondern dass Zoro überhaupt schlief.

Schließlich legte sich auch Sanji schlafen, war ebenfalls ziemlich müde und erschöpft. Es war ein wirklich anstrengender Tag gewesen, für sie beide. Ebenso wie Zoro bettete auch Sanji sein Haupt auf seinem Sattel, rollte sich auf die Seite und schloss die Augen. Zwar schlief er nicht so schnell wie der andere ein, trotzdem war auch er bald im Traumland und schlief tief und fest.

Ride Six: And life ain't fun, when you're on the run

Am nächsten Morgen legten sich lange, noch kühle Sonnenstrahlen über ihr Lager und ihre beiden erschöpften, schlafenden Körper. Langsam kroch die Sonne am Himmel empor und war bereit die Wüste wieder in einen aufgeheizten Brennofen zu verwandeln. Wie jeden Tag. Sachte begann Sanji zu blinzeln, wachte langsam auf. Er war von Natur aus ein Frühaufsteher. Schon der kleinste Sonnenstrahl weckte ihn, und tat es so auch dieses Mal. Er schlug die Augen auf, blickte in die tiefgelbe Sonnenscheibe am Horizont und noch ein leichter Lufthauch fuhr über sein Gesicht. Er schmeckte den Sand auf seiner Zunge, fühlte den Staub auf seinem Gesicht und als er aufstand, um seine Sachen abzuklopfen, rieselte es. Ja, sie waren mitten in der Wüste, umgeben von Sand, Staub und all dem anderen Mist, der dazu gehörte. Definitiv.

Er stöhnte resigniert. Womit hatte er das nur verdient? Er war kein schlechter Mensch, hatte nie jemandem etwas getan; naja, doch, aber mit guten Gründen. Aber bei wem beschwerte er sich? Es hörte ihm ja doch keiner zu.

Er sah zu Zoro. Der grünhaarige Schwertkämpfer schlief noch. Sanji musste ihn wecken.

»Heh, Zoro!«, er rüttelte an seiner Schulter, »Aufwachen!«

Zoro grummelte und brummte, regte sich aber und sah ihn aus kleinen, verschlafenen Augen an.

»Aufstehen! Frühstück! Weiter reiten!«, erklärte Sanji knapp und bereitete ein kleines Frühstück aus ihrem Proviant.

»Schon?«, murmelte Zoro verschlafen, setzte sich aber auf, »Die Sonne ist ja noch nicht mal richtig aufgegangen…«

»Deswegen ja. Noch ist es kühl – oder willst du in der Mittagshitze auf dem Pferd garen?«

Zoro schüttelte den Kopf. Also setzte er sich richtig hin und atmete tief ein, musste wieder husten. In seinem Rachen war viel Staub. Er hasste die Wüste, hatte er das schon einmal erwähnt?

Sanji hielt ihm sein Frühstück hin: »Iss, tut dir sicher gut.»

Zoro nickte leicht, auch wenn er fand, dass Sanji das nicht extra sagen musste. Er gähnte herzhaft, bevor er anfing zu essen.

Auch dieser Tag würde anstrengend werden.

Während er aß, sah sich Zoro um, doch ihre Umgebung war noch immer genauso trostlos wie in der Nacht zuvor. Ihn wunderte das nicht. Leicht hob er eine Augenbraue, als er etwas kleines, Schwarzes über den Sandboden krabbeln sah. »Ein Skorpion …«

»Waah!«, Sanji sprang auf.

Zoro hob skeptisch eine Augenbraue. Was war denn mit der Kringelbraue los? Aber er grinste. Hatte er etwa Angst vor Skorpionen?

»Mach's weg!«, rief Sanji in einigem Sicherheitsabstand.

Zoro lachte, erhob sich aber und warf den kleinen Skorpion in die Weite der Wüste, weit weg von ihnen. »Angst?«, spottete er.

»Pah!« Peinlich berührt sah Sanji zur Seite, wollte sich nicht solch eine Blöße geben.

Zoro grinste.

»Grins nicht so scheiße …!«, murrte Sanji verstimmt.

Zoro grinste nur breiter. »Lass uns bald aufbrechen.«

Sanji nickte, stierte noch immer angesäuert geradeaus. Er fand das alles nicht besonders witzig. Ehr peinlich. Sehr peinlich.

Aber nichtsdestotrotz räumten sie ihr Lager nach dem Frühstück zusammen, sattelten wieder ihre Pferde und setzte ihren Weg durch die Wüste fort. Es blieb ihnen nichts anderes übrig. Gemächlich ritten sie voran. Die Wüste schien unendlich zu sein oder sie ritten einfach nur im Kreis. Das hoffte er zwar nicht, aber der Grünhaarige konnte das auch nicht mit Sicherheit ausschließen. Sein Orientierungssinn war, gelinde gesagt, nicht der Beste. In diesem Punkt musste er dem Blonden wohl vertrauen, immerhin musste dieser auch in die Stadt. »Wo liegt denn die nächste Stadt?«, fragte er nach.

Sanji sah zu ihm, zeigte dann vor sie: »Ein paar Tagesreisen Richtung Süd- Südwest.«

Er nickte leicht. Es half ihm zwar nicht weiter, da er nicht mit Sicherheit sagen konnte, wo Süd-Südost lag, aber sie würden schon irgendwo ankommen.

Also ritten sie weiter stumm durch die immer drückender werdende Hitze. Wie ein dünner Film legte sich der Sand auf ihre Schleimhäute.

»Hm…«, Sanji sah zu ihm, »Wie willst du eigentlich deine Freunde wieder finden?«, fragte er.

Zoro sah auf, zuckte leicht mit den Schultern: »Keine Ahnung. Ich hör mich um, wo sie gerade sind und dann geh ich dahin. Denk ich mal. Wieso?«, er sah den Blonden prüfend an.

»Na, ich hab mich gefragt, wie du sie finden willst. Du irrst hier durch die Wüste, auf der Flucht. Und deine Freunde sind doch auch aus der anderen Stadt geflüchtet, oder?«, erklärte Sanji, wiegte leicht mit dem Kopf. »Sie werden ja sicher kein ausgeschildertes Versteck haben.«

Zoro lachte auf: »Sollten sie vielleicht einführen.«

Auch Sanji schmunzelte. Wäre auf jeden Fall mal etwas anderes.

»Aber ich werd' sie trotzdem irgendwie finden«, erklärte Zoro zuversichtlich.

Sanji nickte leicht, dann schwiegen sie wieder. Ritten einfach durch den sandigen Staub, durch die Dünentäler. Stunde um Stunde, Schritt um Schritt durchquerten sie dieses Land voller staubigem Dreck. Fast fünf Tage und Nächte hindurch haderten sie der gelben Weite. Mit jeder Minute wurde es härter und schwieriger durchzuhalten. Sie konnten nicht einmal im Ansatz genug trinken, wie sie schwitzten. Wasser, Proviant, Kraft – alles schwand von ihnen im rasenden Tempo!

Zoro kam es so vor, als würde er schon wieder Wochen durch die Wüste kriechen. Die vorangegangenen Strapazen steckten noch immer in seinen Knochen, doch er murrte nicht, er beklagte sich nicht. Das Leben war gespickt mit Prüfungen und das hier war nur eine von vielen. Sie würde gar nicht der Rede wert sein, wenn er sie erfolgreich hinter sich gebracht hatte.
 

Nach all diesen Tagen konnten sie am Horizont die Silhouetten weniger Häuser erkennen. Oder zumindest dunkle Formen erahnen, die von Zivilisation kündeten.

»Dahinten! Ist das die Stadt?«, Zoro zeigte auf die flimmernden Schatten vor ihnen.

Sanji nickte leicht: »Ja, das is'e.«

»Na, wurd' aber auch Zeit…«, murmelte Zoro und grinste erleichtert. Endlich kamen sie in dieser vermaledeiten Stadt an. Aufgeregt trieben sie ihre Pferde an um tatsächlich bald anzukommen. Keiner von ihnen wollte mehr Zeit hier draußen verbringen als nötig.

Ride Seven: Got your gold and you got your gun

In langsamen Trab ritten sie in die Stadt ein und eigentlich war es nur eine armselige Ansammlung von Holzhütten. Skeptisch sahen sie sich um. In der Nähe musste es eine größere Stadt geben, so karg und ärmlich konnte man doch gar nicht leben. Obwohl, hier draußen waren sie alle Pioniere, hier gab es keine Annehmlichkeiten. Hier hinten war das Leben gefährlich und wenn man den Tag überlebte, war das allein bereits Luxus.

»Aber 'nen Saloon haben die hier…«, murmelte Zoro, als er die Kneipe entdeckte. Kaum wurden irgendwo mehr als zwei Häuser hingestellt, gab es eine Kneipe. Er schüttelte leicht den Kopf. So typisch.

Sanji schmunzelte, schüttelte ebenso den Kopf: »Alles Säufer.«

»Tja…«, musste Zoro grinsen. Das war immer das Erste, was er in einer neuen Stadt suchte: etwas zu Trinken.

Sanji schnaubte, hörte sich wie eine Antwort auf seine eigenen Gedanken an. Er stieg von seinem Ross und band es an einem Wassertrog vor dem Saloon fest. »Wir brauchen was für die Durchreise«, erklärte er gelassen.

»Durchreise?« Wollten sie sich nicht in der nächsten Stadt trennen? Allerdings verdiente dieses Örtchen die Bezeichnung ›Stadt‹ nicht. Er nickte zustimmend und stieg ebenso von seinem Pferd, band es an.

Zusammen betraten sie die Bretterbude, mehr war es eigentlich nicht. An der Wand hinter dem Tresen hingen Steckbriefe. Auch Zoros hing dort, an dem noch ein weiterer Zettel klebte: ›Mit Komplize!‹

»Na großartig«, murmelte Sanji düster. Wie schnell so was immer die Runde machen musste.

Auch Zoro hatte seinen Steckbrief und den Zusatz entdeckt und grinste nun: »Wart's ab bis es dazu ein Bild gibt. Dann wird's richtig lustig.« Er wusste, wovon er sprach. Wenn die Leute nur den Namen kannten, war das eine Sache, wenn sie aber das Gesicht kannten, war es ungleich schwerer, unbeschadet wieder aus einer Stadt zu kommen. Und hier hatten sie ja noch nicht einmal Sanjis Namen geschrieben, sondern einfach, dass Zoro einen ›Komplizen‹ hätte. »Kannst dich ja von mir fernhalten«, er grinste leicht. Würde dem Blonden sicher eine Menge Ärger ersparen, sobald die Dorfleute Zoro als Strohhutpiraten identifizierten.

»Ach quatsch«, murrte Sanji unwirsch.

Zoro grinste breit: »Ganz wie du willst…« Ihm war das gleich, er hätte so oder so den Ärger am Hals. Mittlerweile war er bekannt wie ein bunter Hund.

»Probieren wir's mal so«, erklärte Sanji leise und setzte sich an den Tresen, bestellte sich und Zoro etwas zu trinken. Der Grünhaarige setzte sich neben ihn. Mal sehen, wie lange sie hier bräuchten um sein Gesicht zuzuordnen. Sanji war ja richtig schnell gewesen. Als der hiesige Wirt ihnen die Getränke hinstellte, sah dieser sie allerdings kaum an. Mit einem spöttischen Grinsen hob Zoro sein Glas: »Cheers!«, und prostete Sanji zu.

»Kampai«, prostete Sanji zurück, sah sich in der Spielunke um und fragte schließlich den desinteressierten Wirt: »Wir sind auf der Durchreise und bräuchten ein wenig Proviant.« Ein Glück, dass immer Leute auf der Durchreise waren. Das war soweit nichts Ungewöhnliches. »Wo kann man hier einkaufen?« Gut, bei einer Ansammlung von vielleicht sechs oder sieben Baracken war die Auswahl eh nicht berauschend. Aber hey, sie würden sicher auffallen, wenn sie in jedes Gebäude sehen würden, nur weil sie nicht wollten, dass der Wirt sie erkannte. Sanji empfand es als ziemliche Belastung, dass überall Zoros Bild hing. Das war für sie wirklich gefährlich. Wie hielten Zoro und seine Freunde das bloß aus? Er wollte sich das gar nicht vorstellen und nahm sich vor, sich in einem anderen Ort einfach wieder niederzulassen und erneut eine Gaststätte zu eröffnen. Wüstenpirat würde er ganz sicher nicht werden!

»Müsst ihr zu Ronnie's gehen. Der hat alles, was man braucht«, antwortete der Wirt.

Sanji nickte leicht. Er glaubte, argwöhnische Blicke in seinem Rücken zu spüren. Bestimmt erkannte sie Zoro und wussten, dass er sein ›Komplize‹ war.

›Sanji, bleib ruhig‹, sagte er sich in Gedanken, ›Jetzt bloß nicht nervös werden. Bloß keine verräterischen Bewegungen machen; einfach normal sein. Alles ist wie immer.‹ »Verdammt!«, fluchte Sanji leise.

Zoro sah zu Sanji: »Probleme?«, schmunzelte er. Er konnte sich vorstellen, was Sanji dachte. Das erste Mal gesucht zu werden, war schon etwas Besonderes.

»Ach was«, murrte Sanji und nippte an seinem Getränk.

»Lass uns einfach schnell besorgen, was wir brauchen, und dann verschwinden«, schlug Zoro vor. Das war das Beste, was sie machen konnten.

Sanji nickte leicht. Klang nach einer guten Idee.

Sie tranken ihre Gläser leer, bezahlten und machten sich dann auf den Weg zu Ronnie's.

Zwar fanden sie den Laden, nur war seine Auslage wahrlich kümmerlich. Trotzdem füllten sie ihren Wasservorrat auf, kauften trockenes Brot, Dosenbohnen und Dörrfleisch. Sie mussten ja nur am Leben bleiben, besonderen Luxus waren sie beide eh nicht gewöhnt. Während Sanji bezahlte, Zoro war einfach noch immer pleite, hörte man vor dem Laden großen Tumult und aufgeregte Stimmen. Zoro lugte vorsichtig nach draußen und fluchte: »Scheiße!«

»Was?«, fragte Sanji, hatte seine Berry zusammengezählt.

»Geldgeiles Aas«, murmelte Zoro und wandte sich zu dem Blonden, »Die wollen unseren Kopf.«

»Verdammt!«, fluchte jetzt auch Sanji, vergaß sein Wechselgeld und nahm ihre Einkäufe, »Und was jetzt?« Er sah an Zoro vorbei nach draußen.

Der Wirt stand an vorderster Front, das Gewehr im Anschlag: »Roronoa Zoro! Ergib dich!«

Zoro schnaubte nur: »Du mich auch.« Er hasste es immer wieder. »Keine Ahnung«, antwortete er Sanji, »Augen zu und durch, würd' ich sagen.«

Sanji nickte bedächtig: »Ham wohl keine andere Wahl, hm?«

Zoro schüttelte leicht den Kopf. Sie hatten keine andere Wahl, oder sie würden im Gefängnis landen, oder hingerichtet werden. Darüber würde er jetzt allerdings nicht genauer nachdenken. Sie mussten hier weg. Sofort. Sie mussten sich wohl oder übel durch die Menge kämpfen. Er zückte zwei seiner Schwerter, das sollte kein Problem werden. »Dann ab durch die Mitte!« Er trat zur Tür hinaus und erwartete den Kampf. Sollten sie ihn oder Sanji angreifen, er würde gleich zurückschlagen. Er wollte doch einfach nur zu seinen Freunden zurück. Das war doch wirklich kein Verbrechen.

»Feuer!«, rief der Wirt und er und die andere Männer zielten, schossen auf sie.

»Ah, verdammt!«, fluchte Sanji und musste ihren neuerworbenen Proviant schützen.

Mit seinen Schwertern wehrte Zoro die Kugeln der Gewehre ab, drehte den Spieß einfach um und griff sie an. Ein weitläufiger Zug seiner Schwerter schickte die wenigen Männer, die versuchten sie aufzuhalten, zu Boden.

»Komm!«, rief er, packte Sanji am Arm und zog ihn mit sich, wollte sich mit ihm erst einmal irgendwo verstecken. Sie brauchten keinen überflüssigen Kampf. Zusammen rannten sie durch die wenigen Gassen, versteckten sich hinter einem der paar Häuser.

»Du bist echt doof«, murmelte Sanji, lehnte an der Wand.

Zoro schnaubte: »Ich war das nicht.«

Der Blonde verdrehte die Augen. Aber er hatte nicht den Nerv, darauf jetzt eine gescheite Antwort zu geben oder überhaupt zu antworten. Sie hatten ganz andere Probleme. »Und was jetzt, du Schlaukopf?«

Zoro zuckte mit den Schultern: »Wir haben doch alles, was wir brauchen – zurück in die Wüste«, empfahl er. Andere Fluchtmöglichkeiten hatten sie jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich war schon das ganze Dutzend Bretterbuden evakuiert worden, um ihn zu kriegen.

Sanji brummte missgestimmt. Er wollte nicht zurück in die Wüste. Zwar war er nicht der wehleidige Typ, aber er hatte es gerne etwas bequemer und mit wesentlich weniger Sand. Das sollte wohl im Bereich aller Möglichkeiten liegen. Tat es nur offensichtlich nicht. »Verdammter Mist!«, fluchte der Blonde, fragte sich, womit er das wieder verdient hatte. Warum war er nur so blöd gewesen und hatte ihren Sheriff angegriffen? Das hätte er sich echt zweimal überlegen sollen.

»So spült's Leben…«, murmelte Zoro leicht hin. Er hatte sich bereits daran gewöhnt. Es war in jeder Stadt schlussendlich dasselbe.

»Gut, wir brauchen 'nen Plan«, erklärte Sanji.

»Ab in die Wüste«, erklärte Zoro das Offensichtlich. Erntete damit aber nur böse Blicke von Sanji: »Einen guten Plan.«

»Die werden uns so oder so in die Wüste jagen«, erklärte Zoro, »Egal, wie gut dein Plan ist. Vertrau mir – ich kenn' mich aus.«

»Jaha, das glaub' ich gern«, murrte Sanji.

»Da! Da sind sie!«, hörten sie es plötzlich schreien.

Zoro verdrehte die Augen: »Hab' ich doch gesagt.«

»Verdammt!«

Ride Eight: But life as an outlaw just begun

»Also«, erklärte Zoro und spielte den Lehrer, »Möchte der Herr jetzt kämpfen und schlussendlich fliehen müssen, oder verschwinden wir gleich in die Wüste?«

»Feigling«, versuchte Sanji zu provozieren. Er wollte ums Verrecken nicht länger in der Wüste sein als zwingend nötig.

»Mimose«, gab der Grünhaarige zurück, brummte und zog wieder eines seiner Schwerter. Die hetzende Meute kam laut rufend und schreiend auf sie zu, ihre Gewehre in der Hand. »Erst kämpfen und dann in die Wüste verschwinden. Bitte schön«, grummelte er missgestimmt. Obwohl, es wäre als kleine Übung schon in Ordnung, man musste sich das einfach nur schön reden. Und prinzipiell fand er Kämpfen ziemlich geil. Mit diesen Gedanken setzte er einen Schwerthieb an, der die auf sie zukommenden Idioten – wie Zoro sie einfallsreich betitelte – zu Boden fegte. Er grinste. Er war schon ziemlich stolz auf das, was er konnte.

»Angeber…«, murmelte Sanji und verdrehte die Augen. Da hatte er sich auch gerade so schön in Kampfpose geschmissen und der Kerl machte sie alle alleine fertig.

Zoro grinste ihn nur kurz an, sah dann wider nach vorne. Dort rappelten sich die Idioten wieder auf, obwohl manche leicht unschlüssig wirkten, ob das wirklich so eine gute Idee war. Sie wussten sicherlich, dass mit Roronoa Zoro nicht gut Kirschen essen war. Er winkte die zweifelnden Idioten zu sich: »Traut euch nur«, rief er ihnen zu. Wenn sie schon kämpfen sollten, dann wollte er auch seinen Spaß davon haben.

So dumm, dass sie den Namen Idioten wirklich verdienten, rannten sie sogar tatsächlich auf Zoro und Sanji zu, kamen der Bitte des Schwertkämpfers offensichtlich nur allzu gerne nach.

»Ich lass' dir auch welche durch«, versprach Zoro, grinste noch einmal kurz.

Sanji sah ihn zweifelnd an und hob eine Augenbraue. Wollte der andere ihn verarschen? »Arschloch«, murmelte er sich selbst zu.

Schon war Zoro mitten im Kampfgetümmel und hatte bereits einige Gewehre zertrümmert. Sanji stürzte sich ebenso ins Kampfgeschehen und rammte einem Verfolger nach dem anderen seine Füße ins Gesicht, gegen die Brust, in den Bauch oder wo es sonst noch schön schmerzte. Der Blonde war nicht wählerisch.

Er kickte sie nieder, Zoro säbelte sie nieder.

Aus den Augenwinkeln konnte Sanji Zoro dann und wann während ihres Kampfes beobachten. Und er musste zugeben, dass Zoro tatsächlich gut war. Er sah ihn zum ersten Mal richtig kämpfen.

»Monster Strike«, hörte er Zoro rufen, Sanji spürte einen starken, fegenden Windzug und ihre Gegner lagen geschlagen auf dem Platz.

›Nicht schlecht‹, gestand sich Sanji ein. Das musste man ihm neidlos anerkennen, auch wenn dem Blonden das schon gedanklich schwerfiel und er es auch ganz bestimmt nicht laut sagen würde. Zoro wüsste es wahrscheinlich eh schon selbst und bildete sich sonst etwas darauf ein. Sanji verdrehte bei diesem Gedanken die Augen. Konnte er sich glücklich schätzen, Zoro bald wieder los zu sein. Er seufzte theatralisch auf und kickte den letzten Mann in die Bewusstlosigkeit.

Die Welt war bei so vielen Dummköpfen doch gestraft.

»So«, erklärte Zoro und steckte mit leisem Klirren seine drei Schwerter wieder in ihre Scheiden, »Und wo verbringen wir jetzt die Nacht, wo wir all die Mannen hier platt gemacht haben?«

»Ähm…«, Sanji seufzte leise und ließ die Schultern hängen, »Nicht in dem Gasthaus hier.« Verdammt! Also doch zurück in die Wüste.

»Ich hab's dir ja gesagt«, ließ Zoro leichthin von sich hören.

Sanji brummte nur: »Ach, sei still!«

Zoro klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter: »So schlimm ist das auch wieder nicht.«

Sanji wedelte nur unwirsch mit seiner Hand durch die Luft, ehe er sich eine Zigarette zwischen die Lippen steckte und sie anzündete. Die brauchte er jetzt dringend.

Zoro schulterte ihre Einkäufe und sah sich um. »Wo sind'n unsere Pferde?« Wo waren sie eigentlich genau, außer irgendwo zwischen den paar Häusern. Obwohl, eigentlich war das doch auch egal. Sie wären ja eh gleich wieder weg.

»Da vorne«, murmelte Sanji und ging schon in besagte Richtung.

Zoro folgte ihm stumm.

So packten sie ihren Proviant in ihre Satteltaschen, überprüften den Sitz und kaum, dass alles korrekt verstaut und angebracht war, hörten sie schon wieder Rufe. Fragend trafen sich ihre Blicke.

»Och nö…« Sanji sah in die Richtung, aus welcher der neue Lärm herkam. Hier schienen mehr geldgeile Kampfidioten rumzulaufen, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.

»Willst du wieder erst kämpfen?«, witzelte Zoro.

»Ach, halt die Klappe«, knurrte Sanji, trat die Zigarette aus, an der er eben noch beruhigend gezogen hatte, und schwang sich auf sein Pferd. »Wir haben alles – lass uns abhauen.«

Auch Zoro schwang sich auf sein Pferd.

Ein Schuss peitschte auf.

»Beeilung«, trieb Zoro. Er hatte keine Lust wegen Sanjis Unachtsamkeit zu einem Nudelsieb zu mutieren. Seinen ungelöcherten Leib konnte er noch ganz gut gebrauchen.

Sie feuerten ihre Pferde an, dass sie sie schnell aus diesem Bretterhaufen von Stadt herausbrachten. Sie schienen widerwillig zu schnauben, aber sie fügten sich ihren Reitern. Sie mussten ja doch alle zurück in die Wüste, ob sie wollten oder nicht. Schnell jagten sie ihre Pferde über den festgetretenen Sand der Straße, wenn man sie so nennen wollte. Doch auch ihre Verfolger schwangen sich auf Pferde, und wollten ihnen in die Wüste nachstürzen.

»Ist das immer so?«, jammerte Sanji, als noch mehr Schüsse zu hören waren. Er wollte sich gar nicht erst umdrehen und dem Kugelhagel ins Auge sehen.

»Meistens. Irgendwann in der Wüste lassen sie aber meistens wieder ab«, erklärte Zoro unbeteiligt. Er scheuchte lieber sein Pferd voran.

Sanji gab einen Laut des Unmutes von sich, scheuchte sein Pferd ebenso. Geschnappt werden wollte keiner von ihnen. Auch wenn Sanji ja eigentlich nichts getan hatte, ins Gefängnis werfen würden sie ihn trotzdem, mindestens. Schlimmeres wollte er sich nicht ausmalen. Er gab seinem Pferd weiter die Sporen, trieb es weiter voran, schneller. Hörte die Schüsse der Gewehre hinter ihnen peitschen.

»Die sind aber hartnäckig«, brummte Zoro. Er sah über die Schulter zurück. Eine Hand voll Reiter folgte ihnen immer noch, schossen noch immer mit ihren Gewehren auf sie. Dabei konnte man kaum mehr die Stadt in ihrem Rücken erkennen.

»Mann ey!«, maulte Sanji. Er wollte nach Hause. Aber er hatte ja nun kein Zuhause mehr. Er hätte sich echt nicht einmischen sollen … Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, dass sie vor den Dorfleuten flüchteten, die Schüsse in ihrem Rücken. Rational gesehen konnte es nicht allzu besonders lang gewesen sein, denn nach Ende der Munition ließen sie sie endlich in Ruhe. Ohne Waffen trauten sie sich nicht, sie anzugreifen und zu jagen. Feiglinge.

Doch Sanji war froh darüber, dass sie ihre Verfolgung endlich aufgaben. So konnten sie selbst nun endlich das Tempo drosseln. Es strengte sie und ihre Pferde enorm an, durch die Wüste zu galoppieren. Sie mussten ihre Kräfte sparsam einsetzen.

»Mistpack«, brummte Zoro, zügelt sein Pferd in den Schritt und blickte sich um. Hinter ihnen war nichts zu sehen außer den Hufspuren ihrer zwei Pferde.

Sanji lehnte sich leicht zurück, wollte eigentlich Entspannung durch diese Geste erreichen, doch dem war nicht so. »Mann ey!«, maulte er wieder. Steckte sich stattdessen eine Zigarette an und sog genüsslich den Rauch in seine Lungen. »Bin ich froh, dass ich kein Pirat bin«, meinte der Blonde dann und blies den Rauch nachdenklich in die flirrende Luft.

Zoro zuckte leicht mit den Schultern: »Wenn sich jemand dein Gesicht merkt, solange du bei mir bist…« Er ließ den Satz offen. Wahrscheinlich wären sie dafür nicht lange genug zusammen. Bis sich Bilder herumsprachen, brauchte es vergleichsweise lange.

»Mal den Teufe nicht an die Wand!«

Zoro lachte auf: »Keine Sorge. Das dauert eigentlich immer so seine Zeit, bis die einen Steckbrief mit Bild haben.«

»Hoffentlich«, nuschelte Sanji. Er wollte nicht den Rest seines Lebens von einer Stadt in die nächste flüchten. Das war doch kein Leben. »Warum macht ihr das überhaupt?«, fragte er den Schwertkämpfer.

»Hm?«, der sah nur fragend zu ihm herrüber.

»Na, Piraten sein«, erklärte Sanji reichlich dürftig.

Zoro zuckte leicht mit den Schultern: »Ruffy wollte das so.«

»Ruffy? Ah, Monkey D. Ruffy?«

Zoro nickte: »Glaub nicht den Mist, den du über ihn hörst. Er ist 'n echter Kindskopf. Der ist Wüstenpirat, weil er gerne Abenteuer erlebt.« So im Großen und Ganzen war das wirklich Ruffys Intention oder zumindest das, was ihn am meisten reizte – und so etwas nannte sich Kapitän. Er rümpfte kurz die Nase.

»Äh…«, Sanji sah ihn ungläubig an. Über Monkey D. Ruffy und seine Strohhutpiraten kursierten die abenteuerlichsten und blutrünstigsten Geschichten, aber weder schien Zoro so zu sein, zumindest nicht in den letzten Tagen, und seine Beschreibung des Kapitäns entsprach auch nicht diesen Gerüchten.

Ride Nine: Got your shotgun by your side

»Und wie kommt's dann zu diesen – Geschichten?”, fragte Sanji. Zum einen wusste er, dass man auf Gerüchte nicht viel geben konnte, aber zum anderen hatten diese trotzdem auch einen wahren Kern.

Zoro zuckte leicht mit den Schultern: »Wahrscheinlich, weil die alle Ruffy nicht kennen. Nur weil er eine Marinebasis in Schutt und Asche legt, ist er noch lange kein schlechter Mensch. Meistens geraten wir nur mit dem Gesetz in Konflikt, weil Ruffy mal wieder irgendwem helfen musste und dabei die Scheiße anzieht wie Fliegen.« Zoro verdrehte leicht die Augen. »Mit dem Knallfrosch wird's zumindest nie langweilig.« Auch wenn er das nicht immer zwingend positiv bewertete.

Sanji nickte, nachdenklich: »Also werdet ihr nur einfach so steckbrieflich gesucht?«

»So ungefähr«, Zoro grinste, »Nah, im Ernst. Wir sind vielleicht Piraten und die Marine hält uns für gefährlich – aber wir verteidigen uns bloß, wenn wir angegriffen werden. Ruffy lebt seinen Idealismus, der eben nicht immer Konform mit dem Gesetz geht.«

Sanji musterte Zoro. Das hörte sich fast so an wie die alte Geschichte um Robin Hood, nur ohne das Geld. Sie kämpften für ihre Überzeugung und halfen Menschen in Not. Das war ja schon fast ehrenhaft. »Ihr verdient ja fast 'nen Orden«, grinste der Blonde, wollte auch mal ein bisschen witzig sein.

Zoro schmunzelte, schüttelte amüsiert den Kopf: »Du kannst ja einen für uns basteln.«

Kaum war der Witz verklungen, da hüllte sie wieder Schweigen ein. Nur das leise Rieseln des Sandes unter den Hufen ihrer Pferde war zu hören. Aber was sollten sie schon einander mitteilen? Innerlich seufzte Sanji leicht. Mit Fremden Smalltalk zu halten, war zwar nicht so seine Stärke, aber sie waren doch schon einige Zeit zusammen unterwegs. Für Sanji fühlte es sich wie eine kleine Ewigkeit an, die sie bereits zusammen verbrachten. Da mochte er wenigstens die Möglichkeit eines Gesprächsthemas haben. Sie war ihm offenbar nicht vergönnt. Fast erschien es ihm, als würde die Stille sogar den kleinen Rest an Geräuschen verschlucken, die generell eigentlich immer vorhanden waren. Gruselig, wie er fand, und er bereitete sich innerlich darauf vor, etwas zu sagen. »Wie bist du eigentlich Pirat geworden?«

Zoro sah ihn skeptisch an, hob leicht eine Augenbraue: »Hast du das nicht schon gefragt?«

»Äh…« Möglich? Hatte er nicht gesagt, Ruffy hätte ihn überredet? »Aber ich mein … Wolltest du Pirat werden und hast nur auf jemanden wie Ruffy gewartet … Warst du nicht vorher Piratenjäger?« Da hatte er sich noch rechtzeitig aus der Schlinge gezogen, Zeitungen sei Dank.

»Weder noch«, antwortete Zoro schlicht.

»Sondern?«, hakte Sanji nach. Also dem Kerl musste man wohl echt alles aus der Nase ziehen, sowas mochte er gar nicht leiden.

Zoro musterte ihn einen Moment: »Ich werde der beste Schwertkämpfer der Welt.«

Sanji blinzelte unwissend und ein wenig irritiert. Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet. »Wie meinen?«

»Ich bin von Zuhause weggegangen, um der Beste zu werden. Ich hab' mich nie selbst als ›Piratenjäger‹ betitelt – ich brauchte nur Geld, um mir Essen kaufen zu können. Du verstehst?«

Sanji nickte leicht. Klang logisch.

»Und manchmal gibt es einfach Dinge, die sich ohne jedes zu tun ergeben. Ich hatte nie vor, Pirat zu werden, mit denselben Vorurteilen wie du. Aber was Ruffy sich einmal in den Kopf setzt, das zieht er auch durch. Es gibt Schlechteres, als mit ihm und den anderen durch die Wüste zu reisen.«

Wieder nickte Sanji leicht. Obwohl er es irgendwie bedauerte, dass er sich immer weniger ein Bild von Ruffy und den Strohhüten machen konnte, je mehr Zoro von ihnen erzählte.

»Und was willst du jetzt machen?«, fragte Zoro.

»Hm?«

»Na, jetzt wo du ›mein Komplize‹ bist?«, Zoro grinste spöttisch. Ihn amüsierte es ungemein, dass Sanji als sein ›Komplize‹ tituliert wurde.

»Ich geh' in irgend'ne Stadt und mach' wieder meine Gaststätte auf.«

»Hm…«, murmelte Zoro, »Ruffy würde jetzt sagen ›wie langweilig‹.«

»Ach, würde er?« Eigentlich interessierte Sanji das gar nicht so wirklich.

Zoro zuckte nur leicht mit den Schultern.

Darauf reagierte Sanji nicht weiter. Was sollte man darauf auch bitte sagen? ›Marimo, geiles Schultergezucke! Macht mich heiß!‹ oder was? Woher auch immer Sanji dieser Gedanke gekommen war. War ja abartig. So schwiegen sie wieder und ritten einfach nur durch den heißen Wüstensand, der Staub wirbelte unter den Hufen der Pferde auf.

Zoro hustete. Seine Lunge klebte wieder oder immer noch voll Staubpartikel. Er konnte es hassen. Ernsthaft. Was würde er nicht alles geben, sich jetzt in einem schönen kalten See zu aalen und seine Lungen einmal ordentlich durchzuspülen. Das war dringend nötig, denn mittlerweile hatte er das Gefühl, sein Hals hätte sich in eine Metallraspel verwandelt. Und wahrscheinlich lag er damit nicht einmal besonders verkehrt. Er räusperte sich gequält. Das raspelte ihm seine Schleimhäute auf, dass er glaubte, Blut zu schmecken. »Na herrlich…«, kratzte er.

Sanji lächelte verunglückt. Er hatte Mitleid mit dem Schwertkämpfer. Ihm selbst erging es kaum besser.

»Müsstest du nicht daran gewöhnt sein?«, fragte Sanji schließlich, als er mal wieder zu Zoro hinüber sah, der seine Spucke zu sammeln schien, um irgendwas Flüssiges seine Kehle hinab schicken zu können. Erfolglos.

»Hm? Wieso?«, krächzte Zoro. Die Wüste und all der Sand über so lange Zeit griffen seinen Organismus nun doch langsam an.

»Na, ihr seid doch Wüstenpiraten, also ständig in der Wüste«, erläuterte Sanji und zuckte leicht mit den Schultern. Waren die Strohhutpiraten nicht ständig auf der Flucht durch die Wüste? Er nahm dies zumindest an.

Zoro schüttelte leicht den Kopf, nickte dann doch und meinte schließlich, als es anfing, blöd auszusehen: »Wir haben ein Wüstenschiff, die Thousand Sunny, mit klimatisierten und vor allem sandfreien Räumen.« Damit machte flüchten sogar Spaß. Ein sehr gemütliches und geräumiges Wüstenschiff.

»Wirklich?«, fragte Sanji und konnte sich dieses Schiff nur schwerlich vorstellen, aber es schien für Piraten gerade das Richtige zu sein. »Gekapert?«

»Nein, geschenkt«, grinste Zoro. Ja, wen Ruffy alles in seinen Bann ziehen konnte, war schon erstaunlich.

Sanji machte große Augen: »Tatsächlich? So richtig geschenkt-geschenkt?«

»Jap, so richtig geschenkt-geschenkt. Einfach, weil wir so nette Leute sind. Ohne Drohung oder so 'nen Firlefanz.« Zoro amüsierte Sanjis ungläubiger Blick.

»Dann kann es ja nicht so besonders sein«, meinte Sanji trocken. Wer würde Piraten schon ein großartiges Schiff schenken?

»Och doch, sehr. Auf dem Deck wächst sogar echtes Gras.«

»Du spinnst doch«, also das kaufte Sanji ihm nun wirklich nicht ab. So ein Blödsinn.

»Im Ernst!« Zoro wusste es besser. Das Schiff war Luxus pur – und wahrscheinlich deshalb ihres. »Kannst uns ja mal besuchen kommen«, witzelte er.

»Haha«, lachte Sanji trocken.

Ride Ten: Got your horse and you got your ride

Gut, jetzt hatte er Sanji ihr Schiff erklärt und von Ruffy erzählt. Warum? Ihm hätte es auch gereicht, wenn sie jetzt endlich die nächstgrößere Stadt erreichten – gerne auch stumm. Er wollte sich endlich auf die Suche nach seinen Freunden machen.

Ihm war noch nie aufgefallen, wie sehr er dann doch an ihnen hing; so ein bisschen zumindest. Leicht schüttelte er den Kopf über sich selbst. Sanjis fragenden Blick sah er dabei nicht.

Der Blonde hatte noch immer das Bedürfnis auf ein Gespräch. Leider. Nur konnte er jetzt mit Sicherheit sagen, dass der Grünhaarige mundfaul und für schöne lange Gespräche nicht zu gebrauchen war. Sanji seufzte leise aber abgrundtief.

Darüber zuckte nur Zoros Augenbraue. Er konnte auch ohne Gespräche leben, besonders ohne Gespräche mit Leuten, die er hoffentlich bald nie wieder sähe. So blieb er weiterhin stumm und ritt einfach weiter voran, blies stimmhaft Sand aus der Nase. Gott, musste die Wüste immer so staubig und aufgewirbelt sein?

»Sand in'r Nase?«

Zoro verdrehte leicht die Augen: »Nee, Fische gehustet.«

Gut, Sanji sah ein, dass er eine blöde Frage gestellt hatte, aber so ein wenig Smalltalk würde Zoro schon keinen Zacken aus der Krone brechen.
 

»Wo kommst du eigentlich her?«, fragte Sanji plötzlich. Wo hatte man denn bitte schön grüne Haare?

»Von einer Insel.»

»'Ner Insel? Wie kommst du dann mitten in die Wüste?«

»Hab' jemanden gesucht«, zuckte Zoro mit den Schultern. Er war nicht besonders an bestimmte Orte gebunden. Er konnte sich überall wohlfühlen. »Und du?« Er merkte sehr wohl, dass Sanji gerne über etwas reden wollte.

»Von der Küste. Bin einige Zeit mit einem wandernden Restaurant durch die Wüste getingelt.«

»Ach, tatsächlich?«

Sanji nickte: »War ganz abenteuerlich. Das Baratié, vielleicht sagt dir das ja was«, blickte kurz zu dem Grünhaarigen. Irgendwie hatte er nicht das Gefühl, dass Zoro dies interessierte. Warum musste er eigentlich auch mit diesem idiotischen Hinterwäldler durch die Wüste reiten? Da wollte ihn doch wohl wieder jemand verarschen. Manchmal konnte das Leben echt scheiße sein!

»Hm, glaub' nicht«, Zoro zuckte leicht mit den Schultern.

»Das interessiert dich nicht, hm?«

»Nicht ein Stück«, gab er ehrlich zu. Er war halt eine ehrliche Haut. Außerdem hatte er kein Bedürfnis, Sanji in den Arsch zu kriechen. Wie lange dauerte es eigentlich noch bis zur nächsten Stadt? »Wann sind wir da?«

Sanji sah ihn an: »In ein paar Tagen vielleicht.« Das war wohl das einzige, was ihn interessierte: Wann er Sanji wieder loswurde. Das war ja so klar gewesen.

Zoro nahm Sanjis Aussage einfach mal so hin. Ahnung hatte er selbst ja sowieso nicht.
 

So breitete sich wieder Schweigen über sie aus. Sanji gab einfach auf, mit Zoro ein richtiges Gespräch führen zu wollen. Also schwieg er nur und ritt weiter gen Großstadt. Mehr konnte er wohl nicht tun.

Entsprechend schwieg auch Zoro. Er gehörte ja eh nicht zu den gesprächigen Typen; ihm war es so nur recht.

Der gelbe Sand kratzte in ihren Lungen, schmirgelte bereits die Haut in ihren Rachen wund und die Erschöpfung schlich sich tiefer in ihre Leiber, kroch durch die Adern in jeden letzten Winkel. Und langsam neigte sich auch die Sonne dem Horizont entgegen, bekundete das Ende des Tages und die beiden Reiter atmeten erleichtert auf. Die Hitze würde sich nicht noch weiter ausdehnen, wenigstens eine kleine Erleichterung.

Bald schlugen sie ihr Lager auf, zündeten ein kleines Feuer an und Sanji kochte ihnen eine Kleinigkeit. Vielleicht lag es an der Situation, aber Zoro glaubte trotzdem, selten zuvor so etwas Köstliches gegessen zu haben. Ganz bestimmt lag es an ihrer Situation und dieser spärlichen Umgebung, so dass er wohl alles als herausragend angesehen hätte. Aber nichtsdestotrotz war es ein Lichtblick und eine Erheiterung, selbst wenn es nur Einbildung war.

Dann schlug die Nacht über sie herein, irgendwie ganz plötzlich. So lange hatte sie sich angekündigt, sich herausgezögert und war doch nicht gekommen, nur um sie einen Wimpernschlag später zu überraschen. Dabei warteten sie doch auch schon so sehr auf die Nacht, die ihnen endlich etwas Ruhe verschaffen und vielleicht sogar Kühlung bringen könnte. Das hofften sie zumindest noch; denn so betteten sie ihre Köpfe auf den provisorischen Kissen und zumindest Zoro starrte in den sternenverhangenen Himmel. Klein und unscheinbar leuchteten die Pünktchen, die sich Sterne schimpften. Ihm fehlten seine Freunde, hätte er nie so wirklich für möglich gehalten. Er wurde echt weich. Stumm seufzte er und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, starrte weiter in den Nachthimmel. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein? Er war doch unabhängig und brauchte niemanden!

… Und trotzdem käme er nicht alleine in die nächste Stadt. Aber das war etwas anderes. Unwirsch drehte er sich auf die Seite und schloss demonstrativ vor sich selbst die Augen. Er sollte und musste schlafen. Sein Glück, dass er ein schnell einschlafender Mensch war, so dauerte es nicht lange, bis sich Zoros leises Schnarchen zu den Geräuschen der Nacht gesellte.

Und so gleichzeitig Sanji wach hielt. Dieser öffnete genervt seine Augen und sah zu Zoro, erkannte gerade noch dessen Umrisse. Wie konnte ein einzelner Mann nur derart nervtötend schnarchen? Das war echt abartig und Sanji schürzte die Lippen. Wie sollte er dabei bitte schlafen? Und er brauchte jetzt nun wirklich seinen Schlaf. Es war noch ein langer Weg bis in die nächste Stadt und die Tage mit Zoro unnötig anstrengend – jetzt kämen auch noch die Nächte dazu? Um Gottes Willen!

Er warf eine Hand voll Sand nach dem Schwertkämpfer: »Sei still, Mann!«

Zoro grunzte nur und schnaubte, wachte aber nicht auf.

›Arschloch‹, dachte Sanji und verdrehte die Augen. Er war doch echt im falschen Film. Er streckte sein Bein nach dem Schwertkämpfer und trat nach ihm. Der Kerl musste endlich aufwachen oder zumindest aufhören zu schnarchen.

»Hey, trittst du mich?«, rief Zoro auf und starrte durchs Dunkel in Sanjis Richtung.

»Du schnarchst – mal wieder«, erklärte der Blonde genervt.

»Dann hör halt nicht hin«, murrte Zoro und gähnte.

»Haha! Du bist echt ein Witzbold.«

Zoro legte sich wieder auf die Seite und wollte sich in die Decke graben, die er nicht hatte. War ihm doch egal, ob der andere schlafen konnte oder nicht. War doch nicht sein Problem, oder?

»Ich weck' dich solange, bist du aufhörst zu schnarchen«, drohte Sanji kühl.

Zoro murrte nur etwas, dass man als ›Leck mich!‹ interpretieren konnte. Es war dunkel und mitten in der Nacht, also Zeit zu schlafen.

»Hast du mich gerade beleidigt?«, Sanji fühlte sich beleidigt.

»Ich schlafe.«

»Dann warte mit dem Schnarchen wenigstens bis ich auch schlafe!«, forderte Sanji. Das sollte das mindeste sein.

»Dann beeil dich…«, murmelte Zoro und war praktisch schon wieder eingeschlafen.

»Hundesohn!«, knurrte Sanji, legte sich dann selbst wieder hin und schloss die Augen. Wer konnte sich bitte mit dem Einschlafen beeilen?

Ride Eleven: You ride 'til there ain't no place to hide

Sanji hatte es schließlich doch noch geschafft, ein wenig Schlaf zu finden. Nun weckten ihn die hellen Strahlen der Morgensonne. Dabei war er noch so müde. »Ach verdammt«, gähnte er, setzte sich auf und rieb sich den Sand aus den Augen. Noch ein Tag in der Wüste. Er erhob sich gequält und streckte seinen Rücken. Er hatte sich ganz steif gelegen in der Nacht. Er wusste schon, warum er Zelten hasste. »Hey Marimo!«, rief er dem Schwertkämpfer zu und trat wieder gegen dessen Bein, »Aufstehen!«

Zoro rollte sich auf die andere Seite, gähnte und grummelte: »… Noch fünf Minuten…«

»Aufstehen! Du Vollidiot!«

»Willst du Stress?«, Zoro saß kerzengerade auf seinem Platz und blickte Sanji böse und fordernd an.

Sanji verdrehte leicht die Augen und wühlte in ihrem Proviant: »Reg dich nicht so künstlich auf.«

»Hey! Ich reg' mich auf, wie ich will«, auch Zoro war aufgestanden, bereit sich mit Sanji zu prügeln. Versprach zumindest ein bisschen Spaß in dieser Einöde.

»Dann mach's später, wenn ich dir nicht zusehen muss«, erklärte Sanji ungerührt und hielt dem Schwertkämpfer sein Frühstück unter die Nase. »Hier. Und jetzt sei still.«

Schweigend aßen sie ihr Frühstück und räumten anschließend ihr Lager zusammen, dann schwangen sie sich wieder auf ihre Pferde und führten ihren Weg fort, ritten durch die Wüste. Noch immer. Es ging ihnen beiden bereits tierisch auf die Nerven. Die ganze Zeit nur Sand und Staub so weit das Auge reichte, den ewig gleichen Trott der Pferde und ihr schweres Schweigen, das langsam aber sicher ihre Nerven zermürbte. Aber deswegen kämen sie auch nicht eher in die nächste Stadt. Manchmal sahen sie vereinzelt ein paar Häuser, höchstens drei oder vier an einem Ort. Von weiten Feldern und Weiden umgeben, das Vieh blökte und muhte, wenn sie vorbei kamen. Die Menschen schauten ihnen misstrauisch nach, würden ihnen sicher kein Bett für die Nacht geben. So waren Landeier eben zu Fremden. Außerdem glaubte keiner der beiden, dass sie besonders vertrauenerweckend aussähen. Besonders nicht Zoro mit seinen drei Schwertern an der Hüfte. Das war wirklich kein Zeichen von Zutraulichkeit. Nicht, dass es Zoro stören würde. Er war eigentlich immer ganz froh, wenn ihn andere in Ruhe ließen. Bloß nicht zu viele Menschen in seiner Nähe.

Sanji störte das hingegen sehr. Zumindest so nett und freundlich, dass sie nicht Nacht für Nacht in der Wüste in irgendwelchen Sandlöchern schlafen müssten, könnten sie schon wirken. Er hätte sich gefreut – und sein Rücken auch. Aber hier ging es ja nicht nach seinen Wünschen. Und wenn sie sich beeilten, hätte er diese elendige, staubverseuchte Reise auch bald hinter sich. Er konnte es kaum mehr erwarten.
 

Aber die Tage vergingen und Stunde um Stunde schien ihnen die Sonne erbarmungsloser auf ihre erschöpften Körper und in den kühlen und unbequemen Nächten fanden sie nur wenig Schlaf und noch weniger Erholung. Weit und breit war nichts zu sehen außer Einöde und leeres Land. Nichts, was ihnen die Reise erleichtern oder erfreulicher machen könnte; aber was erwartete man schon mitten in der Wüste? Hier war eben nichts außer Sand.

Zunehmend verdammte Sanji dieses Wort in seinen Gedanken und verbat sich selbst darüber nachzudenken. Sand. Wüste. Nichts. Wer dachte sich solche unglücklichen Wörter überhaupt aus? Zeitweise suchte er sogar euphemistische Bezeichnungen, wollte sich ablenken. Wirklich etwas bringen tat es erwartbar nicht, aber immerhin hatte er etwas zu tun. Durch die Wüste reiten konnte extreme Langweile verursachen, von der hätte Sanji sein Lebtag nicht geträumt; nur erleben musste er sie jetzt. Es verstand sich von selbst, dass er auf diese Erfahrung hätte verzichten können. Aber ihn fragte man ja nicht. Warum auch? Er war ja hier eh der Dumme.

Kurz schielte er zu dem Schwertkämpfer und glaubte zu sehen, wie dieser in seinem Sattel vor sich hin döste. Das war doch nicht wahr! Sanji sah es aber nicht ein, ihn zu wecken. Wenn er herunterfiele, geschähe ihm das nur recht.

Und Zoro döste tatsächlich, zumindest ein wenig. Nicht, dass er nachts nicht genug Schlaf bekommen würde. Er schlief nur gerne und lange, und mit diesem Wirt an seiner Seite war beides nicht wirklich gut auszuleben. Erinnerte ihn ein bisschen an Nami, die meckerte auch immer an ihm herum, er würde nur schlafen und nie etwas Ordentliches tun. Reiten war jetzt nur nicht so spannend, als dass ihn das am Tag vollkommen ausfüllen würde und wenn es nichts Besseres gab, schlief er eben ein wenig. Besser, als sich die Stimmen seiner Freunde einzubilden oder darüber nachzudenken, dass sie einem fehlten. Er war ein Krieger! Trotzdem fügte er sich seinem Schicksal und folgte Sanji Schritt für Schritt durch die Wüste, an den wenigen Farmen und Ranches vorbei. Es wunderte ihn sogar, dass in dieser sandverpesteten Einsamkeit überhaupt Menschen lebten. Anscheinend sahen diese aber auch nicht allzu häufig andere Menschen. Überraschte ihn nicht. Er würde hier niemanden freiwillig oder unfreiwillig besuchen.
 

Irgendwann, Zoro hatte aufgehört die Tage zu zählen, fragte er Sanji: »Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind?« Hätten sie nicht schon längst irgendwo ankommen müssen? Ihm war so.

»Mecker' nicht, wir sind hier schon richtig.«

Zoro sah ihn zweifelnd an und blickte sich um. Seit gefühlten Tausenden von Jahren hatte sich ihre Umgebung kaum verändert: Sand, Wüste, Dünen und ein bisschen Steppengras soweit das Auge reichte. »Na, ich weiß ja nicht…«

»Dann geh doch woanders«, murrte Sanji. Er war gereizt. Die Strapazen dieser Reise nagten an ihm und seinem Nervenkostüm, von dem sich immer mehr verringerndem Zigarettenvorrat ganz zu schweigen.

»Mach mich nicht an«, brummte Zoro zurück. Er war mit seinen Freunden vielleicht solch langen Wüstenaufenthalte gewohnt, aber überdrüssig war er jene dann auch.
 

Aber Zoro und Sanji sollten erst nach fast vier Wochen die nächste Stadt erreichen.

Ride Twelve: It's sad cause the bad guys always die

Wieder einmal schnarchte Zoro leise vor sich hin, während er leicht schräg auf seinem Pferde hing und neben Sanji ritt. Dieser war selbst fast am Dösen, bis er am Horizont flirrende, dunkle Schatten sah. Er hob argwöhnisch und skeptisch eine Augenbraue, bedachte die Schatten mit nachdenklichem Blick. Träumte er oder bildete er sich nur etwas ein? Sein Gesicht hellte sich schließlich auf. Das musste die Stadt sein, ihr Ziel. Endlich! »Zoro! Zoro!«, rief er aufgeregt.

Zoro blinzelte und gähnte: »Weck mich nich', Goldlocke…«

»Stänker nicht rum – die Stadt!«, er zeigte nach vorn, »Wir sind bald da!«

»Na endlich!«, war auch Zoro erleichtert. So lange ritten sie schon durch die Wüste und jetzt endlich war das Ende in Sicht. Bald könnte er dann anfangen, seine Freunde zu suchen. Er war ja schon ewig ohne sie unterwegs.

Mit schnellen Bewegungen trieben sie ihre Pferde an sich zu beeilen, damit sie so bald wie möglich in der Stadt waren. Und tatsächlich kamen sie im Vergleich zu den langen Wochen zuvor fast schon augenblicklich an. Holzhäuser säumten die Straßen aus ausgetretenem Sand, Menschen gingen geschäftig auf und ab oder unterhielten sich auf den Wegen.

»Gott, Menschen«, murmelte Zoro und sah sich um. Das nannte er einmal eine Stadt. Überall Menschen und Häuser. Großartig.

Sanji nickte leicht, zustimmend.

Ihr erster Weg führte sie in den nächsten Saloon. Sie bestellten sich etwas zu trinken und natürlich, auch etwas zu essen. Sie waren beide froh, endlich wieder auf richtigen Stühlen und an einem richtigen Tisch zu sitzen.

»Herrlich«, sprach Sanji zu sich selbst und lehnte sich etwas zurück, genoss es einfach nur ruhig zu sitzen, ohne Geschaukel, ohne Pferd zwischen den Schenkeln.

Zoro aß das Essen, nicht weniger erleichtert. Trank von dem Rum, den er sich bestellte. Froh, dass das Fasten erst einmal beendet war.

Während sie aßen, hörten sie leise Gesprächsfetzen von der Bar herüber schweben. Irgendein Pirat solle in der Stadt sein.

»Na toll, schon aufgeflogen«, murrte Sanji. Deutlich hörbar, dass er über Zoro meckerte.

Zoro knurrte: »Ich hab' gar nichts gemacht. Außerdem würden die mich sofort festnehmen oder so.« Immerhin saß er hier auf dem Präsentierteller. »Ich glaub' nicht, dass'e mich mein'…«

»Vielleicht… aber leg's nicht drauf an«, warnte Sanji. Er wollte sich hier nieder lassen, oder wenigstens noch heil aus dieser Stadt rauskommen und nicht als ›Roronoa Zoros Komplize‹ verschrien werden.

Zoro schnaubte, aß lieber weiter. Bei seinem Glück würde er erst diesem Piraten begegnen und dann vor der Stadtmeute flüchten müssen. Er kannte das doch.

»… Monkey D. Ruffy…«, hörten sie weitere Gesprächsfetzen, »Der Strohhut?« – »Ja, er soll einen Mitstreiter verloren haben…«

Zoro horchte auf und sah Sanji an, grinste. »Das nenn' ich mal, Schwein gehabt, wenn das stimmt.«

Sanji nickte ihm leicht zu: »Glückwünsch.« Dann wäre er den grünhaarigen Schrumpfkopf endlich los. Diese olle Nervensäge.

»Jaja, freu' dich nicht zu viel. Du könntest einen Lachkrampf kriegen«, murrte Zoro und beeilte sich, sein Essen auf zu essen. Wie er Ruffy kannte, hatte dieser schon wieder Ärger am Hals und müsste bald wieder aus der Stadt flüchten. Dann stände Zoro wieder allein da. Das wollte ja niemand.

»Ach komm«, Sanji schmunzelte ein wenig, »Such lieber deine Freunde, bevor die wieder ohne dich abhauen.«

Zoro brummte nur etwas Unverständliches, trank die Flasche Rum aus und erhob sich. »Zahlst du?«

»Du hast doch eh keinen Berry«, wobei es Sanji immer noch wunderte, dass ein Wüstenpirat nicht einfach die Zeche prellte.

Zoro zuckte mit den Schultern und verließ den Saloon, sah sich auf der Straße um. Wo könnte Ruffy bloß sein? Beim Futter? Aber wo gab es hier noch Essen? Nachdenklich fuhr er sich durch seine staubigen, grünen Haare. »Ach verdammt…«, murmelte er. Dann ging er einfach drauf los. Irgendwo würde er schon landen und mit viel Glück fand Ruffy ihn und nicht umgekehrt.

Nur leider war diese Stadt größer als die letzten paar Siedlungen und aus irgendeinem Grund kam Zoro zwar immer wieder an diesem Saloon an, wo er mit Sanji gegessen hatte, aber das brachte ihm nichts. »Mist, verdammt«, fluchte er.
 

Sanji selbst hatte sich das Essen schmecken lassen, auch wenn es mit seinem in keinster Weise konkurrieren konnte, und hörte sich beim Wirt ein bisschen um: Wie lange Monkey D. Ruffy schon hier war und ob es hier oft Piraten gab. Wie die Lage für eine eigene Gaststätte lag und wie er am besten ein billiges Zimmer bekam, und so weiter.

Nun trat er aus dem Holzgebäude und sah quasi sofort die grünen Haare und hörte die tiefe Stimme fluchen.

»Noch immer nichts gefunden?«, amüsierte sich Sanji. Eigentlich konnte das gar nicht so schwierig sein, jemanden zu finden. Aber er hatte schon bemerkt, dass Zoro Probleme hatte überhaupt irgendetwas zu finden.

Der Schwertkämpfer wandte sich zu ihm um und brummte: »Ach was, ich stapf' hier zum Spaß durch den Staub. Hab' noch nicht genug Sand gesehen.« Was für eine dämliche Frage.

Sanji lachte leise: »Schon gut. Ich helf' dir, sonst findest du die ja nie«, und machte sein Pferd von einem der niedrigen Pfosten los.

»Darum hab' ich dich nicht gebeten. Ich brauch' deine Hilfe nicht!«

»Jaja«, murmelte Sanji, zog das Pferd hinter sich her und ging voran. »Komm. Wir finden diesen Monkey D. Ruffy schon.«

Zoro brummelte nur etwas von ›goldgelockter Trottel‹, folgte ihm aber.

Es dauerte auch gar nicht lange und sie sahen, wie Ruffy aus einem anderen Saloon herausgerannt kam, mit vollen Wangen und noch Fleisch in den Händen lief er auf sie beiden zu und Zoro stöhnte auf. Er kannte dieses Grinsen. Er schwang sich auf sein Pferd, ritt Ruffy kurz entgegen und hob ihn auf sein Pferd hoch. Zusammen flüchteten sie dann mit seinem Käpt'n vor dem geprellten Wirt.

»Bleibt stehen!«, rief dieser und feuerte mit seiner Schrotflinte.

Sanji wollte schon stehen bleiben, gehörte er doch gar nicht dazu, da flog ihm schon der Schrot um die Ohren. Da flüchtete er lieber. »Verdammt!«, fluchte er, galoppierte neben Zoro aus der Stadt heraus, wo schon der Rest der Strohhutpiraten wartete.

»Willst'e doch mitkommen?«, witzelte Zoro und gab seinem Pferd die Sporen.

»Nur bis zu nächsten Stadt«, murrte Sanji widerwillig.

Zoro und Ruffy lachten.
 

Natürlich nur bis zur nächsten Stadt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh! Bearbeitung endlich abgeschlossen.
Hoffentlich hattest Du auch viel Freude an dem sandigen Abenteuer. Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  dasy
2014-01-07T22:54:49+00:00 07.01.2014 23:54
Natürlich nur bis zur nächsten Stadt.
Sehr schöne Geschichte!
Antwort von:  In-Genius
07.01.2014 23:55
Immer nur bis zur nächsten Stadt ;)

Schön, dass sie gefallen hat und dass du dran geblieben bist.
Von:  dasy
2013-12-17T05:23:03+00:00 17.12.2013 06:23
Ich will ja nicht meckern, denn die Geschichte ist toll, aber kann es sein, dass Kapitel 5 und 6 identisch sind?
(Mecker und böse guck: "Wer hat Kapitel 6 geklaut und nur eine Kopie von Kapitel 5 zurückgelassen?")

Ich trau mich nicht weiterzulesen, weil ich denke, da fehlt was. Tutmir leid, aber ich mag die Geschichte wirklich.
Antwort von:  In-Genius
17.12.2013 12:41
Entschuldige vielmals! Da ist mir ein schrecklicher Fehler unterlaufen.
Ich hab jetzt den richtigen Text unter Kapitel 6 gestellt. Vielen Dank für den Hinweis^^

Ich wünsch dir weiterhin viel Spaß mit der Geschichte.
Von:  Agust_D
2013-08-21T16:27:29+00:00 21.08.2013 18:27
Ich find die FF hammer ^^ würde gerne noch mehr davon lesen :D
Antwort von:  In-Genius
21.08.2013 18:59
Danke schön. Die FF ist allerdings zu ende und wird in den nächsten Tagen nur noch aufbereitet. Aber ich habe auch noch andere Geschichten mit Zoro und Sanji ;)
Antwort von:  Agust_D
21.08.2013 19:04
Ich weiß *ganz hibbelig sei*^^
Von:  _KYU_
2011-07-31T13:24:55+00:00 31.07.2011 15:24
So ich geb hier jetzt dann auch mal ganz plichtschuldig meinen Kommi ab ;-)
Also kann mich aber wirklich nur anschließen und dir ein Lob aussprechen... die Story hat mich des Öfteren zum Schmunzeln gebracht, aber allein die Vorstellung, dass Sanji und Zoro ganz allein umherirren und ständig aufeinander hocken, ist auch zu gut.
Obwohl ich ja jetzt nicht weiß, wer von den beiden mir mehr leid tun soll, aber naja, sie werdens schon verdient haben XD

Auch das Ende hat mir gut gefallen, obwohl ich sagen muss, dass es im Gegensatz zur restlichen FF etwas kurz ausgefallen ist und man vielleicht noch ein weiteres hätte dran hängen können, um das Auffinden der anderen, um das es ja eigentlich die ganze Zeit ging, noch etwas auszubauen.
Aber vielleicht seh ich das ja auch nur so, weil mir 12 Kapitel nicht gereicht haben. ;)

Na wie dem auch sei, war die Idee, Piraten in die Wüste zu stecken und das was du daraus gemacht hast, wirklich gelungen und hat Spaß gemacht zu lesen.

lg und viel Spaß weiterhin, beim Geschichten verfassen ^-^
Von:  pbxa_539
2010-06-22T14:31:55+00:00 22.06.2010 16:31
nur bis zur nächsten Stadt *kicher...
Geil, ehrlich.

Ich find die Geschichte herrlich, ist nur schade, dass niemand weiter hier kommentiert.

Aber ne Fortsetzung wär nicht schlecht, mich würd ja echt interessieren, ob´s bei Sanjis Aussage bleibt, oder ob er sich dann doch dauerhaft dem Trupp anschließt XD
Ist aber wohl eher unwahrscheinlich, dass du ne Fortsetzung schreibst, oder?
Aber trotzdem, Danke für diese schöne Geschichte ^^
Von:  pbxa_539
2010-06-15T19:10:37+00:00 15.06.2010 21:10
die Armen...

noch vier Wochen durch die Wüste, plus die Tage, die keiner mehr mitgezählt hat??

Zoro pennt aufm Pferd *kicher* Hätt ihn ja zu gern runterfallen sehen, wär bestimmt ein Lacher gewesen, vor allem für Sanji XD

Du spannst mich aber echt auf die Folter, wie das alles weitergehen soll.
Bitte schreib schnell weiter ^^
Ich freu mich schon aufs nächste Kap
LG
Von:  pbxa_539
2010-05-04T19:48:29+00:00 04.05.2010 21:48
Hy ^^

auch wenn das Kap zu kurz geraten is, die Streitereien zwischen den Beiden sind klasse XDDD
Bitte lad schnell das nächste Kap hoch, ich bin gespannt wie es weitergeht, vor allem, ob Zoro den Rest der Bande findet, oder die zwei vorher ne Großstadt finden.

LG
Von:  pbxa_539
2010-04-10T12:23:28+00:00 10.04.2010 14:23
Geil xDD
Was springen Sanji denn für Gedanken im Hirn rum?
Muss wohl an der Sonne liegen, wie ?

Bei dem Gras an Deck frag ich mich nur, wer das gießt. Wenn die doch in der Wüste damit rumfahren, müsste das doch eigentlich verdörren.
Bin ja mal gespannt, ob Sanji Zoros Einladung annimmt.
Ich freu mich schon aufs nächste Kap ^^
Von:  pbxa_539
2010-04-03T14:38:15+00:00 03.04.2010 16:38
Wie versprochen, nun auch hierzu mein Kommentar:
Deine Idee mit dem Western is einfach der Hammer und einzigartig.
Die knochentrockene Sprüche der beiden erstmal...einfach herrlich

Dass ihm sein Pferd abhaute, war wohl irgendwie blöd, würd ich sagen, aber wo nur Sand zu sehen ist, wo soll man da sein Pferd auch anbinden? Es sei denn, er hätte sich die Leine ums Handgelenk gewickelt, dann hätt das Vieh ihn wenigstens mitgeschleift..wohin auch immer xD

Aber blöd sein, um seine Bande aus den Augen zu verlieren...lieber Zoro, ich muss Sanji ja recht geben, auch wenn wir alle um Zoros nicht vorhandene Orientierung wissen, die Idee mit dem ausgeschilderten Versteck is gar nicht so schlecht, fragt sich nur, ob das bei Zoro was helfen würde xDD

Der "gute" Plan is eh die Härte schlechthin.
Und dass die andern "Idioten" tatsächlich so dämlich sind, auch noch zu kommen, wenn sie von Zoro gerufen werden..OH MANN
Sind die nur inner Gruppe so blöde, oder auch jeder einzeln? xDDD
Bin aber echt gespannt, wann Zoro die andern aufspürt und ob Sanji wirklich in der nächsten Stadt allein weiterzieht. Kann ich mir irgendwie nicht so recht vorstellen.

Interessiert mich aber brennend, was für Gerüchte da kursieren über Ruffy und die ganze restliche Truppe.

Büdde büdde, lad schnell das nächste Kapitel hoch, bin mächtig gespannt, wie es weitergeht. Und nochmal zum finalen Schluss: die Geschichte is einfach nur GEIL !!!
Von:  NaokiKaito
2009-05-18T10:59:20+00:00 18.05.2009 12:59
So, ich habs auch endlich gelesen, und finds immer noch gut. Lachen musste ich allerdings richtig bei Ride Six... du hast zweimal Sanji statt Sand geschrieben, das fand ich irgendwie heiß XD "Umgeben von Sanji, Staub und keine Ahnung was noch"
Sehr hübsch XD
Liebe Grüße, fühl dich geknautscht


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