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Das Leben der Anderen

von

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Die verwunschene Ebene

Die verwunschene Ebene
 

Der Himmel hüllte sich in nichtssagendes Grau, als Sango sich die Haare zurück band und ihren großen Boomerang schulterte. Miroku und Shippo standen an der Tür und warteten. Shippo gähnte herzhaft und rieb sich die Augen, die noch nicht ganz geöffnet waren in diesen frühen Stunden. Inu Yasha stand aufbruchsbereit schon vor der Tür. Er hatte in der letzten Nacht nicht geschlafen. Als Halbdämon war es ihm zum Glück gegönnt mit viel weniger Schlaf auszukommen als ein Mensch, weshalb ihm das nicht so sehr zu schaffen machte, wie vielleicht den Anderen. Sango, Miroku und er waren sich eigentlich einig gewesen, das keiner der drei Freunde von Kagome mit ihnen gehen würde an diesem Morgen. Alle drei hatten darauf bestanden sie zu begleiten, wohl wissend das keiner von ihnen eine große Hilfe sein würde und genau das hatte Inu Yasha ihnen auch gesagt, wenn auch in einem nicht so höflichen Ton, aber es entsprach nur der Wahrheit. Sie konnten es nicht gebrauchen, dass die unerfahrenen Menschen zwischen ihnen herumsprangen, in Panik gerieten und alles noch schlimmer machten. Tishika allerdings hatte sich nicht so einfach abwimmeln lassen. Er Argumentierte damit das er im Kendo Club seiner Schule war und dort einer der besten und das er weiß Gott nicht in Panik geraten würde.

Das Tishika einen gewissen Narren an Sango gefressen hatte, wie Shippo vermutete behielt der kleine Fuchs für sich. Shippo würde ebenfalls nicht mit in diesen Kampf ziehen. Einerseits kam er sich feige vor und wollte Kagome auch helfen, andererseits musste er realistisch einsehen das er kaum eine große Hilfe bieten würde. Doch nur widerwillig fand er sich mit der Entscheidung seiner Freunde ab.

„Wenn ihr bis Sonnenuntergang nicht zurück seit, komme ich um euch zu retten!“ sagte er fest überzeugt und reckte sich in die Höhe.

„Wir werden bald zurück sein. Und Kagome bringen wir mit!“ sagte Miroku und stieg als letzter auf den Rücken der Dämonenkatze. Keiner wusste wie realistisch diese Aussage war und ob es so einfach werden würde wieder von diesem Ort zurück zu kommen.
 

Die Schlucht von der Koga gesprochen hatte, lag weit entfernt von diesem Dorf und sie würden eine ganze Weile unterwegs sein.

Bereits nach knapp einer Stunde schimpfte Inu Yasha vor sich hin das sie viel zu langsam waren. Er dachte in der ganzen Zeit nichts anderes, als das die stinkenden Wölfe, zusammen mit Kagome bereist mitten in einem Kampf steckten. Das Wissen um den Aufenthaltsort von Kagome trieb ihn voran. Dieser Ort war gefährlich, das wusste jeder der auch nur im entfernten von ihm gehört hatte. In den Dörfern galt er als verflucht und es wurde verhießen, dass niemand zurück kehren würde, der der Schlucht zu nahe kommen würde. Für Menschen traf dieses mit Sicherheit auch zu, denn dort wimmelte es von Dämonen. Außerdem gab es nur wenige Stellen die Schlucht zu überqueren, deren Boden man von keiner Stelle aus sehen konnte. Das bedeutete, das in einem Kampf die Möglichkeit viel zu groß war, hinein zu stürzen und für immer im Abgrund verloren zu gehen. Das Berggelände war bröcklig und ein falscher Schritt konnte eine Steinlawine auslösen. Das war zumindest das was Inu Yasha bisher von diesem Ort gehört hatte und er war nicht davon überzeugt das Koga und Kagome wussten worauf sie sich da eingelassen hatten.
 

Kagome hatte den Bogen fest in der Hand, immer bereit und gefasst darauf angegriffen zu werden, je näher sie dem verfluchten Ort kamen. Ein Mitglied aus Kogas Rudel war es gewesen, der davon erzählt hatte. Legenden die er gehört hatte und das die Möglichkeit bestand dort an Juwelensplitter zu kommen. Koga hatte sich dazu entschieden mit Kagome allein zu gehen, da zu viele anwesende zum einen eine Hilfe waren, zum anderen aber auch eine größere Angriffsfläche boten die immer schwerer zu überschauen war. So konnten sie sich auf sich selbst konzentrieren und waren nicht verpflichtet zu viele wieder heil aus diesem Gelände heraus zu bringen. Koga war nicht wohl an dem Morgen als sie endlich aufbrachen. Am Tag zuvor war er noch guter Dinge, aber jetzt wo es losging und es kaum mehr ein zurück gab, war er sich nicht so sicher wie er es sein sollte. Vielleicht gab es wirklich einen triftigen Grund, warum dieser Ort als „verflucht“ galt.

Kagome war dagegen viel zu unwissend. Sie setzte große Hoffnung in diesen Tag. Vielleicht war in ein Paar Stunden alles vorbei und sie konnte stolz die Splitter präsentieren die ihre Freunde wieder nach Hause brachten. Sie und sich selbst. Vielleicht würde sie heute ja auch den letzten Tag hier verbringen. Kagome vertrieb diesen Gedanken sehr schnell wieder aus ihrem Kopf. Daran wollte sie nicht denken während sie kämpfte. Sie musste sich auf den Moment Konzentrieren, nicht auf das was vielleicht danach kommen würde. Und wie oft kam sowieso alles anders als man es hoffte oder erwartete?

Das Koga am Tag zuvor in das Dorf gegangen war wo sich Inu Yasha und die Anderen aufhielten wusste Kagome nicht. Für sie war er einfach mit seinem Rudel auf der Jagt gewesen. Das er sich am Fuße des Berges von den Anderen getrennt hatte, ohne zu sagen wo er war, wusste sie nicht. Sie hatte in der Höhle gesessen und sich bei aller Kraft bemüht sich nicht in diese träge Stimmung fallen zu lassen, die sie nicht loslassen wollte.

Jetzt konnten sie die ersten Ausläufer des Gebietes sehen das von allen „Die Schlucht“ genannt wurde. Die Ebene wurde Felsiger und die Steine spitzer. Beide hatten immer mehr zu kämpfen um sich den Weg zu bahnen. Die Sonne war bereits aufgegangen und ganz langsam sollte es wärmer werden. Kagome hatte jedoch den Eindruck, das die Temperatur sich nicht veränderte, sondern vielleicht sogar noch kühler wurde, je näher sie dem verwunschenen Ort kamen.
 

„Wir sollten bald dort sein!“ rief Miroku von oben herab und zeigte auf die Berge die am Horizont auftauchten. Inu Yasha allerdings hatte ihn nur aus der ferne gehört. Seit einigen Minuten nahm er einen Geruch war den er sehr genau kannte. Er wusste nicht aus welcher Richtung er kam, aber irgendwo hier in der Nähe musste sich Kikyo aufhalten, da gab es keinen Zweifel. Er hielt, ohne sein Tempo zu verringern, immer wieder Ausschau nach ihren Seelenfängern, aber nirgendwo war eine Spur von ihnen. Aber sie war es. Er würde sich darin nicht täuschen! Und der Geruch blieb ihm in der Nase, egal wie weit sie noch gingen.

Und vielleicht nur weil er mit einem Mal so fixiert darauf war die Richtung zu deuten in der sich Kikyo aufhielt, merkte er nicht das etwas hinter ihnen, in sicherem Abstand, Kagura, umringt von Narakus Insekten, sie beobachtete. Sie wusste das die Insekten wiederum sie beobachteten und sie verpflichtet war Naraku zu sagen wo dieser Halbdämon und seine Gefolgschaft hin unterwegs waren. Längst hatte sie allerdings die Hoffnung aufgegeben, das Inu Yasha es sein würde der Naraku besiegt und sie endlich aus seinen Fängen befreien würde, wenn auch unfreiwillig. Der Andere allerdings, vielleicht war er es der es schaffen konnte. Der Bruder des Halbdämons hatte größere Kraft! Sie musste ihn nur dazu bringen ebenfalls dort aufzutauchen wo auch immer sie alle hin unterwegs waren. Erst jetzt fiel Kagura auf, dass das Mädchen fehlte, das sonst immer bei ihnen war. Wie dem auch sei. Sie hatte kein Interesse an ihr, sie interessierte allein die Chance das Naraku vernichtet wurde. Sie musste nur eine Möglichkeit finden die Insekten loszuwerden und Sesshomaru zu finden.

Sie folgte den Reisenden eine ganze Weile ohne nur im Ansatz bemerkt zu werden und dann sprachen sie endlich über das Ziel ihres Ausfluges: Die Schlucht.

Das ganze konnte vielleicht noch viel einfacher werden als gedacht. Wer dumm genug war, an diesen Ort zu gehen...Kagura lenkte ihre große Feder auf dem Rücken des Windes um und beschleunigte ihr Tempo so schnell sie konnte. Und tatsächlich, die Insekten fielen immer weiter zurück. Kagura lächelte. Sie waren am Ende doch nichts weiter als Ungeziefer! Zuerst sollte Naraku wissen wo er hinzugehen hatte.
 

„Spürst du was?“ fragte Koga. Kagome blieb ruhig stehen und versuchte etwas zu fühlen.

„Ja, aber es sind so viele. Vielleicht fünf oder vielleicht sogar zehn. Es sind viele.“ Sie klang verwirrt, aber sie war sich sicher das sie sich nicht täuschte. Da waren jede menge Juwelensplitter in der Nähe. Nein, nicht in der Nähe, sie fühlten sich schwach an, was bedeutete das sie noch weit weg waren, aber sie bewegten sich direkt auf sie zu. Auch jetzt wo sie selbst stehen geblieben war, konnte sie spüren, wie sich die Splitter weiter bewegten, in ihre Richtung.

„Kagome, hör mal.“ Setzte Koga an und holte sie aus ihren Gedanken zurück an den wüsten Ort, an dem sie sich aufhielten. „Wenn wir merken das es zu gefährlich wird, dann gib dir selbst mehr Zeit und suche woanders nach einem Splitter. Dieser Ort ist sehr gefährlich. Die Dämonen die dort hausen sind weit stärker als jene die sich in den Wäldern herum treiben. Auch deinen Freunden bringt es nichts wenn du bei dem Versuch sie nach hause zu bringen stirbst. Und ich werde nicht zulassen das dir etwas passiert! Ich werde dich da wieder heil heraus bringen, das verspreche ich dir! Wenn dir etwas passiert könnte ich mir das nie verzeihen!“

Kagome bekam einen leichten Hauch von rosa auf ihre Wangen als Koga ihre beiden Hände fasste und ihr tief in die Augen blickte. Koga, der Kagome einfach nicht mehr so traurig sehen wollte versuchte auf seine Art ihr Mut zu zusprechen.

„Außerdem werde ich dann diesen Köter nie wieder los!“

Sie schaute ihn erstaunt an, konnte aber nichts darauf sagen. Koga ließ sie los und ging weiter. Kagome brauchte einen Moment um sich wieder in Bewegung zu setzen. Langsam aber sicher näherten sie sich ihrem Ziel.

Er hilft mir, obwohl er weiß das mein Herz Inu Yasha gehört... Er ist ein richtiger Freund!

Sie hatte hier wirklich Freude. Freunde die ihr in allen Situationen bestanden. Doch im selben Augenblick als sie so dachte, kamen ihr die Bilder von dem Abend in den Sinn als Inu Yasha sie anschrie, sie beschuldigte, seine ganze Wut an ihr ausließ. Das Gefühl das sie hatte als er vor ihr stand, den Blick den er hatte. Er hatte sie nicht wie ein Freund angeschaut, sondern wie jemanden der einfach nur alles falsch macht. Sie hatte oft mit Inu Yasha gestritten, aber nie zuvor hatte er sie so verletzt. Selbst wenn er recht gehabt hatte, war nicht jeder in der Lage irgendwann zu erkennen das man jemanden mit seinen Worten so sehr weh tut, das es einfach zu viel ist? Erwartete sie zuviel. Vielleicht hätte er mit Sango oder Miroku auch so gesprochen, wenn ihnen die Splitter abgenommen worden wären, wenn sie es gewesen wären, die ihn zurück in dieses Zeitloch gezogen hätten, damit er nicht kämpft. Dann war sie für ihn nicht mehr und nicht weniger als Sango oder Miroku wert. Er machte keinen Unterschied unter ihnen. Er machte keinen Unterschied. Wenn sie aber ganz ehrlich zu sich selbst war, dann hatte sie das geglaubt. Sie hatte immer daran geglaubt das es eben doch einen Unterschied gab wie Inu Yasha sie und die Anderen sah. Und das war es dann gewesen das sie so verletzt hatte. Zu spüren das er es nicht so war. Es würde nicht besser werden. Sie wollte es, aber konnte nicht länger so tun als würde sie sich zufrieden geben und glücklich sein mit dem wenigen was sie hatte. Es lief immer wieder ins Nichts hinaus. Sie wollte endlich wieder so sein wie sie einmal war. Das alles musste ein Ende finden und das Leben musst wieder normal werden. Irgendwann würde sie alles hier vergessen haben und in vielen Jahren den Kindern ihrer Kinder von einem Mädchen erzählen das mal durch die Zeit reisen konnte und sich sehr unglücklich in einen Jungen verliebte der aus einer anderen Welt stammte und das sie einfach zu verschieden waren. Das sie nicht in seine Welt gehörte. Und das sie nicht das Leben der Anderen führen konnte, selbst wenn sie es noch so gern wollte. Es war falsch. Sie schluckte den salzigen Geschmack in ihrem Mund hinunter und vertrieb die Gedanken aus ihrem Kopf. Irgendwann würde es aufhören weh zu tun!
 

Es war wie geplant ein leichtes gewesen Narakus Interesse zu erwecken. Er hatte Kagura gleich wieder zurück geschickt um die Feinde nicht aus den Augen zu verlieren. Jetzt musste sie Sesshomaru finden! Sie wusste gar nicht was den Dämon zu Naraku trieb, aber sie wusste das sie ihn und seinen Hass auf den vermeidlich unsterblichen ausnutzen konnte. Sesshomaru zu finden würde nicht schwer sein, auch wenn es ein wenig Zeit brauchen würde. Es gab nicht zu viele Orte an denen er sich aufhielt. Sie würde einen nach dem anderen aufsuchen bis sie ihn gefunden hatte. Viel zu schnell um von den Insekten verfolgt zu werden, flog Kagura über die riesigen Wälder hinweg und tauchte immer wieder zwischen den Baumwipfeln herab.

Und dann, schneller als gedacht, sah sie ihn. Wie auch immer, aber er schien sie bereits erwartet zu haben. Er war nicht so dumm wie sein kleiner halbdämonischer Bruder, der nicht merkte wenn ihm der Feind im Nacken saß. Nein, Sesshomaru war weit aus mächtiger als Inu Yasha. Jetzt galt es nur noch ihn davon zu überzeugen ihr zu vertrauen.

Sie hielt ihre rechte Hand an die Stelle, wo bei Anderen das Herz schlug. Kaguras Herz war Narakus Mittel sie in seiner Gewalt zu behalten.

Vielleicht würde sie am Abend frei sein!
 

„Also wenn du recht hast, und hier ein Dämon ist der so viele Juwelensplitter hat, dann könnte sich das ganze als leichtsinnig erweisen“ sagte Koga missmutig und späte über das Gelände. Sie hatten ihr Ziel erreicht und befanden sich auf einem Felsvorsprung, einige Meter über der mit spitzen Steinen gespickten Ebene. Links von ihnen war die Schlucht. Kagome ging bis zum Rand des Felsens und schaute hinunter. Ein leichter Nebel lag über dem Boden und verdichtete sich im Abgrund. Einen Boden konnte man an keiner Stelle sehen, alles mündete in tiefes Schwarz. Die Schlucht war an dieser Stelle vielleicht an die zwölf Meter breit. Etwas weiter von ihrem Standort aus weg gab es eine wenige vertrauenserweckende Hängebrücke von einer Seite auf die Andere. Die Seile, die die Brücke zusammen hielten waren teilweise gerissen und die morschen Bretter fehlten an manchen Stellen ganz oder waren in zwei Hälften gebrochen. Der Teil der Ebene unter ihnen wurde durch einen einzigen toten Baum geziert, der sich gleich an der Stelle befand, an der die Schlucht eine Kurve beschrieb und von ihnen aus gesehen nach rechts weiter verlief. Das andere Ende der Brücke endete wenige Meter vor dem Baum. Alles lag in einem unwirklichen Braunton. Wie vertrocknet. Und über allem lag eine drückende Stille.

„Ich spüre die Juwelensplitter jetzt ganz deutlich, aber sie bewegen sich nicht mehr. Sie müssen hier irgendwo sein.“ Sie schaute angestrengt in alle Richtungen.

Und noch bevor sie ihren Bogen spannen konnte wurden sie und Koga zu Boden gerissen. Direkt vor ihnen war, wie aus dem Nichts, ein Riesiger Dämon aufgetaucht der unglaublich stank, das es Kagome die Tränen in die Augen trieb. Sie rutschten über den Steinigen Boden und wirbelten eine große Wolke Staub auf. Alles lag in seltsamen Nebel, und doch war es hier so trocken. Dies war wahrlich kein normaler Ort!

Koga sprang auf die Füße und einen Augenblick später griff er den Dämon an.

„Was ist mit Juwelensplittern?“ schrie er zu ihr herunter. Kagome spannte den Bogen und kontrollierte gleichzeitig den Körper des Dämons.

„Nein, er hat keine!“ rief sie und schoss einen Pfeil. Der Dämon hatte mit einer seiner riesigen Pranken ausgeholt und einen Großen Teil des Felsvorsprungs abgeschlagen. Kagome stolperte rücklings und der Pfeil verfehlte den Dämon um Millimeter. Koga wurde mit der anderen Pranke wie ein lästiges Insekt abgewimmelt und stürzte Meter weit nach unten auf den Boden. Kagome erinnerte sich. Die Dämonen hier waren stärker als die Anderen. Sie durften das nicht vergessen. Aber wenn sie schon Probleme hatten diesen zu besiegen, wie sollten sie erst an einen heran kommen, der mehrere Juwelensplitter hatte? Sie scheiterten schon an ihrem ersten Versuch.

Der Dämon ließ ein Ohrenbetäubendes Brüllen los und schrie gleich noch lauter als einer von Kagomes Pfeilen ihn direkt in den Hals traf. Eine widerlich aussehende Gelbe Flüssigkeit trat aus der Wunde aus. Aber ansonsten stand das Wesen immer noch aufrecht. Buchstäblich vor Wut schäumend schlug der Dämon mit beiden Fäusten auf den Felsvorsprung und zerstörte so einen Großteil davon. Kagome musste den Bogen fallen lassen um die Hände frei zu haben. So schaffte sie es im letzten Augenblick nicht in die tiefe zu stürzen. Umgeben von einer Wolke aus Staub und Gestein hing sie am Felsen, der viel zu nahe am tödlichen Abgrund war. Selbst wenn sie beim Sturz ohne Beinbruch davon kam war die Gefahr sehr groß, dass sie nicht zum halten kam und direkt in die Schlucht rutschte. Sie hörte wie Koga ihren Namen rief. Die Augen hatte sie nur einen winzigen Spalt weit geöffnet, damit ihr nicht der ganze Dreck hinein flog. Um sie herum herrschte lautes Gestampfe und die Schreie des Dämons die ihr in den Ohren weh taten. Mit aller Kraft versuchte sie sich nach oben zu ziehen.
 

Sango und Miroku sahen die Schlucht als erste. Sie riefen zu Inu Yasha herunter das sie angekommen waren, und er beschleunigte noch einmal sein Tempo. Er lief direkt in eine Wand aus Nebel hinein, der sich nach wenigen Metern auf seltsame Weise auflöste und sich dann in kleinen Wolken auf dem Boden befand. Links von ihnen war die Schlucht, ein Bodenloser Abgrund. Alles war hier anders. Inu Yasha hatte jeden Geruch verloren, auch den von Kikyo. An diesem Ort nahm er nichts weiter wahr als die Anwesenheit von Dämonen und einer seltsamen Aura die er nicht einschätzen konnte. Kirara landete direkt neben ihm. Miroku steig von ihrem Rücken und schauten sich um. Man konnte wegen des seltsamen Lichteinflusses nicht allzu weit sehen.

„Lasst uns langsam in diese Richtung gehen und seit vorsichtig!“ sagte er leise und ging neben Inu Yasha her. Sango hatte ihre Waffe griffbereit, für den Fall das sie plötzlich angegriffen wurden. Das Unheimliche war diese Stille. Ihre Schritte klangen dumpf, als wären sie nicht auf der Erde, sondern in einem Luftleeren Raum. Sango bemerkte das unnatürliche Zusammenspiel von feuchtem Nebel und der trockenen, aufgewirbelten Erde. Kirara und sie bildeten die Nachhut.

Und dann, mit einem Mal, als hätte sie eine Barriere passiert die sie auf eine neue Ebene brachte, schallte ein lauter Knall durch die Luft, der trotz der Felsen um sie herum kein Echo hinterließ. Eindeutig war direkt vor ihnen etwas, es klang wie eine Explosion, Felsen die zusammen brachen. Ein Schrei, ganz leise unter dem Getöse des Steinschlages.
 

Koga hatte eine tiefe Schnittwunde an seinem Oberarm. Er war mitten in die spitzen Felsen gefallen und versuchte nun verzweifelt Kagome zu sehen, die irgendwo in dieser Wolke aus Staub sein musste. Kagomes kraft indes verließ sie. Ihre linke Hand verlor den Halt auf den mit Staub und Dreck bedeckten Felsen. Koga rief ihren Namen. Wenn er nicht kam und sie nach oben zog würde sie fallen. Immer wieder versuchte sie Halt zu finden. Dann rutschten ihre Finger ab. Sie sah die Pranke des wütenden Dämons auf sich zurasen. Entweder würde sie von ihr getroffen werden, oder erfahren wo der Boden der Schlucht war. Sie fiel mit geschlossen Augen. Egal ob es beim Aufschlag etwas ausmachte wenn sie den Boden vorher sah oder nicht. Sie war nicht fähig die Augen zu öffnen.

In welchem Moment es geschah war ihr nicht bewusst, aber sie wurde aufgefangen von zwei Armen die sie nach oben brachten. Sie hustete den trockenen Staub aus, spürte wie sie zum halten kamen, hörte den Dämon schreien und weitere Felsen zerschlagen.

Sie wurde auf den Boden gesetzt und spürte Hände auf beiden Schultern die sie leicht schüttelten.

„Kagome!“

Kagomes Herz schien einen Moment auszusetzen. Das war nicht Koga! Inu Yasha, es war Inu Yasha! Wenn sie jetzt die Augen öffnen würde, dann war er direkt vor ihr! Nach fast zwei Wochen die sie ihn nicht gesehen hatte, saß er jetzt direkt vor ihr.

Als sie sich in die Augen sahen, war Kagome nicht in der Lage auch nur ein Wort zu sagen. Ihr Kopf war mit einem Mal völlig leer. Da war keine Traurigkeit mehr, keine Wut, Angst oder Freude. Es war das Pure Begreifen das er tatsächlich bei ihr war. Sie sackte um einige Zentimeter in sich zusammen. Der Augenblick dauerte vielleicht nur wenige Sekunden, aber beide hatten sie das Gefühle, es wäre eine Ewigkeit und sie sollte nicht aufhören. Doch die Realität kam schnell.

„INU YASHA!“ rief Sango und feuerte einen Kräftigen Schlag gegen den Dämon.

„Bleib hier!“ sagte Inu Yasha knapp und hatte den Blick schon von Kagome abgewandt. Sogleich war er mit erhobenen Schwert mitten im Kampf mit dem Dämon. Miroku hielt sich an Sangos Rücken fest und griff mit der freien Hand die von Koga. Angelockt durch den Kampf waren weitere Dämonen erschienen. Kagome sah vier, vielleicht fünf oder sechs. Sie musste an ihren Bogen kommen! Hektisch suchte sie die untere Ebene ab wo sie ihn vermutete. Sie konnte nur erahnen wo er liegen musste, denn sehen konnte sie ihn nicht im Wirbel aus Dreck und Nebel. So umsichtig wie möglich und doch so schnell es ging kletterte sie an der Felswand herunter, rutschte ab und landete auf den letzten Meter noch unsanft auf dem Boden. Der Bogen lag einige Meter entfernt.

Gleich der erste Pfeil traf! Ein zweiter vernichtete einen der Dämonen die sich neu in den Kampf gemischt hatten. Ein Dritter und Vierter trafen den großen und brachten ihn ins taumeln. Inu Yasha setzte zum Schlag an und der Dämon zerfiel in seine Einzelteile. Mirokus Stimme rief etwas und Kagome ging davon aus das er davor warte, dass er sein Windloch zum Einsatz bringen würde. Und auch gleich darauf spürte sie den Sog. Sie krallte sich an einen der Felsen und gerade als die Kraft sie zu verlassen drohte ließ er nach und hörte dann ganz auf. Die Ebene glich einem Schlachtfeld, die Luft war Schmutzig und braun, aber es herrschte wieder Stille. Koga sprang von Kiraras Rücken und eilte an Kagomes Seite.

„Geht’s dir gut?“ fragte besorgt. Er hielt sich den Arm und durch seine Finge tropfte Blut.

„Ja, aber du bist verletzt!“

„Halb so wild!“ Meinte Koga und lächelte schwach. Hinter ihm tauchte Sango auf und Kagome, in einem Anflug von neuer Energie, sprang auf die Beine und fiel ihr in die Arme. Die beiden drückten sich fest aneinander und Kagome ging gleich darin über Miroku an sich zu pressen.

„Es tut so gut euch zu sehen!“ sagte sie zum ersten Mal seit Tagen in einem Ton der endlich wieder nach ihr selbst klang.

„Geht es dir gut? Bist du verletzt?“ fragte Miroku, der fühlte das sie endlich wieder alle zusammen waren.

„Nein, ja, mir geht’s gut! Was macht ihr hier, woher wusste ihr das -“

Inu Yasha fiel in ihren Blick.

Einen Moment trat Stille ein und es war als stünden mit einem Mal nur mehr die Beiden auf dem Feld.

Dann stürzte Kagome los und fiel ihm in die Arme. Die Tränen liefen ihr über das schmutzige Gesicht und versanken in Inu Yashas rotem Hemd. Ein Augenblick der Überraschung, dann schloss er seine Arme um sie und drückte sie fest an sich.

Sie standen so eine ganze Zeit einfach da, ohne an die Anderen zu denken, ohne etwas zu sagen. Beide vertieft in das Gefühl das ihnen so sehr gefehlt hatte. Das Gefühl den Anderen so nah bei sich zu haben. Wie hatte sie nur denken können das sie ohne ihn leben konnte? Und wenn die ganze Welt um sie herum zusammenbrach, sie wollte ihn nie wieder loslassen!

Inu Yasha hatte die Augen geschlossen und atmete Kagomes Geruch ein. In seinem Kopf klangen immer und immer wieder die Worte es tut mir leid.



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