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Nicht jede große Liebe, braucht auch ein Happy End

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So viel Wut, so wenig Zuversicht

6. Kapitel
 

So viel Wut, so wenig Zuversicht
 

Sora wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, bis die ersten leichten, kristallenen Schneeflocken den Blickkontakt zwischen ihr und Tai unterbrachen. So sehr hatte Sora sich in dem Nussbraun seiner Augen verloren.

Sie errötete, als sie begriff, dass es wohl eine halbe Ewigkeit gewesen sein musste, die sie damit verbrachte, Tais Blick zu erwidern, wie ein kleines, schüchternes Mädchen, dass zum ersten Mal ihrem Star ganz nah war. Schnell drehte sie ihren Kopf zur Seite und dann nach unten, bis Sora merkte, dass diese Aktion nicht ganz günstig von ihr gewählt worden war, da ihre Gesichtsfarbe nun nicht mehr nur der prallen Farbe einer Tomate, sondern eher dem satten Rot einer überreifen Hagebutte glich.

Tai musterte Sora, bis es ihm langsam dämmerte, dass er der Anlass dafür war, dass Soras Blutdruck ins Unermessliche stieg. Mit zärtlichem Blick versuchte er, Soras Aufmerksamkeit wieder auf ihn zu richten. Als es ihm endlich gelang, ihre Augen wieder mit seinen gefangen zu nehmen, sprach er so verständnisvoll, wie er nur irgend konnte, denn eigentlich empfand er es als überaus lustig, sie so klein und schüchtern zu sehen. „Dir ist es wohl peinlich, einem Jungen tief in die Augen zu schauen, was? Komm schon, Sora, du kannst mir nicht sagen, dass du so was noch nie gemacht hast, oder?“. „Nun ja… ähm, … ich weiß nicht. Na ja, nun, … Nein, eigentlich hab ich noch nie einem Jungen so tief in die Augen geschaut. Aber, das ist … ach, das ist doch auch egal!“. Tai blickte sie verwundert an. Er wusste zwar nicht genau, wie alt sie war, aber er war sich doch sicher, dass sie mindestens 17 sein musste und die Mädchen, die er kannte, hatten alle schon mal eine Liebschaft gehabt und waren mit den Dingen, wie Sex, Küssen und Kuscheln bestens vertraut. Deswegen verblüffte Tai ihre Antwort doch sehr. Er hatte eine solch peinliche Situation noch nie erlebt und er suchte nach einem Ausweg, diese Stille zu durchbrechen.

Es war zwar nicht er, der beide endlich aus dieser prekären Lage befreite, doch war er dem kleinen Jungen, der da am Zaun stand unendlich dankbar, dass er es getan hatte. „Hey, Sora! Was machst du denn da?“ Langsam bewegte sich Izzy auf die beiden zu, die ihn nun mit dem selben starren, verwunderten Blick anschauten, wie eine Maus, die begriff, dass sie ihr Ende bald finden würde, unfähig sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. „Oh. HI Izzy. Schön dich zu sehen!“ Sora war wirklich froh, es endlich geschafft zu haben, aus dieser peinlich, angsterstarrten Situation zu entfliehen, in der sie sich geraume 10 Minuten, nachdem sie angefangen hatte, Tai mit großen Augen anzustieren, befand.

„Soll ich dich nach Hause begleiten? Es liegt ja fast auf dem Weg.“ Izzy ignorierte Tai völlig. Dazu hatte er auch allen Grund. Izzy fühlte wie zwei große, hasserfüllte Augen auf ihm ruhten und nicht den geringsten Zweifel daran ließen, ihn nicht auf der Stelle aus dem Weg zu räumen und ihn in der Luft in sämtliche Einzelteile zu zerpflücken, nur um Izzy dann im Stile Pablo Picassos wieder zusammen zu fügen, wenn er es auch nur wagte, jetzt seinen Blick zu erwidern. „Ja gerne. Ich war eh auf dem Weg nach Hause. … Äh, Tai? Wir sehen uns vielleicht irgendwann mal wieder. Und nochmals vielen Dank, dass du mir den Trick beigebracht hast.“ Kurz überlegte Sora, ob sie ihm nicht einen Kuss auf die Wange geben sollte, doch dann unterließ sie es. Schließlich kannten sich beide ja erst seit, sagen wir mal 2 Tagen. Denn nachdem sie Tai zum ersten Mal an ihrem ersten Schultag gesehen hatte, zog er es vor, nicht mehr zur Schule zu gehen, bis die Ferien anfingen und heute war praktisch ihre zweite, etwas erfreulichere Begegnung. Sora war ohnehin der Meinung, dass man es mit einem Jungen nicht überstürzen sollte und ihre Mutter sagte ja auch immer, dass man seine Verehrer warten lassen müsste, wenn man nicht als „leichtes“ Mädchen gelten wollte. Aber war Tai ihr Verehrer? Ich kann euch sagen, dass dem nicht so war. Noch nicht. Tais Überzeugung war schließlich, nichts anbrennen zu lassen, denn er schätze seine Freiheit sehr hoch ein und Mädchen, zumindest musste er bis jetzt die Erfahrung machen, waren doch oft sehr besitzergreifend, was ihm immer wieder spürbar die Luft zum Atmen nahm. „ Ja, Sora. Nichts zu danken.“ Das hatte Tai so leise gesagt, dass nicht mal er sicher war, ob er es nicht vielleicht nur gedacht haben mag.

Und plötzlich war er wieder alleine. Ganz langsam kroch dieses gemeine, schmerzvolle Geschöpf, das ihn seit Wochen begleitete wieder über seine Seele, suchte den Eingang und fand ihn. Mit trügerisch verständnisvoller Stimme sprach es zu ihm: „Hallo Tai. Ich bin wieder da! Dachtest du etwa, du könntest mich so leicht verbannen? Obwohl es doch in deinem Herzen so warm und kuschelig ist. Keine Sorge Tai, wir beide sind wieder vereint. Du und ich: Wir sind ein Team. Vergiss das nicht! Dort wo du hingehst, werde auch ich sein. Egal wie weit du rennen wirst, ich bin immer ganz nah bei dir. Schließlich bin ich du, und du bist ich! Du hast mich gesucht, weißt du noch Tai? Keiner hat dich gern gehabt, also brauchtest du einen Freund, als dich alle verließen. Ich war da! Habe deine Trauer mit dir ausgestanden, dich stärker werden lassen und nun willst du mich so einfach loswerden? Das ist nicht sehr nett von dir, Tai! Aber ich verzeihe dir noch mal, denn ich bin ja schließlich dein Freund, oder? Ach, was frage ich denn überhaupt?! Natürlich bin ich es, denn ich bin ja ein Teil deiner Persönlichkeit. Vielleicht nicht der schönste, aber ich gehöre zu dir, wie auch die Zuversicht und Hoffnung einst zu dir gehörten. Nur sind diese Gefühle schwach, Tai! Ich bin stark, denn ich bin die Wut und manchmal auch der Hass. Je nachdem was du von mir erwartest, kann ich zwischen einfacher Wut und blindem Hass hin und her wechseln. Das ist doch schön, Tai, oder etwa nicht? Das macht dich stärker! Nicht unbedingt glücklicher, aber stark genug, um auf das Glück zu verzichten! Also, hier bin ich wieder!“.
 

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„Sora? Darf ich dich mal was fragen?“ fragte Izzy fast in sich hinein, aber Sora verstand ihn trotzdem sehr genau. „Ja, natürlich darfst du mich etwas fragen. Nur zu!“. „Nun, was hat dich denn dazu bewegt, dich mit Tai zu treffen? Ich mein, ihr beide saht nicht so aus, als würdet ihr zwei streiten oder als hätte er dir wieder irgendwelche dummen Sprüche an den Kopf geworfen?!“ „Nein, das hat er nicht. Er war echt sehr nett. Er hat mir nur einen Trick beigebracht, den ich sehr oft geübt hatte und trotzdem nicht hinbekommen habe. Aber trotzdem machte er auf mich den Eindruck, als würde er mit irgendetwas einen Kampf ausfechten und das nicht erst seit heute. Es hatte den Anschein, als würde er schon sehr lange diesen unerbitterlichen Kampf führen müssen und als würde ihm langsam die Kraft dazu ausgehen.“ Soras Augen schienen sich in ihr Innerstes zurück zu ziehen. Natürlich nur symbolisch, sie war ja keine Schnecke, aber Izzy kam es so vor, als würde sie angestrengt über etwas nachdenken, was sich seiner Einflusssphäre entzog. „Ach Sora. Mach dir doch bitte nicht so viele Gedanken über Tai. Du kennst ihn ja schließlich erst seit ein paar Tagen, oder so. Vielleicht war er einfach nur müde oder ihm war kalt und er wollte es nicht vor dir zu geben und deswegen hatte er diesen gequälten Ausdruck.“.

„Ja, kann gut sein. Danke, dass du mich nach Hause begleitet hast.“ Sora umarmte Izzy freundschaftlich und schloss die Haustür auf. „Sora? Möchtest du vielleicht zum Kaffeetrinken am 24. Dezember vorbei gucken? Meine Mama hat gefragt, ob du vielleicht Lust hast.“. „Na klar. Ich komm sehr gerne vorbei. Soll ich was mitbringen?“ fragte Sora, als sie bereits im Türrahmen stand. „Nein, nein, Sora. Du musst nichts mitbringen, außer vielleicht großen Hunger, denn meine Mama macht immer ein Haufen Plätzchen und Kuchen und so. Also ich freu mich drauf!“ Izzy winkte ihr zum Abschied noch mal, bis sie endgültig die Tür geschlossen hatte.
 

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Langsam, fast kriechend ging Tai die Straße entlang Richtung Heimat. Eigentlich wollte er überhaupt nicht nach Hause, aber ihm war kalt und er hatte entsetzlichen Hunger. Und sein kleiner Freund, der nach Tais Meinung so etwas, wie ein kleiner, unfreundlicher und fieser Kobold war, nagte noch immer heftig an ihm. Tai war wirklich der Ansicht gewesen, dass dieser Wutzwerg ihn endlich verlassen hatte. Doch wie töricht, dies anzunehmen, nur weil er ein paar Stunden Spaß gehabt hatte. Wie oft konnte man Spaß haben und seine Wut zurück drängen, doch besiegt hatte man sie damit nicht. Viel zu gerissen und niederträchtig waren diese kleinen Teufel im Kopf und im Herzen. Sie versteckten sich eine zeitlang, nur um dann plötzlich wieder aufzutauchen und mit doppelter, schärferer Präzision wieder mitten ins Herz zu treffen.

„Hey Tai! Warte mal!“. Tai drehte sich um und war erstaunt, wen er da auf sich zu rennen sah. Es war Rico, einer der besten Abwehrspieler, wenn nicht vielleicht sogar der beste Innenverteidiger seiner Mannschaft. Nicht nur, dass er spielerisch sehr gut war, er konnte die Mannschaft auch immer wieder aufheizen und hungrig auf den Sieg machen. Nicht, weil er viel geredet hätte, er war eher ein ruhiger Typ, sondern dadurch, dass er selbst bei einem 3:0 Rückstand und 2 Minuten Spielzeit immer noch mehr als 100% gab, auch wenn er gegen Windmühlen kämpfte. Rico war äußerst groß gewachsen und hatte sehr breite, muskulöse Schultern. Er war neben Tai einer, der begehrtesten Spieler im Team. „Gut, dass ich dich hier zufällig treffe.“. „Warum wolltest du mich denn treffen, Rico?“. „Nun, ich weiß nicht, ob du es dir vielleicht noch gemerkt hast, aber wir haben doch am 23. Dezember unser Abschlussspiel für diese Saison. Und du weißt doch, wer unser Gegner ist, oder?“ Und wie es Tai wusste. Schließlich war der Kapitän dieser Mannschaft, der Kerl, der ihm vor 2 Jahren sein Schienbein brach und er dadurch mehrer Monate für seine Mannschaft ausfiel. Doch nicht nur das, Tais Mannschaft spielte um die Juniorenmeisterschaft eine Woche später und Tai konnte das Spiel nur von der Bank aus verfolgen und musste zusehen, wie seine Mannschaft unterging, erhobenen Hauptes zwar, aber trotzdem gingen sie unter. Tai hatte es diesem Kerl nie verziehen und er hatte sich seit mehr als einem halben Jahr drauf gefreut, gegen diesen Kerl zu spielen und es ihm heimzuzahlen. „Ja. Das weiß ich. Wir spielen gegen die „New York Metro Stars“.“ (A/N: Diesen Club gibt es wirklich. Aber ich habe natürlich keine Ahnung, welche Liga dieser Verein spielt und ob der auch Jugendmannschaften hat. Wir gehen einfach mal davon aus.)

Aber er spielte nicht nur gegen diese Mannschaft, im Wesentlichen spielte er gegen ihren Kapitän. Es konnte auf einem Fußballfeld immer nur einen Führungsspieler geben und diesmal würde es Tai sein, da war er sich sicher.

„Also unser Trainer setzt wirklich große Stücke auf dich. Oder, sagen wir es mal so, setzte!“ Ricos Augen blickten schuldbewusst umher und suchten einen Fixpunkt, an denen sie sich festhalten konnten, doch bevor sie einen fanden, zischte Tais wutentbrannte Stimme durch die kalte Dezemberluft und jagte Rico einzelne Schauer über den Rücken. „Was meinst du mit „Setzte“?! Willst du mir damit sagen, dass unser Trainer mich nicht aufstellen wird?! Ich bin euer verdammter scheiß Kapitän und verdammt noch mal ich bin euer Führungsspieler! Ich bin der Einzige, der diesen scheiß „Metro Stars“ in den Hintern treten kann! Und das weiß der Trainer auch!“. Tai erlaubte Rico nicht auch nur eine einzelne, mickrige Sekunde wegzuschauen. Er erwartete schließlich eine Antwort, warum er und die Mannschaft sich nicht für Tai eingesetzt hatten. „Nun, es war so: Wir hatten eine sehr lange Besprechung mit unserem Trainer, dem Co-Trainer und der Mannschaft. Und dann haben wir nun mal entschieden, dass du nicht auflaufen wirst, da du ja schließlich auch nicht bei den vorigen 2 Spielen gewesen bist und auch nicht beim Training. Na ja, und dann dachten wir halt alle, es sei das Beste nicht mit dir zu rechnen. Aber irgendwie war ich damit nicht ganz so einverstanden, weil du ja sehr wichtig für die Mannschaft bist und dann beschloss ich, dich selbst mal zu fragen, wie du die Sache so siehst?“ Rico hatte wahrhaftige Probleme, seine Stimme ruhig zu halten. Zwischendurch brach sie immer mal wieder leicht in die Höhe aus, als wäre er immer noch im Stimmbruch, doch seine Stimme war nur ein Vorbote dafür, dass er selbst am liebsten ausgebrochen und davon gerannt wäre. „Wie ich das sehe?! Willst du wirklich wissen, wie ich das sehe?! Ich werde morgen früh beim Training erscheinen und persönlich mit dem Trainer sprechen und danach mit der Mannschaft! Ihr könnt euch auf was gefasst machen! Es ist mein Spiel, ganz allein meins! Die neuen Spieler wissen nicht, was vor zwei Jahren passiert ist, aber du und ich wissen es noch, als wäre es gestern gewesen! So, und nun verschwinde! Ich will nach Hause!“ Ohne ein weiteres Kommentar ließ Tai Rico stehen. Tai war zutiefst verletzt. Er dachte, seine Mannschaft würde geschlossen hinter ihm stehen und zu ihm halten, egal was passierte, doch dem schien nicht der Fall zu sein. Sie hatten ihn vergessen, oder zumindest abgeschrieben, wie es alle getan hatten.

„Siehst du, Tai? Ich bin noch der einzige, wirkliche Freund, den du hast! Alle vergessen dich, egal was oder wie viel du für sie getan hast. Aber wir beide schaffen das! Du wirst es allen zeigen, Tai! Glaube mir, ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann.“ Dieser kleine Kobold, mit seiner verführerischen Kraft hatte es tatsächlich wieder einmal geschafft, Tai zu beruhigen. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen und einem Funkeln in den Augen ließ er sich auf die Couch im Wohnzimmer fallen und schlief sofort tief ein.
 

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Als Tai aufwachte, war bereits der nächste Tag angebrochen. Schnell machte er sich auf den Weg auf das alte Trainingsgelände. Da es die Nacht zuvor heftig geschneit hatte, war ein Trainieren auf diesem Feld unmöglich gewesen. Deswegen wurde das Training in die nahe gelegene Sporthalle vertagt.

Als Tai den Vorraum betrat hörte er schon das Quietschen der Schuhe auf dem blank polierten Parkettboden. >Ein widerliches Geräusch! < dachte er, als er langsam in die Umkleidekabine ging, um sich bereit für seinen großen Auftritt zu machen. Egal, ob Tai nun wirklich ein großes Stadion betrat, oder nur das Trainingsgelände, selbst in dieser dämlichen, öden Turnhalle wollte er so auftreten, als sei er der wichtigste Spieler überhaupt und würde der Sieg einer Mannschaft nur davon abhängen, ob er nun spielte oder nicht.

Er musste nicht viel tun, um den anderen schlagartig bewusst zu machen, dass er nun da war, um etwas sehr wichtiges zu regeln, als er die große Halle betrat. Es mutete fast so an, als würden sie alle vor ihm zurückweichen, einen Gang bilden, der direkt zum Trainer führte.

„Was schaut ihr mich so blöd an?! Ihr braucht überhaupt nicht daran zu denken, dass ich euch danach zum Essen einladen werde, nur, weil ihr den Blickkontakt mit mir sucht!“ Seine Stimme war eisig und sein Gang voller Entschlossenheit. Wie ein Stierkämpfer dem Stier entgegentritt, um ihm den letzten Stoß zu erteilen, stand er nun vor seinem Trainer. Der Person, auf die er große Stücke setze und der Tai einst absolute vertraute. Doch heute hatte er einen Kampf auszustehen. Vertrauen und Blauäugigkeit konnte er sich nicht mehr leisten. „Ich denke, wir beide sollten das draußen besprechen, Tai. Ihr anderen trainiert in der Zwischenzeit weiter, bis ich wiederkomme.“
 

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„Ich brauche dir nicht erst viel zu erzählen, nicht wahr, Tai? Du weißt es schon, ansonsten wärst du nicht gekommen. Aber ich werde meine Entscheidung nicht zurück nehmen, Tai. Egal, welche Begründung du mir ablieferst.“ Tai wusste, dass diese Person ihm in jeder Hinsicht Paroli bieten konnte und das es wohl ein aussichtsloser Kampf sein würde, doch nichts desto trotz weigerte sich Tai auch nur im Entferntesten dran zu denken, jetzt schon aufzugeben. Es gab den Hauch einer Chance, zumindest witterte Tai eine, wenn auch undeutlich. Seinen Verstand mochte man täuschen können, doch seinen Instinkt konnte man nicht betrügen.

„Ich bin mir durchaus bewusst, dass Sie ihre Gründe dafür gehabt haben, mich nicht in die Startelf zu holen. Das mag zum einen daran gelegen haben, dass ich seit einiger Zeit nicht mehr beim Training erschienen bin und zum anderen daran, dass ich einige Spiele in dieser Saison sausen hab lassen. Doch auch Ihnen muss es doch klar sein, dass die Mannschaft ohne mich nicht die geringste Chance haben wird, Coach.“

Tai konnte sich im Nachhinein nicht mehr daran erinnern, wie er es fertig gebracht hatte, den Trainer zu überzeugen ihm die Möglichkeit zu bieten, sich doch noch für die Startelf zu empfehlen. „Ich warne dich, Tai! Sollte irgendwas schief gehen in dem Spiel und sollte dieses etwas nur damit zusammen hängen, dass du daran Schuld trägst, dann bist du ein für alle mal aus dem Team gestrichen und du kannst dir einen anderen Verein suchen. Ist das klar?“. „Ja, Coach. Sie können sich auf mich verlassen!“. Tai wusste wovon er sprach. Es war schließlich sein Spiel und er hatte noch eine Rechnung mit einem gewissen Henry zu begleichen, dem Kapitän der „Metro Stars“. „Und noch was, Tai. Ich kann keinen Kapitän gebrauchen, der Streit sucht! Also reiß dich zusammen!“.
 

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Die Tage verstrichen und langsam aber sicher näherte sich der 23. Dezember. Tai hatte die Tage zuvor wirklich äußerst hart trainiert. Manchmal auch mit seiner Mannschaft, doch die meiste Zeit hatte er es vorgezogen, ohne sie zu trainieren und das Team dankte es ihm, denn Tai war in den letzten Tagen gespannt wie ein Bogen und sein Mundwerk ungefähr genauso scharfkantig wie der dazugehörige Pfeil. Mit anderen Worten, die Stimmung sackte jedes Mal auf ein Minimum herab, wenn er zusammen mit den anderen Spielern trainierte. Er war zwar ein super Techniker, Lauf- und Dribblingsstark, außerdem der Führungsspieler, aber das bedeutete noch lange nicht, dass er auch ein guter Teamplayer war. Wenn es sich machen ließ, versuchte Tai immer, die Tore alleine zu erzielen. Oft glückte es, doch manchmal wäre es einfach besser gewesen, er hätte den Ball abgespielt.

Und so kam es, dass er am 22. Dezember wieder Sora auf dem Bolzplatz, wo er bevorzugt trainierte, begegnete. „Hey Tai! Wie geht es dir?“ Freudestrahlend rannte Sora auf ihn zu, doch wurde je von Tais Blick angehalten, ihre Gangart zu unterbrechen. „Lass mich in Ruhe! Ich habe keine Zeit mit irgendwelchen kleinen Mädchen zu spielen! Such dir Freunde, wenn du keine hast! Oder spiel an dir rum, oder mach, wozu du auch immer Lust hast, aber verdammt noch mal kümmere dich um dein eigenes Leben!“ Sora war total verdutzt. Sie hatte den netten, liebenswürdigen Tai erwartet, aber nicht dieses Biest, was nun wieder mal vor ihr stand.

„Was ist los mit dir? Warum bist du so gemein zu mir? Liegt es daran, dass du morgen dein großes Spiel hast? Ich habe es nämlich in der Zeitung gelesen und auch das, was vor 2 Jahren …“. „Ist doch schön, wenn sie dir in Seattle das Lesen beigebracht haben, nur teile deine Erkenntnis darüber mit jemand anderen! Buddha hat schließlich auch nicht jedem sein Nirwana in die Ohren gedröhnt!“. Tai schnappte sich seinen Fußball und rempelte Sora im Vorbeigehen unsanft an der Schulter an. „Hey, sag mal, spinnst du?! Was ist los?! Ich kann doch nichts dafür, dass du so mies drauf bist!“. „Ich war nicht mies drauf, bis du hier aufgetaucht bist und mich ausfragst, als würde ich vorm Jüngsten Gericht stehen! Also nimm deinen Schnorchel und tauch wieder ab!“. „Oh Mann, Tai! Was ist nur mit dir los! Wenn du darüber sprechen würdest, dann würde bestimmt vieles einfacher für dich! Also warum tust du es nicht einfach?!“. „Ach, wie? Gehört das zu deiner Taktik, oder was? Zuerst verbreitest du hier ein Gefühl von mieser Laune und dann hast du auch noch ein riesiges Schild um den Hals hängen mit der Aufschrift „Trost. Hier ist Land in Sicht“? Deine Naivität kotzt mich an! Du glaubst wirklich, man könnte über alles reden, was? Aber es gibt gewisse Dinge, die man besser für sich behält, weil sie niemanden etwas angehen! Also warum versuchst du dein Glück nicht bei jemand anderen und lässt mich jetzt einfach in Ruhe!?“. „Aber genauso, wie es Dinge gibt, über die man nicht spricht, gibt es Dinge, die man nur durch Reden oder Taten beseitigen kann! Das hat nichts mit Naivität zu tun!“. „Oh, sehr gut, Sora, wirklich beeindruckend! Nicht nur Lesen bekommt man in Seattle beigebracht, sondern auch Psychologie! Einfach erstaunlich! Doch sieh es ein, Sora! Wir sind hier in New York. Hier gelten andere Spielregeln!“. „Das ist doch völlig egal, welche Spielregeln hier gelten! Das hat doch überhaupt nichts damit zu tun! Die Probleme sind überall die gleichen, egal wo man ist, Tai!“. „Nein. Du verblüffst mich immer wieder! Jetzt ist sie sogar noch bei den Wohlfahrtsverbänden angestellt, die kleine Sora! Meine Fresse, wie oft denn noch: Lass mich in Ruhe! Noch mal zum Mitschreiben, falls du es wieder binnen der nächsten Sekunden vergisst: L- A- S- S M- I- C- H I- N R- U- H- E!“. „Ich werde mir das Spiel trotzdem ansehen. Und ich werde dir die Daumen drücken!“. „Nein, wie toll! Was willst du? Einen Preis für wohltätige Zwecke?“. Ohne auch nur eine Antwort abzuwarten, verschwand Tai.

„Der hast du es aber gegeben, Tai. Wirklich sehr gut von dir! Hätte nie geglaubt, dass du so etwas drauf hast. Du erstaunst mich echt immer wieder! Wir sind wirklich ein gutes Team. Mit meinen Gedanken und deiner Fähigkeit zu sprechen, sind wir echt unschlagbar.“. „Ja, das sind wir.“ pflichtigte sich Tai selbst traurig bei. Eigentlich freute es ihn, dass sie zu sehen würde, aber irgendwie erlangten der Hass und die Wut immer mehr die Oberhand und verlangten von ihm Dinge, die er nie getan hätte. Er war sehr gern mit Sora zusammen. Sein spärlich vorhandener Rest Instinkt teilte ihm mit, dass er diesem Mädchen irgendwie näher kommen musste, um seinen kleinen Kobold los zu werden. Doch wenn er im Begriff war, seinem Instinkt zu folgen, fegte dieser kleine Kobold über seine Gedankenwelt und verdunkelte alles, was vorher noch im hellsten Licht erstrahlte. Dieses Mädchen würde der Schlüssel sein, um wieder er selbst zu werden. Nur momentan hatte er wichtigeres zu tun.
 

Bist du glücklich, wenn du morgens deinen Tag beginnst?
 

Freust du dich auf das, was kommen wird?
 

Hast du keine Angst davor einmal alleine zu sein?
 

Hast du Freunde, die bei dir sind, wenn du Hilfe brauchst?
 

Hast du immer jemand, der an dich glaubt?
 

Tust du niemals Dinge, die man besser sein lassen soll?
 

Bist du jemand, dem man immer vertraut?
 

Sagst du niemals Worte, die du irgendwann mal bereust?
 

Hältst du immer das, was du versprichst?
 

Dann zeig mir das Licht!
 

Führ mich durch die Dunkelheit!
 

Zeig mir den Weg!
 

Denn du weißt wie das geht!



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